Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/peu2024.art07d
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2024
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Empirische Arbeit: Entwicklung der mathematischen und Lesekompetenzen über sieben Jahre: Individuelle Determinanten und die Rolle der Schulform in der Sekundarstufe I
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2024
Jana Kähler
Olaf Köller
Mit Daten der Startkohorte 2 des Nationalen Bildungspanels (NEPS, N=5436) wurde analysiert, wie sich die mathematischen und Lesekompetenzen von Schülerinnen und Schülern in Deutschland in der Grundschule und Sekundarstufe I entwickeln und inwiefern die Schulformwahl als Mediator für soziale und herkunftsbezogene Merkmale dient. Dabei zeigten Effektstärken, dass die mathematischen Kompetenzen in der Grundschule deutlich stärker zunahmen als am Anfang der Sekundarstufe I und dass es deutliche Unterschiede im Wachstum zwischen den Kindern gab, wenn diese getrennt nach Schulform untersucht wurden. Darüber hinaus zeigte sich, dass die Schulformwahl in der Sekundarstufe I vor allem durch die Noten in Deutsch und Mathematik vorhergesagt wurde. Die Schulform selbst stellte für die mathematischen und Lesekompetenzen in der 7. Klasse einen wichtigen Prädiktor und Mediator dar. Neben den Noten zeigten sich dabei sowohl für die Kompetenzen in der Grundschule als auch die sozialen und herkunftsbezogenen Merkmale indirekte Effekte über die Schulform auf die späteren Kompetenzen. Bereits zu Beginn der Grundschule ergaben sich Kompetenzunterschiede zwischen den Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Herkunft, die bis in die Sekundarstufe I bestehen blieben.
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n Empirische Arbeit Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2024, 71, 57 -79 DOI 10.2378/ peu2024.art07d © Ernst Reinhardt Verlag Zusammenfassung: Mit Daten der Startkohorte 2 des Nationalen Bildungspanels (NEPS, N = 5 436) wurde analysiert, wie sich die mathematischen und Lesekompetenzen von Schülerinnen und Schülern in Deutschland in der Grundschule und Sekundarstufe I entwickeln und inwiefern die Schulformwahl als Mediator für soziale und herkunftsbezogene Merkmale dient. Dabei zeigten Effektstärken, dass die mathematischen Kompetenzen in der Grundschule deutlich stärker zunahmen als am Anfang der Sekundarstufe I und dass es deutliche Unterschiede im Wachstum zwischen den Kindern gab, wenn diese getrennt nach Schulform untersucht wurden. Darüber hinaus zeigte sich, dass die Schulformwahl in der Sekundarstufe I vor allem durch die Noten in Deutsch und Mathematik vorhergesagt wurde. Die Schulform selbst stellte für die mathematischen und Lesekompetenzen in der 7. Klasse einen wichtigen Prädiktor und Mediator dar. Neben den Noten zeigten sich dabei sowohl für die Kompetenzen in der Grundschule als auch die sozialen und herkunftsbezogenen Merkmale indirekte Effekte über die Schulform auf die späteren Kompetenzen. Bereits zu Beginn der Grundschule ergaben sich Kompetenzunterschiede zwischen den Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Herkunft, die bis in die Sekundarstufe I bestehen blieben. Schlüsselbegriffe: Mathematische Kompetenzen, Lesekompetenzen, Soziale und herkunftsbezogene Disparitäten, Übergang in die Sekundarstufe I Development of mathematical and reading competencies over seven years: individual determinants and the role of the school type in lower secondary level Summary: We analyzed the development of mathematical and reading competencies of German students from primary to secondary school with data from Starting Cohort 2 of the National Educational Panel Study (NEPS, N = 5,436). Moreover, we examined if the chosen school type served as a mediator for social and migration-related disparities. Effect sizes showed that mathematical competencies increased more in primary school than at the beginning of secondary school and that there were significant differences in the growth between students from different school types. Furthermore, results showed that grades in German and math primarily predicted the chosen school type in secondary school. The school type, in turn, was a significant predictor and mediator for mathematical and reading competencies in 7 th grade. In addition to the grades in German and math, there were indirect effects from competencies in primary school and social and migrationrelated characteristics via school type on the later competencies. Competence differences among students emerged at the beginning of primary school due to family background and persisted into secondary school. Keywords: Mathematical competencies, reading competencies, social and migration-related disparities, transition to secondary school Entwicklung der mathematischen und Lesekompetenzen über sieben Jahre: Individuelle Determinanten und die Rolle der Schulform in der Sekundarstufe I Jana Kähler, Olaf Köller Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) 58 Jana Kähler, Olaf Köller Einleitung Internationale Vergleichsstudien wie das Programme for International Student Assessment (PISA, Lewalter et al., 2023), die Trends in International Mathematics and Science Study (TIMSS, Schwippert et al., 2020) oder die Progress in International Reading Literacy Study (PIRLS, McElvany et al., 2023) haben soziale und herkunftsbezogene Disparitäten in den Leistungen in den Bereichen Mathematik, Lesen und Naturwissenschaften sowie Geschlechterdifferenzen in diesen Kompetenzbereichen aufgezeigt. Die letzten TIMSS- Ergebnisse ergaben darüber hinaus, dass Grundschülerinnen und -schüler in Deutschland in Bezug auf ihre mathematischen Kompetenzen unter dem EU-Durchschnitt lagen (Schwippert et al., 2020). In PIRLS verfügte bereits im Jahr 2016 ein bedeutsamer Anteil an Schülerinnen und Schülern in der Grundschule lediglich über rudimentäre Lesekompetenzen (Bos,Valtin, Hußmann, Wendt & Goy, 2017), der Anteil ist fünf Jahre später weiter angestiegen (McElvany et al., 2023). Dabei spielen mathematische und Lesekompetenzen eine entscheidende Rolle für den späteren Bildungs- und Berufsweg. Sie werden nicht nur benötigt, um sich erfolgreich in eine Berufsausbildung einzufädeln, sondern auch, um eine bestmögliche gesellschaftliche Teilhabe zu erreichen (Bos et al., 2017). Umso folgenreicher scheint die Zunahme des Anteils an Schülerinnen und Schülern in der Sekundarstufe I, die ein erhöhtes Risiko aufweisen, ohne ein entsprechendes Maß an mathematischen und Lesekompetenzen die Schule zu verlassen (Lewalter et al., 2023). Weiterhin zeigen die Schulleistungsstudien, dass die soziale Herkunft von Schülerinnen und Schülern in Deutschland eng mit dem späteren Bildungsweg (z. B. dem Zugang zum Gymnasium oder zur Hochschule) verknüpft ist (Dumont, Maaz, Neumann & Becker, 2014). Selbst beim Vorliegen gleicher Leistungen fiel die Chance einer Gymnasialempfehlung für sozial benachteiligte Kinder oder Kinder mit Migrationshintergrund deutlich niedriger aus als für Kinder aus sozial höheren Schichten oder ohne Migrationshintergrund (Arnold, Bos, Richert & Stubbe, 2007; Ditton, 2007; Ehmke & Baumert, 2008; Paulus & Blossfeld, 2007). Auch beim tatsächlichen Übergang in die Sekundarstufe I zeigten sich herkunftsbezogene Unterschiede. So wechselten z. B. Kinder mit Migrationshintergrund deutlich seltener auf ein Gymnasium, was in erster Linie auf einen niedrigen sozioökonomischen Status (SES) zurückgeführt werden konnte (Gresch & Kristen, 2011; Kristen & Dollmann, 2009). Es kann somit festgehalten werden, dass Studien wie TIMSS, PIRLS oder PISA wichtige Erkenntnisse über bestehende soziale oder herkunftsbezogene Disparitäten im deutschen Schulsystem aufzeigen konnten. In der Regel handelt es sich dabei jedoch um querschnittliche Betrachtungen der Kompetenzen und möglicher Einflussfaktoren, die entweder in der Grundschule oder der Sekundarstufe I umgesetzt wurden (siehe aber die TIMSS-Übergangsstudie, Maaz, Baumert, Gresch & McElvany, 2010). Großangelegte Längsschnittstudien mit mehreren Messzeitpunkten sind erforderlich, um die Kompetenzentwicklung von Beginn der Grundschule bis in die Sekundarstufe I zu untersuchen und dabei soziale und herkunftsbezogene Disparitäten näher zu betrachten. In Deutschland liefert das Nationale Bildungspanel (NEPS; Blossfeld, Roßbach & Maurice, 2011) umfangreiche Längsschnittdaten. Für diese Arbeit wird anhand der NEPS-Startkohorte 2 die mathematische und lesebezogene Kompetenzentwicklung über die Grundschulzeit bis in die 7. Klasse der Sekundarstufe I untersucht. Dabei soll neben individuellen Determinanten (u. a. Geschlecht, SES und Migrationshintergrund) auch die gewählte Schulform in der Sekundarstufe I als Prädiktor und Mediator berücksichtigt werden. Bevor die Fragestellungen dieser Arbeit vorgestellt werden, werden ausgewählte Befunde zur generellen Kompetenzentwicklung in der Primar- und Sekundarstufe präsentiert. Dazu wird auf primäre und sekundäre Herkunftseffekte beim Übergang in die Sekundarstufe I eingegangen. Als Letztes wird der Frage nachgegangen, wie sich die Schulformwahl in der Sekundarstufe I auf den weiteren Bildungserfolg von Schülerinnen und Schülern auswirkt. Kompetenzentwicklung über 7 Jahre 59 Kompetenzentwicklung in der Primar- und Sekundarstufe Bereits in der frühen Kindheit beginnt der Aufbau von schulischen Vorläuferfähigkeiten und Kompetenzen. Dabei erreichen Kinder im Kindergarten und in der Grundschule deutlich stärkere Kompetenzzuwächse als in den Sekundarstufen I und II (Hill, Bloom, Black & Lipsey, 2008; Morgan, Farkas & Wu, 2011; Nagy, Retelsdorf, Goldhammer, Schiepe-Tiska & Lüdtke, 2017; Pekrun et al., 2007; Vom Hofe et al., 2009). Für die Entwicklung der mathematischen und Lesekompetenzen, aber auch für andere schulische Leistungen sind eine frühe Alphabetisierung sowie der Aufbau mathematischer Vorläuferfähigkeiten wichtige Antezedenzien (Niklas & Schneider, 2017). Zahlreiche Studien, die die Entwicklung der mathematischen bzw. Lesekompetenzen untersucht haben, konnten feststellen, dass Vorläuferfähigkeiten im Kindergarten bzw. Kompetenzen in der Grundschule starke Prädiktoren späterer Kompetenzen darstellen (Grimm, 2008; Jordan, Kaplan, Ramineni & Locuniak, 2009; Morgan, Farkas & Qiong, 2011; Niklas & Schneider, 2012, 2017; Pekrun et al., 2007; Vom Hofe et al., 2009). Dabei zeigten sich auch reziproke Beziehungen, d. h. schriftsprachliche und mathematische Vorläuferfähigkeiten stellten sowohl für die mathematischen als auch die Lesekompetenzen eine Grundlage für die weitere Kompetenzentwicklung dar (Grimm, 2008; Niklas & Schneider, 2012, 2017). Zusätzlich konnten diese Studien belegen, dass soziale und herkunftsbezogene Disparitäten hinsichtlich der Leistungen bereits im Vorschulbereich entstehen (Jordan et al., 2009; Morgan et al., 2011). Schulformwahl und die Rolle von primären und sekundären Herkunftseffekten Bei der Betrachtung der längerfristigen Kompetenzentwicklung von Schülerinnen und Schülern kommt vor allem dem Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe I eine hohe Bedeutung zu, da in vielen Fällen bereits mit der Wahl der Schulform der spätere Bildungsabschluss und damit der Bildungserfolg festgelegt wird (Ditton & Krüsken, 2010; Dumont et al., 2014). Der Wechsel von der Primarin die Sekundarstufe I erfolgt dabei unter Zuhilfenahme von Übergangsempfehlungen durch die Klassenlehrkraft, die sich auf die in der Grundschule gezeigten Leistungen stützen und eine Prognose über den Erfolg für die gewählte Schulform liefern (Füssel, Gresch, Baumert & Maaz, 2010). Die Übergangsempfehlungen basieren primär auf den Schulnoten der Schülerinnen und Schüler, auch wenn z. B. mit standardisierten Tests die dahinter liegenden Kompetenzen kontrolliert wurden (Arnold et al., 2007; Bos et al., 2004; Maaz & Nagy, 2009; Stubbe, Bos & Euen, 2012). Unterschiede in den Übergangsempfehlungen konnten dabei vor allem auf die Deutschnote zurückgeführt werden. Die Übergangsempfehlung selbst bestimmte wiederum maßgeblich das tatsächliche Übergangsverhalten (Maaz & Nagy, 2009; Wagner, Helmke & Schrader, 2009). Gleichzeitig spielen nachweislich auch soziale und herkunftsbezogene Merkmale sowohl für die Übergangsempfehlung (Arnold et al., 2007; Ditton, 2007; Ehmke & Baumert, 2008; Paulus & Blossfeld, 2007) als auch für die tatsächliche Schulformwahl (Gresch & Kristen, 2011; Kristen & Dollmann, 2009) eine Rolle. Die Entstehung sozialer Ungleichheiten wird dabei häufig in primäre und sekundäre Herkunftseffekte unterschieden (Dumont et al., 2014). Primäre Herkunftseffekte umfassen direkte Einflüsse der sozialen Herkunft auf die Kompetenzentwicklung, die in unterschiedlichen Schulleistungen resultieren und in erster Linie auf die durch die Sozialschicht unterschiedliche Ausstattung an ökonomischem, sozialem und kulturellem Kapital einer Familie zurückgeführt werden können. Sekundäre Herkunftseffekte hingegen entstehen durch unterschiedliche Bildungsaspirationen und -entscheidungen in den verschiedenen Sozialschichten, die unabhängig von der Kompetenzentwicklung und dem er- 60 Jana Kähler, Olaf Köller reichten Kompetenzniveau sind (Maaz & Nagy, 2009). Untersuchungen zu primären und sekundären Herkunftseffekten haben vor allem den Einfluss des sozialen Hintergrundes aufgezeigt: Kinder aus sozial schwächeren Familien zeigten nicht nur schlechtere schulische Leistungen, sie erhielten darüber vermittelt auch seltener eine Gymnasialempfehlung (Ditton, 2007; Maaz & Nagy, 2009; Paulus & Blossfeld, 2007). Insgesamt hatten Kinder aus sozial privilegierten Familien eine ungefähr dreimal so hohe Chance, auf ein Gymnasium zu wechseln, wie ihre Peers aus Arbeiterfamilien, und dies nach Kontrolle des Kompetenzniveaus (Ehmke & Baumert, 2008). Die Ursachen dafür sind vielfältig. Zum einen bekommen Kinder aus sozial schwächeren Familien trotz gleicher Testleistungen in standardisierten Kompetenztests schlechtere Noten und dadurch oft keine Gymnasialempfehlung (Arnold et al., 2007; Maaz & Nagy, 2009). Zum anderen zeigte sich, dass sozial benachteiligte Kinder selbst bei gleicher Übergangsempfehlung häufiger auf niedrigere Schulformen übergingen (Gresch, Baumert & Maaz, 2009; Maaz & Nagy, 2009). Neben sozialen Aspekten wurde auch der Migrationshintergrund in Untersuchungen zu primären und sekundären Herkunftseffekten einbezogen. Dabei zeigte sich, dass Kinder mit Migrationshintergrund deutlich seltener auf ein Gymnasium wechselten als Kinder ohne Migrationshintergrund, was wiederum auf einen niedrigen SES sowie im Mittel niedrigere schulische Leistungen zurückgeführt werden konnte (Gresch & Kristen, 2011; Kristen & Dollmann, 2009). Schulformwahl und ihre Folgen Die Schulformwahl am Ende der Grundschule hat eine hohe Bedeutung für den weiteren Bildungsweg und -erfolg (Ditton & Krüsken, 2010; Dumont et al., 2014). Dies betrifft nicht nur die Möglichkeit, bestimmte Schulabschlüsse zu erreichen, sondern auch, mit welchen Kompetenzniveaus die Schule am Ende verlassen wird bzw. welche Lernverläufe erreicht werden (Becker, 2009). Im deutschsprachigen Raum konnten wiederholt differenzielle Leistungsentwicklungen an unterschiedlichen Schulformen dokumentiert werden (Schulformen als differenzielle Entwicklungsmilieus; Baumert et al., 2004; Baumert, Stanat & Watermann, 2006; Becker, Lüdtke, Trautwein & Baumert, 2006; Köller & Baumert, 2001). Sowohl für die Entwicklung der mathematischen Kompetenzen (Angelone, 2019; Becker et al., 2006; Pekrun et al., 2007; Vom Hofe et al., 2009) als auch für Facetten der Lesekompetenzen (Angelone, 2019; Pfost, Karing, Lorenz & Artelt, 2010; Retelsdorf, Becker, Köller & Möller, 2012) konnten Unterschiede zugunsten von Schülerinnen und Schülern an Gymnasien gegenüber ihren Peers anderer Schulformen nachgewiesen werden. Dabei zeigten sich auch sogenannte Schereneffekte, also eine Vergrößerung der Unterschiede zwischen Schülerinnen und Schülern eines Gymnasiums und Schülerinnen und Schülern einer anderen Schulform über die Zeit (Becker et al., 2006). Demgegenüber stehen Studien, die eher parallele Entwicklungsverläufe zwischen den Schülerinnen und Schülern verschiedener Schulformen gefunden haben (z. B. Nikolova, 2011). Zur Erklärung der unterschiedlichen Kompetenzzuwächse können drei Ansätze herangezogen werden (Baumert et al., 2006). Als Erstes können sich die Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Schulformen bereits vor dem Übergang in die Sekundarstufe I in Bezug auf ihre Leistungs- und Kompetenzzuwächse unterscheiden. Als Zweites können differenzielle Fördereffekte der verschiedenen Schulformen (z. B. durch unterschiedliche Lehrpläne oder Unterrichtsqualität) ursächlich für die Vergrößerung bestehender Disparitäten sein. Und drittens werden Kompositionseffekte, also Effekte aufgrund unterschiedlicher leistungsmäßiger, sozialer, kultureller und lernbiografischer Zusammensetzung der Schülerschaft, als Ursache für unterschiedliche Lernraten an den verschiedenen Schulformen genannt (Becker et al., 2006). Der erste Ansatzpunkt soll in dieser Studie näher untersucht werden. Kompetenzentwicklung über 7 Jahre 61 Fragestellungen Für die Entwicklung von mathematischen und Lesekompetenzen kann festgehalten werden, dass bereits Vorläuferfähigkeiten im Kindergarten und Kompetenzen zu Beginn der Grundschule relevante Prädiktoren für die spätere Kompetenzentwicklung darstellen. Des Weiteren haben soziale und herkunftsbezogene Merkmale, das Geschlecht und auch die gewählte Schulform der Sekundarstufe I Effekte auf diese Entwicklung. Es liegen allerdings bislang nur wenige Arbeiten vor, die die Kompetenzentwicklung mehrerer Domänen über die gesamte Grundschulzeit bis in die Sekundarstufe I hinein analysieren. Daher haben wir die Daten der NEPS-Startkohorte 2 (Blossfeld & Roßbach, 2019) verwendet, um zu untersuchen, inwiefern die mathematischen und Lesekompetenzen in der 7. Klasse der Sekundarstufe I durch die Kompetenzen in der Grundschulzeit, die erreichten Schulnoten, die gewählte Schulform sowie ausgewählte kindbezogene Merkmale vorhergesagt werden. Folgende Forschungsfragen sollen dazu beantwortet werden: 1. Kompetenzwachstum In welchem Ausmaß steigen die mathematischen und Lesekompetenzen über die Grundschulzeit? Gibt es Unterschiede im Wachstum zwischen Schülerinnen und Schülern, die später auf verschiedene Schulformen wechseln? 2. Schulformwahl Welche Effekte haben mathematische und Lesekompetenzen nach Kontrolle von Noten und anderen Kovariaten auf die Wahl der Schulform in der Sekundarstufe I? 3. Mathematische Kompetenzen Inwiefern werden die mathematischen Kompetenzen in der 7. Klasse durch frühere Kompetenzmaße und Schulnoten sowie Kovariaten direkt und indirekt vorhergesagt? Stellt die Schulformwahl dabei einen Mediator dar? 4. Lesekompetenzen Inwiefern werden die Lesekompetenzen in der 7. Klasse durch frühere Kompetenzmaße und Schulnoten sowie Kovariaten direkt und indirekt vorhergesagt? Stellt die Schulformwahl dabei einen Mediator dar? Methode Stichprobe und Studiendesign Die NEPS-Startkohorte 2 (Blossfeld & Roßbach, 2019) umfasst insgesamt 6 001 Teilnehmende, die mindestens an zwei Kompetenzerhebungen pro Domäne teilgenommen haben. Von 565 Teilnehmenden liegt jedoch keine Institutionszugehörigkeit vor, sodass diese aus den Analysen ausgeschlossen werden mussten. Insgesamt wurden so Daten von 5 436 Teilnehmenden (51 % weiblich; Alter: 11.0 bis 15.6 Jahre) analysiert (NEPS-Netzwerk, 2022). Kompetenztests Mathematische Kompetenzen Das Rahmenkonzept der NEPS-Tests für Mathematik basiert auf den Bildungsstandards im Fach Mathematik für den Mittleren Schulabschluss (KMK, 2004, 2005) und auf dem Konzept der Mathematical Literacy der PISA-Studie (OECD, 2003). Darauf aufbauend wurden die mathematischen Kompetenzen im NEPS als eindimensionales Konstrukt konzeptualisiert, das verschiedene Inhaltsbereiche (Quantität, Veränderungen und Zusammenhänge, Raum und Form sowie Daten und Zufall) und prozessbezogene Komponenten (Kommunikation, Argumentation, Modellierung, das Nutzen repräsentativer Formen, Problemlösen und technische Fähigkeiten und Fertigkeiten) umfasst. Items können dabei einem bestimmten Inhaltsbereich sowie einer oder mehreren prozessbezogenen Komponenten zugeordnet werden (Neumann et al., 2013). Für die drei Messzeitpunkte wurden drei unterschiedliche Tests verwendet. Der Test für die 1. Klasse umfasste 21 Items mit einer Reliabilität von .74 (Schnittjer & Fischer, 2018). Der Test für die 4. Klasse bestand aus 24 Items mit einer Reliabilität von .73 (Schnittjer, Gerken & Petersen, 2020). Der Test für die 7. Klasse enthielt 28 Items (mit zwei Testversionen: niedriger und hoher Schwierigkeitsgrad) mit einer Reliabilität von .74 (Kock, Litteck & Petersen, 2021). 62 Jana Kähler, Olaf Köller Im NEPS werden verlinkte Weighted Maximum Likelihood Estimates (WLE, Warm, 1989) als Fähigkeitsschätzungen der Schülerinnen und Schüler berechnet, die in Längsschnittanalysen verwendet werden können. Zur Verknüpfung der NEPS-Tests für Mathematik in der 1. und 2. Klasse wurde ein Anchoritem-linking eingesetzt, welches auf der Grundlage von sieben gemeinsamen Items durchgeführt wurde, die sich über die beiden Messpunkte hinweg als unveränderlich erwiesen (gleiche Itemparameter), (Schnittjer & Gerken, 2018). Insgesamt nahmen 5 813 Schülerinnen und Schüler an beiden Messzeitpunkten teil und die so gewonnenen Daten dienten zur Verknüpfung der beiden Tests (Schnittjer & Gerken, 2018). Für die Verknüpfung der NEPS-Tests für Mathematik in der 2. und 4. Klasse wurde ein Anchorgroup-linking verwendet (Schnittjer et al., 2020), da die Tests verschiedene Items umfassten, die konstruiert wurden, um die mathematischen Kompetenzen innerhalb jeder Altersgruppe genau zu messen. Dazu wurden die zu verknüpfenden Tests in einer zusätzlichen, unabhängigen Stichprobe (N = 299 Schülerinnen und Schüler der 4. Klasse) erneut eingesetzt. Die Antworten dieser Linking-Stichprobe wurden dann verwendet, um die WLEs auf einer gemeinsamen Metrik abzubilden. Für die Verknüpfung der NEPS-Tests für Mathematik in der 4. und 7. Klasse wurde wiederum ein Anchor-item-linking mit sechs messinvarianten Items verwendet, bei dem insgesamt 2 450 Schülerinnen und Schüler an beiden Messzeitpunkten teilnahmen und damit der Verknüpfung der beiden Tests dienten (Kock et al., 2021). Lesekompetenzen Das Rahmenkonzept der NEPS-Lesetests konzentriert sich auf den Umgang mit Texten in Alltagssituationen durch die Beantwortung konkreter Fragen zu den vorgegebenen Texten. Sie zielen somit vornehmlich auf das Leseverständnis ab (Gehrer, Zimmermann, Artelt & Weinert, 2013). Im NEPS werden die Lesekompetenzen als vergleichsweise homogenes eindimensionales Konstrukt erfasst, das zwei Hauptmerkmale mit mehreren Teilkomponenten umfasst (Gehrer et al., 2013). Das erste Hauptmerkmal befasst sich mit Textfunktionen und -arten und umfasst folgende Teilkomponenten: Informationstexte, Kommentar- oder Argumentationstexte, literarische Texte, Lehrtexte und Werbetexte. Das zweite Hauptmerkmal erfasst die benötigten kognitiven Anforderungen und wird in folgende Teilkomponenten unterteilt: Informationen in Texten finden, textbezogene Schlussfolgerungen ziehen sowie Reflektieren und Bewerten. Die NEPS-Lesetests bestehen aus fünf Texten mit vier bis acht Items, die das lokale, deduktive und globale Leseverständnis erfassen sollen (Gehrer et al., 2013). Weitere Informationen zum theoretischen Rahmenkonzept dieser Tests finden sich in Gehrer et al. (2013). Der NEPS-Lesetest für die 4. Klasse umfasste 31 Items mit einer Reliabilität von .82 (Rohm, Krohmer & Gnambs, 2017) und der Test für die 7. Klasse enthielt 42 Items (mit zwei Testversionen: niedriger und hoher Schwierigkeitsgrad) mit einer Reliabilität von .80 (Scharl, Rohm & Zink, 2021). Zur Verknüpfung der beiden Messzeitpunkte wurde ein Anchor-group-linking verwendet, bei dem alle Items der beiden Tests (4. Klasse und 7. Klasse) von einer zusätzlichen, unabhängigen Linking-Stichprobe (N = 555 Siebtklässler) bearbeitet wurden (Scharl et al., 2021). Rezeptiver Wortschatz Aufgrund der in der 1. Klasse noch nicht hinreichend ausgeprägten Lesekompetenzen wurde zu diesem Zeitpunkt ein rezeptiver Wortschatztest als Schätzer sprachlicher Fähigkeiten durchgeführt. Hierzu wurde die deutsche Adaptation des Peabody Picture Vocabulary Test (PPVT; Roßbach, Tietze & Weinert, 2005) verwendet. Jede Aufgabe bestand aus einem Set von vier Bildern (eine richtige Antwort und drei Distraktoren), aus denen die Teilnehmenden ein Bild auswählen sollten, das die Bedeutung des gesprochenen Zielwortes am besten repräsentierte (Fischer & Durda, 2020). Der NEPS-Wortschatztest enthielt 66 Items mit einer internen Konsistenz von α = .87 (Fischer & Durda, 2020). Kindbezogene Merkmale und Schulform Die kindbezogenen Merkmale und die gewählte Schulform nach Ende der 4. Klasse wurden durch (jährliche) Elternfragebögen über die gesamte Grundschulzeit erhoben. Berücksichtigt wurden das Geschlecht des Kindes (1 = männlich, 2 = weiblich), die zu Hause gesprochene Sprache (von 1 = nur deutsch bis 4 = nur eine andere Sprache) und der Migrationshintergrund (0 = kein Elternteil im Ausland geboren, 1 = ein Elternteil im Ausland geboren, 2 = beide Elternteile im Ausland geboren). Außerdem wurde die Anzahl an Büchern zuhause erhoben (von 1 = 0 - 10 Bücher bis 6 = über 500 Bücher), um die Bereitschaft, in Kultur- Kompetenzentwicklung über 7 Jahre 63 Abb. 1: Längsschnittliches Modell zur Vorhersage mathematischer und Lesekompetenzen in der 7. Klasse Kognitive Grundfähigkeiten Einkommen Elterliche Bildung SES Bücher Migrationshintergrund Sprache Geschlecht Wortschatz K1 Mathe K1 Lesen K7 Mathe K7 Lesen K4 Note Deutsch Mathe K4 Note Mathe Schulform 64 Jana Kähler, Olaf Köller kapital zu investieren, zu messen. Darüber hinaus wurden der sozio-ökonomische Status (SES) der Familie und die elterliche Bildung einbezogen. Der SES wurde mit dem International Socio-Economic Index of Occupational Status (ISEI; Ganzeboom, De Graaf & Treiman, 1992) erfasst. Das Bildungsniveau der Eltern wurde mit der International Standard Classification of Education (ISCED; Schroedter, Lechert & Lüttinger, 2006) operationalisiert (von 1 = vorschulische Erziehung bis 5 = tertiäre Bildung). Für beide Merkmale (ISCED und ISEI) wurde die höchste Angabe beider Elternteile verwendet. Auch das Einkommen wurde einbezogen (von 1 = unter 1 000 € bis 6 = mehr als 5 000 € ). Des Weiteren wurden die Schulnoten in Deutsch und Mathematik (von 1 = sehr gut bis 4 = ausreichend oder geringer) in der 4. Klasse sowie die danach gewählte Schulform der Sekundarstufe I (0 = andere Schulform, 1 = Gymnasium) der Teilnehmenden berücksichtigt. Abbildung 1 zeigt die verwendeten Variablen und das zugrunde gelegte Analysemodell. Statistische Analysen Bevor die Daten analysiert und die Forschungsfragen beantwortet werden konnten, wurden die fehlenden Werte geschätzt (siehe Tabelle 1). Dazu wurde eine multiple Imputation (MI) angewendet, die fehlende Werte durch eine Reihe plausibler Substitutionen auf der Grundlage der beobachteten Daten und eines statistischen Modells ersetzt (Rubin, 1987). Die MI (100 Datensätze, 50 Iterationen) wurde in R (R Core Team, 2023) unter Verwendung des R-Pakets mice ausgeführt, das auch die Mehrebenenstruktur der Daten (Schülerinnen und Schüler innerhalb von Klassen) berücksichtigen kann (Lüdtke, Robitzsch & Grund, 2017). Zur Imputation der fehlenden Werte wurden die Kompetenzen, die Schulform und die kindbezogenen Merkmale einbezogen. Außerdem wurden auch zusätzliche Hilfsvariablen (z. B. Bundesland, Alter der Teilnehmenden oder Wortschatz in der 3. Klasse) berücksichtigt, die mit den fehlenden Angaben korrelierten, aber nicht in die nachfolgenden Analysen zur Schätzung der Modellparameter (vgl. Abbildung 1) eingingen. Um die erste Fragestellung zu beantworten, wurden Effektstärken (Cohens d ) aus den Mittelwerten und Standardabweichungen der untersuchten Kompetenzen berechnet. Diese Effektstärken quantifizieren das Kompetenzwachstum und sind direkt vergleichbar (Hill et al., 2008). Zusätzlich wurden für Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Schulformen getrennte Effektstärken berechnet. Zur Beantwortung der zweiten bis vierten Fragestellung wurde ein Cross-lagged-panel Model (CLPM) in Mplus 8.4 (Muthén & Muthén, 2017) spezifiziert Variablen N Min Max M SD Missings (in %) Geschlecht (1 = männlich) Sprache (1 = deutsch) Migrationshintergrund (0 = kein) Anzahl an Büchern SES (HISEI) Elterliche Bildung (HISCED) Einkommen Kognitive Grundfähigkeiten Schulform (0 = andere) Note Deutsch K4 Note Mathe K4 Mathematische Kompetenzen K1 Mathematische Kompetenzen K4 Mathematische Kompetenzen K7 Wortschatz K1 Lesekompetenzen K4 Lesekompetenzen K7 5436 5415 4985 4819 4943 4981 4898 4977 4378 4628 4628 5366 5376 1712 5371 5378 1860 1.00 1.00 0.00 1.00 12.00 1.00 1.00 0.00 0.00 1.00 1.00 -2.30 -5.67 -4.66 -3.56 -0.29 1.37 2.00 4.00 2.00 6.00 89.00 5.00 6.00 12.00 1.00 4.00 4.00 5.11 3.84 4.47 6.31 9.50 9.83 1.51 1.46 0.30 4.16 59.26 3.33 4.37 6.81 0.56 2.85 2.95 1.48 -0.58 0.14 1.75 4.65 5.88 0.50 0.86 0.62 1.27 19.21 1.05 1.33 2.59 0.50 0.79 0.81 0.82 1.30 1.30 1.12 1.13 1.21 0.00 0.39 8.30 11.35 9.07 8.37 9.90 8.44 19.46 14.86 14.86 1.29 1.10 68.51 1.20 1.07 65.78 Tab. 1: Deskriptive Statistiken für die in der Untersuchung berücksichtigten Merkmale Anmerkungen: N: gültige Werte; Min: kleinster möglicher Wert; Max: größtmöglicher Wert; M: Mittelwert; SD: Standardabweichung; SES = Sozio-ökonomischer Status, K = Klassenstufe Kompetenzentwicklung über 7 Jahre 65 (siehe Abbildung 1). Da für die Lesekompetenzen keine drei Messzeitpunkte vorlagen, wurde der in der 1. Klasse erhobene Wortschatz als Proxi genutzt. In dem Modell wurden autoregressive und kreuzverzögerte Pfade erster (lag-1 Effekte) und zweiter (lag-2 Effekte) Ordnung einbezogen. Letztere bieten eine stärkere Kontrolle für das Vorhandensein von Konfundierung (VanderWeele, Mathur & Chen, 2020). Darüber hinaus wurden die kindbezogenen Merkmale als Prädiktoren und Schulform als Mediator aufgenommen. Auch wurden die Schulnoten in Mathematik und Deutsch aus der 4. Klasse auf Ebene der zu diesem Zeitpunkt erhobenen Kompetenzen verortet, um diese auch als Prädiktoren/ Mediatoren für die Schulformwahl und die Kompetenzen in der 7. Klasse untersuchen zu können. Die Korrelationen zwischen den Kompetenzen (und Noten) derselben Messzeitpunkte wurden zugelassen. Aufgrund der hierarchischen Struktur der Daten wurde die Option TYPE = COMPLEX verwendet, um die Standardfehler zu korrigieren. Tabelle 1 zeigt die deskriptiven Statistiken und auch den Umfang an fehlenden Werten aller im Modell verwendeten Variablen. Da aufgrund der großen Stichprobe auch sehr kleine Effekte signifikant wurden, interpretieren wir unten standardisierte Regressionsgewichte erst, wenn sie vom Betrag größer oder gleich .05 ausfallen. Ergebnisse Kompetenzentwicklung Die berechneten Effektstärken für die Gesamtstichprobe zeigten für die mathematischen Kompetenzen von der 1. bis zur 4. Klasse ein deutliches Wachstum von d = 2.57 (Vertrauensintervall VI [2.52; 2.62]). Von der 4. bis zur 7. Klasse fiel das Wachstum mit d = 0.86 (VI [0.82; 0.90]) geringer aus. Das Wachstum der Lesekompetenzen von der 4. bis zur 7. Klasse fiel ungewöhnlich niedrig aus (d = 0.41, VI [0.37; 0.44]). Zusätzlich wurden Effektstärken getrennt nach Schulform berechnet (s. Tab. 2), d. h. für Schülerinnen und Schüler eines Gymnasiums (n Gym = ø 2 820) und für Schülerinnen und Schüler anderer Schulformen (n And = ø 2 616). Für die mathematischen Kompetenzen zeigte sich, dass die Unterschiede im Kompetenzwachstum in der Grundschule deutlich höher ausfielen (d Gym =3.01, VI [2.93; 3.08]; d And = 2.67, VI [2.59; 2.74]), während sich die beiden Gruppen in der Sekundarstufe I in ihrem Kompetenzwachstum wieder annäherten (d Gym = 1.01, VI [0.96; 1.07]; d And = 0.91, VI [0.85; 0.97]). Für die Lesekompetenzen zeigten sich keine Unterschiede im Wachstum von der 4. bis zur 7. Klasse (d Gym = 0.43, VI [0.38; 0.48]; d And = 0.47, VI [0.42; 0.53]). Schulformwahl Für die zweite Fragestellung wurden die kindbezogenen Merkmale, die in der 1. und 4. Klasse gemessenen Kompetenzen und die am Ende der Grundschule erhaltenen Noten in Deutsch und Mathematik als Prädiktoren für die gewählte Schulform der Sekundarstufe I näher untersucht (siehe Tabelle 3). Dabei wiesen die Noten Gymnasium Andere Schulform DIF M M SD M SD Mathematische Kompetenzen 1. Klasse 4. Klasse 7. Klasse 2.17 5.14 6.18 1.02 0.95 1.09 1.30 4.11 5.10 1.05 1.06 1.12 0.87 1.04 1.09 Lesekompetenzen 4. Klasse 7. Klasse -0.01 0.49 1.15 1.16 -1.19 -0.63 1.18 1.23 1.18 1.11 Tab. 2: Mittelwerte (M) und Standardabweichungen (SD) der mathematischen und lesebezogenen Kompetenzen getrennt nach Schulform Anmerkung: N = 5 436; DIF M = Mittelwert der Differenzen 66 Jana Kähler, Olaf Köller Direkte Effekte Spezifisch indirekte Effekte Totale indirekte Effekte Totale Effekte über Note Mathe über Mathe K1 über Mathe K4 über Note Deutsch über Worts. K1 über Lesen K4 β SE β SE β SE β SE β SE β SE β SE β SE β SE Geschlecht .00 .01 .00 .00 -.01*** .00 .00 .00 .05*** .01 .00 .00 .01*** .00 .03** .01 .03* .01 Sprache .01 .02 .00 .00 .00 .00 .00 .00 .01 .00 .00 .00 .00* .00 -.01 .01 .01 .02 Migration .09*** .02 .01** .00 .00* .00 .00 .00 .01 .01 .00 .00 .01** .00 .00 .01 .09*** .02 Bücher .03 .02 .00 .00 .01*** .00 .00** .00 .00 .00 .00 .00 .01*** .00 .06*** .01 .08*** .02 SES .07*** .02 .01** .00 .01** .00 .01** .00 .03*** .01 .00 .00 .01** .00 .08*** .01 .14*** .02 Elterl. Bildung .04* .02 .01** .00 .01*** .00 .00* .00 .01 .00 .00 .00 .01** .00 .06*** .01 .10*** .02 Einkommen .08*** .02 .01*** .00 .00 .00 .01** .00 .02*** .00 .00 .00 .01** .00 .04*** .01 .12*** .02 KGF .04** .01 .03*** .00 .02*** .01 .02*** .00 .03*** .00 .00 .00 .02*** .00 .18*** .01 .21*** .01 Note Mathe K4 .15*** .02 - - - - - - - - - - - - - - .15*** .02 Math. Komp. K1 .07*** .02 .05*** .01 - - .03*** .01 .06*** .01 - - .03*** .01 .18*** .01 .25*** .02 Math. Komp. K4 .08*** .02 - - - - - - - - - - - - - - .08*** .02 Note Deutsch K4 .24*** .02 - - - - - - - - - - - - - - .24*** .02 Wortschatz K1 -.01 .02 .01 .00 - - .01*** .00 .03*** .01 - - .03*** .01 .08*** .01 .06*** .02 Lesekomp. K4 .11*** .02 - - - - - - - - - - - - - - .11*** .02 Tab. 3: Direkte, spezifisch indirekte, totale indirekte und totale Effekte auf die gewählte Schulform Anmerkungen: N = 5 436; Pseudo-R ² Schulform = .377; K = Klassenstufe, Worts. = Wortschatz, SES = Sozio-ökonomischer Status, Mathe. = Mathematische; Tabelle zeigt standardisierte Regressionsgewichte ( β ). * p < .05, ** p < .01, *** p < .001 Kompetenzentwicklung über 7 Jahre 67 die stärksten direkten Effekte auf die gewählte Schulform auf (Deutsch: β = .24, p < .001; Mathe: β = .15, p < .001). Schülerinnen und Schüler mit besseren Noten in Deutsch und Mathematik wechselten eher auf ein Gymnasium als ihre Peers mit schlechteren Noten. Des Weiteren zeigten sich signifikante, direkte Effekte von den mathematischen Kompetenzen in der 1. ( β = .07, p < .001) und 4. Klasse ( β = .08, p < .001) sowie von den Lesekompetenzen in der 4. Klasse ( β = .11, p < .001). Die Kompetenzen zu Beginn der Grundschule wiesen darüber hinaus signifikante indirekte Effekte auf und wurden vor allem über die Noten in Deutsch (mathematische Kompetenzen 1. Klasse: β = .06, p < .001) und Mathematik vermittelt (mathematische Kompetenzen 1. Klasse: β = .05, p < .001). Schülerinnen und Schüler mit höheren Kompetenzen in der 1. Klasse erreichten somit nicht nur höhere Kompetenzen und bessere Noten am Ende der Grundschule, sie besuchten darüber hinaus auch eher ein Gymnasium als ihre Peers mit geringeren Kompetenzen zu Beginn der Grundschule. Weiterhin ergaben sich direkte Effekte der kindbezogenen Merkmale auf die gewählte Schulform: Migrationshintergrund ( β = .09, p < .001), SES ( β = .07, p < .001) und Einkommen ( β = .08, p < .001). Es zeigte sich, dass sozial privilegiertere Schülerinnen und Schüler eher auf ein Gymnasium wechselten als ihre weniger privilegierteren Peers. Für die herkunftsbezogenen Merkmale ergab sich nach Kontrolle aller übrigen Merkmale ein Vorteil für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund. Sie besuchten mit höherer Wahrscheinlichkeit ein Gymnasium als ihre Peers ohne Migrationshintergrund. Zusätzlich zeigten sich auch indirekte Effekte von den kindbezogenen Merkmalen auf die gewählte Schulform: Bücher ( β = .06, p < .001), SES ( β = .08, p < .001), elterliche Bildung ( β = .06, p < .001) und kognitive Grundfähigkeiten ( β = .18, p < .001). Betrachtet man die totalen Effekte (direkte und indirekte Effekte addiert), so zeigten sich die stärksten Effekte auf die Schulformwahl von den Noten in Deutsch ( β = .24, p < .001) und Mathematik ( β = .15, p < .001) sowie der mathematischen Kompetenzen in der 1. Klasse ( β = .25, p < .001) und den kognitiven Grundfähigkeiten ( β = .21, p < .001). Insgesamt wurde für die Schulformwahl eine Varianzaufklärung von Pseudo-R ² = .377 erreicht. Mathematische Kompetenzen Für die dritte Fragestellung wurden die mathematischen Kompetenzen in der 7. Klasse als Kriterium betrachtet und es wurde analysiert, ob diese durch kindbezogene Merkmale, Kompetenzen und Noten direkt und indirekt vorhergesagt werden können (siehe Tabelle 4). Dabei wurde auch die Schulform als Mediator berücksichtigt (siehe Abbildung 1). Bei der Betrachtung der direkten Effekte wird deutlich, dass vor allem die vorangegangenen mathematischen Kompetenzen in der 1. ( β = .18, p < .001) und 4. Klasse ( β = .31, p < .001) sowie die Note in Mathematik ( β = .15, p < .001) zur Vorhersage der mathematischen Kompetenzen in der 7. Klasse beitragen. Schülerinnen und Schüler, die bereits in der Grundschule über höhere mathematische Kompetenzen verfügten bzw. eine bessere Note in Mathematik aufwiesen, erreichten auch höhere mathematische Kompetenzen in der 7. Klasse. Darüber hinaus zeigte sich ein reziproker Effekt zwischen den beiden Kompetenzen: Schülerinnen und Schüler mit höheren Lesekompetenzen in der 4. Klasse ( β = .14, p < .001) erreichten höhere mathematische Kompetenzen in der 7. Klasse als ihre Peers mit geringeren Kompetenzen. Für die Note in Deutsch ergab sich ein negativer, wenn auch kleiner Effekt ( β = -.07, p < .01), wonach, anders als bei der Note in Mathe, Schülerinnen und Schüler mit einer besseren Note in Deutsch geringere mathematische Kompetenzen in der 7. Klasse aufwiesen. Dieser Koeffizient kann vermutlich als Supressoreffekt interpretiert werden. Des Weiteren ergaben sich auch indirekte Effekte von den Kompetenzen in der 1. Klasse über die nachfolgenden Kompetenzen bzw. Noten am Ende der Grund- 68 Jana Kähler, Olaf Köller Direkte Effekte Spezifisch indirekte Effekte Totale indirekte Effekte Totale Effekte über Note Mathe über Mathe K1 über Mathe K4 über Note Deutsch über Worts. K1 über Lesen K4 über Schulform β SE β SE β SE β SE β SE β SE β SE β SE β SE β SE Geschlecht -.09*** .02 .00 .00 -.02*** .00 -.01 .00 -.02** .01 .00 .00 .02*** .00 .00 .00 -.06*** .01 -.14*** .02 Sprache .03 .02 .00 .00 -.01 .00 .00 .00 .00 .00 .00 .00 .00* .00 .00 .00 -.02 .01 .01 .02 Migration -.01 .02 .01** .00 -.01* .00 .01 .01 .00 .00 -.01 .00 .01** .00 .01** .00 -.01 .01 -.02 .02 Bücher .05* .02 .00 .00 .02*** .00 .01** .00 .00 .00 .00 .00 .01*** .00 .00 .00 .09*** .01 .13*** .02 SES .03 .02 .01** .00 .02*** .00 .02*** .01 -.01** .00 .00 .00 .01** .00 .01** .00 .08*** .01 .11*** .02 Elterl. Bildung .01 .02 .01** .00 .02*** .00 .01** .01 .00 .00 .00 .00 .01** .00 .00 .00 .09*** .01 .10*** .02 Einkommen .03 .02 .01*** .00 .00 .00 .02*** .00 -.01* .00 .00 .00 .01** .00 .01** .00 .05*** .01 .09*** .02 KGF .07*** .02 .02*** .00 .06*** .01 .06*** .01 -.01** .00 .01 .00 .02*** .00 .00* .00 .25*** .01 .31*** .02 Note Mathe K4 .15*** .02 - - - - - - - - - - - - .01*** .00 .01*** .00 .16*** .02 Math. Komp. K1 .18*** .02 .05*** .01 - - .13*** .01 -.02** .01 - - .04*** .01 .01** .00 .23*** .01 .41*** .02 Math. Komp. K4 .31*** .02 - - - - - - - - - - - - .01** .00 .01** .00 .32*** .02 Note Deutsch K4 -.07** .02 - - - - - - - - - - - - .02*** .01 .02*** .01 -.05* .02 Wortschatz K1 .03 .02 .01 .00 - - .04*** .01 -.01** .00 - - .04*** .01 .00 .00 .07*** .01 .10*** .02 Lesekomp. K4 .14*** .02 - - - - - - - - - - - - .01*** .00 .01*** .00 .15*** .02 Schulform .08*** .02 - - - - - - - - - - - - - - - - .08*** .02 Tab. 4: Direkte, spezifisch indirekte, totale indirekte und totale Effekte auf die mathematischen Kompetenzen in der 7. Klasse Anmerkungen: N = 5 436; R ² Mathe = .559; K = Klassenstufe, Worts. = Wortschatz, SES = Sozio-ökonomischer Status; Tabelle zeigt standardisierte Regressionsgewichte ( β ). * p < .05, ** p < .01, *** p < .001 Kompetenzentwicklung über 7 Jahre 69 schule, wobei diese vor allem über die mathematischen Kompetenzen in der 4. Klasse vermittelt wurden (mathematische Kompetenzen 1. Klasse: β = .13, p < .001). Auch über die Note in Mathematik (mathematische Kompetenzen 1. Klasse: β = .05, p < .001) ergab sich ein spezifischer indirekter Effekt. Demzufolge erreichten Schülerinnen und Schüler mit höheren Kompetenzen in der 1. Klasse nicht nur höhere Kompetenzen und eine bessere Note in Mathematik am Ende der Grundschule, sondern auch höhere mathematische Kompetenzen in der 7. Klasse. Insgesamt zeigte sich ein deutlich größerer totaler indirekter Effekt für die mathematischen Kompetenzen ( β = .23, p < .001) in der 1. Klasse auf die mathematischen Kompetenzen in der 7. Klasse als vom Wortschatz ( β = .07, p < .001). Weiterhin ergaben sich auch direkte Effekte der kindbezogenen Merkmale. Es zeigte sich ein direkter Geschlechtseffekt zugunsten der Jungen ( β = -.09, p < .001) und auch ein signifikanter indirekter Effekt des Geschlechts ( β = -.06, p < .001), der vor allem über die mathematischen Kompetenzen in der 1. Klasse vermittelt wurde. Demzufolge wiesen Jungen bereits in der 1. Klasse höhere mathematische Kompetenzen als Mädchen auf und erreichten darüber auch in der 7. Klasse höhere mathematische Kompetenzen. Weiterhin wiesen Mädchen am Ende der Grundschule bessere Noten in Deutsch auf, was in negativem Zusammenhang mit den mathematischen Kompetenzen in der 7. Klasse stand. Des Weiteren fand sich ein signifikanter Effekt in Bezug auf das kulturelle Kapital: Schülerinnen und Schüler, die zu Hause mehr Bücher zur Verfügung hatten ( β = .05, p < .05), verfügten in der 7. Klasse über höhere mathematische Kompetenzen. Für den SES, die elterliche Bildung und das Einkommen ergaben sich lediglich (totale) indirekte Effekte (ebenso für die Anzahl an Büchern): Bücher ( β = .09, p < .001), SES ( β = .08, p < .001), elterliche Bildung ( β = .09, p < .001) und Einkommen ( β = .05, p < .001). Diese wurden dabei vor allem über die mathematischen Kompetenzen in der 1. und 4. Klasse vermittelt. Gleiches gilt für die kognitiven Grundfähigkeiten, welche signifikant direkte ( β = .07, p < .001) und total indirekte ( β = .25, p < .001) Effekte auf die mathematischen Kompetenzen in der 7. Klasse aufwiesen. Für die herkunftsbezogenen Merkmale zeigten sich keine signifikanten direkten Effekte. Zusätzlich zu den kindbezogenen Merkmalen und den Kompetenzen und Noten in der Grundschule wurde auch die gewählte Schulform als Prädiktor und Mediator in dem Modell berücksichtigt. Für die mathematischen Kompetenzen in der 7. Klasse ergab sich dabei ein signifikanter direkter Effekt für die Schulform ( β = .08, p < .001). Demnach erreichten Schülerinnen und Schüler eines Gymnasiums höhere mathematische Kompetenzen in der 7. Klasse im Vergleich zu ihren Peers anderer Schulformen. Betrachtet man die totalen Effekte, stellen die mathematischen Kompetenzen in der 1. Klasse ( β = .41, p < .001) den stärksten Prädiktor für die mathematischen Kompetenzen in der 7. Klasse dar, gefolgt von den mathematischen Kompetenzen in der 4. Klasse ( β = .32, p < .001) und den kognitiven Grundfähigkeiten ( β = .31, p < .001). Die Effekte der Lesekompetenzen in der 4. Klasse ( β = .15, p < .001) und des Wortschatzes in der 1. Klasse ( β = .10, p < .001) fielen in der Gesamtbetrachtung deutlich geringer aus. Von den Noten zeigte sich ein positiver Effekt für die Mathenote ( β = .16, p < .001) und ein negativer für die Deutschnote ( β = -.05, p < .05). Insgesamt wurde für die mathematischen Kompetenzen in der 7. Klasse eine Varianzaufklärung von R ² = .559 erreicht. Lesekompetenzen Für die vierte Fragestellung wurde analysiert, wie die Lesekompetenzen in der 7. Klasse durch kindbezogene Merkmale, Kompetenzen und Noten direkt und indirekt vorhergesagt werden können (siehe Tabelle 5). Auch hier wurde die Schulformwahl als Mediator berücksichtigt. Bei der Betrachtung der direkten Effekte zeigt sich, dass vor allem die vorangegangenen Lese- 70 Jana Kähler, Olaf Köller Direkte Effekte Spezifisch indirekte Effekte Totale indirekte Effekte Totale Effekte über Note Mathe über Mathe K1 über Mathe K4 über Note Deutsch über Worts. K1 über Lesen K4 über Schulform β SE β SE β SE β SE β SE β SE β SE β SE β SE β SE Geschlecht .07*** .02 .00 .00 -.01** .00 .00 .00 .01 .01 -.01*** .00 .03*** .00 .00 .00 .00 n .01 .07*** .02 Sprache .02 .02 .00 .00 .00 .00 .00 .00 .00 .00 -.02*** .00 .01* .00 .00 .00 -.03** n .01 -.01 .02 Migration .00 .02 .00 .00 -.01* .00 .00 .00 .00 .00 -.03*** .01 .02** .01 .01** .00 -.03* n .01 -.02 .02 Bücher .04 .02 .00 .00 .01** .00 .01* .00 .00 .00 .02*** .00 .02*** .00 .00 .00 .10*** .01 .14*** .02 SES .05 .03 .00 .00 .01** .00 .01** .00 .01 .00 .01*** .00 .02** .01 .01* .00 .09*** .01 .13*** .03 Elterl. Bildung .01 .02 .00 .00 .01** .00 .01* .00 .00 .00 .01*** .00 .02** .01 .00 .00 .08*** .01 .09*** .03 Einkommen .01 .02 .00 .00 .00 .00 .01** .00 .00 .00 .00 .00 .01*** .00 .01** .00 .04*** .01 .05* .03 KGF .06** .02 .01 .00 .03** .01 .02*** .01 .01 .00 .03*** .00 .04*** .01 .00* .00 .21*** .01 .26*** .02 Note Mathe K4 .03 .03 .01 .01 - - - - - - - - - - .01*** .00 .01*** .00 .04 .03 Math. Komp. K1 .09*** .03 .00 .00 - - .05*** .01 .01 .01 - - .08*** .01 .01** .00 .18*** .01 .26*** .02 Math. Komp. K4 .11*** .03 - - - - - - - - - - - - .01** .00 .01** n .00 .12*** .03 Note Deutsch K4 .05 .03 - - - - - - - - - - - - .02*** .01 .02*** .01 .07** .03 Wortschatz K1 .14*** .02 - - - - .01** .00 .01 .00 - - .07*** .01 .00 .00 .10*** .01 .24*** .02 Lesekomp. K4 .29*** .03 - - - - - - - - - - - - .01** .00 .01** n .00 .30*** .03 Schulform .08*** .02 - - - - - - - - - - - - - - - - .08*** .02 Tab. 5: Direkte, spezifisch indirekte, totale indirekte und totale Effekte auf die Lesekompetenzen in der 7. Klasse Anmerkungen: N = 5 436; R ² Lesen = .466; K = Klassenstufe, Worts. = Wortschatz, SES = Sozio-ökonomischer Status; Tabelle zeigt standardisierte Regressionsgewichte ( β ). * p < .05, ** p < .01, *** p < .001 Kompetenzentwicklung über 7 Jahre 71 kompetenzen in der 4. Klasse ( β = .29, p < .001) sowie der Wortschatz ( β = .14, p < .001) zur direkten Vorhersage der Lesekompetenzen in der 7. Klasse beitrugen. Schülerinnen und Schüler, die bereits in der Grundschule über höhere Lesekompetenzen bzw. einen höheren Wortschatz verfügten, erreichten auch höhere Lesekompetenzen in der 7. Klasse. Darüber hinaus zeigten sich auch hier reziproke Effekte zwischen den beiden Kompetenzen: Schülerinnen und Schüler mit höheren mathematischen Kompetenzen in der 1. ( β = .09, p < .001) und 4. Klasse ( β = .11, p < .001) erreichten auch höhere Lesekompetenzen in der 7. Klasse. Für die Lesekompetenzen ergaben sich keine signifikanten direkten Effekte der Noten. Dafür zeigten sich indirekte Effekte der Kompetenzen in der 1. Klasse über die nachfolgenden Kompetenzen bzw. Noten am Ende der Grundschule, wobei diese vor allem über die Lesekompetenzen (mathematische Kompetenzen 1. Klasse: β = .08, p < .001; Wortschatz 1. Klasse: β = .07, p < .001) und die mathematischen Kompetenzen (1. Klasse: β = .05, p < .001) in der 4. Klasse vermittelt wurden. Schülerinnen und Schüler mit höheren Kompetenzen in der 1. Klasse wiesen demnach nicht nur höhere Kompetenzen in der 4. Klasse auf, sondern erreichten darüber auch in der 7. Klasse höhere Lesekompetenzen. Insgesamt zeigte sich auch hier ein deutlich größerer totaler indirekter Effekt für die mathematischen Kompetenzen in der 1. Klasse ( β = .18, p < .001) auf die Lesekompetenzen in der 7. Klasse als vom Wortschatz ( β = .10, p < .001). Neben den leistungsbezogenen Prädiktoren ergaben sich ebenfalls direkte Effekte von den kindbezogenen Merkmalen. Zum einen zeigte sich ein Geschlechtseffekt zugunsten der Mädchen ( β = .07, p < .001). Damit erreichten Mädchen höhere Lesekompetenzen in der 7. Klasse als Jungen. Im Gegensatz zu den mathematischen Kompetenzen zeigte sich für die Lesekompetenzen kein signifikanter totaler indirekter Effekt des Geschlechts ( β = .00, ns). Darüber hinaus zeigte sich nur noch für die kognitiven Grundfähigkeiten ein signifikanter direkter Effekt ( β = .06, p < .01). Es ergaben sich für die Lesekompetenzen aber ebenfalls totale indirekte Effekte von der Anzahl an Büchern ( β = .10, p < .001), dem SES ( β = .09, p < .001), der elterlichen Bildung ( β = .08, p < .001) und den kognitiven Grundfähigkeiten ( β = .21, p < .001). Diese wurden dabei vor allem über die Lesekompetenzen in der 4. Klasse und den Wortschatz in der 1. Klasse vermittelt. Zusätzlich wurde auch in Bezug auf die Lesekompetenzen die gewählte Schulform als Prädiktor und Mediator berücksichtigt. Für die Lesekompetenzen in der 7. Klasse ergab sich dabei ein signifikanter direkter Effekt von der Schulform ( β = .08, p < .001). Schülerinnen und Schüler eines Gymnasiums erreichten höhere Lesekompetenzen in der 7. Klasse im Vergleich zu ihren Peers anderer Schulformen. Betrachtet man die totalen Effekte, stellen die Lesekompetenzen in der 4. Klasse ( β = .30, p < .001) den stärksten Prädiktor für die Lesekompetenzen in der 7. Klasse dar, gefolgt von den mathematischen Kompetenzen in der 1. Klasse ( β = .26, p < .001), den kognitiven Grundfähigkeiten ( β = .26, p < .001) und dem Wortschatz in der 1. Klasse ( β = .24, p < .001). Von den Noten zeigte sich lediglich ein signifikanter Effekt für die Deutschnote ( β = .07, p < .01). Insgesamt wurde für die Lesekompetenzen in der 7. Klasse eine Varianzaufklärung von R ² = .466 erreicht. Diskussion Ziel dieser Arbeit war zum einen die Untersuchung der Entwicklung der mathematischen und Lesekompetenzen von der Grundschule bis in die Sekundarstufe I (Fragestellung 1). Dabei wurden auch die Unterschiede im Kompetenzwachstum zwischen Personengruppen näher betrachtet. Des Weiteren wurde untersucht, inwiefern die gewählte Schulform der Sekundarstufe I (Fragestellung 2), die mathematischen Kompetenzen (Fragestellung 3) und die Lesekompetenzen (Fragestellung 4) durch kindbezogene Merkmale, Kompetenzen und Schulnoten vorhergesagt werden. Dabei wurde die Schulform als Mediator berücksichtigt. 72 Jana Kähler, Olaf Köller Kompetenzentwicklung Zur Beantwortung der ersten Fragestellung wurde die Entwicklung der mathematischen und Lesekompetenzen mithilfe von Effektstärken quantifiziert und für verschiedene Personengruppen verglichen. Dabei wurde deutlich, dass die mathematischen Kompetenzen in der Grundschulzeit (Klasse 1 bis 4) deutlich stärker zunahmen als in der Sekundarstufe I (Klasse 4 bis 7). Diese Ergebnisse lassen sich in bestehende nationale und internationale Studien integrieren, in denen die Kompetenzzuwächse in der Grundschule schnell, aber während der Sekundarstufe verlangsamt ausfielen (Hill et al., 2008; Köller & Baumert, 2018; Morgan et al., 2011; Nagy et al., 2017; Pekrun et al., 2007). Es zeigten sich damit auch in dieser Studie nicht-lineare Lernzuwächse (Köller & Baumert, 2018). Für die Lesekompetenzen ergab sich ein geringeres Wachstum in der Sekundarstufe I im Vergleich zu den mathematischen Kompetenzen, was jedoch in bestehende Studienergebnisse eingereiht werden kann (Nagy et al., 2017). Nichtsdestotrotz wäre ein weiterer Messzeitpunkt in der Grundschule wünschenswert gewesen, um die Kompetenzentwicklungen in den beiden Schulstufen miteinander vergleichen zu können. Mithilfe der Effektstärken wurden auch Unterschiede im Wachstum der mathematischen Kompetenzen verschiedener Personengruppen deutlich (für die Lesekompetenzen ergaben sich nur geringfügige Differenzen). Es zeigte sich für Schülerinnen und Schüler eines Gymnasiums ein deutlich höheres Wachstum als für ihre Peers von nicht-gymnasialen Schulen (Angelone, 2019; Baumert et al., 2004; Becker et al., 2006; Köller & Baumert, 2001). Die Unterschiede fielen vor dem Wechsel deutlich höher aus als in der Sekundarstufe I. Dieser Schereneffekt (Becker et al., 2006) weist damit auf Schulformen als differenzielle Entwicklungsmilieus hin (Baumert, Stanat & Watermann, 2006). Schulformwahl Die zweite Fragestellung bezog sich auf die Vorhersage der Schulformwahl durch individuelle Determinanten, gemessene Kompetenzen und Noten in der Grundschule. Dabei konnte vor allem die Relevanz der Noten in Deutsch und Mathematik aufgezeigt werden. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass für die Übergangsempfehlung, welche in starkem Zusammenhang mit der tatsächlich gewählten Schulform steht (Arnold et al., 2007; Maaz & Nagy, 2009; Stubbe et al., 2012; Wagner et al., 2009), primär die Noten als Orientierungsmaße von den Lehrkräften verwendet werden (Dumont et al., 2014; Füssel et al., 2010). Die gefundenen Unterschiede in den Übergangsempfehlungen konnten dabei vor allem auf die Deutschnote zurückgeführt werden. Auch für die tatsächlich gewählte Schulform hat sich gezeigt, dass die Deutschnote einen stärkeren Prädiktor darstellt als die Mathematiknote oder objektiv gemessene Kompetenzen. Letztere wirkten dabei auch vermittelt über die Noten auf die Schulformwahl. Als problematisch erscheint der Umstand, dass sich die Notenvergabe der Lehrkräfte keinesfalls ausschließlich objektiv an den gezeigten Leistungen orientiert, sondern nachweislich auch soziale und herkunftsbezogene Aspekte berücksichtigt werden. Studien konnten zeigen, dass Schülerinnen und Schüler aus niedrigeren sozialen Schichten auch bei gleichen Leistungen in objektiven Kompetenztests schlechtere Noten erhielten als Schülerinnen und Schüler aus höheren sozialen Schichten (Arnold et al., 2007; Bos et al., 2004; Ditton, 2007; Dumont et al., 2014; Maaz & Nagy, 2009). Auch in dieser Untersuchung zeigte sich, dass die Noten in Deutsch und Mathematik durch soziale Merkmale vorhergesagt wurden, und das trotz der Berücksichtigung mathematischer und lesebezogener Kompetenzen. Diese sekundären Herkunftseffekte können für einen Teil der sozialen Ungleichheiten im deutschen Schulsystem verantwortlich gemacht werden (Maaz & Nagy, 2009). Dabei ist nicht nur die Notenvergabe von sekundären Herkunftseffekten betroffen, auch für die Übergangsempfehlung (Arnold et al., 2007; Bos et al., 2004; Maaz & Nagy, 2009) sowie die tatsächlich gewählte Schulform (Gresch et al., 2009; Wagner et al., 2009) konnte bereits eine Benachteiligung von Kompetenzentwicklung über 7 Jahre 73 sozial benachteiligten Kindern gegenüber Kindern aus sozial privilegierteren Familien nachgewiesen werden. Die Ergebnisse dieser Studie stützen diese Erkenntnisse. Dabei erwiesen sich hier vor allem der SES und das Einkommen einer Familie als Ursache von Ungleichheiten bei der Schulformwahl. Die Effekte für die Anzahl an Büchern und für die elterliche Bildung fielen geringer aus. Neben der sozialen Schicht steht häufig auch der Migrationshintergrund von Schülerinnen und Schüler im Fokus von Untersuchungen. Dabei konnten auch für den Migrationshintergrund sekundäre Herkunftseffekte gefunden werden, die zeigten, dass Kinder mit Migrationshintergrund schlechtere Noten erhielten als ihre Peers ohne Migrationshintergrund (Gresch & Kristen, 2011; Gresch, Maaz, Becker & McElvany, 2012; Kristen & Dollmann, 2009). Dies konnte jedoch in erster Linie auf soziale Unterschiede sowie Unterschiede in der schulischen Leistung zurückgeführt werden. Wenn Noten, objektiv gemessene Kompetenzen sowie soziale Merkmale von Schülerinnen und Schülern kontrolliert wurden, wiesen Kinder mit Migrationshintergrund nicht nur eine höhere Bildungsmotivation auf, sondern wechselten auch mit einer höheren Chance am Ende der Grundschule auf einen der anspruchsvolleren Bildungszweige (Gresch et al., 2012; Kristen & Dollmann, 2009). Dies zeigte sich auch in dieser Untersuchung. Kinder mit Migrationshintergrund erhielten unter Kontrolle aller anderen Variablen bessere Noten in Deutsch und Mathematik und wechselten eher auf ein Gymnasium. Insgesamt wird deutlich, dass sekundäre Herkunftseffekte auf soziale Merkmale zurückgeführt werden können. Um eine substanzielle Reduzierung dieser sozialen Disparitäten beim Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe I zu erreichen, müssen Verzerrungen bei der Bewertung von Schülerinnen und Schülern verschiedener sozialer Schichten ausgeschaltet werden (Maaz & Nagy, 2009). Mögliche Ansatzpunkte hierzu lassen sich in den bestehenden Erwartungseffekten der Lehrkräfte (Dumont et al., 2014) sowie den unterschiedlichen Bildungsaspirationen der Eltern verschiedener Sozialschichten (Paulus & Blossfeld, 2007; Stubbe et al., 2012) finden. Mathematische und Lesekompetenzen Erwartungsgemäß sagten die vorangegangenen Messungen der jeweiligen Kompetenzen am besten die späteren Kompetenzstände vorher. Ergänzend zu bestehenden Studien konnte festgestellt werden, dass die Kompetenzen im Grundschulalter wichtige Prädiktoren für spätere Leistungen in der Sekundarstufe I sind (Jordan et al., 2009; Lehrl, Ebert, Blaurock, Roßbach & Weinert, 2019; Niklas & Schneider, 2017). Dabei lassen sich Kompetenzunterschiede auch auf geringere Kompetenzen in der jeweils anderen Domäne zurückführen (Grimm, 2008; Morgan et al., 2011; Niklas & Schneider, 2017). Es zeigten sich sowohl direkte als auch indirekte Effekte zwischen den mathematischen und Lesekompetenzen. Insgesamt wird deutlich, dass frühe Disparitäten spätere Disparitäten vorhersagen (Morgan, Farkas & Qiong, 2009). Damit stützen diese Ergebnisse die Annahme eines „Matthew-Effects“ (Stanovich, 1986), d. h. dass ein frühzeitiger Aufbau an Kompetenzen zu einem höheren Kompetenzwachstum über die Zeit führt und dadurch in höheren Kompetenzen am Ende der Schulzeit resultiert, während geringe anfängliche Kompetenzen mit geringen Leistungssteigerungen einhergehen, was wiederum zu überdauernden Nachteilen führen kann. Um der Entstehung und dem Fortbestehen dieser Disparitäten entgegenzuwirken, bedarf es somit bereits in der frühen Kindheit wirkungsvoller Interventionen. Studien konnten aufzeigen, dass entsprechende Vorläuferfähigkeiten im Kindergarten spätere Kompetenzen und Leistungen vorhersagen (Jordan et al., 2009; Morgan et al., 2009; Niklas & Schneider, 2012, 2017). Damit wird bereits im Kindergarten der Grundstein für spätere Kompetenzen gelegt (Heinze & Grüßing, 2008). Einen wesentlichen Faktor für eine erfolgreiche Kompetenzentwicklung stellen dabei die Lernangebote in den frühkindlichen Betreuungseinrichtungen sowie im häuslichen 74 Jana Kähler, Olaf Köller Lernumfeld dar (Heinze & Grüßing, 2008; Stiftung „Haus der kleinen Forscher“, 2017). Es bedarf breit gefächerter Bildungspläne, mit deren Hilfe entsprechende Lerngelegenheiten in den Kita-Alltag integriert werden können und an denen sich das pädagogische Fachpersonal über ihren jeweils berufsspezifischen Bereich hinweg orientieren kann (Heinze & Grüßing, 2008). Des Weiteren zeigten sich in dieser Untersuchung soziale Disparitäten für die mathematischen und Lesekompetenzen in der Sekundarstufe I. Vor allem die Anzahl an Büchern zu Hause konnte als direkter Prädiktor spätere Kompetenzen vorhersagen. Diese konnten bereits durch andere Studien für die Grund- und Sekundarstufe nachgewiesen werden (Hußmann et al., 2017; Lehrl et al., 2019; Schwippert et al., 2020). Die Anzahl an Büchern spiegelt die Bildungsnähe des Elternhauses wider (Hußmann et al., 2017). Die Vermutung liegt nahe, dass Eltern, für die Bildung eine wichtige Rolle spielt, auch mehr in kulturelles Kapital investieren und sich auch der Bedeutung von schulischen Kompetenzen bewusst sind. Neben der Anzahl an Büchern zeigte auch das Einkommen einen direkten Effekt auf die mathematischen Kompetenzen in der 7. Klasse (Jordan et al., 2009). Der SES oder die Bildung der Eltern hatten hingegen lediglich indirekte Effekte über die Kompetenzen und Noten in der Grundschule (ebenso wie die Anzahl an Büchern und das Einkommen). In Bezug auf herkunftsbedingte Disparitäten zeigten sich weder auf die mathematischen noch die Lesekompetenzen signifikante direkte Effekte des Migrationshintergrundes. Unter Kontrolle der Kompetenzen in Grund- und Sekundarschule, der Schulform der Sekundarschule, der Noten in der 4. Klasse, sowie anderer kindbezogener Merkmale konnten keine herkunftsbezogenen Disparitäten festgestellt werden. Auch für die zu Hause gesprochene Sprache ergab sich lediglich ein signifikanter totaler indirekter Effekt auf die Lesekompetenzen in der 7. Klasse - vermittelt über einen geringeren Wortschatz sowie geringere mathematische Kompetenzen in der 1. Klasse. Diese Befunde tragen zu der Annahme bei, dass ein Migrationshintergrund an sich nicht zu geringeren Kompetenzen in der Sekundarstufe führt - vergleichbar mit Befunden zur Schulformwahl (Gresch & Kristen, 2011; Kristen & Dollmann, 2009). Vielmehr scheint ein Migrationshintergrund nur indirekt über die (sprachlichen) Kompetenzen in der Grundschule und über die darauf aufbauende Kompetenzentwicklung vermittelt zu werden. Darüber hinaus zeigten sich auch geschlechtsbezogene Unterschiede in den mathematischen und Lesekompetenzen in der 7. Klasse. Dabei erreichten Jungen höhere mathematische Kompetenzen, was auch schon in anderen nationalen und internationalen Studien wie TIMSS (Schwippert et al., 2020) oder PISA (OECD, 2016) nachgewiesen werden konnte. Die Ergebnisse zeigten jedoch zusätzlich, dass Schüler auch dann noch höhere mathematische Kompetenzen aufwiesen als Schülerinnen, wenn die vorherigen mathematischen Kompetenzen, die Lesekompetenzen, die Schulform, Noten und kindbezogene Merkmale kontrolliert wurden. Hinzu kommen die gefundenen indirekten Effekte des Geschlechts. Demnach gibt es bereits zu Beginn der Grundschule geschlechtsbezogene Unterschiede in den mathematischen Kompetenzen, welche bis in die 7. Klasse der Sekundarstufe I bestehen bleiben. In Bezug auf die Lesekompetenzen zeigte sich wiederum, dass Mädchen in der 7. Klasse höhere Werte erreichten als Jungen. Auch dieses Ergebnis unterstützt bestehende Erkenntnisse aus nationalen und internationalen Schulleistungsstudien, allen voran IGLU oder dem IQB-Bildungstrend (McElvany, Kessels, Schwabe & Kasper, 2017; Stanat, Schipolowski, Rjosk, Weirich & Haag, 2017). Auch für die Lesekompetenzen konnten indirekte Effekte nachgewiesen werden. Diese direkten und indirekten Auswirkungen des Geschlechts auf die Kompetenzen in der 7. Klasse tragen zu der Annahme bei, dass die Geschlechterunterschiede noch komplexer sind, als man aufgrund der Ergebnisse nationaler und internationaler Schulleistungsstudien erwarten würde. Der Besuch der Grundschule konnte nicht dazu beitragen, die Geschlechtsunterschiede substanziell Kompetenzentwicklung über 7 Jahre 75 abzubauen. Um Kindern und Jugendlichen jedoch eine geschlechtsunabhängige Entwicklung ihrer Kompetenzen zu ermöglichen, bedarf es verschiedener Ansatzpunkte, die den Einfluss von Geschlechtsstereotypen in der Schule reduzieren können (Hannover & Wolter, 2021). So können z. B. weibliche Lehrkräfte als positives Rollenmodell oder geschlechtersensitive Sprachverwendung im Unterricht seitens der Lehrkraft eingesetzt werden, um zu einer Reduzierung von Geschlechtsstereotypen beizutragen. Damit steht vor allem die Lehrkraft im Mittelpunkt, wenn es um eine Verbesserung der Geschlechtergerechtigkeit in der Schule geht (Hannover & Wolter, 2021). Als Letztes soll die Rolle der Schulformwahl in Bezug auf die langfristige Kompetenzentwicklung der Schülerinnen und Schüler betrachtet werden. Die Ergebnisse dieser Untersuchung haben gezeigt, dass Schülerinnen und Schüler eines Gymnasiums sowohl höhere Kompetenzen als auch ein höheres Kompetenzwachstum erreichten als ihrer Peers anderer Schulformen, was konform zu Ergebnissen bestehender Studien steht (Angelone, 2019; Becker et al., 2006; Pekrun et al., 2007; Pfost et al., 2010; Retelsdorf et al., 2012; Vom Hofe et al., 2009). Darüber hinaus diente die Schulform auch als Mediator vor allem für die Schulnoten in der Grundschule, aber auch für soziale und herkunftsbezogene Disparitäten. Es zeigte sich, dass Schülerinnen und Schüler aus sozial schwachen Familien nicht nur seltener auf ein Gymnasium wechselten, sondern auch geringere Kompetenzen in der Sekundarstufe I erlangten als ihre sozial privilegierteren Peers und das auch, wenn für die in der Grundschule erfassten Kompetenzen und Noten kontrolliert wurde (Pekrun et al., 2007). Ebenso wirkten die Kompetenzen in der Grundschule vermittelt über die Schulform auf die späteren Kompetenzen (Niklas & Schneider, 2017; Pekrun et al., 2007). Insgesamt wird damit die Annahme gestützt, dass die soziale Kluft in Deutschland bereits in der Grundschule besteht und der Übergang in die weiterführende Schule diese Disparitäten zu verstärken scheint. Limitationen und Ausblick Die Ergebnisse dieser Arbeit liefern einen Einblick in das Zusammenwirken mathematischer und Lesekompetenzen über die Grundschulzeit bis in die Sekundarstufe I unter Berücksichtigung verschiedener individueller Merkmale, Schulformen und Schulnoten. Es wäre wünschenswert gewesen, auch für die Lesekompetenzen drei Messzeitpunkte erhoben zu haben. Dies war allerdings in der 1. Klasse unmöglich. Daher wurde dort auf einen Test zum rezeptiven Wortschatz zurückgegriffen (Fischer & Durda, 2020). Dieser stellt zwar einen relevanten und guten Prädiktor für spätere Lesekompetenzen dar, es konnte aber dadurch kein vollständiger Längsschnitt für die Lesekompetenzen modelliert werden. Weitere Studien sollten diesen Aspekt aber berücksichtigen und vollständige Längsschnitte verwenden, die wenn möglich auch mehr Messzeitpunkte über die Grundschulzeit umfassen. Des Weiteren wurde als Modellierung des Übergangs in die Sekundarstufe I die gewählte Schulform verwendet. Die Übergangsempfehlung wurde nicht berücksichtigt. Auch wenn die Übergangsempfehlung in hohem Zusammenhang mit dem tatsächliche Übergangsverhalten steht (Maaz & Nagy, 2009; Wagner et al., 2009), konnten Studien nachweisen, dass die Schulformwahl nicht immer mit der Empfehlung übereinstimmen muss (Ditton, 2007; Gresch et al., 2009; Paulus & Blossfeld, 2007). Dabei vergrößert die Zugehörigkeit einer sozialen Schicht die bereits bestehenden sozialen Unterschiede noch: Während Eltern aus sozial privilegierteren Verhältnissen ihr Kind häufiger auf ein Gymnasium wechseln lassen (auch ohne Gymnasialempfehlung), neigen Eltern aus sozial schwächeren Verhältnissen eher dazu, sich gegen ein Gymnasium zu entscheiden, auch wenn eine entsprechende Übergangsempfehlung von der Lehrkraft vorliegt (Dumont et al., 2014). Es wäre daher interessant gewesen, sowohl die Übergangsempfehlung als auch elterliche Bildungsaspirationen als weitere Prädiktoren für die tatsächlich gewählte Schulform einbezogen zu haben. 76 Jana Kähler, Olaf Köller Neben der Übergangsempfehlung sowie den elterlichen Bildungsaspirationen ist auch das häusliche Lernumfeld ein weiteres Merkmal, welches in dieser Untersuchung nicht berücksichtigt werden konnte. Studien konnten hierzu nachweisen, dass die Ausgestaltung des häuslichen Lernumfelds für die kindliche Kompetenzentwicklung eine wichtige Rolle spielt (Lehrl et al., 2019; Niklas & Schneider, 2017). Es kann demnach nicht ausgeschlossen werden, dass ein umfangreicheres Modell, welches nicht nur die stabilen Rahmenbedingungen einer Familie (SES, Migrationshintergrund etc.) berücksichtigt, sondern auch Aspekte der häuslichen und institutionellen Prozessqualität einbezieht, exaktere Aussagen über das Zusammenspiel von mathematischen und Lesekompetenzen liefern kann. Dies sollte Ziel zukünftiger Studien sein. Literatur Angelone, D. (2019). Schereneffekte auf der Sekundarstufe I? Zum Einfluss des Schultyps auf den Leistungszuwachs in Deutsch und Mathematik. Swiss Journal of Educational Research, 41 (2), 446 - 466. https: / / doi. org/ 10.24452/ sjer.41.2.11 Arnold, K.-H., Bos, W., Richert, P. & Stubbe, T. C. (2007). Schullaufbahnpräferenzen am Ende der vierten Klassenstufe. In W. Bos, S. 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Innenteil farbig. 200 × 280mm. (978-3-497-03035-4) gb a www.reinhardt-verlag.de Mea lebt auf einer kleinen Nordseeinsel. Sie ist kreativ, liebt es, am Strand zu spielen und träumt davon, eines Tages Meeresschildkröten zu erforschen. Doch es gibt eine Sache, die Mea gar nicht mag: Mathe. Wenn in der Schule Mathetests anstehen, bekommt sie oft Bauchschmerzen, die Hausaufgaben frustrieren sie. Zum Glück gibt es den alten Kapitän. Durch ihn lernt Mea ihre Stärken kennen und merkt, dass sie ihren Rechenschwierigkeiten nicht machtlos gegenüberstehen muss. Und am Ende hat Mea ein Erfolgserlebnis, das ihr Mut macht. Die Geschichte von Mea soll Kindern mit Dyskalkulie Mut machen und zeigen, dass sie mit ihren Erfahrungen nicht allein sind. Stärken werden in den Mittelpunkt gestellt, Perspektiven gewechselt und Zuversicht vermittelt.
