eJournals Psychologie in Erziehung und Unterricht 66/3

Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/peu2019.art15d
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2019
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Testbesprechung: Ennemoser, M., Krajewski, K. & Sinner, D. (2017). MBK 1+. Test mathematischer Basiskompetenzen ab Schuleintritt.

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Selma Seemann
Brigitte Döring
Der „Test mathematischer Basiskompetenzen ab Schuleintritt“ (MBK 1+) hat zum Ziel, Kinder mit schwach entwickelten mathematischen Basiskompetenzen frühzeitig zu erkennen, um mit geeigneten Präventionsmaßnahmen der Entwicklung einer Rechenschwäche entgegenwirken zu können. Benennt man die hier gemeinten mathematischen Basiskompetenzen präziser, so werden Zahlen-Größen-Kompetenzen in den Blick genommen, die, empirisch belegt, als wesentliche Voraussetzung für einen späteren Schulerfolg in Mathematik angenommen werden. Konzeptionell basiert dieser Test im Gegensatz zu anderen vergleichbaren Testinstrumenten auf einem entwicklungspsychologischen Modell - dem Modell der Zahl-Größen-Verknüpfung (ZGV). Ausgehend von kindlichen Entwicklungsschritten nimmt es mathematikspezifische Basiskompetenzen in den Blick, die i.d.R. schon vor Eintritt in die Grundschulzeit erworben werden. Die Basiskompetenzen lassen sich drei Ebenen (Basisfertigkeiten, einfaches und tiefes Zahlverständnis) zuordnen, die aufbauend zu einem tieferen konzeptuellen Zahlenverständnis führen. Dem ZGV-Modell folgend, findet der zentrale Entwicklungsschritt des Kindes auf Ebene 2 statt. Erkennt man frühzeitig, ob dieser Schritt gelungen ist, bestehen - den Autoren folgend - gute Chancen, erfolgreich der Entwicklung einer Rechenschwäche entgegenzuwirken.
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234 Testbesprechung Ennemoser, M., Krajewski, K. & Sinner, D. (2017). MBK 1 +. Test mathematischer Basiskompetenzen ab Schuleintritt. Göttingen: Hogrefe. Test komplett (€ 168,-) Diagnostische Zielsetzung und Aufbau Der „Test mathematischer Basiskompetenzen ab Schuleintritt“ (MBK 1 +) hat zum Ziel, Kinder mit schwach entwickelten mathematischen Basiskompetenzen frühzeitig zu erkennen, um mit geeigneten Präventionsmaßnahmen der Entwicklung einer Rechenschwäche entgegenwirken zu können. Benennt man die hier gemeinten mathematischen Basiskompetenzen präziser, so werden Zahlen-Größen-Kompetenzen in den Blick genommen, die, empirisch belegt, als wesentliche Voraussetzung für einen späteren Schulerfolg in Mathematik angenommen werden. Konzeptionell basiert dieser Test im Gegensatz zu anderen vergleichbaren Testinstrumenten auf einem entwicklungspsychologischen Modell - dem Modell der Zahl-Größen-Verknüpfung (ZGV). Ausgehend von kindlichen Entwicklungsschritten nimmt es mathematikspezifische Basiskompetenzen in den Blick, die i. d. R. schon vor Eintritt in die Grundschulzeit erworben werden. Die Basiskompetenzen lassen sich drei Ebenen (Basisfertigkeiten, einfaches und tiefes Zahlverständnis) zuordnen, die aufbauend zu einem tieferen konzeptuellen Zahlenverständnis führen. Dem ZGV-Modell folgend, findet der zentrale Entwicklungsschritt des Kindes auf Ebene 2 statt. Erkennt man frühzeitig, ob dieser Schritt gelungen ist, bestehen - den Autoren folgend - gute Chancen, erfolgreich der Entwicklung einer Rechenschwäche entgegenzuwirken. Aufbauend auf dem MBK 0 - einem Individualtest für den Kindergartenbereich - sind alle Aufgaben des MBK 1 + so konzipiert, dass sie je einer der drei Modellebenen zugeordnet werden können. Während Aufgaben der Ebene 1 die korrekte Verwendung von Zahlwörtern und Einhaltung von Zahlenfolgen ohne Größenbezug abfragen, erfassen Aufgaben der Ebene 2 das Verständnis des Anzahlkonzepts u. a. mittels Größenvergleichs von Zahlen und Mengen sowie der konkreten Zahl-Mengen-Zuordnung. Das Verständnis von Mengen- und Größenrelationen mit Zahlen wird durch Aufgaben der Ebene 3 abgebildet, indem z. B. die Zusammensetzung und Zerlegung einer Zahl oder die genaue Differenz zwischen zwei Zahlen thematisiert wird. Den MBK 1 + gibt es in einer Langform, bestehend aus 11 Subtests (54 Items, ≥ 21 Minuten), und einer Kurzform, bestehend aus sechs Subtests (33 Items, ≥ 12 Minuten). In beiden Formaten gibt es Aufgaben zu allen drei Ebenen aus dem ZGV-Modell, wobei die Langform ausschließlich um Aufgaben aus Ebene 2 und insbesondere 3 erweitert wird. Des Weiteren beinhaltet der MBK 1 + einen Zusatztest Basisrechnen, der darüber hinaus Hinweise auf den Automatisierungsgrad einfacher Rechenfertigkeiten zum Testzeitpunkt und damit auf eventuell schon bestehende Defizite in einzelnen Basiskompetenzen gibt. Dieser als Speedtest konzipierte Zusatz enthält 20 Additionsaufgaben im Zahlenraum bis 10. Durchführung Der MBK 1 + ist in der Grundschule ab 6 Wochen nach Schuleintritt bis zum Ende der ersten Klasse einsetzbar, im sonderpädagogischen Bereich und bei schweren Rechenstörungen sogar bis zum Ende der vierten Klasse. Einzige Voraussetzung ist Kenntnis der Schülerinnen und Schüler von Ziffern in Wort und Schrift. Als Paper-and-Pencil-Test ist er in Gruppen- und Einzeltestungen durchführbar und liegt in zwei (Pseudo-) Parallelformen vor. Die jeweilige Durchführungsdauer der Lang- oder Kurzform variiert je nach Zeitpunkt des Einsatzes im Schuljahresverlauf und danach, ob der MBK 1 + als ein Einzel- oder Gruppentest genutzt wird. Grundsätzlich gilt: Je früher der Test durchgeführt wird, desto mehr Zeit sollte eingeplant werden. Das benötigte Material ist sowohl für die Testleitung als auch für die Kinder übersichtlich gestaltet. So unterstützt das Manual mittels genauer Verhaltensanweisung und präzise ausformulierter Testanweisungen alle pädagogischen Fachkräfte - auch ohne diagnostisch-therapeutische Ausbildung. Auch für die Kinder ist die Struktur klar und übersichtlich gestaltet, indem es auf jeder Seite des Testhefts nur ein Aufgabenformat gibt, welches mit einem Beispiel und durch Bearbeitungshinweise der Testleitung eingeführt wird. Alle Aufgaben eines Subtests werden Testbesprechung 235 zweistufig als richtig oder falsch mithilfe einer Auswertungsschablone bewertet und ein Summerwert gebildet. Dieser Rohwert wird dann zur weiteren Interpretation mit quartalsspezifischen Normwerttabellen in Prozent- und T-Werte umgewandelt. Alle Werte werden dabei neben Angaben zum Kind (Name, Klasse, Geschlecht) sowie Testdatum auf der Test- Vorderseite protokolliert. Die Auswertung kann anhand von Normtabellen im Testmanual bestimmt werden oder anhand eines Normwerteprogramms, welches über die beiliegende CD verfügbar ist. Während die Normen über das Computerprogramm exakt auf den Testtag zu ermitteln sind, orientieren sich die Tabellen im Manual an Quartalsnormen, sodass hier festgelegte Testzeiträume einzuhalten sind. Gütekriterien Der MBK 1 + wurde in 14 Bundesländern und an insgesamt 6084 Schulkindern (davon 5.604 Erstklässlern, 149 aus einer Förderschule, 195 aus dem zweiten Schuljahr, 136 aus dem dritten/ vierten Schuljahr) in einem Zeitraum von 2007 bis 2013 normiert. Da der Test zwei Pseudoparallelformen enthält, ergaben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Testformen und damit auch keine zusätzliche Normierung. Häufigkeitsverteilungen zu korrekt bearbeiteten Aufgaben sowie Itemschwierigkeiten verweisen auf beachtliche Entwicklungsfortschritte in der ersten Klassenstufe, die am Ende des Schuljahres zunehmend in Deckeneffekte münden - was mit dem diagnostischen Ziel der Erfassung unterer Leistungsniveaus konform geht. Eine hohe Objektivität in Bezug auf Durchführung und Auswertung ist aufgrund der exakt vorgegebenen Testinstruktionen und standardisierten Auswertungsmechanismen sichergestellt. Überprüfungen der Messgenauigkeit des Instruments verweisen mit Wiederholungsmessungen auf hohe Zusammenhänge zwischen den Ergebnissen beider Testzeitpunkte (.67 ≤ r ≤ .77) - ähnliche Werte sind auch für den Zusatztest Basisrechnen zu berichten. Weiterhin ergeben sich sehr gute bis exzellente Konsistenzschätzungen der Skalen, wobei die Werte im Laufe des Schuljahres erwartungsgemäß sinken. Für die Gesamttestwerte ergab sich bei der Langform .89 ≤ α ≤ .94 und bei der Kurzform .83 ≤ α ≤ .93. Ein Vergleich zwischen beiden Formen ergab hohe Zusammenhänge, was wiederum auf die Zuverlässigkeit beider Testformen verweist. Die prognostische Validität dieses Verfahrens, die aufgrund der Zielstellung des Testverfahrens im besonderen Fokus steht, wird durch mehrjährige längsschnittliche Studien empirisch belegt. Unter anderem liegen Korrelationen mit standardisierten Mathematiktests am Anfang und Ende der zweiten Klasse vor. Diese bewegen sich zwischen .71 ≤ r ≤ .74. Substanzielle Zusammenhänge von r = .60 lassen sich mit der Mathematiknote zum Ende der vierten Klasse beobachten. Darüber hinaus belegen lineare Strukturgleichungsmodelle den hohen prognostischen Stellenwert des MBK 1 + bis zum Ende der vierten Klasse ( b = .65). Hinsichtlich der diskriminanten Validität fallen Korrelationen mit Lese-Rechtschreibtests erwartungsgemäß niedriger aus als mit Mathematiktests (.26 ≤ r ≤ .47). Dem gegenüber zeigen sich zufriedenstellende Korrelationen mit anderen etablierten Verfahren und nehmen erwartungsgemäße Werte an (.59 ≤ r ≤ .67). So kann insgesamt von einer hinreichenden Sensitivität des Instruments vor allem zu Beginn des ersten Schuljahres sowie für Kinder mit mathematikspezifischen Entwicklungsrisiken ausgegangen werden. Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der MBK 1+ ein theoretisch begründetes und ökonomisch effizientes, gruppentaugliches Instrument zur individuellen Einschätzung mathematischer Vorläufer- und Basisfertigkeiten bei Kindern ist und insbesondere zur frühen Vorhersage von Rechenschwäche eingesetzt werden kann. Durch die frühzeitige und differenzierte Einschätzung relevanter Basiskompetenzen eines Kindes und damit auch der Erkennung von möglichen Defiziten in relevanten Bereichen kann diese Frühdiagnostik auch weiterführend als Basis von gezielten Entwicklungsmaßnahmen dienen. Insbesondere der flexible Einsatz dieses kompetenzorientierten Screeningverfahrens zu jedem Zeitpunkt im ersten Schuljahr ermöglicht die Nutzung im pädagogischen Alltag, um frühzeitig mit geeigneten Präventionsmaßnahmen der Entwicklung einer Rechenschwäche entgegenwirken zu können. Selma Seemann & Brigitte Döring Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik, Kiel DOI 10.2378/ peu2019.art15d