eJournals Psychologie in Erziehung und Unterricht 69/3

Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
71
2022
693

Empirische Arbeit: Veränderungen von Selbstwert und Depressivität Jugendlicher im Kontext familialer Rahmenbedingungen und der Individuation in Beziehung zu Mutter und Vater

71
2022
Carolin Thönnissen
Barbara Sawatzki
Sabine Walper
Individuation in Beziehung zu den Eltern stellt eine zentrale Entwicklungsaufgabe Jugendlicher dar, deren Gelingen positiven Einfluss auf die Befindlichkeit von Jugendlichen erwarten lässt. Anhand längsschnittlicher Daten und mit einem personenzentriert-typologischen Ansatz untersucht die vorliegende Studie, inwiefern die Beziehungsgestaltung zu den Eltern neben sozio-ökonomischen und familienstrukturellen Faktoren die Befindlichkeit von Jugendlichen beeinflusst. Basis der Analysen sind Daten der Wellen 2 und 3 des Beziehungs- und Familienpanels pairfam und umfassen N=2663 Jugendliche (Alter zu W2: 16-18 Jahre). Anhand separater Two-Step-Clusteranalysen der Beziehung zu Mutter und (Stief-)Vater wurden drei Typen der Individuationsentwicklung identifiziert. Unter Kontrolle der Befindlichkeit im Vorjahr (W2) konnten signifikante Effekte der Beziehung zu Mutter sowie (Stief-)Vater auf Depressivität und Selbstwert der Jugendlichen ermittelt werden, wobei sich neben dem verbunden-individuierten Typ auch der elternorientierte Typ gegenüber dem unsicher-konflikthaften Typ als vorteilhaft erwiesen. Die Befunde bestätigen Annahmen der Individuationstheorie und betonen die eigenständige Relevanz der Beziehung zu beiden Elternteilen.
3_069_2022_003_0163
n Empirische Arbeit Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2022, 69, 163 -180 DOI 10.2378/ peu2022.art17d © Ernst Reinhardt Verlag Veränderungen von Selbstwert und Depressivität Jugendlicher im Kontext familialer Rahmenbedingungen und der Individuation in Beziehung zu Mutter und Vater Carolin Thönnissen 1 , Barbara Sawatzki 2 & Sabine Walper 2, 3 1 Universität zu Köln, 2 Ludwig-Maximilians-Universität München, 3 Deutsches Jugendinstitut München Zusammenfassung: Individuation in Beziehung zu den Eltern stellt eine zentrale Entwicklungsaufgabe Jugendlicher dar, deren Gelingen positiven Einfluss auf die Befindlichkeit von Jugendlichen erwarten lässt. Anhand längsschnittlicher Daten und mit einem personenzentriert-typologischen Ansatz untersucht die vorliegende Studie, inwiefern die Beziehungsgestaltung zu den Eltern neben sozio-ökonomischen und familienstrukturellen Faktoren die Befindlichkeit von Jugendlichen beeinflusst. Basis der Analysen sind Daten der Wellen 2 und 3 des Beziehungs- und Familienpanels pairfam und umfassen N = 2663 Jugendliche (Alter zu W2: 16 - 18 Jahre). Anhand separater Two-Step-Clusteranalysen der Beziehung zu Mutter und (Stief-)Vater wurden drei Typen der Individuationsentwicklung identifiziert. Unter Kontrolle der Befindlichkeit im Vorjahr (W2) konnten signifikante Effekte der Beziehung zu Mutter sowie (Stief-)Vater auf Depressivität und Selbstwert der Jugendlichen ermittelt werden, wobei sich neben dem verbunden-individuierten Typ auch der elternorientierte Typ gegenüber dem unsicher-konflikthaften Typ als vorteilhaft erwiesen. Die Befunde bestätigen Annahmen der Individuationstheorie und betonen die eigenständige Relevanz der Beziehung zu beiden Elternteilen. Schlüsselbegriffe: Jugendalter, Depressivität, Selbstwert, Familie, Eltern-Kind-Beziehung Changes of Adolescents’ Self-worth and Depressiveness in Context of Familial Framework and Individuation in Relationship to Mothers and Fathers Summary: Accomplishment of Individuation of the nuclear family is expected to have positive influence on adolescents’ well-being. With longitudinal data and a person-centered typological approach, this study analyses to what extent the relationship to parents, next to socio-economic and family-structural factors, influences adolescents’ well-being. Analyses are based on wave 2 and 3 of the pairfam panel and refer to N = 2663 adolescents (age at wave 2: 16 - 18 years). A two-step cluster analysis of the relationship to mothers and (step)fathers identified three types of individuation development. Controlling for well-being in the previous year (wave 2) significant effects of relationship to mothers as well as to (step)fathers on depressiveness and self-worth were found. Not only the relatedindividuated type, but also the parent-oriented type showed benefits compared to the unsecureconflicted type. The results emphasize the discrete relevance of the relationship to both parents. Keywords: Adolescence, Depressiveness, Self-worth, Family, Parent-Child Relationship Im Jugendalter verändert sich die Beziehung zwischen Eltern und Kindern und entwickelt sich zunehmend zu einer gleichberechtigten Beziehung mit partnerschaftlichem Austausch (Laursen & Collins, 2009; Pinquart & Silbereisen, 2002; Walper, 2008). Dieser Prozess der Autonomiegewinnung in Beziehung zur Herkunftsfamilie stellt für das Jugendalter eine zentrale Entwicklungsaufgabe dar (Fend, 2005). Wie die Individuationstheorie hervorhebt, geht 164 Carolin Thönnissen, Barbara Sawatzki, Sabine Walper dieser Umbau der Eltern-Kind-Beziehung im Jugendalter jedoch weder notwendigerweise noch in der Regel auf Kosten der Verbundenheit mit den Eltern. Im Gegenteil erfolgt der Individuationsprozess innerhalb der Familie idealerweise durch die Autonomiegewinnung der Jugendlichen bei einer gleichzeitigen Aufrechterhaltung von Verbundenheit zu den Eltern (Cooper, Grotevant & Condon, 1983; Walper, 2008). Eine Reihe von Studien spricht für die Vorteile einer individuierten Beziehung zu den Eltern für das Wohlbefinden und die Identitätsentwicklung Jugendlicher (Crocetti, Branje, Rubini, Koot & Meeus, 2017; Kaniušonyte˙ & Žukauskiene˙, 2018; Luyckx, Schwartz, Goossens, Beyers & Missotten, 2011; Scabini & Manzi, 2011). Allerdings ist die Befundlage zur relativen Bedeutung der Beziehung zu Mutter und Vater eher unklar. Vielfach wird die Beziehung zu Mutter und Vater nicht näher differenziert, sondern integriert als Eltern-Kind-Beziehung betrachtet (z. B. Holmbeck & Leake, 1999; Meeus, Iedema, Maassen & Engels, 2005), und dort, wo beide Eltern separat berücksichtigt werden, fehlt oftmals die Gegenüberstellung ihrer relativen Bedeutung (z. B. Bartle-Haring, Brucker & Hock, 2002). Der vorliegende Beitrag greift diese Frage auf, indem auf Basis einer typologischen Betrachtung der Beziehung Jugendlicher zu Mutter und Vater längsschnittliche Effekte dieser Beziehung auf das Wohlbefinden Jugendlicher - festgemacht an Depressivität und Selbstwertgefühl - untersucht werden. Hierbei berücksichtigen wir zudem die sozio-ökonomische Situation der Familie sowie Aspekte der Familienstruktur als relevante Merkmale familialer Rahmenbedingungen. Eltern-Kind-Beziehungen im Jugendalter Autonomie und Verbundenheit werden neben Kompetenz als grundlegende psychologische Bedürfnisse betrachtet (Deci & Ryan, 1993, 2000), deren Befriedigung maßgeblich für die Entwicklung und das Wohlbefinden des Einzelnen ist. Autonomie definiert sich dabei über selbstständiges und unabhängiges Denken und Handeln. Das Bedürfnis nach Autonomie gegenüber den Eltern steigt im Verlauf der Adoleszenz an. Bereits Jugendliche im Alter von 10 bis 15 Jahren betrachten Meinungen und Handlungen der Eltern zunehmend kritischer und ziehen ihre eigenen Schlussfolgerungen, auch wenn diese von denen ihrer Eltern abweichen (Steinberg & Silverberg, 1986). Indem sich die Jugendlichen zunehmend an Gleichaltrigen orientieren, wird die Autonomieentwicklung gegenüber den Eltern kontinuierlich gefördert und vorangetrieben. Idealerweise nehmen Eltern sich in dieser Entwicklungsphase in ihrer Kontrolle gegenüber den Kindern zurück, um deren Streben nach Autonomie nicht zu behindern, bleiben aber dennoch für sie verfügbar und unterstützen sie vertrauensvoll in der Bewältigung von Anforderungen. Die zweite zentrale Dimension der Individuation im Jugendalter, die Verbundenheit, beschreibt ein stabiles, emotionales Gefühl der Zugehörigkeit und Nähe zu anderen Menschen. Verbundenheit beinhaltet Loyalität, Liebe und Sympathie, aber auch Gemeinsamkeiten, Verständnis füreinander und gegenseitige Unterstützung. In Untersuchungen bleibt das Niveau der Verbundenheit im Jugendalter meist konstant hoch oder ist leicht rückläufig, was sich jedoch damit erklären lässt, dass ein Absinken der Verbundenheit im mittleren Jugendalter häufiger geschieht, sich jedoch danach wieder stabilisiert (Pinquart & Silbereisen, 2003; Seiffge-Krenke, 1997). Wie für das Kleinkindalter nimmt man auch für das Jugendalter an, dass durch eine vertrauensvolle und sichere Beziehung zu den Eltern Explorationsmöglichkeiten und ein Zugewinn an Autonomie ermöglicht werden. Während Väter mit ihrem Verhalten eher die Autonomieentwicklung der Kinder fördern, heben Mütter die Aspekte Verbundenheit, Nähe und Kommunikation hervor (Becker-Stoll et al., 2000; Berger & Fend, 2005; Flaake, 2005). Die Beziehung zur Mutter ist zu einem früheren Zeitpunkt in der Entwicklung des Kindes symmetrisch, meist bereits zu Beginn des frühen Erwachsenenalters, und nicht mehr so stark von Individuation und die Veränderungen von Selbstwert und Depressivität Jugendlicher 165 Macht und Dominanz geprägt wie die Vater- Kind-Beziehung (Buhl, 2009; Noack & Buhl, 2004). Dyadenspezifische Unterschiede und Besonderheiten zwischen Mutter-Tochter-, Vater- Sohn- und gegengeschlechtlichen Dyaden finden sich hinsichtlich einiger Beziehungsaspekte (z. B. Konflikt: Branje, 2018; Bindung: Buist, Dekovic´, Meeus & van Aken, 2002; Erziehungsstil: McKinney & Renk, 2008). Individuation und Befindlichkeit von Jugendlichen Entwicklung von Selbstwert und Depressivität im Jugendalter Die Befindlichkeit in der Adoleszenz ist von der für diesen Lebensabschnitt zentralen Entwicklungsaufgabe der Selbst- und Identitätsfindung getragen (z. B. Fend, 2005; Pinquart, Schwarzer & Zimmermann, 2011). Eine damit verbundene erhöhte Selbstaufmerksamkeit und Selbstreflexion der Jugendlichen verlagert den Fokus zunehmend auf sich selbst. Mit steigendem Alter erfolgt zudem eine stärkere Orientierung an externen Bewertungen und sozialen Vergleichen, die u. U. Selbsteinschätzungen negativ färben können (u. a. Greve, 2007). Häufig ist aufgrund dieser Besonderheiten eine Zunahme negativer Emotionen in der Adoleszenz zu beobachten, die eine erhöhte Auftretenswahrscheinlichkeit depressiver Verstimmungen und Defizite im Selbstwert erklären kann. In der Tat zeigt der typische Entwicklungsverlauf des Selbstwerts ein kontinuierliches Absinken von der mittleren Kindheit bis zur Jugend, das schließlich in der späten Jugend den Tiefpunkt findet (Robins & Trzesniewski, 2005). Gleichzeitig nimmt die Prävalenz depressiver Symptome im Jugendalter zu (Costello, Erkanli & Angold, 2006; Maughan, Collishaw & Stringaris, 2013). In der BELLA-Studie liegt die Prävalenz von klinisch bedeutsamen Symptomen von Depressivität im Selbstbericht der Kinder und Jugendlichen bei 16 % (Klasen, Meyrose, Otto, Reiss & Ravens-Sieberer, 2017). Bemerkenswert ist auch eine zunehmende Diskrepanz zwischen Mädchen und Jungen, die sich mit steigendem Alter immer mehr in ihrem Selbstwert und in den Depressivitätswerten unterscheiden (Alsaker & Bütikofer, 2005; Maughan et al., 2013) - ein Geschlechtsunterschied, der bis ins hohe Erwachsenenalter stabil bleibt (Robins & Trzesniewski, 2005; Steiger, Allemand, Robins & Fend, 2014). Mädchen zeigen häufiger Symptome von Angst und Depressivität, während bei Jungen vermehrt Symptome von ADHS und Störungen des Sozialverhaltens auftreten (Klasen et al., 2016). Obwohl es für diese Geschlechtsunterschiede bisher kein umfassendes theoretisches Erklärungsmodell gibt (Roberts, 2014), scheinen biologische Faktoren eine Rolle zu spielen. Genetischen und epigenetischen Faktoren schreibt man grundsätzlich eine große Rolle bei der Entwicklung psychischer Störungen zu (Hohmann, Adamo, Lahey, Faraone & Banaschewski, 2015). Depressive Episoden im Jugendalter werden häufig auch auf die hormonelle Umstellung in dieser Altersspanne und auf die Geschlechtshormone zurückgeführt (Abel & Hautzinger, 2013). Neben genetischen und epigenetischen Faktoren sind geschlechtstypische Sozialisationsbedingungen, und hier gerade auch die Eltern- Kind-Beziehung, entscheidend für die Geschlechtsunterschiede. So zeigt die Studie von McKinney, Milone und Renk (2011), dass zwar die wahrgenommenen Erziehungsmaßnahmen (Disziplin) ein signifikanter Prädiktor für das emotionale Wohlbefinden aller angehenden jungen Erwachsenen sind, der wahrgenommene Erziehungsstil jedoch nur für junge Frauen eine Rolle spielt. Familiale Einflussfaktoren auf die Befindlichkeit von Jugendlichen Eltern-Kind-Beziehung Ein entscheidender Faktor, der die Entwicklung des Selbst im Jugendalter prägt, ist die Tatsache, dass Jugendliche sich vom Elternhaus ablösen und ihre Erfahrungsräume selbst wählen. Den- 166 Carolin Thönnissen, Barbara Sawatzki, Sabine Walper noch scheinen während der gesamten Adoleszenz die Aufrechterhaltung der Verbundenheit mit den Eltern und die Qualität der Eltern- Kind-Beziehung die wichtigsten und konstantesten Prädiktoren für die zukünftige psychische Gesundheit zu sein (Steinberg & Silk, 2002). Elterliche Wärme und Akzeptanz in Verbindung mit konsequenter, nicht einschränkender Aufsicht der Jugendlichen korrelieren mit vielen Aspekten positiver Verhaltensentwicklung (u. a. Jacobson & Crockett, 2000; Lansford, Laird, Pettit, Bates & Dodge, 2014) und wirken sich speziell auch positiv auf den Selbstwert und das Wohlbefinden Jugendlicher aus (Chan & Koo, 2011), wohingegen autonomieeinschränkendes Erziehungsverhalten ein niedriges Selbstwertgefühl und erhöhte Depressivitätswerte von Jugendlichen fördern (u. a. Barber & Harmon, 2002; Branje, Hale, Frijns & Meeus, 2010). Familienstrukturelle Faktoren Familiale Transitionen, wie die Trennung oder Scheidung der Eltern sowie die Gründung einer Stiefvater- oder Stiefmutterfamilie sind vielfach mit Belastungen verbunden, die sich auch längerfristig in der Befindlichkeit betroffener Kinder und Jugendlicher niederschlagen können (Amato, 2010, 2014). Gleichwohl zeichnen die zahlreichen Forschungsbefunde ein heterogeneres Bild, wobei die Folgen einer elterlichen Trennung vor allem von der innerfamilialen Beziehungsgestaltung abhängig sind (Amato, 2010; Hetherington & Kelly, 2003). Einschlägige Befunde aus Deutschland sprechen nicht für deutliche Nachteile in der Befindlichkeit von Jugendlichen aus Alleinerziehenden- oder Stieffamilien gegenüber Kernfamilien (Walper, 2002; Walper, Thönnissen & Alt, 2015). Auch bei jüngeren Kindern aus Trennungsfamilien finden sich kaum längerfristige Nachteile (Schmidt-Denter, 2000, 2001; Wendt & Walper, 2007). Insbesondere die Beziehung zur Mutter scheint kaum durch eine Trennung der Eltern belastet zu werden und stellt eine wesentliche Ressource für die Entwicklung der Kinder dar (Walper & Beckh, 2006). Ökonomische Deprivation Zahlreiche Befunde verweisen auf die ungünstigen Folgen des Aufwachsens in Armutslagen (Brooks-Gunn, Duncan & Mariato, 1997; Hock, Holz & Wüstendörfer, 2001; Walper & Fiedrich, 2017). Diesbezügliche Befunde zeigen an, dass finanzielle Knappheit der Familie auf Jugendliche nicht nur kurzfristig, sondern auch längerfristig belastend wirkt. Jugendliche aus ökonomisch deprivierten Familien geben etwa ein erhöhtes internalisierendes oder externalisierendes Problemverhalten zu erkennen (z. B. Bøe et al., 2014; Hardaway & Cornelius, 2014; Lee, Wickrama & Simons, 2013; McLaughlin, Costello, Leblanc, Sampson & Kessler, 2012). Vor allem subjektiv empfundene Benachteiligung trägt dabei zu einer Verminderung des Selbstwerts bei (u. a. Walper, 2005, 2009). Entsprechende emotionale Belastungen äußern sich oftmals in Ängstlichkeit, Depressivität sowie Traurigkeit. Ausschlaggebend für Beeinträchtigungen der Befindlichkeit und erhöhtes Problemverhalten bei diesen Jugendlichen sind vor allem die stärkeren Belastungen familiärer Beziehungen und Interaktionen sowie ein beeinträchtigtes Erziehungsverhalten von Eltern in Armutslagen (u. a. Lee et al., 2013; Pinderhughes, Bates, Dodge, Pettit & Zelli, 2000). Entsprechend sind vor allem indirekte Effekte ökonomischer Belastungen zu erwarten, die über die Qualität der Beziehung zu den Eltern vermittelt werden. Fragestellung Die vorliegende Studie untersucht die Befindlichkeit Jugendlicher im Kontext ihrer Beziehung zu Mutter und (sozialem) Vater, wobei familienstrukturelle und sozio-ökonomische Faktoren als wesentliche Rahmenbedingungen der Familienbeziehungen berücksichtigt werden. Anhand längsschnittlicher Analysen wird geprüft, welche Zusammenhänge sich zwischen der Qualität der Beziehung zu Mutter und Vater und nachfolgenden Veränderungen im Selbstwert und der Depressivität von Jugend- Individuation und die Veränderungen von Selbstwert und Depressivität Jugendlicher 167 lichen ausmachen lassen. Hierbei legen wir einen typologischen Ansatz zugrunde, der die Individuation Jugendlicher in Beziehung zu den Eltern als spezifische Konstellation von Merkmalen der Verbundenheit, emotionaler Unsicherheit, Konfliktbelastung und elterlichen Dominanz analysiert. Besonderes Augenmerk gilt dem Vergleich der Beziehung zu Mutter und Vater und dem relativen Beitrag beider Beziehungsqualitäten zur Befindlichkeit der Jugendlichen. Insgesamt werden folgende Fragen adressiert: (1) Welche Beziehungsmuster finden sich zwischen Jugendlichen und ihren Müttern und Vätern? Bestehen Unterschiede in den Beziehungsmustern zu Müttern und Vätern? (2) Finden sich negative Einflüsse von familialen Rahmenbedingungen und der Depressivität sowie positive Effekte der familialen Rahmenbedingungen auf das Selbstwertgefühl Jugendlicher? (3) Welche Zusammenhänge finden sich zwischen den Beziehungen zu Mutter und Vater einerseits und der späteren Befindlichkeit Jugendlicher andererseits? Weist die Beziehung zu Mutter oder Vater einen engeren Zusammenhang zur Befindlichkeit der Jugendlichen auf als die Beziehung zum anderen Elternteil? Und wenn ja, besteht dieser Effekt auch über die Stabilität der Befindlichkeit hinaus? (4) Inwieweit lässt sich der Einfluss familialer Rahmenbedingungen auf die Befindlichkeit Jugendlicher durch die Qualität der Beziehung zu den Eltern erklären? Methode Stichprobe Die vorliegende Studie basiert auf Daten des Beziehungs- und Familienentwicklungspanels pairfam („Panel Analysis of Intimate Relationships and Family Dynamics“; Release 3.0; (Nauck, Brüderl, Huinink & Walper, 2012)), einer repräsentativen, multidisziplinären Längsschnittstudie zur Untersuchung partnerschaftlicher und familialer Lebensformen und Beziehungsdynamiken in Deutschland. Im Rahmen der Studie liegen seit 2008 jährlich erhobene Befragungsdaten für eine Stichprobe bundesweit zufällig ausgewählter Zielpersonen der Geburtsjahrgänge 1971 - 73, 1981 - 83 und 1991 - 93 vor (Multi-Kohorten-Design). Eine ausführliche Darstellung der Studie findet sich in Huinink et al. (2011). Die hier berichteten Analysen beziehen sich auf die jüngste Alterskohorte, die sowohl in Welle 2 als auch in Welle 3 des Panels an der Befragung teilgenommen hat. Zum ersten der beiden Erhebungszeitpunkte wurden die Jugendlichen zu der Beziehung zu ihren im Haushalt lebenden Eltern befragt. In die hier verwendete Stichprobe gingen insgesamt 2663 Jugendliche ein, die im Haushalt ihrer leiblichen Mutter lebten und Angaben zu den im Haushalt lebenden Eltern machten. Nicht einbezogen sind aufgrund zu geringer Fallzahlen Jugendliche mit alleinerziehendem Vater oder mit Vater und Stiefmutter. Die Stichprobe umfasst nur Fälle mit vollständigen Informationen zu allen verwendeten Indikatoren. Die Jugendlichen waren zum Zeitpunkt der Befragung in Welle 2 zwischen 16 und 18 Jahre alt (M = 16.98; SD = .87), in Welle 3 entsprechend zwischen 17 und 19 Jahre alt. 52,0 % der befragten Jugendlichen waren männlich. 72,3 % der Jugendlichen stammten aus Kernfamilien mit zwei leiblichen Elternteilen im Haushalt, 10,0 % aus Stiefvaterfamilien und 17,6 % wuchsen im Haushalt ihrer alleinerziehenden Mutter auf. Der höchste elterliche Schulabschluss im Haushalt war bei 26,3 % ein niedriger Schulabschluss (Hauptschulabschluss oder Vergleichbares) oder gar kein Schulabschluss. Bei ca. 39,2 % der Jugendlichen war der höchste Abschluss eines der beiden Elternteile ein mittlerer Schulabschluss. Darunter fallen u. a. die Mittlere Reife oder der Abschluss an einer polytechnischen Oberschule. 34,5 % der Jugendlichen hatten Haushaltseltern mit mindestens einem Elternteil, der eine allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife besaß. Indikatoren und Erhebungsinstrumente Im Folgenden werden die verwendeten Indikatoren kurz beschrieben. Eine ausführliche Darstellung aller Indikatoren der pairfam-Studie findet sich bei Thönnissen, Wilhelm, Alt, Greischel und Walper (2018). 168 Carolin Thönnissen, Barbara Sawatzki, Sabine Walper Beziehungsindikatoren Verbundenheit Die Skala zur Verbundenheit umfasst vier Kurzindikatoren: die Indikatoren „Intimität“ und „Wertschätzung“, die jeweils zwei Items der entsprechenden Skalen des „Network of Relationships Inventory“ (NRI; Furman & Buhrmester, 1985) umfassen (5-stufiges Antwortformat von 1 = „nie“ bis 5 = „immer“), ein Item zur „emotionalen Verbundenheit“ (5-stufiges Antwortformat von 1 = „überhaupt nicht eng“ bis 5 = „sehr eng“) und drei Items zur „gelungenen Individuation“ („Munich Individuation Test of Adolescence“; (Walper, 1997; Walper & Gerhard, 1999); 5-stufiges Antwortformat von 1 = „stimme überhaupt nicht zu“ bis 5 = „stimme voll und ganz zu“). Eine Faktorenanalyse auf Item-Ebene bestätigt die einfaktorielle Struktur dieser insgesamt acht Items (z. B. „Wie oft erzählen Sie den folgenden Personen, was Sie beschäftigt? “; Mutter: α  = .84/ α  =.81; Vater: α  = .87/ α  = .83). Emotionale Unsicherheit Der Aspekt (mangelnder) Autonomie wurde durch die Skala „emotionale Unsicherheit“ erfasst, bestehend aus den Subskalen „Angst vor Liebesverlust“ und „Ambivalenz“ des „Münchner Individuationstest für Adoleszente“ (MITA, s. o.; 6 Items; z. B. „Wenn ich meine Mutter/ Vater enttäuscht habe, habe ich Angst, dass sie mich weniger liebt.“; Mutter: α  = .79/ α  = .75; Vater: α  = .84/ α  = .83). Konflikt Die Konflikthaftigkeit der Beziehung wurde durch Zusammenfassung von zwei Subskalen „Negative Kommunikation“ (aus der Skala Kommunikationsprobleme von Barnes & Olson in Olson & McCubbin, 1983; 5-stufiges Antwortrating von 1 = „fast nie oder nie“ bis 5 = „sehr oft“) und „Konflikthäufigkeit“ (NRI, s. o.) gebildet (4 Items; z. B. „Wie oft sind folgende Personen und Sie unterschiedlicher Meinung und streiten sich? “; Mutter: α  = .80/ α  = .77; Vater: α  = .82/ α  = .79). Elterliche Dominanz Um die Ausgewogenheit und Gleichberechtigung in der Eltern-Kind-Beziehung zu indizieren, fließt auch der Aspekt der „elterlichen Dominanz“ (1 Item; „Wie oft setzt sich Ihre Mutter/ Ihr Vater bei Uneinigkeiten durch? “) aus dem NRI (s. o.) in die Analysen mit ein. Sozio-demografische und sozio-ökonomische Indikatoren Ökonomische Deprivation Zwei Items zur subjektiven ökonomischen Deprivation (z. B. „Bei meinen Eltern ist das Geld meistens knapp“; α  = .86/ α  = .85) nehmen Bezug auf die finanzielle Situation des Haushalts. Familienform Die Familienform, in der die befragten Jugendlichen zum Zeitpunkt der 2. Welle leben, unterscheidet auf Grund der Fallzahlen (nur) drei mögliche Formen: die Kernfamilie mit beiden leiblichen Elternteilen, die Stiefvaterfamilie mit leiblicher Mutter und deren neuem Partner in einem Haushalt sowie die alleinerziehende leibliche Mutter ohne neuen Partner im Haushalt. Der Familienstand der Eltern (verheiratet oder nicht) wurde hierbei nicht berücksichtigt. Bildung Als Bildungsindikator wurde der höchste Bildungsabschluss der Eltern herangezogen und dichotomisiert (allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife vs. keine Hochschulreife). Befindlichkeitsindikatoren Selbstwert Der Selbstwert der Jugendlichen wurde mit 3 Items aus der „Rosenberg-Skala“ (Rosenberg, 1965) erfasst (z. B. „Ich mag mich so wie ich bin.“; α  = .76 / α  = .71). Depressivität Depressivität wurde anhand der 10 Items umfassenden „State-Trait-Depression Scales“ (Spaderna, Schmukle & Krohne, 2002) erfasst (z. B. „Ich bin deprimiert.“; α  = .85/ α  = .79). Der klinische Cut-off- Wert dieser Variable liegt bei 25. 95.6 % der Jugendlichen in Welle 2 liegen unterhalb dieses Cut-off-Wertes (Mädchen: 93.9 %; Jungen: 97.2 %), 92,6 % in Welle 3 (Mädchen: 89.9 %; Jungen: 95.1 %). Verwendet wurde diese Skala in der vorliegenden Studie zur Erfassung von Depressivität nicht klinischer Depression. Anders als in der BELLA Studie (Klasen, Meyrose, Otto, Reiss & Ravens-Sieberer, 2017), in der Depressivität mit dem CE-DC mit dem Zeitbezug „letzte Woche“ verwendet wird, werden in pairfam die Trait-Anteile von Depressivität im Allgemeinen erfasst. Es gibt Hinweise, dass diese zeitvariierenden und zeitinvarianten Anteile der Depression unterschiedlich wahrgenommen werden (Cole et al., 2017). Mögli- Individuation und die Veränderungen von Selbstwert und Depressivität Jugendlicher 169 cherweise schätzten sich daher gerade im Jugendbereich (wenn das Selbstkonzept noch mehr schwankt) die Jugendlichen eher mal für die letzte Woche depressiv ein, als sich generell als depressiv wahrzunehmen. Analysen Um Beziehungsmuster von Jugendlichen zu ihren Müttern und Vätern zu identifizieren, wurden mithilfe der Statistiksoftware SPSS 20.0 zwei Two-Step- Clusteranalysen durchgeführt, in die jeweils die vier genannten Beziehungsdimensionen (Verbundenheit; Unsicherheit; Konflikt; Dominanz) für Mütter und (Stief-)Väter getrennt eingingen. Zur Überprüfung der Effekte auf die Befindlichkeit Jugendlicher wurden mit SPSS multiple Regressionen berechnet, die schrittweise jeweils drei Blöcke von Prädiktoren berücksichtigen. Im ersten Block wurden sozio-demografische und sozio-ökonomische Faktoren einbezogen: Geschlecht und Alter der Jugendlichen, die Bildung der Eltern, ökonomische Deprivation und die Familienstruktur. Bei Analysen der Beziehung zur Mutter wurde die Familienform dummy-kodiert, sodass (1) zwischen Trennungsfamilie versus Kernfamilie sowie (2) zwischen Zwei-Eltern- Familien versus alleinerziehender Mutter unterschieden wurde. In den Regressionen, welche die Beziehungsindikatoren zum Vater beinhalten, wurde lediglich zwischen Stiefvater- und Kernfamilien unterschieden. Im zweiten Schritt wurden die hier zentral interessierenden Typen der Beziehungscluster hinzugenommen (dummy-kodiert, s. u.). Im dritten Schritt wurde die Befindlichkeit der Jugendlichen (Depressivität bzw. Selbstwert) aus Welle 2 kontrolliert, um die Stabilität von Depressivität bzw. Selbstwert zu berücksichtigen. Die Analysen wurden zunächst separat für die Beziehung zu Mutter und (Stief-)Vater durchgeführt. Zuletzt erfolgten Regressionsanalysen, in denen die Beziehungscluster zu Mutter und Vater gemeinsam einbezogen wurden, um deren jeweiligen relativen Beitrag zur Befindlichkeit der Jugendlichen vergleichen zu können. Die Abfolge dieser Regressionsanalysen entspricht den vorherigen Analysen. Ergebnisse Befunde zu Beziehungsmustern von Jugendlichen und ihren Eltern Aus den durchgeführten Two-Step-Clusteranalysen für die Beziehungsdimensionen zu Müttern und Vätern ergaben sich jeweils drei Beziehungscluster. Untersuchungen mit einer größeren Querschnittsstichprobe (Welle 2) zur Beziehung zur Mutter (N = 3162) und zum Vater (N = 2520) zeigen eine vergleichbare Clusterstruktur der Daten, sodass die gefundene Clusterstruktur als relativ stabil angesehen werden kann. Abbildung 1 zeigt in der linken Hälfte die Beziehungsmuster zwischen Jugendlichen und ihren Müttern (N = 2663). Inhaltlich lässt sich Cluster 1 als „verbunden-individuiert“ beschreiben, indem es hohe Werte an Verbundenheit (M = 4.0; SD = .50) mit geringer emotionaler Unsicherheit (M = 1.7; SD = .62) und Konflikthaftigkeit (M = 2.2; SD = .58) sowie einer geringen elterlichen Dominanz (M = 2.6; SD = .58) vereint. Im Falle des Clusters 2 lässt sich von einer „elternorientierten“ Beziehungsgestaltung sprechen, indem hohe Werte an Verbundenheit (M = 4.2; SD = .46) auch mit hohen Werten an elterlicher Dominanz (M= 4.2; SD= .36) einhergehen. Emotionale Unsicherheit (M = 1.77; SD = .63) und Konflikt (M = 2.40; SD = .59) sind in Cluster 2 - wie in Cluster 1 - gering ausgeprägt. Cluster 3 schließlich zeugt in Relation zu den ersten beiden Clustern von einer „unsicher-konflikthaften“ Beziehung zwischen Jugendlichen und ihren Müttern, mit verminderten Werten an Verbundenheit (M = 3.1; SD=.62) und deutlich erhöhten Werten an emotionaler Unsicherheit (M = 2.6; SD = .94) und Konflikt (M = 3.6; SD = .54). Die elterliche Dominanz (M = 3.40; SD = .94) liegt in Cluster 3 zwischen den Vergleichswerten für Cluster 1 und 2. Alle Beziehungsdimensionen unterscheiden sich bei den Müttern zwischen den Clustern signifikant voneinander. Eine vergleichbare Clusterstruktur ergibt sich auch für die Beziehung der Jugendlichen zu ihren (Stief-)Vätern. So lässt sich auch in diesem Fall Cluster 1 als „verbunden-individuiert“, Cluster 2 als „elternorientiert“ und Cluster 3 als „unsicher-konflikthaft“ bezeichnen (siehe Abbildung 1). Die Mittelwerte der Dimensionen Unsicherheit, Streit und Dominanz unterscheiden sich bei den Vätern zwischen den Clustern signifikant, der Mittelwert für Verbundenheit jedoch nicht zwischen dem verbunden-individuierten und elternorientierten Cluster. 170 Carolin Thönnissen, Barbara Sawatzki, Sabine Walper Abb. 1: Clusterstruktur und Mittelwerte der Beziehung zu Mutter und Vater Verbundenheit Unsicherheit Streit Dominanz 5,0 4,0 3,0 2,0 1,0 Beziehungscluster Mutter Cluster 1 Cluster 2 Cluster 3 N =1482 N = 812 N = 369 4,0 1,7 2,2 2,6 4,2 1,8 2,4 4,2 3,1 2,6 3,6 3,4 Beziehungscluster (Stief-)Vater Cluster 1 Cluster 2 Cluster 3 N = 897 N = 692 N = 561 5,0 4,0 3,0 2,0 1,0 3,8 1,5 2,0 2,6 3,9 1,7 2,3 4,2 3,0 2,8 3,0 3,2 Individuation und die Veränderungen von Selbstwert und Depressivität Jugendlicher 171 Verteilung der Beziehungsmuster zu Mutter und Vater Von den N = 2663 Angaben zur Beziehung der Jugendlichen zu ihren Müttern fallen 55,6 % in die verbunden-individuierte, 30,5 % in die elternorientierte und 13,9 % in die unsicher-konflikthafte Gruppe. Ähnlich sind auch hier die Ergebnisse in der Beziehung der Jugendlichen zu ihren Vätern. Die größte Gruppe der N = 2150 Jugendlichen, die Angaben zu ihren (Stief-)Vätern machen, kann als verbunden-individuiert beschrieben werden (41,7 %). 32,2 % der Jugendlichen sind elternorientiert und 26,0 % sind unsicher-konflikthaft in der Beziehung zu ihren (Stief-)Vätern. Vergleicht man die Zuordnung der Jugendlichen zu beiden Clustern, also zu Mutter und Vater, zeigt sich, dass die Klassifizierung der Jugendlichen hinsichtlich ihrer Beziehung zu den Eltern nicht unabhängig ist ( χ 2 = 455.982; df = 4; p < .001; Cramers-V = .33) - der Zusammenhang ist jedoch nur moderat. Über die Hälfte der Jugendlichen, die sich zur Mutter verbunden-individuiert fühlen, beschreiben auch die Beziehung zum Vater als verbunden-individuiert (54,5 %). 21,9 % sind elternorientiert und 23,6 % unsicher-konflikthaft. Ebenfalls mehr als die Hälfte der Jugendlichen, die eine elternorientierte Beziehung zur Mutter haben, haben diese auch zum Vater (55,9 %). 28,8 % beschreibt die Beziehung zum Vater hingegen als verbunden-individuiert und 15,3 % als unsicher-konflikthaft. Eine unsicher-konflikthafte Beziehung der Jugendlichen zu ihrer Mutter geht bei 62,2 % der Jugendlichen auch mit einer unsicher-konflikthaften Beziehung zum Vater einher. 18,4 % befinden sich jedoch zum Vater im verbundenindividuierten und 19,4 % im elternorientierten Beziehungscluster. Genaue Ergebnisse zum Zusammenhang der Cluster finden sich in Tabelle 1. Zusammenhänge der Indikatoren und Beziehungstypen Betrachtet man die Zusammenhänge der Beziehungstypen und Indikatoren (siehe Tabelle 2), um festzustellen, welche Indikatoren die Beziehungscluster prädizieren und wie sich die Cluster verteilen, dann können einige Unterschiede festgestellt werden. Es besteht ein geringer negativer Zusammenhang zwischen weiblichem Geschlecht der Jugendlichen und dem verbunden-individuierten Beziehungstyp zur Mutter, der für die Beziehung zum Vater Beziehungscluster Vater verbundenindividuiert elternorientiert unsicherkonflikthaft Gesamt Beziehungscluster Mutter verbundenindividuiert Anzahl Erwartete Anzahl % innerhalb Cluster Mutter 651 498,1 54,5 % 261 384,3 21,9 % 282 311,6 23,6 % 1194 1194 100 % elternorientiert Anzahl Erwartete Anzahl % innerhalb Cluster Mutter 194 280,8 28,8 % 376 216,6 55,9 % 103 175,6 15,3 % 673 673 100 % unsicherkonflikthaft Anzahl Erwartete Anzahl % innerhalb Cluster Mutter 52 118,1 18,4 % 55 91,1 19,4 % 176 73,8 62,2 % 283 283 100 % Gesamt Anzahl Erwartete Anzahl % innerhalb Cluster Mutter 897 897 41,7 % 692 692 32,2 % 561 561 26,1 % 2150 2150 100 % Tab. 1: Zusammenhang der Beziehungscluster von Mutter und Vater Anmerkungen: χ 2 = 455.98; df = 4; p < .001; Cramers-V = .33 172 Carolin Thönnissen, Barbara Sawatzki, Sabine Walper Alter Bildung d. Eltern ökonom. Deprivation Kernfamilie Stiefvaterfamilie alleinerz. Mutter Cluster M verbunden Cluster M elternorient. Cluster M unsicher Cluster F verbunden Cluster F elternorient. Cluster F unsicher Depressivität W2 Selbstwert W2 Depressivität W3 Selbstwert W3 weiblich Korr N -.00 2663 .02 2663 .01 2663 -.03 2663 .03 2663 .02 2663 -.05** 2663 .04 + 2663 .03 2663 .03 2150 -.02 2150 -.00 2150 .16** 2663 -.18** 2663 .18** 2474 -.19** 2478 Alter Korr N .03 + 2663 .00 2663 -.02 2663 -.01 2663 .03 2663 .08** 2663 -.06** 2663 -.03 + 2663 .06** 2150 -.03 2150 -.03 2150 .01 2663 -.03 2663 .03 2474 .01 2478 Bildung d. Eltern Korr N -.23** 2663 .03 2663 .03 2663 -.05** 2663 -.01 2663 .01 2663 .01 2663 .08*** 2150 .01 2150 -.08** 2150 -.02 2663 .00 2663 -.03 2474 -.01 2478 ökonom. Deprivation Korr N -.26** 2663 .04* 2663 .27** 2663 -.03 2663 -.03 + 2663 .09** 2663 -.07** 2150 -.09** 2150 .17** 2150 .18** 2663 -.10** 2663 .12** 2474 -.13** 2478 Kernfamilie Korr N -.54** 2663 -.75** 2663 .01 2663 .01 2663 -.03 + 2663 .03 2150 .07** 2150 -.11** 2150 -.06** 2663 .01 2663 -.05* 2474 .05* 2478 Stiefvaterfamilie Korr N -.16** 2663 -.04 + 2663 .03 2663 .01 2663 -.03 2150 -.07** 2150 .11** 2150 .01 2663 -.01 2663 .04* 2474 -.02 2478 alleinerz. Mutter Korr N .01 2663 -.04 + 2663 .03 2663 . c 2150 . c 2150 . c 2150 .06** 2663 .00 2663 .03 2474 -.04* 2478 Cluster M verbunden Korr N -.74** 2663 -.45** 2663 .29** 2150 -.25** 2150 -.06** 2150 -.13** 2663 .09** 2663 -.11** 2474 .06** 2478 Cluster M elternorient. Korr N -.27** 2663 -.18** 2150 .34** 2150 -.17** 2150 -.06** 2663 .04 + 2663 -.06** 2474 .07** 2478 Cluster M unsicher Korr N -.18** 2150 -.11** 2150 .32** 2150 .26** 2663 -.18** 2663 .23** 2474 -.18** 2478 Cluster F verbunden Korr N -.58** 2150 -.50** 2150 -.15** 2150 .14** 2150 -.16** 2006 .13** 2009 Cluster F elternorient. Korr N -.41** 2150 -.10** 2150 .03 2150 -.05* 2006 .05* 2009 Cluster F unsicher Korr N .27** 2150 -.19** 2150 .23** 2006 -.19** 2009 Depressivität W2 Korr N -.57** 2663 .56** 2474 -.42** 2478 Selbstwert W2 Korr N -.46** 2474 .55** 2478 Depressivität W3 Korr N -.62** 2470 Tab. 2: Korrelationstabelle aller Indikatoren Individuation und die Veränderungen von Selbstwert und Depressivität Jugendlicher 173 nicht festzustellen ist. Hinsichtlich des Alters der Jugendlichen gibt es einen geringen positiven Zusammenhang zum verbunden-individuierten Cluster zu Mutter und Vater und einen geringen negativen Zusammenhang lediglich zum elternorientierten Beziehungstyp der Mutter. Ein geringer positiver Zusammenhang zwischen der Bildung der Eltern und dem verbunden-individuierten Beziehungstyp zum Vater sowie ein negativer zum unsicher-konflikthaften Beziehungstyp zum Vater kann gefunden werden - die Bildung der Eltern weist jedoch keinen Zusammenhang mit der Beziehungsgestaltung der Jugendlichen zur Mutter auf. Während die ökonomische Deprivation der Eltern einen geringen negativen Zusammenhang nur zum verbundenen und elternorientierten väterlichen Beziehungstyp aufweist, zeigt sich sowohl zur Mutter wie auch zum Vater im unsicher-konflikthaften Beziehungstyp ein positiver Zusammenhang zur ökonomischen Deprivation. In Bezug auf die unterschiedlichen Familienformen gibt es keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Familientyp und Beziehungsgestaltung zur Mutter, jedoch weist in der Beziehungsgestaltung zum Vater der elternorientierte Typ einen geringen positiven Zusammenhang mit Kernfamilien und einen negativen Zusammenhang mit Stiefvaterfamilien sowie der unsicher-konflikthafte Typ einen negativen Zusammenhang mit Kernfamilien und einen positiven mit Stiefvaterfamilien auf. Befunde in Bezug auf die Depressivität von Jugendlichen Tabelle 3 zeigt die Befunde der Regressionsanalysen zu Prädiktoren für die Depressivität der Jugendlichen. Das erste Modell bezieht sich auf die Beziehung zu leiblichen Müttern (N = 2474) in Kern- und Stiefvaterfamilien sowie alleinerziehenden Müttern. Die zwei weiteren Regressionsmodelle testen die Hypothesen anhand einer Stichprobe aus Müttern sowie (Stief-)Vätern (jeweils N = 2006) aus Kern- und Stiefvaterfamilien. Prädiktoren W2 Prädiktion durch Beziehungscluster in Bezug auf Mutter (N =2474) Mutter (N =2006) Vater (N =2006) Step 1 β Step 2 β Step 3 β Step 1 β Step 2 β Step 3 β Step 1 β Step 2 β Step 3 β Weibliches Geschlecht Alter Jugendliche(r) Hohe Bildung Ökonomische Deprivation Trennungsfamilie (Ref. Kernfamilie) Zwei-Eltern-Familie (Ref. Alleinerz.) Stiefvaterfamilie (Ref. Kernfamilie) BC: verbunden-individuiert BC: elternorientiert Depressivität (Stabilität) .18*** .03 + .00 .11*** .05 .04- .17*** .04* -.00 .09*** .04 .04- -.32*** -.29*** .10*** .03 + -.02 .02 .04 .04 + - -.12*** -.12*** .52*** .17*** .03 .00 .13*** -- .04 .17*** .04 -.00 .11*** -- .03 -.28*** -.28*** .09*** .02 -.01 .03-- .03 + -.10** -.10*** .52*** .17*** .03 .00 .13*** -- .04 .17*** .03 .02 .10*** -- .02 -.27*** -.19*** .09*** .03 -.00 .03-- .03 -.12*** -.06* .52*** R 2 .04 .09 .33 .05 .08 .32 .05 .09 .33 Tab. 3: Regression Depressivität (W3) auf sozio-demografische Faktoren und die Beziehungscluster in Bezug auf Mutter und Vater sowie Stabilität der Depressivität (W2) Anmerkungen: N = 2474/ 2006/ 2006; BC = Beziehungscluster Mutter bzw. Vater; *** p < .001. ** p < .01. * p < .05. + p < .10 174 Carolin Thönnissen, Barbara Sawatzki, Sabine Walper Anhand der standardisierten Regressionsgewichte in den Analysen für das Beziehungscluster in Bezug auf die Mutter (inkl. Alleinerziehender) zeigt sich erwartungsgemäß ein signifikanter Effekt für das Geschlecht der Jugendlichen, wobei Mädchen höhere Werte von Depressivität aufweisen (Schritt 1: ß =.18; p < .001). Dieser Effekt ist unabhängig vom Beziehungscluster (Schritt 2) und vermindert sich bei Kontrolle der Depressivität in Welle 2 (Schritt 3), bleibt jedoch signifikant. Weder das Alter der Jugendlichen noch die elterliche Bildung erweisen sich als relevant. Der Effekt der ökonomischen Deprivation ist zunächst in Schritt 1 ( ß = .12; p < .001) und auch noch unter Kontrolle der Beziehungscluster (Schritt 2: ß = .09; p < .001) statistisch bedeutsam, wird jedoch nicht signifikant, wenn in Schritt 3 der Stabilität von Depressivität Rechnung getragen wird. Demnach erklärt nicht die Beziehungsqualität zur Mutter die erhöhte Depressivität von ökonomisch deprivierten Jugendlichen. Die Familienform spielt als Einflussfaktor keine Rolle. Erwartungsgemäß geht jedoch eine verbunden-individuierte Beziehung zur Mutter mit weniger Depressivität einher (Schritt 2: ß = -.32; p < .001). Dieser Effekt schwächt sich ab, wenn die Stabilität von Depressivität kontrolliert wird ( ß = -.12; p < .001), bleibt jedoch statistisch bedeutsam. Ebenso erweist sich die elternorientierte Beziehung zur Mutter als Vorteil für eine geringere Depressivität der Jugendlichen ( ß = -.29; p < .001), auch nach Hinzunahme der Depressivität aus Welle 2 in Schritt 3 ( ß = -.12; p < .001). Betrachtet man die Beziehungen zu Mutter und Vater, zeigen sich für die etwas kleinere Stichprobe (N = 2006) vergleichbare Ergebnisse wie bereits bei der Stichprobe der Mütter, die auch die Alleinerziehenden mit einschließt. Die Effekte des Geschlechts der Jugendlichen und ökonomischer Deprivation der Familie in Schritt 1 und 2 zeigen sich - wie zu erwarten - in fast identischer Stärke. Darüber hinaus erweisen sich in der Beziehung zu Müttern und Vätern sowohl eine verbunden-individuierte Beziehung wie auch eine elternorientierte Beziehung als signifikanter Vorteil für eine geringe Prädiktoren W2 Prädiktion durch Beziehungscluster in Bezug auf Mutter (N =2474) Mutter (N =2006) Vater (N =2006) Step 1 β Step 2 β Step 3 β Step 1 β Step 2 β Step 3 β Step 1 β Step 2 β Step 3 β Weibliches Geschlecht Alter Jugendliche(r) Hohe Bildung Ökonomische Deprivation Trennungsfamilie (Ref. Kernfamilie) Zwei-Eltern-Familie (Ref. Alleinerz.) Stiefvaterfamilie (Ref. Kernfamilie) BC: verbunden-individuiert BC: elternorientiert Selbstwert (Stabilität) -.19*** .01 -.01 -.13*** -.01 .00- -.19*** .01 -.01 -.11*** -.01 .01- .23*** .24*** -.10*** .03 .00 -.06** -.01 .02- .10*** .12*** .51*** -.19*** .01 -.01 -.14*** -- -.01 -.19*** .01 -.00 -.13*** -- -.01 .21*** .23*** -.10*** .03 + -.01 -.07** -- -.01 .08** .10*** .52*** -.19*** .01 -.01 -.14*** -- -.01 -.19*** .01 -.02 -.11*** -- .01 .22*** .16*** -.10*** .03 -.01 -.06** -- -.01 .10*** .08** .51*** R 2 .05 .08 .32 .05 .08 .32 .05 .08 .33 Tab. 4: Regression Selbstwert (W3) auf sozio-demografische Faktoren und die Beziehungscluster in Bezug auf Mutter und Vater sowie Stabilität des Selbstwerts (W2) Anmerkungen: N = 2478/ 2009/ 2009; BC = Beziehungscluster Mutter bzw. Vater; *** p < .001. ** p < .01. * p < .05. + p < .10 Individuation und die Veränderungen von Selbstwert und Depressivität Jugendlicher 175 Depressivität der Jugendlichen. Allerdings fällt der Effekt des elternorientierten Clusters bei den Vätern etwas schwächer aus. Die Effekte der Beziehungsmuster sowie das Geschlecht der Jugendlichen bleiben auch bei Kontrolle von Depressivität zu Welle 2 bestehen, wobei der Effekt einer elternorientierten Beziehung in Schritt 3 bei den Vätern sehr schwach ist. Befunde in Bezug auf den Selbstwert von Jugendlichen Wie bei den vorangegangenen Analysen zur Depressivität der Jugendlichen sind auch beim Selbstwertgefühl in Schritt 1 das Geschlecht der Jugendlichen ( ß = -.19; p < .001) und die ökonomische Deprivation der Familie ( ß = -.12 bzw. -.14; p < .001) signifikante Prädiktoren. Berücksichtigt man zusätzlich die Beziehung zur Mutter (Schritt 2), so bleiben diese Effekte erhalten. Gleichzeitig finden sich Vorteile des verbunden-individuierten Clusters ( ß = .23; p < .001) und des elternorientierten Clusters ( ß = .24; p < .001) für das Selbstwertgefühl der Jugendlichen. Diese Effekte vermindern sich etwas, bleiben aber statistisch bedeutsam, wenn die Stabilität des Selbstwerts ( ß = .51; p < .001) kontrolliert wird. Ein identisches Befundmuster zeigt sich auch, wenn man statt der Beziehung zur Mutter diejenige der vergleichbaren Stichprobe zu Mutter und Vater einbezieht. Eine verbunden-individuierte (* Mutter ß = .08; p < .05, Vater ß = .10; p < .001) oder elternorientierte Beziehung (Mutter ß = .10; p < .001, Vater ß = .08; p < .05) geht auch unter Berücksichtigung der Stabilität des Selbstwerts mit einem höheren Selbstwertgefühl im Folgejahr einher. Diskussion Ziel des vorliegenden Beitrages war es, Einflussfaktoren auf die Befindlichkeit von Jugendlichen zu untersuchen und speziell die Bedeutung der Individuation in Beziehung zu Mutter und Vater zu beleuchten. Hierzu wurden Daten des Beziehungs- und Familienpanels pairfam der Wellen 2 und 3 für die Kohorte der Jugendlichen herangezogen. Es wurde analysiert, inwiefern sich unter Berücksichtigung familialer Kontextfaktoren die Beziehungsgestaltung zu den im Haushalt lebenden Eltern unter längsschnittlicher Perspektive als relevant für die Befindlichkeit, nämlich Depressivität und Selbstwert von Jugendlichen, erweist. Zunächst wurden hierzu Beziehungsmuster der Jugendlichen zu ihren Eltern identifiziert (siehe Frage 1). Es fanden sich der „verbundenindividuierte“, der „elternorientierte“ sowie der „unsicher-konflikthafte Beziehungstyp“. Unter individuationstheoretischen sowie bindungstheoretischen Ansätzen wäre auch ein abgelöster Beziehungstyp zu vermuten, jedoch zeigte sich entgegen der Erwartungen keine Evidenz für einen vierten Beziehungstyp, bei dem sich die Jugendlichen selbst als von den Eltern abgelöst beschreiben würden. Möglicherweise lässt sich das auf die Altersstruktur der teilnehmenden Jugendlichen zurückführen, da die Jugendlichen zum Zeitpunkt der 2. Welle erst zwischen 16 und 18 Jahre alt waren. Vieles spricht dafür, dass sich die Individuation von der Herkunftsfamilie als längerer Prozess bis ins junge Erwachsenenalter erstreckt (Thönnissen, 2011). Vermutlich erlaubt erst der Auszug aus dem Elternhaus eine Ablösung aus einer verstrickten, unsicher-konflikthaften Beziehung. Im Vergleich der Beziehungscluster von Mutter und Vater finden sich kaum Differenzen. Sowohl die Struktur der Cluster als auch ihre Verteilung spricht für eine große Ähnlichkeit der von den Jugendlichen empfundenen Beziehungsqualität zu den Eltern. Ein erwähnenswerter Unterschied besteht darin, dass ein größerer Anteil der Jugendlichen die Beziehung zum Vater als unsicher-konflikthaft beschreibt und bei den Beziehungsmustern zur Mutter mehr Jugendliche im verbunden-individuierten Cluster zu finden sind (55,5 % vs. 41,7 %). Dafür gibt es bekannte Erklärungsansätze. Während Väter mit ihrem Verhalten eher die Autonomieentwicklung der Kinder fördern (Becker-Stoll et al., 2000; Berger & Fend, 2005), entspricht es eher dem Rollenbild der Mutter, Fürsorge für die Beziehungsgestaltung innerhalb der Familie zu tragen (Berger & Fend, 2005). Die Mutter- 176 Carolin Thönnissen, Barbara Sawatzki, Sabine Walper Kind-Beziehung ist in der Entwicklung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen früher symmetrisch als die Vater-Kind-Beziehung und weniger stark von Dominanz geprägt (Buhl, 2009; Noack & Buhl, 2004; Thönnissen, 2011). Zum anderen gelten die Aussagen der Jugendlichen in der Einschätzung ihrer Beziehung zur Mutter immer der leiblichen Mutter, die Beziehungseinschätzung zum Vater jedoch den leiblichen oder Stiefvätern. Zwar zeigen sich in den Regressionsanalysen keine Effekte für die Familienform auf die Befindlichkeit der Jugendlichen, jedoch lassen die Zusammenhänge in der Korrelationsmatrix darauf schließen, dass die Familienform dennoch das Beziehungsmuster beeinflusst (u. a. Kruse & Walper, 2008) und dies gilt insbesondere für die Beziehungsmuster zum Vater. Auf Basis multipler Regressionsmodelle, die getrennt die drei vorgefundenen Beziehungscluster für Mütter und Väter als Prädiktoren einbeziehen, erweisen sich in der Gesamtbetrachtung vor allem die Faktoren eines männlichen Geschlechts, bedingt einer niedrigen ökonomischen Deprivation und einer verbunden-individuierten Beziehung gegenüber der Mutter sowie besonders gegenüber dem Vater, als Vorteil für eine positive Befindlichkeit im Jugendalter (siehe Frage 2). Für den Selbstwert der Jugendlichen zeigen sich hinsichtlich der sozio-demografischen und sozio-ökonomischen Faktoren ähnliche Ergebnisse. Auch hier sind ein männliches Geschlecht und durchweg auch eine niedrige ökonomische Deprivation der Familie protektive Faktoren für den Selbstwert. Sowohl ein verbunden-individuiertes Beziehungsmuster wie auch die elternorientierte Beziehungsgestaltung zu Mutter oder Vater wirken sich förderlich auf den Selbstwert aus, insbesondere aber die verbunden-individuierte Beziehung zum Vater. Der Befund zu geschlechtsspezifischen Divergenzen im Selbstwert und in der Depressivität der Jugendlichen, welcher erwartungsgemäß zum Nachteil der Mädchen ausfällt, entspricht der bereits vorliegenden Befundlage (Alsaker & Bütikofer, 2005; Maughan et al., 2013; Robins & Trzesniewski, 2005; Steiger et al., 2014). Als Erklärung hierfür können möglicherweise verschiedene Attributionsstile unter den Geschlechtern herangezogen werden. So ist bekannt, dass Jungen in vielen Bereichen ein deutlich selbstwertdienlicheres Attributionsverhalten zeigen als Mädchen (z. B. Dickhäuser & Meyer, 2006). Als konform mit bisherigen Studien erweist sich zudem der Befund zur ökonomischen Deprivation der Familie. Finanzielle Knappheit gilt hier wie auch bei anderen Autoren (z. B. Bøe et al., 2014; Hardaway & Cornelius, 2014; Lee et al., 2013; McLaughlin et al., 2012) als ein Risikofaktor für ihre Befindlichkeit - ein Ergebnis, das sich unter Berücksichtigung der Stabilität der Befindlichkeit nur für den Selbstwert aufrechterhalten lässt. Eine ausreichende finanzielle Versorgung - aus subjektiver Sicht der Jugendlichen - erhöht nicht nur den Selbstwert der Jugendlichen, sondern reduziert zudem zeitnah ihre Depressivität. In Bezug auf die Beziehung zu den Müttern und Vätern zeigt sich für beide Elternteile der konsistente Befund, dass eine verbundene, sichere Beziehung zu den Eltern bis zur Volljährigkeit hin mit einer positiven Befindlichkeit assoziiert ist (siehe Frage 3). Sie scheint einen positiven Effekt für eine gesunde Selbstwertentwicklung und positive Affektivität von Jugendlichen darzustellen. Die Vorteile einer hohen Verbundenheit und Sicherheit in der Beziehung zu Mutter und Vater, wie sie für die beiden Cluster „verbunden-individuiert“ und „elternorientiert“ charakteristisch sind, ergeben sich dabei offensichtlich unabhängig von einer bereits oder noch nicht begonnenen Ablösung von den Eltern (siehe die unterschiedliche Ausprägung elterlicher Dominanz in beiden Clustern). Es zeigt sich in allen Analysen ein sehr ähnliches Muster der Beziehungsgestaltung zu Mutter und Vater. Scheinbar spielen familiale Rahmenbedingungen wie die Familienform eine weitaus geringere Rolle für das Wohlbefinden Jugendlicher als angenommen. Der Einfluss von Familienform vermittelt sich bereits bei der Typisierung der Beziehung zum Vater (siehe oben) und wirkt als indirekter Effekt über die ökonomische Deprivation der Familie. Die ökonomische Deprivation ist als einziger untersuchter Aspekt der familialen Individuation und die Veränderungen von Selbstwert und Depressivität Jugendlicher 177 Rahmenbedingungen für das Wohlbefinden von Bedeutung. Der Einfluss der ökonomischen Situation der Familien lässt sich nicht durch die Beziehungsqualität erklären, sondern spielt darüber hinaus eine eigenständige Rolle (siehe Frage 4). Generell muss gesagt werden, dass Effekte und Varianzaufklärung in der vorliegenden Studie relativ gering sind. Die starke Stabilität des Wohlbefindens über die Zeit erklärt vorrangig die niedrigen Effekte von zeitvariablen Faktoren. Es muss ferner berücksichtigt werden, dass Informationen zu Beziehungsmustern zwischen den Jugendlichen und ihren Eltern nur für Welle 2 vorliegen. Eine Evaluation und Replizierbarkeit der Cluster ist aufgrund der Taktung der Instrumente somit nicht möglich. Im zeitlichen Verlauf sind hier jedoch Veränderungen zu erwarten, denn gerade bei der Verbundenheit sind kurvilineare Verläufe häufig zu beobachten (Pinquart & Silbereisen, 2003). Der fehlende bedeutsame Einfluss des Familientyps auf das Wohlbefinden und die Individuation mag an einer zu wenig differenzierten Betrachtung des Familientyps liegen. Zum einen fehlt die Information, seit wann die Eltern der befragten Jugendlichen getrennt sind (diese Information liegt erst mit pairfam-Daten der Welle 6 vor), weshalb keine Aussagen über die Etablierung des jeweiligen Familientyps getroffen werden konnten. Zum anderen liefert das rein familienstrukturelle Merkmal des Familientyps noch keine qualifizierbaren Aussagen über die Familie per se. So können auch konfliktreiche Kernfamilien belastend für Jugendliche sein (Walper, 2014) oder die Auswirkungen einer Trennung durch eine gute Beziehungsqualität deutlich reduziert sein (Feldhaus & Timm, 2015). Nachfolgende Studien sollten das Konfliktpotenzial innerhalb der Familie berücksichtigen sowie mögliche mediierte Effekte im Kontext von Selbstwert und Depressivität untersuchen. Andere Sozialisationskontexte als Einflussfaktoren auf das Wohlbefinden Jugendlicher, wie z. B. Peerbeziehungen, wurden in der vorliegenden Studie nicht kontrolliert, üben jedoch sicher einen starken Einfluss auf Selbstwert und Wohlbefinden aus (Grob & Jaschinski, 2003; Pinquart & Silbereisen, 2000). Eine Verbesserung der ökonomischen Situation durch gesetzliche Änderungen, beispielsweise die neue Regelung zum Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende ab Juli 2017, kann erreichen, dass dieser Risikofaktor für die Befindlichkeit von Kindern und Jugendlichen entschärft wird. Für die entwicklungs- und familienpsychologische Praxis ist zu betonen, dass sowohl die Beziehungsgestaltung der Jugendlichen zu Müttern wie auch Vätern relevant ist, aber auch, dass eine positive, individuierte Beziehung bereits zu einem der beiden Elternteile eine solide Ressource im Heranwachsen der Jugendlichen darstellt und mögliche belastende Beziehungserfahrungen mit dem anderen Elternteil kompensieren kann. Diese Arbeit nutzt Daten des Beziehungs- und Familienpanels pairfam, welches von Josef Brüderl, Karsten Hank, Johannes Huinink, Bernhard Nauck, Franz Neyer und Sabine Walper geleitet wird. Die Studie wird als Langfristvorhaben durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Literatur Abel, U. & Hautzinger, M. (2013). Kognitive Verhaltenstherapie bei Depressionen im Kindes- und Jugendalter. Berlin: Springer-Verlag. https: / / doi.org/ 10.1007/ 978-3-642- 29791-5 Alsaker, F. D. & Bütikofer, A. (2005). 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