Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/peu2019.art16d
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2019
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Buchbesprechung: Rost, D.H., Sparfeldt, J.R. & Buch, S.R. (2018). Handwörterbuch Pädagogische Psychologie
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Marlit Annalena Lindner
In der Kürze liegt die Würze, so heißt es im Volksmund. Wenn man die nunmehr fünfte Auflage des Handwörterbuchs Pädagogische Psychologie betrachtet, spürt man von Kürze zunächst jedoch nur wenig. Dieses fast 1000 Seiten schwere Werk liegt etwas klobig vor einem und kurz fragt man sich, ob es wirklich möglich und zielführend ist, einen so breiten und heterogenen Fachbereich wie die Pädagogische Psychologie in einem Handwörterbuch zu verpacken. Nach kurzer Orientierung wird aber schnell klar, dass das Herausgeberwerk von den Professoren Detlef Rost, Jörn Sparfeldt und der Professorin Susanne Buch ein echter Gewinn für Forschung und Lehre ist, dessen innere Werte bei gleichzeitig ansprechender Hülle auf ganzer Linie überzeugen können.
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236 Buchbesprechung Rost, D. H., Sparfeldt, J. R. & Buch, S. R. (2018). Handwörterbuch Pädagogische Psychologie (5. Aufl.). Weinheim: Beltz. 954 Seiten, ISBN: 9783621282971 (€ 59,-). In der Kürze liegt die Würze, so heißt es im Volksmund. Wenn man die nunmehr fünfte Auflage des Handwörterbuchs Pädagogische Psychologie betrachtet, spürt man von Kürze zunächst jedoch nur wenig. Dieses fast 1000 Seiten schwere Werk liegt etwas klobig vor einem und kurz fragt man sich, ob es wirklich möglich und zielführend ist, einen so breiten und heterogenen Fachbereich wie die Pädagogische Psychologie in einem Handwörterbuch zu verpacken. Nach kurzer Orientierung wird aber schnell klar, dass das Herausgeberwerk von den Professoren Detlef Rost, Jörn Sparfeldt und der Professorin Susanne Buch ein echter Gewinn für Forschung und Lehre ist, dessen innere Werte bei gleichzeitig ansprechender Hülle auf ganzer Linie überzeugen können. Die harten Fakten allein machen bereits deutlich, dass hier geklotzt und nicht gekleckert wurde: Über 150 namhafte Autorinnen und Autoren haben in 105 Beiträgen auf jeweils 6 bis 15 Seiten ihre Expertise eingesetzt, um kompakte und sehr lesenswerte Beiträge zu wesentlichen Themenkomplexen der Pädagogischen Psychologie zu verfassen. Die relative Kürze der einzelnen Abschnitte und ihre ebenso fokussierte Benennung ist wohl nicht nur für Studierende ansprechend, sondern auch für interessierte Forschende und Lehrpersonen, die sich über die aktuellen Entwicklungen im Fach in großer thematischer Breite informieren möchten, dabei jedoch zugunsten anderer Verpflichtungen oft nur begrenzte Zeit einsetzen können. Doch auch für interessierte Laien und Fachfremde ist dieses Buch sicherlich bestens geeignet, um Einblicke in wichtige pädagogisch-psychologische Fragen zu erhalten, ohne substanzielles Vorwissen mitbringen zu müssen. In diesem Werk gelingt es zudem außergewöhnlich gut, die große Vielfalt relevanter Themenbereiche abzubilden, aber weiterhin eine informative Länge der einzelnen Beiträge zu gewährleisten. Hilfreich ist dabei die gut durchdachte formale Struktur, die sich angenehm konsistent durch alle Beiträge zieht: So gibt es beispielsweise neben einheitlich gestalteten Tabellen und Grafiken stets Informationskästen, in denen wichtige Inhalte oder einzelne empirische Studien prominent erläutert werden. Dadurch gelingt die Heranführung an (teils themenspezifische) empirische Vorgehensweisen und typische Studiendesigns oft vorbildlich. Abgerundet wird der formale Rahmen durch eine Unterteilung in zitierte, einführende und weiterführende Literatur für jeden Abschnitt. So wird es dem Lesenden leicht gemacht, sich nach der in dem Handbuch gebotenen Einführung intensiver mit einzelnen Themen auseinanderzusetzen. Da die Beiträge für sich genommen sehr prägnant gefasst sind, haben vor allem die sprachlichen Verlinkungen, die direkt im Text per Schlagwort auf verwandte Themen in dem Handbuch verweisen, einen besonderen Stellenwert. So wird trotz großer Fokussierung auf das Wesentliche ein beachtliches Spektrum an Information zu einem Themenkomplex komfortabel zugänglich gemacht. Für Neulinge der pädagogischen Forschungslandschaft fördern diese inhaltlichen Verweise sicherlich auch den Aufbau von elaborierten Wissensnetzwerken. Bei der Suche nach bestimmten Inhalten fällt zudem das funktional designte Schlagwortverzeichnis positiv ins Auge, das trotz seiner Länge vergleichsweise übersichtlich wirkt. Dieses Verzeichnis hat in dem Buch eine besonders hohe Relevanz, da sämtliche Beiträge - ganz im Sinne eines Handbuchs - von A bis Z sortiert sind und somit nicht nach thematischen Gesichtspunkten geordnet dargeboten werden. Diese Struktur mutet im ersten Moment leicht chaotisch an, wie sich allerdings beim Blättern in dem Buch und beim Lesen der Beiträge zeigt, ist damit in der Regel kein inhaltlicher Nachteil verbunden. Ganz im Gegenteil ist man durch die thematisch sehr abwechslungsreichen Beiträge vielmehr geneigt, den Blick über den Tellerrand zu wagen und in neue Themen und Denkweisen einzutauchen. Somit dient dieses Werk sicherlich auch einer Förderung des intrafachlichen Austausches über die typischen Themenstrukturen hinaus und lädt zum neugierigen Stöbern ein. Doch welche Themen erwarten Sie in diesem Werk und was hat sich im Vergleich zu der vorherigen Fassung geändert? Um nicht 105 Kapitel einzeln aufzuführen, möchte ich mich hier auf Abschnitte konzentrieren, die in der fünften Aufgabe neu hinzugekommen sind oder im Gegenzug leider wegfallen Buchbesprechung 237 mussten. Zunächst fällt auf, dass eine höhere Anzahl von 27 Beiträgen entfallen ist, die einer Anzahl von 15 neuen Beiträgen gegenüber steht. Die Seitenanzahl des Handbuchs hat sich dennoch nicht bedeutsam verändert, was auch durch die teils umfangreichen Aktualisierungen sämtlicher bestehender Kapitel zu erklären ist. Neu aufgenommene Themen sind Inklusion, Lernen mit elektronischen Medien, Mobbing und Gewalt in der Schule, Stress in der Schule, Eltern und Familie, Lehrerexpertise und Lehrerkompetenzen, Schulqualität und Bildungsmonitoring, erwartungswidrige Schulleistungen, Prokrastination, Sonderpädagogische Psychologie sowie Emotionen im Lern- und Leistungskontext. Doch auch thematische Klassiker wie das Modelllernen, Lernen durch Beispiele und Verhaltensanalyse wurden in der Überarbeitung zusätzlich eingeführt. Einen weiteren neuen Akzent setzt zudem das Kapitel zu Berufsfeldern der Pädagogischen Psychologie, welches sicherlich nicht nur für Berufsanfängerinnen und -anfänger in der Orientierungsphase relevant und interessant ist. Beispiele für weggefallene Kapitel sind Elternhaus und Schule, Kindheit, Erziehungsstile, Familieninteraktion, Familienpsychologie, Temperament und Erziehung, Aggression in der Schule, Prosoziales Verhalten in der Schule, Verhaltensstörungen, Integrative Beschulung, Sonderschulbedürftigkeit, Underachievement, Klassengröße, Sitzenbleiben, Programmierter und Computergestützter Unterricht, Burnout bei Lehrern, Schulsystemvergleiche, Effektstärken und Metaanalyse. Stellt man die nicht mehr enthaltenen Kapitel allerdings den Neuerungen gegenüber, fällt auf, dass diese Themen nicht gänzlich verloren sind, sondern wohl zumindest in Teilen in manch neu erarbeitetem Abschnitt wieder aufgegriffen werden. Insgesamt scheint die neue Ordnung der Beiträge somit vor allem einer größeren thematischen Übersichtlichkeit dienlich zu sein. Trotz umfangreicher Adaptation und hoher Aktualität sei als kleiner Nachteil des Werkes angeführt, dass die zitierten Quellen in weiten Teilen dem Stand von Ende 2016 entsprechen, was sicherlich mit der Koordination der vielen Beiträge und der aufwendigen Produktion eines solch umfassenden Buches und den damit verbundenen zeitlichen Verzögerungen zusammenhängt. In der Gesamtschau der substanziellen Änderungen dürfte es sich aber dennoch durchaus lohnen, diesen Klassiker in neuester Auflage zu beschaffen, um von den vielen neuen Schwerpunkten und Überarbeitungen profitieren zu können. Abschließend bleibt festzustellen, dass es sich bei diesem Werk um einen beeindruckenden Überblick über die vielfältigen Aktivitäten und Entwicklungen eines lebendigen Faches handelt, das aufgrund der kurzweiligen Einführungen für viele Zielgruppen geeignet ist und durch ansprechende formale und inhaltliche Gestaltungsprinzipien zum Lesen und Weiterlesen anregt. Dr. Marlit Annalena Lindner Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN), Kiel DOI 10.2378/ peu2018.art16d
