Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/peu2025.art12d
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Empirische Arbeit: Qualität familialer Interaktionen im Grundschulalter - Dimensionen, Stabilität und familiale Einflussgrößen
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Sabine Blaurock
Simone Lehrl
Mit dem Schuleintritt beziehen sich die Interaktionen zwischen Kindern und Eltern zunehmend auf die in der Schule formalisierten Lernprozesse, insbesondere auf die für die kindliche Kompetenzentwicklung bedeutsame Hausaufgabenunterstützung. Die Qualität der Eltern-Kind-Interaktion, die außerhalb spezifischer Hausaufgabensituationen stattfindet, z.B. in Spielsituationen, ist hingegen kaum erforscht. Die Ergebnisse der Längsschnittstudie BiKS-3-10 zeigen zwei Dimensionen: Die kokonstruktive Interaktionsqualität, z.B. die Komplexität der elterlichen Fragen während der Spielsituation, und die responsive Interaktionsqualität, z.B. die Verständlichkeit der elterlichen Lösungshilfen während der Spielsituation. Beide Dimensionen sind im ersten Grundschuljahr auf einem guten Qualitätsniveau und bleiben bis zum vierten Grundschuljahr stabil. Die kokonstruktive Interaktionsqualität wird positiv durch den Wortschatz des Kindes, die schriftsprachlichen Anregungen und das Familienklima im Kindergartenalter vorhergesagt, während die responsive Interaktionsqualität ausschließlich durch die schriftsprachlichen Anregungen im Kindergartenalter erklärt wird. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Qualität der frühen Eltern-Kind-Interaktionen, insbesondere die schriftsprachlichen Anregungen, die Interaktionsqualität im Grundschulalter beeinflusst.
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n Empirische Arbeit Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2025, 72, 148 -166 DOI 10.2378/ peu2025.art12d © Ernst Reinhardt Verlag Qualität familialer Interaktionen im Grundschulalter - Dimensionen, Stabilität und familiale Einflussgrößen Sabine Blaurock 1 , Simone Lehrl 2 1 Otto-Friedrich-Universität Bamberg 2 Pädagogische Hochschule Weingarten Zusammenfassung: Mit dem Schuleintritt beziehen sich die Interaktionen zwischen Kindern und Eltern zunehmend auf die in der Schule formalisierten Lernprozesse, insbesondere auf die für die kindliche Kompetenzentwicklung bedeutsame Hausaufgabenunterstützung. Die Qualität der Eltern- Kind-Interaktion, die außerhalb spezifischer Hausaufgabensituationen stattfindet, z. B. in Spielsituationen, ist hingegen kaum erforscht. Die Ergebnisse der Längsschnittstudie BiKS-3-10 zeigen zwei Dimensionen: Die kokonstruktive Interaktionsqualität, z. B. die Komplexität der elterlichen Fragen während der Spielsituation, und die responsive Interaktionsqualität, z. B. die Verständlichkeit der elterlichen Lösungshilfen während der Spielsituation. Beide Dimensionen sind im ersten Grundschuljahr auf einem guten Qualitätsniveau und bleiben bis zum vierten Grundschuljahr stabil. Die kokonstruktive Interaktionsqualität wird positiv durch den Wortschatz des Kindes, die schriftsprachlichen Anregungen und das Familienklima im Kindergartenalter vorhergesagt, während die responsive Interaktionsqualität ausschließlich durch die schriftsprachlichen Anregungen im Kindergartenalter erklärt wird. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Qualität der frühen Eltern-Kind-Interaktionen, insbesondere die schriftsprachlichen Anregungen, die Interaktionsqualität im Grundschulalter beeinflusst. Schlüsselbegriffe: Eltern-Kind-Interaktionen, Elternbeteiligung, Grundschulalter, Latente Veränderungsmodelle The quality of family interactions at primary school age - Dimensions, stability and predictive family factors Summary: As children enter primary school, parent-child interactions are increasingly related to the formalised learning processes at school, especially homework support, which is important for children’s competence development. However, the quality of parent-child interaction that takes place outside specific homework situations, e. g. in play situations, are less researched. Findings from the BiKS-3-10 longitudinal study highlight two dimensions: Co-constructive interaction quality (e. g. complexity of parental questions during play) and responsive interaction quality (e. g. clarity of parental support). Both dimensions are at a good quality level in the first year of primary school and remain stable until the fourth year. Co-constructive interaction quality is positively predicted by the child's vocabulary, literacy stimulation and family climate during preschool age, while responsive interaction quality is explained solely by literacy stimulation at preschool age. These findings suggest that early parent-child interactions, especially literacy-related activities, have a lasting effect on interaction quality at primary school age. Keywords: Parent-child interactions, home-based parental involvement, primary school age, latent change score models Forschungsbefunde und konzeptuelle Zugänge Zahlreiche Forschungsergebnisse belegen, dass bildungsbezogene Interaktionen in der Familie im Kindergarten- und Grundschulalter mit der Kompetenzentwicklung und dem schulischen Erfolg der Kinder zusammenhängen (Dimosthenous, Kyriakides & Panayiotou, 2020; Niklas & Schneider, 2013). Unter bildungsbezogenen Eltern-Kind-Interaktionen werden Alltagsaktivi- Qualität familialer Interaktionen im Grundschulalter 149 täten in der Familie verstanden, die einen starken Bildungsbezug aufweisen, wie z. B. das gemeinsame (Vor-)Lesen, das Erklären von Sachverhalten und das gemeinsame Lösen von Problemen (z. B. in gemeinsamen Spielsituationen) sowie der Austausch über schulische Inhalte. Diese Aktivitäten zeichnen sich durch bewusste kognitive, sprachliche und schulische Förderbemühungen der Eltern aus, die sich in elterlichen Verhaltensweisen und Interaktionsstrategien ausdrücken (Grgic & Rauschenbach, 2020; Walper & Grgic, 2013). Aus internationalen Studien geht hervor, dass sich die Eltern-Kind-Interaktionen mit dem Eintritt in die Grundschule verändern und ein stärker instruierendes und inhaltlich anregendes Verhalten zu beobachten ist. Dieses elterliche Verhalten wird meist als schulnahe Unterstützung der Eltern im Sekundarschulalter untersucht (Holzberger, Täschner & Hillmayr, 2023), wobei sich insbesondere die Qualität der Hausaufgabenunterstützung als bedeutsam für die schulischen Leistungen der Kinder erweist (Dumont, Trautwein, Nagy & Nagengast, 2014). Die Qualität der elterlichen Hausaufgabenbegleitung ist dann besonders förderlich, wenn z. B. die Autonomie des Kindes gestärkt, die Situation strukturiert und emotional unterstützt wird (Moroni, Dumont, Trautwein, Niggli & Baeriswyl, 2015). Die Qualität der Interaktionen zwischen Eltern und Kindern, die außerhalb der spezifischen Hausaufgabensituationen im Familienleben stattfindet, wie z. B. in Spielsituationen, die ebenfalls kognitive und schulnahe Anregungen bieten, ist hingegen kaum erforscht. Ziel der vorliegenden Studie ist es daher, die Facetten elterlichen Interaktionsverhaltens mit ihren Kindern im Grundschulalter hinsichtlich ihrer Beschaffenheit (Dimensionen), ihrer Stabilität und Veränderung sowie ihrer Bedingungen genauer zu untersuchen. Die familiale Interaktionsqualität Während im Kindergartenalter vorwiegend das Konzept der familialen bzw. häuslichen Lernumwelt (engl. Home learning environment) zur Erklärung kindlicher Bildungserfahrungen herangezogen wird, ist es im Grundschulalter vornehmlich das Konzept der Elternbeteiligung (engl. Parental involvement; z. B. Hill & Tyson, 2009; Jiawen, Barger, Oh & Pomerantz, 2022). Gelegentlich synonym verwendet (z. B. Sénéchal 2006; Hayes & Berthelsen 2019), haben beide Konstrukte die theoretische Grundlage des ökosystemischen Ansatzes nach Bronfenbrenner (1979) gemeinsam. Die bildungsbezogene Sozialisation im Mikrosystem Familie umfasst dabei die elterlichen Werte, Erwartungen und pädagogische Überzeugungen sowie die Erfahrungsräume und Aktivitäten, die Eltern ihren Kindern ermöglichen. Dabei hat sich zunehmend eine bereichsspezifische Differenzierung der Anregungen in der Familie (als Prozesse bezeichnet; Rossbach et al., 2024) in sozialemotional unterstützende, mathematische und sprachlich/ schriftsprachliche Anregungsprozesse durchgesetzt (für einen Überblick Lehrl, 2018). Kluczniok et al. (2013) zeigten in ihrer Studie, dass die bereichsspezifischen Dimensionen mit r = .58 (p < .05) korrelieren. Die Förderung sprachlicher und schriftsprachlicher Inhalte geht somit mit der mathematischen Förderung einher, beide Domänen stellen aber auch eigenständige Interaktionsbereiche dar. Einige Studien konnten bereits langfristige Effekte verschiedener Dimensionen der frühen familialen Lernumwelt, wie z. B. die Qualität der verbalen Interaktionen in Bezug auf Mathematik, auf domänenspezifische Kompetenzen, wie z. B. mathematische Leistungen, vom Grundschulalter bis ins frühe Jugendalter nachweisen (Dimosthenous et al., 2020; Lehrl, Ebert, Blaurock, Roßbach & Weinert, 2020; Sammons et al., 2015). Die familiale Interaktionsqualität im Grundschulalter wurde in den Studien ebenfalls berücksichtigt und erwies sich über die frühe familiale Lernumwelt hinaus als bedeutsam. Stärker als noch im frühkindlichen Alter treten nun Komponenten der Elternbeteiligung in den Vordergrund, die auch in anderen instruktiven Situationen, wie zum Beispiel der Schule, zum Lernzuwachs bei den Kindern führen (Sonnenschein, Gürsoy & Stites, 2022). Unter Elternbeteiligung werden nach Hill und 150 Sabine Blaurock, Simone Lehrl Tyson (2009) Eltern-Kind-Interaktionen sowie Interaktionen der Eltern und der Schule bzw. den Lehrkräften gefasst. Das multidimensionale Konstrukt der Elternbeteiligung wird in der einschlägigen Literatur heterogen taxonomisiert und in Forschungsarbeiten unterschiedlich operationalisiert. Ein weit verbreitetes Modell zur Beschreibung der Elternbeteiligung ist das Modell von Hoover-Dempsey et al. (2005), das zwischen home- und school-based forms of parental involvement unterscheidet. Die für diese Arbeit zentrale Dimension ist das home-based parental involvement und beinhaltet insbesondere bildungsbezogene Eltern-Kind-Interaktionen wie gemeinsames Lesen, Unterstützung bei den Hausaufgaben und gemeinsame Freizeitaktivitäten wie Museumsbesuche (ebd.). Metaanalysen zur umfangreichen Primärstudienlage zeigen überwiegend schwache positive Zusammenhänge zwischen der Elternbeteiligung und dem Schulerfolg (Barger, Kim, Kuncel & Pomerantz, 2019; Tan, Lyu & Peng, 2019). Dabei variieren die Effektstärken je nach betrachtetem Aspekt der Elternbeteiligung. In der Forschungsliteratur lassen sich drei übergeordnete Qualitätsaspekte des homebased parental involvement identifizieren: Neben einer globalen Konzeptualisierung, die sich durch ein vorwiegend instruktionales Verständnis auszeichnet (z. B. „dem Kind sagen, dass es lernen soll“, Fleischmann & De Haas, 2016), können zum einen Qualitätsaspekte unterschieden werden, die sich auf responsives Elternverhalten in Form von warm involvement (Rickert & Skinner, 2022) und parental warmth (Ogg & Anthony, 2020) beziehen, die ein emotional unterstützendes Verhalten im Familienalltag beschreiben. Zum anderen umfasst das kokonstruktive Interaktionsverhalten zwischen Eltern und Kind u. a. die Häufigkeit des gemeinsamen (Vor-)Lesens (Sibley & Dearing, 2014), die Häufigkeit weiterer Aktivitäten, wie z. B. Konstruktionsspiele oder Puzzles, zur kognitiven Aktivierung (Ogg & Anthony, 2020) und die Häufigkeit bereichsspezifischer Förderaktivitäten (Šilinskas, Leppänen, Aunola, Parilla & Nurmi, 2010). Zentraler Forschungsgegenstand des homebased parental involvement ist die Hausaufgabenunterstützung, die in vielen Studien über eine Häufigkeitsabfrage erhoben wurde (Li & Hamlin, 2019; Wei et al., 2019). Moroni et al. (2015) kritisierten die Operationalisierung der Hausaufgabenunterstützung als Häufigkeitsangabe in der Mehrheit der Studien und die seltene Berücksichtigung der Qualität der Interaktion. Die Studienlage zur Interaktionsqualität während der Hausaufgabenunterstützung lässt sich im Wesentlichen in drei Facetten einteilen, die eine hohe Kongruenz zu den drei zentralen Qualitätsaspekten des home-based parental involvement aufweisen. Diese drei Qualitätsfacetten umfassen die administrative Unterstützung (z. B. parent provision of structure), die emotionale Unterstützung (z. B. parental warmth) und die kognitive Unterstützung (z. B. autonomy support) (Saleem & Zaffar, 2021; Skinner, Johnson & Snyder, 2005) und beziehen sich in der Regel auf ein Unterrichtsfach, z. B. Mathematikhausaufgaben (Jiawen et al., 2022). Diese Konzepte konvergieren mit den Überlegungen des Angebots-Nutzungs-Modells aus der Unterrichtsforschung (Fend, 1981; Helmke, 2014; Klieme, Pauli & Reusser, 2009), das den Unterricht als Lerngelegenheit für Schülerinnen und Schüler hervorhebt, die von diesen aktiv genutzt werden muss, um wirksam zu sein. Die drei grundlegenden Dimensionen gliedern sich in Unterrichtsmanagement (oft auch als „classroom organisation“ bezeichnet, z. B. Pianta, La Paro & Hamre, 2008), in unterstützendes Klima (oft auch als „emotional support“ bezeichnet, z. B. Pianta et al., 2008) und kognitive Aktivierung (oft auch als „instructional support“ bezeichnet, z. B. Pianta et al., 2008). In der Forschungspraxis konnten einzelne Studien zur Unterrichtsqualität diese drei konzeptionellen Qualitätsdimensionen mit ihren Daten nicht replizieren. Hamre et al. (2013) konnten für die Unterrichtsqualität in der Grundschule lediglich zwei Dimensionen abbilden: Neben der Dimension „Instructional Support“ bildeten die beiden Konstrukte „Emotional Support“ und „Classroom Organization“ eine Dimension, „Social Support“, ab. Qualität familialer Interaktionen im Grundschulalter 151 Unter Berücksichtigung der drei konzeptionellen Qualitätsdimensionen im Sinne des Angebots-Nutzungs-Modells lässt sich eine Übertragung auf bildungsbezogene Eltern-Kind- Interaktionen wie folgt darstellen: Regelklarheit und Struktur, unterstützendes Klima und kognitive Aktivierung. Ersteres beinhaltet Aspekte der Beaufsichtigung und Anleitung sowie Verhaltensregeln und die Strukturierung von Interaktionssituationen. Ein unterstützendes Klima impliziert ein unterstützendes, vertrauensvolles und wertschätzendes Verhalten gegenüber den Kindern. Die kognitive Aktivierung umfasst die Anregung der Kinder zu Denkprozessen, die Konkretisierung von Lerninhalten und bereichsspezifische Qualitätsaspekte, z. B. Anregungen zum Verstehen von Zusammenhängen, z. B. durch Experimente. In der Forschungspraxis im Schulalter finden die dargelegten Konzepte überwiegend Anwendung auf konkrete Unterrichtsfächer (z. B. Jiawen et al., 2022). Der Bezug auf spezifische Unterrichtsinhalte impliziert jedoch ungleiche Voraussetzungen aufseiten der Kinder (curriculumsabhängiges Kompetenzniveau) und der Eltern (fachdidaktische Kompetenzen und Selbstwirksamkeitserwartungen). Um diesen Bias zu vermeiden, sollte die Qualität von Eltern-Kind-Interaktionen curriculums-, fächer- und lernstandsunabhängig erhoben werden. Zudem werden Hausaufgabensituationen auch als Belastung im Familienalltag empfunden (Ozer & Keskin, 2015) und sind daher nicht direkt mit anderen bildungsbezogenen Interaktionen im Familienalltag vergleichbar. Als Forschungsgegenstand sind daher Alltagsaktivitäten in der Familie von Interesse, die ähnlich kognitiv anregend sind, z. B. Spielsituationen zwischen Eltern und Kindern, wie das gemeinsame Lösen von Knobelaufgaben. Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass die drei konzeptionellen Qualitätsfacetten elterlicher Unterstützung im (Grund-)Schulalter die Forschungsliteratur maßgeblich prägen: Strukturiertheit der Situation, soziale bzw. emotionale Unterstützung (Klima) und kognitive Aktivierung. Bisherige Studien im Grundschulalter konzentrierten sich überwiegend auf die Quantität der Eltern-Kind-Interaktionen oder auf einzelne Qualitätsfacetten mit konkretem Unterrichtsbezug, wie z. B. die Unterstützung bei den Hausaufgaben. Ziel dieser Arbeit ist es, auf der Basis von Beobachtungsdaten die drei zentralen Qualitätsdimensionen (Instruktion und Strukturiertheit der Situation, soziale bzw. emotionale Unterstützung und kognitive Aktivierung) im Rahmen einer bildungsbezogenen, aber curriculumsunabhängigen Eltern-Kind- Interaktion, einer gemeinsamen Spielsituation, faktorenanalytisch zu untersuchen. Entwicklung der familialen Interaktionsqualität im Kindergarten- und Grundschulalter Wie sich bildungsbezogene Eltern-Kind-Interaktionen im Kindergarten- und Grundschulalter in ihrem Umfang und in ihrer Qualität entwickeln bzw. verändern, ist kaum erforscht und hängt maßgeblich von der betrachteten Aktivität ab. Dass einzelne bildungsbezogene Eltern-Kind-Interaktionen im Zeitverlauf abnehmen und mit steigendem Alter im Durchschnitt seltener werden, konnten beispielsweise Hayes und Berthelsen (2019) anhand der Vorleseaktivitäten von Kindergartenkindern feststellen. Hingegen zeigten Befunde von Lehrl (2018), dass Eltern ihre konkreten schriftsprachlichen Anregungen (Verweise auf Buchstaben, Einüben des Lesens) deutlich verstärkten. In einer repräsentativen US-Studie berichteten Bradley, Corwyn, McAdoo & Coll (2001) wiederum von einer kohortenübergreifenden Abnahme der Elternbeteiligung zwischen dem Kindergartenalter (3 bis 5 Jahre) und der mittleren Kindheit (5 bis 8 Jahre). Der Rückgang kann auf die zunehmende Selbstständigkeit und die Zunahme außerfamilialer Aktivitäten, wie z. B. organisierte Angebote in Sportvereinen oder Musikunterricht und Kunstkurse, zurückgeführt werden. Die Häufigkeit organsierter außerfamilialer Aktivitäten im ersten Grundschuljahr hängt dabei durchaus mit der familialen Interaktionsqualität im ersten Grundschuljahr zusammen (Blaurock, 2015). 152 Sabine Blaurock, Simone Lehrl Im Kontext mit den Veränderungen des Gesamtniveaus der elterlichen Beteiligung gibt es Hinweise auf eine relative Positionsstabilität zwischen den Familien über die Zeit. Eltern, die in der frühen Kindheit eine anregungsreichere familiale Lernumwelt bieten, tun dies auch, wenn die Kinder älter sind (Sy, Gottfried & Gottfried, 2013). Hayes und Berthelsen (2019) konnten feststellen, dass Jungen mit sozialen Hintergrundmerkmalen, die auf eine Benachteiligung hindeuten, bereits im Alter von zwei Jahren vergleichsweise weniger mit ihren Eltern lasen und seltener in bildungsbezogene Aktivitäten involviert waren. Diese Beteiligung nahm im zeitlichen Verlauf bis zum sechsten Lebensjahr stärker ab. Für das Grundschulalter ist jedoch wenig darüber bekannt, inwieweit sich bildungsbezogene Eltern-Kind-Interaktionen im Verlauf der vier Grundschuljahre verändern (intraindividuelle bzw. individuelle Veränderungen) und warum sich die Qualität von Eltern-Kind-Interaktionen in Abhängigkeit von bestimmten Einflussfaktoren (z. B. familialen Hintergrundmerkmalen, der Häufigkeit von Eltern-Kind- Interaktionen und der frühkindlichen Interaktionsqualität) in manchen Familien stärker verändern als in anderen (interindividuelle Unterschiede). Einflussgrößen auf die familiale Interaktionsqualität Bereits Kleinstkinder variieren in ihren sprachlichen und mathematischen Kompetenzen stark in Abhängigkeit ihrer sozialen Herkunft (Attig & Weinert, 2020). Einige Studien zeigten, dass frühe bildungsbezogene Eltern-Kind-Interaktionen die Effekte der sozialen Herkunft zumindest teilweise abschwächen (Lehrl, 2018; Niklas & Schneider, 2013). Anhand der BiKS-3-10 Daten konnten unterschiedlich starke Zusammenhänge zwischen strukturellen Familienmerkmalen (z. B. Bildungsniveau der Eltern, sozioökonomischer Status der Familie) und Orientierungsmerkmalen (z. B. Wichtigkeit der elementaren und schulvorbereitenden Förderung für die Eltern) und den verschiedenen Vermittlungsstrategien der Eltern, den formellen (z. B. Einüben des Alphabets) und informellen Anregungen (z. B. gemeinsames Lesen), nachgewiesen werden. Darüber hinaus deuten Forschungsergebnisse darauf hin, dass Eltern ihre Interaktionen mit dem Kind an dessen sprachliche Entwicklung, insbesondere den Wortschatz, anpassen (Weisleder & Fernald, 2013). Es ergibt sich die Frage, inwiefern Facetten der Eltern-Kind-Interaktionen im Grundschulalter auch mit unterschiedlichen Merkmalen auf Kind- und Familienebene zusammenhängen. Holzberger et al. (2023) fanden in ihrem systematischen Überblick über einschlägige Metaanalysen Unterschiede im Zusammenhang zwischen der Elternbeteiligung und dem schulischen Erfolg in Abhängigkeit von familialen Hintergrundmerkmalen. Dabei ergaben sich größere Zusammenhänge für Familien mit höherem sozioökonomischen Status, insbesondere für die Dimension home-based parental involvement (Tan et al., 2019). In keiner der einbezogenen Metaanalysen fanden sich Unterschiede für das Merkmal Migrationshintergrund und kaum Unterschiede hinsichtlich der ethnischen Herkunft. Mit Blick auf die Altersgruppen fallen die Ergebnisse heterogen aus, wobei sich die Studien überwiegend auf einen Vergleich zwischen Schulformen wie elementary school, middle school und high school beziehen (Barger et al., 2019; Wei et al., 2019). Die vorliegende Untersuchung zur Veränderung bildungsbezogener Eltern-Kind-Interaktionen im Grundschulalter leistet einen Beitrag zum besseren Verständnis von Bildungsprozessen dieser Altersgruppe im familialen Kontext. Wenn bekannt ist, welche Bedingungen zu stärkeren oder schwächeren Veränderungen führen, können gezielte Maßnahmen (z. B. Familienbildungsangebote) entwickelt werden, um Familien mit erhöhtem Unterstützungsbedarf adäquat zu begleiten. Dies könnte dazu beitragen, Bildungsungleichheiten zu reduzieren. Qualität familialer Interaktionen im Grundschulalter 153 Forschungsfragen Unter Beachtung der theoretischen Zugänge und der Forschungsbefunde werden zwei Forschungsfragen abgeleitet und untersucht: 1. Wie kann die familiale Interaktionsqualität im Grundschulalter hinsichtlich ihrer Dimensionen, ihrer Stabilität und ihrer Veränderung über die vier Grundschuljahre hinweg charakterisiert werden? Lassen sich interindividuelle Unterschiede in intraindividuellen Veränderungen der familialen Interaktionsqualität im Grundschulalter feststellen? 2. Welche Bedeutung haben Einflussgrößen auf Kind- und Familienebene für die Ausgangssituation der familialen Interaktionsqualität im ersten Grundschuljahr und deren Entwicklung bis zum vierten Grundschuljahr? Datenlage und methodische Umsetzung Stichprobe Datengrundlage ist die Längsschnittstudie „Bildungsprozesse, Kompetenzentwicklung und Formation von Selektionsentscheidungen im Vor- und Grundschulalter“ (BiKS-3-10) 1 . Die Ausgangsstichprobe umfasste 554 Kinder und ihre Familien in 89 Einrichtungen in Bayern und Hessen, die über einen Zeitraum vom Eintritt in den Kindergarten bis zum Ende der vierten Grundschulklasse begleitet wurden (Homuth, Lehrl, Volodina, Weinert & Rossbach, 2024). Grundlage der vorliegenden Analysen sind die Kinder und Familien, die zum Zeitpunkt der Einschulung noch an der BiKS-Studie teilgenommen haben (N = 471). Die Erhebungen in der Grundschulzeit fanden jährlich über die vier Grundschuljahre hinweg statt (t1: N = 407, t2: N = 325, t3: N = 281, t4: N = 246). Erhebungsinstrument und Kriterium: Familieneinschätzskala - Grundschulversion Zur Erfassung familialer Interaktionsqualität im Grundschulalter wurde ein Ratingverfahren zur Einschätzung einer halbstandardisierten Interaktionssituation (Spielen des Spiels „Rush-Hour“), die Familieneinschätzskala Grundschulversion (FES-GS), entwickelt (BiKS Forschungsgruppe, 2009 2 ; Rossbach et al., 2024). Die FES-GS orientiert sich an den Facetten Strukturiertheit der Situation, Klima und kognitive Aktivierung in Anlehnung an das Angebots-Nutzungs-Modell (Klieme et al., 2009; Vieluf, Praetorius, Rakoczy, Kleinknecht & Pietsch, 2020). Die Facette Klima umfasst beispielsweise das Item „(1) Gesprächsanteile und Initiative“ und beinhaltet u. a. den Aspekt, inwieweit sich Kind und Elternteil in die Spielsituation bzw. das Gespräch einbringen. Ein Beispielitem der Facette Strukturiertheit der Situation ist das Item „(5) Klarheit der Spielregeln und -einhaltung“ und erfasst u. a. den Aspekt, inwieweit das Elternteil die Spielregeln erklärt und auf deren Einhaltung achtet. Die kognitiv aktivierende Facette beinhaltet z. B. das Item „(10) Gebrauch von Fragen“, das die Komplexität der Anregung der Fragen, die ein Elternteil an das Kind richtet, und die elterlichen Reaktionen auf die Fragen des Kindes umfasst. Die geschulten Beobachterinnen und Beobachter bewerteten am Ende ihres Familienbesuchs die zehn Items (bestehend aus 28 Aspekten) auf einer Skala von 1 = unzureichend bis 7 = ausgezeichnet. Die Itembezeichnungen, die Deskriptiva der Einzelitems und der Gesamtskala über die vier Grundschuljahre können im Supplement (Tab. 1) nachgelesen werden. Mithilfe konfirmatorischer Faktorenanalysen 3 konnten anstelle des ursprünglich angenommenen dreifaktoriellen Modells, in Anlehnung an die drei Angebotsdimensionen des Angebots-Nutzungs-Modells nach Klieme et al. (2009), zwei Dimensionen fami- 1 Die vorliegende Arbeit ist im Rahmen der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten interdisziplinären Forschergruppe BiKS im elementarpädagogischen Teilprojekt 2 (Leitung: Prof. Roßbach; RO 820/ 11) entstanden. Wir danken den an der Studie teilnehmenden Familien für ihre Teilnahme und allen im Rahmen der Datenerhebungen eingesetzten Studierenden für ihre engagierte Mitarbeit. 2 Familieneinschätzskala Grundschulversion FES-GS. Universität Bamberg, unveröffentlichtes Dokument. 3 Auf Grundlage einer gezogenen Zufallsstichprobe (N = 198, etwa 50 % der Stichprobe zu t1) wurde zunächst explorativ die Anzahl der Dimensionen für alle vier Erhebungszeitpunkte unter Verwendung des Statistikprogramms SPSS Version 29.0.0.0 getestet. Im Anschluss daran wurden die extrahierten Dimensionen auf Grundlage der zweiten Hälfte der Stichprobe (N = 209) mit einer konfirmatorischen Faktorenanalyse für alle vier Erhebungszeitpunkte mittels der Statistiksoftware Mplus Version 8.8 überprüft. Als Gütekriterien werden der p-Wert des χ 2 -Tests, der root mean square error of approximation (RMSEA) und der comparative fit index (CFI) angegeben. 154 Sabine Blaurock, Simone Lehrl lialer Interaktionsqualität bestätigt werden: kokonstruktive Interaktionsqualität und responsive Interaktionsqualität. Die Modellstatistiken des konfirmatorisch geprüften Zweifaktormodells (z. B. t1: χ 2 = 36.37, df = 13, p < .001, CFI = .94, RMSEA = .09) zeigen im Vergleich zur ein- und dreifaktoriellen Lösung je nach Erhebungszeitpunkt eine akzeptable bis gute Passung an die empirischen Daten. Die internen Konsistenzen der beiden latenten Dimensionen liegen mit einem Cronbach’s Alpha von .68 bzw. .77 in einem akzeptablen Bereich. Die Korrelation der beiden Dimensionen zum selben Erhebungszeitpunkt über die vier Grundschuljahre hinweg ist moderat bis hoch (r = .48 - .58). Diese Ergebnisse bestätigen, dass die beiden Dimensionen einerseits einem übergeordneten Konstrukt der familialen Interaktionsqualität angehören und andererseits zwei unterscheidbare Facetten beschreiben. Prädiktoren Merkmale des Kindes Auf der Ebene der Kinder wurden das Alter der Kinder im ersten Grundschuljahr (M = 89.21, SD = 3.82), das Geschlecht der Kinder (männlich = 0 (52 %), weiblich = 1) und der sprachliche Kompetenzstand der Kinder im ersten Grundschuljahr (rezeptiver Wortschatz, PPVT - adaptiert; Dunn & Dunn, 1981) erhoben (siehe Supplement, Tab. 2). Familiale Hintergrundmerkmale Als relativ beständige familiale Hintergrundmerkmale wurden die Muttersprache der Eltern (0 = Beide Elternteile haben Deutsch als Muttersprache, 1 = Mindestens ein Elternteil hat eine andere Muttersprache als Deutsch) und der sozioökonomische Status der Familie, gemessen über den höchsten ISEI in der Familie (International Socio-Economic Index of Occupational Status; Ganzeboom, De Graaf & Treiman, 1992), einbezogen. Elterliche Orientierungen Die während des ersten Grundschuljahres erfragten bildungsbezogenen Einstellungen der Eltern umfassen die über den Mittelwert gebildete Skala aus schulbezogenen Erwartungshaltungen. Die Eltern schätzten die Wichtigkeit der Förderung in den Bereichen Denken, allgemeines Wissen und mathematische Fähigkeiten bei Kindern der entsprechenden Altersgruppe auf einer Skala von 1 (unwichtig) bis 4 (wichtig) ein. Qualität familialer Interaktionen im Kindergartenalter Die Qualität der Interaktionen in Familien im Kindergartenalter wurde zu den drei Erhebungszeitpunkten im Kindergartenalter multimethodisch erfasst. Entsprechend des Konzepts der familialen Lernumwelt wurden drei instrumentübergreifende Skalen aus der FES-KiGa und der HOME-EC gebildet (Roßbach et al., 2024): Soziale Unterstützung (neun Items, z. B. Elternteil antwortet während der Vorlesesituation normalerweise verbal auf dem Sprachniveau des Kindes, Cronbach’s α = .47 4 ), Literacy (zehn Items, z. B. Gebrauch von Fragen während der Vorlesesituation, Cronbach’s α = .75) und Numeracy (elf Items, z. B. Anregung während der Vorlesesituation, räumliche Relationen zu erlernen, Cronbach’s α = .71). Aufgrund der unterschiedlichen Skalierung der Items wurden die Skalen auf den Wertebereich von 0 (geringe Qualität) bis 1 (ausgezeichnete Qualität) standardisiert (Kluczniok et al., 2013; Lehrl, 2018; Lehrl et al., 2020). Für die vorliegenden Analysen wurden die drei Skalen über die drei Kindergartenjahre gemittelt, um die gesamte Spanne familialer Interaktionsqualität im Kindergartenalter abbilden zu können. Quantität familialer Interaktionen im ersten Grundschuljahr Um parallel zur Qualität der Interaktionen auch die Quantität der Aktivitäten mit den Kindern zu berücksichtigen, wurden die Intensität der außerfamilialen Aktivitäten, die Häufigkeit der Hausaufgabenunterstützung und die Häufigkeit des Vorlesens im ersten Grundschuljahr in die Analysen aufgenommen. Die Eltern konnten angeben, an wie vielen außerfamilialen Aktivitäten (z. B. Sport, Theatergruppe) ihr Kind regelmäßig teilnimmt. Aus den sechs vorgegebenen Antworten wurde ein Summenindex für die Anzahl der Aktivitäten gebildet. Wie häufig das Kind vom befragten Elternteil oder dem Partner/ der Partnerin bei den Hausaufgaben unterstützt wird (erklären, kontrollieren oder dabeisitzen), beantworteten die Eltern 4 Die interne Konsistenz der Skala „Soziale Unterstützung“ ist aufgrund der theoretisch beabsichtigten Heterogenität und Vielfalt der einbezogenen Items eher gering. Qualität familialer Interaktionen im Grundschulalter 155 auf einer Skala von 1 (Fast nie oder nie) bis 4 (Täglich). Die Häufigkeitsangabe des gemeinsamen Lesens bzw. Vorlesens eines Buches/ einer Geschichte reichte von 1 (Monatlich oder seltener) bis 5 (Täglich). Methodisches Vorgehen Stabilität und Veränderung der Interaktionsqualität über die Zeit hinweg Ziel der ersten Fragestellung ist es, die zeitliche Stabilität der extrahierten Interaktionsdimensionen über die vier Erhebungszeitpunkte in den vier Grundschuljahren hinweg zu bestimmen. Für jede Dimension wurde mit der Software Mplus Version 8.8 ein Latent- Change-Modell über die vier Erhebungszeitpunkte spezifiziert (Geiser, 2010; McArdle & Hamagami, 2001). Diese Modelle ermöglichen es, die Veränderungen der latenten Dimensionen zwischen dem ersten Erhebungszeitpunkt (Ausgangssituation im ersten Grundschuljahr) und den jeweils folgenden Erhebungszeitpunkten im zweiten, dritten und vierten Grundschuljahr zu schätzen, indem latente Differenzvariablen berechnet wurden. Zur Veranschaulichung ist das berechnete Baseline-Change-Modell für die Dimension kokonstruktive Interaktionsqualität im Supplement (Abb. 1) dargestellt. State t1: Kokonstruktiv bis State t4: Kokonstruktiv repräsentieren die Dimension kokonstruktive Interaktionsqualität auf latenter Ebene zu den vier Erhebungszeitpunkten. Sie speisen sich wiederum aus den vier beobachteten Indikatoren der FES-GS, die auf dieser Interaktionsdimension laden. In die Analysen wurden nur diejenigen Fälle einbezogen, die zu mindestens einem der vier Erhebungszeitpunkte einen gültigen Wert auf der jeweiligen Interaktionsdimension aufweisen (N = 421). Fehlende Angaben wurden durch das in Mplus implementierte Full-Information-Maximum-Likelihood-(FIML) Verfahren ersetzt. Ausgenommen sind Fälle, für die keine Werte auf den Interaktionsdimensionen vorlagen (N = 50). Als Basismodell für die Messinvarianztests über die Zeit wurde aufgrund der Modellgüte das Modell mit autokorrelativen Fehlern zwischen den Erhebungszeitpunkten herangezogen (Kokonstruktive Interaktionsqualität: χ 2 = 148.65, df = 86, p < .001, CFI = .94; Responsive Interaktionsqualität: χ 2 = 136.80, df = 86, p < .001, CFI = .96). Um eine valide Vergleichbarkeit der Mittelwerte über die Zeit zu gewährleisten, wird eine skalare Messinvarianz (Sass, 2011) angenommen. Die Ladungen und Intercepts der Indikatoren wurden daher zu den vier Erhebungszeitpunkten gleichgesetzt. Die Variablen Change t2 - t1, Change t3 - t1 und Change t4 - t1 sind latent modelliert und geben die Veränderung zwischen dem jeweiligen Erhebungszeitpunkt und der Ausgangssituation im ersten Grundschuljahr (t1) wieder. Zur Beantwortung der Fragestellung wurden diese Veränderungen und die Korrelationen untereinander auf statistische Signifikanz getestet. Einflussgrößen auf die Ausgangssituation und die Entwicklung familialer Interaktionsqualität Zur Beantwortung der zweiten Fragestellung wurden die oben beschriebenen Prädiktoren auf Kind- und Familienebene zur Vorhersage der Dimensionen familialer Interaktionsqualität in jeweils vier Modellen regressionsanalytisch überprüft. Für die Analysen wurde die gesamte Ausgangsstichprobe (N = 554) als Datengrundlage herangezogen. Fehlende Werte wurden auch hier mit dem in der Mplus-Software implementierten Full-Information-Maximum-Likelihood- (FIML) Verfahren geschätzt. In einem Fall fehlten die Angaben vollständig, sodass die Analysen letztlich auf 553 Fällen basieren. Im ersten Modell ist die Eltern- Kind-Interaktion im ersten Grundschuljahr (t1) die latente Kriteriumsvariable und stellt die Ausgangssituation dar. Die Kriteriumsvariable der anderen drei Modelle ist die latente Differenzvariable zwischen dem jeweiligen Erhebungszeitpunkt und der Ausgangssituation (2. Modell: Change t2 - t1, 3. Modell: Change t3 - t1, 4. Modell: Change t4 - t1). Es werden die standardisierten Regressionskoeffizienten berichtet. Ergebnisse Stabilität familialer Interaktionsqualität über die Grundschulzeit hinweg Zur Beantwortung der ersten Fragestellung werden die Ergebnisse der Baseline-Change-Modelle herangezogen. In Tabelle 1 werden die latenten Mittelwerte der beiden Dimensionen familialer Interaktionsqualität sowie deren Veränderung, in Form von latenten Differenzvariablen, über die vier Erhebungszeitpunkte berichtet. Die latenten Differenzvariablen (Change t2 - t1, Change t3 - t1, Change t4 - t1) stellen interindividuelle Unterschiede in intraindividuellen Veränderungen auf messfehlerfreier Ebene dar (Geiser, 2010). 156 Sabine Blaurock, Simone Lehrl Für beide Dimensionen lässt sich für den Ausgangsmittelwert im ersten Grundschuljahr erkennen, dass die beobachtete Interaktionsqualität auf einem guten Niveau liegt und sich über die Zeit teilweise und geringfügig erhöht. Die geringen Standardabweichungen zwischen .04 und .09 deuten zudem darauf hin, dass die interindividuellen Unterschiede eher gering ausfallen, die Veränderungen zwischen den Familien somit kaum variieren. Dies spricht für eine hohe Stabilität der Interaktionsqualität in der Familie während der Grundschulzeit. Die hohen Korrelationen (Tab. 2) der latenten Differenzvariablen (r = .51 - .61) bestätigen die Beständigkeit des kokonstruktiven und responsiven Anregungsgehalts innerhalb der Familie über die Zeit. Die negativen Korrelationen zwischen der Ausgangssituation (State t1) und den Veränderungsvariablen bedeuten, dass sich Familien mit einem höheren Ausgangsniveau weniger stark in ihrer Interaktionsqualität verändert haben als Familien mit einem niedrigeren Ausgangsniveau. Das Latent-Change-Modell für die Dimension kokonstruktive Interaktionsqualität weist eine akzeptable bis gute Modellpassung auf, χ 2 =164.27, df = 95, p < .001, CFI = .94, RMSEA = .04. Der latente Mittelwert zum ersten Erhebungszeitpunkt, etwa ein Vierteljahr nach der Einschulung, liegt auf einem guten Niveau 4.93 (SD = .06). Bei Betrachtung der Veränderungsvariablen lässt sich lediglich vom ersten zum dritten Erhebungszeitpunkt ein signifikanter Zuwachs von .23 (SD = .09) feststellen. Die Differenz vom ersten zum vierten Erhebungszeitpunkt ist zwar positiv (.10, SD = .09), aber statistisch nicht bedeutsam. Wie Eltern ihre Kinder zu Hause, z. B. in einer Spielsituation, kokonstruktiv anregen, bleibt über die gesamte Grundschulzeit auf einem ähnlichen Niveau. Kokonstruktive Interaktionsqualität Responsive Interaktionsqualität M SD M SD Mittelwert 1. Grundschuljahr Differenz 2. Grundschuljahr Differenz 3. Grundschuljahr Differenz 4. Grundschuljahr State t1 Change t2 -t1 Change t3 -t1 Change t4 -t1 4.93 -.09 .23 .10 .06*** .09 .09* .09 4.78 -.03 .25 .16 .04*** .04 .04*** .05** χ 2 df p-Wert ( χ 2 ) CFI RMSEA 164.27 95 .00 .936 .042 171.77 104 .00 .948 .039 Tab. 1: Latente Mittelwerte und latente Differenzen der Dimension Kokonstruktive Interaktionsqualität und der Dimension Responsive Interaktionsqualität über die Zeit (Latent-Change-Modell) Anmerkungen: + p < 0.10; * p < 0.05; ** p < 0.01; *** p < 0.001. Range der Dimensionen: 1 (unzureichend) - 7 (ausgezeichnet) Kokonstruktive Interaktionsqualität Responsive Interaktionsqualität Erhebungszeitpunkt State t1 Change t2 -t1 Change t3 -t1 Change t4 -t1 State t1 Change t2 -t1 Change t3 -t1 Change t4 -t1 State t1 Change t2 -t1 Change t3 -t1 Change t4 -t1 1 -.53 1 -.62 .52 1 -.55 .51 .56 1 1 -.65 1 -.65 .56 1 -.72 .60 .61 1 Tab. 2: Latente Stabilität der Dimension Kokonstruktive Interaktionsqualität und der Dimension Responsive Interaktionsqualität über die Zeit (Korrelationen auf latenter Ebene) Anmerkungen: Die Korrelationen wurden auf der Grundlage von 421 Fällen berechnet. Alle Korrelationen sind hochsignifikant. Qualität familialer Interaktionen im Grundschulalter 157 Eine noch etwas bessere Modellpassung zeigt das Latent-Change-Modell für die Dimension responsive Interaktionsqualität, χ 2 = 171.77, df = 104, p < .001, CFI = .95, RMSEA = .04. Auch für diese Dimension liegt der latente Mittelwert zur Ausgangssituation auf einem guten Niveau bei 4.78 (SD = .04), wenngleich etwas niedriger als bei der kokonstruktiven Interaktionsqualität. Die Veränderungen sind bei dieser Dimension etwas größer und mit Ausnahme der Veränderung zum zweiten Erhebungszeitpunkt statistisch bedeutsam. Die Differenz vom ersten zum dritten Erhebungszeitpunkt beträgt .25 (SD = .04) und vom ersten zum vierten Erhebungszeitpunkt .16 (SD = .05). Einflussgrößen auf die familiale Interaktionsqualität im Grundschulalter Zur zweiten Fragestellung, den Einflussgrößen familialer Interaktionsqualität, werden in linearen Regressionsmodellen die Bedeutung von Kindmerkmalen und familialen Hintergrundmerkmalen, elterlichen Orientierungen, der Qualität familialer Interaktionen im Kindergartenalter und der Quantität familialer Interaktionen im ersten Grundschuljahr für die Ausgangssituation und die Entwicklung der familialen Interaktionsqualität im Grundschulalter geschätzt. Vorhersage der kokonstruktiven Interaktionsqualität Das erste Modell zur Ausgangssituation im ersten Grundschuljahr (State t1) hat mit einem R² von 33 % die größte Erklärungskraft (Tab. 3). Die drei Modelle zur Veränderung der kokonstruktiven Interaktionsqualität können hingegen kaum durch die Prädiktoren erklärt werden. Dies kann zum einen auf die nachgewiesene zeitliche Stabilität des Interaktionsniveaus im ersten Grundschuljahr rekurriert werden. Zum anderen ist die Varianz der Interaktionsqualität zum ersten Erhebungszeitpunkt bereits in den latenten Differenzvariablen auspartialisiert. Je älter die Kinder zum ersten Erhebungszeitpunkt sind, desto geringer ist die Qualität des kokonstruktiven Elternverhaltens (-.15, p < .01). Im Umkehrschluss interagieren Eltern mit ihren Kindern umso kokonstruktiver, je jünger die Kinder sind. Wenn Kinder über einen höheren rezeptiven (Hör-)Wortschatz verfügen, erfahren sie auch eine qualitativ hochwertigere kokonstruktive Anregung während der Spielsituation (.17, p < .01). Bei den familialen Hintergrundmerkmalen lässt sich lediglich eine positive Tendenz für den sozioökonomischen Status der Familie (.11, p < .10) feststellen. Je höher der sozioökonomische Status der Familie ist, desto höher ist das kokonstruktive Interaktionsniveau im ersten Grundschuljahr. Die größte Vorhersagekraft hat die Qualität familialer Interaktionen im Kindergartenalter. Die Anregungen sprachlicher Kompetenzen im Kindergartenalter (Literacy) stehen in einem positiven Zusammenhang mit der kokonstruktiven Interaktionsqualität im ersten Grundschuljahr (.23, p < .01). Kinder, die bereits im Kindergartenalter eine höhere soziale Unterstützung durch das elterliche Verhalten erfahren haben, weisen im ersten Grundschuljahr eine höhere kokonstruktive Interaktionsqualität auf (.18, p < .01). Dagegen erklärt die Anregung mathematischer Kompetenzen im Kindergartenalter keine Unterschiede im späteren kokonstruktiven Interaktionsverhalten der Eltern während der Spielsituation. Die elterlichen Orientierungen und die Quantität der familialen Interaktionen stehen in keinem Zusammenhang mit der Qualität der familialen Interaktionen im ersten Grundschuljahr. Das zweite Modell, d. h. die Veränderung der kokonstruktiven Interaktionsqualität im Grundschuljahr, kann durch keinen der herangezogenen Prädiktoren erklärt werden. Der Veränderungswert ist hier sehr gering und statistisch nicht bedeutsam (-.09, SD = .09, Tab. 1), sodass kaum Varianz für die Vorhersage vorhanden ist. Die latente Differenzvariable vom ersten zum dritten Erhebungszeitpunkt in Modell 3 kann lediglich durch den Wortschatz der Kinder auf einem 5 %-Niveau vorhergesagt werden: Je mehr gesprochene Wörter die Kinder im ersten 158 Sabine Blaurock, Simone Lehrl Grundschuljahr kennen, desto geringer fällt die Zunahme des kokonstruktiven Interaktionsverhaltens der Eltern zum dritten Grundschuljahr aus (-.17, p < .05). Im vierten Modell ist die Veränderung der kokonstruktiven Interaktion zwischen dem ersten und dem vierten Grundschuljahr gering. Keiner der einbezogenen Prädiktoren erreicht ein statistisch bedeutsames 5 %-Niveau. Vorhersage der responsiven Interaktionsqualität Die Bedeutung der betrachteten Einflussgrößen fällt bei der responsiven Interaktionsqualität im Vergleich zur kokonstruktiven Interaktionsqualität geringer aus und liegt bei 11 % erklärter Varianz im ersten Grundschuljahr. Analog zur kokonstruktiven Interaktionsdimension lassen sich die Veränderungen aus denselben Gründen kaum durch die betrachteten Prädiktoren auf Kind- und Familienebene vorhersagen. Im ersten Modell zur Ausgangssituation im ersten Grundschuljahr ist lediglich die sprachliche Anregung im Kindergartenalter prädiktiv für das Niveau des responsiven Elternverhaltens (.25, p < .01). Die Veränderungen im zweiten, dritten und vierten Grundschuljahr können durch die herangezogenen Prädiktoren nicht auf einem 5 %-Niveau vorhergesagt werden. Diskussion Zusammenfassung und Implikationen Bezüglich der ersten Forschungsfrage lässt sich zusammenfassend feststellen, dass sich auf der Grundlage der BiKS-3-10-Daten und der Operationalisierung über das Beobachtungsinstrument der „Familieneinschätzskala-Grundschul- State t1 Change t2 -t1 Change t3 -t1 Change t4 -t1 β SE β SE β SE β SE Kindmerkmale und familiale Hintergrundmerkmale zu t1 Alter des Kindes (in Monaten) -.15** .05 .07 .07 .13 + .07 .04 .08 Geschlecht des Kindes (Anteil weiblich) .04 .05 .04 .07 -.01 .07 -.04 .07 Rezeptiver (Hör-)Wortschatz (PPVT) .17** .06 -.07 .08 -.17* .08 -.06 .08 Muttersprache mind. eines Elternteils eine andere als Deutsch (Anteil) -.03 .06 .00 .08 -.02 .08 -.11 .08 Höchster ISEI in Familie (HISEI) .11 + .06 .05 .08 .00 .08 -.06 .08 Elterliche Orientierungen zu t1 Schulbezogene Erwartungshaltung .02 .06 -.04 .07 -.04 .07 -.13 + .07 Qualität familialer Interaktionen im Kindergartenalter Literacy .23** .08 -.04 .11 .00 .11 .01 .12 Numeracy .01 .07 -.03 .10 .01 .09 -.09 .10 Soziale Unterstützung .18** .06 -.13 .08 -.05 .09 .05 .09 Quantität familialer Interaktionen zu t1 Außerfamiliale Aktivitäten des Kindes .06 .06 .04 .08 -.02 .08 -.12 .08 Häufigkeit der Hausaufgabenunterstützung -.03 .06 .00 .08 .03 .07 -.03 .08 Häufigkeit des Vorlesens .06 .06 -.05 .07 .05 .07 -.14 + .08 R² .33*** .05 .04 .08* Tab. 3: Prädiktion der Veränderung kokonstruktiver Interaktionsqualität. Lineare Regression, standardisierte Regressionskoeffizienten Anmerkungen: + p < 0.10; * p < 0.05; ** p < 0.01; *** p < 0.001. Qualität familialer Interaktionen im Grundschulalter 159 version“ zwei Facetten der Interaktionsqualität in Familien im Grundschulalter abbilden lassen: Einerseits eher globale, sozial unterstützende Aspekte, die ein responsives Interaktionsverhalten beschreiben, und andererseits eher bereichsspezifische, kognitiv anregende Aspekte, die ein kokonstruktives Interaktionsverhalten kennzeichnen. Dieses zweidimensionale Ergebnismuster konnte auch in anderen Studien (z. B. Hamre et al., 2013) für das Grundschulalter nachgewiesen werden, allerdings für die Unterrichtsqualität. Daraus lässt sich schließen, dass die drei konzeptionell relevanten Qualitätsfacetten nicht grundsätzlich auf das Grundschulalter übertragbar sind und sich hier die Aspekte der Situationsstrukturierung mit einem unterstützenden Klima zu einem insgesamt responsiven Interaktionsverhalten verbinden. Zukünftige Forschungsarbeiten sollten daher die drei konzeptionellen Qualitätsfacetten alterssensitiv reflektieren und bei Bedarf eine methodische Anpassung an die jeweilige Altersgruppe berücksichtigen. Das durchschnittlich gute Qualitätsniveau beider Interaktionsdimensionen bleibt über die Zeit relativ stabil, wobei in der zweiten Hälfte der Grundschulzeit, im 3. und 4. Grundschuljahr (lediglich für die responsive Interaktionsqualität), das Interaktionsniveau im Vergleich zum 1. Grundschuljahr geringfügig und statistisch bedeutsam ansteigt. Dieser Anstieg könnte auf den bevorstehenden Übergang in die Sekundarstufe I und die Bemühungen der Eltern um einen gelingenden Übertritt hindeuten. Die Standardabweichungen der manifesten Skalen (Supplement, Tab. 1) von etwa einem Skalenpunkt deuten auf die hohe Varianz zwischen den Familien hin. Die Standardabweichungen (Tab. 1) sowie die Korrelationen (Tab. 2) der Change-Variablen zeigen, dass sich zwischen den Familien kaum Veränderungen über die Zeit ergeben. Es besteht also auch eine hohe interindividuelle Stabilität der Qualität über die Zeit. Dieser Befund ist nicht unerwartet, da in den Familien keine gezielte Intervention zur Erhöhung der Interaktionsqualität durchgeführt wurde. Eine hohe interindividuelle Stabilität der Eltern-Kind-Interaktionen über die Zeit konnten auch Sy et al. (2013) in einer Längsschnittstudie zum parental home involvement für die Altersspanne von der frühen Kindheit (drei Jahre) bis ins Jugendalter (17 Jahre) zeigen. Eltern, die mit ihren Kindern in den ersten Lebensjahren anregend und auf akademische Kompetenzen abzielend interagieren, bieten ihren Kindern im Vergleich zu anderen Eltern mit höherer Wahrscheinlichkeit auch dann ein sehr anregendes Umfeld, wenn die Kinder älter sind. Die Negativkorrelationen der mittleren Interaktionsqualitäten im ersten Grundschuljahr mit den Veränderungsvariablen zum zweiten, dritten und vierten Grundschuljahr (Tab. 2) sind nicht ungewöhnlich. Dieses Phänomen konnte auch in anderen Studien (z. B. Rickert & Skinner, 2022) beobachtet werden und kann damit erklärt werden, dass Familien mit höherer Interaktionsqualität bereits an der oberen Grenze der FES-GS-Skala liegen und im Vergleich zu Familien mit einer niedrigen Interaktionsqualität zu t1 nicht das gleiche Potenzial haben, ihr Interaktionsniveau noch weiter zu steigern. In Bezug auf die zweite Forschungsfrage kann insgesamt festgestellt werden, dass die berücksichtigten Prädiktoren nur einen geringen Beitrag zur Varianzaufklärung der Interaktionsqualität leisten. Weitere Faktoren, die das Qualitätsniveau der Eltern-Kind-Interaktionen beeinflussen, wie z. B. die professionellen Kompetenzen und die empfundene Selbstwirksamkeit der Eltern, sollten in zukünftigen Analysen berücksichtigt werden (Jiawen et al., 2022). Insbesondere die wenigen Zusammenhänge auf dem 5 %-Signifikanzniveau zwischen den Prädiktoren und den latenten Veränderungsvariablen sind vermutlich auf die hohe Stabilität der Interaktionsqualitäten zurückzuführen und weitgehend durch die Ausgangssituation im ersten Grundschuljahr (t1) zu erklären. In beiden Interaktionsdimensionen sind die Ausgangssituation und die Veränderungen über die Zeit weitgehend unabhängig von familialen Hintergrundmerkmalen, wie dem sozioökonomischen Status und der Muttersprache der Eltern. Zum einen kann angenommen werden, dass sich soziale Disparitäten bereits in der frühen bereichsspezifischen familialen Interaktions- 160 Sabine Blaurock, Simone Lehrl qualität manifestieren (Kluczniok et al., 2013) und über die Grundschulzeit hinweg relativ konstant bleiben. Zum anderen könnten die in Fragebogenstudien gefundenen Zusammenhänge zwischen sozialen Hintergrundmerkmalen und dem home based parental involvement (Ogg & Anthony, 2020; Tan et al., 2019) auf einen Methodenbias hinweisen. Chen und Zhu (2017) konnten anhand der ECLS-K-Daten zeigen, dass es bei den Befragungen einen Item-basierten Bias bezüglich der Item-Schwierigkeit gab, u. a. in Abhängigkeit der ethnischen Herkunft und dem sozioökonomischen Status. Dieser mögliche Methodenbias kann in der vorliegenden Studie durch die Verwendung von Beobachtungsdaten ausgeschlossen werden. Da es sich bei den verwendeten Daten um eine eher bildungsnahe Stichprobe handelt, die sich durch eine im Durchschnitt gute kokonstruktive und responsive Interaktionsqualität auszeichnet, sollten sich weitere Forschungsarbeiten auch auf die Entwicklung der familialen Interaktionsqualität in anderen soziokulturellen Kontexten richten. Ein differenzielles Ergebnismuster wird im Vergleich der beiden Interaktionsdimensionen unter Berücksichtigung der Kindmerkmale, Alter und Kompetenzstand, deutlich. Während sich bei der kokonstruktiven Interaktionsqualität Effekte des Alters und des rezeptiven Wortschatzes der Kinder auf die Ausgangssituation und die Veränderung des Anregungsniveaus zeigen, sind sie bei der responsiven Interaktionsqualität nicht von Bedeutung. Jüngere Kinder werden in der Spielsituation im ersten Grundschuljahr (t1) auf einem höheren Niveau kognitiv angeregt, während das sozial unterstützende Verhalten des Elternteils mit überwiegend nondirektiver Kommunikation altersunabhängig ist. Wenn die Kinder im ersten Grundschuljahr (t1) über einen größeren rezeptiven Wortschatz verfügen, regt das Elternteil das Kind auch auf einem höheren kognitiv anspruchsvollen Niveau an. Dieser Zusammenhang konnte bereits im frühkindlichen Alter gefunden werden (Lehrl, 2018). Im Vergleich zum dritten Grundschuljahr zeigt sich jedoch ein gewisser Aufholeffekt bei den Familien mit Kindern, die zur Ausgangssituation über einen geringeren Wortschatz verfügten. Sie zeigen einen stärkeren Zuwachs in der kokonstruktiven Interaktionsqualität als Kinder mit größerem Wortschatz. Befunde aus Finnland zeigten ebenfalls, dass je niedriger die schulischen Leistungen der Kinder in Lesen und Mathematik zu Beginn des ersten Grundschuljahres sind, desto mehr schulische Förderung berichten die Eltern später (Šilinskas et al., 2010). Die Zirkularität von elterlichem Lernangebot und kindlicher Nutzung, wie sie im Angebots-Nutzungs-Modell für den Schulbereich angenommen wird, kann auf der Basis der verwendeten BiKS-3-10-Stichprobe auf die Lernumwelt Familie übertragen werden. Die Eltern adaptieren ihr Handeln, ihr kognitiv anregendes Lernangebot an die Lernvoraussetzungen des Kindes. Die vergleichsweise größten Effektstärken zur Erklärung der familialen Interaktionsqualität im ersten Grundschuljahr können für die familiale Interaktionsqualität im Kindergartenalter festgestellt werden. Obwohl die Knobelaufgabe „Rush-Hour“ logisches und räumliches Denken sowie Zählen fordert, gibt es keinen Zusammenhang zwischen der mathematischen Anregung im Kindergartenalter (Numeracy) und der Ausprägung der beiden Interaktionsdimensionen im Grundschulalter. Dies kann zum einen daran liegen, dass mathematische Interaktionen im Kindergartenalter im Vergleich zu den schriftsprachlichen Anregungen ohnehin geringer ausgeprägt sind. Zum anderen können die Literacy-Anregungen im Kindergartenalter für die (non-)verbalen Eltern-Kind- Interaktionen zur Lösung der Knobelaufgabe relevanter sein. Die Tatsache, dass soziale Unterstützung im ersten Grundschuljahr lediglich die kokonstruktive Interaktionsqualität, nicht jedoch die responsive Interaktionsqualität vorhersagt, deutet eher auf eine unzureichende Stabilität dieses Konstrukts hin, das möglicherweise sehr viel stärker situativen Merkmalen unterliegt. Die Intensität der außerfamilialen Aktivitäten und die Häufigkeit der Hausaufgabenunterstützung und des Vorlesens im ersten Grundschuljahr stehen in keinerlei Zusammenhang mit dem zeitgleich vom Kind erfahrenen Niveau Qualität familialer Interaktionen im Grundschulalter 161 der Interaktionsqualität und deren Veränderung im Laufe der Grundschulzeit. Die Qualität der familialen Interaktionen scheint demnach unabhängig von der Quantität der Förderung des Kindes zu sein. Aus der Hausaufgabenforschung im deutschsprachigen Raum ist bekannt, dass sich bei gleichzeitiger Berücksichtigung von Quantität und Qualität der Hausaufgabenunterstützung unterschiedliche Befundmuster im Zusammenhang mit den schulischen Leistungen der Kinder zeigen. Die Häufigkeit der Hausaufgabenunterstützung ist negativ mit den schulischen Leistungen assoziiert, während die Qualität der Unterstützung ein differenzielles Muster zeigt. Wenn die Unterstützung von den Kindern als förderlich empfunden wurde, war sie positiv mit den Schulleistungen verbunden. Wurde die Unterstützung hingegen als aufdringlich und kontrollierend wahrgenommen, wirkte sie sich negativ auf die schulischen Leistungen der Kinder aus (Dumont et al., 2014; Moroni et al., 2015). Da verschiedene Facetten der Eltern- Kind-Interaktionen für die kindlichen Entwicklungsdomänen unterschiedlich bedeutsam sein können, sind in künftigen Analysen die differenziellen Effekte der Häufigkeiten und der Art und Weise der Interaktionen zu berücksichtigen. In der vorliegenden Studie konnten die Facetten der familialen Interaktionsqualität im Grundschulalter nachgezeichnet werden. Die Analysen belegen eine hohe Stabilität der familialen Interaktionsqualität, insbesondere der kokonstruktiven Interaktionsqualität, innerhalb und zwischen den Familien über die vier Grundschuljahre hinweg. Insbesondere die frühen Lernerfahrungen in der Familie, vor allem die schriftsprachlichen Anregungen, sind prädiktiv für die Interaktionsqualität zu Beginn der Grundschulzeit. Aus diesen Ergebnissen ergeben sich zwei wesentliche Implikationen für die pädagogische Praxis. Zum einen bedeutet dies für das Grundschulalter, dass Eltern ihre Kinder kontinuierlich in einer kognitiv anregenden Spielsituation fördern sollten. Der leichte Anstieg der responsiven Interaktionsqualität vor dem Übergang in die Sekundarstufe I deutet darauf hin, dass die Eltern ihre Kinder stärker unterstützen wollen, dies aber nur auf der emotionalen und sozialen Ebene umsetzen können. Um Eltern in ihrer kognitiv anregenden Interaktionskompetenz mit ihrem Kind zu stärken, sollten Familienbildungsangebote für Eltern von Grundschulkindern auch darauf abzielen, z. B. bestimmte Techniken der kognitiven Anregung, wie das Sustained Shared Thinking (nachhaltige geteilte Denkprozesse), zu vermitteln und einzuüben. Auch die Lehrkräfte in den Schulen können die Eltern darauf aufmerksam machen, wie wichtig es ist, neben der responsiven Interaktion mit dem Kind auch eine kognitiv anregende Interaktion zu gestalten. Zum anderen sollten Familienbildungsangebote bereits in der frühen Kindheit ansetzen und für die schriftsprachliche Anregung 5 zu Hause sensibilisieren sowie praktische Übungen für den Familienalltag vermitteln, z. B. Techniken des dialogischen Vorlesens. 5 Die aus den Ergebnissen abgeleitete Empfehlung, dass Familien insbesondere für die frühkindliche schriftsprachliche Anregung sensibilisiert werden sollten, impliziert nicht, dass andere bereichsspezifische Anregungen zu Hause für die Persönlichkeits- und Kompetenzentwicklung der Kinder von minderer Bedeutung sind. Auf der Grundlage der vorliegenden Analysen können lediglich Aussagen über die Prädiktion ausgewählter frühkindlicher Facetten der familialen Interaktionsqualität für die spätere Interaktionsqualität im Grundschulalter getroffen werden. Die Skala „Numeracy“ umfasst vielfältige Aspekte der mathematischen Interaktionsqualität (z. B. Verfügbarkeit von Spielen, die das Erlernen von Zahlen erleichtern, Häufigkeit von Aktivitäten wie Zählen usw.), die sich nicht als prädiktiv für Aspekte der beobachteten bereichsunspezifischen Interaktionsqualität im Grundschulalter erwiesen haben. Die Gründe hierfür können vielfältig sein: Zum einen weist die verwendete „Numeracy“-Skala im Kindergartenalter ein geringeres Durchschnittsniveau und eine größere Varianz zwischen den Familien auf. Das bedeutet, dass Eltern ihre Kinder unterschiedlich und eher seltener mathematisch und auf einem geringeren Interaktionsniveau anregen als beispielsweise im Bereich der Schriftsprache (Kluczniok et al., 2013). Dies schränkt die statistische Vorhersagekraft von vornherein ein. Zum anderen sind die bereichsspezifischen Aspekte der „Numeracy“-Skala im Kindergartenalter so spezifisch, dass sie kaum mit den am Angebots-Nutzungs-Modell orientierten Beobachtungsaspekten der Interaktionsqualität im Grundschulalter zusammenhängen. Anders et al. (2012) konnten auf der Basis der BiKS-Daten zeigen, dass die „Literacy“-Skala im Vergleich zur „Numeracy“-Skala größere Effekte auf den mathematischen Entwicklungsstand der Kinder im Alter von drei Jahren vorhersagen kann. Dies impliziert, dass die schriftsprachliche Anregung eine Art universelle Förderung zu sein scheint, die eine generelle Wirksamkeit hat, da die Schriftsprache auch die Voraussetzung für das Verständnis mathematischer Problemstellungen ist. 162 Sabine Blaurock, Simone Lehrl Limitationen und Ausblick Einschränkend ist anzumerken, dass die Stichprobe auf Bundesebene nicht repräsentativ ist und die Daten in den beiden Bundesländern Bayern und Hessen erhoben wurden. Die Ergebnisse sind daher nicht auf die Gesamtheit der in Deutschland lebenden Familien übertragbar. Darüber hinaus besteht die Stichprobe überwiegend aus Familien der Mehrheitskultur und enthält nur einen geringen Anteil an Familien mit einer anderen Muttersprache als Deutsch. Zudem weist die Stichprobe einen überdurchschnittlichen sozioökonomischen Status auf und kann als eher privilegiert bezeichnet werden. Dies könnte erklären, warum nur schwache Zusammenhänge zwischen der sozialen Herkunft und der Interaktionsqualität in der Familie beobachtet werden konnten. In einer Metaanalyse zum home-based parental involvement wurden signifikant stärkere Zusammenhänge für Kinder aus Haushalten mit höherem sozioökonomischem Status gefunden (Tan et al., 2019). Die Studien stammen jedoch überwiegend aus Ländern mit einer größeren sozioökonomischen Vielfalt, sodass Vergleiche zwischen Familien mit niedrigem und hohem sozioökonomischen Status möglich waren. In der vorliegenden Studie wurden die Lernerfahrungen von in Deutschland lebenden Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status oder Familien aus Minderheitskulturen möglicherweise nicht angemessen erfasst. Weiterhin ist bei der Interpretation der latenten Mittelwerte der abhängigen Qualitätsdimensionen zu berücksichtigen, dass die responsive Interaktionsqualität eine gute Modellpassung bei einer skalaren Messinvarianz über die Zeit aufwies, während die Modellpassung der kokonstruktiven Interaktionsqualität nicht ausreichend war. Die kokonstruktive Interaktionsqualität wurde daher in den Analysen metrisch messinvariant modelliert. Von einer validen Vergleichbarkeit der Mittelwerte (Sass, 2011) der kokonstruktiven Interaktionsqualität zwischen den Erhebungszeitpunkten kann daher nicht ausgegangen werden. Schließlich ist auf der Ebene der Prädiktoren kritisch anzumerken, dass die Skala Soziale Unterstützung aufgrund ihrer geringen Reliabilität auch in ihrer Konstruktvalidität eingeschränkt ist und das möglicherweise nicht einheitlich zugrunde liegende Konzept die Qualitätsdimensionen weniger zuverlässig vorhersagt. Dies könnte erklären, warum die Skala Soziale Unterstützung die kokonstruktive Interaktionsqualität, nicht aber die responsive Interaktionsqualität zu t1 vorhersagen kann. Eine wesentliche Stärke dieser Studie liegt in der Verwendung von Längsschnitt- und Beobachtungsdaten. Die langfristige wissenschaftliche Begleitung derselben Kinder, ab etwa dem dritten Lebensjahr, und ihrer Familien ermöglichte es, ein Muster des Niveaus der anfänglichen familialen Interaktionsqualität im ersten Grundschuljahr und deren Veränderung zum zweiten, dritten und vierten Grundschuljahr sowie deren Vorhersage durch die frühen Lernerfahrungen im Kindergartenalter nachzuzeichnen. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie eignen sich hervorragend, um anhand der BiKS-Längsschnittdaten die kurz- und langfristigen Effekte der kokonstruktiven und responsiven Interaktionsdimensionen auf die Persönlichkeits- und Kompetenzentwicklung von Kindern im Grundschulalter und darüber hinaus bis zum Alter von 18 Jahren, unter Berücksichtigung früherer und zeitgleicher Lernerfahrungen, zu analysieren. Dies würde einzigartige Einblicke in die bildungsbiografische Entwicklung von Kindern im Kontext ihrer familialen Lernumwelt ermöglichen. Literatur Anders, Y., Rossbach, H., Weinert, S., Ebert, S., Kuger, S., Lehrl, S. & Von Maurice, J. (2012). Home and preschool learning environments and their relations to the development of early numeracy skills. Early Childhood Research Quarterly, 27 (2), 231 - 244. https: / / doi.org/ 10.1016/ j.ecresq.2011.08.003 Attig, M. & Weinert, S. (2020). What impacts early language skills? 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Grundschuljahr (t4) M SD M SD M SD M SD (1) Gesprächsanteile (2) Nonverbales Verhalten (3) Atmosphäre (4) Anerkennung (5) Regelklarheit (6) Unterstützung (7) Lösungshilfe formal (8) Rückmeldung (9) Lösungshilfe inhaltlich (10) Fragengebrauch 4.92 4.77 5.12 4.38 5.20 5.84 5.01 5.29 3.18 3.68 1.19 1.16 1.22 1.23 1.57 1.01 1.41 1.10 1.15 1.29 4.85 4.83 5.07 4.56 5.72 5.72 4.90 5.26 3.53 3.75 1.27 1.14 1.25 1.14 1.22 0.97 1.39 1.01 1.13 1.34 5.18 5.10 5.63 4.55 5.90 5.85 5.36 5.64 3.55 4.04 1.27 0.87 1.16 1.18 1.30 0.99 1.26 1.03 1.09 1.28 5.07 4.80 5.42 4.60 5.14 5.86 5.34 5.61 3.46 3.62 1.16 0.96 1.24 1.18 1.56 1.02 1.30 1.01 1.07 1.42 Gesamtskala 4.71 0.80 4.79 0.79 5.03 0.73 4.86 0.74 Tab. 1: Deskriptive Statistik der Familieneinschätzskala auf Einzelitemebene und als Gesamtskala Anmerkung: Das Antwortformat der Einzelitems reichte von 1 (unzureichend) bis 7 (ausgezeichnet). M SD Min Max Kindmerkmale und familiale Hintergrundmerkmale zu t1 Alter des Kindes (in Monaten) 89.21 3.82 81.33 97.53 Geschlecht des Kindes (Anteil weiblich) .48 - - - Rezeptiver (Hör-)Wortschatz (PPVT) 79.24 17.16 8 125 Muttersprache mind. eines Elternteils eine andere als Deutsch (Anteil) .22 - - - Höchster ISEI in Familie (HISEI) 53.06 16.08 16.00 90.00 Elterliche Orientierungen zu t1 Schulbezogene Erwartungshaltung 3.67 0.38 2.00 4.00 Qualität familialer Interaktionen im Kindergartenalter Literacy .51 .13 .20 .87 Numeracy .40 .16 .00 .82 Soziale Unterstützung .76 .13 .20 1.00 Quantität familialer Interaktionen zu t1 Außerfamiliale Aktivitäten des Kindes 1.54 .88 .00 4.00 Häufigkeit der Hausaufgabenunterstützung 3.44 .83 1.00 4.00 Häufigkeit des Vorlesens 4.50 .90 1.00 5.00 Tab. 2: Deskriptive Statistik der Prädiktoren 166 Sabine Blaurock, Simone Lehrl Change t2 -t1 Change t3 -t1 Change t4 -t1 State t1: Kokonstruktiv State t2: Kokonstruktiv State t3: Kokonstruktiv State t4: Kokonstruktiv Y 11 ε 11 Y 21 ε 21 Y 31 ε 31 Y 41 ε 41 Y 12 ε 12 Y 22 ε 22 Y 32 ε 32 Y 42 ε 42 Y 13 ε 13 Y 23 ε 23 Y 33 ε 33 Y 43 ε 43 Y 14 ε 14 Y 24 ε 24 Y 34 ε 34 Y 44 ε 44 Anmerkungen: Y 1 = Gesprächsanteile, Y 2 = Regelklarheit, Y 3 = Lösungshilfe inhaltlich, Y 4 = Fragengebrauch, ε = Fehler. Abb. 1: Latent-Change-Modell (Baseline-Change-Modell) für die Skala kokonstruktive Interaktionsqualität über vier Erhebungszeitpunkte.
