eJournals Psychologie in Erziehung und Unterricht 65/4

Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/peu2018.art15d
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2018
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Empirische Arbeit: Wechselbeziehungen zwischen sozialer Perspektivübernahme und der Nutzung von Strategien im Umgang mit Texten

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2018
Annett Wolgast
Soziale Perspektivübernahme gilt als Voraussetzung für das Verständnis für andere Personen und somit für die Stärkung sozialer Kontakte. Die Perspektivübernahme ist das Eindenken in die Situation einer anderen Person, um diese zu verstehen. Dabei wird neben der eigenen Sichtweise die Perspektive einer anderen Person berücksichtigt. Die Beachtung mehrerer Perspektiven ist auch beim Umgang mit Texten erforderlich. Die Fragestellung war deshalb, inwieweit die berichtete Strategiennutzung im Umgang mit Texten im Unterricht einen Beitrag für die spätere Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme bei Lernenden leistet. An einer Large-Scale-Studie mit drei Messzeitpunkten nahmen N=2105 Lernende der fünften Jahrgangsstufe teil. Die Daten wurden anhand einer latenten Kreuzpfadanalyse ausgewertet. Für Mädchen und Jungen war die berichtete Nutzung von Strategien im Umgang mit Textmaterial im Unterricht während des ersten Halbjahres bedeutsam für ihre spätere Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme. Im zweiten Halbjahr zeigten sich zudem reziproke Beziehungen zwischen diesen Strategien und der Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme.
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n Empirische Arbeit Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2018, 65, 244 -256 DOI 10.2378/ peu2018.art15d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Wechselbeziehungen zwischen sozialer Perspektivübernahme und der Nutzung von Strategien im Umgang mit Texten Ein Blick auf Kinder der fünften Jahrgangsstufe 1 Anett Wolgast Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Zusammenfassung: Soziale Perspektivübernahme gilt als Voraussetzung für das Verständnis für andere Personen und somit für die Stärkung sozialer Kontakte. Die Perspektivübernahme ist das Eindenken in die Situation einer anderen Person, um diese zu verstehen. Dabei wird neben der eigenen Sichtweise die Perspektive einer anderen Person berücksichtigt. Die Beachtung mehrerer Perspektiven ist auch beim Umgang mit Texten erforderlich. Die Fragestellung war deshalb, inwieweit die berichtete Strategiennutzung im Umgang mit Texten im Unterricht einen Beitrag für die spätere Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme bei Lernenden leistet. An einer Large-Scale- Studie mit drei Messzeitpunkten nahmen N = 2105 Lernende der fünften Jahrgangsstufe teil. Die Daten wurden anhand einer latenten Kreuzpfadanalyse ausgewertet. Für Mädchen und Jungen war die berichtete Nutzung von Strategien im Umgang mit Textmaterial im Unterricht während des ersten Halbjahres bedeutsam für ihre spätere Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme. Im zweiten Halbjahr zeigten sich zudem reziproke Beziehungen zwischen diesen Strategien und der Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme. Schlüsselbegriffe: Lesestrategien, Lernen in der Schule, soziale Perspektivübernahme, Theory of Mind Interrelations Between Social Perspective-Taking and the Use of Strategies in Dealing with Texts. A Glance at Fifth Grade Children Summary: Social perspective-taking is necessary to understand other people and to foster social bonds. Perspective-taking is putting oneself in the shoes of another person to understand the person’s situation. That requires distinguishing the two perspectives of oneself and the person. Dealing with texts by several strategies is linked with different perspectives as well. The research question was therefore whether students’ self-reported strategy using for dealing with texts at school contribute to later self-reported perspective-taking. In a large-scale study, N = 2105 fifth-grade students answered questions about their strategy using during in-class reading activities and perspective-taking three times over one year of school. A latent cross-lagged model indicated directed associations from the students’ reported strategy using to later perspective-taking within the first months and reciprocal relations over the next months. The results suggest that strategies for dealing with text material might provide a way to stimulate perspective-taking in students. Keywords: Learning at school, reading strategies, social perspective-taking, theory of mind 1 Die Studie wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert (Förderkennzeichen StEG-S: 01GTS0311A und B). Soziale Perspektivübernahme und Nutzungsstrategien beim Umgang mit Texten 245 Soziale Perspektivübernahme bedeutet, sich in die Situation einer anderen Person einzudenken (z. B. Chambers & Davis, 2012; Davis, 1980), bevor die Person bewertet oder beurteilt wird. Das Eindenken und Verstehen anderer Menschen ist ein Erfolgsfaktor für schulisches und soziales Lernen (z. B. Mori & Cigala, 2015). Eindenken in eine andere Person erfordert, sich gedanklich flexibel von sich selbst wegzubewegen und einer anderen Person anzunähern (z. B. Epley, Keysar, van Boven & Gilovich, 2004). Diese Vorstellung von der Person ist mit einem mentalen Modell (z. B. D’Argembeau et al., 2007) verbunden, worin Informationen über die Person zusammen mit Vermutungen über sie integriert sind. Die Vermutungen können sich auf Werte, Überzeugungen, Erfahrungen, deren Bewertung, aktuelle Gedanken oder Ziele beziehen. Entwicklungspsychologisch gesehen gilt die Fähigkeit zur Unterscheidung zwischen sich selbst und anderen als eine wesentliche Voraussetzung für Perspektivübernahme und Annahmen darüber, was eine andere Person denkt (z. B. Lewis & Brooks-Gunn, 1979). Diese Fähigkeit wurde im Konzept der Theory of Mind beschrieben und ihre Entwicklung bei Kindern anhand von Aufgaben geprüft (z. B. Baron- Cohen, Tager-Flusberg & Lombardo, 2013; Pelletier, 2006; Wimmer & Perner, 1983). In den Theory-of-Mind-Aufgaben (z. B. Aufgaben zum falschen Glauben) äußerten Kinder ohne besonderen Förderbedarf bereits lange vor dem Schulalter zutreffende Annahmen über die Gedanken einer anderen Person (z. B. Baron-Cohen et al., 2013; Milligan, Astington & Dack, 2007). Demnach ist die Fähigkeit zur sozialen Perspektivübernahme bei Schülerinnen und Schülern ohne besonderen Förderbedarf hinreichend entwickelt. Diskutiert wurde allerdings, inwiefern Kinder außerhalb der Aufgaben zum falschen Glauben bereit sind, mentale Modelle mit Vermutungen über andere Personen zu bilden (z. B. Bloom & German, 2000). Die Bereitschaft zur Perspektivübernahme im schulischen Kontext blieb somit weitgehend ungeklärt. Kognitionspsychologisch wurde die soziale Perspektivübernahme als Versuch definiert, die kognitiven Prozesse einer anderen Person und ihrer Situation zu simulieren (z. B. Chambers & Davis, 2012; Epley et al., 2004). Ein Ziel der Simulation kann Verständnis für die andere Person und ihre Situation sein. Des Weiteren können Werte, Überzeugungen, Fähigkeiten und daraus resultierende Handlungen der Person in naher oder ferner Zukunft vermutet werden. Menschen können tendenziell dazu neigen, Gedanken einer anderen Person und ihrer Situation zu simulieren. Eine Tendenz zur sozialen Perspektivübernahme (z. B. Steins, 1996; Steins & Wicklund, 1993) beinhaltet die Bereitschaft, mentale Modelle über andere Menschen und deren soziale Situationen aus verschiedenen gedanklichen Blickwinkeln zu bilden. Davis (1980, 1983) operationalisierte die Tendenz zur sozialen Perspektivübernahme als kognitive Dimension von Empathie in einem psychometrischen Instrument. Items aus dem Instrument (Davis, 1980) wurden in experimentellen (z. B. Erle & Topolinski, 2017; Mattan, Rotshtein & Quinn, 2016) und korrelativen Studien (z. B. van der Graaff et al., 2014; van Lissa et al., 2014) verwendet und die Studienergebnisse stützen die Annahme sowohl innerer als auch äußerer Kriteriumsvalidität. Zudem deuten Studienergebnisse (z. B. Davis, 1983) darauf hin, dass Nachfühlen im Sinne der emotionalen Dimension von Empathie belastend sein kann. Während zwischen der Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme und persönlichem Distress negative Zusammenhänge bestanden (d. h. je mehr dieser Perspektivübernahme, desto weniger Distress), ging Nachfühlen mit persönlichem Distress einher (Davis, 1983, S. 122). Soziale Perspektivübernahme erfordert die Bildung mentaler Modelle, wie oben erwähnt. Mentale Modelle werden auch bei der Verwendung von Sprache gebildet (z. B. O’Brien & Albrecht, 1992). Theoretische Ansätze gehen davon aus, dass Prozesse des Abrufens von Gedächtnisinhalten und des Haltens von Informationen im Arbeitsgedächtnis kompetentes Lesen und Textverständnis unterstützen (z. B. Kintsch, 246 Anett Wolgast Patel & Ericsson, 1999). Bezüge zwischen sprachlichen Kompetenzen und sozialer Perspektivübernahme wurden nicht nur theoretisch, sondern auch empirisch hergestellt (z. B. Buhl, Möller, Oebser, Stein & Noack, 2009; Pelletier, 2006). Beispielsweise berichteten Buhl et al. (2009) von einem Zusammenhang zwischen Lesekompetenz (in Anlehnung an den Thüringer Kompetenztest 2004) und sozial-kognitiver Perspektivübernahme bei Kindern in der Grundschule (z. B. r partial = .42 bei guten Lesenden; Buhl et al., 2009, S. 85). Andere Studien legen zudem nahe, dass die aus der Bedeutung von Textmaterial resultierenden verschiedenen Perspektiven die Lesegeschwindigkeit beeinflussen (z. B. Bakhtiari, Körner & Topolinski, 2016). Die Konstruktion einer sinnvollen Bedeutung aus Buchstaben-, Wort- und Satzfolgen während hoher Lesegeschwindigkeit gilt als ein Indikator für kompetentes Lesen (z. B. Auer, Gruber, Mayringer & Wimmer, 2011; Kintsch et al., 1999). Forschungsergebnisse zum Zusammenhang zwischen sprachlichen Kompetenzen und sozialer Perspektivübernahme wurden zudem metaanalytisch zusammengefasst. Eine Meta-Analyse mit 104 Studien ergab, nach Kontrolle des Alters, einen Zusammenhang (r partial = .31) zwischen sprachlichen Kompetenzen und sozialkognitiver Perspektivübernahme (Milligan et al., 2007, S. 636). Den sprachlichen Kompetenzen zugeordnet waren ein generelles Sprachvermögen (erfasst mit einem Test des sprachlichen Hörverstehens oder mit einem Test der frühen sprachlichen Entwicklung), Semantik, passiver Wortschatz, Syntax und Sprachverständnis (Milligan et al., 2007). Demnach sollten sprachliche Kompetenzen (z. B. der passive Wortschatz) in Studien zur sozialen Perspektivübernahme bei Kindern berücksichtigt werden. Inwiefern Kinder durch die Auseinandersetzung mit Texten sogar ihre soziale Perspektivübernahme trainieren, wurde in Interventionsstudien untersucht. Die gedankliche Auseinandersetzung in einer Diskussion über vorgelesene Texte wurde in 11 Studien als wirkungsvolles Training für soziale Perspektivübernahme bei Kindern eingesetzt (Mori & Cigala, 2015). Demnach sind Interventionen mit Textmaterial effektiv, wenn sie folgende Elemente beinhalten: (a) jedes Kind erhält Gelegenheit, die eigene Meinung in kleinen Gruppen mit anderen auszutauschen (und übt dabei, andere Meinungen zu akzeptieren); (b) ein vertrauter Kontext, z. B. die Schule, weil dort gedankliche Ressourcen für das Nachdenken über andere Menschen eher frei sind als in neuen Umgebungen; (c) Zeichnen von Situationen aus Texten; (d) tägliche Übungen, sowohl zwischen Kindern als auch zwischen Kindern und Erwachsenen (Mori & Cigala, 2015). Interessanterweise zeigten sich in anderen Studien umgekehrte Effekte: Scheinbar nutzten leseschwache Kinder das Eindenken in eine reale andere Person für die gedankliche Auseinandersetzung mit einem Text (z. B. Pelletier, 2006). Ein Erklärungsansatz dafür ist, dass leseschwache Kinder versuchen, zusätzliche Informationen über den Text zu erlangen, indem sie die Reaktionen anderer Kinder oder Erwachsener beim Lesen desselben Textes beobachten. So ist nicht nur ein Beitrag von der Auseinandersetzung mit Texten für die Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme anzunehmen, sondern auch eine reziproke Beziehung. Schulkinder und Heranwachsende können berichten, welche Strategien sie für die Erschließung von Informationen aus Textmaterial angewendet haben (z. B. Bråten, Anmarkrud, Brandmo & Strømsø, 2014). Beispiele für Strategien im Umgang mit Texten sind das Nachdenken über einen Text oder die Diskussion über den Text. Des Weiteren erfordert die gedankliche Verknüpfung von Text und dazu gehörenden Bildern, Grafiken oder Aufgaben eine Vorstellung von dem Text (ein mentales Modell). Zusammenfassend ist anzunehmen, dass die Nutzung von Strategien im Umgang mit Textmaterial mit der Bereitschaft zusammenhängt, soziale Situationen gedanklich aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Die Annahme beruht auf der Überlegung, dass je nach genutzter Strategie ein anderes mentales Modell gebildet wird. Werden verschiedene dieser Strategien erlernt und im Umgang mit einem Text Soziale Perspektivübernahme und Nutzungsstrategien beim Umgang mit Texten 247 angewendet, ist damit im Sinne der Arbeitsgedächtniskonzeption die Bildung und Verarbeitung verschiedener mentaler Modelle von einem Text verbunden. Mentale Modelle sind auch je nach sozialer Situation für die Perspektivübernahme erforderlich. Daraus folgt die Erwartung, dass die berichtete Strategiennutzung im Umgang mit Textmaterial (z. B. Nachdenken, Diskussion darüber) für die spätere Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme bei Schülerinnen und Schülern bedeutsam ist (z. B. Davis, 1983). Wenn ein Zusammenhang zwischen angewendeten Strategien und Perspektivübernahme besteht, dann lohnt es sich, hier mit Förderung anzusetzen (z. B. Artelt, Stanat, Schneider, Schiefele & Lehmann, 2004). Zur Überprüfung dieser Annahme sind weitere Faktoren zu berücksichtigen, die in anderen Studien mit sozialer Perspektivübernahme von Kindern und Heranwachsenden assoziiert waren. Erklärende Faktoren für die Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme In den Niederlanden schätzten Mädchen ihre soziale Perspektivübernahme höher ein als Jungen (erfasst mit Selbstbericht-Items von Davis, 1980; Van der Graaff et al., 2014). Dies zeigte sich über sechs Messzeitpunkte von der sechsten bis zur neunten Jahrgangsstufe. Demnach erklärt das Geschlecht Varianz in der Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme. Geprüft wird daher auch in der vorliegenden Studie, ob ein Geschlechtsunterschied in der Perspektivübernahme und das Geschlecht als Moderator gezeigt werden kann. Wie im vorangegangenen Abschnitt erwähnt, stützen Ergebnisse mehrerer Studien die Annahme, dass Zusammenhänge zwischen Wortschatz (z. B. Milligan et al., 2007), Lesegeschwindigkeit (z. B. Bakhtiari et al., 2016) und sozialer Perspektivübernahme bestehen. Zudem ist anzunehmen, dass von Lehrenden unterschiedliches Textmaterial (z. B. Artelt et al., 2004) je nach Schulform eingesetzt wird. Deswegen sollte die Schulform als mögliche erklärende Variable berücksichtigt werden. Sprache und sprachliche Kompetenzen sind eng verbunden mit dem sozioökonomischen Hintergrund und der kulturbedingten Werteorientierung von Kindern und Heranwachsenden (z. B. Artelt et al., 2004; Atkins, Uskul & Cooper, 2016; Han & Humphreys, 2016; Oyserman, 2017; Pelletier, 2006). Eine Annäherung an diese Werteorientierung erlaubt die Frage nach der Herkunft der Familie und darüber die Erfassung, ob die Herkunft innerhalb oder außerhalb von Deutschland liegt. Die genannten möglichen erklärenden Faktoren (Geschlecht, passiver Wortschatz, Lesegeschwindigkeit, Schulform, sozioökonomischer Hintergrund, Migrationshintergrund als Proxy-Variable für kulturbedingte Werteorientierung) wurden in die vorliegende Studie einbezogen. Fragestellung und Hypothesen In der vorliegenden Studie wurde der Frage nachgegangen, ob berichtete Strategien im Umgang mit Textmaterial im Unterricht bedeutsam für eine spätere Bereitschaft zur Perspektivübernahme von Lernenden sind. Von Schulkindern wird neben einer Leistungsorientierung erwartet, dass sie bereit sind, andere Kinder zu verstehen. Forschungsergebnisse weisen zudem darauf hin, dass sich Mädchen von Jungen hinsichtlich ihrer Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme unterscheiden (Van der Graaf et al., 2014). Zudem wurden oben empirische Hinweise dafür genannt, dass die Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme einen Beitrag für den späteren Umgang mit Textmaterial leistet (z. B. Pelletier, 2006). Deshalb wurden zwei Annahmen geprüft: 1. Von Kindern berichtete Strategien im Umgang mit Textmaterial im Unterricht sind mit der späteren Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme bei Mädchen und Jungen assoziiert (unter Einbezug von passivem Wortschatz, Lesegeschwindigkeit, Schulform, sozioökonomischem Status und Migrationshintergrund). 2. Im Verlauf der fünften Klassenstufe bestehen reziproke statistische Beziehungen zwischen berichteten Strategien im Umgang mit Textmaterial und der Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme bei Mädchen und bei Jungen (unter Einbezug der gleichen Kovariaten). 248 Anett Wolgast Methode Studienteilnehmende Grundlage für die Studie waren die Daten von N = 2105 Kindern (durchschnittlich 10 Jahre alt, n = 973 weiblich) in der fünften Jahrgangsstufe in k = 127 Schulklassen an 66 Schulen (für eine ausführliche Datenbeschreibung, s. Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen - StEG, 2013). Von den 2105 Kindern besuchten n = 637 Schülerinnen und Schüler ein Gymnasium, während die anderen n = 1468 Schülerinnen und Schüler über verschiedene Schultypen verteilt waren (z. B. Kooperative/ Integrative Schulen mit besonderen Bildungsgängen oder Integrierte/ Integrative Gesamtschulen). Die 127 Schulklassen wurden an drei Messzeitpunkten, zu Beginn (T1), nach dem ersten Halbjahr (T2) und am Ende (T3) des fünften Schuljahres computerbasiert getestet und füllten anschließend am Computer einen Fragebogen aus. Die Sommerferien begannen für alle Teilnehmenden nach T3. Erhebungsmethoden In die vorliegende Studie wurden die folgenden Items einbezogen: Berichtete Strategien im Umgang mit Textmaterial im Unterricht Diese Strategien wurden anhand von bewährten Items (z. B. Wagner, Helmke & Rösner, 2009) erfasst, und zwar nach der Frage: Was machst du, wenn du einen Text für den Unterricht sehr gründlich liest? Danach konnten die Kinder die folgenden Items beantworten: 1. „Ich streiche Textstellen an, z. B. mit einem Textmarker.“ 2. „Ich mache mir Notizen, z. B. am Textrand oder auf einem Blatt.“ 3. „Ich spreche mit anderen über das, was ich gelesen habe.“ 4. „Ich nehme mir Zeit, um über das, was ich gelesen habe, nachzudenken.“ 5. „Ich teile den Text in Abschnitte ein.“ Die Rating-Skala bezog sich auf die Frequenz der Anwendung (von fast nie [1] bis fast immer [4]) von Strategien im Unterricht, an die sich die Schülerinnen und Schüler erinnerten. Berichtete Strategien im Umgang mit Textmaterial wurden bereits in anderen Studien erfasst (z. B. Wagner et al., 2009). Aus den vorliegenden Daten resultierte eine akzeptable interne Konsistenz mit Cronbachs α = .79 (T1), α = .73 (T2) und α = .79 (T3). Die Intra-Klassen-Korrelation war niedrig (ICC 1 = .03; Lüdtke, Trautwein, Kunter & Baumert, 2006), sie ist ein Maß für den Grad der Übereinstimmung von individuellen Reaktionen innerhalb sozialer Gruppen. Die niedrige Intra-Klassen-Korrelation deutet darauf hin, dass die Kinder einer Schulklasse die Nutzung recht unterschiedlicher Strategien für die Erschließung von Texten erinnerten, statt relativ ähnliche (üblicherweise gelehrte) Strategien. Die berichteten Strategien im Umgang mit Textmaterial im Unterricht am Ende des Schuljahres (T3) dienten als Outcome-Variable im Messmodell. Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme Für die Erfassung der Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme wurden aus anderen Studien bereits bewährte Items eingesetzt (Quellenberg, 2009; Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen - StEG, 2013), die an Items von Davis (1980) angelehnt waren. Den Kindern wurden die Frage „Wie verhältst du dich? “ und die folgenden Items dargeboten: 1. „Ich versuche, meine Freunde besser zu verstehen, indem ich mir vorstelle, wie die Dinge aus ihrer Sicht aussehen.“ 2. „Ich glaube, dass jedes Problem zwei Seiten hat und versuche, mir beide Seiten anzusehen“. 3. „Bevor ich Leute kritisiere, versuche ich mir vorzustellen, wie es mir ginge, wenn ich an ihrer Stelle wäre.“ 4. „Bei unterschiedlichen Meinungen versuche ich, die Sicht aller Beteiligten zu betrachten.“ 5. „Ich achte darauf, wie sich andere Menschen fühlen.“ (Das letzte Item wurde in StEG-S ergänzt.) Die Items verdeutlichen die gedanklich von sich selbst distanzierte Auseinandersetzung mit dem Wissen über und dem kontrollierten Umgang mit sozialen Situationen. Die Schülerinnen und Schüler konnten auf einer Rating-Skala (stimmt gar nicht [1] bis stimmt genau [4]) antworten. So bedeuten hohe Werte eine hohe Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme von einer Schülerin oder einem Schüler. Cronbachs Alpha betrug für die vorliegenden Daten α = .84 (T1), α = .81 (T2) und α = .86 (T3). Demnach war die interne Konsistenz zufriedenstellend und ähnlich der berichteten Werte aus anderen Studien (z. B. Davis, 1983, S. 117). Die Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme am Ende des Schuljahres (T3) diente als Outcome-Variable im Messmodell. Für die Variablen berichtete Strategien im Umgang mit Textmaterial und Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme betrug der Anteil fehlender Werte an allen drei Messzeitpunkten zwischen 0 % und 10 %. In Tabelle 1 sind die Absolutzahlen der fehlenden Werte enthalten. Soziale Perspektivübernahme und Nutzungsstrategien beim Umgang mit Texten 249 Kovariaten Wie im einleitenden Abschnitt erwähnt, weisen Forschungsergebnisse anderer Studien (z. B. Buhl et al., 2009) auf Zusammenhänge zwischen sprachlichen Fähigkeiten und der Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme hin. Daher wurden in die Analysen für die vorliegende Studie Rohwerte aus einem Wortschatztest (Weiß, 2006) und einem Test zur Erfassung der Lesegeschwindigkeit (Auer et al., 2011) einbezogen, um deren Beitrag am Messmodell einzuschätzen. Der Wortschatztest misst den allgemeinen und erweiterten Wortschatz der deutschen Sprache. Die Lesegeschwindigkeit wurde anhand von syntaktisch und grammatikalisch einfachen Sätzen gemessen, von denen den Kindern je ein Satz dargeboten wurde. Zu jedem Satz beantworteten die Kinder eine Verständnisfrage. Die Testungen erfolgten computerbasiert vor der Darbietung des Fragebogens. Tabelle 1 zeigt die Koeffizienten aus Produkt-Moment-Korrelationen zwischen Wortschatz und Lesegeschwindigkeit von den Kindern zu Beginn des Schuljahres (T1). In die Analysen einbezogen wurden des Weiteren die Schulform (wie oben im Abschnitt „Studienteilnehmende“ beschrieben) und Indikator-Variablen für den soziokulturellen Hintergrund der Kinder. Das sind der sozioökonomische Status (SES) und der Migrationshintergrund der Kinder. Der sozioökonomische Hintergrund wurde nach der internationalen Klassifikation von Berufen (Adams & Wu, 2002) erfasst und codiert. Je nach Berufsklassifizierung werden Punkte zugeordnet, die in den vorliegenden Daten von 11 bis 98 reichen. Aus mehreren Fragen zur Herkunft der Kinder und ihrer Eltern erfolgte die Codierung mit 0 = Herkunft innerhalb von Deutschland und 1 = Herkunft außerhalb von Deutschland. Statistische Analysen Für die Prüfung, ob die Selbstbericht-Items für im Unterricht angewendete Strategien beim Lesen und für die Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme eine zweidimensionale Struktur bilden, erfolgte eine konfirmatorische Faktorenanalyse (CFA). Die CFA (R-Paket lavaan; Rosseel, 2016) ergab eine akzeptable Passung zwischen der angenommenen zweifaktoriellen Struktur und den vorliegenden Daten. In der CFA modelliert waren die Items als Indikatoren für die latenten Strategien und die Items als V Mädchen Jungen T1 T2 T3 T1 T2 T3 M SD Mis M SD Mis M SD Mis M SD Mis M SD Mis M SD Mis BSP BST WS LG 3.96 2.36 16.59 38.37 1.47 0.63 4.94 10.55 115 30 1 2 3.81 2.29 1.48 0.68 89 87 3.86 2.23 1.55 0.72 109 104 3.87 2.26 16.74 38.31 1.59 0.67 5.19 10.36 161 49 0 4 3.67 2.27 1.61 0.72 139 130 3.70 2.13 1.71 0.78 200 164 BSP BST WS LG BSP BST WS LG - .35*** .10*** .10*** - -.05* .06** - .53*** - Tab. 1: Die Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme, berichtete Strategien im Umgang mit Textmaterial im Unterricht, passiver Wortschatz und Lesegeschwindigkeit von Kindern in der 5. Jahrgangsstufe: Mittelwert, Standardabweichung, fehlende Werte und Produkt-Moment-Korrelationen für T1 Anmerkungen: V = Variable. BSP = Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme (Selbstbericht-Items, Davis, 1980), BST = berichtete Strategien im Umgang mit Textmaterial im Unterricht (Wagner et al., 2009), WS = passiver Wortschatz (Weiß, 2006) und LG = Lesegeschwindigkeit (Auer et al., 2011); Erhebungszeitpunkte: September/ Oktober 2013 (T1), Januar/ Februar 2014 (T2), Juni/ Juli 2014 (T3). Mis = Absolutzahl fehlender Werte. Korrelationskoeffizienten für T1. * p < .05, ** p < .01, *** p < .001. 250 Anett Wolgast Indikatoren für die latent gemessene Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme aus den drei Messzeitpunkten sowie die Cluster-Struktur der Daten (die Schulklassen), χ 2 = 1102.029, df = 480, Root Mean Square Error of Approximation (RMSEA) = .031, C.I. [.029, .033], Comparative Fit Index (CFI) = .983, Standardized Root Mean Square Residual (SRMR) = .040 (Weighted Least Square of Mean Variance Estimation). Den Inhalt der Items verstanden Mädchen und Jungen gleich (skalare Invarianz, CFA- Modelle 1 - 4 mit den Daten der drei Messzeitpunkte: DELTA.CFI .004 - .006; Pornprasertmanit, Miller, Schoemann & Rosseel, 2014). Die Annahmen, dass die berichteten Strategien im Umgang mit Textmaterial für die spätere Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme bedeutsam sind und sogar reziproke Beziehungen zwischen beiden Konstrukten bestehen, wurden mit einem latenten Kreuzpfadmodell geprüft. Das Modell ist in Abbildung 1 dargestellt. In dem Modell wurden die Wechselbeziehungen spezifiziert über Pfade von den berichteten Strategien (T1) zur Bereitschaft für soziale Perspektivübernahme (T2) und von den berichteten Strategien (T2) zu dieser Bereitschaft (T3) und umgekehrt von der Bereitschaft (T1) zu den Strategien (T2) und von der Bereitschaft (T2) zu den Strategien (T3). Die Kovariaten Wortschatz (Weiß, 2006), Lesegeschwindigkeit (Auer et al., 2011) sowie SES und Herkunft der Kinder an T1 waren in das Modell einbezogen (s. Abb. 1). Zudem war die simultane, getrennte Auswertung der Daten von Mädchen und Jungen unter Berücksichtigung der Cluster Schulklassen modelliert, sodass Pfadkoeffizienten für Mädchen und Pfadkoeffizienten für Jungen und die Modellgüte einmal für das gesamte Modell berechnet wurden (R-Paket lavaan, WLSMV estimation, Rosseel, 2016). Das Modell wurde auch für alle Kinder getestet. Ergebnisse Die Produkt-Moment-Korrelationen sind in Tabelle 1 dargestellt. Es zeigen sich signifikante Korrelationen zwischen den Variablen Strategien im Umgang mit Textmaterial und Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme (s. Tab. 1). Die Ergebnisse des Kreuzpfadmodells legen eine gute Passung zwischen dem angenommenen Modell und der Struktur in BST T1 BSP T1 BST T2 BSP T2 BST T3 BSP T3 Wortschatz LG Schulform SES Migration .37*/ .61* .67*/ .44* .31*/ .35* .65*/ .62* -.09/ .09 .37*/ .24* .11*/ .03 .13*/ .26* .06/ .11* .04/ .01 -.02/ .02 -.02/ .01 -.03/ .01 Abb. 1: Kreuzpfadmodell mit latenten Faktoren und Pfadkoeffizienten (Werte für Mädchen links/ Werte für Jungen rechts, * p < .05). Latente Prädiktorvariablen (ohne Darstellung der Indikatoren und Residuals): BST = berichtete Strategien im Umgang mit Textmaterial und BSP = Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme an T1 und T2 zu den Outcome-Variablen an T3. Als Kovariaten einbezogen wurden manifest: Wortschatz, LG = Lesegeschwindigkeit, Schulform, SES = Sozioökonomischer Status, Migrationsstatus. T1 -T3 = Messzeitpunkte. Siehe Tabelle 2 für eine Übersicht über die Pfadkoeffizienten, Standardfehler und die aufgeklärte Varianz. Soziale Perspektivübernahme und Nutzungsstrategien beim Umgang mit Texten 251 den Daten nahe ( χ 2 = 2816.810; df = 1332; CFI = .960, RMSEA = .042, C.I. [.039, .043], SRMR = .053). In Tabelle 2 sind die Pfadkoeffizienten des Kreuzpfadmodells für Mädchen, Jungen und für alle Kinder enthalten. Bei Mädchen klärten die berichteten Strategien im Umgang mit Textmaterial zu Beginn der fünften Jahrgangsstufe (T1) Varianz in der latenten Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme im ersten Schulhalbjahr (T2) auf. Auch im zweiten Schulhalbjahr (T2) klärten die berichteten Strategien von Mädchen Varianz in der latenten Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme am Ende des Schuljahres auf (T3). Umgekehrt erhöhte die Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme von Mädchen an T2 die Wahrscheinlichkeit für berichtete Strategien am Schuljahresende (T3). Bei Jungen klärten die berichteten Strategien im Umgang mit Textmaterial zu Beginn des Schuljahres (T1) Varianz in der latenten Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme im ersten Halbjahr (T2) auf. Die statistische Beziehung wechselte bei Jungen von T2 zu T3, d. h. die Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme an T2 erhöhte die Wahrscheinlichkeit für die berichteten Strategien an T3, wohingegen diese Bereitschaft zu Beginn des Schuljahres (T1) die berichteten Strategien im ersten Halbjahr unterstützte. Gleiches gilt für die Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme im ersten Schulhalbjahr (T2), die bei Jungen die berichteten Strategien im Umgang mit Textmaterial am Ende der fünften Jahrgangsstufe unterstützte (s. Tab. 2). Aus vorangegangener Forschung bekannte erklärende Fak- Mädchen Jungen Alle β SE p β SE p β SE p OV: BSP, T3 KV: BSP, T2 PV: BST, T2 .647 .107 .084 .051 < .001 .036 .618 .028 .063 .050 < .001 .572 .645 .061 .049 .036 < .001 .093 OV: BST, T3 KV: BST, T2 PV: BSP, T2 .672 .128 .060 .050 < .001 .010 .444 .256 .059 .051 < .001 < .001 .540 .212 .043 .036 < .001 < .001 OV: BSP, T2 KV: BSP, T1 PV: BST, T1 .305 .368 .057 .080 < .001 < .001 .351 .242 .049 .050 < .001 < .001 .342 .293 .036 .041 < .001 < .001 OV: BST, T2 KV: BST, T1 PV: BSP, T1 .368 -.094 .080 .071 < .001 .187 .608 .086 .064 .044 < .001 .050 .718 .026 .056 .037 < .001 .476 OV: BSP, T1 KV: BST, T1 WS LG Schulform SES Migration R 2 : BSP, T3 R 2 : BST, T3 .720 .055 .037 -.018 -.021 -.031 .367 .520 .094 .031 .032 .027 .029 .026 < .001 .082 .238 .510 .462 .230 .430 .111 .012 .020 .008 .013 .303 .279 .059 .033 .031 .025 .030 .026 < .001 .001 .689 .437 .782 .626 .533 .085 .027 .006 -.008 -.005 .341 .372 .050 .023 .022 .018 .021 .018 < .001 < .001 .224 .755 .685 .765 Tab. 2: Ergebnisse des Kreuzpfadmodells: Reziproke Beziehungen zwischen der Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme und berichteten Strategien im Umgang mit Textmaterial im Unterricht bei Kindern in der fünften Jahrgangsstufe Anmerkungen: OV = Outcome-Variable, KV = Kovariate, PV = Prädiktorvariable. BSP = Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme (Selbstbericht-Items; Davis, 1980), BST = berichtete Strategien im Umgang mit Textmaterial im Unterricht (Wagner et al., 2009), WS = passiver Wortschatz (Weiß, 2006), LG = Lesegeschwindigkeit (Auer et al., 2011); September/ Oktober 2013 (T1), Januar/ Februar 2014 (T2), Juni/ Juli 2014 (T3). 252 Anett Wolgast toren (Wortschatz, Lesegeschwindigkeit, Schulform, soziokultureller Hintergrund) waren für die Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme von Mädchen statistisch ohne Bedeutung (s. Tab. 2). Das gilt für Jungen mit einer Ausnahme: Jungen mit höherem passiven Wortschatz zeigten eine höhere Bereitschaft, sich in andere Personen hineinzuversetzen. Diskussion Ziel der Studie war es zu erfahren, ob die berichteten Strategien im Umgang mit Textmaterial im Unterricht bei Mädchen und bei Jungen mit der Bereitschaft zur Perspektivübernahme assoziiert sind. Untersucht wurden Schülerinnen und Schüler fünfter Klassenstufen in Deutschland. Hintergrund und Ausgangspunkte für die Studie waren empirische Bezüge zwischen dem Umgang mit Texten (z. B. Buhl et al., 2009; Mori & Cigala, 2015; Pelletier, 2006) und der Berücksichtigung der Perspektive anderer Personen (z. B. Chambers & Davis, 2012; Milligan et al., 2007). Nach bisheriger Forschung wurde angenommen, dass der Umgang mit Textmaterial mit der Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme von Lernenden assoziiert ist (z. B. Bråten et al., 2014; Mori & Cigala, 2015). Das war die erste Annahme, die geprüft wurde. Mit Blick auf Ergebnisse von Pelletier (2006) war die zweite Annahme, dass in einer längsschnittlichen Erfassung reziproke statistische Beziehungen zwischen berichteten Strategien im Umgang mit Textmaterial im Unterricht und der Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme bestehen. Die Prüfung der beiden Annahmen erfolgte an einem latenten Kreuzpfadmodell. Damit wurden die Daten von Mädchen und Jungen simultan, getrennt analysiert, weil andere Studienergebnisse Unterschiede zwischen der Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme von Mädchen und von Jungen zeigten (z. B. Van der Graaff et al., 2014). Die Ergebnisse stützen beide Annahmen teilweise: Die am Schuljahresbeginn berichteten Strategien im Umgang mit Textmaterial im Unterricht waren assoziiert mit der Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme am Ende des ersten Schulhalbjahres der fünften Jahrgangsstufe. Diese statistische Beziehung wurde durch das Geschlecht moderiert. Bei Mädchen wurden über das zweite Schulhalbjahr hinweg reziproke Beziehungen zwischen den berichteten Strategien und der Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme deutlich. Bei Jungen erhöhten nur im ersten Halbjahr die berichteten Strategien die Wahrscheinlichkeit für eine spätere hohe Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme. Im zweiten Halbjahr erhöhte diese Bereitschaft bei Jungen die Wahrscheinlichkeit für die später berichteten Strategien im Umgang mit Textmaterial im Unterricht. Die niedrige Intraklassenkorrelation der berichteten Strategien im Umgang mit Textmaterial spricht eher dagegen, dass die Strategien innerhalb einer Klasse auf gemeinsame Unterrichtsmerkmale im Sinne von Strategieinstruktion zurückzuführen sind. Vorangegangene Studien stützen die Annahme, dass theoretisch (z. B. Kintsch et al., 1999) und empirisch Zusammenhänge (z. B. Bråten et al., 2014) bestehen zwischen kognitiven Fähigkeiten und dem Umgang mit Textmaterial bei kompetenten Lesenden. In der vorliegenden Studie waren die Korrelationen von Wortschatz oder Lesegeschwindigkeit mit den berichteten Strategien im Umgang mit Textmaterial niedrig, was auf die Items zurückgeführt werden kann (z. B. Nachdenken über einen gelesenen Text). Beim Nachdenken über einen Text gebildete mentale Modelle können weniger mit Wörtern und mehr mit Visualisierungen (Bildern) verbunden sein. Der Wortschatz korreliert vermutlich niedrig mit dem Nachdenken über einen Text, wenn beim Nachdenken mentale Modelle mit Visualisierungen gebildet werden. Drei Items erfassen Strategien, die sich kognitiven Prozessen zuordnen lassen (z. B. das Markieren während des Lesens). Zwei Items erfassen kognitive oder metakognitive Prozesse (z. B. das Nachdenken über das, was gelesen wurde), je nachdem, welches mentale Modell währenddessen gebildet wird (kognitives Nachvollziehen einer im Soziale Perspektivübernahme und Nutzungsstrategien beim Umgang mit Texten 253 Text beschriebenen Situation oder Kontrolle des eigenen Wissens über den Textinhalt). Wortschatz oder Lesegeschwindigkeit korrelieren vermutlich auch bei diesen drei Items niedrig, wenn die Kinder sich statt der gelesenen und markierten Wörter Bilder vorstellen. Für die Erfassung weiterer berichteter Strategien sind zusätzliche Items empfehlenswert, die einen Faktor kognitive Strategien für den Umgang mit Textmaterial bilden und einen Faktor metakognitive Strategien für den Umgang mit Textmaterial. Ein Vorteil von Items für diese beiden Faktoren wäre die Möglichkeit der statistischen Messung, mit welcher Wahrscheinlichkeit Kinder kognitive Strategien für den Umgang mit Textmaterial anwenden. Eine hohe Wahrscheinlichkeit der Anwendung metakognitiver Strategien für den Umgang mit Textmaterial kann darauf hindeuten, dass Kinder ihren Umgang mit Textmaterial und somit ihr Verhalten beim Lesen reflektieren. Bei der Erfassung genutzter Strategien über Selbstberichte bleibt offen, an welches Textmaterial die Schülerinnen und Schüler denken und welche mentale Modelle sie dazu bilden. Bei Gedanken an Schule liegen Sachtexte näher als Narrationen. In Bezug auf Textinhalte ist eine Limitation der Studie, dass keine Informationen zum Textverständnis der Kinder hinzugezogen werden konnten. Für zukünftige Studien in diesem Bereich ist die Erfassung des Textverständnisses aus demselben Text für alle Studienteilnehmenden oder (für Längsschnittstudien) psychometrisch äquivalenten Textteilen wünschenswert. Für die Tendenz zur sozialen Perspektivübernahme (Steins, 1996) konnten bisher nur niedrige Korrelationen mit Maßen der Intelligenz gezeigt werden (z. B. Davis, 1980, 1983). Eine Prüfung dieser statistischen Zusammenhänge wäre in Studien im Bildungskontext mit aktuell normierten Instrumenten zur Erfassung der Intelligenz möglich. Die Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme weist sowohl bei Mädchen als auch bei Jungen zu allen Messzeitpunkten hohe Werte auf, die Deckeneffekte nahelegen. Spekuliert werden kann, dass soziale Erwünschtheit oder Zustimmungseffekte eine Rolle gespielt haben. Wenn solche Effekte für die Korrelation zwischen beiden Konstrukten maßgeblich wären, sollten sich stabile Korrelationen über die Zeit zeigen. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie widersprechen der Annahme von zeitlich stabilen Korrelationen zwischen beiden Konstrukten. Ein Erklärungsansatz für diese zeitlich instabilen Korrelationen ist, dass sich Mädchen und Jungen nach dem Übergang in die Sekundarschule an ihrem Umfeld orientieren und daran anpassen (Epley et al., 2004). Die Wirkung von genutzten Strategien im Umgang mit Textmaterial auf die Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme kann in experimentellen Studien oder in Interventionsstudien mit (Warte-)Vergleichsgruppen geprüft werden. Experimentelle Studien erlauben die Untersuchung von Unterschieden in der Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme zwischen teilnehmenden Kindern. Beispielsweise könnten Kinder per Zufall einer von drei Gruppen zugewiesen werden. Von den drei Gruppen erhalten zwei Experimentalgruppen Aufgaben mit Textmaterial, das die Anwendung jeweils unterschiedlicher Strategien im Umgang damit erfordert. Die dritte Gruppe wird als Vergleichsgruppe einbezogen und geht gewohnten Tätigkeiten nach (z. B. Zeichnen oder ein Video ansehen). Erhalten die Kinder der Vergleichsgruppe nach der Studie Gelegenheit, sich mit dem Material der Experimentalbedingungen in gleicher Weise zu befassen wie die Kinder der Experimentalbedingungen, wird auch die Bezeichnung Wartevergleichsgruppe verwendet. Kontrollgruppen könnten mit Kindern gebildet werden, die keine Erfahrung im Umgang mit Textmaterial haben. Im Rahmen der Schulpflicht sind Kontrollgruppen fast unmöglich, weil Kinder bereits vor der fünften Jahrgangsstufe und in verschiedenen Unterrichtsfächern Strategien im Umgang mit Textmaterial erlernen und Erfahrungen damit sammeln können. Interventionsstudien mit mindestens zwei Gruppen in einem Prä-Post-(Follow-up-) Design erlauben sowohl die Untersuchung von Unterschieden zwischen teilnehmenden Kindern als 254 Anett Wolgast auch intraindividuelle Veränderungen in ihrer Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme von der ersten bis zur letzten Messung. Interventionsstudien über ein Schuljahr hinweg sind eine Herausforderung für Kinder, Lehrende und Forschende. Eine Alternative wären Interventionsstudien über eine kurze Zeit. In einer Interventionsstudie mit einer Wartevergleichsgruppe könnte auch die Wirkung von Textinhalten auf die Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme bei Kindern oder Jugendlichen untersucht werden und damit vorangegangene Forschung in dem Bereich (z. B. Mori & Cigala, 2015) repliziert und um neue Erkenntnisse erweitert werden. Diejenigen, die der Wartevergleichsgruppe zugewiesen wurden, können nach der letzten Messung (Posttest oder Followup-Test) der Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme an einer Wiederholung der Intervention teilnehmen. Die Interventionswiederholung ist ein zusätzliches Angebot für die Wartevergleichsgruppe im Rahmen von Studien und erfolgt üblicherweise ohne weitere Datenerhebungen. In verschiedenen psychologischen Bereichen wurde bereits gezeigt und repliziert, dass wir zwischen der eigenen Situation und dem Eindenken in die Situation einer anderen Person koordinieren (z. B. Epley et al., 2004; Fizke, Barthel, Peters & Rakoczy, 2014; McHugh, Barnes-Holmes & Barnes-Holmes, 2004). Mit Berufung auf verschiedene Autoren (z. B. Fizke et al., 2014; Selman, 1980), halte ich deswegen die Bezeichnung soziale Perspektivenkoordination für zutreffender für das Phänomen des Eindenkens als den Begriff soziale Perspektivübernahme. Wir sind immer in uns selbst verankert (z. B. Chambers & Davis, 2012; Epley et al., 2004) und niemand kann sich vollständig in die soziale Situation einer anderen Person hineinversetzen oder gar eine Übernahme vollziehen. Die Bereitschaft, andere Menschen und ihre Perspektive auf eine Situation zu berücksichtigen, ist ein Erfolgsfaktor für Bildungs- und Berufswege (Mori & Cigala, 2015). Die in der vorliegenden Studie dargestellten Beziehungen zwischen berichteten Strategien im Umgang mit Texten und der Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme stützen Erkenntnisse aus experimenteller Forschung, die durch gezielt ausgewähltes Textmaterial die Förderung sozialer Perspektivübernahme versprechen (z. B. Mori & Cigala, 2015). Beispiele dafür sind Texte über soziale Situationen, die höhere soziale Perspektivübernahme förderten (Mori & Cigala, 2015). Demnach wäre vermutlich auch mit Aufgaben gezielte Förderung möglich, in denen Gedanken und Interaktionen von einer oder mehreren Personen beschrieben sind. Das können Sachaufgaben in Mathematik, Physik, Chemie, Biologie, Geschichte (z. B. Hartmann & Hasselhorn, 2008), Geografie, Sprachen (z. B. Buhl et al., 2009; Spinner, 1989) oder einem anderen Fach sein. Gelesen wird im Unterricht täglich, für das regelmäßige Training sozialer Perspektivübernahme, beispielsweise durch Rollenspiele, ist im Unterricht allerdings kaum Zeit. Zum Potenzial von Textmaterial und dem Umgang damit für die (Bereitschaft zur) Perspektivübernahme bei Lernenden und zur Bedeutung der sozialen Perspektivübernahme für Lehrende und Unterricht (z. B. Wolgast, 2017) gibt es bisher zu wenig Forschung in der Psychologie, in den Erziehungswissenschaften und in den Fachdidaktiken. Zusammenfassung Die vorliegende Studie deutet auf ein hohes Potenzial von berichteten Strategien im Umgang mit Textmaterial im Unterricht für die Förderung der Bereitschaft zur sozialen Perspektivübernahme bei Schulkindern hin. Das Potenzial kann insbesondere fachdidaktisch genutzt werden, wie vorangegangene Studien gezeigt haben (z. B. Buhl et al., 2009; Hartmann & Hasselhorn, 2008; Spinner, 1989). Demnach können sich Kinder im Umgang mit Texten oder Textaufgaben und mit den darin beschriebenen Situationen von Menschen auseinandersetzen und das Eindenken in andere Menschen üben. Soziale Perspektivübernahme und Nutzungsstrategien beim Umgang mit Texten 255 Literatur Adams, R. & Wu, M. (2002). PISA 2000 technical report. Paris: Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD). Verfügbar unter https: / / www. oecd.org/ pisa/ pisaproducts/ 33688233.pdf Artelt, C., Stanat, P., Schneider, W., Schiefele, U. & Lehmann, R. (2004). Die PISA-Studie zur Lesekompetenz: Überblick und weiterführende Analysen. In U. Schiefele, C. Artelt, W. Schneider & P. Stanat (Hrsg.), Struktur, Entwicklung und Förderung von Lesekompetenz (S. 139 - 168). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Atkins, D., Uskul, A. 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