eJournals Psychologie in Erziehung und Unterricht 69/3

Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2022
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Buchbesprechung: Buhl, H.M., Bonanati, S., Eickelmann, B. (2021): Schule in der digitalen Welt. Psychologie im Schulalltag. Band 4

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2022
Lennart Nörenberg
Julia Moeller
Unter Lehrkräften in Deutschland gibt es breiten Bedarf an Weiterbildung zum Lernen und Lehren mit Bildungstechnologie und den Anforderungen und Möglichkeiten einer sich zunehmend technologisierenden Lebenswelt. Heike Buhl, Sabrina Bonanati und Birgit Eickelmann adressieren diese Bildungsbedarfe in ihrem Buch zur Schule in der digitalen Welt, geben eine Analyse der Ausgangslage, legen Forschungsbefunde dar und präsentieren praxisbezogene Lösungsvorschläge.
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225 Buchbesprechung Buhl, H. M., Bonanati, S., Eickelmann, B. (2021) Schule in der digitalen Welt Psychologie im Schulalltag. Band 4. Göttingen: Hogrefe. 150 Seiten. ISBN: 9783801730741 (€ 22,95). Unter Lehrkräften in Deutschland gibt es breiten Bedarf an Weiterbildung zum Lernen und Lehren mit Bildungstechnologie und den Anforderungen und Möglichkeiten einer sich zunehmend technologisierenden Lebenswelt. Heike Buhl, Sabrina Bonanati und Birgit Eickelmann adressieren diese Bildungsbedarfe in ihrem Buch zur Schule in der digitalen Welt, geben eine Analyse der Ausgangslage, legen Forschungsbefunde dar und präsentieren praxisbezogene Lösungsvorschläge. Im ersten Themenblock Lernen für die digitale Welt widmen sich die Autorinnen der digitalisierungsbezogenen Schulentwicklung. Hierzu werden Zielperspektiven des Lernens für die digitale Welt vorgestellt und auf übergeordnete Dimensionen der Schulentwicklung angewandt. Dabei werden die Relevanz schulischer Zielsetzungen, des kompetenzförderlichen Einsatzes digitaler Medien, der Personalentwicklung, einer nach pädagogischen Prinzipien entwickelter IT-Ausstattung und die Rolle schulinterner Kooperation herausgearbeitet. Im zweiten Themenblock Lernen in der digitalen Welt wird der Einsatz digitaler Medien im Unterricht diskutiert. Die Autorinnen gehen dabei auf die psychologischen Grundlagen der Informationsverarbeitung und deren Anwendung auf digitale Lernprozesse ein. Dabei werden lernpsychologische Grundlagen, digitale Plattformen und Einsatzgebiete digitaler Werkzeuge in einen pädagogischen Kontext gesetzt. Der dritte Themenblock behandelt die kulturellen und gesellschaftlichen Phänomene des Lebens in der digitalen Welt, wobei Alltagsmedien, Cybermobbing bzw. -bullying und Computerspiele angesprochen werden und deren Bedeutung für die Identitätsbildungs- und Kommunikationsmöglichkeiten für Schüler: innen erwähnt werden. Auch wird diskutiert, inwiefern digitale Endgeräte und soziale Medien die Aufmerksamkeit der Schüler: innen beeinflussen und in welchem Rahmen der Umgang mit ihnen zu begrenzen sei. Die Nützlichkeit dieses Buches liegt darin, dass Lehrkräften ein Mindestmaß an digitalen Kompetenzen vermittelt wird, deren Fehlen in den vergangenen Jahren, auch während der Pandemie, offenbar wurde. Allerdings bleiben viele Themen und Kompetenzen ausgespart, die in anderen Ländern bereits zum Standard in der schulischen Bildung gehören. Dazu gehören Informationen, wo Lehrkräfte bestehende digitale Lernmaterialien und öffentlich geförderte Lernmanagement-Systeme finden können, die zum jeweiligen Bundesland passen. Auch die vielen bereits bestehenden Angebote zur Vermittlung und Selbstaneignung von Programmierkenntnissen in der Schule und die immer wichtiger werdenden Themen wie Datenschutz, Informationssicherheit oder Schutz gegen Falschinformationskampagnen im Internet bleiben unerwähnt. Das Buch vermittelt Lehrkräften wissenschaftliche Theorien, Methoden, Studien und Forschungsergebnisse zu dem Thema und beschreibt diese sehr detailliert. Allerdings erlaubt es die Kürze des Buches nicht, dieses wissenschaftliche Wissen fundiert zu vermitteln oder einen guten Überblick über die Bandbreite wissenschaftlicher Theorien, Methoden und Studien zu vermitteln. Wissenschaftliche Leser: innen können dadurch den Eindruck gewinnen, dass willkürliche Schwerpunkte gesetzt wurden, die andere Forscher: innen vielleicht anders gesetzt hätten. Lehrkräfte dagegen könnten den Eindruck gewinnen, dass wissenschaftliche Details über- und praktische Lösungen unterrepräsentiert wurden. Bei der Besprechung der typischen Sorgen über Bullying/ Mobbing im Internet und über aggressive Computerspiele erwähnen die Autorinnen, dass nicht alle Studien negative Wirkungen von Computerspielen nachweisen, aber sie erwähnen nicht, dass es auch Studien zu positiven Wirkungen von Computerspielen gibt (z. B. Green & Bavelier, 2003) und dass die Debatten um die schädliche Wirkung von Computerspielen oder von Mediennutzungszeiten selbst von wissenschaftlicher Seite immer wieder als reißerisch und wenig evidenzbasiert kritisiert wurden. Die Konnotation von Computerspielen und sozialen Medien bleibt dadurch trotz der wissenschaftlichen Aufarbeitung für Leser: innen eher negativ, was deren Potenzialen und Bedeutung als Lerngelegenheit, berufliche Perspektive und Alltagserlebniskontext kaum gerecht wird, obwohl akute Sorgen wie Falschinformationskampagnen und Datenschutzprobleme noch gar nicht erwähnt werden. 226 Buchbesprechung · Ausschreibung Die Buchform selbst bleibt hinter den aktuellen technischen Möglichkeiten zurück. So ist es schwer vorstellbar, dass Lehrkräfte, die mit Computern und Smartphones aufwachsenden Kinder und Jugendlichen beeindrucken können, wenn sie, es dem Buch nachtuend, lange URL-Links auf Papierseiten drucken, anstatt sie in Form gekürzter Bit.ly-Links oder QR- Codes darzubieten. Auch eine Begleitwebsite oder andere digitale Begleitmaterialien wären wünschenswerte Ergänzungen. Unerwähnt bleiben auch die Möglichkeiten der Kommunikation von Lehrkräften mit Eltern und Schüler: innen via E-Mails, Messenger- Diensten oder Nachrichtendiensten in Lernmanagement-Systemen, ebenso wie die reichhaltigen digitalen Lehrformate wie Lernpodcasts,Videokonferenzen, Infographics, digitale Quizze mit automatisierter Rückmeldung, Schul-Onlineforen oder Apps zum personalisierten Lernen. Insgesamt ergibt sich der Eindruck, dass dieses Buch hilft, die Lücke zwischen den modernen Anforderungen einer digitalisierten Lern- und Arbeitswelt und den digitalen Kompetenzen deutschsprachiger Lehrkräfte etwas zu verringern. Um Lehrkräfte aber dazu zu befähigen, die heranwachsenden Arbeitskräfte von morgen auf die digitalen Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten, wären darüber hinausgehende Fortbildungsangebote notwendig. Das ist viel Potenzial für ein mögliches Fortsetzungswerk dieses wichtigen ersten Schrittes. Referenzen Green, C. S. & Bavelier, D. (2003). Action video game modifies visual selective attention. Nature, 423 (6939), 534 - 537. Lennart Nörenberg Vertr.-Prof. Dr. Julia Moeller Universität Leipzig Jahnallee 59, 04109 Leipzig E-Mail: lennart.noerenberg@uni-leipzig.de julia.moeller@uni-leipzig.de DOI 10.2378/ peu2022.art19d Ausschreibung der Mitherausgeberschaft in der Zeitschrift „Psychologie in Erziehung und Unterricht“ (Aufruf zur Nomination) Der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) hat in seinen Sitzungen vom 23. 9. 2000 und 27. 1. 2001 festgelegt, dass bei Zeitschriften mit Organstatus eine öffentliche Ausschreibung der Herausgeberbzw. Mitherausgeberschaft (Call for Nominations) erfolgen soll, um das Wahlverhalten möglichst transparent zu halten. Für die Zeitschrift „Psychologie in Erziehung und Unterricht“ (PEU, Organ der Deutschen Gesellschaft für Psychologie) werden hiermit zwei Mitherausgeberschaften für die Jahre 2023 bis 2028 sowie 2024 bis 2029 ausgeschrieben. Die KandidatInnen sollten im Bereich Entwicklungspsychologie des Kindes- und Jugendalters und deren Praxis ausgewiesen sein. Bei einem der beiden Ämter sollte zudem der Schwerpunkt auf Familienpsychologie liegen. Vorschläge für Nominationen oder Selbstnominationen sind bis spätestens 30. 9. 2022 gleichzeitig sowohl an den Ernst Reinhardt Verlag, München, als auch an die DGPs zu senden. Für Rückfragen stehen Ihnen die jetzigen vier Herausgeber sowie der Verlag (Tel. +49 - (0) 89 - 17 80 16 - 0) zur Verfügung. Informationen über die PEU finden Sie unter http: / / www.reinhardt-journals.de/ index.php/ peu Ausschreibung