eJournals Psychologie in Erziehung und Unterricht71/4

Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/peu2024.art20d
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2024
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Empirische Arbeit: Zusammenhang zwischen Trait-ADHS-Symptomen und der Trait- und State-Arbeitsgedächtnisleistung bei Schüler*innen: Implikationen für den Schulalltag

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2024
Marie Charlotte Lehmann
Lilly Buhr
Martí Quixal
Caterina Gawrilow
Die kognitive Leistungsfähigkeit von ADHS-Betroffenen variiert im (Schul-)Alltag und eine ausgeprägte ADHS-Symptomatik scheint mit Defiziten in der Arbeitsgedächtnisleistung einherzugehen. In der vorliegenden Studie wurde der Zusammenhang zwischen der Ausprägung der selbstberichteten Trait-ADHS-Symptomatik von N=354 Gymnasiast*innen der siebten und achten Klasse und der visuell-räumlichen Arbeitsgedächtnisleistung auf der Trait- sowie der State-Ebene untersucht. Die Trait-ADHS-Symptomatik wurde durch einen Selbstbeurteilungsfragebogen und die visuell-räumliche Trait-Arbeitsgedächtnisleistung mittels einer Corsi-Aufgabe einmalig online erhoben. Außerdem wurde die visuell-räumliche State-Arbeitsgedächtnisleistung mehrfach durch eine App-basierte Aufgabe erhoben. Entgegen der Erwartung gingen ausgeprägtere Trait-ADHS-Symptome nicht mit stärkeren Defiziten in der Trait-Arbeitsgedächtnisleistung einher. Explorative Analysen zeigten aber, dass Schüler*innen mit einer stärkeren selbstberichteten Trait-ADHS-Symptomatik im Mittel eine schlechtere visuell-räumliche State-Arbeitsgedächtnisleistung aufweisen. Die Annahme, dass eine stärkere Trait-ADHS-Symptomatik mit stärkeren Schwankungen in der State-Arbeitsgedächtnisleistung zusammenhängt, konnte nicht bestätigt werden. Künftige Untersuchungen sollten Kontextbedingungen und Fluktuationen der ADHS-Kernsymptome und der Arbeitsgedächtnisleistung differenziert betrachten, um Schüler*innen gezielt präventiv im Schulalltag zu unterstützen.
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n Empirische Arbeit Dieser Beitrag steht open access online unter https: / / dx.doi.org/ 10.2378/ peu2024.art20d Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2024, 71, 243 -255 DOI 10.2378/ peu2024.art20d © Ernst Reinhardt Verlag Zusammenhang zwischen Trait-ADHS-Symptomen und der Trait- und State-Arbeitsgedächtnisleistung bei Schüler: innen: Implikationen für den Schulalltag Marie Charlotte Lehmann 1 , Lilly Buhr 1, 2, 3 , Martí Quixal 2, 4 , Caterina Gawrilow 1, 2, 3 1 Fachbereich Psychologie, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät, Eberhard Karls Universität Tübingen 2 LEAD Graduate School und Research Network, Eberhard Karls Universität Tübingen 3 IDeA Zentrum des DIPF, Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation, Frankfurt am Main 4 Tübingen Center for Digital Education, Eberhard Karls Universität Tübingen Zusammenfassung: Die kognitive Leistungsfähigkeit von ADHS-Betroffenen variiert im (Schul-)Alltag und eine ausgeprägte ADHS-Symptomatik scheint mit Defiziten in der Arbeitsgedächtnisleistung einherzugehen. In der vorliegenden Studie wurde der Zusammenhang zwischen der Ausprägung der selbstberichteten Trait-ADHS-Symptomatik von N = 354 Gymnasiast: innen der siebten und achten Klasse und der visuell-räumlichen Arbeitsgedächtnisleistung auf der Traitsowie der State-Ebene untersucht. Die Trait-ADHS-Symptomatik wurde durch einen Selbstbeurteilungsfragebogen und die visuell-räumliche Trait-Arbeitsgedächtnisleistung mittels einer Corsi-Aufgabe einmalig online erhoben. Außerdem wurde die visuell-räumliche State-Arbeitsgedächtnisleistung mehrfach durch eine App-basierte Aufgabe erhoben. Entgegen der Erwartung gingen ausgeprägtere Trait-ADHS-Symptome nicht mit stärkeren Defiziten in der Trait-Arbeitsgedächtnisleistung einher. Explorative Analysen zeigten aber, dass Schüler: innen mit einer stärkeren selbstberichteten Trait-ADHS-Symptomatik im Mittel eine schlechtere visuell-räumliche State-Arbeitsgedächtnisleistung aufweisen. Die Annahme, dass eine stärkere Trait-ADHS-Symptomatik mit stärkeren Schwankungen in der State-Arbeitsgedächtnisleistung zusammenhängt, konnte nicht bestätigt werden. Künftige Untersuchungen sollten Kontextbedingungen und Fluktuationen der ADHS-Kernsymptome und der Arbeitsgedächtnisleistung differenziert betrachten, um Schüler: innen gezielt präventiv im Schulalltag zu unterstützen. Schlüsselbegriffe: ADHS, visuell-räumliche Arbeitsgedächtnisleistung, Schüler: innen Association of Trait ADHD Symptoms and Trait and State Working Memory Performance in High-School Students: Implications for Everyday School Life Summary: Cognitive performance fluctuates in the daily (school)life of individuals and ADHDsymptomatology seems associated with deficits in working-memory performance. This study investigated the effect of the experience of ADHD-symptoms in students on their trait and state visuospatial working-memory performance. N = 354 seventh and eighth grade students reported their trait ADHD-symptoms with a self-report questionnaire and their trait working-memory performance was assessed with a web-based Corsi task. State working-memory performance was assessed using an app-based working-memory updating task. Contrary to expectations, self-reported ADHD-symptoms were not associated with deficits in trait working-memory performance. Explorative analyses showed a negative correlation of experienced ADHD-symptoms and average state working-memory performance. The assumption that the experience of stronger ADHD-symptoms would lead to higher fluctuations in state working-memory performance was not confirmed. Future studies should investigate the difference between trait and state measures of working-memory performance and their association with ADHD-symptoms to support students in their daily (school)life. Keywords: ADHD, visuospatial working memory performance, secondary school students 244 Marie Charlotte Lehmann, Lilly Buhr, Martí Quixal, Caterina Gawrilow Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist durch die Kernsymptome Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität geprägt - jedoch wird davon ausgegangen, dass die Kernsymptome dimensional in unterschiedlich starken Abstufungen bei allen Menschen vorkommen (Coghill & Sonuga-Barke, 2012). Empirische Studien weisen darauf hin, dass die ADHS-Symptomatik daher in der Gesamtbevölkerung normalverteilt ist (Schulz-Zhecheva, 2019). Kinder mit stark ausgeprägter Unaufmerksamkeit und/ oder Hyperaktivität-Impulsivität fallen in der Schule durch Verhaltensschwierigkeiten, schlechtes Zuhören und geringe schulische Leistungen auf (Gathercole et al., 2008; McConaughy et al., 2011). Dies führt zu Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Schulalltags. Beispielsweise beobachten Lehrer: innen bei Kindern und Jugendlichen häufig, dass sie sich in einem Moment gut auf eine Aufgabe konzentrieren können und im nächsten Moment bei ähnlichen Aufgaben stark abgelenkt sind. In der Folge haben diese Schüler: innen Probleme, konsistent Aufgaben gut zu lösen. Diese Alltagsbeobachtungen werden durch klinische Studien bestätigt, welche zeigen, dass die ADHS durch Heterogenität in der intraindividuellen Symptomatik und in der kognitiven Leistungsfähigkeit gekennzeichnet ist (Campez et al., 2020; Kofler et al., 2016; Orban et al., 2018). Im Rahmen dieser Studie wird der Zusammenhang zwischen der Ausprägung der ADHS-Symptomatik und der visuellen-räumlichen Arbeitsgedächtnisleistung (als Trait- und State-Maß) bzw. der Schwankungen dieser Leistungen untersucht. Die ADHS-Forschung konzentrierte sich in klinischen Studien in den vergangenen Jahren stark auf die Rolle der exekutiven Funktionen bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der ADHS-Symptomatik (Brown, 2008). Die exekutiven Funktionen sind übergeordnete kognitive Kontrollprozesse, welche aus drei miteinander korrelierten und voneinander abgrenzbaren Komponenten bestehen (Miyake et al., 2000): der Inhibition, der kognitiven Flexibilität und dem Arbeitsgedächtnis. Defizite in gewissen Bereichen der exekutiven Funktionen oder eine generelle Schwäche der exekutiven Funktionen scheinen im Zusammenhang mit ADHS-Symptomen zu stehen (z. B. Brown, 2008). Basierend auf diesen theoretischen Überlegungen ist daher davon auszugehen, dass Menschen mit einer höheren Ausprägung von ADHS-Symptomen auch schlechtere Leistungen in den exekutiven Funktionen zeigen. Eine Komponente, welche in dem Zusammenhang eine besonders präsente Rolle einnimmt, ist das Arbeitsgedächtnis. Arbeitsgedächtnis Das Arbeitsgedächtnis ist charakterisiert durch eine kurzzeitige, aktive Informationsspeicherung im Alltag: Informationen können dadurch bereitgehalten und in Beziehung zueinander gesetzt werden (Hasselhorn & Schumann-Hengsteler, 2001). Das Arbeitsgedächtnis wird also benötigt, um sich Informationen zu merken und sie gegebenenfalls gleichzeitig zu überarbeiten, beispielsweise beim Lösen einer Matheaufgabe (Swanson & Alloway, 2012). Verschiedene Modelle (z. B. Atkinson & Shiffrin, 1968; Miyake et al., 2000) definieren das Arbeitsgedächtnis noch spezifischer. Eine bedeutsame Unterscheidung trifft Baddeley (1992) zwischen der Speicherung phonologischer Inhalte durch die phonologische Schleife und visuell-räumlicher Inhalte durch den visuell-räumlichen Notizblock. Beide spezialisierten Teilsysteme werden wiederum durch eine gezielte Informations- und Aufmerksamkeitsverteilung der zentralen Exekutive gesteuert, koordiniert und integriert (Baddeley, 2000). Kinder und Jugendliche mit stärkeren ADHS- Symptomen zeigen häufiger Defizite in der Arbeitsgedächtnisleistung als Kinder mit weniger präsenten ADHS-Symptomen (Kofler et al., 2019). So deuten metaanalytische Studien drauf hin, dass circa 80 % der mit ADHS diagnostizierten Personen eine verringerte Arbeitsgedächtnisleistung aufweisen (Kasper et al., 2012). Dabei scheint bei Personen mit einer ADHS von allen untersuchten exekutiven Funktionen die visuell-räumliche Arbeitsgedächtnisleistung am stärksten beeinträchtigt zu sein (Kasper et al., 2012). Diese Ergebnisse aus klinischen Unter- ADHS-Symptome und Trait- und State-Arbeitsgedächtnisleistung bei Schüler: innen 245 suchungen lassen annehmen, dass eine stärkere Ausprägung von ADHS-Symptomen mit stärkeren Defiziten in der Arbeitsgedächtnisleistung einhergehen. Dies ist insbesondere von großer praktischer Bedeutung, da die Arbeitsgedächtnisleistung von Schüler: innen mit schulischem Erfolg zusammenhängt (Blume, Irmer, Dirk & Schmiedek, 2022; Lechuga et al., 2016). Experimentelle und meta-analytische Untersuchungen gehen davon aus, dass die Defizite in der Arbeitsgedächtnisleistung, die mit ADHS- Symptomen in Zusammenhang stehen, eher mit der Beeinträchtigung der zentralen Exekutive einhergehen als mit Beeinträchtigungen der Subsysteme (Rapport et al., 2008; Kasper et al., 2012). Wichtig zu beachten ist hierbei, dass sich diese durchaus heterogenen Befunde in den allermeisten Fällen auf einmalige Erfassungen der Arbeitsgedächtnisleistung beziehen. Traitversus State-Messungen der Arbeitsgedächtnisleistung Klassische Laborstudien erfassen psychologische Konstrukte, wie das Arbeitsgedächtnis, im Rahmen einer Trait-Messung einmalig für jedes Individuum und interpretieren das Ergebnis als stabile Fähigkeit einer Person. Aktuelle Forschung geht hingegen davon aus, dass die Arbeitsgedächtnisleistung über die Zeit schwankt (Dirk & Schmiedek, 2016; Galeano-Keiner et al., 2022). Durch mehrfache State-Messungen der Arbeitsgedächtnisleistung in alltagstypischen Situationen können daher noch weitere Fragestellungen untersucht werden als durch eine einmalige Trait-Messung (Ilkowska & Engle, 2010). So kann statt der maximalen Leistung durch wiederholte Messungen der Durchschnitt der typischen Leistung erhoben werden. Außerdem kann sich die Stärke der Schwankungen (Varianz) der Arbeitsgedächtnisleistung zwischen Personen unterscheiden (Dirk & Schmiedek, 2016). Beispielsweise zeigten Kinder mit ADHS im Vergleich zu Kindern ohne ADHS eine größere Variabilität in der Arbeitsgedächtnisleistung bei phonologischen Arbeitsgedächtnisaufgaben (Friedman, Rapport & Fabrikant-Abzug, 2022). Bisherige Studien zum Zusammenhang von ADHS-Symptomen und Arbeitsgedächtnisleistung untersuchten jedoch vorrangig die maximale Trait-Leistung des Arbeitsgedächtnisses von Schüler: innen. Den Autor: innen ist nur eine Studie bekannt, welche den Zusammenhang auf täglicher Ebene zwischen State-Arbeitsgedächtnis und State-Selbstregulation bei 9 - 11-jährigen Schüler: innen untersuchte und diesen Zusammenhang nicht bestätigen konnte (Blume, Irmer, Dirk & Schmiedek, 2022). Dabei ist insbesondere eine Analyse vom Zusammenhang von Selbstregulationsproblemen und ADHS-Symptomen mit der typischen State-Arbeitsgedächtnisleistung sowie der Varianz der State-Arbeitsgedächtnisleistung von hohem Interesse, weil diese sich vermutlich stärker auf den Alltag von Schüler: innen auswirkt als die Trait-Arbeitsgedächtnisleistung. Es lässt sich also festhalten, dass bisher Trait- und State-Maße zur Erfassung des Arbeitsgedächtnisses noch nicht systematisch bei Schüler: innen mit variierenden State ADHS- Symptomen eingesetzt wurden. Hypothesen Empirische Hypothese 1: Schüler: innen, welche eine stärker ausgeprägte ADHS-Symptomatik (Trait) berichten, zeigen eine geringere Trait-Arbeitsgedächtnisleistung bei visuell-räumlichen Aufgaben. Explorative Untersuchung 1: Je stärker die selbstberichtete ADHS-Symptomatik (Trait) der Schüler: innen, desto schlechter die mittlere visuell-räumliche State-Arbeitsgedächtnisleistung der Schüler: innen. Explorative Untersuchung 2: Die Kernsymptome Trait-Unaufmerksamkeit und Trait-Hyperaktivität/ Impulsivität hängen separat voneinander positiv mit der State-Arbeitsgedächtnisleistung zusammen. Empirische Hypothese 2: Eine stärkere Ausprägung der selbstberichteten ADHS-Symptomatik (Trait) bei Schüler: innen erklärt stärkere Schwankungen in der visuell-räumlichen State- Arbeitsgedächtnisleistung. 246 Marie Charlotte Lehmann, Lilly Buhr, Martí Quixal, Caterina Gawrilow Methode Stichprobenbeschreibung Diese Untersuchung verwendet Daten von Schüler: innen, welche im Rahmen des Forschungsprojekts „DigBindiff - Digitale Binnendifferenzierung: Integration sprachlicher & kognitiver Maße zur adaptiven Förderung 1 “ erhoben wurden. Es handelt sich hierbei um ein interdisziplinäres Forschungsvorhaben im Fach Englisch, um binnendifferenziertes Lernen im Unterricht zu ermöglichen. Im weiteren Verlauf des Textes werden nur für die aktuelle Fragestellung genutzte Erhebungen und Daten beschrieben. Schüler: innen wurden klassenweise durch Kontakt über die Lehrkräfte zur Studienteilnahme eingeladen. Alle Schüler: innen und ihre Erziehungsberechtigten wurden vor Studienteilnahme vollständig über Ziel und Zweck der Studie aufgeklärt. Es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Teilnahme an der Studie auf Freiwilligkeit beruht und nur mit der Einwilligung durch die Eltern und die Schüler: innen erfolgen kann. Die Voraussetzung für die Teilnahme an der Studie war, dass die Schüler: innen zum Untersuchungszeitpunkt die siebte oder achte Klasse besuchten, über gute Deutschkenntnisse verfügten und keine körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen vorlagen, welche die Bearbeitung der Aufgaben beeinflussen könnten. Insgesamt gingen Daten von 354 Schüler: innen aus 15 Gymnasien in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen in die Analysen ein. Zum Erhebungszeitpunkt besuchten 96 % (n = 341) der Proband: innen die siebte und 4 % (n = 13) die achte Klasse. Von allen Teilnehmenden gaben 4 % (n = 13) an, divers zu sein, 42 % (n = 149) ordneten sich dem weiblichen Geschlecht und 47 % (n = 166) dem männlichen Geschlecht zu. 7 % (n = 26) machten keine Angabe zu ihrer Geschlechtsidentität. Unter Berücksichtigung der Einschlusskriterien der Studie wurden vorab die Daten von 13 Schüler: innen von der Analyse ausgeschlossen (https: / / osf.io/ w6s79). Von diesen wurden drei Schüler: innen von der Untersuchung ausgeschlossen, da mehr als 80 % der SWAN-DE-SB-Items (Blume et al., 2024) fehlten. Daten, welche drei Standardabweichungen unter oder über dem Mittelwert der untersuchten Variablen lagen, wurden als Ausreißer identifiziert, was zu einem Ausschluss von weiteren zehn Proband: innen führte. Von diesen zehn wurden vier der Proband: innen aufgrund von zu hohen Ausreißern bei der berichteten State Ausprägung der ADHS-Symptomatik ausgeschlossen. Durchführung und Material Im Rahmen der computerbasierten Baseline-Messung wurden neben vielen weiteren Konstrukten die demografischen Daten der Schüler: innen erhoben. Darüber hinaus wurde die visuell-räumliche Trait- Arbeitsgedächtnisleistung mittels des Corsi-Block- Tapping-Tests (Corsi, 1972) erfasst und die selbstberichtete Ausprägung der ADHS-Symptomatik durch Beantwortung der deutschen Version des Strengths and Weakness of ADHD and Normal Behaviour-Scale (SWAN-DE-SB; Blume et al., 2024). Während dieser Messung befanden sich alle Teilnehmenden in ihrem Klassenzimmer, gemeinsam mit den Versuchsleitungen sowie in den meisten Fällen den Lehrkräften. Die visuell-räumliche State-Arbeitsgedächtnisleistung wurde mittels einer Web-basierten Murkse- Aufgabe auf einem Computer, Tablet oder Smartphone jedes Mal, wenn sich die teilnehmenden Schüler: innen im Lernsystem angemeldet hatten, erhoben. Bevor die Jugendlichen mit den Übungsaufgaben des Lernsystems konfrontiert wurden, mussten sie eine Arbeitsgedächtnisaufgabe lösen, die ihre visuell-räumliche Arbeitsgedächtnisleistung testete, um ihre aktuelle kognitive Leistungsfähigkeit abzubilden. Während die Schüler: innen die Aufgabe durchführten, befanden sie sich entweder in ihrem Klassenzimmer oder einem anderen Raum in der Schule oder erledigten die Aufgaben im Rahmen der Hausaufgaben, d. h. die teilnehmenden Lehrkräfte konnten das System in ihren Unterrichtsablauf einbetten. ADHS-Symptomatik - SWAN-DE-SB für Schüler: innen Zur Erhebung der Ausprägung der ADHS-Symptomatik der Schüler: innen wurden 18 Frageitems des SWAN (Swanson et al., 2012) der deutschen Version, welche für den Selbstbericht von Jugendlichen angepasst wurden, verwendet (SWAN-DE-SB; Blume et al., 2024). Die Items des Fragebogens beziehen sich auf die ADHS-Kernsymptome Unaufmerksamkeit (z. B. „Ich behalte die Dinge, die ich erledigen muss, im Kopf“) und Hyperaktivität/ Impulsivität (z. B. „Wenn ich sitzen bleiben soll, bleibe ich sitzen“), basierend auf den Diagnosekriterien des DSM-5 1 Finanzierung durch die Robert-Bosch-Stiftung im Rahmen der Wissenschaft-Praxis-Kooperationen für Unterrichtskonzepte mit digitalen Medien. ADHS-Symptome und Trait- und State-Arbeitsgedächtnisleistung bei Schüler: innen 247 (American Psychiatric Association, 2013). Die SWAN- Skalen erheben ADHS-Symptomatik dimensional, dabei sind die einzelnen Formulierungen neutral/ positiv (anstatt defizitorientiert) gehalten, um neben Schwächen auch Stärken in der Aufmerksamkeit und Verhaltensregulation zu erheben. Die Schüler: innen wurden schriftlich instruiert anzugeben, wie gut sie die aufgeführten Dinge ihrer Meinung nach können. Die Beantwortung der Frageitems erfolgte auf einer fünfstufigen Likert-Skala („stimmt gar nicht“ = 1 bis „stimmt genau“ = 5). Im Rahmen der Datenaufbereitung wurden die Items des SWAN-DE-SB invertiert („stimmt genau“ = 1 bis „stimmt gar nicht“ = 5). Somit gehen höhere Werte mit einer stärkeren Symptomausprägung einher. Dies ermöglicht eine bessere Vergleichbarkeit, da bei der Corsi-Block-Aufgabe und bei der Murkse-Aufgabe höhere Werte mit einer besseren Arbeitsgedächtnisleistung einhergehen. Es wurden Personenmittelwerte aus den Rohwerten berechnet, wobei fehlende oder als unverständlich markierte Fragen aus der Berechnung ausgeschlossen wurden. Die interne Konsistenz der Gesamtskalen sowie beider Subskalen ist hoch (Cronbachs alpha: Subskala Aufmerksamkeit α = .833; Subskala Hyperaktivität/ Impulsivität α = .844, Gesamtskala ADHS-Symptome α = .893). Mehrere Studien, welche sich mit der Validierung der originalen SWAN-Skala auseinandergesetzt haben, konnten sehr gute psychometrische Eigenschaften des Fragebogens berichten (Swanson et al., 2012). Zudem konnte eine hohe Sensitivität und Spezifizität des Original-SWAN für die Unterscheidung von Schulkindern (im Fremdbericht durch Eltern/ Lehrkräfte) und Erwachsenen (im Selbstbericht) mit und ohne ADHS nachgewiesen werden (Blume et al., 2024; Lai et al., 2013; Robaey et al., 2007; Schulz-Zhecheva et al., 2019). Im Vergleich zu klinischen, kategorialen Skalen erheben die SWAN- Skalen Varianz nicht nur bezüglich der Schwächen, sondern auch der Stärken in Aufmerksamkeit und Selbstregulation (Arnett et al., 2013; Polderman et al., 2017). Dabei zeigt sich in Allgemeinstichproben wiederholt eine Normalverteilung der erhobenen Mittelwerte, welche Belege für die dimensionale Verteilung von ADHS-Symptomen in der Gesamtbevölkerungen erbringen (z. B. Schulz-Zhecheva et al., 2017; Blume et al., 2024). Für den SWAN liegen bisher in keiner Version Normwerte vor und er wird bisher aufgrund seiner hervorragenden psychometrischen Eigenschaften vorwiegend im wissenschaftlichen Kontext verwendet. Trait-Arbeitsgedächtnisleistung - Corsi Block-Tapping-Test Zur Erfassung der visuell-räumlichen Trait-Arbeitsgedächtnisleistung wurde der computerbasierte Corsi Block-Tapping-Test durchgeführt (Corsi, 1972). Dieser sogenannte e-Corsi soll Schwierigkeiten mit der traditionellen Corsi-Block-Aufgabe (z. B. bezüglich der Standardisierung) ausgleichen und stellt ein relativ gleichwertiges Testverfahren dar (Claessen et al., 2015). Nachdem die Teilnehmenden die Instruktion zur Aufgabe gelesen hatten und auf „Start“ klickten, wurde ihnen zunächst eine Sequenz von zwei Blöcken präsentiert. Die Aufgabe bestand darin, zu beobachten, wie der Cursor die Blöcke berührt, und sich die Reihenfolge zu merken, in der sie berührt wurden. Die Schüler: innen klickten dann die Blöcke in der gleichen Reihenfolge an, die das Programm zuvor gezeigt hatte. Sobald sie einen Block anklickten, konnten sie ihre Entscheidung nicht mehr revidieren. Die Sequenz wurde im Verlauf der Aufgabe sukzessiv länger bis zu einer maximalen Länge von neun Blöcken. Die gleiche Sequenz wurde jeweils zweimal präsentiert. Wenn die Teilnehmenden bei beiden Versuchen einer Sequenz hintereinander die falsche Reihenfolge angaben, beendete das Programm die Aufgabe automatisch. Die Anzahl der Versuche der Teilnehmenden reichte von 2 bis 13 (m = 9.72, mdn = 10). Die Schüler: innen konnten Werte zwischen 2 = „zwei Blöcke absolviert“ und 9 = „neun Blöcke absolviert“ erreichen. Dementsprechend deuten höhere Werte auf eine bessere räumlich-visuelle Arbeitsgedächtnisleistung hin. Die Arbeitsgedächtnisleistung der Baseline- Messung mittels des e-Corsi Tests wird durch die maximale Anzahl an richtigen Versuchen repräsentiert. State-Arbeitsgedächtnisleistung - Murkse-Aufgabe Die Arbeitsgedächtnisleistung der Teilnehmenden im Rahmen der State-Messung wurde durch eine Aufgabe zur Aktualisierung der räumlich-visuellen Arbeitsgedächtnisleistung erhoben (Dirk & Schmiedek, 2016). Diese Aufgabe konnte bereits in früheren Untersuchungen, bei Grundschulkindern und Schüler: innen der 5. Klasse, erfolgreich angewendet werden (Buhr, Schmiedek & Gawrilow, 2023; Dirk & Schmiedek, 2016). Die Aufgabe besteht darin, die Position von Stimuli in Form von kleinen bunten Cartoon-Monstern anzugeben, die auf einem 4 × 4- Raster verändert wird (Abbildung 1). 248 Marie Charlotte Lehmann, Lilly Buhr, Martí Quixal, Caterina Gawrilow In der Enkodierungsphase wurden zwei oder drei Monster für eine Dauer von 3000 ms präsentiert und die Teilnehmenden mussten sich ihre Positionen auf dem Raster merken. Anschließend verschwanden die Monster und nach einem Interstimulusintervall (ISI) von 250 ms folgten Instruktionsreize in Form von Pfeilen, welche mit einem ISI von 250 ms jeweils 2500 ms präsentiert wurden. Diese Pfeile wurden in der Mitte des Rasters angezeigt und gaben durch ihre Farbe und Richtung an, wohin sich die einzelnen Monster bewegten. Jedes der präsentierten Monster bewegte sich mindestens ein Feld auf dem Raster. Nachdem alle Instruktionspfeile präsentiert worden waren, erhielten die Teilnehmenden die Aufgabe, die endgültige Position des Monsters durch das Anklicken des jeweiligen Feldes anzugeben. Für die Recall-Phase wurde ein Zeitlimit von 20 Sekunden angesetzt. Im Anschluss erhielten die Teilnehmenden ein direktes Feedback, ob ihre Antwort richtig oder falsch war. Für jeden Untersuchungszeitpunkt wurden acht Blöcke präsentiert. Von diesen hatten vier Blöcke einen leichteren Schwierigkeitsgrad, da lediglich zwei Monster und drei Instruktionspfeile angezeigt wurden (2-Load-Bedingung) und vier Blöcke einen höheren Schwierigkeitsgrad, da drei Monster und vier Instruktionspfeile präsentiert wurden (3-Load-Bedingung). Die Durchführung des gesamten Spiels zur Erhebung der visuell-räumlichen Arbeitsgedächtnisleistung der Schüler: innen dauerte zwischen drei und acht Minuten. Für die Auswertung der Murkse-Aufgabe wurden Genauigkeitswerte für die Blöcke und Load- Bedingungen berechnet. Die Anzahl der richtigen Antworten wurde durch die Anzahl der Gesamtantworten geteilt. Fehlte eine Antwort in einem Block, wurde diese als falsche Antwort gewertet. War ein Block einer Bedingung vollständig, die anderen aber nicht, wurden diese als fehlend gekennzeichnet. Waren jedoch mindestens zwei Blöcke innerhalb einer Bedingung vollständig, so wurden die fehlenden Blöcke als falsche Antworten gekennzeichnet. Die Genauigkeitswerte wurden mit einem Faktor von 100 multipliziert und können somit als Prozentsatz der richtigen Antworten im Verhältnis zu den Gesamtantworten interpretiert werden. Um die Schwankung der Arbeitsgedächtnisleistung der Teilnehmenden in den Murkse-Aufgaben zu erhalten, wurde die Standardabweichung der Leistung in Prozent zu den einzelnen Messzeitpunkten berechnet. Die Anzahl der Messzeitpunkte reichte von 2 bis 48 (Mdn = 20, IQA = 10, Q1 = 14, Q3 = 24). Statistische Analyse Die Methodik und die Vorgehensweise der statistischen Analyse wurde präregistriert (https: / / osf.io/ w6s79); Analysen, die von der präregistrierten Weise abweichen, werden im Folgenden als explorativ gekennzeichnet. Der statistischen Analyse wurde ein Signifikanzniveau von α = .05 zugrunde gelegt. Zur Überprüfung der ersten Hypothese, also des negativen Zusammenhangs zwischen der selbstberichteten Ausprägung der ADHS-Symptomatik der Schüler: innen und der visuell-räumlichen Trait- Arbeitsgedächtnisleistung, wurde eine Produkt- Moment-Korrelation nach Pearson berechnet. Explorativ wurde anschließend eine gleichartige Analyse mit der mittleren State-Arbeitsgedächtnisleistung durchgeführt sowie ebenfalls explorativ für die beiden Kernsymptome Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität/ Impulsivität jeweils separat mit der mittleren State-Arbeitsgedächtnisleistung. Um die zweite Hypothese zu testen, wurde ebenfalls eine Korrelation verwendet. Präsentationsphase Instruktionsphase Instruktionsphase Instruktionsphase Richtige Lösung Abb. 1: Beispiel für eine 2-Load-Bedingung (zwei Monster mit Richtungspfeilen in zwei verschiedenen Farben). ADHS-Symptome und Trait- und State-Arbeitsgedächtnisleistung bei Schüler: innen 249 Ergebnisse Deskriptive Ergebnisse Die deskriptiven Ergebnisse und Korrelationen zwischen den relevanten Variablen und zur demografischen Variable Geschlecht finden sich in Tabelle 1. Da das Geschlecht lediglich mit der State-Arbeitsgedächtnis-Leistung korreliert, berichten wir keine Analysen, die Geschlecht als Kovariate einsetzen. Trait-ADHS-Symptomatik und Trait-Arbeitsgedächtnisleistung In Hypothese 1 wurde ein negativer Zusammenhang zwischen selbstberichteter ADHS-Symptomatik und der Trait-Arbeitsgedächtnisleistung erwartet. Der Zusammenhang war jedoch nicht signifikant, r (352) = .07, p = .090, ns, d. h. Schüler: innen, welche eine stärker ausgeprägte ADHS-Symptomatik berichteten, zeigten demnach keine schlechtere Arbeitsgedächtnisleistung in der Baseline-Erhebung als jene, die eine geringer ausgeprägte ADHS-Symptomatik angaben. Explorative Analyse 1: Trait-ADHS-Symptomatik und mittlere State-Arbeitsgedächtnisleistung Diese Analyse ergab mit r (352) = -.15, p = .002 eine signifikante, gering negative Korrelation. Schüler: innen, die eine stärker ausgeprägte ADHS-Symptomatik berichteten, zeigten demnach eine schlechtere mittlere State-Arbeitsgedächtnisleistung in den Murkse-Aufgaben als jene, die eine geringer ausgeprägte ADHS-Symptomatik angaben. Der signifikante Zusammenhang zwischen der allgemeinen ADHS-Symptomatik und der visuell räumlichen State-Arbeitsgedächtnisleistung der Schüler: innen bietet Grundlage für eine weitere explorative Analyse. Explorative Analyse 2: Trait-ADHS-Kernsymptome und mittlere State-Arbeitsgedächtnisleistung Die Ergebnisse zeigen sowohl bei der Symptomausprägung der Unaufmerksamkeit r (352) = -.11, p = .019 als auch bei derjenigen der Hyperaktivität/ Impulsivität r (352) = -.16, p = .002 eine signifikante aber niedrige Korrelation mit der visuell-räumlichen State-Arbeitsgedächtnisleistung. Trait-ADHS-Symptomatik und Varianz der State-Arbeitsgedächtnisleistung Weiterhin erwarteten wir in Hypothese 2 einen Zusammenhang zwischen einer stärkeren selbstberichteten Ausprägung der ADHS-Symptomatik und einer stärkeren Schwankung der State-Arbeitsgedächtnisleistung. Diese Analyse ergab jedoch kein signifikantes Ergebnis, r (352)=.08, p = .058, ns. M SD 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 1. Geschlecht 2. Trait-AG (Corsi) 3. AG-Schwankung 4. State-AG (Murkse) 5. ADHS (SWAN) 6. U (SWAN) 7. H-I (SWAN) 6.56 .3 .58 2.18 2.31 1.04 1.18 .08 .21 .60 .64 .72 1 -.01 .11* -.18** .04 -.02 .09 -.01 1 -.12* .16** .07 .12* .02 .11* -.11* 1 -.33** .08 .05 .09 -.18** .16** -.33** 1 -.15** -.11* -.16** .04 .07 .08 -.15** 1 .87*** .90*** -.02 .12* .05 -.11* .87*** 1 .57*** .09 .02 .09 -.16** .90*** .57*** 1 Tab. 1: Korrelationen zwischen Geschlecht und den relevanten Variablen Anmerkung: * Die Korrelation ist auf dem Niveau von .05 (zweiseitig) signifikant. ** Die Korrelation ist auf dem Niveau von .01 (zweiseitig) signifikant. *** Die Korrelation ist auf dem Niveau von .001 (zweiseitig) signifikant. AG = Arbeitsgedächtnis, U = Unaufmerksamkeit, H-I = Hyperaktivität/ Impulsivität. 250 Marie Charlotte Lehmann, Lilly Buhr, Martí Quixal, Caterina Gawrilow Diskussion In der vorliegenden Arbeit wurde der Zusammenhang der selbstberichteten ADHS-Trait- Symptomatik von Schüler: innen und ihrer visuell-räumlichen Arbeitsgedächtnisleistung (Trait und State) untersucht. Eine Besonderheit der Studie ist, dass die teilnehmenden Schüler: innen die State-Erfassung des Arbeitsgedächtnisses mehrfach im Laufe eines Schulhalbjahres absolvierten. Schüler: innen, welche eine stärkere ADHS- Symptomausprägung berichteten, wiesen keine größeren Defizite in der visuell-räumlichen Trait-Arbeitsgedächtnisleistung auf. Dieses Ergebnis widerspricht einerseits Studien, die bereits zeigen konnten, dass eine ausgeprägte ADHS-Symptomatik mit Defiziten in der Arbeitsgedächtnisleistung einhergeht (z. B. Kasper et al., 2012). Andererseits wird die heterogene Befundlage in diesem Forschungsbereich nochmals bestätigt: Nicht jedes Kind mit einer ADHS-Diagnose weist Defizite in den exekutiven Funktionsleistungen auf und damit hat auch nicht jedes Kind mit prägnanteren ADHS-Symptomen stärkere Probleme im Arbeitsgedächtnis (z. B. Reinelt & Petermann, 2018). Es scheint daher angemessen, dass ebenso wie bei der Entwicklung ätiologischer Annahmen als auch bei der Identifizierung von Kerndefiziten der ADHS von einer äußerst komplexen Gemengelage ausgegangen werden muss, d. h. sowohl bezüglich der Entstehung der ADHS als auch bezüglich der Kernsymptome sollten multimodale, intra- und interindividuell differenzierbare Aspekte im Fokus sein (Nigg et al., 2020). Um die empirische Aussagekraft der Untersuchung zu erhöhen, wurde in einer explorativen Analyse zusätzlich der Zusammenhang des Mittels der Arbeitsgedächtnisleistung aus der State-Messung und der Ausprägung der ADHS-Symptomatik betrachtet und untersucht, ob eine stärkere ADHS-Symptomausprägung mit größeren Defiziten in der visuellräumlichen State-Arbeitsgedächtnisleistung einhergeht. Das Ergebnis zeigte, dass Schüler: innen, welche eine stärkere ADHS-Symptomausprägung berichteten, schlechtere Leistungen in den visuell-räumlichen State-Arbeitsgedächtnisaufgaben aufwiesen. Über den generellen Zusammenhang der Ausprägung der ADHS-Symptomatik und der mittleren Arbeitsgedächtnisleistung der State- Messung hinaus fanden wir in einer weiteren explorativen Analyse, dass Schüler: innen mit mehr selbstberichteten Unaufmerksamkeits- und Hyperaktivitäts-Impulsivitäts-Symptomen eine schlechtere State-Arbeitsgedächtnisleistung zeigten. Es konnte, entgegen der Erwartung in Hypothese 2, nicht bestätigt werden, dass die ADHS-Symptomausprägung einen signifikanten Erklärungsbeitrag zur Schwankung in der Arbeitsgedächtnisleistung bei Schüler: innen leistet. Dies widerspricht der Annahme, dass die ADHS-Symptome eine intraindividuelle Variabilität in der kognitiven Leistungsfähigkeit aufzeigen. Die Ergebnisse, dass Kinder mit einer ADHS, und somit mit einer starken Symptomausprägung, eine größere Variabilität in der Arbeitsgedächtnisleistung zeigen (Friedman, Rapport & Fabrikant-Abzug, 2022), stimmen nicht mit diesen Ergebnissen überein. Dies könnte an der dimensionalen Erfassung der Symptomausprägung liegen, welche die Vergleichbarkeit mit klinischen Untersuchungen, welche ADHS kategorial betrachten, beeinträchtigt. Darüber hinaus könnte es daran liegen, dass in dieser Untersuchung die visuell-räumliche und nicht die phonologische Arbeitsgedächtnisleistung untersucht wurde. Die unterschiedlichen Ergebnisse der Zusammenhänge von ADHS-Symptomatik zur Trait- und zur State-Messung unterstreichen nochmal die Bedeutsamkeit verschiedener Messmethoden bei der Untersuchung von psychologischen Konstrukten (Wang & Maxwell, 2015). Während die Unterscheidung der Methoden in der Forschung neue Erkenntnisse über Vorläufer, Zusammenhänge und Folgen ADHS-Symptome und Trait- und State-Arbeitsgedächtnisleistung bei Schüler: innen 251 zum Beispiel von hoher oder niedriger ADHS- Symptomatik erlaubt, kann in der Praxis durch diese Erkenntnisse beispielsweise die Lernumgebung entsprechend den Bedürfnissen der Schüler: innen angepasst oder können passgenaue Interventionen geplant werden. Zukünftige Studien sollten daher genauestens untersuchen, ob bestimmte Zusammenhänge nur auf der Trait-, nur auf der State- oder auf beiden Ebenen zu finden sind. Limitationen und Ausblick für die Forschung Trotz der gewinnbringenden Erkenntnisse zum Zusammenhang von ADHS-Symptomen und Statebzw. Trait-Arbeitsgedächtnisleistung zeigen sich in der vorliegenden Untersuchung einige Limitationen, welche in zukünftigen Studien berücksichtigt werden sollten. Eine mögliche Limitation betrifft die Auswahl der Messinstrumente für die Arbeitsgedächtnisleistung. Da anscheinend Defizite in der Arbeitsgedächtnisleistung, welche mit der Ausprägung der ADHS-Symptomatik zusammenhängen, stärker mit der Beeinträchtigung der zentralen Exekutive als mit Beeinträchtigungen der Subsysteme einhergehen (Rapport et al., 2008), sollten in zukünftigen Studien verschiedenste Aufgabentypen verwendet werden. Bei der von uns eingesetzten e-Corsi-Aufgabe handelt es sich um eine sehr einfache und wenige Minuten dauernde Aufgabe: Die Proband: innen müssen lediglich die Information über die Reihenfolge der angeklickten Blöcke aufrechterhalten und reproduzieren. Die Erhebung der visuell-räumlichen Arbeitsgedächtnisleistung mit einer komplexeren Aufgabe, welche die zentrale Exekutive und die Daueraufmerksamkeit in einem stärkeren Maß involviert, erscheint somit zentral. Es wäre sinnvoll, in zukünftigen Untersuchungen die Gütekriterien dieses computerbasierten Aufgabentyps genauer zu analysieren (Claessen et al., 2015). Die Anzahl der Messzeitpunkte, an denen die State-Arbeitsgedächtnisleistung erhoben wurde, variierte aufgrund der Einbettung in den Schulkontext (und der damit verbundenen Variation von Lehrkraft zu Lehrkraft) in unserer Studie stark von Schüler: in zu Schüler: in (Range 2 - 48). Dadurch, dass einige Lernende die Aufgaben häufiger absolvierten, ist ein Lerneffekt zu erwarten. D. h. eine Person, welche die Murkse-Aufgabe lediglich zwei Mal durchgeführt hat, schneidet im Schnitt schlechter ab als jemand, der die Aufgabe 48-mal absolviert hat. Außerdem kann bei einer Person, bei der zwei Messzeitpunkte zur Erhebung der Arbeitsgedächtnisleistung verwendet wurden, die Schwankung deutlich schlechter abgebildet werden als bei einer Person mit 48 Messzeitpunkten. Dazu soll in zukünftigen Studien berücksichtigt werden, dass eine Mindestanzahl an Messzeitpunkten standardisiert vorgegeben wird - zumindest, soweit es im komplexen Schulalltag möglich ist (Bugl et al., 2015). Viele Studien zur Untersuchung des Zusammenhangs der ADHS-Symptomatik und der Arbeitsgedächtnisleistung betrachten ADHS als kategoriale Variable (Willcut et al., 2005). In der vorliegenden Studie wurde hingegen die inzwischen im wissenschaftlichen und klinischen Bereich anerkannte, dimensionale Erfassung der ADHS-Symptomatik angewendet. Diese hat den Vorteil, dass sie die Proband: innen nicht in wenige Kategorien einteilt, sondern die gesamte Dimension von hoher Selbstregulation bis hin zu hoher Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität abdeckt. Dadurch lässt sich die Varianz der ADHS-Symptomatik besser abbilden und Stärken sowie Schwächen der Proband: innen erfassen. Die dimensionale Betrachtung der ADHS-Symptomatik in der Allgemeinbevölkerung, die in dieser Untersuchung angewendet wird, kann jedoch dazu führen, dass die Replizierbarkeit von Ergebnissen bestehender (klinischer) Untersuchungen, welche mit kategoriellen Fragebögen durchgeführt wurden, eingeschränkt ist. Zukünftige Studien sollten daher mithilfe von Normstich- 252 Marie Charlotte Lehmann, Lilly Buhr, Martí Quixal, Caterina Gawrilow proben die psychometrischen Eigenschaften der SWAN-Skalen weiterführend untersuchen und im Rahmen der Validitätsanalyse mit klinischen ADHS-Skalen Schwellenwerte für die Diagnoseerstellung definieren. Dies würde die statistischen und praktischen Vorteile einer dimensionalen Messung mit der Vergleichbarkeit zu bisherigen empirischen Studien verbinden. Darüber hinaus konnte eine Untersuchung von Schmid et al. (2020) herausfinden, dass die selbstberichtete ADHS-Symptomatik bei Jugendlichen von Tag zu Tag schwankt. Die Erkenntnis, dass ADHS-Symptome nicht linear verlaufen, sondern sogar innerhalb eines Tages variieren können (Imeraj et al., 2016), legt nahe, dass ein Messzeitpunkt zur Erhebung der Symptomatik nicht ausreicht, um diese realistisch abzubilden. Parallel zur State-Messung der Arbeitsgedächtnisleistung könnte daher in zukünftiger Forschung ebenfalls eine State- Messung der ADHS-Symptome durchgeführt werden. Die Schüler: innen in der vorliegenden Studie gaben eher niedrige bis mittlere Stärke von ADHS-Symptomen an. Dies könnte auf die Normalstichprobe an der Schule zurückzuführen sein, die anders als in klinischen Studien kaum bis gar keine Personen mit sehr starken ADHS-Symptomen einbringt. Außerdem zeigte sich, dass diejenigen Schüler: innen mit starken ADHS-Symptomen zu einem größeren Anteil aufgrund fehlender Werte aus den Analysen ausgeschlossen werden mussten. Zukünftige Studien sollten daher untersuchen, wie eine diversere Zusammensetzung der Stichprobe ermöglicht und insbesondere Schüler: innen mit stärkeren ADHS-Symptomen in ihrer (regelmäßigen) Teilnahme bestärkt werden können. Letzteres könnte beispielsweise durch stärkere Belohnungsreize oder eine engere Betreuung beeinflusst werden, wobei sich daraufhin wieder ethische Fragestellungen zur Gleichbehandlung der Schüler: innen auftun. Die Validität der SWAN-Skala ist außerdem vorsichtig zu interpretieren, da bisher nicht untersucht wurde, ab welchem Alter Schüler: innen ADHS-Symptome gut selbst einschätzen können. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass sich Schüler: innen der 7. und 8. Klasse darüber bewusst sind, welche der abgefragten Verhaltensweisen nicht sozial erwünscht sind, was dazu geführt haben könnte, dass Personen eine weniger ausgeprägte Symptomatik der Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität/ Impulsivität berichteten, als ihrer tatsächlichen Einschätzung entspricht. Dies könnte sich ebenfalls verfälschend auf die Daten ausgewirkt haben. Zukünftige Studien sollten daher zusätzliche Fremdurteile (z. B. der Erziehungsberechtigten oder der Lehrkräfte) miterfassen. Ausblick und Implikationen Die Wirksamkeit von Arbeitsgedächtnistrainings auf Schulleistungen sind seit einigen Jahren in der Diskussion - mit nicht ganz einheitlichen Implikationen für den Schulalltag (Redick et al., 2015). Einige Arbeiten zeigen weitreichende Vorteile adaptiver Arbeitsgedächtnistrainings für Schüler: innen (Holmes & Gathercole, 2014) - andere wiederum weisen nach, dass die positiven Effekte relativ kurzfristiger Natur sind und sich lediglich auf die geübten Aufgaben beziehen (Roberts et al., 2016). Die vorliegende Studie, mit welcher wir ADHS-Symptome sowie Trait- und State-Maße des Arbeitsgedächtnisses im Schulalltag von Schüler: innen der 7. Klasse analysiert haben, hat daher möglicherweise Implikationen für Präventionsmaßnahmen in der Schule (Holmes & Gathercole, 2014). Unsere Arbeit weist darauf hin, dass es zentral ist, sowohl Arbeitsgedächtnisleistungen im längerfristigen Verlauf (an mehreren Schultagen und in mehreren Unterrichtsstunden) zu erfassen als auch die Kontextbedingungen des Schulalltags in den Blick zu nehmen. Nur so können sinnvolle Präventionsmaßnahmen, die darauf abzielen, Schüler: innen mit Risiko für Arbeitsgedächtnisdefizite im Unterricht zu unterstützen, entwickelt und eingesetzt werden. ADHS-Symptome und Trait- und State-Arbeitsgedächtnisleistung bei Schüler: innen 253 Eine offene Frage ist weiterhin, ob ADHS- Symptome und/ oder das State-Arbeitsgedächtnis bessere Ansatzpunkte für präventive Maßnahmen sind (Berger et al., 2023). Somit wäre es interessant zu betrachten, ob sich ein Selbstkontrolltraining, bei dem die Kernsymptome der ADHS angesprochen werden, positiv sowohl auf die ADHS-Symptomausprägung als auch auf die Arbeitsgedächtnisleistung von Schüler: innen auswirkt. Eine wesentliche Implikation unserer Arbeit ist schließlich, dass im Rahmen von Prävention der Fokus sowohl auf den Schüler: innen liegen sollte, welche eine ADHS-Diagnose haben, als auch auf allen Schüler: innen mit jeweiligen vom Tagesverlauf abhängigen Schwankungen des Arbeitsgedächtnisses und der Unaufmerksamkeit und/ oder der Impulsivität/ Hyperaktivität, um sie angemessen im Schulalltag unterstützen und die Schulleistung fördern zu können. Unsere Untersuchung hat somit gezeigt, dass Studien im Schulalltag von Schüler: innen unabdingbar sind, um ein tieferes Verständnis des Einflusses von kognitiven Funktionen (z. B. exekutive Funktionen) und des Verhaltens auf Schulleistungen zu erlangen. Literatur American Psychiatric Association. 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(978-3-497-02803-0) kt a www.reinhardt-verlag.de Im Mathematikunterricht sollen Schüler: innen sich heutzutage die Inhalte aktiv erarbeiten. Wie kann dies bei Schüler: innen mit Verhaltensauffälligkeiten gelingen? Wie können mathematische und sozial-emotionale Kompetenzen gleichzeitig gefördert werden? Die Autor: innen verbinden die beiden Perspektiven der Mathematikdidaktik und der Sonderpädagogik. Die Lehrkraft erhält anhand von konkreten Fall- und Unterrichtsbeispielen Anregungen und Tipps für die Unterrichtsgestaltung, z. B. zu den Themen „Teil-Ganzes-Konzept“, „halbschriftliche Strategien“ etc. Die Fälle konzentrieren sich auf die häufigsten und bekanntesten Förderbereiche und Themengebiete, wie ADHS, Autismus-Spektrum-Störung und Mutismus.