eJournals Psychologie in Erziehung und Unterricht 71/4

Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/peu2024.art24d
101
2024
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Stichwort: Schulischer Nachteilsausgleich bei Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)

101
2024
Timo Hennig
Rieke Schröder
Charlotte Motherby
Marie-Luise Schütt
Schüler:innen mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) haben aufgrund ihrer ausgeprägten Unaufmerksamkeit und/oder Hyperaktivität und Impulsivität häufig Probleme in der Schule. Oft gelingt es ihnen nicht, ihre vorhandenen Potenziale auszuschöpfen. Wenn jedoch eine eingeschränkte Teilhabe am Unterricht und schlechte Schulleistungen nicht (nur) auf mangelnde Begabung zurückzuführen sind, sondern auch darauf, dass die Lernumgebung für diese Schüler:innen hinderlich ist, haben sie nach der UN-Behindertenrechtskonvention einen Anspruch auf einen Nachteilsausgleich. Empirische Studien deuten auf die Wirksamkeit von akustischer Abschirmung und Stimulation, Bewegungseinheiten und individueller Anleitung hin. Die Studienlage ist allerdings uneinheitlich und die gefundenen Effekte eher klein. Resümieren lässt sich, dass bei ADHS in der Regel ein Anspruch auf schulischen Nachteilsausgleich besteht und einige Maßnahmen vorliegen, die für Schüler:innen mit ADHS hilfreich sein können. Diese sollten in Kombination mit passenden Maßnahmen der Förderung und Unterrichtsgestaltung umgesetzt werden.
3_071_2024_4_0006
Dieser Beitrag steht open access online unter https: / / dx.doi.org/ 10.2378/ peu2024.art24d Einführung fiktives Fallbeispiel Michael Michael ist ein achtjähriger Junge in der dritten Klasse. Bei ihm wurde in einer kinderpsychiatrischen Praxis ADHS und eine durchschnittliche Intelligenz festgestellt. Er fällt durch kompetente mündliche Unterrichtsbeiträge im Fach Mathematik auf, allerdings auch durch schlechte schriftliche Leistungsergebnisse in diesem Fach. Obwohl Michael mathematisch begabt ist, bekommt er eine schlechte Gesamtnote in Mathematik. Seine schlechten Ergebnisse in Klassenarbeiten sind insbesondere darauf zurückzuführen, dass er einige Aufgaben übersieht und andere als die intendierten Rechenschritte durchführt. Weiterhin fängt er nach einiger Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2024, 71, 256 -267 DOI 10.2378/ peu2024.art24d © Ernst Reinhardt Verlag n Stichwort Schulischer Nachteilsausgleich bei Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) Timo Hennig 1 , Rieke Schröder 1 , Charlotte Motherby 2 , Marie-Luise Schütt 3 1 Humanwissenschaftliche Fakultät, Universität Potsdam 2 Kinder- und Jugendpsychiatrie, Evangelisches Krankenhaus Alsterdorf, Hamburg 3 Zentrum für Lehrkräftebildung Hamburg (ZLH), Universität Hamburg Zusammenfassung: Schüler: innen mit Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) haben aufgrund ihrer ausgeprägten Unaufmerksamkeit und/ oder Hyperaktivität und Impulsivität häufig Probleme in der Schule. Oft gelingt es ihnen nicht, ihre vorhandenen Potenziale auszuschöpfen. Wenn jedoch eine eingeschränkte Teilhabe am Unterricht und schlechte Schulleistungen nicht (nur) auf mangelnde Begabung zurückzuführen sind, sondern auch darauf, dass die Lernumgebung für diese Schüler: innen hinderlich ist, haben sie nach der UN-Behindertenrechtskonvention einen Anspruch auf einen Nachteilsausgleich. Empirische Studien deuten auf die Wirksamkeit von akustischer Abschirmung und Stimulation, Bewegungseinheiten und individueller Anleitung hin. Die Studienlage ist allerdings uneinheitlich und die gefundenen Effekte eher klein. Resümieren lässt sich, dass bei ADHS in der Regel ein Anspruch auf schulischen Nachteilsausgleich besteht und einige Maßnahmen vorliegen, die für Schüler: innen mit ADHS hilfreich sein können. Diese sollten in Kombination mit passenden Maßnahmen der Förderung und Unterrichtsgestaltung umgesetzt werden. Schlüsselbegriffe: ADHS, hyperkinetische Störung, Nachteilsausgleich, Teilhabe, Inklusion School Accommodations for Attention-Deficit/ Hyperactivity Disorder (ADHD) Summary: Pupils with attention-deficit/ hyperactivity disorder (ADHD) often have problems in school due to their pronounced inattention and/ or hyperactivity and impulsivity. They often fail to exploit their full potential. However, if limited participation in class and poor school performance are not (only) due to a lack of aptitude, but also because the learning environment is a barrier for these students, they are entitled to accommodations according to the UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities. Empirical studies suggest the effectiveness of acoustic shielding and stimulation, movement units, and individual instruction. However, findings are not consistent, and the effects found are rather small. In summary, ADHD is usually eligible for accommodations in school and there are some measurements that can be helpful for pupils with ADHD. These should be implemented in combination with appropriate interventional and instructional measures. Keywords: ADHD, hyperkinetic disorder, accommodations, participation, inclusion Schulischer Nachteilsausgleich bei ADHS 257 Zeit an, stark zu gähnen und rutscht fast vom Stuhl. Es kann vermutet werden, dass die Art der Leistungsprüfung (Klausur) eine Barriere darstellt, die in Interaktion mit seiner Beeinträchtigung (ADHS) seine (akademische) Teilhabe behindert. Um ihm eine chancengleiche Teilhabe an Prüfungen zu gewährleisten, suchen seine Lehrkräfte nach Möglichkeiten, wie sie die Leistungsprüfung für Michael so anpassen können, dass sie für ihn keine Barriere darstellt und gleichzeitig die inhaltlichen Anforderungen und Schwierigkeiten der Klausuren beibehalten werden. Kinder und Jugendliche mit einer Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung (ADHS) nach DSM-5 (Falkai et al., 2018) oder ICD-11 (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, 2022) bzw. einer Hyperkinetischen Störung nach ICD-10 (Dilling et al., 2010) zeigen überdauernde und entwicklungsunangemessene Symptome der Unaufmerksamkeit und/ oder Hyperaktivität und Impulsivität, die häufig zu Leidensdruck und Schwierigkeiten führen, insbesondere auch im schulischen Bereich (Arnold et al., 2020). Je nach Ausprägung der Symptomatik unterscheiden das DSM-5 (Falkai et al., 2018) und ICD-11 (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, 2022) drei „Erscheinungsbilder“: „vorwiegend unaufmerksam“, „vorwiegend hyperaktiv-impulsiv“ und „gemischt“. ADHS wirkt sich häufig negativ im Unterricht aus, worauf an dieser Stelle nur kurz eingegangen werden soll. Ausführlichere Überblicke finden sich beispielsweise bei Mackowiak und Schramm (2016) oder Abelein und Stein (2017). Viele der in den Klassifikationssystemen genannten Symptome beziehen sich direkt auf die Schule: Im Symptomcluster Unaufmerksamkeit sind dies u. a. gehäufte Flüchtigkeitsfehler, Probleme der Daueraufmerksamkeit, vorzeitiges Abbrechen bei der Bearbeitung von Aufgaben, Probleme, Materialien und zeitliche Abläufe zu organisieren, Verlieren von Gegenständen und Vergesslichkeit. In den Symptomcluster Hyperaktivität fällt u. a. motorische Unruhe, die sich in Schwierigkeiten zeigt, über längere Zeit still sitzen zu bleiben, sowie Gefühle von innerer Unruhe und Getriebenheit. Im Symptomcluster Impulsivität zeigen sich u. a. übermäßiges Reden, vorschnelles Herausplatzen mit Antworten, nicht Abwartenkönnen sowie Unterbrechen und Stören anderer. Als ein zentrales übergeordnetes Defizit von Menschen mit ADHS werden Probleme der Selbstregulation gesehen, die sich neuropsychologisch in beeinträchtigten Exekutivfunktionen (Planung und Handlungssteuerung) zeigen und motivational in einer Aversion gegen Belohnungsaufschub (vgl. „Dual Pathway Model of ADHD“; Sonuga-Barke, 2002). Als weiterer erklärender Faktor wird bei ADHS eine Instabilität des internen Arousals angenommen, also der zentralnervösen Erregung und Wachheit (vgl. „Cognitive-Energetic Model of ADHD“; Sergeant, 2000). Demnach geraten Menschen mit ADHS häufig in Zustände der Untererregung („Underarousal“), die sich unmittelbar in Form von Unaufmerksamkeit äußern und gegen die durch hyperaktiv-impulsives Verhalten im Sinne einer Selbststimulation entgegengewirkt werden soll (Martella et al., 2020). Oft berichten Menschen mit ADHS weitere externalisierende und internalisierende Probleme (Hennig et al., 2017; Mitchison & Njardvik, 2019). Zudem liegen häufiger Lern- und Entwicklungsstörungen sowie somatische Erkrankungen vor. In deutschen Krankenkassendaten zeigte sich, dass 69,3 % der ambulant behandelten Kinder mit ADHS mindestens eine komorbide psychische oder Verhaltensstörung aufwiesen, aber nur 11,0 % in einer Vergleichsgruppe ohne ADHS (Akmatov et al., 2021). Darunter fielen u. a. Entwicklungsstörungen der Sprache (ADHS-Gruppe 21,1 % vs. Vergleichsgruppe 5,1 %), der schulischen Fertigkeiten (16,5 % vs. 0,9 %) und motorischen Funktionen (13,4 % vs. 1,5 %) sowie tiefgreifende Entwicklungsstörungen (4,8 % vs. 0,6 %), emotionale Störungen (12,4 % vs. 1,1 %), Störungen des Sozialverhaltens (10,4 % vs. 0,7 %) und Belastungs- und Anpassungsstörungen (8,4 % vs. 0,9 %). Auch somatische Erkran- 258 Timo Hennig, Rieke Schröder, Charlotte Motherby, Marie-Luise Schütt kungen waren häufiger vertreten, u. a. Asthma (10,4 % vs. 5,0 %) und atopische Dermatitis (7,6 % vs. 3,6 %). Auch diese zusätzlichen Schwierigkeiten wirken sich in der Regel negativ auf die schulische Leistung und Teilhabefähigkeit aus. Menschen mit ADHS haben allerdings nicht nur Schwierigkeiten, sondern auch Stärken und positive Eigenschaften. Beispielsweise berichten Lehrkräfte, dass sich viele Schüler: innen mit ADHS durch Kreativität und flexibles Denken auszeichnen (Hennig et al., 2022). Oft liegen bei Menschen mit ADHS inhomogene Leistungsprofile vor, so erreichen sie in Intelligenztests schlechtere Leistungen bei Aufgaben, die das Arbeitsgedächtnis beanspruchen, als bei wissensbasierten Aufgaben (Pauls et al., 2018). Ein häufiges Problem von Menschen mit ADHS stellt „Underachievement“ dar (Hennig et al., 2022; Mayes et al., 2020), das bedeutet, dass trotz prinzipieller Begabung (Kompetenz) schlechte Leistungen erbracht werden (Performanzdefizit). Wenn schlechte Schulleistungen und mangelnde Teilhabe am Unterricht nicht auf fehlende Kompetenz zurückführbar sind, sondern auf eine ungenügende Passung zwischen der Art der Vermittlung und Prüfung des Lernstoffs und den individuellen Besonderheiten der Schüler: innen, so entsteht diesen ein Nachteil. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob für Schüler: innen mit ADHS ein Anspruch auf einen sogenannten Nachteilsausgleich besteht. Ein Anspruch auf einen Nachteilsausgleich lässt sich aus dem 2008 in Kraft getretenen Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen („UN-Behindertenrechtskonvention“) ableiten (Vereinte Nationen, 2008). Darin werden neben dem Ziel der Barrierefreiheit bzw. „Zugänglichkeit“ (S. 1428) auch die Umsetzung „angemessener Vorkehrungen“ (S. 1424) zur Ermöglichung einer chancengleichen gesellschaftlichen Teilhabe aller Menschen genannt. In Deutschland basiert der Nachteilsausgleich weiterhin auf Artikel 3 des Grundgesetzes, wonach niemand aufgrund einer Behinderung benachteiligt werden darf. Die Vorstellung einer allgemeinen Barrierefreiheit, die vorausschauend Teilhabe für alle ermöglicht, ist eher dem Ansatz der Inklusion zuzuordnen. Einen entsprechenden Ansatz stellt beispielsweise das „Universal Design for Learning“ dar, das die Umsetzung grundlegender Gestaltungsprinzipien für Lernsituationen vorschlägt, u. a. das Angebot multipler Darbietungsformen von Informationen, z. B. visuell und auditiv (Schütt, 2020). Angemessene Vorkehrungen hingegen, die über Ausgleiche und Anpassungen in der Regel erst dann zum Einsatz kommen, wenn bereits Probleme vorliegen, können eher zum Ansatz der Integration gezählt werden (Mizrahi & Bolkensteyn, 2020). Da es unrealistisch ist, das Ziel der Barrierefreiheit uneingeschränkt umzusetzen, ist auch im Inklusionsansatz davon auszugehen, dass in der Regel zusätzlich individuelle Unterstützung erforderlich ist (Peschke, 2019). Ziel des Nachteilsausgleichs ist nicht, dass Menschen mit einer Beeinträchtigung beispielsweise leichtere Aufgaben bei Prüfungen bekommen, sondern Lern- und Prüfungsbedingungen so zu gestalten, dass alle Lernenden ihr Potenzial unabhängig von Beeinträchtigungen entfalten können und Leistungen untereinander vergleichbar sind (Grotjohann & Haugwitz, 2023). Es stellt sich die Frage, ob Menschen mit ADHS in den Personenkreis von Menschen mit einer Behinderung fallen. Gemäß Art. 1 der UN-Behindertenrechtskonvention (Vereinte Nationen, 2008) handelt es sich bei Menschen mit Behinderung um „Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können“ (S. 1423). Von Beeinträchtigung spricht man dann, wenn Körper und Gesundheit vom alterstypischen Zustand abweichen. Diese Definition wurde auch in das deutsche Sozialgesetzbuch IX (§ 2 Absatz 1 Satz 1 - 2) übernommen. ADHS kann in diesem Verständnis als Schulischer Nachteilsausgleich bei ADHS 259 eine seelische Beeinträchtigung verstanden werden, da per Definition (DSM, ICD) eine Abweichung von der altersgemäßen Entwicklung vorliegt. Zudem ist das Vorliegen einer Beeinträchtigung der akademischen und/ oder sozialen Teilhabe nach DSM-5 und ICD-11 für die Diagnosestellung erforderlich. Nach ICD-10 ist dies nicht der Fall; dort kann die Diagnose auch bei deutlichem Leidensdruck ohne funktionelle Beeinträchtigungen gestellt werden. Eine Teilhabeeinschränkung müsste demnach bei einer nach ICD-10 gestellten Diagnose ggf. zusätzlich dargelegt werden. Zur Gewährung eines Nachteilsausgleichs muss daher 1. die Beeinträchtigung belegt werden (bestätigte ADHS-Diagnose) und 2. die daraus resultierende Hinderung der Teilhabe bzw. Nachteile (konkrete Probleme im Schulalltag). Die Auswahl von Maßnahmen erfolgt im Anschluss individuell, spezifisch für jeden Nachteil, wobei auch (bundes-)länderspezifische Schulgesetze und Handhabungen berücksichtigt werden müssen (Grotjohann & Haugwitz, 2023). Tabelle 1 veranschaulicht beispielhaft die Zusammenhänge von Beeinträchtigung, Barriere, Nachteil und Nachteilsausgleich bezogen auf ADHS. Maßnahmen des Nachteilsausgleichs bei ADHS Die Abgrenzung zwischen Nachteilsausgleich, Förderung und Unterrichtsgestaltung ist nicht immer eindeutig. Optimalerweise sollten sich entsprechende Maßnahmen ergänzen (Grotjohann & Haugwitz, 2023). Der Fokus liegt in diesem Beitrag ausschließlich auf Nachteilsausgleich im engeren Sinne, also Maßnahmen, die Nachteile direkt durch individuelle Anpassungen ausgleichen (Giovanoli & Alder, 2013), und nicht etwa längerfristige Interventionen (wie z. B. Konzentrationstrainings), die eine Veränderung von Kompetenzen der Schüler: innen anstreben. Im Folgenden werden Maßnahmen des Nachteilsausgleichs im engeren Sinne bei ADHS vorgestellt, für die ein Wirksamkeitsnachweis anhand verschiedener empirischer Studien vorliegt. Tabelle 2 zeigt weitere Informationen zu den herangezogenen Wirksamkeitsstudien. Beeinträchtigung (ADHS) Barriere (Lernumgebung) Nachteil (Teilhabeeinschränkung) Mögliche Maßnahmen des Nachteilsausgleichs Unaufmerksamkeit Geräuschpegel im Klassenraum Fokussierung auf Zielreize und Ausblendung von Störreizen durch Geräusche im Klassenraum aufgrund von ADHS-bedingter Unaufmerksamkeit erschwert Tragen geräuschdämpfender Kopfhörer Hyperaktivität Unterricht ausschließlich im Sitzen Langes Stillsitzen als einzige Möglichkeit am Unterricht teilzunehmen aufgrund von ADHSbedingter Hyperaktivität erschwert Wahlmöglichkeit zwischen Stuhl und Sitzball sowie Ermöglichung einer zusätzlichen Bewegungspause Impulsivität Komplexität schriftlicher Aufgabenstellungen Verstehen komplexer schriftlicher Aufgabenstellungen als einzige Instruktionsform aufgrund von ADHS-bedingter Impulsivität erschwert Individuelle verbale Erklärung von Aufgabenstellungen durch Schulassistenz Tab. 1: Beispielhafte Veranschaulichung des Zusammenhangs von Beeinträchtigung, Barriere, Nachteil und Nachteilsausgleich bezogen auf ADHS 260 Timo Hennig, Rieke Schröder, Charlotte Motherby, Marie-Luise Schütt Autor: innen (Jahr), Stichprobe Studiendesign (Aufgabe, Bedingungen) Ergebnisse Maßnahme: Akustische Abschirmung und Stimulation (Musik) • Abikoff et al. (1996) • 20 Jungen mit ADHS, 20 Jungen ohne ADHS (7,5 -13 J.) • Mathematikaufgabe • 3 Bedingungen für alle TN (mit Musik, mit Hintergrundgespräch, in Stille), randomisierte Reihenfolge • TN mit ADHS zeigen mit Musik mehr richtige Antworten als bei Hintergrundgespräch (d = 0.45) und Stille (d = 0.33), allerdings nur, wenn Musik als erste Bedingung dargeboten wurde • TN ohne ADHS zeigen gleiche Leistung in allen Bedingungen • Gerjets et al. (2002) • 15 Jungen mit ADHS (M = 8; 11 J.), 15 Kinder ohne ADHS (M = 8; 7 J.) • Continuous Performance Test • 2 Bedingungen für alle TN (mit oder ohne Musikeinspielung), randomisierte Reihenfolge • TN mit ADHS machen mit Musik weniger Fehler als ohne Musik (d = 0.74) • TN ohne ADHS zeigen gleich gute Leistung mit und ohne Musik • Madjar et al. (2020) • 25 Kinder mit ADHS (M = 10,3 J.), 25 Kinder ohne ADHS (M = 10,4 J.) • Leseverständnisaufgabe • 4 Bedingungen für alle TN (ohne Musik, mit ruhiger Musik ohne Text, mit ruhiger Musik mit Text, mit rhythmischer Musik mit Text), gleiche Reihenfolge für alle TN • TN mit ADHS zeigen besseres Leseverständnis mit ruhiger Musik ohne Text (d = 0.64), mit ruhiger Musik mit Text (d = 0.83), mit rhythmischer Musik mit Text (d = 0.48) im Vergleich zu ohne Musik • TN ohne ADHS zeigen gleich gute bzw. schlechtere Leistung mit Musik Maßnahme: Akustische Abschirmung und Stimulation (Weißes Rauschen) • Baijot et al. (2016) • 17 Kinder ohne ADHS, 13 Kinder mit ADHS (7 -12 Jahre) • Go/ NoGo-Aufgabe • 2 Bedingungen für alle TN (weißes Rauschen oder still), randomisierte Reihenfolge • TN mit ADHS machen weniger Omission-Fehler bei weißem Rauschen und zeigen gleiche Leistung wie TN ohne ADHS • TN ohne ADHS zeigen gleiche Leistung mit und ohne Rauschen • Batho et al. (2020) • 52 Jugendliche mit ADHS (14 -16 Jahre) • Leseverständnisaufgabe, Schreibaufgabe • 1 von 3 Bedingungen (ohne Hintergrundgeräusch, weißes Rauschen, leises Sprechen im Hintergrund), randomisierte Zuteilung der TN zur Bedingung • TN mit ADHS lesen bei weißem Rauschen schneller (d = 0.40) und schreiben mehr Wörter (d = 0.53), allerdings keine signifikanten Effekte; die Genauigkeit der Aufgabenbearbeitung bleibt gleich • die Aufgabenbearbeitung bei Sprechen im Hintergrund wird als schwieriger als ohne Geräusche empfunden (d = 0.79) Tab. 2: Wirksamkeitsnachweise unterschiedlicher Maßnahmen des schulischen Nachteilsausgleichs für Schüler: innen mit ADHS ▲ Schulischer Nachteilsausgleich bei ADHS 261 Autor: innen (Jahr), Stichprobe Studiendesign (Aufgabe, Bedingungen) Ergebnisse • Lin (2022) • 52 Kinder mit ADHS (M = 5,5 J.), 52 Kinder ohne ADHS (M = 5,4 J.) • Continuous Performance Test • 2 Bedingungen pro TN (weißes Rauschen, ohne Hintergrundgeräusch), randomisierte Reihenfolge • TN mit ADHS zeigen bei weißem Rauschen weniger Omission-Fehler (d = 0.66), reduziertes Hyperaktivitätsverhalten (Sprechen d = 0.91, Off-task Verhalten d = 0.93, vom Platz Wegbewegen d = 0.41, Zappeln d = 1.69), bessere Unterscheidung relevanter von irrelevanten Stimuli (d = 0.57) und eine reduzierte Reaktionszeitvariabilität (d = 0.90) • TN ohne ADHS zeigen tendenziell aber nicht signifikant schlechtere Leistung bei weißem Rauschen Maßnahme: Bewegungseinheiten ( Laufen) • Chang et al. (2012) • 40 Kinder mit ADHS (8 -15 J.) • Stroop Test, Wisconsin Card Sorting Test vor und nach der Intervention • 1 von 2 Bedingungen (30 Min. moderates Laufbandlaufen, 30 Min. Sportvideo anschauen), randomisierte Zuteilung der TN zu Bedingung • TN mit ADHS der Bewegungsgruppe zeigen im Vorhernachher-Vergleich im Stroop Color-Word Test kürzere Bearbeitungszeiten (d = 1.26) und im Wisconsin Card Sorting Test weniger non-perseverative Fehler (d = 0.74) und bearbeiteten mehr Aufgaben (d = 0.52) • Auch TN mit ADHS der Kontrollgruppe zeigen im Vorhernachher-Vergleich Verbesserungen, allerdings weniger starke als die Bewegungsgruppe • Hung et al. (2016) • 34 Kinder mit ADHS (8 -12 J.) • Task Switching Experiment • 2 Bedingungen für alle TN (30 Min. moderates Laufbandlaufen, 30 Min. Videos schauen) in zwei Sessions • TN mit ADHS zeigten nach Bewegung geringere Differenzen in den Reaktionszeiten nach Aufgabenwechsel (d = 0.38) • Pontifex et al. (2013) • 20 Kinder mit ADHS und 20 Kinder ohne ADHS (8 -10 J.) • Inhibitionskontrolle (Flanker-Aufgabe), Schulleistungstest (Leseverständnis, Rechtschreibung, Mathematik) • 2 Bedingungen an separaten Terminen für alle TN (Testung nach 20 Min. moderatem Laufbandlaufen vs. 20 Min. Lesen), randomisierte Reihenfolge • TN mit ADHS zeigen in Flanker-Aufgabe nach Bewegung größere Antwortgenauigkeit (d = 0.94) und stärkere Verlangsamung nach Fehlern (d = 1.36) sowie besseres Leseverständnis (d = 1.58) und arithmetische Leistung (d = 1.25) • Auch TN ohne ADHS zeigen nach Bewegung bessere Leistungen • Medina et al. (2010) • 25 Jungen mit ADHS (7 -15 J.) • Continuous Performance Test • 3 Bedingungen pro TN (Basistestdurchführung, nach 30 Min. Laufbandlaufen im Intervall und nach 2 Min. Stretchingeinheit) • TN mit ADHS zeigen nach Bewegung reduzierte Reaktionszeiten (d = 0.37), Reaktionszeitschwankungen (d = 0.57), Impulsivität (d = 0.54) und erhöhte Vigilanz (d = 0.92) • Silva et al. (2015) • 28 Kinder mit ADHS, 28 Kinder ohne ADHS (10 -16 J.) • Computerspiel • 2 Bedingungen für alle TN (Computerspiel mit vs. ohne vorherigen 5-minütigen Dauerlauf) • TN mit ADHS zeigen nach Bewegung eine um 30,5 % bessere Aufmerksamkeitsleistung • TN ohne ADHS zeigen nach Bewegung eine um 42,8 % schlechtere Aufmerksamkeitsleistung ▲ ▲ 262 Timo Hennig, Rieke Schröder, Charlotte Motherby, Marie-Luise Schütt Autor: innen (Jahr), Stichprobe Studiendesign (Aufgabe, Bedingungen) Ergebnisse Maßnahme: Bewegungseinheiten ( Fahrradfahren) • Ludyga et al. (2020) • 18 Kinder mit ADHS, 18 Kinder ohne ADHS (11 -18 J.) • Alternate Uses Task • Bedingungen für alle TN (20 Min. Fahrradfahren auf Ergometer oder Sportdokumentation schauen), randomisierte Reihenfolge • TN mit ADHS zeigen nach der Bewegungseinheit eine erhöhte kognitive Flexibilität (Kategorien d = 0.27, Flüssigkeit d = 0.37, Originalität d = 0.28) • Auch TN ohne ADHS zeigen nach der Bewegungseinheit eine erhöhte kognitive Flexibilität Maßnahme: Bewegungseinheiten (Trampolin) • Gawrilow et al. (2013) • 47 Jungen mit ADHS (8,3 -13,6 J.) • Klassifikationsaufgabe und Go/ NoGo-Aufgabe • 1 von 2 Bedingungen (5 Min. Trampolin springen oder sitzend 5 Min. Bilder ausmalen), randomisierte Zuordnung • TN mit ADHS zeigen nach Bewegung in Go/ NoGo-Aufgabe bessere Verhaltens-Inhibition (d = 0.43) und weniger Fehler (d = 0.43) Maßnahme: Individuelle Anleitung ( lautes Vorlesen durch Lehrkraft) • Spiel et al. (2016) • 16 Kinder mit ADHS oder ADHS-Risiko, 20 ohne ADHS (9 -14 J.) • Schulleistungstest • 5 × 45 Min. Unterricht in einwöchigem Sommercamp, danach Testungen (10 Min.) • 1 von 2 Bedingungen (lautes Vorlesen oder still selbst lesen), alternierend über 5 Tage, randomisierte Zuordnung • TN mit ADHS zeigen bessere Leistungen beim lauten Vorlesen (d = 0.42) • TN ohne ADHS zeigen gleich gute Leistungen beim lauten Vorlesen und bei stillem selbst Lesen • Spiel et al. (2019) • 26 Kinder mit ADHS, 19 Kinder ohne ADHS (10 -13 J.) • Schulleistungstest (Lesen, Mathematik) • 1 von 2 Bedingungen (leises Arbeiten vs. vorgelesene Aufgaben/ Instruktionen), randomisierte Zuordnung • TN mit ADHS zeigen bessere Leistungen bei vorgelesenen Aufgaben (d = 0.63), die dann auch im Normbereich liegen • TN ohne ADHS zeigen gleiche Leistung beim leisen Arbeiten und Vorlesen Maßnahme: Individuelle Anleitung ( Kleingruppen und 1: 1-Betreuung/ Tutoring) • Hart et al. (2011) • 33 Kinder mit ADHS (7 -12 J.) • Leseverständnisaufgabe • 2 von 3 Bedingungen pro Tag über 4 Wochen (Kleingruppenanleitung, Gesamtgruppenanleitung oder eigenständiges Arbeiten am Platz), randomisierte Zuordnung • TN mit ADHS zeigen signifikant mehr aufgabenkonformes Verhalten in der Kleingruppenanleitung als in der Großgruppe (d = 0.49) und eigenständigem Arbeiten (d = 0.68) • Strayhorn & Bickel (2002) • 30 Kinder mit ADHS (M = 7,5 J.) • Individuelles Tutoring außerhalb des Unterrichts (M = 68 Termine à 45 Min., verteilt über M = 11 Monate) • Vergleich der ADHS-Symptome vor und nach dem Tutoring (Lehrkrafteinschätzung) und während des Tutorings (Tutoreinschätzung) • Nach dem Tutoring signifikant weniger ADHS-Symptome (d = 0.90) • Während des Tutorings signifikant weniger ADHS-Symptome als im Unterricht Anmerkungen: J. = Jahre; TN =Teilnehmende; d = Effektstärke Cohens d, Werte ab 0.2 werden konventionell als kleiner Effekt definiert, ab 0.5 als mittlerer Effekt und ab 0.8 als großer Effekt (Cohen, 1988). ▲ Schulischer Nachteilsausgleich bei ADHS 263 Akustische Abschirmung und Stimulation Mit dem Ziel der Reduktion von Unaufmerksamkeit bzw. zur Verbesserung von Konzentration und insbesondere Daueraufmerksamkeit können Kopfhörer eingesetzt werden (z. B. „noise cancelling headphones“). Diese können eine doppelte Wirkung entfalten, da sie sowohl Störgeräusche ausblenden als auch eine zusätzliche akustische Stimulation ermöglichen. Entgegen dem äußeren Eindruck sind Menschen mit ADHS häufig neurologisch untererregt und versuchen ihr Arousal-Level zu erhöhen, z. B. durch hyperaktives Verhalten als Form der Selbststimulation (Martella et al., 2020). Empirisch wurden positive Effekte festgestellt, wenn bei der Bearbeitung von Schul- oder Aufmerksamkeitsleistungen gleichzeitig Musik (Abikoff et al., 1996; Gerjets et al., 2002; Madjar et al., 2020) oder weißes Rauschen (Baijot et al., 2016; Batho et al., 2020; Lin, 2022) über Kopfhörer dargeboten wurde. Allerdings waren die festgestellten Effekte insgesamt gesehen klein, zeigten sich nicht in allen untersuchten Zielvariablen und auch nicht in allen Studien (Metin et al., 2016). Studien, die auch Kinder ohne ADHS untersucht haben, finden bei diesen keine bessere Leistung unter akustischer Stimulation, einige tendenziell sogar Verschlechterungen (Lin, 2022; Madjar et al., 2020). Bewegungseinheiten Zur Reduktion von Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität können (kurze) Bewegungseinheiten vor oder zwischen Lerneinheiten durchgeführt werden. Diese wirken sowohl als Erholungspause als auch als aktivierende Maßnahme, zunächst auf physiologischer Ebene, die sich weiterführend auch kognitiv aktivierend auswirkt (Lehnert, 2014). Für Menschen mit ADHS wurden positive Effekte auf kognitive Leistungen von direkt vor einer Lerneinheit durchgeführten Maßnahmen für (zumeist moderates) Laufen (Chang et al., 2012; Hung et al., 2016; Medina et al., 2010; Pontifex et al., 2013; Silva et al., 2015), Fahrrad-Ergometer fahren (Ludyga et al., 2020) und Trampolin springen festgestellt (Gawrilow et al., 2013). Zwei Studien, die auch Kinder ohne ADHS untersucht haben, stellen auch für diese verbesserte Leistungen nach Bewegung fest (Ludyga et al., 2020; Pontifex et al., 2013), eine Studie allerdings Verschlechterungen (Silva et al., 2015). Individuelle Anleitung Eine individuelle Instruktion soll Unaufmerksamkeit entgegenwirken und u. a. sicherstellen, dass Schüler: innen mit ADHS Aufgabenstellungen richtig verstanden haben. Dabei sollten allerdings keine inhaltlichen, die Aufgabe vereinfachenden, Hilfestellungen gegeben werden, die andere Schüler: innen nicht erhalten. Kinder mit ADHS zeigten besseres Arbeitsverhalten und Leistungen bei lautem Vorlesen von Aufgabenstellungen durch die Lehrkraft, Kinder ohne ADHS nicht (Spiel et al., 2016, 2019). Weiterhin wurden positive Effekte einer Anleitung in Kleingruppen und 1 : 1- Betreuung (Tutoring) festgestellt (Hart et al., 2011; Strayhorn & Bickel, 2002); die letzten beiden Studien untersuchten allerdings längerfristige Maßnahmen über mehrere Wochen oder Monate. Maßnahmen mit unzureichender oder uneindeutiger Befundlage Eine häufig eingesetzte Maßnahme ist eine Verlängerung der Bearbeitungszeit bei Prüfungen, diese ist allerdings bei ADHS aufgrund der störungstypischen Selbstregulationsdefizite selten wirksam (Pariseau et al., 2010). Damit die Lehrkraft Schüler: innen mit ADHS gut im Blick hat und sie anleiten kann, wird ein Sitzplatz vorn in der Klasse empfohlen (Lovett & Nelson, 2021). Eine Studie stellte positive Effekte für einen Sitzplatz in der Nähe der Lehrkraft für alle Schüler: innen fest (Blume et al., 2019). Der Nachweis einer ADHS-spezifischen Wirksamkeit steht allerdings noch aus. 264 Timo Hennig, Rieke Schröder, Charlotte Motherby, Marie-Luise Schütt Einige Studien fanden positive Effekte auf Aufmerksamkeit und Unterrichtsverhalten, wenn Schüler: innen auf einem Sitzball oder einem verstellbaren, beweglichen Stuhl saßen (Fedewa & Erwin, 2011; Stanic et al., 2022; Wu et al., 2012). Praktische Bedenken gegen den Einsatz von Sitzbällen im Unterricht könnten allerdings darin bestehen, dass Unruhe entsteht, wenn die Bälle durch den Klassenraum rollen oder geworfen werden. Eine Studie fand positive Effekte auf Aufmerksamkeitsleistungen durch das Tragen einer schweren Weste, denen eine beruhigende und stimulierende Wirkung zugeschrieben wird (Lin et al., 2014). Eine andere Studie stellt allerdings sowohl die Wirksamkeit von Sitzbällen als auch schweren Westen infrage (Macphee et al., 2019). Diskussion Der vorliegende Beitrag thematisiert die Fragen, ob beim Vorliegen einer ADHS ein Anspruch auf Nachteilsausgleich gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention (Vereinte Nationen, 2008) besteht und für welche Maßnahmen empirische Wirksamkeitsnachweise vorliegen. Zur ersten Frage lässt sich zusammenfassend sagen, dass bei ADHS in der Regel aufgrund eingeschränkter Teilhabemöglichkeiten ein Anspruch auf Nachteilsausgleich begründet werden kann. Dazu muss neben einer festgestellten ADHS-Diagnose eine Beschreibung der konkreten Nachteile erfolgen. Zur zweiten Frage lässt sich insgesamt festhalten, dass der Grad der Wirksamkeitsüberprüfung von Maßnahmen des Nachteilsausgleichs bei ADHS als gering eingeschätzt werden kann, was sich mit internationalen Forschungsergebnissen deckt (Harrison et al., 2020; Lovett & Nelson, 2021). Für einige in der Schulpraxis eingesetzte Maßnahmen des Nachteilsausgleichs fehlt ein Wirksamkeitsnachweis. Beispielsweise erscheint eine Verlängerung der Bearbeitungszeit bei ADHS zumeist nicht hilfreich (Pariseau et al., 2010). Andere Maßnahmen sind nicht (ausreichend) untersucht. Beispielsweise erscheint ein Sitzplatz in Lehrkraftnähe förderlich für alle Schüler: innen (Blume et al., 2019), ein ADHSspezifischer Wirksamkeitsnachweis für diese Maßnahme fehlt unseres Wissens allerdings. Zu anderen Maßnahmen liegen uneinheitliche Befunde bezogen auf ihre Wirksamkeit vor, beispielsweise für den Einsatz von Sitzbällen und schwerer Westen (Macphee et al., 2019). Hinweise auf die Wirksamkeit von Maßnahmen des Nachteilsausgleichs bei ADHS bestehen insbesondere für den Einsatz von Kopfhörern (zur akustischen Abschirmung und Stimulation), Bewegungseinheiten sowie individueller Anleitung. Im Vergleich dieser Maßnahmen scheint die akustische Stimulation am ADHSspezifischsten zu sein: Bei Schüler: innen ohne ADHS bewirkt sie eher keine oder tendenziell Verschlechterungen (Lin, 2022; Madjar et al., 2020), während Bewegung und individuelle Anleitung eher auch für andere Schüler: innen hilfreich erscheint. Allerdings fehlen weitere Studien, die dies gezielt untersuchen. Die Auswahl der Maßnahmen des Nachteilsausgleichs muss allerdings immer individuell getroffen werden; einzelnen Schüler: innen mit ADHS mögen auch solche Maßnahmen helfen, die sich auf Gruppenebene nicht behaupten (z. B. Zeitverlängerung bei Prüfungen). Weiterhin zu beachten ist, dass die meisten Schüler: innen mit ADHS von Komorbiditäten betroffen sind (Akmatov et al., 2021). Dazu gehören u. a. Entwicklungsstörungen der schulischen Fertigkeiten, für die wiederum ein eigener Anspruch auf Nachteilsausgleich besteht, sowie Empfehlungen für entsprechende Maßnahmen (Grotjohann & Haugwitz, 2023). Welche Maßnahmen des Nachteilsausgleichs bei welchen Kombinationen von Störungen und Problemlagen wirksam sind, sollte weiter beforscht werden. Um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen, sind dafür qualitativ hochwertige, möglichst experimentelle, Studien erforderlich. Diese benötigen ausreichend große Stichproben, um neben der allgemeinen Wirksamkeit auch mögliche Moderationseffekte, z. B. durch Komorbiditäten, zu untersuchen. Schulischer Nachteilsausgleich bei ADHS 265 Wissen über Maßnahmen des Nachteilsausgleichs für Schüler: innen mit ADHS sollte Lehrkräften in Aus- und Weiterbildung vermittelt werden. Da der Personalmangel an Schulen die Umsetzung zeitintensiver Maßnahmen häufig behindert (Hennig et al., 2022), ist - ggf. im Rahmen einer multimodalen Behandlung - auch die Vermittlung einfach umsetzbarer Maßnahmen wünschenswert. Dieses Anliegen wurde beispielsweise im Projekt „Evidenzbasierte Maßnahmen des Nachteilsausgleichs bei ADHS (EMNA)“ verfolgt, aus dem ein frei verfügbarer Flyer entstanden ist (Hennig et al., 2023). Lehrkräfte sollten wirksame Maßnahmen wie Abschirmung und Stimulation, individuelle Anleitung und Bewegung kennen und Schüler: innen mit ADHS ermöglichen. Darüber hinaus können sie erwägen, ob sie die Maßnahmen allen Schüler: innen anbieten, da diese auch generell bzw. bei anderen Bedürfnissen hilfreich sein können. Somit hätten Schüler: innen mit ADHS auch weniger stark eine Sonderrolle, die als unangenehm und stigmatisierend empfunden werden könnte. Weiterhin sollten Lehrkräfte Prinzipien der Unterrichtsgestaltung berücksichtigen, die für Schüler: innen mit ADHS (und andere) hilfreich sind (z. B. Zielklarheit und Etablierung von Routinen), wie beispielsweise Mackowiak und Schramm (2016) detaillierter beschrieben. Zudem sollten sie schulische und außerschulische Fördermöglichkeiten wie Trainingsverfahren kennen, die z. B. bei Abelein und Stein (2017) zusammengestellt sind. Im Optimalfall sollten Maßnahmen des Nachteilsausgleichs, der Unterrichtsgestaltung und der Förderung auf die individuellen Bedürfnisse der Schüler: innen mit ADHS abgestimmt sein und sich gegenseitig ergänzen. Abschluss fiktives Fallbeispiel Michael Michael darf bei Klassenarbeiten Kopfhörer tragen, die er mit einer vorher erprobten „Mathe- Musik“ programmiert. Die akustische Stimulation wirkt seiner im Verlauf der Klausurzeit stärker werdenden Müdigkeit entgegen. Weiterhin vereinbaren seine Lehrkräfte mit Michael, dass er die Klassenarbeitsaufgaben immer nur einzeln und nacheinander bekommt. Wenn er mit der Bearbeitung einer Aufgabe fertig ist, soll er leise aufstehen und sich von der Lehrkraft die nächste Aufgabe abholen. Bevor er zu seinem Platz zurückgeht, soll er der Lehrkraft im Flüsterton das Ziel der Aufgabe erklären, um sicherzustellen, dass er die Aufgabenstellung richtig verstanden hat. Die individuelle Anleitung sowie die mit dem Aufstehen verbundene Bewegung hilft Michael, seine mathematischen Kompetenzen auch im für ihn schwierigen Prüfungsformat Klausur besser zu zeigen. Auch wenn das leise Aufstehen und Sprechen eine Herausforderung für ihn darstellt, ist es seinen Lehrkräften und insbesondere Michael selbst ein großes Anliegen, dass er während der Klassenarbeit im Klassenverbund mit seinen Mitschüler: innen verbleiben kann. Die Möglichkeit, die Klassenarbeit einzeln in einem ruhigen Nebenraum zu schreiben, hätte er als Ausschluss und Bestrafung empfunden. Literatur Abelein, P. & Stein, R. (2017). Förderung bei Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörungen. Kohlhammer. Abikoff, H., Courtney, M., Szeibel, P. & Koplewicz, H. (1996). 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