Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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Empirische Arbeit: Effekte der Gymnasialempfehlung auf die Entwicklung von Kompetenzerleben, Interesse und Lernverhalten am Ende der Grundschulzeit: Mehr als eine Frage der Leistung?
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Claudia Pereira Kastens
Martin van Wickeren
Anhand einer Stichprobe von insgesamt n=626 Grundschüler*innen wurde untersucht, wie sich die Noten, fachbezogene Interessen, Selbstkonzepte, Selbstwirksamkeitserwartungen und das Lernverhalten vom Ende des dritten bis Ende des vierten Schuljahres in den Fächern Deutsch und Mathematik entwickeln und welche Effekte der Erhalt einer Gymnasialempfehlung auch nach Kontrolle der Noten hat. Es zeigen sich ein signifikanter Haupteffekt für den Faktor Zeit und Interaktionseffekte mit der Übergangsempfehlung. Während es für diejenigen ohne Gymnasialempfehlung zu einem Abfall der Noten, Selbstwirksamkeitserwartungen, Selbstkonzepte im Lesen und Rechnen, fachbezogenem Interesse und Lernverhalten kommt, bleiben sie für diejenigen mit Gymnasialempfehlung stabil. Weiter zeigen sich lediglich für die Entwicklung der fachbezogenen Interessen keine Effekte der erhaltenen Schulformempfehlung nach Kontrolle der Noten. Der Erhalt der Gymnasialempfehlung als eine prognostische Form der Leistungsrückmeldung wirkt über die Noten hinaus als Prädiktor der Entwicklung, gleichzeitig scheint sich der Nicht-Erhalt der Gymnasialempfehlung insgesamt auf die Stabilität der untersuchten Merkmale auszuwirken.
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n Empirische Arbeit Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2023, 70, 160 -176 DOI 10.2378/ peu2023.art07d © Ernst Reinhardt Verlag Effekte der Gymnasialempfehlung auf die Entwicklung von Kompetenzerleben, Interesse und Lernverhalten am Ende der Grundschulzeit: Mehr als eine Frage der Leistung? Claudia Pereira Kastens und Martin van Wickeren Bergische Universität Wuppertal Zusammenfassung: Anhand einer Stichprobe von insgesamt n = 626 Grundschüler*innen wurde untersucht, wie sich die Noten, fachbezogene Interessen, Selbstkonzepte, Selbstwirksamkeitserwartungen und das Lernverhalten vom Ende des dritten bis Ende des vierten Schuljahres in den Fächern Deutsch und Mathematik entwickeln und welche Effekte der Erhalt einer Gymnasialempfehlung auch nach Kontrolle der Noten hat. Es zeigen sich ein signifikanter Haupteffekt für den Faktor Zeit und Interaktionseffekte mit der Übergangsempfehlung. Während es für diejenigen ohne Gymnasialempfehlung zu einem Abfall der Noten, Selbstwirksamkeitserwartungen, Selbstkonzepte im Lesen und Rechnen, fachbezogenem Interesse und Lernverhalten kommt, bleiben sie für diejenigen mit Gymnasialempfehlung stabil. Weiter zeigen sich lediglich für die Entwicklung der fachbezogenen Interessen keine Effekte der erhaltenen Schulformempfehlung nach Kontrolle der Noten. Der Erhalt der Gymnasialempfehlung als eine prognostische Form der Leistungsrückmeldung wirkt über die Noten hinaus als Prädiktor der Entwicklung, gleichzeitig scheint sich der Nicht-Erhalt der Gymnasialempfehlung insgesamt auf die Stabilität der untersuchten Merkmale auszuwirken. Schlüsselbegriffe: Übergang, Adaptionsprozesse, Noten, Motivation, Kompetenzüberzeugungen Effects of the high school recommendation on the development of competence beliefs, interest and learning behavior at the end of primary school: More than a question of performance? Summary: Based on a sample of n = 626 elementary school students, it was examined how grades, subject-related interests, self-concepts, expectations of self-efficacy and learning behavior develop from the end of the third to the end of the fourth school year in the subjects German and mathematics and which effects receiving a recommendation for a Gymnasium has, even after controlling the grades. The results show a significant main effect for the time factor and interaction effects with the transition recommendation. While there is a drop in grades, self-efficacy expectations, self-concept in reading and arithmetic, subject-related interest and learning behavior for those without a recommendation for a Gymnasium, they remain stable for those with a recommendation for a Gymnasium. Furthermore, after controlling the grades, there were no effects of the received school type recommendation for the development of subject-related interests. Receiving a recommendation for a Gymnasium as a prognostic form of performance-feedback acts beyond the grades as a predictor of development. At the same time not receiving a recommendation for a Gymnasium seems to have an overall effect on the stability of the characteristics examined. Keywords: Transition recommendations, adaptations, grades, motivation, competence beliefs Effekte der Gymnasialempfehlung 161 Theoretischer Hintergrund Im deutschen Schulsystem, welches in der Regel nach einer vierjährigen Grundschulzeit eine Selektion der Schüler*innen vorsieht, obliegt es der Verantwortung der Grundschullehrkräfte, für jedes Kind eine Prognose bezüglich der zu erwartenden Leistungsentwicklung abzugeben und eine passende, weiterführende Schulform zu empfehlen (KMK, 2010; McElvany, 2010). Die Erteilung von Übergangsempfehlungen ist für alle Bundesländer in gesetzlichen Vorgaben geregelt, wobei allen Vorgaben gemein ist, dass die Lehrkräfte sich bei der Entscheidung für eine Schulform auf die Leistungen (Noten in Deutsch und Mathematik, gelegentlich auch Sachunterricht) und das Arbeitsverhalten der Schüler*innen beziehen sollen, die im vierten Schuljahr ermittelt wurden (KMK, 2010). Eine Gymnasialempfehlung sollen Schüler*innen erhalten, welche gute bis sehr gute Noten haben und ein positives Arbeitsverhalten zeigen. Auch affektiv-motivationale Merkmale gelten als bedeutsame Prädiktoren schulischer Leistungen (Harackiewicz, Smith & Priniski, 2016; Wigfield & Eccles, 2002). Je besser die akademischen Leistungen, desto höher fallen positive affektiv-motivationale Selbstzuschreibungen bei Schüler*innen aus und umgekehrt. Allerdings sind die Zusammenhänge nicht perfekt, da auch andere Faktoren wie bspw. das Geschlecht (Meece, Glienke & Burg, 2006) eine Rolle bei der Ausbildung dieser Selbstzuschreibungen spielen. Zur Kausalität der Zusammenhänge zwischen externaler Leistungseinschätzung und Selbsteinschätzungen leistungsbezogener Merkmale (Selbstkonzepte, fachbezogenes Interesse und Selbstwirksamkeitserwartungen) von Schüler*innen hat sich das Reciprocal-Effects-Model durchgesetzt (Arens, Marsh, Pekrun, Lichtenfeld, Murayama & Vom Hofe, 2017; Marsh, Trautwein, Lüdtke, Köller & Baumert, 2005; Schöber, Schütte, Köller, McElvany & Gebauer, 2018): Leistungsurteile (häufig über die Noten operationalisiert) gehen mit hohen Selbsteinschätzungen einher, die wiederum positive Effekte auf nachfolgende Leistungen haben. Der Übergang als entwicklungspsychologische Herausforderung Häufig wird der Übergang auf die weiterführende Schule in der Literatur als ein bedeutsamer Einschnitt in der Bildungsbiografie von Schüler*innen, eine zu bewältigende entwicklungspsychologische Herausforderung und als kritisches Lebensereignis beschrieben (Billmann-Mahecha & Tiedemann, 2006; Filipp, 1995; Knoppick, Becker, Neumann, Maaz & Baumert, 2016; van Ophuysen & Harazd, 2011), welches von den Kindern große Anpassungsleistungen erfordert und mit dem Erleben sowie der Notwendigkeit der Bewältigung von Stress verbunden sein kann (Hurrelmann, 1992; Koch, 2006). Dies scheint insbesondere dann zu gelten, wenn es um den Übergang auf das Gymnasium geht. So konnten Studien zeigen, dass der Wechsel auf leistungsstarke Schulen aufgrund der zunehmenden sozialen Aufwärtsvergleiche (Marsh, Kong & Hau, 2000; Möller & Köller, 2004) zu Einbußen im Selbstkonzept der Schüler*innen führen kann (Aust, Watermann & Grube, 2010). Der Big-Fish-Little-Pond-Effekt (Fang, Huang, Zhang, Huang, Li & Yuan, 2018; Gabriel, Kastens, Poloczek, Schoreit & Lipowsky, 2010) erklärt dies mit dem nun anspruchsvolleren Referenzrahmen, den leistungsstarke Schulen bieten. Ein Übergang auf weniger leistungsstarke Schulen hingegen kann sich positiv auf die Selbstkonzeptentwicklung auswirken (Aust, Watermann & Grube, 2010; Becker & Neumann, 2018). Für die Schulfreude berichtet van Ophuysen (2008) jedoch positivere Entwicklungen im Übergang für alle Schulformen, insbesondere für spätere Hauptschüler*innen. Bei den Gymnasiast*innen zeigen sich bedeutsame Abfälle im Bereich affektiver Einstellungen zur Schule erst mit zunehmender Verweildauer am Gymnasium. Auch gibt es Hinweise darauf, dass Schüler*innen, welche nach der Grundschule auf ein Gymnasium wechseln, höhere Anforderungen und mehr Leistungsdruck wahrnehmen (Valtin & Wagner, 2004). Lohaus, Vierhaus und Ball (2005) zeigen, dass es nach dem Übergang nicht nur dann zu einer Zunahme des Stresserlebens kam, wenn die 162 Claudia Pereira Kastens und Martin van Wickeren Schüler*innen den Übergang messbar als Bedrohung wahrgenommen hatten, sondern auch dann, wenn deren Leistungen nicht mit den Anforderungen des neuen Schultyps übereinstimmten, was den Autoren nach durch eine besonders ausgeprägte Angst vor dem Scheitern zu erklären sei. Helsper, Kramer, Brademann und Ziems (2007) konnten mittels Interviewstudien zeigen, dass Schüler*innen den Übergang auf eine weiterführende Schule als bedeutsame Entscheidung wahrnehmen, bei der sie eine komplexe Reflexionsaufgabe in Form eines Abgleiches von Selbst- und Fremdwahrnehmung bezüglich der Schulwahl bewältigen müssen. Den Schulwechsel erleben sie als positiv, wenn eine gute Passung der Anforderungen von Grundschule und weiterführender Schule vorliegt, als krisenhaft, wenn die wahrgenommene Anerkennung der Schüler*innen stark von den Übergangsaspirationen der Eltern und Peers abhängt. Die Person-Environment-Fit-Theorie postuliert u. a., dass Personen nur dann Kompetenz, Zufriedenheit und Wohlbefinden (bei der Arbeit) erleben, wenn sie eine angemessene Passung zwischen ihren personalen Voraussetzungen und situationalen Faktoren bzw. Anforderungen erleben (Edwards et al., 2006; Edwards, Caplan & Harrison, 1998; van Vianen, 2018). Umgekehrt bedeutet dies, wenn die Einschätzungen von Anforderungen und Fähigkeiten nicht zu Anforderungen der Umgebung passen, kommt es vermehrt zum Erleben von Stress. Dabei wird zwischen subjektivem (erlebte Passung eigener Fähigkeiten zu Anforderungen) und objektivem Person-Environment-Fit (tatsächliche, kriteriale Passung eigener Fähigkeiten zu Anforderungen) unterschieden. Nicht nur der Übergang selbst, sondern bereits die Zeit vor dem Übergang kann von Schüler*innen als stressreich erlebt werden. Billmann-Mahecha und Tiedemann (2006) berichten, dass sich das Fähigkeitsselbstkonzept von Grundschüler*innen nach Erhalt der Übergangsempfehlung im vierten Schuljahr signifikant reduziert. Laut dem Transition Cycle von Nicholson (1990) befinden sich Schüler*innen im letzten Jahr der Grundschule in der Vorbereitungsphase (preparation). Die in dieser Phase gebildeten Erwartungshaltungen (positive oder negative) beeinflussen das subjektive Erleben im Vorfeld des Übergangs und können die Bewältigung (adjustment) der mit dem Übergang einhergehenden Anforderungen und Belastungen beeinflussen. Sirsch (2000; 2003) differenziert für den anvisierten Übergang zwischen der Wahrnehmung einer „Bedrohung“ oder einer „Herausforderung“. In Abhängigkeit davon, wie die Schüler*innen den Übergang auf die weiterführende Schule antizipieren, gelingt die spätere Adaptation nach erfolgtem Übergang diesem Ansatz nach mehr oder weniger gut (siehe auch Knoppick et al., 2016). Effekte der Übergangsempfehlung auf die Entwicklung affektiv-motivationaler und verhaltensbezogener Merkmale Bei der Erteilung von Übergangsempfehlungen liegt es in der Verantwortung der Lehrkräfte, in dieser Phase eine Passung zwischen objektiven Fähigkeiten und den Anforderungen der weiterführenden Schulen zu erkennen. Inwiefern der Selektionsprozess in Form der Schulwahlempfehlung, welche üblicherweise mit dem Halbjahreszeugnis des vierten Schuljahres erfolgt (McElvany, 2010), Auswirkungen auf die Entwicklung affektiv-motivationaler und verhaltensbezogener Merkmale von Schüler*innen hat, ist unseres Wissens bisher kaum untersucht. Jonberg, Porsch und Kastens (2022) konnten allerdings zeigen, dass das elterliche Unterstützungsverhalten am Ende des vierten Schuljahres mit einer höheren Prüfungsangst einhergeht, wenn die Kinder eine Gymnasialempfehlung erhalten haben. Studien zu Effekten der Erwartungshaltungen von Lehrkräften (auch: Pygmalioneffekt) zeigen, dass auch diese den Lernerfolg von Schüler*innen beeinflussen (Jussim, 1989; Rosenthal, 2002): optimistische Erwartungen äußern sich in höheren Leistungen (siehe auch Friedrich, Flunger, Nagengast, Jonkmann & Trautwein, 2015). Denkbar wäre, dass die Schulformempfehlungen als zusätzliche Quellen zur Beurteilung vorausgegangener Leistungen fun- Effekte der Gymnasialempfehlung 163 gieren (wobei sie erstmals auch eine formalisierte und explizite prognostische Leistungsbeurteilung umfassen) und die Selbsteinschätzungen der Schüler*innen bezüglich ihrer lern- und leistungsrelevanten Merkmale für das Lesen, Rechnen und Schreiben bzw. die Fächer Deutsch und Mathematik im vierten Schuljahr beeinflussen, bevor der Übergang realisiert wird. Fragestellungen und Hypothesen Im vorliegenden Beitrag sollen folgende Fragestellungen adressiert werden, zu denen aufgrund der Forschungslage keine gerichteten Hypothesen folgen: 1. Unterscheiden sich die Schüler*innen mit und ohne antizipiertem Übergang auf das Gymnasium bezüglich der Entwicklung ihrer Noten, Selbstwirksamkeitserwartungen, fachbezogenem Interesse, Lernverhalten und akademischem Selbstkonzept? Wenn oben beschriebene Prozesse der Adaption bereits vor dem Übergang greifen, wäre denkbar, dass Übergangsempfehlungen im vierten Schuljahr auf Selbsteinschätzungen von Arbeitsverhalten, fachbezogenem Interesse und Fähigkeitseinschätzungen und auch Noten im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung der Erwartungshaltung der Lehrkraft wirken (Gentrup, Rjosk, Stanat & Lorenz, 2018): Beim Erhalt einer Gymnasialempfehlung fühlen Schüler*innen sich bestärkt, wenn diese als Bestätigung von Leistungsfähigkeit interpretiert wird. Sie könnten sich im letzten Schuljahr der Grundschule besonders motiviert und engagiert zeigen und damit auch einen environmental-fit für diese anspruchsvolle Schulform anbahnen (siehe auch Wolff, Lüdtke, Helm & Möller, 2021 zum Basking-in-reflected-glory-Effekt [BIRGE]). Eine Empfehlung für weniger prestigeträchtige Schulformen hingegen könnte von Schüler*innen derart interpretiert werden, dass nur geringe Leistungserwartungen an sie gestellt werden und zu einem Abfall der Leistungen, Kompetenzeinschätzungen, Interessen und Lernverhalten führen. 2. Ferner untersuchen wir, ob Veränderungen der Einschätzungen der Schüler*innen zu ihrem Lernverhalten, Unterrichtsinteresse, Selbstwirksamkeitserwartungen und Selbstkonzepten nicht nur auf mögliche Leistungsunterschiede zurückzuführen sind, sondern auch nach Kontrolle der Noten mit dem Erhalt einer Gymnasialempfehlung zusammenhängen. Sofern Übergangsempfehlungen für das Gymnasium als eigenständige Leistungsbewertung wirken, wäre zu erwarten, dass diese insbesondere Effekte auf die Entwicklung leistungsnaher Merkmale, wie das akademische Selbstkonzept und die Selbstwirksamkeitserwartung haben. Methode Stichprobe Für den Beitrag wurden die Daten der PERLE-Studie herangezogen (Lipowsky, Faust & Kastens, 2013). Es beteiligten sich insgesamt N = 626 Schüler*innen aus 18 Schulen und 33 Klassen zu einem der beiden Zeitpunkte an der Studie. Davon waren n = 309 männlich, n = 315 weiblich, für zwei Kinder fehlen Angaben zum Geschlecht. Aus dem dritten Schuljahr liegen Daten von n = 573, für das vierte Schuljahr Daten von n = 595 Schüler*innen vor. Für beide Messzeitpunkte vollständige Daten für die Teilnahme an mindestens einem Testtag (siehe nachfolgender Abschnitt), liegen für n = 542 Schüler*innen vor. Es besuchten n = 329 Schüler*innen staatliche Grundschulen, alle anderen private Grundschulen. Für n = 582 Schüler*innen liegen Informationen bezüglich der Übergangsempfehlung vor: für 67,9 % dieser Schüler*innen haben die Lehrkräfte angegeben, eine Gymnasialempfehlung erteilt zu haben („Übergangsempfehlung hinsichtlich zukünftiger Schulart“). Zwei Schulen sind in Berlin, eine in Thüringen, eine in Mecklenburg-Vorpommern, zehn in Sachsen lokalisiert. In allen Bundesländern sind die Halbjahresnoten in Deutsch und Mathematik, in Sachsen und Thüringen auch die des Sachunterrichts, zum Erhalt einer Gymnasialempfehlung maßgeblich. Diese dürfen nicht schlechter als die Note ‚zwei‘ ausfallen oder es muss zumindest im Durchschnitt die Note ‚zwei‘ vorliegen. Während in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern die Grundschulen eine beratende Funktion haben und das fünfte Schuljahr als Probejahr gewertet wird, kann ein Gymna- 164 Claudia Pereira Kastens und Martin van Wickeren sium in Sachsen und Thüringen ohne Empfehlung nur auf Antrag besucht werden und wenn die Schüler*innen eine schriftliche Leistungserhebung bestehen (Schulgesetz des Landes Berlin, 2004; Schulgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 2010; Schulgesetz für den Freistaat Sachsen, 2010; Schulgesetz des Landes Thüringen, 2003). Instrumente Die Schüler*innen wurden am Ende des dritten und vierten Schuljahres zu ihrem Lernverhalten, Interesse am Unterricht, Selbstkonzepten und Selbstwirksamkeitserwartungen befragt. Um die Schüler*innen nicht zu überlasten, fanden die Befragungen an zwei Tagen statt. Die Kinder erhielten über die Tage verteilt mehrere Testhefte, in denen einzelne Abschnitte in Form von Modulen dargeboten wurden. Die Noten und die Übergangsempfehlung entstammen den Trackinglisten, die die Lehrkräfte zu Beginn der Erhebung ausgefüllt hatten. Die Befragung der Schüler*innen erfolgte über geschulte Testleiter*innen in Kooperation mit dem IEA Data Processing and Research Center (DPC). Ab dem zweiten Schuljahr wurden die Schüler*innen im Klassenverband befragt. Um dennoch Differenzen in der Lesefähigkeit der Kinder kompensieren zu können, wurden alle Items und Antwortformate der paper-pencil-Fragebögen ab dem zweiten Schuljahr von geschulten Testleiter*innen vorgelesen. Lernverhalten Das Lernverhalten wurde für den Mathematik- und den Deutschunterricht („Ich gebe mir im …-unterricht Mühe.“) mit sechs Items (adaptiert nach Trautwein & Köller, 2003) erfasst. Das Antwortformat war vierstufig: 1 = stimmt überhaupt nicht; 2 = stimmt eher nicht; 3 = stimmt eher; 4 = stimmt genau. Die interne Konsistenz lag für Mathematik bei α = .77, für Deutsch bei α = .79. Interesse Das Interesse am Mathematik- und Deutschunterricht („Was wir im …-unterricht lernen, interessiert mich.“) wurde Ende des vierten Schuljahres mit sieben Items (adaptiert nach Hartinger & Hawelka, 2005; zitiert nach Klieme, Pauli & Reusser, 2005) erfasst. Das Antwortformat war vierstufig (s. o.), die interne Konsistenz lag für Mathematik bei α = .91, für Deutsch bei α = .91. Selbstwirksamkeitserwartung Die Selbstwirksamkeitserwartung für die Fächer Mathematik und Deutsch („Auch wenn ich im …-unterricht eine schwierige Aufgabe lösen soll, glaube ich, dass ich das schaffen werde.“) wurde mit vier Items (Grützemann, 2003 in Anlehnung an Jerusalem & Satow, 1999) erfasst. Das Antwortformat war ebenfalls vierstufig (s. o.). Die interne Konsistenz lag für Mathematik bei α = .74, für Deutsch bei α = .73. Fähigkeitsselbstkonzept Das Selbstkonzept wurde für die Leistungsbereiche Rechnen, Lesen und Schreiben erfasst (Lipowsky, Faust & Greb, 2011). Ein Beispielitem lautet: „Wie gut bist du beim Rechnen/ Lesen/ Schreiben? “. Das Antwortformat war dreistufig und an das jeweilige Item angepasst (bzgl. Beispielitem: 1 = nicht so gut; 2 = gut; 3 = sehr gut). Höhere Ausprägungen stellten dabei für alle Items höhere Selbstkonzeptausprägungen dar. Die internen Konsistenzen lagen bei α = .88 / .90 / .83. Analysen Die Lehrkräfte hatten die Möglichkeit, neben dem Gymnasium die Schulformen Hauptschule, Realschule, Gesamtschule, Orientierungsstufe oder sechsjährige Grundschule, Mittelschule/ Regelschule und Förderschule auszuwählen oder anzugeben, dass das Kind das vierte Schuljahr wiederholen würde. Da hier nur die Erklärung einer Gymnasialempfehlung im Fokus steht, wurden alle sonstigen Schulformen zusammengefasst und als „nicht-Gymnasium“ kodiert. Die Varianzanalysen und die multiplen Regressionen wurden in SPSS 28.0 (IBM SPSS Statistics) berechnet. Die multivariaten Regressionsanalysen wurden nach Fach getrennt für jedes untersuchte Merkmal berechnet. Als Kriterium dienten somit die Werte aus dem zweiten Messzeitpunkt am Ende des vierten Schuljahres. In einem ersten Modell (M1) wurden die fachbezogene Note aus dem Zeugnis Ende des dritten Schuljahres und zu jedem untersuchten Merkmal der Wert aus der Befragung Ende Klasse 3 als Prädiktoren (UVs) im Modell aufgenommen. In einem zweiten Modell (M2) folgte die Gymnasialempfehlung (mit 1 oder 0 kodiert) als weiterer Prädiktor. In allen Modellen wurde zusätzlich der Einfluss des Geschlechts kontrolliert. Fehlende Werte durch Abbruch der Befragung wurden durch Vorlesen der Items verhindert. Da die Erhebungen an mehreren Tagen in Modulen durchgeführt wurden, Effekte der Gymnasialempfehlung 165 konnten aber organisatorische Notwendigkeiten an den Schulen dazu führen, dass manche Schüler*innen oder Gruppen von Schüler*innen in unterschiedlicher Anzahl an verschiedenen Erhebungszeitpunkten, auch innerhalb eines Tages oder zu bestimmten Zeitpunkten, gefehlt haben (Quoten: 4.5 % für Angaben zur Deutschnote am Ende des vierten Schuljahres und maximal 11 % für Selbstwirksamkeitserwartung, Unterrichtsinteresse und Lernverhalten in Mathematik am Ende des dritten Schuljahres). Ergebnisse Aus Platzgründen finden sich Tabellen mit deskriptiven Kennwerten, die Korrelationsmatrix und Ergebnisse der Varianzanalysen zur Prüfung von Ausprägungsunterschieden zwischen denjenigen Schüler*innen mit und ohne Gymnasialempfehlung am Ende des dritten und vierten Schuljahrs in den Tabellen A1 und A2 für beide Fächer im Anhang. Um die dort auf Ebene der Gesamtstichprobe und nach Gruppen erkennbaren deskriptiven Entwicklungen und Unterschiede statistisch abzusichern, sind im Folgenden (Tabelle 1) Ergebnisse der Varianzanalysen mit Messwiederholung (MANOVA) aufgeführt (Haupteffekte für den Faktor Zeit und die Interaktionseffekte zwischen Zeit × Übergangsempfehlung). Für beide Fächer zeigen sich signifikante Haupt- und Interaktionseffekte für die Noten, wobei sich diese für die Schüler*innen ohne Gymnasialempfehlung leicht verschlechtern (Mathematik t1 = 2.67, Mathematik t2 = 2.90; Deutsch t1 = 2.57, Deutsch t2 = 2.71), während sie F df p Eta² Mathematik Note Zeit Zeit × Gym 17.83 26.17 1; 548 1; 548 < .001 < .001 .03 .05 Lernverhalten Zeit Zeit ×Gym 31.45 6.83 1; 492 1; 492 < .001 .009 .06 .01 Unterrichtsinteresse Zeit Zeit ×Gym 91.93 11.44 1; 492 1; 492 < .001 < .001 .16 .02 Selbstwirksamkeitserwartung Zeit Zeit ×Gym 15.22 13.99 1; 492 1; 492 < .001 < .001 .03 .03 Selbstkonzept Rechnen Zeit Zeit ×Gym 1.85 9.02 1; 492 1; 492 .175 .003 .00 .02 Deutsch Note Zeit Zeit ×Gym 17.63 5.25 1; 567 1; 567 < .001 .022 .03 .01 Lernverhalten Zeit Zeit ×Gym 8.28 5.86 1; 485 1; 485 .004 .016 .02 .01 Unterrichtsinteresse Zeit Zeit ×Gym 23.85 6.90 1; 483 1; 483 < .001 .009 .05 .01 Selbstwirksamkeitserwartung Zeit Zeit ×Gym 6.35 11.27 1; 485 1; 485 .012 < .001 .01 .02 Selbstkonzept Schreiben Zeit Zeit ×Gym 1.20 0.63 1; 493 1; 493 .275 .428 .00 .00 Selbstkonzept Lesen Zeit Zeit ×Gym 2.25 5.97 1; 493 1; 493 .134 .015 .01 .01 Tab. 1: Ergebnisse der Varianzanalyse mit Messwiederholung (MANOVA) und der Übergangsempfehlung als Faktor. Dargestellt sind die Haupteffekte (Zeit) und Interaktionseffekte (Zeit × Übergangsempfehlung Gymnasium) 166 Claudia Pereira Kastens und Martin van Wickeren bei Vorliegen einer Gymnasialempfehlung kaum Veränderungen zeigen (Mathematik t1 = 1.81, Mathematik t2 =1.78; Deutsch t1 =1.65,Deutsch t2 =1.69). Weiter zeigten sich nur für die akademischen Selbstkonzepte im Lesen, Rechnen und Schreiben keine signifikanten Haupteffekte des Faktors Zeit (siehe auch Tabellen A1). Diese weisen im vierten Schuljahr, wie in der Korrelationsmatrix (Tabelle A2) ersichtlich, auch eine hohe korrelative Stabilität über die Zeit auf. Interaktionseffekte hingegen lassen sich für alle Merkmale, mit Ausnahme des Selbstkonzepts im Schreiben, nachweisen: Während sich die mittleren Ausprägungen der untersuchten Modell 1 Modell 2 b SE(b) ß b SE(b) ß Lernverhalten Konstante 2.10 0.17 1.97 0.19 Sex 3. Sj. Note Gym -0.03 0.43 -0.10 0.04 0.04 0.02 -.03 .39*** -.14*** -0.04 0.43 -0.07 0.10 0.04 0.04 0.03 0.05 -.04 .41*** -.12* .10* R² n .19*** 496 .22*** 476 Unterrichtsinteresse Konstante 1.63 0.19 1.59 0.22 Sex 3. Sj. Note Gym -0.08 0.57 -0.19 0.06 0.05 0.04 -.06 .45*** -.20*** -0.07 0.57 -0.19 0.07 0.06 0.05 0.04 0.07 -.05 .45*** -.19*** .04 R² n .27*** 498 .27*** 478 Selbstwirksamkeitserwartung Konstante 2.08 0.17 1.83 0.19 Sex 3. Sj. Note Gym -0.09 0.46 -0.15 0.04 0.04 0.03 -.09* .44*** -.20*** -0.10 0.45 -0.09 0.24 0.04 0.04 0.03 0.05 -.09* .43*** -.12** .19*** R² n .31*** 498 .34*** 478 Selbstkonzept Rechnen Konstante 1.18 0.13 1.04 0.13 Sex 3. Sj. Note Gym -0.08 0.61 -0.13 0.03 0.04 0.02 -.08* .58*** -.20*** -0.09 0.60 -0.09 0.14 0.03 0.04 0.02 0.04 -.09** .56*** -.15*** .13*** R² n .52*** 498 .53*** 478 Anmerkungen: Gym = Erhalt Gymnasialempfehlung, kodiert mit 1. Sex = Geschlecht, weiblich mit 1 kodiert. * p < .05. ** p < .01. *** p < .001. Tab. 2 a: Ergebnisse der multivariaten Regressionsanalyse für das Fach Mathematik Effekte der Gymnasialempfehlung 167 Modell 1 Modell 2 b SE(b) ß b SE(b) ß Lernverhalten Konstante 2.00 0.17 2.08 .18 Sex 3. Sj. Note Gym -0.05 0.44 -0.07 0.04 0.04 0.03 -.06 .41*** -.11* 0.09 0.41 -0.09 0.10 .04 .04 .03 .05 .09* .40*** -.14*** .10* R² n .19*** 510 .26*** 481 Unterrichtsinteresse Konstante 1.73 0.16 1.59 0.19 Sex 3. Sj. Note Gym 0.11 0.50 -0.11 0.05 0.04 0.03 .09* .48*** -.13*** 0.13 0.50 -0.08 0.10 0.05 0.04 0.04 0.07 .10* .47*** -.09 .07 R² n .27*** 497 .27*** 479 Selbstwirksamkeitserwartung Konstante 2.17 0.16 1.89 0.17 Sex 3. Sj. Note Gym 0.03 0.44 -0.18 0.04 0.04 0.03 .03 .45*** -.24*** 0.04 0.43 -0.10 0.23 0.04 0.04 0.03 0.05 .04 .44*** -.14** .20*** R² n .34*** 499 .37*** 481 Selbstkonzept Schreiben Konstante 1.11 0.11 0.99 0.12 Sex 3. Sj. Note Gym 0.06 0.60 -0.11 0.03 0.04 0.02 .06 .58*** -.17*** 0.07 0.60 -0.08 0.08 0.03 0.04 0.03 0.04 .07* .58*** -.12** .08* R² n .47*** 511 .48*** 491 Selbstkonzept Lesen Konstante 1.12 0.11 1.04 0.12 Sex 3. Sj. Note Gym 0.04 0.64 -0.14 0.03 0.03 0.02 .04 .62*** -.21*** 0.05 0.62 -0.11 0.12 0.03 0.03 0.03 0.04 .05 .60*** -.17*** .11** R² n .54*** 511 .54*** 491 Anmerkungen: Gym = Erhalt Gymnasialempfehlung, kodiert mit 1. Sex = Geschlecht, weiblich mit 1 kodiert. * p < .05. ** p < .01. *** p < .001. Tab. 2 b: Ergebnisse der multivariaten Regressionsanalyse für das Fach Deutsch 168 Claudia Pereira Kastens und Martin van Wickeren Merkmale für Schüler*innen mit Gymnasialempfehlung nicht signifikant verändern, zeigen sich für Schüler*innen ohne Gymnasialempfehlung signifikante Abfälle, wobei die Effekte insgesamt eher klein ausfallen (siehe Abbildungen A1 a und A1 b). Um abschließend zu prüfen, ob der Erhalt der Gymnasialempfehlung auch nach Kontrolle der Noten Entwicklungen der untersuchten affektiv-motivationalen und verhaltensbezogenen Merkmale im vierten Schuljahr erklären kann, wurden multiple Regressionen berechnet. Zunächst zeigen sich in Modell 1 in den Tabellen 2 a und 2 b für alle untersuchten Merkmale starke „Matthäuseffekte“ in beiden Fächern: Schüler*innen, die bereits zum Ende des dritten Schuljahres ein positives Lernverhalten berichten, ein ausgeprägtes Interesse am Unterricht bekunden, sich als selbstwirksam und kompetent einschätzen, tun dies mit großer Wahrscheinlichkeit auch am Ende des vierten Schuljahres. Wie erwartet, sind die Selbsteinschätzungen der Schüler*innen hinsichtlich ihres Lernverhaltens, Unterrichtsinteresses, ihrer Selbstwirksamkeitserwartung und Selbstkonzepte in beiden Fächern am Ende des vierten Schuljahres zudem auf die Noten vom Ende des dritten Schuljahres zurückzuführen: Je besser die Noten, desto ausgeprägter ein positives Lernverhalten, Unterrichtsinteresse, Selbstwirksamkeitserwartung und Selbstkonzept. Darüber hinaus zeigen sich jedoch für beide Fächer in den Modellen zwei signifikante Effekte des Erhalts einer Gymnasialempfehlung für das Lernverhalten (Deutsch: ß = .10; Mathematik: ß = .10), aber insbesondere für die Selbstwirksamkeitserwartung (Deutsch: ß = .20; Mathematik: ß = .19) und auch die Selbstkonzepte (Lesen: ß = .11; Schreiben: ß = .08; Rechnen: ß = .13) der Schüler*innen (siehe Tabelle 2 a und 2 b, Modell 2). Der anvisierte Schulbesuch scheint zusätzlich zu den Noten einen eigenen Beitrag zur Erklärung der Entwicklung von Kompetenzüberzeugungen und Lernverhalten der Schüler*innen aufzuweisen. Kein Effekt der Übergangsempfehlung zeigt sich für die Entwicklung des fachbezogenen Interesses in beiden Fächern. Diskussion Am Ende der Grundschulzeit befinden sich Schüler*innen in der Vorbereitung auf den Übergang auf die weiterführende Schule. Mit dieser Studie wurde untersucht, ob sich bereits in dieser Phase vor dem eigentlichen Übergang, der in der Literatur oftmals als herausfordernde und kritische Zeit in der Bildungsbiografie von Schüler*innen in Deutschland benannt wird, mögliche Anpassungsprozesse bei Schüler*innen vollziehen. Genauer wurde untersucht, wie sich akademische Selbstkonzepte, Selbstwirksamkeitserwartungen, fachbezogene Interessen und Lernverhalten in Deutsch und Mathematik vom Ende des dritten bis Ende des vierten Schuljahres entwickeln und inwiefern diese Entwicklungen auch nach Kontrolle der Leistungen durch den Erhalt der Übergangsempfehlung beeinflusst sind. Dabei wird u. a. vor dem Hintergrund der Person-Environment-Fit-Theory postuliert, dass Schüler*innen, die einen Gymnasialbesuch anvisieren, nicht nur im Hinblick auf ihre Leistungen hervorstechen sollten, sondern sich auch durch positive Selbsteinschätzungen in ihren Interessen, Lernverhalten und Kompetenzüberzeugungen auszeichnen sollten. Es zeigt sich, dass Noten, fachbezogenes Interesse, Selbstwirksamkeitserwartungen und Lernverhalten im vierten Schuljahr im Mittel sinken. Lediglich die akademischen Selbstkonzepte weisen eine mittlere bis hohe korrelative und Mittelwertstabilität über die Zeit auf. Da die korrelative Stabilität für die Noten in beiden Fächern ebenfalls bei über r < .70 liegt und eine hohe interindividuelle Stabilität impliziert, scheint es, dass sich die Verschlechterung der Noten im vierten Schuljahr nicht im selben Zeitraum auf die Fähigkeitseinschätzungen der Schüler*innen auswirkt. Sofern es sich hierbei nicht um ein spezifisches, mit dem Übergang an der deutschen Grundschule verbundenes Phänomen handelt, wäre denkbar, dass sich akademische Selbstkonzepte, welche sich über die Zeit und in Folge positiver Leistungsentwicklungen retrospektiv ausbilden (vgl. Wu, Guo, Yang, Le Zhao, & Guo, 2021), dies mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung tun. Für die anderen untersuchten Merk- Effekte der Gymnasialempfehlung 169 male machen sich im Mittel eher Ermüdungserscheinungen bemerkbar: Noten, Kompetenzeinschätzungen, Interesse und Lernverhalten sinken im Mittel. Die Mittelwertvergleiche zeigen wie erwartet, dass sich Schüler*innen, die eine Gymnasialempfehlung erhalten, signifikant in ihrer Leistung, aber auch in der Ausprägung ihres Lernverhaltens, ihres fachbezogenen Interesses, ihren Selbstwirksamkeitserwartungen und in ihren Selbstkonzepten sowohl am Ende des dritten als auch am Ende des vierten Schuljahres unterscheiden. Umso bedeutsamer erscheinen daher die Ergebnisse dieses Beitrags zur Klärung der Frage, wie sich der Erhalt einer Übergangsempfehlung für das Gymnasium auf die Entwicklung affektiv-motivationaler und verhaltensbezogener Merkmale auswirkt. Die Ergebnisse der MANOVAs bestätigen differenzielle Entwicklungen zwischen den Gruppen. Allerdings nicht derart, dass Schüler*innen, die eine Gymnasialempfehlung erhalten, diese als zusätzliche positive Leistungsrückmeldung in ihr Selbst integrieren und sich als kompetenter wahrnehmen und ein besseres Lernverhalten zeigen, wie es bspw. der Pygmalioneffekt vermuten ließe. Stattdessen führt der Nicht-Erhalt einer Gymnasialempfehlung dazu, dass das Lernverhalten, die Selbstwirksamkeitserwartungen, fachbezogenen Interessen, Selbstkonzepte und Noten dieser Schüler*innen abnehmen. Erklären lässt sich dieses Phänomen möglicherweise durch eine Zunahme ungünstiger sozialer Vergleichsprozesse für die Kinder: Unter der Prämisse, dass der Erhalt einer Gymnasialempfehlung tendenziell als Bestätigung besonderer Leistungsfähigkeit wahrgenommen wird, wird damit den Kindern, die diese Bestätigung nicht erhalten, vor Augen geführt, dass sie als weniger leistungsfähig gelten. Darüber hinaus transportieren die Lehrkräfte Leistungserwartungen an die Kinder, die über die üblichen Bewertungen erbrachter Leistungen in Klassenarbeiten bspw. hinausgehen: Auch für die Zukunft wird den Kindern weniger zugetraut. An dieser Stelle wäre zudem denkbar, dass sich die ungünstigen Effekte weiter verstärken, wenn die Erwartungen der Eltern an den Übergang kontrolliert würden, da auch sie bedeutsame Effekte auf das Erleben des Übergangs haben und nicht unbedingt mit den Empfehlungen der Lehrkräfte übereinstimmen müssen (vgl. Helsper et al., 2007; Sirsch, 2000). Für das Selbstkonzept im Schreiben lassen sich im Vergleich zum Lesen weder signifikante Haupteffekte noch Interaktionseffekte finden. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass der Lesekompetenz eine andere Relevanz in schulischen Bildungsprozessen zugewiesen wird (reading literacy in PISA & PIRLS/ IGLU; Artelt, Drechsel, Bos & Stubbe, 2009), und verdeutlicht die Notwendigkeit, auch bei der Operationalisierung akademischer Selbstkonzepte im Deutschunterricht zwischen den Domänen Lesen und Schreiben, als zwei zentralen Lernbereichen des Deutschunterrichts der Grundschule, zu differenzieren (Ehm, Lindberg & Hasselhorn, 2014; Kastens, Gabriel & Lipowsky, 2013; Lipowsky, Kastens, Lotz & Faust, 2011). Die Ergebnisse der multivariaten Regressionsanalysen zeigen auch nach Kontrolle der Noten am Ende des dritten Schuljahres signifikante Effekte der Übergangsempfehlung auf die Ausprägung aller Selbstkonzepte, die Selbstwirksamkeitserwartungen und das Lernverhalten, allerdings nicht auf die fachbezogenen Interessen. Dies kann daran liegen, dass das fachbezogene Interesse im Vergleich zu kompetenzbezogenen Merkmalen stärker von Merkmalen des Unterrichts abhängig ist (vgl. Hartinger & Hawelka, 2005). Der Effekt der Gymnasialempfehlung bleibt für die Selbstwirksamkeitserwartungen in Deutsch und Mathematik und das Selbstkonzept im Lesen sogar nach Kontrolle der Noten am Ende des vierten Schuljahres bestehen. 1 Selbstwirksamkeitserwartung ist als eine Form der Kompetenzüberzeugung definiert, die sich darauf bezieht, erwartete Hindernisse bewältigen zu können, und die in der Grundschule Zusammenhänge mit der tatsächlichen Leistung aufweist (Helmke & van Aken, 1995; Kammermeyer & Martschinke, 2006). Das Selbstkonzept umfasst hingegen affektive und kognitive Überzeugungen eigener Fähigkeiten, die sich aus 1 Ergebnisse hierzu sind bei den Autoren auf Nachfrage erhältlich. 170 Claudia Pereira Kastens und Martin van Wickeren vergangenen Leistungserfahrungen ausbilden (Shavelson, Hubner & Stanton, 1976). Somit bekräftigen die Ergebnisse die Annahme, dass der Erhalt der Übergangsempfehlung für oder gegen das Gymnasium für Schüler*innen mehr ist als nur eine Selektionsentscheidung, sondern auch zusätzliche Informationen zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit beinhaltet und bereits vor dem Übergang Entwicklungsprozesse bzw. Adaptionen, insbesondere kompetenzbezogener Selbsteinschätzungen, beeinflusst. Da sich negative Verläufe für Schüler*innen zeigen, die keine Gymnasialempfehlung erhalten, stellt sich darüber hinaus die Frage, ob und wie Übergangsempfehlungen mittel und langfristig die Entwicklung affektiv-motivationaler Merkmale von Schüler*innen beeinflussen und inwiefern solche Effekte auch von weiteren Faktoren, wie dem familiären Hintergrund, beeinflusst sind. Limitationen der Studie und Ausblick Anhand der hier berichteten Studie lassen sich noch keine belastbaren Aussagen bezüglich der praktischen Relevanz der empirisch nachweisbaren Befunde treffen, da alle berichteten Effekte eher klein (Lakens, 2013) ausfallen (wenngleich für solche Studien nicht ungewöhnlich). Des Weiteren ist unklar, ob es sich bei dem Abfall des fachbezogenen Interesses, Lernverhaltens und der Kompetenzüberzeugungen der Schüler*innen ohne Gymnasialempfehlung um einen pädagogisch als besorgniserregenden Einbruch oder um angemessene Anpassungen handelt. Anhand von Daten derselben hier herangezogenen Population konnten Jonberg, Kastens und Lipowsky (2021) auch eine Zunahme der Prüfungsangst im Rechnen für Schüler*innen mit geringen akademischen Selbstkonzepten finden. Es bleibt die Frage, ob die Effekte des (Nicht-)Erhalts einer Gymnasialempfehlung bspw. auch für Bundesländer nachweisbar sind, in denen die Empfehlung zwar einerseits eine Leistungsrückmeldung der Lehrkräfte darstellt, diese aber weniger stark bindend und damit weniger relevant für die tatsächliche Schulformwahl sind. Auch könnte der in einer Schule vorherrschende Leistungsanspruch beeinflussen (für die vorliegende Stichprobe besuchten fast die Hälfte der Kinder eine Privatschule), wie sich kompetenzbezogene Aspekte bei Schüler*innen ohne Gymnasialempfehlung entwickeln. Da wir zum Übergang selber keine Daten vorliegen haben, bleiben zudem Fragen zur Bewältigung des Übergangs offen. In diesem Beitrag haben wir außerdem weder Erwartungshaltungen der Eltern noch Wünsche der Schüler*innen zum Übergang erfasst. Nach Sirsch (2000) ist das Risiko einer bedrohlichen Wahrnehmung des Übergangs eher zu erwarten, wenn Anforderungen und Erwartungen der Lehrkräfte und insbesondere der Eltern nicht mit den Selbsteinschätzungen der Schüler*innen übereinstimmen. Darüber hinaus sind sowohl die Notenvergabe als auch die Wahrscheinlichkeit, eine Gymnasialempfehlung zu erhalten, nicht unabhängig von Klassenkompositionsmerkmalen (Milek, Lüdtke, Trautwein, Maaz & Stubbe, 2010): Je leistungsstärker die Klasse im Mittel, desto höher die Wahrscheinlichkeit, eine Gymnasialempfehlung zu erhalten (Neumann, Milek, Maaz & Gresch, 2010). Gleichzeitig ist es in überdurchschnittlich leistungsstarken Klassen schwieriger, gute Noten für gute Leistungen zu erhalten (Faber, 2013). Schüler*innen in unterdurchschnittlich starken Klassen könnten im sozialen Vergleich bessere Leistungen attestiert bekommen, als dies in einer leistungsstärkeren Klasse der Fall wäre, und durch einen positiven sozialen Vergleich hohe akademische Selbstkonzepte ausbilden. Nach dem Übergang auf das Gymnasium wären dann für diese Schüler*innen trotz der stabilen hohen Verläufe im vierten Schuljahr Schwierigkeiten bezüglich der Adaption möglich. In diesem Beitrag haben wir lediglich Effekte der Übergangsempfehlung auf die Entwicklung kompetenzbezogener Merkmale und des Unterrichtsinteresses untersucht und dabei (mit Ausnahme des Geschlechts) keine weiteren, möglichen Kovariaten berücksichtigt. Unsere Ergebnisse zeigen jedoch, dass Effekte der Übergangsempfehlung über ihre Selektionsfunktion hinausgehend wirken können. Weiterführende Studien sollten somit multifaktorielle und differenzielle Wirkungsgefüge stärker beachten und dabei mögliche Gruppenunterschiede prüfen. 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A1: Mittelwerte, SD und Ergebnisse der ANOVA zur Ermittlung möglicher Unterschiede in den Selbsteinschätzungen zu Motivation, Selbstkonzept und zwischen den Gruppen mit und ohne Gymnasialempfehlung (Gym) im dritten und vierten Schuljahr Effekte der Gymnasialempfehlung 175 Abb. A1 a: Veränderungen der Mittelwerte aller vier untersuchten Merkmale vom dritten zum vierten Schuljahr, getrennt nach Erhalt bzw. Nicht-Erhalt einer Gymnasialempfehlung für das Fach Mathematik. Anmerkungen: Lernv = Lernverhalten, UntInt = Unterrichtsinteresse, Swe = Selbstwirksamkeitserwartung, Sk = Selbstkonzept. Skalenmaximum Selbstkonzept = 3. 4 3.5 3 2.5 2 1.5 1 3. Sj. 4. Sj. 3. Sj. 4. Sj. 3. Sj. 4. Sj. 3. Sj. 4. Sj. LernV UntInt Swe Sk 3.55 3.45 3.46 3.28 3.46 3.43 3.23 3.01 3.42 3.18 3.40 2.98 2.34 2.05 2.36 1.97 nicht Gym Gym Abb. A1 b: Veränderungen der Mittelwerte aller vier untersuchten Merkmale vom dritten zum vierten Schuljahr, getrennt nach Erhalt bzw. Nicht-Erhalt einer Gymnasialempfehlung für das Fach Deutsch. Anmerkungen: Lernv = Lernverhalten, UntInt = Unterrichtsinteresse, Swe = Selbstwirksamkeitserwartung, SK = Selbstkonzept. Skalenmaximum Selbstkonzept = 3. 4 3.5 3 2.5 2 1.5 1 3. Sj. 4. Sj. 3. Sj. 4. Sj. 3. Sj. 4. Sj. 3. Sj. 4. Sj. 3. Sj. 4. Sj. 3.54 nicht Gym Gym LernV UntInt Swe Sk Schreiben Sk Lesen 3.42 3.52 3.33 3.42 3.38 3.33 3.18 3.47 3.17 3.47 3.04 2.32 2.01 2.36 2.03 2.59 2.25 2.60 2.17 176 Claudia Pereira Kastens und Martin van Wickeren Mathematik Deutsch (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9) (10) (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (11) (12) (13) (14) (1) Note 3. Sj. 2.07 (.78) 1.93 (.75) (2) Note 4. Sj. .77** 2.13 (.82) .80** 2.02 (.78) (3) LernV 3. Sj. -.22** -.21** 3.51 (.45) -.26** -.22** 3.50 (.45) (4) LernV 4. Sj. -.22** -.24** .43** 3.39 (.47) -.29** -.25** .46** 3.45 (.46) (5) UntInt 3. Sj. -.09* -.09* .56** .36** 3.44 (.58) -.10* -.09* .54** .32** 3.40 (.63) - (6) UntInt 4. Sj. -.25** -.25** .37** .65** .49** 3.15 (.73) -.18** -.14** .35** .62** .50** 3.28 (.66) (7) Swe 3. Sj. -.35** -.38** .59** .36** .49** .35** 3.33 (.55) -.38** -.39** .64** .37** .53** .39** 3.36 (.57) (8) Swe 4. Sj. -.37** -.44** .35** .67** .33** .56** .53** 3.26 (.57) -.43** -.44** .38** .63** .27** .52** .54** 3.33 (.54) (9) Sk Rechnen 3. Sj. -.53** -.49** .45** .31** .38** .34** .64** .51** 2.24 (.47) (10) Sk Rechnen 4. Sj. -.49** -.55** .34** .49** .25** .46** .54** .68** .71** 2.23 (.48) (11) Sk Schreiben 3. Sj. -.45** -.44** .36** .32** .24** .25** .51** .41** 2.21 (.46) (12) Sk Schreiben 4. Sj. -.42** -.45** .27** .40** .17** .32** .44** .58** .67** 2.25 (.47) (13) Sk Lesen. 3. Sj. -.39** -.40** .27** .19** .12** .12** .44** .34** .46** .41** 2.47 (.48) (14) Sk Lesen 4. Sj. -.44** -.45** .22** .30** .13** .22** .40** .48** .37** .56** .70** 2.45 (.50) Tab. A2: Deskriptive Kennwerte und Korrelationsmatrix aller Skalen für Mathematik und Deutsch Anmerkungen: fett = Intraindividuelle Stabilität zwischen dem dritten und vierten Schuljahr. Mittelwerte und Standardabweichungen in der Diagonalen. Lernv = Lernverhalten, UntInt = Unterrichtsinteresse, Swe = Selbstwirksamkeitserwartung, SK = Selbstkonzept. * p < .05; ** p < .01.
