Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2019
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Empirische Arbeit: Empfinden prosoziale Jugendliche weniger Stress in Peerbeziehungen?
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2019
Sören Lüdeke
Friedrich Linderkamp
Befunde zu prosozialem Verhalten wie freiwilligem Fürsorgeverhalten bei Jugendlichen mit internalisierenden und externalisierenden Verhaltensproblemen sind widersprüchlich. Es ist ungeklärt, ob prosoziales Verhalten bei Jugendlichen mit Verhaltensproblemen dazu führt, das subjektive Stresserleben im Kontakt zu Peers zu verringern. Diese Studie untersucht, ob prosoziales Verhalten als protektiver Faktor den Zusammenhang zwischen den verschiedenen Verhaltensproblemen (internalisierende und/oder externalisierende Probleme) und Stresserleben in Peerbeziehungen moderiert. Die Stichprobe umfasst N=1019 Jugendliche im Alter von 13–18 (davon 678 mit Verhaltensproblemen gemäß aggregiertem Rating der Lehrkräfte und Jugendlichen). Alle Konstrukte wurden mit standardisierten Instrumenten erfasst. ANCOVAs verdeutlichen den moderierenden Einfluss prosozialen Verhaltens. Im Ergebnis hängt prosoziales Verhalten spezifisch bei hyperaktiven Jugendlichen mit einem verringerten Stresserleben in Peerbeziehungen zusammen. Die Diskussion fokussiert die Notwendigkeit ressourcenorientierter Sichtweisen und problematisiert, ob prosoziales Verhalten von hyperaktiven Jugendlichen tatsächlich als Ressource in sozialen Beziehungen genutzt werden kann.
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n Empirische Arbeit Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2019, 66, 273 -284 DOI 10.2378/ peu2019.art19d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Empfinden prosoziale Jugendliche weniger Stress in Peerbeziehungen? Eine Analyse prosozialen Verhaltens bei Jugendlichen mit Verhaltensproblemen Sören Lüdeke, Friedrich Linderkamp Bergische Universität Wuppertal Zusammenfassung: Befunde zu prosozialem Verhalten wie freiwilligem Fürsorgeverhalten bei Jugendlichen mit internalisierenden und externalisierenden Verhaltensproblemen sind widersprüchlich. Es ist ungeklärt, ob prosoziales Verhalten bei Jugendlichen mit Verhaltensproblemen dazu führt, das subjektive Stresserleben im Kontakt zu Peers zu verringern. Diese Studie untersucht, ob prosoziales Verhalten als protektiver Faktor den Zusammenhang zwischen den verschiedenen Verhaltensproblemen (internalisierende und/ oder externalisierende Probleme) und Stresserleben in Peerbeziehungen moderiert. Die Stichprobe umfasst N = 1019 Jugendliche im Alter von 13 - 18 (davon 678 mit Verhaltensproblemen gemäß aggregiertem Rating der Lehrkräfte und Jugendlichen). Alle Konstrukte wurden mit standardisierten Instrumenten erfasst. ANCOVAs verdeutlichen den moderierenden Einfluss prosozialen Verhaltens. Im Ergebnis hängt prosoziales Verhalten spezifisch bei hyperaktiven Jugendlichen mit einem verringerten Stresserleben in Peerbeziehungen zusammen. Die Diskussion fokussiert die Notwendigkeit ressourcenorientierter Sichtweisen und problematisiert, ob prosoziales Verhalten von hyperaktiven Jugendlichen tatsächlich als Ressource in sozialen Beziehungen genutzt werden kann. Schlüsselbegriffe: Internalisierend, externalisierend, prosoziales Verhalten, Stress, Peer-Beziehungen Do Prosocial Adolescents Perceive Less Stress in Peer Relations? An Analysis of Prosocial Behavior among Adolescents with Behavior Problems Summary: Research findings to prosocial behavior like helping voluntarily among youths with internalizing and externalizing problems are contradictory. It has not been examined whether prosocial behavior decreases subjective stress perception in peer relations among adolescents with behavior problems. This study explores whether prosocial behavior as a protective factor moderates the link between behavior problems (internalizing and/ or externalizing problems) and stress in peer relations. Based on a sample of 1019 adolescents aged 13 - 18 (including 678 with behavior problems according to an aggregated teacher-student-rating), standardized instruments were used. ANCOVAs show moderating impacts of prosocial behavior. In particular, prosocial, hyperactive adolescents feel lower stress in peer relations. The discussion points out the necessity of resource based perspectives, however, it also reflects how far prosocial behaviour can actually be employed as a resource by hyperactive adolescents. Keywords: Internalizing, externalizing, prosocial behavior, stress, peer relations Prosoziales Verhalten stellt in verschiedenen Kulturkreisen eine relevante Verhaltensressource dar und hat einen hohen Stellenwert in sozialen Interaktionen (House et al., 2013). Jugendliche, die viele prosoziale Verhaltensweisen zeigen, sind in der Peergruppe beliebter (Lu, Li, Niu, Jin & French, 2018). Auch erleben sie häufiger die positiven Effekte prosozialen Verhaltens, welches von den meisten Jugendlichen unmittelbar erwidert wird (Choukas-Bradley, Giletta, Cohen & Prinstein, 2015). Prosoziales Verhalten wird definiert als „helping, sharing with, or 274 Sören Lüdeke, Friedrich Linderkamp showing concern for others, defending peers, and/ or including peers in activities“ (Grusec & Sherman, 2011, S. 263). Prosoziales Verhalten bei Jugendlichen mit Verhaltensproblemen Internalisierende, überkontrollierte Verhaltensprobleme umfassen ängstliches und depressives Verhalten; externalisierende, unterkontrollierte Problematiken beziehen sich auf oppositionelles, hyperaktives und dissoziales Verhalten (Linderkamp & Grünke, 2007). Diese Studie thematisiert Peerbeziehungen von Jugendlichen mit internalisierenden und/ oder hyperaktiven Verhaltensproblemen. Der Begriff Peers umfasst Jugendliche „[that belong] to the same societal group especially based on age, grade, or status“ (Reitz, Zimmermann, Hutteman, Specht & Neyer, 2014, S. 218). Flynn, Ehrenreich, Beron und Underwood (2015) finden in einer 5-jährigen prospektiven Längsschnittstudie einen negativen Zusammenhang zwischen externalisierenden Verhaltensproblemen und prosozialem Verhalten. Waaktaar, Borge, Christie und Torgersen (2005) berichten eine moderate negative Korrelation in Elternratings. In Studien zur Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) zeigt sich wiederum oft eine hohe Komorbidität mit oppositionellem Trotzverhalten (Linderkamp, 2006) und dissozialem Verhalten (Storebø & Simonsen, 2016). Hyperaktivität ist in einzelnen Untersuchungen hingegen positiv mit prosozialem Verhalten assoziiert (Ortuño- Sierra, Fonseca-Pedrero, Sastre i Riba & Muñiz, 2017). Internalisierende Probleme (in dieser Studie vorwiegend depressive Symptome) erwiesen sich in einer als Längsschnittstudie angelegten sozialen Netzwerkanalyse mit N = 840 Jugendlichen als Prädiktor für geringeres prosoziales Verhalten, wenngleich der Effekt klein ausfiel (van Rijsewijk, Dijkstra, Pattiselanno, Steglich & Veenstra, 2016). Depressive Jugendliche zeigen oft wenig prosoziales Verhalten gegenüber Eltern. Ängstliche Jugendliche verhalten sich gegenüber Freunden meist durchaus prosozial (Padilla-Walker, Carlo & Nielson, 2015). Bei der Erklärung prosozialen Verhaltens ist der moderierende Einfluss des Geschlechts zu berücksichtigen: Mädchen tendieren eher zu prosozialem Verhalten, welches soziale Beziehungsaspekte einschließt (z. B. anderen zuhören), während Jungen zu mehr Risikoverhalten bereit sind (Diekman & Clark, 2015). Ein Grund dafür könnte sein, dass prosoziale Mädchen in der Peergruppe oft beliebter sind als prosoziale Jungen (Kornbluh & Neal, 2016), was wiederum mit Geschlechtsstereotypen erklärt werden könnte (Hine, 2017). Prosoziales Verhalten in sozialen Beziehungen, z. B. durch aufmerksames Zuhören, entspricht eher dem Geschlechtsstereotyp des Mädchens. Entsprechend sind prosoziale und ängstliche Mädchen in der Peergruppe häufig beliebt, während Jungen mit den gleichen Verhaltensmerkmalen eher sozial abgelehnt werden (Markovic & Bowker, 2015). Zusammenhänge zwischen prosozialem Verhalten und Stress Stress wird als eine Beziehung zwischen Person und Umwelt definiert, die von einer Person als herausfordernd, bedrohlich oder die eigenen Bewältigungskapazitäten überschreitend bewertet wird (Lazarus & Folkman, 1984). Als Beispiel für einen negativen Bewertungsprozess kann die Tendenz von Jugendlichen mit internalisierenden Problemen, ihre Aufmerksamkeit überwiegend auf bedrohliche Reize und als unangenehm erlebte Emotionen zu richten, angesehen werden (Sylvester, Hudziak, Gaffrey, Barch & Luby, 2016). Jugendliche mit externalisierenden Problemen erleben neutrale und positive soziale Stimuli (z. B. ein Lächeln) oft als feindselig (Mellentin, Dervisevic, Stenager, Pilegaard & Kirk, 2015). Stress als kognitiven Bewertungsprozess zu begreifen, bietet einen konzeptuellen Rahmen zum Verständnis von Verhaltensproblemen - gerade da kognitive Bewertungsprozesse einen hohen Stellenwert in der Erklärung diverser Verhaltensprobleme haben und als transdiagnostische Faktoren angesehen werden können (Gellatly & Beck, 2016). Empfinden prosoziale Jugendliche weniger Stress in Peerbeziehungen? 275 Vor dem Hintergrund eines transaktionalen Stressmodells (Lazarus & Folkman, 1984) könnte prosoziales Verhalten eine intrapersonale Ressource zur Stressreduktion darstellen. Kinder und Jugendliche, die prosoziales Verhalten zeigen, verarbeiten in sozialen Interaktionen neutrale Stimuli auf positive Weise, d. h. sie vermuten bei neutralen Gesichtsausdrücken eher wohlwollende als feindselige Intentionen („Rosecolored glasses“; Nelson & Crick, 1999, S. 17) und weisen damit positive Bewertungen (Appraisals) auf. Bislang wird in keiner Studie zu Bewertungsprozessen bei Jugendlichen mit Verhaltensproblemen (z. B. Mellentin et al., 2015; Sylvester et al., 2016) untersucht, inwiefern prosoziales Verhalten einen positiven Effekt auf stressbezogene Bewertungen nehmen könnte. Das Stresserleben in freundschaftlichen Peerbeziehungen (im Folgenden Peer Stress genannt) bezieht sich im Gegensatz zum gesamten Stresskonstrukt konkret auf Stressverarbeitungsprozesse, die sich aus dem Kontakt oder fehlendem Kontakt zu Peers ergeben. Gemeint sind z. B. Konflikte, Schwierigkeiten, sozialen Anschluss zu einer Clique zu finden oder die subjektiv erlebte Abwesenheit vertrauter Peerbeziehungen (Persike & Seiffge-Krenke, 2016; Seiffge-Krenke, 1995). Lüdeke und Linderkamp (im Druck) analysieren - international erstmalig - den Zusammenhang zwischen verschiedenen adoleszenten Verhaltensproblemen (hyperaktiv, internalisierend, Komorbiditäten) und Peer Stress. Die Studie zeigt, dass Jugendliche mit Verhaltensproblemen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe erhöhten Peer Stress erleben. Auch werden Hinweise auf ein Modell kumulativer Risikofaktoren vorgelegt: Moderierende Einflussgrößen stellen das Ausmaß der Verhaltensprobleme, Komorbiditäten sowie ein niedriger sozioökonomischer Status dar. Jugendliche aus Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status sind aufgrund eines Mangels an materiellen und bildungsbezogenen Ressourcen mehr Stressoren ausgesetzt (z. B. kein eigenes Zimmer). Auch soziale Ablehnung durch Peers könnte erhöhten Peer Stress erklären (Lauer & Renk, 2013). Evans, Fite, Hendrickson, Rubens und Mages (2015) finden einen Zusammenhang zwischen Hyperaktivität und Impulsivität einerseits und Peerablehnung andererseits, der durch reaktive Aggression moderiert wird. Ableitung der Fragestellungen und Hypothesen Prosoziales Verhalten ist kulturübergreifend eine zentrale Verhaltensressource (House et al., 2013). Vor dem Hintergrund des transaktionalen Stressmodells (Lazarus & Folkman, 1984) wäre denkbar, dass prosoziales Verhalten auch eine Ressource zur Stressreduktion darstellt, da prosoziales Verhalten mit positiven Bewertungsprozessen assoziiert ist (Nelson & Crick, 1999). Bei Jugendlichen mit Verhaltensproblemen wurde dieser potenzielle Zusammenhang noch nicht betrachtet. Die vorliegende Analyse basiert auf der Datengrundlage der Jugendstudie zu Peer Stress von Lüdeke und Linderkamp (2018). Diese explorative Studie behandelt erstens die Fragestellung, ob prosoziales Verhalten den Zusammenhang zwischen den verschiedenen adoleszenten internalisierenden, externalisierenden und kombinierten Verhaltensproblemen (im Folgenden komorbid genannt) und Peer Stress moderiert. Hier ist es von Interesse, in welchen Subgruppen sich der mögliche Zusammenhang zeigt. Zweitens wird die Fragestellung untersucht, ob das Geschlecht, prosoziales Verhalten und die Verhaltensprobleme einen gemeinsamen Einfluss auf die Aspekte des Stresserlebens in Peerbeziehungen nehmen. Diese Fragestellung bezieht sich auf den vermuteten Interaktionseffekt zweiter Ordnung: Da prosoziale Mädchen mit internalisierenden Problemen in der Peergruppe eher akzeptiert werden als prosoziale Jungen mit internalisierenden Problemen (Markovic & Bowker, 2015), müssten Jungen entsprechend erhöhten Stress erleben. Aufgrund des explorativen Charakters der Studie sind die Hypothesen ungerichtet: Prosoziales Verhalten moderiert den Zusammenhang zwischen Verhaltensproblemen einerseits und Peer Stress andererseits (Hypothese 1). Das Geschlecht, prosoziales Ver- 276 Sören Lüdeke, Friedrich Linderkamp halten und die Verhaltensprobleme nehmen einen gemeinsamen Einfluss (Interaktionseffekt zweiter Ordnung) auf Peer Stress (Hypothese 2). Diese Querschnittsstudie erlaubt keine Analyse der Wirkrichtungen. Methode Stichprobe Die Stichprobe wurde im Raum Wuppertal, Remscheid und Solingen an Schulen (Sekundarstufe 1) sowie an Beratungsstellen für Jugendliche rekrutiert. Sie umfasste N = 1019 Jugendliche im Alter von M = 15.11 (SD = 1.42; Range = 13 - 18). Tabelle 1 stellt die Stichprobenzusammensetzung dar. Die internalisierenden oder/ und externalisierenden Verhaltensprobleme wurden mittels eines standardisierten Screenings (Strengths and Difficulties Questionnaire, SDQ; Goodman, 2001) erfasst. Jugendliche wurden dann als verhaltensproblematisch klassifiziert, wenn sowohl die Ratings der Lehrperson als auch die Selbsteinschätzung die Cut-off- Werte der jeweiligen SDQ-Subskala überschritten. Durch dieses Vorgehen kann ein hoher Belastungsgrad bei den Jugendlichen festgestellt werden (Johnson, Hollis, Marlow, Simms & Wolke, 2013). Jugendliche mit unauffälligen Screening-Scores wurden der Kontrollgruppe zugeordnet. Die Gewinnung dieser angefallenen Stichprobe erfolgte durch persönliche oder postalische Kontaktaufnahme mit Schulen sowie Beratungszentren, wobei insgesamt 21 Schulen und vier Beratungszentren einbezogen wurden. Von ursprünglich N = 1068 Jugendlichen mussten 49 Jugendliche ausgeschlossen werden, da das Lehrerurteil nicht (vollständig) vorgelegt werden konnte. Es ergaben sich in t-Tests keine Hinweise auf systematische Verzerrungen (in Bezug auf den sozioökonomischen Status, das Geschlecht, den Erhebungsort) bei den Jugendlichen, die keine vollständigen Fragebögen vorlegen konnten. Erhebungsinstrumente Verhaltensprobleme sowie prosoziales Verhalten wurden durch den Strengths and Difficulties Questionnaire (SDQ; Goodman, 2001) operationalisiert. Die vier Problemskalen des SDQ bilden die empirisch gut abgesicherten grundlegenden Dimensionen von Verhaltensproblemen (internalisierend und externalisierend) bei Jugendlichen ab (Lahey et al., 2004). Die Skala prosoziales Verhalten erfasst im Gegensatz dazu die Aspekte des freiwilligen Helfens, Teilens und Fürsorgeverhaltens und damit Verhaltensressourcen. Da die Fragestellungen dieser Studie neu sind, sollten grundlegende Zusammenhänge zwischen diesen psychopathologischen Dimensionen, Stress und prosozialem Verhalten analysiert werden, bevor konkrete Störungsbilder betrachtet werden. In der vorliegenden Studie wird die Lehrkraftversion sowie die Selbsteinschätzungsskala des SDQ eingesetzt. Nähere Angaben zum SDQ finden sich in Tabelle 2. Es wurden die Skalen Hyperaktivität - Unaufmerksamkeit sowie Emotionale Probleme verwendet - diese erreichen im Vergleich zu den anderen SDQ-Skalen die besten internen Konsistenzen und lassen sich auch einzeln einsetzen (Goodman, 2001). Die Skalen wurden ausgewählt, da in der angefallenen Stichprobe kaum dissoziales Verhalten beobachtbar war, was erforderlich wäre, um die Dimensionen internalisierend und externalisierend auf Grundlage aller vier Problemskalen zu bilden. Der SDQ kann bei Jugendlichen bis zum 19. Lebensjahr eingesetzt werden und wurde umfangreich in Deutschland und anderen europäischen Ländern validiert (Essau et al., 2012). Peer Stress wurde mittels Problem questionnaire (PQ) von Seiffge-Krenke (1995) operationalisiert, einer deutschlandweit validierten Selbsteinschätzungsskala, die sich an Teilaspekte des transaktionalen Stressmodells (Lazarus & Folkman, 1984) anlehnt. Eingesetzt wurde die Subskala Peer Stress. Weitere Angaben siehe Tabelle 2. Durchführung Die Daten der Studie wurden von Januar 2013 bis Oktober 2015 erhoben. Die Untersuchung wurde an Schulen sowie in Beratungsstellen in der Region Wuppertal jeweils in einem ruhigen Raum in Kleingruppen von 4 - 5 Jugendlichen durchgeführt. Alle Jugendlichen erhielten einen soziodemografischen Fragebogen, den PQ, den SDQ (Selbsteinschätzung) und einen SDQ (Lehrperson), mittels dessen die Klassenlehrerinnen und -lehrer Verhaltensprobleme und prosoziales Verhalten einschätzten. Jede Lehrperson schätzte durchschnittlich drei bis vier Schülerinnen und Schüler ein (insgesamt N = 278 Lehrkräfte). Die Lehrpersonen waren bei der Untersuchung nicht anwesend, sondern bearbeiteten den SDQ ohne das Beisein der Jugendlichen. Den Ju- Empfinden prosoziale Jugendliche weniger Stress in Peerbeziehungen? 277 Variable Kontrollgruppe N = 341 (33,5 %) Externalisierend N = 192 (18,8 %) Internalisierend N = 154 (15,1 %) Komorbid N = 332 (32,6 %) Gesamt N = 1019 Gruppenunterschiede Alter 15.29 (1.41) 14.95 (1.42) 15.27 (1.51) 14.99 (1.38) 15.11 (1.42) F 3,1016 = 1,76, p = .11 Geschlecht Weiblich Männlich 133 (39,0 %) 208 (61,0 %) 54 (28,1 %) 138 (71,9 %) 89 (57,8 %) 65 (42,2 %) 203 (61,1 %) 129 (38,9 %) 540 (53,0 %) 479 (47,0 %) χ 2 [3, N = 1019] = 70.07, p < .001 Prosoziales Verhalten Ja Nein 247 (72,4 %) 94 (27,6 %) 72 (37,5 %) 120 (62,5 %) 111 (72,1 %) 43 (27,9 %) 150 (42,2 %) 182 (54,8 %) 580 (56,9 %) 439 (43,1 %) χ 2 [3, N = 1019] = 105.94, p < .001 Tab. 1: Stichprobenzusammensetzung Instrument, Konstrukt Skalen und Reliabilität Faktoren, Normierung, Auswertung Beispielitems Problem Questionnaire (PQ; Seiffge-Krenke, 1995) Erfasst Stresserleben in verschiedenen alltäglichen Lebensbereichen Selbsteinschätzung 5-stufige numerische Skala Geringe (1) bis hohe Zustimmung (5), 63 Items Subskalen Peer Stress (9 Items, α = .83), Schule (8 Items, α = .80), Zukunft (8 Items, α = .75), Eltern (10 Items, α = .84), Freizeit (7 Items, α = .70), Romantik (7 Items, α = .74), Identität (14 Items (α = .78) Faktoren: 7-Faktoren = 69 % der Varianz Normierung: N = 1028, Alter 12 -19, deutschlandweit repräsentativ Auswertung: Kennwerte aus deutschen und internationalen Studien (Persike & Seiffge-Krenke, 2016) Skala Peer Stress: „Ich habe keine/ n wirkliche/ n Freund/ in, mit dem/ der ich persönliche Sorgen und Probleme besprechen kann“; „Ich finde es schlimm, dass auch in meinem Freundeskreis Jugendliche stur, intolerant und unfair miteinander umgehen“; „Es bedrückt mich, dass viele nur zu oberflächlichem Kontakt bereit sind.“ Strengths and Difficulties Questionnaire (SDQ; Goodman, 2001) Erfasst internalisierende und externalisierende Verhaltensprobleme sowie prosoziales Verhalten Selbst- und Lehrkrafteinschätzung 3-stufige Antwortskala nicht/ teilweise/ eindeutig zutreffend, 25 Items (5/ Skala) Subskalen Emotionale Probleme (S: α = 0.66; L: α = 0.78), Probleme mit Gleichaltrigen (S: α= 0.41; L: α= 0.70), (Dissoziale) Verhaltensprobleme (S: α = 0.60; L: α = 0.74), Hyperaktivität - Unaufmerksamkeit (S: α = 0.67; L: α = 0.88), Prosoziales Verhalten (S: α = 0.66; L: α = 0.84) Faktoren: 5-Faktoren = 58,2 % der Varianz (L) bzw. 42,5 % (S) Normierung: N = 7313, Alter 5 -15 (L) N = 3983, Alter 11 -15 (S) Auswertung: Cutoff-Werte (80 % der Normierungsstichprobe hatte niedrigere [Problemskalen] oder höhere [prosoziales Verhalten] Ausprägungen.) Skala Hyperaktivität - Unaufmerksamkeit: „Zappelig“ (L) „Ich bin ständig in Bewegung und dauernd zappelig“ (S) Skala Emotionale Probleme: „Hat viele Sorgen, erscheint oft bedrückt“ (L) „Ich mache mir häufig Sorgen“ (S) Skala prosoziales Verhalten: „Lieb zu jüngeren Kindern“ (L) „Ich bin nett zu jüngeren Kindern“ (S) Tab. 2: Erhebungsinstrumente Anmerkungen: S = Selbsteinschätzungsskala des Strengths and Difficulties Questionnaire von Goodman (2001); L = Lehrkraftversion des Strengths and Difficulties Questionnaire von Goodman (2001). 278 Sören Lüdeke, Friedrich Linderkamp gendlichen in den Beratungsstellen wurde der SDQ für Lehrkräfte persönlich vom Untersuchungsleiter übergeben, sie baten ihre Lehrkräfte um Bearbeitung und reichten den SDQ dann wieder in einem verschlossenen Umschlag persönlich oder postalisch in der Beratungsstelle ein. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhielten den gesamten PQ und nicht nur die für diese Studie relevante Subskala (Peer Stress). Gemischte Items zu vielfältigen Stressoren sollten Antwortverzerrungen, z. B. durch soziale Erwünschtheit, verringern. Den Jugendlichen wurde als Incentive die Möglichkeit geboten, im Anschluss an die Studie Informationen über deren Ergebnisse zu erhalten (Kontaktaufnahme durch E-Mail an den Untersuchungsleiter). Es wurden keine persönlichen Ergebnisse zurückgemeldet. Bei den Befragungen war ausschließlich ein Untersuchungsleiter anwesend. Sie dauerten jeweils ca. 30 Minuten. Für die Instruktionen (z. B. Umgang mit Nachfragen) lag ein Leitfaden vor. Die Fragebögen sowie weitere Materialien (z. B. Anschreiben an die Schulen zur ersten Kontaktaufnahme, Einverständniserklärungen) finden sich bei Lüdeke (2018). Bei allen Lehrpersonen wurde sichergestellt, dass die Rater die Jugendlichen mindestens ein Jahr persönlich kannten. Datenauswertung In Voranalysen wurde durch Chi-Quadrattests die Verteilung der prosozialen Jugendlichen sowie des Merkmals Geschlecht über die unterschiedlichen Subgruppen mit Verhaltensproblemen bzw. die Kontrollgruppe überprüft. Mittels ANOVA wurde die Altershomogenität der Subgruppen getestet. Der Einfluss des sozioökonomischen Status wurde bereits im Rahmen der Jugendstudie zum Peer Stress an dem gleichen Datensatz kontrolliert. Ein niedriger sozioökonomischer Status geht zwar mit erhöhtem Stresserleben einher, dies beeinflusst jedoch nicht das prosoziale Verhalten (vgl. Lüdeke, 2018; Lüdeke & Linderkamp, 2018). Anschließend wurde ANCOVA1 zur Überprüfung von Hypothese 1 durchgeführt. Hierbei wurden die Verhaltensprobleme (aggregiertes SDQ-Urteil der Lehrkräfte sowie der Jugendlichen) mit den vier Ausprägungen Kontrollgruppe, internalisierend, externalisierend, komorbide Verhaltensprobleme und prosoziales Verhalten als dichotome Variable jeweils als nominalskalierte unabhängige Variablen herangezogen. Die abhängige Variable war Peer Stress gemäß PQ. Das Alter der Jugendlichen wurde außerdem als Kovariate und nicht als unabhängige Variable in das analytische Modell (ANCOVA) aufgenommen, da davon ausgegangen werden kann, dass es keinen kausalen Einfluss auf Stresserleben nehmen kann, jedoch als Trägervariable mit relevanten Faktoren assoziiert ist. So konnte in Längsschnittstudien gezeigt werden, dass bedingt durch altersentsprechende Entwicklungsaufgaben das Stresserleben in der Pubertät oft zunimmt (Seiffge-Krenke, Aunola & Nurmi, 2009). Hypothese 1 ist bestätigt, wenn sich eine signifikante Interaktion zwischen Verhaltensproblemen und prosozialem Verhalten als Hinweis auf einen Moderationseffekt zeigt (vgl. Bortz & Schuster, 2016). Hypothese 2 wurde mit ANCOVA2 überprüft. Diese war identisch mit ANCOVA1 bis auf den Umstand, dass sie zusätzlich die unabhängige Variable biologisches Geschlecht enthielt. Hypothese 2 ist bestätigt, wenn in ANCOVA2 eine signifikante Interaktion zweiter Ordnung zwischen Geschlecht, Verhaltensproblemen und prosozialem Verhalten auftritt. Prosoziale Mädchen mit internalisierenden Problemen sollten in Post-hoc-Tests ein noch geringeres Stresserleben aufweisen als prosoziale Jungen mit internalisierenden Problemen. Zusätzlich sind Interaktionen erster Ordnung zu erwarten. Prosoziale Mädchen sollten im Vergleich zu prosozialen Jungen noch geringeren Peer Stress aufweisen, da sie in der Peergruppe eher akzeptiert werden als prosoziale Jungen. Post hoc wurden t-Tests für unabhängige Stichproben durchgeführt. Die Alpha-Fehler-Korrektur erfolgte nach Bonferroni. Ergebnisse Voranalysen Die deskriptiven Datenanalysen (Gruppenunterschiede, vgl. Tab. 1) machen deutlich, dass das Merkmal prosoziales Verhalten über die verschiedenen Stufen der Variable Verhaltensprobleme ungleich verteilt ist. Insbesondere werden in der Kontrollgruppe (72,4 %) sowie in den Subgruppen der Jugendlichen mit internalisierenden Problemen (72,1 %) überzufällig viele Jugendliche als prosozial klassifiziert. Aber auch in den Subgruppen mit externalisierenden (37,5 %) sowie komorbiden (42,2 %) Verhaltensproblemen tritt prosoziales Verhalten auf. Empfinden prosoziale Jugendliche weniger Stress in Peerbeziehungen? 279 Das Merkmal Geschlecht war über die Stufen der Variable Verhaltensprobleme ebenfalls ungleich verteilt. Die Gruppen waren gemäß ANOVA altershomogen (Tab. 1). Die Voraussetzungen für die Durchführung von ANCOVAs waren mit Ausnahme der unterschiedlichen Zellgrößen erfüllt. Sowohl für ANCOVA1 und für ANCOVA2 wurden daher versuchsweise ANCOVAs mit (zufällig gezogenen) gleich großen Teilgruppen durchgeführt. Die Ergebnisse variierten nur unerheblich. In Berechnungen mit den Daten der Gesamtstichprobe zeigten sich in t-Tests für unabhängige Stichproben keine signifikanten Unterschiede im prosozialen Verhalten sowie im Stresserleben in Abhängigkeit vom Ergebungsort (Schule vs. Beratungsstelle) sowie vom Geschlecht. Ergebnisse zu Fragestellung 1 In ANCOVA1 nehmen Verhaltensprobleme einen Haupteffekt auf Peer Stress (F 3,1011 = 48.62, p < .001, η 2 = .12). Auch prosoziales Verhalten beeinflusst Peer Stress (F 1,1011 = 31.23, p < .001, η 2 = .08). Die Interaktion zwischen Verhaltensproblemen und prosozialem Verhalten ist signifikant (F 3,1011 = 6.60, p < .001, η 2 = .05). Die Kovariate Alter hatte keinen signifikanten Effekt. Tabelle 3 macht ersichtlich, dass prosoziale Jugendliche mit externalisierenden und komorbiden Problemen auf der Skala Peer Stress signifikant niedrigere Ausprägungen aufweisen als nicht-prosoziale Jugendliche mit identischen Verhaltensproblemen. Ergebnisse zu Fragestellung 2 ANCOVA2 belegt ebenfalls einen Haupteffekt der Verhaltensprobleme auf Peer Stress (F 3,1003 = 40.32, p < .001, η 2 = .11). Ferner zeigen sich auch Einflüsse prosozialen Verhaltens (Peer Stress: F 1,1003 = 5.23, p < .001, η 2 = .06), jedoch kein Haupteffekt des Faktors Geschlecht. Die Interaktionen erster Ordnung, d. h. zwischen prosozialem Verhalten und Verhaltensproblemen (F 3,1011 = 6.23, p < .001, η 2 = .06) sowie Geschlecht und Verhaltensproblemen (F 3,1010 = 15.41, p < .001, η 2 = .05) sind signifikant. Der Interaktionseffekt zweiter Ordnung (Verhaltensprobleme × Geschlecht × prosoziales Verhalten) ist nicht signifikant. Da ANCOVA2 einen Interaktionseffekt erster Ordnung zwischen Geschlecht und Verhaltensproblemen aufzeigt, wurden weiterführend Post-hoc-Tests durchgeführt. Die Post-hoc-Tests zu ANCOVA2 zeigen, dass sich männliche (M = 2.89, SD = 1.1) und weibliche Jugendliche (M = 2.23, SD = .88) mit komorbiden Problemen nach adjustiertem Alphaniveau signifikant auf der Skala Peer Stress (t[330] = 6.54, p < .001, d = -0.75) unterscheiden. In den anderen Subgruppen sowie in der Gesamtstichprobe traten keine signifikanten Geschlechtseffekte auf. Das Alter hatte keinen signifikanten Effekt. Diskussion Die vorliegende Studie betrachtet prosoziales Verhalten als möglichen Stress reduzierenden Faktor bei Jugendlichen mit Verhaltensproble- Peer Stress Gruppe 1 Gruppe 2 M SD M SD df t p d Prosozial Nicht prosozial Kontrollgruppe 1.67 0.77 1.79 0.57 n. s. Internalisierend 2.30 0.87 2.39 0.67 n. s. Externalisierend 1.88 0.56 2.14 0.48 190 2.80 < .001 0.42 Komorbid 2.39 0.67 2.63 0.69 330 3.94 < .001 0.35 Tab. 3: Post-hoc-Tests zu ANCOVA1 mit der abhängigen Variable Peer Stress Anmerkungen: n. s. = nicht signifikant; Peer Stress = Stresserleben in freundschaftlichen Peerbeziehungen gemäß Problem Questionnaire (Seiffge-Krenke, 1995). 280 Sören Lüdeke, Friedrich Linderkamp men. In allen Subgruppen mit Verhaltensproblemen sowie in der Kontrollgruppe wird ein beträchtlicher Anteil der Jugendlichen als prosozial klassifiziert. Da sich in ANCOVA1 eine signifikante Interaktion zwischen prosozialem Verhalten und Peer Stress zeigt, wird Hypothese 1 bestätigt. Die Post-hoc-Tests zeigen, dass prosoziales Verhalten ausschließlich bei Jugendlichen mit externalisierenden und komorbiden Problemen mit einer Stressreduktion einhergeht. Auf der Skala Peer Stress konnte keine signifikante Interaktion zwischen den Variablen Verhaltensprobleme, Geschlecht und prosoziales Verhalten festgestellt werden, weshalb Hypothese 2 abzulehnen ist. ANCOVA2 identifiziert eine Interaktion erster Ordnung zwischen Verhaltensproblemen und Geschlecht. In Posthoc-Tests erwiesen sich Jungen mit komorbiden Problemen als besonders stressbelastet. Prosoziales Verhalten bei Jugendlichen mit Verhaltensproblemen Es ist bemerkenswert, dass in der vorliegenden Studie auch bei Jugendlichen mit Verhaltensproblemen prosoziales Verhalten identifizierbar ist. Während zu Jugendlichen mit internalisierenden Verhaltensproblemen durchaus Hinweise auf prosoziales Verhalten vorliegen (z. B. Padilla-Walker et al., 2015), ist der Befund in Bezug auf externalisierende Probleme überraschend. Lediglich eine Studie, die unter anderem auch die SDQ-Skala Hyperaktivität - Unaufmerksamkeit heranzieht, zeigt clusteranalytisch einen Zusammenhang zwischen Hyperaktivität und prosozialem Verhalten (Ortuño-Sierra, Fonseca-Pedrero, Sastre i Riba und Muñiz, 2017). Das Ergebnis der vorliegenden Untersuchung steht im Widerspruch zu Studien, die per se eine negative Korrelation zwischen prosozialem Verhalten und externalisierenden Verhaltensproblemen annehmen (Flynn et al., 2015). Im Unterschied zu diesen Untersuchungen fokussiert die vorliegende Studie ausschließlich den Aspekt der Hyperaktivität und kein dissoziales Verhalten. Schäfer und Kraneburg (2015) weisen experimentell bei Jugendlichen mit Symptomen in den Bereichen der Hyperaktivität und Unaufmerksamkeit ein im Vergleich zu Kontrollgruppen erhöhtes Gerechtigkeitserleben nach. Dieses könnte eine Folge der meist negativen Interaktionserfahrungen der Jugendlichen und der häufigen Erfahrung, ungerecht behandelt zu werden, darstellen und somit auch die Grundlage für prosoziales Verhalten. Denkbar wäre, dass Jugendliche, die auf der SDQ-Skala Hyperaktivität - Unaufmerksamkeit auffällige Werte aufweisen, allgemein mehr sichtbare Verhaltensweisen zeigen als Jugendliche mit internalisierenden Problemen, sodass auch prosoziales Verhalten häufiger auftritt. Dass überhaupt prosoziales Verhalten bei als verhaltensproblematisch klassifizierten Jugendlichen auftritt, unterstreicht die Notwendigkeit kontextspezifischer Differenzierungen. Van Rijsewijk et al. (2016) führten im Rahmen einer Längsschnittstudie eine soziale Netzwerkanalyse mit N = 840 Jugendlichen durch. Es zeigte sich ein signifikanter Ähnlichkeitseffekt, d. h. Jugendliche, die sich selbst als depressiv erleben, helfen vorwiegend anderen depressiven Jugendlichen. Die Studie zeigt auch anhand anderer Einflussgrößen (z. B. Peer Status, Schulleistungen), dass prosoziales Verhalten innerhalb komplexer sozialer Netzwerke zu betrachten ist. Linderkamp (2006) zeigt, dass in einer Stichprobe von Kindern und Jugendlichen mit ADHS- Symptomen vorwiegend Schwierigkeiten im Umgang mit Gleichaltrigen, jedoch nicht im Kontakt mit jüngeren und älteren Kindern auftreten. Offenbar ist bedeutsam, gegenüber welchen Interaktionspartnern prosoziales Verhalten gezeigt wird. Zu hyperaktiven Jugendlichen liegen diesbezüglich kaum Befunde vor. Ein Grund für die beträchtliche Anzahl an prosozialen Jugendlichen in der vorliegenden Stichprobe könnte auch sein, dass keine psychiatrisch auffälligen Jugendlichen einbezogen wurden. Auch gemäß SDQ auffällige Jugendliche weisen jedoch beträchtliche Verhaltensprobleme auf, die über normale Verhaltensvariabilität hinausgehen (Essau et al., 2012; Goodman, 2001; Johnson et al., 2013). Empfinden prosoziale Jugendliche weniger Stress in Peerbeziehungen? 281 Zusammenhänge zwischen prosozialem Verhalten und Stress Im Gesamtbild liefern die Ergebnisse Hinweise darauf, dass prosoziales Verhalten eine Ressource zur Stressreduktion darstellen könnte bzw. mit verringertem Stress assoziiert ist. Dass Stresserleben durch Ressourcen, deren Verluste und Gewinne beeinflusst wird, ist nicht nur ein Teilaspekt des transaktionalen Modells (Lazarus & Folkman, 1984), sondern stellt auch in anderen einflussreichen Stresstheorien wie der Conversation-of-Resources-Theorie eine zentrale Grundannahme dar (Hobfoll & Buchwald, 2004). Die Ergebnisse der vorliegenden Studie unterstreichen eine ressourcentheoretische Stresskonzeption; gleichermaßen machen sie deutlich, dass prosoziales Verhalten nur in Teilgruppen (hier nur Jugendliche mit externalisierenden und komorbiden Problemen) und nicht bei allen Jugendlichen (hier Kontrollgruppe, internalisierende Probleme) mit verringertem Stress zusammenhängt. Es wäre denkbar, dass durch die Bearbeitung der Fragebögen globale, negative Bewertungen auch bei den prosozial handelnden Jugendlichen mit internalisierenden Verhaltensproblemen abgerufen wurden (Sylvester et al., 2016). Möglicherweise wäre es aufschlussreich, die kognitiven Prozesse depressivängstlicher Jugendlicher unmittelbar in den Situationen, in denen sie sich prosozial verhalten, zu betrachten. Auch könnten die Ergebnisse variieren, wenn Stress nicht kognitiv, sondern als biologischer Parameter erfasst würde, z. B. die Aktivität der Alpha-Amylase im Speichel (Bali & Jaggi, 2015). Im Rahmen globaler Bewertungen könnte auch das prosoziale Verhalten selbst als unwichtig oder negativ bewertet werden und damit eine Stressreduktion bei Jugendlichen mit internalisierenden Problemen verhindern. Hyperaktiv-unaufmerksame Jugendliche hingegen sehen ihre eigenen sozialen Kompetenzen eher positiv. Jugendliche mit ADHS überschätzen z. B. ihre Kompetenzen im Vergleich zu Lehrkrafturteilen (Hennig, Schramm & Linderkamp, 2017). Auch dies könnte den verringerten Peer Stress bei hyperaktiven Jugendlichen erklären. Dass in der vorliegenden Studie aber auch die Lehrpersonen 37,5 % der hyperaktiven Jugendlichen als prosozial klassifizierten, spricht dagegen, dass die Befunde ausschließlich Folge überhöhter Selbsteinschätzungen sind. In experimentellen Studien konnte belegt werden, dass prosoziales Verhalten bei Jugendlichen sozialen Reziprozitätsnormen folgt und meist schnell und unmittelbar erwidert wird (Choukas-Bradley et al., 2015). Soziale Reziprozitätsnormen könnten für hyperaktive Jugendliche die Möglichkeit bieten, trotz Beeinträchtigungen in Peerbeziehungen in ausgewählten sozialen Kontexten schnell positive soziale Verstärkung zu erhalten und Stress zu reduzieren. Dass in der Kontrollgruppe prosoziales Verhalten nicht mit vermindertem Stress einherging, ist vermutlich damit zu erklären, dass unauffällige Jugendliche insgesamt eine geringere Stressbelastung aufweisen (Lüdeke & Linderkamp, 2018). Geschlechtseffekte Internalisierend auffällige prosoziale Jungen weisen keinen höheren Stress auf als internalisierend auffällige prosoziale Mädchen, obwohl dies zu erwarten war, da prosoziale ängstlichdepressive Jungen einem stärkeren Risiko unterliegen, sozial ausgegrenzt zu werden (Markovic & Bowker, 2015). Es wäre denkbar, dass sich die erwartete Interaktion zweiter Ordnung (vgl. Hypothese 2) nicht zeigte, da die Art internalisierender Probleme stärker differenziert werden müsste. Markovic und Bowker (2015) beziehen sich spezifisch auf soziales Rückzugsverhalten als Indikator für internalisierende Probleme. Möglicherweise waren in dieser Studie auch in der Subgruppe mit internalisierenden Problemen viele Jugendliche spezifisch mit sozialen Ängsten. Diese haben in einzelnen Studien unabhängig vom Geschlecht einen ähnlichen soziometrischen Status wie unauffällige Jugendliche (Delgado, Inglés, Aparisi & García-Fernán- 282 Sören Lüdeke, Friedrich Linderkamp dez, 2016). Der SDQ erfasst internalisierende Probleme als übergeordnete Dimension. Komplexe Komorbiditäten werden nicht berücksichtigt. Die Ergebnisse können daher als Hinweis gedeutet werden, dass nicht von einem grundsätzlichen Zusammenhang zwischen internalisierenden Problemen, prosozialem Verhalten, Geschlecht und Stressverarbeitung ausgegangen werden kann. Es offenbarte sich eine Interaktion erster Ordnung zwischen Geschlecht und prosozialem Verhalten. Männliche Jugendliche mit komorbiden Problemen wiesen signifikant höhere Ausprägungen im Peer Stress auf als weibliche Jugendliche in komorbiden Problemlagen. Wichtig zur Erklärung der Akzeptanz in der Peergruppe (vor allem Peer-Viktimisierung) ist neben dem biologischen Geschlecht die Konformität der Jugendlichen hinsichtlich gesellschaftlicher Geschlechtsstereotype (Collier, van Beusekom, Bos & Sandfort, 2013). Ängstliches und depressives Verhalten wird von Kindern und Jugendlichen eher als stereotyp weiblich wahrgenommen (Parmley & Cunningham, 2008). Daher kann vermutet werden, dass Jungen mit komorbiden Problemen in Peer-Interaktionen möglicherweise eher abgelehnt werden als Mädchen, sodass sie auch höheren Peer Stress erleben. Limitationen Die vorliegenden Ergebnisse ermöglichen keine Kausalaussagen; diese sollten mittels Längsschnittstudien und pfadanalytischer Modelle geprüft werden. Auch wäre eine Mehrebenen- Datenstruktur (z. B. Peerbeziehungen auf der Ebene der Klasse, Schule) hilfreich. Dabei sollten mögliche konfundierende Einflüsse der Merkmale der Lehrpersonen kontrolliert werden. Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass sich in größeren Validierungsstudien keine Hinweise auf Konfundierungen der SDQ-Ergebnisse z. B. durch Alter und Geschlecht der Rater (Lehrpersonen) finden (z. B. Goodman, 2001; Roy, Veenstra & Clench-Aas, 2008). In der vorliegenden Studie zeigten sich keine Alterseffekte in Bezug auf das Stresserleben (vgl. Seiffge- Krenke, Aunola & Nurmi, 2009), was durch die geringe Altersvarianz erklärbar sein könnte (M = 15.11, SD = 1.42). Die umfängliche Stichprobe sowie deren Homogenität (viele Jugendliche, die ausschließlich hyperaktiv sind sowie die geringe Altersvarianz) sprechen für die Aussagekraft der Ergebnisse. In weiteren Studien mit systematischer Stichprobenselektion sowie repräsentativer Stichprobe müssten die Verhaltensprobleme näher differenziert und z. B. dissoziale Verhaltensweisen berücksichtigt werden. Implikationen und Ausblick Die vorliegende Studie liefert empirische Hinweise auf den Stellenwert prosozialen Verhaltens - hier insbesondere auf die Aspekte des freiwilligen Helfens, Teilens und des Fürsorgeverhaltens - als Ressource zur Stressreduktion bei Jugendlichen mit hyperaktiven sowie komorbiden, d. h sowohl internalisierenden als auch externalisierenden Problemen. Ressourcenorientierte Analysen ermöglichen eine Blickverschiebung, die auch in den Bereichen der schulischen und klinischen Diagnostik und Intervention von Bedeutung ist (Brunner, 2016; Schreyer-Mehlhop, Petermann, Siener & Petermann, 2011). Die Ergebnisse der vorliegenden Studie legen nahe, dass in der pädagogischen Praxis ein Fokus auf die Wahrnehmung auch prosozialer Verhaltensweisen bei Jugendlichen mit externalisierenden Verhaltensproblemen gelegt werden sollte, gerade da diese Verhaltensweisen auch mit geringerer Belastung (Stresserleben) assoziiert sind. Wentzel, Russell und Baker (2016) zeigen, dass die Erwartungen von Lehrpersonen an das Sozialverhalten von Jugendlichen bedeutsamen Erklärungswert für real gezeigtes Sozialverhalten haben. Die Kenntnis empirischer Befunde zu prosozialen Verhaltensressourcen könnte die Erwartungen der Lehrpersonen beeinflussen, ihren Blick für prosoziales Verhalten verbessern und damit verhaltenswirksame Konsequenzen auf die Schülerinnen und Schüler haben. Empfinden prosoziale Jugendliche weniger Stress in Peerbeziehungen? 283 Es ist weiter zu untersuchen, ob der Befund, dass bei Jugendlichen mit internalisierenden Problemen prosoziales Verhalten nicht mit einer Stressreduktion einhergeht, tatsächlich durch global negative Bewertungsprozesse zustande kommt. Außerdem ist in Studien mit längsschnittlichem Design vor dem Hintergrund geeigneter stresstheoretischer Modelle zu prüfen, inwiefern prosoziales Verhalten kurz- und langfristig tatsächlich von Jugendlichen mit hyperaktiven und komorbiden Problemen als Ressource zur Stressreduktion in sozialen Beziehungen genutzt werden kann, z. B. auch vor dem Hintergrund zuvor negativer Beziehungserfahrungen mit Peers. Literatur Bali, A. & Jaggi, A. S. (2015). Clinical experimental stress studies: Methods and assessment. Reviews in the Neurosciences, 26, 555 - 579. https: / / dx.doi.org/ 10.1515/ rev neuro-2015-0004 Bortz, J. & Schuster, C. (2016). Statistik (7. Aufl.). Berlin: Springer. https: / / dx.doi.org/ 10.1007/ 978-3-642-127 70-0 Brunner, J. (2016). Ressourcenorientierte Psychotherapie. Psychotherapeut, 61, 255 - 270. https: / / doi.org/ 10.10 07/ s00278-016-0096-1 Choukas-Bradley, S., Giletta, M., Cohen, G. L. & Prinstein, M. J. (2015). 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