eJournals Psychologie in Erziehung und Unterricht 69/3

Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
71
2022
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Empirische Arbeit: Kann guter Unterricht Störungen verhindern?

71
2022
Boris Eckstein
Urs Grob
Kurt Reusser
Unterrichtsstörungen wirken sich ungünstig auf die kognitive und motivational-affektive Qualität des Lehrens und Lernens aus und stellen eine Belastungsquelle für Lehrpersonen und Schüler/innen dar. Angesichts ihrer hohen schulpraktischen Bedeutung sollten Unterrichtsstörungen noch besser erforscht werden, idealerweise auf Basis interaktionistischer Theorie sowie unter Berücksichtigung damit verbundener forschungsmethodischer Implikationen. Diese Zielsetzung aufgreifend widmet sich die SUGUS-Studie (1) der Auftretenshäufigkeit normabweichenden Schülerverhaltens im Unterricht sowie (2) der Intensität des subjektiven Störungsempfindens von Lehrpersonen und Schüler/innen. Dazu wurde in zehn Kantonen der Deutschschweiz eine schriftliche Befragung von 85 Klassenlehrpersonen sowie 1412 Schülerinnen und Schülern der 5. Jahrgangsstufe durchgeführt. Im Beitrag werden mithilfe eines Strukturgleichungsmodells personale und pädagogisch-didaktische Bedingungen des Schülerverhaltens sowie des Störungsempfindens der Lehrpersonen analysiert. Die Ergebnisse deuten auf störungspräventive Wirkungen „guten Unterrichts“ hin, welche bezugnehmend auf die Limitationen der SUGUS-Studie diskutiert werden.
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n Empirische Arbeit Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2022, 69, 208 -222 DOI 10.2378/ peu2022.art05d © Ernst Reinhardt Verlag Kann guter Unterricht Störungen verhindern? Eine Analyse von Bedingungen der Genese und Prävention von Unterrichtsstörungen Boris Eckstein 1 , Urs Grob 2 , Kurt Reusser 2 1 Pädagogische Hochschule St. Gallen 2 Universität Zürich Zusammenfassung: Unterrichtsstörungen wirken sich ungünstig auf die kognitive und motivationalaffektive Qualität des Lehrens und Lernens aus und stellen eine Belastungsquelle für Lehrpersonen und Schüler/ innen dar. Angesichts ihrer hohen schulpraktischen Bedeutung sollten Unterrichtsstörungen noch besser erforscht werden, idealerweise auf Basis interaktionistischer Theorie sowie unter Berücksichtigung damit verbundener forschungsmethodischer Implikationen. Diese Zielsetzung aufgreifend widmet sich die SUGUS-Studie (1) der Auftretenshäufigkeit normabweichenden Schülerverhaltens im Unterricht sowie (2) der Intensität des subjektiven Störungsempfindens von Lehrpersonen und Schüler/ innen. Dazu wurde in zehn Kantonen der Deutschschweiz eine schriftliche Befragung von 85 Klassenlehrpersonen sowie 1412 Schülerinnen und Schülern der 5. Jahrgangsstufe durchgeführt. Im Beitrag werden mithilfe eines Strukturgleichungsmodells personale und pädagogisch-didaktische Bedingungen des Schülerverhaltens sowie des Störungsempfindens der Lehrpersonen analysiert. Die Ergebnisse deuten auf störungspräventive Wirkungen „guten Unterrichts“ hin, welche bezugnehmend auf die Limitationen der SUGUS-Studie diskutiert werden. Schlüsselbegriffe: Unterrichtsstörungen, normabweichendes Schülerverhalten, subjektives Störungsempfinden, interaktionistische Theorie, Unterrichtsqualität Can High Quality Teaching Prevent Disturbances? An Analysis of Conditions of the Genesis and Prevention of Classroom Disturbances Summary: Classroom disturbances impair the quality of teaching and learning, and they can be a source of strain for both teachers and students. More research is needed to examine the development and the prevention of disturbances. Pursuing this objective, the SUGUS study investigates two elements of classroom disturbances within an interactionist framework: (1) the incidence of deviant student behaviour, and (2) the intensity of disturbance as subjectively perceived by teachers and students. For this purpose, a questionnaire survey among 85 primary-school class teachers and 1412 students was conducted. By the means of a structural equation model personal and pedagogical conditions of both elements were analyzed. The results indicate preventive effects of high teaching quality, which are discussed considering the limitations of the SUGUS study. Keywords: Classroom Disturbances, Deviant Behaviour, Subjective Perception of Disturbance, Interactionist Theory, Teaching Quality Unterrichtsstörungen beeinträchtigen die kognitiven Lehr-Lernprozesse, womit oftmals negative Wirkungen auch auf das affektiv-motivationale Erleben der Beteiligten einhergehen (Eckstein, Grob & Reusser, 2016 a; Schönbächler et al., 2009). Störungen des Unterrichts sind dabei hochkomplex und stellen eine Belastungsquelle für Lehrpersonen (Kokkinos, 2007; Krause, Dorsemagen & Alexander, 2011) und für Schüler/ innen dar (Grosse Siestrup, 2008; Infantino & Little, 2005). Entsprechend der schulpraktischen Bedeutsamkeit der Problematik Kann guter Unterricht Störungen verhindern? 209 werden in der Forschung einerseits Risikofaktoren der Störungsgenese, andererseits auch protektive Faktoren der Störungsprävention untersucht. Während ältere Forschungsarbeiten - insbesondere vor dem Hintergrund ätiologischer, individualpsychologischer oder etikettierungstheoretischer Ansätze - sich oftmals mit Teilaspekten des Problems „Unterrichtsstörung“ beschäftigten (Eckstein, 2018 a), orientieren sich neuere Studien vermehrt an einer umfassenderen Problemsicht, welche basierend auf einer Verzahnung unterschiedlicher Theorien mehrere Aspekte integral betrachtet (Eckstein, 2018 a; Wettstein, 2012). Dazu gehören die Ontogenese ungünstiger Verhaltensdispositionen aufseiten der Schüler/ innen (Petermann & Natzke, 2008), die Aktualgenese von Störungen unter Berücksichtigung der Unterrichtsgestaltung durch die Lehrperson (Stein & Stein, 2014) sowie die Perspektivität der Störungswahrnehmung durch die beteiligten Akteure (Schweer & Thies, 2000). Dieser integrative Zugang ist anschlussfähig an eine ko-konstruktivistisch geprägte Sicht auf Unterricht im Allgemeinen und dessen Erforschung im Rahmen von Angebot- Nutzungs-Modellen (Helmke, 2009; Reusser, 2011). Ausgehend von diesem Theorie-Fundament konnten aktuelle Studien nachweisen, dass Unterrichtsstörungen von Lehrpersonen, Schülerinnen und Schülern unterschiedlich wahrgenommen, gedeutet und beurteilt werden (Eckstein, 2019; Wettstein, Scherzinger & Ramseier, 2018). Solche Perspektivendifferenzen stellen die Forschung vor methodische Herausforderungen, welche in der Vergangenheit nicht immer angemessen berücksichtigt wurden (Crawshaw, 2015). Daher sind manche verfügbaren Studienergebnisse zu Risiko- und Schutzfaktoren unterrichtlicher Störungen möglicherweise mit Validitätsproblemen behaftet, weshalb das Wissen darüber empirisch noch besser abgesichert werden sollte. Im vorliegenden Beitrag wird unter Berücksichtigung dieser methodischen Herausforderungen der Frage nachgegangen, welche Bedeutung der Unterrichtsgestaltung bei der Störungsgenese zukommt. Die Analyse erfolgte im Rahmen der Studie zur Untersuchung gestörten Unterrichts (SUGUS) 1 , in der Unterrichtsstörungen als interaktional ko-konstruiertes Phänomen verstanden und Perspektivendifferenzen ihrer Wahrnehmung im Studiendesign sowie bei der Datenauswertung berücksichtigt werden (Eckstein et al., 2016 a). Interaktionistische Theorie gestörten Unterrichts Unterrichtsstörungen umfassen einen objektiven Kern der Produktion (stören) sowie ein subjektives Element der Rezeption (gestört sein) (Eckstein, 2018 a). Produktionsseitig sind drei Quellen möglich: (i) unangemessenes Schülerverhalten; (ii) unangemessenes Verhalten von Lehrpersonen; (iii) externe Störquellen (Menzel, 2009; Montuoro & Lewis, 2015). Jede dieser Quellen beinhaltet ein gewisses Störungspotenzial, das die Unterrichts- und Lernqualität sowie das damit verbundene motivational-affektive Klima beeinträchtigen kann. Um eine Störung handelt es sich dabei aber erst, wenn mindestens eine am Unterricht beteiligte Person tatsächlich in ihrem Denkprozess oder in ihrem gefühlsmäßigen Erleben gestört wird (Eckstein, 2018 a). Wenn niemand die Quelle wahrnimmt, entsteht daraus keine Störung. Und wenn mehrere Personen die Quelle wahrnehmen, bedeutet dies nicht zwingend, dass sich alle auf dieselbe Weise gestört fühlen. Im empirischen Zugang der SUGUS-Studie wird dieser Problemzusammenhang produktionsseitig auf normabweichendes Schülerverhalten (unterrichtliche Devianz) eingegrenzt, auf der Seite der Rezeption wird das subjektive Störungsempfinden der beteiligten Schüler/ innen und Lehrpersonen einbezogen. Untersucht werden personale und kontextuelle Bedingungen beider Elemente. 1 Die SUGUS-Studie ist ein vom Schweizerischen Nationalfonds gefördertes Forschungsprojekt (Projekt- Nr.: 100019_152722; Laufzeit: 2014 - 2019). 210 Boris Eckstein, Urs Grob, Kurt Reusser Unterrichtliche Devianz Für die Definition des Konstrukts Devianz sowie im Hinblick auf dessen empirische Erfassung werden in der SUGUS-Studie gesellschaftlich weitverbreitete soziomoralische Normen (z. B. Anstand) sowie unterrichtsspezifische, situativ variable Normen (z. B. Gesprächsregeln) im Sinne einer kriterialen Bezugsnorm beigezogen, welche es ermöglicht, Schülerverhalten aus einer unbeteiligten Außenperspektive unter Bezug auf die im jeweiligen Kontext geltenden Verhaltenserwartungen als normkonform oder deviant zu beurteilen (Eckstein, 2018 a). In der Literatur finden sich verschiedene Ansätze zur Systematisierung unterrichtlicher Devianz; in der SUGUS-Studie werden zwei Hauptkategorien unterschieden: Undiszipliniertes Verhalten, Dissozialität. Studien aus mehreren Ländern belegen übereinstimmend, dass die häufigsten Normabweichungen im Unterricht vergleichsweise bagatellhafte Disziplinprobleme darstellen (z. B. Schwatzen), während aggressiv-dissoziale Verhaltensweisen (z. B. Beleidigen) deutlich seltener gezeigt werden (Beaman, Wheldall & Kemp, 2007; Crawshaw, 2015; Harrison, Vannest, Davis & Reynolds, 2012; Kyriacou, Avramidis, Hoie, Stephens & Hultgren, 2007; Munn et al., 2013). Dieser Befund wurde von der SUGUS-Studie repliziert (Eckstein, 2018 a). In Bezug auf die Ätiologie normabweichenden Schülerverhaltens identifizierte die Forschung eine Reihe ontogenetisch bedingter Risikofaktoren, z. B. Impulsivität (Carroll, Houghton, Taylor, West & List-Kerz, 2006) oder das männliche Geschlecht (Schwab, Eckstein & Reusser, 2019). Studien mit pädagogisch-didaktischer Ausrichtung liefern zudem Hinweise zum Einfluss der Unterrichtsgestaltung auf die Auftretenshäufigkeit devianten Verhaltens (Gest & Rodkin, 2011; Sherman, Rasmussen & Baydala, 2008), oftmals mit Fokus auf präventive Effekte guter Klassenführung (Emmer & Sabornie, 2015). Es konnte nachgewiesen werden, dass sich Schüler/ innen vermehrt normabweichend verhalten bei mangelhafter Strukturierung des Unterrichts bzw. bei Überforderung (Schönbächler et al., 2009) oder wenn sie sich langweilen (Breidenstein, 2006). Bei einer hohen Unterrichtsqualität zeigen Schüler/ innen dagegen weniger Normabweichungen und mehr prosoziales Verhalten (Luckner & Pianta, 2011). Der Response-to-Intervention-Ansatz geht davon aus, dass 80 % aller Schüler/ innen im Rahmen eines an Lernvoraussetzungen und Lernbedürfnissen adaptiven Regelunterrichts erfolgreich beschult werden können, während die übrigen 20 % darüber hinausgehende Fördermaßnahmen benötigen (Hartke, Diehl, Mahlau & Voss, 2014). In Anlehnung daran kann vermutet werden, dass die Alltagspraktiken des Regelunterrichts primär vergleichsweise weniger gravierenden Disziplinproblemen entgegenwirken können, während schwerwiegender Dissozialität zusätzlich mit besonderen Maßnahmen zu begegnen ist. Aus diesem Grund fokussieren wir in diesem Beitrag vorwiegend den Bereich undisziplinierten Schülerverhaltens. Subjektives Störungsempfinden Die meisten Lehrpersonen empfinden normabweichendes Verhalten ihrer Schüler/ innen als störend, wobei ihr Störungsempfinden mit zunehmender Auftretenshäufigkeit unterrichtlicher Devianz zunimmt (Eckstein, 2019). Dies trifft auch auf Disziplinprobleme zu, die bei vereinzeltem Auftreten oftmals Bagatellcharakter aufweisen, sich aber bei gehäuftem Auftreten zu einer schwerwiegenden Belastung entwickeln können (Kokkinos, 2007; Little, 2005). Auch viele Schüler/ innen empfinden normabweichendes Verhalten ihrer Peers als störend (Infantino & Little, 2005), wobei sie durchschnittlich weniger empfindlich reagieren als Lehrpersonen (Montuoro & Lewis, 2015). Solche Unterschiede in der Störungsrezeption von Lehrpersonen bzw. von Schülerinnen und Schülern lassen sich teilweise mit rollenspezifischen Wahrnehmungsmustern und Valenzen erklären (Wettstein, Ramseier & Scherzinger, 2018; Wettstein, Ramseier, Scherzinger & Gasser, 2016). Darüber hinaus wird das subjektive Störungsempfinden der Beteiligten Kann guter Unterricht Störungen verhindern? 211 auch von personalen Merkmalen beeinflusst, etwa von ihrer allgemeinen Empfindlichkeit gegenüber potenziell störenden Stimuli (Eckstein, 2018 b). Schließlich beeinflussen kontextuelle Faktoren der Unterrichtsgestaltung das Störungsempfinden: In didaktischen Settings bzw. Sozialformen mit strengen Gesprächsregeln und stark eingeschränkter Bewegungsfreiheit (Zevenbergen, 2001) sowie in Klassen mit einem tiefen kollektiven Störungsniveau (Makarova, Herzog & Schönbächler, 2014) werden bereits geringe Normabweichungen als vergleichsweise stark störend wahrgenommen. Pädagogisch-didaktische Bedingungen der Störungsgenese Sowohl die Auftretenshäufigkeit unterrichtlicher Devianz (Produktion) als auch die Intensität des subjektiven Störungsempfindens (Rezeption) werden von personalen sowie von kontextuellen Merkmalen beeinflusst (Eckstein, 2018 a; Eckstein et al., 2016 a). Dabei sind vom unterrichtlichen Kontext ausgehende Effekte aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive von besonderem Interesse, weil sich diese durch das pädagogisch-didaktische Handeln der Lehrperson aktiv beeinflussen lassen (Gest & Rodkin, 2011). Bei der Suche nach störungspräventiven Faktoren stellen die von der Forschung identifizierten oberflächen- und tiefenstrukturellen Qualitätsdimensionen und Basismerkmale eines fachlich und personal ertragreichen Unterrichts (Helmke, 2009; Rakoczy & Klieme, 2016; Reusser, 2011) eine wichtige Orientierungshilfe dar (Textor, 2007, 2009). Befunde der Unterrichtsforschung zusammenfassend ist störungsarmer Unterricht primär von einer angemessenen Strukturierung auf allen Ebenen (inhaltlich, organisatorisch, sozial) in Kombination mit einem motivationsförderlichen, emotional warmen Lernklima verbunden mit autonomiefördernden Maßnahmen gekennzeichnet (Jang, Reeve & Deci, 2010; Makarova, Schönbächler & Herzog, 2009; Pietsch, 2010, 2013). Darüber hinaus deuten weitere Studien im Einklang mit der Selbstbestimmungstheorie (Deci & Ryan, 1993) an, dass sich binnendifferenzierende Maßnahmen sowie schülerzentrierte und kooperative Lehr-Lern- und Sozialformen motivational günstig und daher störungspräventiv auswirken können (Godwin et al., 2016; Hillenbrand, 2011; Lipowsky, 2009; Textor, 2009; Wettstein, Thommen & Eggert, 2010). Dabei ist von Bedeutung, dass solche geöffneten didaktischen Settings nicht mit ungenügender Strukturierung und auch nicht mit einem schlechten Sozialklima einhergehen (Brügelmann, 1997; Lipowsky & Lotz, 2015). Sowohl oberflächenals auch tiefenstrukturellen Merkmalen dürfte damit ein gewisses Präventionspotenzial zukommen. Theoriemodell der Produktion und Rezeption gestörten Unterrichts Die SUGUS-Studie stützt sich auf mehrere Theorie- und Forschungstraditionen (Eckstein, 2018 a). Das der Studie zugrunde liegende Theoriemodell (Abb. 1) kann insofern als integrativ bezeichnet werden, als es die Produktion und die Rezeption gestörten Unterrichts und seiner Bedingungen als dynamischen Prozess mehrdimensional zu konzeptualisieren versucht (Eckstein et al., 2016 a). Die Pfeile des Modells illustrieren angenommene Kausalbeziehungen, der Kernmechanismus ist im oberen Teil der Abbildung abgebildet: Unterrichtliche Devianz wird von Lehrpersonen, Schülerinnen und Schülern üblicherweise als störend empfunden, wobei die Intensität ihres subjektiven Störungsempfindens bei steigender Auftretenshäufigkeit gezeigter Normabweichungen meist zunimmt. Darüber hinaus veranschaulicht die Darstellung Effekte, die von personalen Eigenschaften der beteiligten Akteure sowie vom unterrichtsbezogenen Kontext ausgehen und beide Hauptelemente gestörten Unterrichts (Devianz und Störungsempfinden) beeinflussen. Schließlich illustriert die zirkuläre Struktur des Modells, dass sich die Produktion und die Rezeption gestörten Unterrichts im zeitlichen Verlauf wechselwirksam beeinflussen (Eckstein, 2018 b). 212 Boris Eckstein, Urs Grob, Kurt Reusser Perspektivendifferenzen als methodische Herausforderung Die Wahrnehmung unterrichtlicher Störungen durch die beteiligten Akteure kann bereits auf einer elementaren Stufe der reinen Informationsverarbeitung weit auseinanderklaffen, wie Eckstein (2019) im Rahmen der SUGUS-Studie nachgewiesen hat: Bei einer Befragung schätzten Lehrpersonen und Schüler/ innen derselben Klasse die Auftretenshäufigkeit unterrichtlicher Devianz stark unterschiedlich ein, obwohl alle den objektiv gleichen Ereignissen beigewohnt haben. Diese empirisch ermittelten Perspektivendifferenzen können als Rater-Effekte interpretiert werden, die zurückgehen auf rollenspezifische Merkmale der Ratergruppen (Lehrperson vs. Schüler/ in), auf individuelle Personenmerkmale der Rater (z. B. allgemeine Empfindlichkeit), auf Merkmale des Instrumentariums (hoch-inferent vs. niedrig-inferent) und auf Merkmale der Rating-Umgebung (kollektives Störungsniveau) (Hoyt & Kerns, 1999; Wolfe, 2004). Solche in der Unterrichtsqualitätsforschung seit der seminalen Arbeit von Clausen (2002) grundsätzlich thematisierten Rater-Effekte haben forschungsmethodische Implikationen für die Datenerhebung und -auswertung (Eckstein, 2018 a), was die Forschung zu Unterrichtsstörungen bisher jedoch nur unsystematisch berücksichtigt hat. Dies dürfte manche Inkonsistenzen in der verfügbaren Befundlage erklären (Crawshaw, 2015), die zu einer gewissen Skepsis gegenüber der Gültigkeit bisheriger Studienergebnisse beigetragen haben. Um zu einer besser abgesicherten Wissensbasis zu Risiko- und Schutzfaktoren der Störungsgenese zu gelangen, sind deshalb Studien erforderlich, welche die Perspektivenabhängigkeit der Rezeption von Unterrichtsstörungen explizit untersuchen bzw. die Wahrnehmungsperspektiven der beteiligten Akteure in den Analysen kontrollieren. Rigidität der Klassennormen (Zevenbergen, 2001) Referenzgruppeneffekte (Makarova et al., 2014) Unterrichtsgestaltung (Godwin et al., 2016) Peer-Beeinflussung (Müller & Hofmann, 2016) Unterrichtliche Devianz z. B. Undiszipliniertes Verhalten (Beaman et al., 2007) Subjektives Störungsempfinden z. B. Ablenkung, Verärgerung (Hamre et al., 2008) Merkmale der „Störer“ z. B. Impulsivität (Carroll et al., 2006) Unterrichtliche Erfahrung z. B. sich blamiert Fühlen (Hempel-Jorgensen, 2009) Merkmale der „Gestörten“ z. B. Selbstwirksamkeit (Arbuckle & Little, 2004) Behaviorale Reaktion z. B. Classroom Management (Doyle, 2006) Unterrichtsstörung Kontextmerkmale Abb. 1: Theoriemodell der Produktion und Rezeption gestörten Unterrichts Kann guter Unterricht Störungen verhindern? 213 Zielsetzung, Fragestellungen und Hypothesen Im vorliegenden Beitrag werden mittels eines Strukturgleichungsmodells produktionsseitig Bedingungen der Auftretenshäufigkeit undisziplinierter Verhaltensweisen einzelner Zielschüler/ innen analysiert - unter Kontrolle von Rater- Effekten. Auf der Seite der Rezeption werden Bedingungen des subjektiven Störungsempfindens der Lehrpersonen untersucht. Mit dieser Analyse geht der Beitrag zwei Fragestellungen (F 1 , F 2 ) nach, die sich in insgesamt sieben Hypothesen (H 1 bis H 7 ) aufschlüsseln lassen: F 1 : Unter welchen Bedingungen des Unterrichts zeigen welche Schüler/ innen wie häufig undiszipliniertes Verhalten? F 2 : Unter welchen Bedingungen des Unterrichts empfinden Lehrpersonen welche Schüler/ innen als wie stark störend? H 1 : Je häufiger die Zielschüler/ innen undiszipliniertes Verhalten zeigen, desto stärker werden sie von ihrer Lehrperson als störend empfunden (Kernmechanismus). H 2 : Mit zunehmender Empfindlichkeit der Lehrpersonen gegenüber Störungen im Allgemeinen steigt ihr zielschülerspezifisches Störungsempfinden - unabhängig davon, wie häufig sich die Zielschüler/ innen undiszipliniert verhalten. H 3 : (a) Jungen zeigen mehr Undiszipliniertheiten als Mädchen; (b) das Geschlecht der Zielschüler/ innen hat aber keinen Effekt auf das Störungsempfinden der Lehrperson. H 4 : Mit zunehmender Klarheit und Strukturiertheit des Unterrichts zeigen die Zielschüler/ innen seltener undiszipliniertes Verhalten. H 5 : Mit zunehmend motivationsunterstützender Qualität des Unterrichts zeigen die Zielschüler/ innen seltener undiszipliniertes Verhalten. H 6 : (a) Bei zunehmendem Kooperationsgrad im Sinne eines häufigen Einsatzes kooperativer Sozialformen zeigen die Zielschüler/ innen seltener undiszipliniertes Verhalten; (b) ein hoher Kooperationsgrad hat zudem einen mindernden Effekt auf das Störungsempfinden der Lehrperson. H 7 : (a) Bei zunehmendem Einsatz binnendifferenzierender Maßnahmen zeigen die Zielschüler/ innen seltener undiszipliniertes Verhalten; (b) eine häufige Differenzierung hat zudem einen mindernden Effekt auf das Störungsempfinden der Lehrperson. Methode Studiendesign und Sample Im Sommer 2016 wurde für die SUGUS-Studie in 10 deutschsprachigen Kantonen der Schweiz eine schriftliche Befragung mit 85 Primarschulklassen durchgeführt, an der sich 85 Klassenlehrpersonen sowie 1412 (von insgesamt 1687) Schüler/ innen dieser Klassen beteiligten (5. Jahrgangsstufe; inkl. 8 jahrgangsgemischte Klassen; Alter der Schüler/ innen: M: 11.7 Jahre, SD: 0.52). Die Befragung fand zu zwei Zeitpunkten (t 1 , t 2 ) jeweils während einer Lektion im Abstand von einer Woche statt. Neben einem allgemeinen Teil (u. a. zum Unterricht) enthielt der Fragebogen einen zielschülerspezifischen Teil. In Letzterem wurden alle Schüler/ innen der Klasse mit elterlicher Teilnahmeerlaubnis unter drei Rating- Perspektiven mit bedeutungsgleichen Indikatoren beschrieben: Selbsteinschätzung (z. B. „Ich habe der Lehrperson dazwischengeredet“); Fremdeinschätzung durch die Klassenlehrperson (Teacher-Rating, z. B. „Hat mir dazwischengeredet“); Fremdeinschätzung durch vier randomisiert zugeteilte Mitschüler/ innen (Peer-Ratings, z. B. „Hat der Lehrperson dazwischengeredet“). Alle Befragten erhielten jeweils ein personalisiertes Fragebogen-Unikat mit Abrissstreifen, worauf namentliche Angaben abgedruckt wurden. Damit wurden unter Einhaltung des Datenschutzes gleiche Rater-Zielschüler-Paare zu t 1 und zu t 2 gebildet. Weiterführende Informationen finden sich bei Eckstein (2018 a) sowie im technischen Bericht der SUGUS-Studie (Eckstein, Luger, Grob & Reusser, 2018) - beide Publikationen sind anhand des in der Bibliografie angegebenen DOI als Volltext im Internet mit Open Access verfügbar. 214 Boris Eckstein, Urs Grob, Kurt Reusser Konstrukt Raterperspektive Itemanzahl, Beispielitem Antwortformat (Kodierung) α (i) Undiszipliniertes Verhalten Lehrperson (zielschülerspezifische Fremdeinschätzung) 8 Items; Bsp.: „[Zielschüler/ in X] hat mir freche Antworten gegeben.“ 6 Kat.: „Nie“ (0) … „5 Mal“ (5); freies Format: „häufiger, nämlich“ .85 4 Mitschüler/ innen (zielschülerspezifische Fremdeinschätzung) 8 Items; Bsp.: „[Zielschüler/ in X] hat der Lehrperson freche Antworten gegeben.“ .79 (ii) Subjektives Störungsempfinden Lehrperson (zielschülerspezifische Selbsteinschätzung) 8 Items; Bsp.: „[Zielschüler/ in X] ging mir auf die Nerven.“ 4 Kat.: „Stimmt gar nicht“ (0) … „Stimmt genau“ (3) .91 (iii) Generalisierte Störungssensitivität Lehrperson (vignettenbasierte Selbsteinschätzung) 16 Items; Bsp.: „Alle Kinder sollen für sich alleine in Ruhe etwas arbeiten. Ein Kind summt dabei leise eine Melodie.“ t 1 : 4 Kat.: „Ich werde gar nicht genervt“ (0) … „Ich werde stark genervt“ (3) .79 t 2 : 4 Kat.: „Ich werde gar nicht abgelenkt“ (0) … „Ich werde stark abgelenkt“ (3) (iv) Kooperationsgrad Lehrperson (Einschätzung des Unterrichts) 5 Items; Bsp.: „Gruppenarbeit“ 4 Kat.: „unkooperativ“ (0) … „eher kooperativ“ (3) * (v) Binnendifferenzierung 7 Items; Bsp.: „Den schwächeren SuS gab ich im Unterricht einfachere Aufgaben als den leistungsstarken.“ 5 Kat.: „Praktisch nie“ (0) … „Praktisch jede Lektion“ (4) .84 (vi) Motivation Zielschüler/ in (Einschätzung des Unterrichts) 4 Items; Bsp.: „Ich finde den Unterricht sehr spannend.“ 4 Kat.: „Stimmt gar nicht“ (0) … „Stimmt genau“ (3) .80 (vii) Strukturiertheit und Klarheit 6 Items; Bsp.: „Ich kann dem Unterricht gut folgen.“ .74 (viii) Geschlecht Anhand Schülerlisten beim Sampling erfasst 1 Item 2 Kat.: Junge (0); Mädchen (1) - Tab. 1: Übersicht über die analysierten Konstrukte Anmerkungen: Kat.: Kategorien; SuS: Schülerinnen und Schüler; * beim Konstrukt „Kooperationsgrad“ ist Cronbachs Alpha kein sinnvolles Qualitätskriterium (Items sind trotz theoretischer Verwandtschaft nur schwach korreliert) Kann guter Unterricht Störungen verhindern? 215 Instrumente In diesem Beitrag wird das Beziehungsgefüge von insgesamt acht Konstrukten (i - viii) analysiert (Tabelle 1). Dabei stehen zwei abhängige Variablen (i, ii) im Zentrum: Zu t 1 wurde erfasst, wie häufig die Zielschüler/ innen in den der Befragung vorangegangenen zwei Wochen undiszipliniertes Verhalten (i) gezeigt hatten. Für diese Analyse werden die Teacher- und Peer-Ratings herangezogen. Zu t 2 wurde erfasst, welches Störungsempfinden (ii) die Zielschüler/ innen bei den Befragten im betreffenden Zeitraum ausgelöst haben - hier liegt der Fokus des vorliegenden Beitrags auf der Analyse der Lehrpersonen-Perspektive. Neben diesen zwei Kriteriums-Variablen wurden sechs Prädiktoren (iii - viii) in die Analyse einbezogen (vgl. Tabelle 1). Die generalisierte Störungssensitivität (iii) der Lehrpersonen wurde zu t 1 und zu t 2 jeweils anhand von acht Fallvignetten (Kurzbeschreibungen prototypischer Unterrichtsstörungen) mit unterschiedlicher Mantelfrage erfasst. Zu t 1 gaben die Lehrpersonen an, wie stark sie sich von solchen Situationen genervt fühlen; zu t 2 schätzten sie ein, wie stark sie dadurch abgelenkt werden. Die Variable Kooperationsgrad (iv) erfasst anhand der Angaben der Lehrpersonen, wie häufig diese in den vergangenen Monaten Partner- und Gruppenarbeiten bzw. Einzelarbeit im Unterricht eingesetzt haben. Weil sich diese Sozialformen aufgrund des beschränkten Budgets an Unterrichtszeit teilweise konkurrenzieren, sind die Items trotz theoretischer Verwandtschaft nur schwach korreliert, weshalb sich eine herkömmliche Skalierung als nicht zielführend erwies. Daher wurde die Variable anhand eines mehrstufigen Algorithmus mit Wenn-Dann-Beziehungen als Index gebildet - hohe Werte bedeuten seltene Einzelarbeiten sowie häufige Gruppen- oder Partnerarbeiten. Die restlichen vier Prädiktor-Variablen (v - viii) wurden als herkömmliche Skalenvariablen gebildet. Angaben dazu finden sich in Tabelle 1, welche eine zusammenfassende Übersicht über alle Variablen bereithält, welche in der Analyse dieses Beitrags einbezogen wurden. Das gesamte Instrumentarium der SUGUS-Studie wurde selbst entwickelt, teilweise in Anlehnung an bestehende Skalen. Ausführliche Informationen zu den Quellen, zur Skalierung sowie zu weiterführenden Analysen zwecks Validitätsprüfung finden sich im oben erwähnten technischen Bericht (Eckstein et al., 2018). Analysestrategie Um die Fragestellungen zu beantworten, wurde in Mplus 8 ein Strukturgleichungsmodell mit zwei endogenen latenten Variablen berechnet. Das Modell ist in Abbildung 2 nach gängiger Konvention dargestellt: Eckige Kasten repräsentieren manifeste Indikatoren, Ovale stehen für latente Konstrukte. Unidirektionale Pfeile repräsentieren gerichtete Einflüsse gemäß theoretisch unterstellter Kausalrichtung, bidirektionale Pfeile stehen für (ungerichtete) Korrelationen. Messfehler sind als kleine auf die Indikatoren gerichtete Pfeile ohne Ursprung dargestellt. In Bezug auf das undisziplinierte Verhalten der Zielschüler/ innen bestand der Anspruch darin, die tatsächliche Auftretenshäufigkeit annäherungsweise objektiv zu bestimmen. Zu diesem Zweck wurde anhand der Teacher-Ratings (ut1, ut2) und Peer-Ratings (up1, up2) eine um Rater-Effekte bereinigte Trait-Variable (U_Trait) modelliert. Diese latente Trait-Variable stellt die intersubjektiv geteilte Sichtweise aller Rater auf das Verhalten der Zielschüler/ innen dar (Eid, Lischetzke, Nussbeck & Trierweiler, 2003). Individuelle Abweichungen (Rater-Effekte) von dieser konsistenten Schnittmenge sind in den Messfehlern enthalten. Weil die Rater-Effekte bei Lehrpersonen und Peers unterschiedlich ausgeprägt sind (Eckstein, 2019), sind die Messfehler der Indikatoren pro Ratergruppe korreliert. Sämtliche Indikatoren der latenten Konstrukte sind Item-Parcels. Das Bilden von Parcels war notwendig, um die Modellkomplexität zu reduzieren und damit Schätzprobleme zu vermeiden. Diese nicht unumstrittene Maßnahme ist gerechtfertigt, weil primär die Beziehungen zwischen den Konstrukten und nicht die faktorielle Struktur innerhalb der Konstrukte interessieren (Little, Cunningham, Shahar & Widaman, 2002). Weil die Daten nicht normalverteilt sind (Eckstein, 2018 a), wurde gemäß den Empfehlungen von Finney und DiStefano (2013) der in Mplus implementierte Schätzalgorithmus mit robusten Standardfehlern „MLR“ angewendet. Dieser Algorithmus zieht darüber hinaus alle im Modell verfügbaren Informationen heran, um fehlende Werte zu schätzen (Muthén & Muthén, 2017). Ergebnisse Das geschätzte Strukturgleichungsmodell passt gut zu den Daten ( χ 2 [MLR] = 256.48, df = 152, p < .001; RMSEA = .02; CFI = .97; SRMR = .04). Die ermittelten Faktorladungen, Regressions- und Korrelationskoeffizienten finden sich in 216 Boris Eckstein, Urs Grob, Kurt Reusser Abb. 2: Strukturgleichungsmodell zur Analyse von Bedingungen der Störungsgenese Anmerkungen: n = 1687 Zielschüler/ innen (davon 1412 aktiv an der Befragung teilnehmende Schüler/ innen); U_trait: Undiszipliniertes Verhalten (zielschülerspezifisch); up1, up2: Parcels der aggregierten Peer-Ratings (Mittelwert von durchschnittlich 3.47 Peer-Ratings pro Zielschüler/ in); ut1, ut2: Parcels der Teacher-Ratings; PD_T: Störungsempfinden der Lehrperson (zielschülerspezifisch); pdt1 - pdt3: Parcels der Teacher-Ratings; GS_trait: generelle Störungssensitivität der Lehrperson; gs1 - gs3: Parcels der Teacher-Ratings; SaC: Strukturiertheit und Klarheit; sac1 - sac3: Parcels der Ratings der Zielschüler/ innen; Mot: Motivationsunterstützung; mot1, mot2: Parcels der Ratings der Zielschüler/ innen; SexS: Geschlecht Zielschüler/ in; COOP: Kooperationsgrad; DIFF: Binnendifferenzierung sac1 sac2 sac3 .68 .69 SaC .60 Mot .84 mot1 mot2 .08 ns SexS -.33 -.16 -.20 U_trait .68 .89 .39 .53 ns ns ns .78 .73 .71 .75 .71 up1 up2 up1 up2 ns ns ns ns COOP DIFF .37 .81 .67 .83 diff1 diff2 diff3 -.09 ns PD_T .91 .94 .92 pdt1 pdt2 pdt3 .19 GS_trait .58 .60 .79 gs1 gs2 gs3 Kann guter Unterricht Störungen verhindern? 217 Abbildung 2 auf oder direkt neben den Pfeilen in standardisierter Form. Alle abgedruckten Parameter sind statistisch signifikant auf dem 5 %-Fehlerniveau, andernfalls ist anstelle des Koeffizienten „ns“ abgebildet. Die Ergebnisse untermauern den theoretisch proklamierten Kernmechanismus, dass das zielschülerspezifische Störungsempfinden der Lehrpersonen (PD_T) mit β = .78 (p < .001) hochgradig davon abhängig ist, wie häufig sich die betreffenden Zielschüler/ innen undiszipliniert verhalten - gemessen an der intersubjektiv geteilten Einschätzung (U_trait). Darüber hinaus wurde ein Effekt ( β = .19, p < .001) der generellen Sensitivität der Lehrpersonen (GS_trait) auf ihr zielschülerspezifisches Störungsempfinden nachgewiesen: Inwieweit die Lehrpersonen ihre Schüler/ innen als störend empfinden, hängt auch von ihrer allgemeinen Empfindlichkeit ab - unabhängig davon, wie häufig sich die Schüler/ innen im Unterricht undiszipliniert verhielten. In Bezug auf den Kooperationsgrad (COOP) wurde ein systematischer, aber kleiner Effekt ( β = -.09, p = .03) auf das Störungsempfinden der Lehrperson nachgewiesen: In unterrichtlichen Settings, in denen häufiger Gruppen- und Partnerarbeiten als Einzelarbeiten praktiziert werden, erleben die Lehrpersonen ihre Schüler/ innen (unabhängig vom Verhalten) als etwas weniger störend. Es fand sich jedoch kein Einfluss des Kooperationsgrads auf die Auftretenshäufigkeit undisziplinierten Verhaltens (U_trait). Der positiven Korrelation von r = .37 (p < .001) zwischen dem Kooperationsgrad (COOP) und der Differenzierung (DIFF) ist zu entnehmen, dass in kooperativen Settings vergleichsweise häufiger binnendifferenzierende Maßnahmen praktiziert werden. Entgegen impliziten Annahmen (nicht als Hypothesen formuliert) korrelieren die beiden von den Lehrpersonen eingeschätzten Unterrichtsmerkmale Kooperationsgrad und Differenzierung nicht mit den aus Schülersicht eingeschätzten Merkmalen Strukturiertheit und Klarheit (SaC) bzw. Motivationsunterstützung (Mot). Darüber hinaus resultierten auch keine Effekte von den binnendifferenzierenden Maßnahmen (DIFF) auf die Auftretenshäufigkeit undisziplinierten Verhaltens (U_trait) bzw. auf das Störungsempfinden der Lehrpersonen (PD_T). Alle genannten Nulleffekte sind erwartungswidrig und erklärungsbedürftig. Die Variablen Strukturiertheit und Klarheit (SaC) sowie Motivationsunterstützung (Mot) haben beide unique störungspräventive Effekte ( β = -.20, p < .001; β = -.16, p = .01) auf die Auftretenshäufigkeit undisziplinierten Verhaltens (U_trait). Die beiden Variablen sind zudem hoch korreliert (r = .60, p < .001): Die Schüler/ innen erleben den Unterricht bei zunehmender Strukturiertheit und Klarheit als zunehmend motivierend. Das Geschlecht der Zielschüler/ innen (SexS) hat erwartungsgemäß einen negativen Effekt ( β = -.33, p < .001) auf die Variable U_trait: Mädchen verhalten sich seltener undiszipliniert als Jungen. Die (schwache) Korrelation (r = .08, p = .02) mit der Variable Mot bedeutet, dass Mädchen gegenüber Jungen den Unterricht als etwas motivierender einschätzen. Alle Prädiktoren erklären gemeinsam rund 22 % der Varianz der Auftretenshäufigkeit undisziplinierten Verhaltens (R 2 ). Die Varianz des Kriteriums Störungsempfinden wird von den Prädiktoren zu 66 % erklärt (R 2 ), wobei der Löwenanteil auf das Verhalten der Zielschüler/ innen zurückzuführen ist. Diskussion Zusammenfassung Dieser Beitrag entstand im Rahmen der SUGUS- Studie, welche Unterrichtsstörungen als ko-konstruiertes, interaktionales Phänomen versteht. Die übergeordneten Ziele der Studie bestehen darin, das Grundlagenwissen über die Genese und Prävention gestörten Unterrichts mit Fokus auf den pädagogisch-didaktischen Handlungsspielraum zu erweitern. Dies mit dem Anspruch, den komplexen Problemzusammenhang theoretisch mehrdimensional und perspektivenbewusst zu konzeptualisieren und die sich daraus 218 Boris Eckstein, Urs Grob, Kurt Reusser ergebenden forschungsmethodischen Implikationen im Studiendesign sowie bei der Analysestrategie angemessen zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund prüfte die vorgestellte Analyse sieben Hypothesen (H 1 bis H 7 ), die im Folgenden anhand der Resultate bilanziert werden. Der theoretisch angenommene (sowie intuitiv plausible) Kernmechanismus konnte anhand der Daten deutlich nachgezeichnet werden: Je häufiger Schüler/ innen undiszipliniertes Verhalten zeigen, desto stärker werden sie von ihrer Lehrperson als störend empfunden (H 1 ). Darüber hinaus stützen die Ergebnisse die Hypothese, dass Lehrpersonen ihre Schüler/ innen unabhängig von deren Verhalten bei zunehmender Empfindlichkeit als zunehmend störend erleben. Diese auf Basis multipler Informationsquellen ermittelten Befunde erhärten die theoretische Konzeptualisierung, wonach Unterrichtsstörungen aus einem Element der (objektiven) Produktion sowie aus einem Element der (subjektiven) Rezeption bestehen. Des Weiteren zeigen die Ergebnisse erwartungsgemäß, dass sich Jungen häufiger undiszipliniert verhalten als Mädchen (H 3 a ), wobei das Geschlecht unter Kontrolle des Verhaltens aber keinen Effekt auf das Störungsempfinden der Lehrperson hat (H 3 b ). Was die unterrichtsbezogenen Hypothesen (H 4 - H 7 ) anbelangt, zeigt sich ein gemischtes Bild. Zunächst lässt sich anhand der Resultate erwartungsgemäß festhalten, dass die Schüler/ innen bei zunehmender unterrichtlicher Klarheit und Strukturiertheit (H 4 ) sowie bei zunehmend motivationsunterstützender Qualität des Unterrichts (H 5 ) seltener undiszipliniertes Verhalten zeigen. Diese Befunde deuten auf störungspräventive Wirkungen „guten Unterrichts“ hin. Bei den zwei weiteren untersuchten Maßnahmen, denen in der Theorie störungsminderndes Potenzial zugeschrieben wird, fanden sich jedoch keine oder nur sehr geringe Effekte. Weder der Kooperationsgrad (H 6 a ) noch die Binnendifferenzierung (H 7 a ) haben einen statistisch bedeutsamen Effekt auf die Auftretenshäufigkeit normabweichenden Schülerverhaltens. Darüber hinaus zeigte sich in den Daten kein von der Binnendifferenzierung ausgehender Effekt auf das Störungsempfinden der Lehrperson (H 7 b ). Es resultierte ein erwartungsgemäßer, jedoch lediglich schwacher Effekt vom Kooperationsgrad auf das Störungsempfinden: In kooperativen Settings erleben Lehrpersonen ihre Schüler/ innen (unabhängig von deren Verhalten) als vergleichsweise weniger störend (H 6 b ). Überdies resultierten keine Korrelationen zwischen den von den Lehrpersonen eingeschätzten Unterrichtsmerkmalen (Kooperationsgrad, Differenzierung) und den aus Schüler/ innensicht eingeschätzten Merkmalen (Strukturiertheit, Motivationsunterstützung). Ein Grund für diese unerwartet niedrigen Beziehungen dürfte darin liegen, dass die Konstrukte Kooperationsgrad und Differenzierung zu wenig detailgenau operationalisiert wurden (retrospektive Häufigkeitseinschätzungen bezogen auf mehrere Monate aus unterschiedlicher Ratingperspektive) und daher die realen Verhältnisse nur begrenzt darzustellen vermögen. Somit lassen sich die Fragen zum störungsmindernden Potenzial dieser beiden pädagogischdidaktischen Maßnahmen nicht abschließend beantworten. Limitationen In diesem Beitrag wurde mit Bezug auf die Seite der Produktion gestörten Unterrichts eine zweifache Eingrenzung vorgenommen: Erstens wurde der Fokus auf normabweichendes Schülerverhalten gerichtet (und damit bspw. unangemessenes Verhalten von Lehrpersonen ausgeklammert), zweitens wurde auf undiszipliniertes Schülerverhalten fokussiert (und Dissozialität ausgeklammert). Grund dafür war die Annahme, dass die Unterrichtsgestaltung insbesondere für diese eher milden Formen normabweichenden Verhaltens von Bedeutung sind. Entsprechend erlauben die Ergebnisse der vorliegenden Analysen keine Rückschlüsse auf Störungsprävention mit Bezug auf Dissozialität. Eine zweite Einschränkung betrifft die Datengrundlage der SUGUS-Studie. Diese hat trotz zweier Messzeitpunkte in mancher Hinsicht Kann guter Unterricht Störungen verhindern? 219 Querschnittscharakter. Entsprechend ist einzuräumen, dass die Richtung der Effekte der aus Zielschülersicht erfassten Strukturiertheit und Klarheit des Unterrichts und dessen motivationsunterstützender Qualität auch umgekehrt sein könnte. Dies würde bedeuten, dass Schüler/ innen den Unterricht strukturierter und motivationsunterstützender wahrnehmen, weil sie ihm aufgrund seltener gezeigten undisziplinierten Verhaltens besser folgen können. Diese alternative Deutung der Kausalrichtung ist vom Design her nicht ausgeschlossen, erscheint allerdings in theoretischer Hinsicht weniger plausibel. Eine weitere Limitation besteht in der Freiwilligkeit der Teilnahme an der SUGUS-Studie. Befragt wurden nur Klassen, deren Lehrpersonen nach Erlaubnis der lokalen Behörden und der Schulleitung zustimmend auf die Anfrage der Studienleitung reagiert haben. Darüber hinaus wurde aus forschungsethischen Gründen die Erlaubnis der Eltern eingeholt und auch die Kinder selbst wurden gefragt, ob sie teilnehmen wollen. Dies führte zu einem Ausfall von total 275 Schüler/ innen (16 %), von denen weder Selbsteinschätzungen noch Peer-Ratings, sondern nur Teacher-Ratings eingeholt werden konnten. Die fehlenden Werte konnten zwar mit der Full-Information- Maximum-Likelihood-(FIML) Methode geschätzt werden, doch stellt die Selbstselektion der Schüler/ innen und der Lehrpersonen die Repräsentativität der Stichprobe dennoch infrage. Schließlich ist einschränkend zu konzedieren, dass die Analyse der pädagogisch-didaktischen Effekte nicht im Rahmen eines Mehrebenenmodells erfolgte. Dies war zwar geplant (Eckstein, 2018 a), jedoch erwies sich die mehrebenenanalytische raterspezifische Modellierung der Einflussfaktoren auf die Störungsproduktion und -rezeption insbesondere aufgrund zu geringer Varianz auf Klassenebene als nicht realisierbar. Zur Vermeidung einer Unterschätzung der Standardfehler wurden diese unter Berücksichtigung des Designeffekts in Mplus robust geschätzt (type = complex). Implikationen für Forschung und Praxis Anhand der vorliegenden Analyse wurden zwei Hauptergebnisse mit Relevanz für die Unterrichtspraxis ermittelt. Erstens, eine hohe unterrichtliche Strukturiertheit und Klarheit sowie eine hohe motivationsunterstützende Qualität des Unterrichts tragen zu einer tieferen Inzidenz von undiszipliniertem Schülerverhalten bei. Demgegenüber müssen Fragen mit Bezug auf die störungspräventiven Potenziale weiterer pädagogisch-didaktischer Maßnahmen (Kooperationsgrad, Binnendifferenzierung) offen bleiben. Deshalb erscheint es als wichtig, die theoretisch vermuteten Prozesse und Mechanismen in diesem Zusammenhang genauer zu untersuchen im Rahmen weiterführender Forschung, welche die oben genannten Limitationen der SUGUS- Studie überwindet. Als zweites Hauptergebnis kann festgehalten werden, dass die Störungswahrnehmung der Lehrpersonen zwar primär und dominant vom Verhalten ihrer Schüler/ innen abhängig ist, aber dies nicht ausschließlich. Das zielkindbezogene Störungsempfinden der Lehrpersonen fußt weitgehend im tatsächlichen, d. h. intersubjektiv geteilt wahrgenommenen devianten Verhalten der Schüler/ innen (61 % Varianzaufklärung). Darüber hinaus finden sich keine Hinweise auf eine Typisierung nach Geschlecht, d. h. die Lehrpersonen nehmen die Jungen nur um so viel störender wahr, als dies durch deren Verhalten erklärbar ist. Allerdings besteht ein nachweislicher Einfluss der allgemeinen Empfindlichkeit der Lehrpersonen auf ihr zielkindbezogenes Störungsempfinden - unabhängig vom tatsächlichen Verhalten der Kinder. Und auch wenn sich dieser Effekt im Mittel mit etwas weniger als 4 % Varianzaufklärung in Grenzen hält, wäre dieser Anteil es wert, von den Lehrpersonen reflektiert zu werden. Dies umso mehr, als vertiefende Analysen mit Fokus auf einzelne Schulklassen (Eckstein, 2018 b; Eckstein, Luger, Grob & Reusser, 2016 b) gezeigt haben, dass die Wahrnehmung mancher Lehrpersonen vergleichsweise deutlich von den gemittelten Einschätzungen der Schüler/ innen abweicht. Die Reflexion solcher Per- 220 Boris Eckstein, Urs Grob, Kurt Reusser spektivendifferenzen bzw. eine bewusste Arbeit an eigenen (Über-)Empfindlichkeiten kann unproduktiven Aufschaukelungsprozessen entgegenwirken und so zu einem gelingenden psycho-hygienischen und in der Folge auch handlungspraktischen Umgang mit Unterrichtsstörungen beitragen (Wettstein & Scherzinger, 2019). Im Hinblick auf die weitere Erforschung von Unterrichtsstörungen kann aus methodologischer Sicht festgehalten werden, dass die Frage nach der Perspektivität aufgrund der damit verbundenen Rater-Effekte weiterhin prioritär behandelt werden sollte. Die SUGUS-Studie begegnete diesem Problem mit einer multiperspektivisch angelegten Befragung der am Unterricht beteiligten Akteure sowie mit Analysen, welche die aus der Befragung resultierenden multiplen Datenquellen möglichst integral berücksichtigten. Dieses Studiendesign hat sich in Bezug auf die Ermittlung des Ausmaßes der Perspektivendifferenzen als vorteilhaft erwiesen, und wir halten es auch im Hinblick auf künftige Untersuchungen für vielversprechend. Darüber hinaus erlaubte die Analysestrategie durch die Kontrolle der Rater-Effekte eine approximative Modellierung des objektiven Kerns von Unterrichtsstörungen. Zukünftige Studien könnten dieses Verfahren weiterentwickeln, beispielsweise indem zusätzlich zu den Angaben der Lehrpersonen und Schüler/ innen die Perspektive außenstehender Beobachter/ innen einbezogen wird. Weiter sollte es das Studiendesign zukünftiger Forschungsarbeiten erlauben, die unterrichtlichen Mikroprozesse im zeitlichen Verlauf und in ihrer wechselseitigen Dynamik genauer zu analysieren. Literatur Beaman, R., Wheldall, K. & Kemp, C. (2007). Recent research on troublesome classroom behaviour: A review. Australasian Journal of Special Education, 31 (1), 45 - 60. https: / / doi.org/ 10.1080/ 10300110701189014 Breidenstein, G. (2006). Teilnahme am Unterricht. Studien zum Schülerjob. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften. Brügelmann, H. (1997). Die Öffnung des Unterichts muss radikaler gedacht, aber auch klarer strukturiert werden. In H. Balhorn & H. Niemann (Hrsg.), Sprachen werden Schrift. Mündlichkeit - Schriftlichkeit - Mehrsprachigkeit (S. 43 - 57). Lengwil am Bodensee: LibelleVerlag. Carroll, A., Houghton, S., Taylor, M., West, J. & List-Kerz, M. (2006). Responses to interpersonal and physically provoking situations. 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Dabei verbindet Bowlby die Psychoanalyse mit der Verhaltensforschung und entwirft gleichzeitig eine eigenständige Theorie des instinktiven Verhaltens. a www.reinhardt-verlag.de Klassiker der Bindungstheorie 2006. 412 Seiten. (978-3-497-01830-7) kt