Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2020
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Editorial
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2020
Olaf Köller
Nach dem schlechten Abschneiden 15-jähriger Schülerinnen und Schüler in deutschen Schulen im Rahmen von PISA 2000 war man es in den kommenden Jahren gewohnt, dass sich die Leistungen deutscher Schülerinnen und Schüler immer weiter verbesserten, nicht zuletzt infolge vielfältiger Reformen im Bildungssystem zur Steigerung der Schul- und Unterrichtsqualität. [...]
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Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2020, 67, 1 -3 DOI 10.2378/ peu2020.art01d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Editorial Nach dem schlechten Abschneiden 15-jähriger Schülerinnen und Schüler in deutschen Schulen im Rahmen von PISA 2000 war man es in den kommenden Jahren gewohnt, dass sich die Leistungen deutscher Schülerinnen und Schüler immer weiter verbesserten, nicht zuletzt infolge vielfältiger Reformen im Bildungssystem zur Steigerung der Schul- und Unterrichtsqualität. Die Leistungssteigerungen bezogen sich zunächst vor allem auf die Mathematik- und Naturwissenschaftsleistungen, später stiegen auch die Leseleistungen und sie lagen im Jahr 2012 erstmalig signifikant über dem Mittelwert der in PISA teilnehmenden OECD-Staaten. Die Anstiege in den drei getesteten Domänen waren vor allem dem Umstand geschuldet, dass die Jugendlichen im unteren Kompetenzbereich ihre Leistungen steigern konnten. Erstmalig in 2015 trübte sich das Bild, die mathematischen und naturwissenschaftlichen Leistungen gingen gegenüber 2012 zurück. Robitzsch et al. (2017) konnten allerdings zeigen, dass diese Rückgänge teilweise Folge des Moduswechsels vom Papierund-Stift-Testen hin zum Computer-basierten Testen waren. Items waren durch den Wechsel von Papier auf Computer in Deutschland schwerer geworden. Korrigierte man um den Moduseffekt, so blieben die Leistungen in 2015 nicht hinter denen von 2012 zurück. Am 3. 12. 2019 sind die neuesten PISA-Ergebnisse Die fetten Jahre sind vorbei - 15-Jährige aus Deutschland verschlechtern ihre PISA-Leistungen Olaf Köller Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN), Kiel Mittelwert 530 525 520 515 510 505 500 495 490 485 480 Lesen Mathematik Naturwiss. 2009 2012 2015 2018 Jahr Abb. 1: Mittlere Kompetenzstände von 15-Jährigen in Deutschland nach Testdomäne und Jahr. 2 Editorial vorgestellt worden, die Befunde basieren auf der Erhebung von 15-jährigen Schülerinnen und Schülern im ersten Halbjahr 2018. Die Leistungen der 15-Jährigen aus deutschen Schulen finden sich in Abbildung 1. Dargestellt ist die Entwicklung der Leistungen seit 2009. Da der Testmodus (Computer) in 2015 und 2018 identisch war, lassen sich die Leistungsveränderungen nicht mehr durch die Erhebungsmethode erklären. Ein Erklärungsansatz, der hier deutlich plausibler ist, bezieht sich auf die Veränderung der Population der 15-Jährigen. Die Heterogenität der Schülerschaft ist durch die Inklusion der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf ebenso gestiegen wie durch das anhaltende Anwachsen des Anteils der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund (gegenüber 2009 plus 9,9 % auf 35,6 %). Letzteres hat zu einem Anstieg der sozial und kulturell benachteiligten Schülerinnen und Schüler in der Kohorte der 15-Jährigen geführt. Diese Veränderungen in der Zusammensetzung der Kohorten werden sich in den kommenden Jahren fortsetzen, sodass zu befürchten ist, dass die Leistungsstände auch in den folgenden PISA-Runden eher sinken werden. Wollen die Länder diesen Abwärtstrend stoppen, so wird es nötig sein, zum einen über Initiativen nachzudenken, mit denen man die Unterrichtsqualität weiter steigern kann. Zum anderen werden wissenschaftlich evaluierte Programme zur Förderung benachteiligter Schülerinnen und Schüler benötigt, die im Vorschulbereich beginnen und sich bis in die Sekundarstufe I fortsetzen. Woher die notwendigen finanziellen Ressourcen dafür kommen sollen und wie es gelingt, die Programme auch effektiv in Schulen und Kindertageseinrichtungen zu implementieren, muss vermutlich von politischer Seite beantwortet werden. In eigener Sache Die PEU-Geschäftsführung hat vom IPN in Kiel (Olaf Köller) an die Technische Universität München (Doris Lewalter) gewechselt. Zukünftig sollen dementsprechend alle Manuskripte dort eingereicht werden. Ich wünsche meiner Kollegin für die kommenden Aufgaben alles Gute, weiß die PEU in München aber in guten Händen. 2014 2015 2016 2017 2018 Jahr Impact Factor 1 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 PEU ZfPP ZfE ZfEPP Abb. 2: Impact Factor nach Zeitschrift und Jahr. PEU: Psychologie in Erziehung und Unterricht; ZfPP: Zeitschrift für Pädagogische Psychologie; ZfE: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft; ZfEPP: Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie. Editorial 3 Auch im abgelaufenen Jahr 2019 hat sich die Manuskriptlage der PEU äußerst positiv entwickelt. Dies ist umso bemerkenswerter als man den Eindruck hat, dass zunehmend Arbeiten der Entwicklungspsychologie und Pädagogischen Psychologie bei englischsprachigen Zeitschriften eingereicht werden. Die hohe Zahl der Einreichungen hat allerdings zur Folge, dass die Redaktion strenger bei der Begutachtung sein muss, was in über 50 % der Fälle zur Ablehnung von Manuskripten führt. Ein Teil dieser Einreichungen kann allerdings nach Überarbeitung neu eingereicht werden. Wie die Manuskriptlage hat sich auch der Impact Factor von PEU äußerst positiv entwickelt. Im aktuellen Journal Citation Report liegt er bei 0.829 und übertrifft damit verwandte Zeitschriften wie die Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, die Zeitschrift für Pädagogische Psychologie und die Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie. In Abbildung 1 findet sich die Entwicklung der vier Zeitschriften seit 2014. Erkennbar ist der Sprung der PEU von 2017 bis 2018. Man sieht, dass die PEU nicht nur von vielen Autorinnen und Autoren als Publikationsorgan genutzt wird, sondern die Artikel auch gelesen und zitiert werden. Dies spricht ohne Frage für die hohe wissenschaftliche Qualität der PEU. Literatur Robitzsch, A., Lüdtke, O., Köller, O., Kröhne, U., Goldhammer, F. & Heine, J.-H. (2017). Herausforderungen bei der Schätzung von Trends in Schulleistungsstudien. Diagnostica, 63, 148 - 165. https: / / dx.doi. org/ 10.1026/ 0012-1924/ a000177
