eJournals Psychologie in Erziehung und Unterricht 69/2

Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/peu2022.art11d
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2022
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Editorial: Beratungskompetenz (angehender) Lehrkräfte erfassen und fördern

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2022
Sabrina Bonanati
Jennifer Patsch
Von Lehrkräften wird zu vielen unterschiedlichen Anlässen Beratung ihrer Schülerinnen und Schüler, derer Eltern, aber auch der Kolleginnen und Kollegen erwartet (vgl. KMK, 2004). Aus diesem Grund wird Beratungskompetenz als eine wichtige Facette professioneller Handlungskompetenz von Lehrkräften angesehen (vgl. Schnebel, 2017). Viele Lehrkräfte fühlen sich jedoch nicht ausreichend auf ihre Beratungsaufgaben vorbereitet (Schnebel, 2017). Da eine gelingende Kommunikation zwischen Schule und Familie positive Effekte auf die schulische Entwicklung von Kindern haben kann, erscheint dies problematisch (Jeynes, 2005). Der aktuell stattfindende Wandel schulischen Lehrens und Lernens (vgl. König, Jäger-Biela, Glutsch, 2020) sowie aktuelle schulische Herausforderungen wie z.B. eine zunehmende kulturelle Heterogenität der Schüler*innen, Inklusion oder Digitalisierung erweitern schulische Beratungsanlässe und untermauern die Relevanz einer profunden Beratungskompetenz von Lehrkräften (Strasser, 2020).
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Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2022, 69, 73 -74 DOI 10.2378/ peu2022.art11d © Ernst Reinhardt Verlag Beratungskompetenz (angehender) Lehrkräfte erfassen und fördern Sabrina Bonanati & Jennifer Paetsch Editorial Von Lehrkräften wird zu vielen unterschiedlichen Anlässen Beratung ihrer Schülerinnen und Schüler, derer Eltern, aber auch der Kolleginnen und Kollegen erwartet (vgl. KMK, 2004). Aus diesem Grund wird Beratungskompetenz als eine wichtige Facette professioneller Handlungskompetenz von Lehrkräften angesehen (vgl. Schnebel, 2017). Viele Lehrkräfte fühlen sich jedoch nicht ausreichend auf ihre Beratungsaufgaben vorbereitet (Schnebel, 2017). Da eine gelingende Kommunikation zwischen Schule und Familie positive Effekte auf die schulische Entwicklung von Kindern haben kann, erscheint dies problematisch (Jeynes, 2005). Der aktuell stattfindende Wandel schulischen Lehrens und Lernens (vgl. König, Jäger-Biela, Glutsch, 2020) sowie aktuelle schulische Herausforderungen wie z. B. eine zunehmende kulturelle Heterogenität der Schüler*innen, Inklusion oder Digitalisierung erweitern schulische Beratungsanlässe und untermauern die Relevanz einer profunden Beratungskompetenz von Lehrkräften (Strasser, 2020). Das mehrdimensionale Konstrukt der professionellen Lehrkräftekompetenz beinhaltet dabei nicht nur das professionelle Wissen, sondern auch die berufsbezogenen Überzeugungen und Werthaltungen, die Fähigkeit zur Selbstregulation und motivationale Orientierungen von Lehrkräften (Baumert & Kunter, 2013). Deshalb wird im Professionalisierungsprozess zum Erwerb von Beratungskompetenzen von Lehrkräften nicht nur das Erlernen von Techniken der Gesprächsführung oder von diagnostischen Fertigkeiten, sondern auch die Auseinandersetzung mit inneren Haltungen und die Entwicklung von professionellen Überzeugungen zum Beratungshandeln angestrebt. Als eine wichtige Facette von professioneller Handlungskompetenz von Lehrkräften müssen demnach in der Aus- und Weiterbildung von Beratungs- und Gesprächsführungskompetenz neben den entsprechenden Techniken auch Überzeugungen von Lehrkräften mitgedacht werden (Aich, 2011; Buhl & Hilkenmeier, 2017; Gartmeier, 2018; Hertel, 2009; Sauer, 2015). Das vorliegende Themenheft setzt hier an: Die Beiträge in diesem Heft beschäftigen sich einerseits mit der Frage, wie handlungsleitende Überzeugungen zu Beratung erfasst werden können und andererseits mit Fragen der Förderung von Beratungskompetenz unter einer mehrdimensionalen Perspektive und über alle Phasen der Lehrkräftebildung hinweg. Mit einem Überblicksbeitrag beantworten Gartmeier, Schick, Berberat und Hertel die Frage, wie sich Beratungskompetenz in der Lehrer*innenbildung effektiv fördern lässt. Sie nehmen dabei eine vergleichende Perspektive ein und nutzen zahlreiche Befunde aus der Medizindidaktik, um Hinweise bezüglich des Zeitpunkts, des zeitlichen Umfangs, didaktischer Methoden und der Effektivität für die Förderung von Beratungskompetenz in der Lehrer*innenbildung abzuleiten. Bonanati, Greiner und Hilkenmeier widmen sich einem Instrument zur Betrachtung beratungsbezogener Überzeugungen für Lehrkräfte. Der Beitrag stellt die Ergebnisse der Studie in Bezug zu den Überzeugungsdimensionen, die zuvor für Lehramtsstudierende gefunden wurden, und betrachtet Zusammenhänge von vier Profilen unterschiedlicher Beratungsüberzeugungen mit berufsbiografischen Aspekten. 74 Editorial Schlosser, Paetsch und Sauer untersuchen anhand einer Interventionsstudie mit einem Prä-Post-Kontrollgruppendesign, inwiefern die selbsteingeschätzte Beratungskompetenz und die beratungsbezogene Selbstwirksamkeitserwartung von Lehramtsstudierenden durch theoretische und praktische Lerngelegenheiten im Studium verändert werden können. Kuboth und Aich fokussieren in ihrem Beitrag die Qualifizierung von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren zur Durchführung einer Lehrkräftefortbildung zur Gesprächsführung mit Eltern. In dem Beitrag werden die Ergebnisse der begleitenden Evaluationsstudie präsentiert und daraus Kriterien für die erfolgreiche Implementation von Multiplikator*innen-Schulungen abgeleitet. Die im Themenheft zusammengeführten Beiträge unterstreichen, aus welchen verschiedenen Perspektiven Beratungskompetenz aktuell betrachtet wird und welche Ansätze zur Förderung von Beratungskompetenz mit dem Fokus auf die Beratung von Eltern existieren bzw. wie diese ausgebaut werden können. Wir danken allen Autorinnen und Autoren für ihre Beiträge sowie den jeweiligen Gutachtenden für ihre wertvollen Rückmeldungen zu den einzelnen Beiträgen. Besonderer Dank gilt Josef Strasser für die Diskussion der Beiträge. Literatur Aich, G. (2011). Professionalisierung von Lehrenden im Eltern- Lehrer-Gespräch. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren. Baumert, J. & Kunter, M. (2013). The COACTIV model of teachers’ professional competence. In M. Kunter, J. Baumert, W. Blum, U. Klusmann, S. Krauss & M. Neubrand (Eds.), Cognitive activation in the mathematics classroom and professional competence of teachers. Results from the COACTIV project (pp. 25 - 48). New York, NY: Springer. Buhl, H. M. & Hilkenmeier, J. (2017). Professionalism in parent-teacher conversations: Aspects, determinants, and consequences. A competence-oriented discussion. Journal for Educational Research Online / Journal für Bildungsforschung Online, 9 (3), 102 - 113. Gartmeier, M. (2018). Gespräche zwischen Lehrpersonen und Eltern. Herausforderungen und Strategien der Förderung kommunikativer Kompetenz. Wiesbaden: Springer. Hertel, S. (2009). Beratungskompetenz von Lehrern. Kompetenzdiagnostik, Kompetenzförderung, Kompetenzmodellierung. Münster: Waxmann. Jeynes, W. H. (2005). A meta-analysis of the relation of parental involvement to urban elementary school student academic achievement. Urban education, 40, 237 - 269. KMK (2004). Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 16. 12. 2004. Zugriff am 25. 3. 2018 unter http: / / www. kmk.org/ fileadmin/ veroeffentlichungen_beschluesse/ 2004/ 2004_12_16-Standards-Lehrerbildung.pdf König, J., Jäger-Biela, D. J. & Glutsch, N. (2020). Adapting to online teaching during COVID-19 school closure: teacher education and teacher competence effects among early career teachers in Germany. European Journal of Teacher Education, 43 (4), 608 - 622. Sauer, D. (2015). Wie beraten Lehrkräfte Eltern? Eine qualitativ-rekonstruktive Studie zur Beratungsaufgabe von Lehrkräften. Opladen: Verlag Barbara Budrich. Schnebel, S. (2017). Professionell beraten. Beratungskompetenz in der Schule (3. akt. und erw. Aufl.). Weinheim, Basel: Beltz. Strasser, J. (2020). Editorial. Professionalisierung pädagogischer Beratung. Empirische Pädagogik, 34 (4), 282 - 287. Dr. Sabrina Bonanati Universität Paderborn Warburger Str. 100 33098 Paderborn E-Mail: sabrina.bonanati@upb.de Prof. Dr. Jennifer Paetsch Juniorprofessur für Evaluation im Kontext von Lehrerbildung Otto-Friedrich-Universität Bamberg Luitpoldstr. 19 96052 Bamberg E-Mail: jennifer.paetsch@uni-bamberg.de