Psychologie in Erziehung und Unterricht
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0342-183X
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/peu2025.art14d
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Empirische Arbeit: Selbstreguliertes Lernen am Ende der Grundschulzeit: Selbstberichtete Lernaktivitäten von Schülerinnen und Schülern der 5./6. Klasse
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Nadine Schuler
Caroline Villiger
In einer sich schnell verändernden Welt, in der laufend neue Anforderungen an den Menschen gestellt werden, gewinnt das selbstregulierte Lernen zunehmend an Bedeutung. Bisher liegen jedoch nur wenige Studien vor, welche selbstberichtete selbstregulierte Lernaktivitäten von Schülerinnen und Schülern der 5./6. Klasse differenziert untersuchten. Die vorliegende Studie analysierte, inwiefern 11–12-jährige Lernende (N=757) zustimmen, selbstreguliert zu lernen, und ob diese Zustimmung je nach selbstregulativer Aktivität variiert. Zudem wurden interindividuelle Unterschiede (Geschlecht, Erstsprache, Klassenstufe) sowie der Zusammenhang zwischen selbstberichteten selbstregulierten Lernaktivitäten und dem Leseverständnis geprüft. Hierbei zeigten sich bei sämtlichen Variablen signifikante Unterschiede. Zwischen dem selbstregulierten Lernen und dem Leseverständnis ließ sich bei gleichzeitiger Kontrolle von kognitiven Fähigkeiten kein signifikanter Zusammenhang nachweisen. Die vorliegende Studie stellt einen bedeutenden Beitrag zur Untersuchung von selbstberichteten selbstregulierten Lernaktivitäten von Lernenden der 5./6. Klasse dar und bietet Impulse für zukünftige Forschung sowie praxisrelevante Erkenntnisse für die Schule.
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n Empirische Arbeit Psychologie in Erziehung und Unterricht, 2025, 72, 211 -226 DOI 10.2378/ peu2025.art14d © Ernst Reinhardt Verlag Selbstreguliertes Lernen am Ende der Grundschulzeit: Selbstberichtete Lernaktivitäten von Schülerinnen und Schülern der 5./ 6. Klasse Nadine Schuler & Caroline Villiger Pädagogische Hochschule Bern Zusammenfassung: In einer sich schnell verändernden Welt, in der laufend neue Anforderungen an den Menschen gestellt werden, gewinnt das selbstregulierte Lernen zunehmend an Bedeutung. Bisher liegen jedoch nur wenige Studien vor, welche selbstberichtete selbstregulierte Lernaktivitäten von Schülerinnen und Schülern der 5./ 6. Klasse differenziert untersuchten. Die vorliegende Studie analysierte, inwiefern 11 - 12-jährige Lernende (N = 757) zustimmen, selbstreguliert zu lernen, und ob diese Zustimmung je nach selbstregulativer Aktivität variiert. Zudem wurden interindividuelle Unterschiede (Geschlecht, Erstsprache, Klassenstufe) sowie der Zusammenhang zwischen selbstberichteten selbstregulierten Lernaktivitäten und dem Leseverständnis geprüft. Hierbei zeigten sich bei sämtlichen Variablen signifikante Unterschiede. Zwischen dem selbstregulierten Lernen und dem Leseverständnis ließ sich bei gleichzeitiger Kontrolle von kognitiven Fähigkeiten kein signifikanter Zusammenhang nachweisen. Die vorliegende Studie stellt einen bedeutenden Beitrag zur Untersuchung von selbstberichteten selbstregulierten Lernaktivitäten von Lernenden der 5./ 6. Klasse dar und bietet Impulse für zukünftige Forschung sowie praxisrelevante Erkenntnisse für die Schule. Schlüsselbegriffe: Selbstreguliertes Lernen, Leseverständnis, Selbstbericht-Fragebogen, 5./ 6. Klasse Self-regulated learning at the end of primary school: Self-reported learning activities of 5th and 6th-grade students Summary: Self-regulated learning is a crucial skill in today’s dynamic world. However, the explicit examination of self-reported self-regulated activities among fifth and sixth graders remains limited in current research. Hence, this study analyzed self-reports of self-regulated learning activities of 757 fifth and sixth grade students to assess the extent to which they agree to engage in self-regulated learning and the variability of this agreement across specific self-regulated activities. Additionally, individual differences (gender, first language and grade) and the relationship of the reported activities and reading comprehension were investigated. Significant differences were observed for all individual variables. No correlation between self-regulated learning and reading comprehension was found when controlling for cognitive abilities. This study provides valuable insights into the understanding of self-reported self-regulated learning activities among fifth and sixth graders and shows directions for future research and practical implications for educational settings. Keywords: Self-regulated learning, self-report questionnaire, 5th/ 6th grade, reading comprehension Selbstreguliertes Lernen: Lernaktivitäten von Schülerinnen und Schülern der 5. / 6. Klassenstufe basierend auf Selbstberichten Das selbstregulierte Lernen (SRL) gilt als eine wichtige Voraussetzung für Schulerfolg und als Schlüsselkompetenz für das lebenslange Lernen (vgl. Schunk & Greene, 2017). SRL ist ein aktiver, konstruktiver Prozess, bei dem die lernende Person ihre Kognition, Motivation und ihr Verhalten in Abhängigkeit von selbstständig gesetzten Zielen und äußeren Umständen überwacht, steuert und reguliert (Pintrich, 2000, S. 453). Gemäß Whitebread, Bingham, Grau, Pino Pasternak & Sangster (2007) sind erste 212 Nadine Schuler, Caroline Villiger Ansätze des SRL bereits in der frühen Kindheit sichtbar. Insbesondere ab der 5./ 6. Klasse wird das SRL für die ungefähr 11 - 12-jährigen Schülerinnen und Schüler zunehmend relevant, da von Lernenden vermehrt erwartet wird, Verantwortung für ihr eigenes Lernen zu übernehmen. Dies begründet sich unter anderem durch den kognitiven Entwicklungsstand, der es Lernenden ab diesem Alter ermöglicht, Denk- und Verhaltensprozesse besser zu steuern (Vandevelde, Van Keer & Rosseel, 2013). Obwohl SRL in der Bildungsforschung als bedeutsam angesehen wird, geschieht seine Erfassung bei Kindern dieser Altersklasse eher selten. Entsprechend ist wenig dazu bekannt, in welchem Maße diese Kinder selbstregulative Aktivitäten während des Lernens anwenden. Ziel dieses Artikels ist es zu untersuchen, inwiefern Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klassenstufe in einer schriftlichen Befragung zustimmen, selbstreguliert zu lernen, und ob diese Zustimmung je nach SRL-Aktivität (z. B. Zielsetzung, Strategieüberwachung) variiert. Weiter wird analysiert, ob sich Unterschiede aufgrund von Geschlecht, Erstsprache oder Klassenstufe abzeichnen und in welchem Zusammenhang die berichteten SRL-Aktivitäten mit dem Leseverständnis stehen. Stand der Forschung Selbstreguliertes Lernen auf der 5. / 6. Klassenstufe Im Verlauf der Schulzeit erleben Lernende Entwicklungsprozesse und altersbedingte Veränderungen, die es ihnen ermöglichen, ihr Denken und Verhalten in unterschiedlichen Lebensbereichen, wie beispielsweise beim schulischen Lernen, kontinuierlich besser zu kontrollieren und zu steuern (Best, Miller & Naglieri, 2011; Eisenberg, Smith & Spinrad, 2004; Zimmerman & Martinez-Pons, 1990). Ab der 5./ 6. Klasse können Kinder zunehmend realistische Ziele setzen, angemessene Strategien zur Erreichung dieser Ziele auswählen und ihren individuellen Fortschritt überwachen (z. B. Bronson, 2000). Besonders in diesen Schuljahren gewinnen kognitive sowie metakognitive Lernstrategien an weiterer Bedeutung. Dies begründet sich unter anderem darin, dass Lernende ein umfassendes Repertoire an kognitiven sowie metakognitiven Lernstrategien benötigen, um den Übergang in die höheren Klassen erfolgreich zu meistern (z. B. Cleary & Zimmerman, 2004). In dieser Phase der Schulzeit wird ein hohes Maß an Selbstständigkeit erwartet. Dies zeigt sich beispielsweise durch mehr Zeitgefäße (auch zu Hause) für eigenständiges Lernen. Darüber hinaus müssen die Lernenden den Überblick über verschiedene Aufgaben von unterschiedlichen Lehrpersonen behalten, wobei sie auch häufig anspruchsvollere Aufgaben zu bewältigen haben (z. B. größere Textmengen) (vgl. ebd.). Obwohl das SRL eine entscheidende Rolle für den schulischen Erfolg spielt, geschieht die Vermittlung von entsprechenden Kenntnissen und Fähigkeiten durch Lehrpersonen äußerst selten. Forschungsergebnisse zeigen, dass Strategiewissen in Klassenzimmern kaum explizit thematisiert wird und die Förderung von metakognitivem Wissen sehr selten stattfindet (z. B. Dignath & Büttner, 2018; Karlen, Hertel & Hirt, 2020). In bisherigen Forschungsarbeiten wurden verschiedene SRL-Modelle entwickelt, die in der Regel aus kognitiven, metakognitiven sowie motivationalen Komponenten bestehen (Panadero, 2017). Insbesondere das Prozessmodell von Zimmerman (1990), welches auf dem sozialkognitiven Ansatz von Bandura (1986) basiert, hat sich hierbei als besonders bedeutsam erwiesen (Tinajero et al., 2024). Zimmermans Modell bildet die theoretische Grundlage für verschiedene Selbstregulationsmodelle, die sich insbesondere bei Kindern dieser Altersgruppe bewährt haben (z. B. Stöger & Ziegler, 2008). Nach Zimmerman (1990) lässt sich das SRL in einem zyklischen Prozessmodell in die drei Phasen „Planung“, „Handlung“ sowie „Reflexion“ unterteilen. Diese drei Phasen wurden durch Stöger und Ziegler (2008) in sieben Teilschritte ausdifferenziert. Benick, Dörrenbächer-Ulrich, Weißenfels & Perels (2021) differenzierten den Selbstreguliertes Lernen: selbstberichtete Lernaktivitäten von Lernenden der 5./ 6. Klasse 213 Teilschritt der „Planung“ in „Zeitplanung“ und „Strategieplanung“, da bei der Planung nicht nur strategische, sondern auch zeitliche Aspekte bedeutsam sind. Folglich lässt sich der Lernzyklus nach Stöger und Ziegler (2008) unter Einbezug der Differenzierung nach Benick et al. (2021) in acht Teilschritte gliedern (Selbsteinschätzung, Zielsetzung, Zeitplanung, Strategieplanung, Strategieanwendung, Strategieüberprüfung, Strategieanpassung, Bewertung; vgl. Abb. 1). Im ersten Teilschritt (Selbsteinschätzung) reflektiert die lernende Person ihre Stärken und Schwächen in Bezug auf die zu erlernenden Inhalte und ihr Lernverhalten. Eine realistische Selbsteinschätzung erleichtert den Lernenden im zweiten Teilschritt, geeignete Ziele zu setzen. Die darauffolgende Zeitplanung beinhaltet die Planung und Organisation der Zeitgefäße (z. B. Wann lerne ich? ). Die Strategieplanung umfasst die Auswahl einer zu der jeweiligen Aufgabe passenden Strategie sowie die Planung ihrer Umsetzung. Das eigentliche zielgerichtete Lernen beginnt im fünften Teilschritt, wobei die gewählte Strategie zum Einsatz kommt. Wichtig ist hierbei die kontinuierliche Strategieüberprüfung (Teilschritt sechs) und die allfällige Strategieanpassung (Teilschritt sieben). Am Ende erfolgt die Bewertung des Lernergebnisses. Diese Bewertung beeinflusst die Selbsteinschätzung bei einem erneuten Durchlauf des Lernzyklus (Stöger, Sontag & Ziegler, 2009). Dieses Modell (vgl. Abb. 1) bildet insbesondere kognitive und metakognitive Komponenten des SRL ab; motivationale Komponenten bleiben vordergründig unberücksichtigt. Dennoch finden sich implizit motivationale Aspekte in den Teilschritten: Stöger et al. (2009) weisen unter anderem darauf hin, dass Lernende, die sich selbst Ziele setzen, eine höhere Motivation zeigen und Aufgaben ausdauernder bearbeiten. Auch Schmitz und Wiese (2006) halten beispielsweise fest, dass die Auswahl von Strategien von motivationalen Faktoren abhängig ist. Strategieanpassung Selbsteinschätzung Zielsetzung Zeitplanung Strategieplanung Strategieanwendung Strategieüberprüfung Bewertung Planung Handlung Reflexion Abb. 1: Lernzyklus nach Stöger und Ziegler (2008) mit Bezug zum Drei-Phasen-Modell von Zimmerman (2000) 214 Nadine Schuler, Caroline Villiger Erfassung von selbstberichteten SRL-Aktivitäten von Schülerinnen und Schülern Obwohl die Erfassung von SRL mittels Selbstberichten aufgrund teilweise geringer Korrelation mit dem tatsächlichen Lernverhalten in den letzten Jahren häufig kritisiert wurde (z. B. Wirth & Leutner, 2008), bieten Selbstberichte wesentliche Einblicke in metakognitive Prozesse sowie die Selbstwahrnehmung der Lernenden, die durch Fremdbeobachtungen nur begrenzt erfasst werden können (Paris & Paris, 2001; Vandevelde, Van Keer, Schellings & Van Hout-Wolters, 2015). Zudem bringen Methoden der Fremdbeobachtung (z. B. Think-Aloud-Protokolle) weitere Herausforderungen mit sich. Wenn ausgeführte Lernaktivitäten (z. B. Monitoring) während einer Think-Aloud-Sitzung nicht protokolliert werden, bleibt die Frage, ob der/ die Lernende nicht in der Lage ist, diese Aktivität auszuüben, diese Aktivität bewusst nicht ausübt oder sie lediglich nicht explizit erwähnt (Schellings & van Hout-Wolters, 2011). Schellings und van Hout-Wolters (2011) betonen zudem, dass insbesondere für Studien, innerhalb welchen eine große Anzahl an Lernenden in einem kurzen Zeitraum befragt werden sollten, ein schriftliches Messinstrument (standardisierter Fragebogen) eine praktikable Lösung darstellt. Dennoch wurden selbstberichtete SRL- Aktivitäten bei Lernenden, welche sich ungefähr in der Mitte der Pflichtschulzeit befinden (ca. 11/ 12-jährige Lernende), bisher nur wenig erforscht (Vandevelde et al., 2013). Ein Grund hierfür kann sein, dass bisher auf der gymnasialen sowie der universitären Stufe (z. B. LASSI, Weinstein, Schulte & Palmer, 1987) eingesetzte Messinstrumente zur Erfassung des SRL insbesondere aufgrund ihrer sprachlichen Komplexität für Kinder dieses Alters ungeeignet sind. Hier liegt folglich eine Herausforderung: Messinstrumente müssen das SRL präzise erfassen und gleichzeitig sprachlich einfach verständlich sein. Einige wenige Forschende befassten sich bereits mit der Erfassung des selbstberichteten SRL von Lernenden in der obligatorischen Schulzeit und konzipierten bzw. adaptierten Skalen zur Erfassung von unterschiedlichen Facetten des SRL. Beispielsweise erhoben Benick und weitere Forschende (2021) die Teilschritte „Zielsetzung“, „Zeitplanung“ sowie „Strategieplanung“ in der vierten Klasse. Vandevelde und Mitarbeitende (2016) sowie Toering und Kollegen (2012) erfassten ebenfalls die selbstberichteten Planungsaktivitäten der Lernenden, jedoch nicht explizit die Strategie- oder Zeitplanung. Der Fokus lag auf der generellen Planung der Bearbeitung einer Aufgabe. Der Fragebogen von Toering, Elferink-Gemser, Jonker, van Heuvelen & Visscher (2012) wurde bei einer etwas älteren Stichprobe (durchschnittlich 14-jährige Lernende) eingesetzt, während Vandevelde, Van Keer & Merchie (2016) Kinder der sechsten Klasse befragten. In allen drei Studien wurde festgestellt, dass die Zeitplanung im Vergleich zu anderen SRL-Aktivitäten seltener eingesetzt wurde. Insgesamt zeigte sich jedoch eine hohe Zustimmung, SRL-Aktivitäten auszuüben. Obwohl diverse Messinstrumente zur Erfassung des SRL existieren, liegt eine präzise Erfassung der acht SRL-Teilschritte (vgl. Abb. 1) mittels Selbstberichten derzeit nicht vor. Zudem wurde bisher noch nicht detailliert untersucht, ob und wie stark Lernende zustimmen, diese einzelnen Teilschritte beim Lernen anzuwenden. Interindividuelle Unterschiede im SRL auf der 5./ 6. Klassenstufe In der Forschungsliteratur sind einige Arbeiten zu finden, die sich mit interindividuellen Unterschieden bezüglich der Anwendung von SRL auseinandersetzen. Zahlreiche Studien deuten beispielsweise auf geschlechtsspezifische Unterschiede im SRL hin. Zimmerman und Martinez-Pons (1990) legten dar, dass Mädchen bei exemplarischen Fallbeispielen mehr selbstregulatorische Strategien einsetzen als Jungen. Auch neuere Studien bestätigen Differenzen im SRL zugunsten von Mädchen: Heirweg, De Smul, Devos & Van Keer (2019) sowie Vandevelde und Mitarbeitende (2013) befragten Lernende der 5./ 6. Klassenstufe und stellten dabei fest, dass Jungen von weniger SRL berichten als Selbstreguliertes Lernen: selbstberichtete Lernaktivitäten von Lernenden der 5./ 6. Klasse 215 Mädchen. Mädchen unterscheiden sich von Jungen insbesondere darin, dass sie ihren Lernprozess tendenziell öfter überwachen und anpassen sowie ihre Lernumgebung besser strukturieren (vgl. Zimmerman & Martinez-Pons, 1990; Heirweg et al., 2019). In der Studie von Metallidou und Vlachou (2007) konnten jedoch keine geschlechtsspezifischen Unterschiede bezüglich des selbstberichteten SRL gefunden werden. Trotz abweichender Forschungsergebnisse überwiegen insgesamt die Studien, die auf geschlechtsspezifische Unterschiede im SRL zwischen Mädchen und Jungen hinweisen. Nebst den Befunden zu den geschlechtsspezifischen Unterschieden finden sich in der Forschung auch Hinweise auf sprachbedingte Differenzen bezüglich SRL. Beispielsweise berichteten Vandevelde et al. (2016), dass Lernende mit Migrationshintergrund 1 tendenziell seltener angeben, kognitive Lernstrategien anzuwenden. Diese Tendenz zeigte sich auch bei älteren Kindern (Alivernini, Manganelli, Cavicchiolo, Chirico & Lucidi, 2018). Im Laufe ihres Heranwachsens zeigen Kinder gemäß Bronson (2000) zunehmende (meta-)kognitive Kompetenzen: Kinder lernen, die aus der Umwelt aufgenommenen Informationen stetig besser zu organisieren, zu reflektieren und zur Erreichung ihrer Ziele strategisch einzusetzen (z. B. Benick, Dörrenbächer-Ulrich & Perels, 2018). Bei genauerer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass die altersbedingte Entwicklung von (meta-)kognitiven Kompetenzen variiert. Gemäß Schneider (2008) nehmen die Selbstkontrollaktivitäten mit dem Alter zu, während Überwachungsfähigkeiten (Monitoring) nicht zwingend altersabhängig sind. Zudem wies eine Studie von Harding und weiteren Forschenden (2019) darauf hin, dass Lernende mit zunehmender Klassenstufe (5. - 9. Klasse) über weniger SRL-Aktivitäten berichten. Dieser Befund zeigte sich auch in der Studie von Metallidou und Vlachou (2007), bei der Lernende der 5. Klassenstufe von mehr (meta-)kognitiven Lernstrategien berichteten als Lernende der 6. Klasse. Es ist jedoch zu beachten, dass Selbstberichte nicht zwangsläufig mit den tatsächlichen SRL-Kompetenzen der Lernenden korrelieren (z. B. Artelt, 2000). Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass Selbstberichte oft die Häufigkeit von SRL-Aktivitäten erfassen und nicht zwingend deren Qualität oder Adäquatheit (Wirth & Leutner, 2008). Zusammenhang von SRL und Leseverständnis Die Forschung zu SRL geht davon aus, dass die Nutzung kognitiver und metakognitiver Lernstrategien Lernergebnisse positiv beeinflusst (Paris & Paris, 2001). So wird angenommen, dass die Anwendung von SRL das Lesen von komplexeren Texten unterstützt und das Textverständnis positiv beeinflusst (z. B. Thiede & de Bruin, 2018). Da das Leseverständnis eine Schlüsselkompetenz für das Lernen darstellt, ist daher der Zusammenhang von SRL-Aktivitäten und Leseverständnis von besonderem Interesse. Unter dem Leseverständnis wird in der Forschungsliteratur eine aktive Auseinandersetzung mit Texten verstanden, wobei es sich um eine (Re-)Konstruktion von Textbedeutung handelt. Lesen ist somit ein komplexer Akt der Bedeutungsgenerierung, bei dem die individuellen Wissensvoraussetzungen und die objektive Textvorgabe miteinander in Beziehung gesetzt werden (Artelt, Schiefele, Schneider & Stanat, 2002). Das Verstehen von Texten kann bis zu einem gewissen Grad als automatisierter Prozess betrachtet werden (Kintsch, 1998). Sobald jedoch Verständnisprobleme oder logische Widersprüche auftauchen, tritt die Notwendigkeit einer gezielten, strategischen Steuerung des Leseprozesses in den Vordergrund (vgl. Artelt et al., 2002). Kompetente Leser und Leserinnen setzen unterschiedliche (meta-)kognitive Strategien ein, um auftretende Probleme beim Lesen zu bewältigen (Mayer, 1996). Insbesondere Planungs-, 1 In dieser Studie wird die Variable „Erstsprache“ gegenüber Migrationshintergrund bevorzugt, weil der Fokus auf allfälligen Benachteiligungen aufgrund der Sprachfähigkeit liegt und weniger auf dem familiären, sozio-ökonomischen Hintergrund, der in der Variable Migrationshintergrund konfundiert ist. 216 Nadine Schuler, Caroline Villiger Überwachungs- und Bewertungsstrategien sind für das Verständnis von komplexeren Texten von Relevanz (vgl. Israel, 2007). Gemäß Holle (2010) sind Lernende der 5./ 6. Klasse zunehmend fähig, solche Strategien anzuwenden. Trotz des angenommenen positiven Zusammenhangs zwischen SRL und Leseverständnis existieren Studien, die dies widerlegen. Bei einer Studie von Stöger und Mitarbeitenden (2014) lag die Korrelation (r) zwischen der Präferenz für SRL und dem Leseverständnis bei 10-jährigen Kindern zwischen -.03 und .06 (p > .05). Ebenfalls weist die Metaanalyse von Donker und weiteren Forschenden (2014), welche 58 Interventionsstudien von Lernenden der Grund- und Sekundarstufe untersuchte, auf widersprüchliche Zusammenhänge hin. So zeigten sich unter anderem bei dem Strategiemonitoring wie auch bei der Evaluation (nicht signifikante) negative Zusammenhänge bezüglich des Leseverständnisses. Das generelle metakognitive Wissen zeigte als einziger Faktor signifikante positive Zusammenhänge mit dem Leseverständnis. Eine mögliche Ursache für diese unterschiedlichen Befunde kann in der fehlenden Textkomplexität des Erhebungsinstruments liegen, da einfache Texte nicht zwingend eine Anwendung von umfassenden SRL-Strategien erfordern (z.B. Schunk & Ertmer, 2000). Insgesamt zeigt sich, dass der Forschungsstand zum Zusammenhang von SRL und dem Leseverständnis hinsichtlich der 5./ 6. Klassenstufe eher lückenhaft ist. Fragestellungen und Hypothesen Generell weisen die vorliegenden Studien auf eine eher hohe Zustimmung, selbstreguliert zu lernen, hin, wobei Unterschiede innerhalb der einzelnen Teilschritte des SRL bisher nicht explizit untersucht wurden. Hinsichtlich individueller Unterschiede im SRL zeigt sich, dass das Bild bezüglich des Geschlechts teilweise uneinheitlich ist, wobei tendenziell mehr Studien von geschlechtsspezifischen Differenzen berichten. Zudem haben nur wenige Studien alters- oder erstsprachspezifische Differenzen bei Kindern dieser Altersgruppe analysiert. Obwohl angenommen wird, dass SRL im Leseprozess von zentraler Bedeutung ist, bestehen widersprüchliche Forschungsbefunde über den Zusammenhang zwischen SRL und dem Leseverständnis. Ausgehend von diesen Desideraten und widersprüchlichen Befunden werden in der vorliegenden Studie folgende Fragestellungen bearbeitet: 1. Wie hoch ist die Zustimmung von Schülerinnen und Schülern der 5. und 6. Klassenstufe, selbstreguliert zu lernen? Ist diese Zustimmung unterschiedlich hoch bei den einzelnen Teilschritten des SRL? Es wird angenommen, dass Lernende der 5./ 6. Klassenstufe bei Selbstberichten eine eher hohe Zustimmung zeigen, selbstreguliert zu lernen. Zudem wird aufgrund bestehender Studien vermutet, dass die Zustimmung bei der Zeitplanung im Vergleich zu den anderen Teilschritten leicht tiefer ausfällt. Für die anderen Teilschritte erlaubt der aktuelle Forschungsstand keine Hypothesen. 2. Zeigen sich bei den selbstberichteten SRL-Aktivitäten Unterschiede aufgrund von Geschlecht, Erstsprache und/ oder Klassenstufe? Aufgrund früherer Befunde ist zu erwarten, dass Mädchen im Vergleich zu Jungen über häufigere SRL-Aktivitäten berichten. In Anlehnung an die Befunde zu SRL und Migrationshintergrund kann vermutet werden, dass Lernende mit Deutsch als Erstsprache über mehr SRL- Aktivitäten berichten als Lernende mit anderer Erstsprache. Bezüglich des Alters ist anzunehmen, dass Schülerinnen und Schüler der höheren Klassenstufen über weniger SRL-Aktivitäten berichten, als jüngere dies tun. 3. In welchem Zusammenhang stehen die selbstberichteten SRL-Aktivitäten mit dem Leseverständnis? Es wird vermutet, dass Lernende, die eher zustimmen, SRL-Aktivitäten anzuwenden, nach Kontrolle von kognitiven Fähigkeiten, Erstsprache, Geschlecht und Klassenstufe tendenziell ein besseres Leseverständnis zeigen. Selbstreguliertes Lernen: selbstberichtete Lernaktivitäten von Lernenden der 5./ 6. Klasse 217 Methode Stichprobe Die vorliegenden Daten wurden im Rahmen einer Studie zur Förderung des SRL in 40 Schulklassen in der Deutschschweiz erhoben. Die Stichprobe bestand aus 757 Schülerinnen und Schülern der 5. und 6. Klassenstufe (5. Klasse: n = 502, 6. Klasse: n = 255), deren Alter zum Zeitpunkt der ersten Erhebung (T1) im Durchschnitt M = 11.29 Jahre (SD = 0.71) betrug. Die Geschlechterverteilung war in beiden Klassenstufen ausgeglichen (5. Klasse: 51,9 % Mädchen, 6. Klasse: 52,2 % Mädchen). 75,2 % der Schülerinnen und Schüler gaben Deutsch als Erstsprache an (5. Klasse: 71,4 %; 6. Klasse: 82,9 %). Sämtliche Befragungen wurden von geschulten Testleiterinnen und Testleitern vor Ort durchgeführt, welche Lernende vereinzelt nach Bedarf unterstützten (z. B. Vorlesen des SRL-Fragebogens). Für die vorliegenden Analysen wurde auf Fragebogendaten vom ersten Messzeitpunkt im Herbst 2021 (Sept. - Okt.) zurückgegriffen. Erhebungsinstrumente Selbstreguliertes Lernen Ausgehend vom Lernzyklus nach Stöger und Ziegler (2008) und unter Berücksichtigung der Differenzierung nach Benick et al. (2021) (Zeit- und Strategieplanung) wurden zur Messung des SRL 24 Items entwickelt, die die acht Teilschritte (vgl. Tab. 1) abbilden. Hierbei wurde, sofern dies passend erschien, auf bestehende Skalen zurückgegriffen (u. a. Benick et al., 2021; Steinbach, 2016; Ziegler, Stöger & Grassinger, 2010). Jeder Teilschritt des Lernzyklus wurde anhand von je drei Items mittels vierstufigen Likert- Skalen erhoben (1 = stimmt nicht, 2 = stimmt eher nicht, 3 = stimmt eher, 4 = stimmt). Bei der Formulierung wurde im Hinblick auf die Zielgruppe auf eine einfache und verständliche Sprache geachtet. Die interne Konsistenz der SRL-Teilskalen sowie der Gesamtskala ist nach Cronbachs Alpha mehrheitlich als zufriedenstellend zu beurteilen. Eine Ausnahme bildet die Skala „Selbsteinschätzung“, welche einen Alpha-Wert von α = .43 aufweist. Da die Selbsteinschätzung jedoch aus theoretischer Sicht einen relevanten Aspekt des SRL darstellt und kleinere Alpha-Werte in gewissen Fällen akzeptabel sind (vgl. Raines-Eudy, 2000), wurde diese Skala bei den nachfolgenden Analysen integriert (siehe Abschnitt statistische Analysen). Die Items und Alpha-Werte der jeweiligen Skalen werden in Tabelle 1 aufgelistet. Leseverständnis Mit dem standardisierten Frankfurter Leseverständnistest (FLVT; Souvignier, Trenk-Hinterberger, Adem- Schwebe & Gold, 2008) wurde das Leseverständnis erfasst. Eingesetzt wurde ein Sachtext mittlerer Länge (570 Wörter) mit 18 Fragen im Multiple-Choice- Format (maximale Punktzahl: 18). Die interne Reliabilität des FLVT liegt gemäß Autoren bei Cronbachs α = .88. Kognitive Fähigkeiten Zur Erhebung eines Indikators von kognitiven Fähigkeiten wurde der sprachunabhängige Test „CFT 20-R“ (Weiss, 2019) eingesetzt (Teil 1). Die interne Konsistenz dieses Testinstruments liegt gemäß Weiss (2019) bei Cronbachs α = .92. Die maximale Punktezahl beträgt 56 Punkte. Statistische Analysen Zur Beantwortung der ersten Fragestellung wurden die Mittelwerte der SRL-Teilskalen sowie der Gesamtskala berechnet. Um für die weiteren Berechnungen die gesamten SRL-Aktivitäten abbilden zu können, wurde auf Basis des Lernzyklus (vgl. Abb. 1) ein übergeordnetes Acht-Faktorenmodell berechnet. Der Modellfit wurde durch eine konfirmatorische Faktorenanalyse (CFA) mittels der Software “Mplus“ (Version 8.7) (Muthén & Muthén, 2017) geprüft. Mittels der CFA wurde die Passung zwischen dem theoretischen Modell (Lernzyklus) und den empirischen Daten validiert. Da die Daten klassenweise erhoben wurden, wurde geprüft, ob klassenabhängige Unterschiede bestehen. Sämtliche Interklassenkorrelationskoeffizienten (ICC) lagen unter .05, entsprechend wurde die Klassenzugehörigkeit nicht berücksichtigt (LeBreton & Senter, 2008). Der Anteil fehlender Werte lag zwischen 2,6 % und 4,0 %. Ursachen für diese fehlenden Werte waren krankheitsbedingte Abwesenheiten und vereinzelte Schulklassenwechsel. Als Schätzer für ordinale Daten wurde der WLSMV (robust weighted least squares estimator) eingesetzt (vgl. Byrne, 2012). Als Indizes für einen überzeugenden Modellfit wurden der Comparative-Fit-Index (CFI), der Tucker-Lewis- Index (TLI) und der Root Mean Square Error of Approximation (RMSEA) berücksichtigt. Im Allgemeinen weisen CFI- und TLI-Werte über .95 sowie RMSEA-Werte unter .05 auf einen guten Modellfit hin (Hu & Bentler, 1999). 218 Nadine Schuler, Caroline Villiger Das übergeordnete Acht-Faktorenmodell zeigte einen unzureichenden Modellfit ( χ ² = 837.537, CFI = .936, TLI = .928, RMSEA = .057). Infolgedessen wurden aufgrund der Modifikationsindizes und inhaltlicher Überlegungen zwei Items (Item 1: „Ich überlege mir zuerst, wie ich am besten lerne, und mache es dann erstmal genau so.“ [Strategieanwendung]; Item 2: „Ich überlege mir, wie sich meine Noten von einer zur anderen Prüfung verändert haben.“ [Strategiebewertung]) aus dem Modell entfernt, da diese möglicherweise andere Aspekte des jeweiligen SRL-Teilschritts erfasst hatten. Nach dieser Anpassung war der Modellfit überzeugend ( χ ² = 523.205, CFI = .960, TLI = .954, RMSEA = .047). Das Modell enthielt aufgrund dieser Anpassung zwei Faktoren mit jeweils zwei Items. Dies ist akzeptabel, solange das Modell identifiziert Skala Items Quellen bzw. in Anlehnung an: Cronbachs Alpha (α) Selbsteinschätzung 1. Ich weiß, wo meine Stärken beim Lernen liegen. 2. Ich weiß, wo meine Schwächen beim Lernen liegen. 3. Bevor ich anfange zu lernen, überlege ich, was ich schon kann und was ich noch nicht kann. Steinbach 2016, Ziegler et al. 2010 .43 Zielsetzung 1. Vor der Prüfung weiß ich, welche Note ich erreichen möchte. 2. Ich weiß vor dem Lernen genau, was ich erreichen will. 3. Was ich mir für das Lernen vorgenommen habe, kann ich auch schaffen. Benick et al. 2021 .59 Zeitplanung 1. Wie lange ich lerne, lege ich vorher fest. 2. Wenn ich viel zu tun habe, mache ich mir einen Zeitplan (zum Beispiel Wochenstundenplan). 3. Ich lege vorher fest, wann ich lerne. Benick et al. 2021 .63 Strategieplanung 1. Beim Bearbeiten von Aufgaben überlege ich mir vorher, wie ich vorgehen will. 2. Bevor ich mit einer schwierigen Aufgabe beginne, überlege ich, wie ich sie am besten lösen kann. 3. Bei Aufgaben überlege ich mir, wie ich beginne. Benick et al. 2021 .69 Strategieanwendung 1. Ich habe gelernt, Lernstrategien einzusetzen. 2. Ich kenne Lernstrategien und kann sie anwenden. 3. Ich überlege mir zuerst, wie ich am besten lerne, und mache es dann erstmal genau so. Steinbach 2016, Ziegler et al. 2010 .66 Strategieüberprüfung 1. Beim Lernen überlege ich mir, ob mein Vorgehen sinnvoll ist. 2. Zwischendurch überprüfe ich, ob ich noch auf dem richtigen Weg bin. 3. Während ich eine Aufgabe bearbeite, überlege ich mir, ob mein Vorgehen richtig ist. Benick et al. 2021 .66 Strategieanpassung 1. Damit mein Lernen besser klappt, überlege ich, was ich ändern kann. 2. Ich versuche mein Lernen immer wieder zu verbessern. 3. Wenn ich beim Lernen nicht weiterkomme, dann versuche ich es anders. Steinbach 2016, Ziegler et al. 2010 .59 Bewertung 1. Wenn ich eine Note bekomme (z. B. Prüfung), überlege ich immer, welche Note ich das letzte Mal hatte. 2. Ich überlege mir, wie sich meine Noten von einer zur anderen Prüfung verändert haben. 3. Nach dem Lernen denke ich darüber nach, was ich beim nächsten Mal besser machen kann. Benick et al. 2018 .66 Gesamtskala - Sämtliche oben aufgeführte 24 Items .89 Tab. 1: SRL-Skalen mit Items Selbstreguliertes Lernen: selbstberichtete Lernaktivitäten von Lernenden der 5./ 6. Klasse 219 Abb. 2: Übergeordnetes Acht-Faktorenmodell SRL (Selbstreguliertes Lernen) Selbsteinschätzung Zielsetzung Zeitplanung Strategieplanung Strategieanwendung Strategieüberprüfung Strategieanpassung Bewertung srl selb3 selb1 selb2 ziel1 ziel3 ziel2 zeit3 zeit2 zeit1 strp3 strp2 strp1 stan3 stan1 strau3 strau2 strau1 stap3 stap2 stap1 stbw1 stbw3 .89 .92 .91 .93 .84 .82 1.00 .78 .74 .44 .44 .64 .41 .68 .81 .69 .62 .63 .66 .68 .79 .69 .68 .70 .64 .69 .64 .76 .71 .48 .75 220 Nadine Schuler, Caroline Villiger ist und der Modellfit den Richtwerten entspricht (z. B. Geiser, 2010). Die standardisierten Faktorenladungen des Modells waren signifikant (p < .001) und zufriedenstellend hoch (zwischen .41 und .81). Die Ladungen der acht Faktoren auf den übergeordneten Faktor lagen zwischen .74 und .93 (vgl. Abb. 2). Aufgrund des tiefen Cronbachs-Alpha-Werts der Skala „Selbsteinschätzung“ wurde in einem weiteren Schritt der Modellfit unter Ausschluss dieser Skala geprüft. Der Modellfit verbesserte sich dabei nur geringfügig ( χ ² = 378.307, CFI = .968, TLI = .962, RMSEA = .047). Angesichts dieses Ergebnisses und um sämtliche SRL-Teilschritte theoriekonform erfassen zu können, wurde die Skala „Selbsteinschätzung“ trotz des niedrigen Cronbachs-Alpha-Werts im Modell beibehalten. Nach der Modellprüfung wurden geschlechts-, erstsprachsowie altersspezifische Unterschiede regressionsanalytisch mit dem latenten SRL-Faktor untersucht. Weitere Regressionsanalysen wurden durchgeführt, um den Zusammenhang zwischen den berichteten SRL-Aktivitäten und dem Leseverständnis zu prüfen, wobei das Leseverständnis sowie die kognitiven Fähigkeiten (Kontrollvariable) als manifeste Variablen verwendet wurden. Als weitere (binäre) Kontrollvariablen wurden die Erstsprache, das Geschlecht sowie die Klassenstufe berücksichtigt. Ergebnisse Deskriptive Befunde In Tabelle 2 werden die Mittelwerte und Standardabweichungen der verwendeten Variablen und Skalen präsentiert. Weiter zeigt diese Tabelle die Interkorrelationen der Kontrollvariablen, der SRL-Skalen sowie dem Leseverständnis FLVT. Die SRL-Teilskalen korrelierten signifikant positiv (r zwischen .32 und .78). Weiter ergaben sich signifikante positive Korrelationen mit dem Geschlecht (Mädchen) und der SRL-Gesamtskala. Zudem konnte festgestellt werden, dass Fremdsprachige insgesamt über mehr SRL- Aktivitäten berichteten. Bezüglich der Klassenstufe zeigte sich, dass jüngere Schülerinnen und Schüler generell mehr SRL-Aktivitäten angaben als ältere Lernende. Das Leseverständnis korrelierte signifikant positiv mit der Erstsprache Deutsch, den kognitiven Fähigkeiten sowie der Klassenstufe. M SD 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 1 Geschlecht (w) 2 Erstsprache (1 = De) 3 Gesamtwert CFT 4 Klassenstufe (1 = Stufe 6, 0 = Stufe 5) 5 Selbsteinschätzung 6 Zielsetzung 7 Zeitplanung 8 Strategieplanung 9 Strategieanwendung 10 Strategieüberprüfung 11 Strategieanpassung 12 Bewertung 13 SRL gesamt 14 Leseverständnis -- 35.85 - 3.31 3.27 2.61 3.07 3.14 3.06 3.26 2.71 3.05 11.30 -- 6.36 - .52 .56 .76 .65 .62 .63 .56 .76 .45 4.06 .01 .01 .01 .06 -.04 .13** .04 .03 .03 .15** .03 .08* -.02 .16** .13** -.12** -.05 -.12** -.18** -.01 -.09* -.12** -.16** -.14** .28** .12** -.09* -.03 -.12** -.12** -.05 -.05 -.13** -.15** -.13** .42** -.03 -.05 -.05 -.08* -.06 -.03 -.13** -.03 -.08* .15** .40** .32** .43** .41** .45** .43** .38** .65** -.02 .38** .42** .42** .45** .41** .36** .66** .03 .48** .39** .42** .39** .40** .69** -.15** .53** .58** .53** .42** .78** -.13** .52** .51** .34** .72** .01 .52** .45** .77** -.02 .42** .73** -.06 .69** -.05 -.08* Tab. 2: Mittelwerte, Standardabweichungen, Interkorrelationen Anmerkungen: ** p < .01, * p < .05; N = 757. Korrelationen zwischen ordinalskalierten und dichotomen Variablen wurden punktbiserial berechnet. Selbstreguliertes Lernen: selbstberichtete Lernaktivitäten von Lernenden der 5./ 6. Klasse 221 Ausprägung der Zustimmung, die SRL-Teilschritte auszuüben Die Mittelwerte der SRL-Skalen (zwischen 2.61 und 3.31) waren eher hoch. Die Skalen Zeitplanung und Bewertung wiesen im Vergleich zu den anderen Skalen tiefere Mittelwerte, jedoch auch höhere Standardabweichungen auf (vgl. Tab. 2). Interindividuelle Unterschiede bei den berichteten SRL-Aktivitäten Die Analysen zeigten einen signifikanten Unterschied zwischen Jungen und Mädchen zugunsten der Mädchen ( β = .09, SE = .04, p < .05). Bezüglich der Erstsprache berichteten fremdsprachige Lernende signifikant mehr SRL-Aktivitäten als Lernende mit Deutsch als Erstsprache ( β = -.16, SE = .04, p < .001). Im Hinblick auf das Alter zeigte sich, dass Lernende der fünften Klasse über häufigere SRL-Aktivitäten berichteten als Lernende der sechsten Klasse ( β = -.10, SE = .04, p < .05). Zusammenhang von SRL-Aktivitäten mit dem Leseverständnis Der Zusammenhang von SRL-Aktivitäten mit dem Leseverständnis wurde mittels einer Regressionsanalyse unter Kontrolle von kognitiven Fähigkeiten, Erstsprache, Geschlecht sowie Klassenstufe analysiert (vgl. Tab. 3). Im ersten Modell wurde die SRL-Variable (latent modelliert) vorerst als einzige Variable eingeführt und erwies sich als signifikant negativer Prädiktor, jedoch mit einer sehr geringen Varianzaufklärung (R 2 = .01). Unter Kontrolle der kognitiven Fähigkeiten löste sich der Zusammenhang auf, wobei sich durch Einbezug dieser Variable eine deutlich höhere Varianzaufklärung zeigte (R 2 = .18) (Modell 2). Weiter wurde die Erstsprache (Modell 3), das Geschlecht (Modell 4) sowie die Klassenstufe (Modell 5) beigezogen, wobei sich das Geschlecht als nicht signifikant erwies. Die kognitiven Fähigkeiten sowie die Erstsprache hatten die stärkste Vorhersagekraft für das Leseverständnis. Unter Kontrolle dieser Variablen ergab sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen SRL und Leseverständnis. Diskussion Ziel der vorliegenden Studie war es zu untersuchen, inwiefern Lernende der 5. und 6. Klassenstufe in Selbstberichten angeben, selbstreguliert zu lernen und ob diese Zustimmung je nach SRL-Aktivität variiert. Zudem wurde betrachtet, ob interindividuelle Unterschiede aufgrund von Geschlecht, Erstsprache und/ oder Klassenstufe bestehen und in welchem Zusammenhang die berichteten SRL-Aktivitäten mit dem Leseverständnis stehen. Insgesamt zeigte sich eine eher hohe Zustimmung der Schülerinnen und Schüler, SRL- Aktivitäten auszuüben. Diese hohen Zustimmungswerte bei Selbstberichten entsprechen weitgehend früheren Forschungsergebnissen (z. B. Benick et al., 2021), wobei der Mittelwert des Teilschritts „Selbsteinschätzung“ aufgrund Modell 1 Modell 2 Modell 3 Modell 4 Modell 5 B SE B SE B SE B SE B SE SRL (latent modelliert) Kognitive Fähigkeiten Erstsprache (Deutsch = 1) Geschlecht (Mädchen = 1) Klassenstufe (6. Kl. = 1) -.09* .04 -.03 .42** .04 .03 .01 .39** .22** .04 .03 .03 .01 .39** .22** -.02 .04 .03 .03 .03 .01 .38** .21** -.02 .08* .03 .03 .03 .03 .04 R 2 .01 .18 .22 .22 .23 Tab. 3: Zusammenhang von SRL und Leseverständnis (abhängige Variable) unter Kontrolle weiterer Variablen Anmerkung: ** p < .01, * p < .05. 222 Nadine Schuler, Caroline Villiger des tiefen Cronbachs-Alpha-Werts der Skala mit Vorsicht zu interpretieren ist. Bezüglich der Teilskalen zeigten sich dahingehend Unterschiede, dass Lernende eine tiefere Zustimmung bei den Teilschritten „Zeitplanung“ und „Bewertung“ berichteten. Bei der „Zeitplanung“ war dies gemäß dem bisherigen Forschungsstand zu erwarten (vgl. ebd.). Die tiefere Zustimmung bei der „Bewertung“ könnte darauf zurückzuführen sein, dass Lernende im Schulalltag selten dazu angeregt werden, ihren Lernprozess zu bewerten (z. B. Stöger & Ziegler, 2008). Der Befund, dass jüngere Lernende (5. Klasse) über mehr SRL-Aktivitäten berichteten als Ältere, bestätigt bisherige Studien zum SRL, die auf Selbstberichten beruhen (z. B. Harding et al., 2019). Im Hinblick auf das Geschlecht konnten frühere Befunde ebenfalls repliziert werden (z. B. Vandevelde et al., 2013). Des Weiteren zeigte die vorliegende Studie, dass Fremdsprachige über mehr SRL-Aktivitäten berichteten als Deutschsprachige. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu früheren Einzelstudien, die den Aspekt Migrationshintergrund fokussierten (vgl. Alivernini et al., 2018). Unklar bleibt, wie diese Unterschiede zu interpretieren sind, da die Variable Migrationshintergrund resp. Sprache oftmals mit der Bildungsnähe konfundiert ist. Unterschiede könnten sowohl auf geringere Sprachkenntnisse als auch auf den Bildungshintergrund des familiären Umfelds zurückzuführen sein. Mit dem erwartungswidrigen Befund, dass Fremdsprachige über mehr SRL-Aktivitäten berichteten als Deutschsprachige, ergibt sich zudem eine weitere interpretative Herausforderung. Es ist denkbar, dass die untersuchte Gruppe der Fremdsprachigen heterogener war als in vergleichbaren Studien und deren Familien zumindest zum Teil aus besonders bildungsnahen Kontexten stammen. Zur besseren Klärung solcher interindividuellen Unterschiede sind weitere Forschungsarbeiten erforderlich, die den (sprach-)kulturellen Hintergrund sensibler und differenzierter erfassen und von schichtspezifischen Einflüssen abgrenzen (Becker, Jäpel & Beck, 2013). Das Ergebnis des fehlenden Zusammenhangs zwischen SRL und dem Leseverständnis mag zunächst überraschend erscheinen. Inkonsistente Befunde bezüglich dieses Zusammenhangs bestehen jedoch bereits in früheren Studien, wobei einzelne Studien ebenfalls auf negative Zusammenhänge zwischen SRL und Leseleistung hinwiesen (z. B. Stöger, Sontag & Ziegler, 2014). Für diesen fehlenden Zusammenhang gibt es mehrere Erklärungsmöglichkeiten: 1. Die vorliegende Studie hat sich mit der Nutzung von SRL befasst. Die tatsächlichen SRL- Kompetenzen der einzelnen Schülerinnen und Schüler wurden nicht untersucht. Es ist denkbar, dass SRL-Kompetenzen einen stärkeren Zusammenhang mit Lernergebnissen aufweisen, sofern bei der Kompetenzerfassung die Adäquatheit des Strategieeinsatzes mitberücksichtigt wird. Die Nutzung von (meta-)kognitiven Strategien führt jedoch nicht zwingend zu besseren Lernergebnissen, insbesondere wenn Strategien nicht effizient eingesetzt werden (z. B. Artelt, Demmrich & Baumert, 2001). 2. Es ist zu vermuten, dass Lernende unter bestimmten Bedingungen (z. B. einfachere Aufgabenstellungen) nicht zwingend von einer Anwendung von SRL profitieren oder nicht darauf angewiesen sind (z. B. Schunk & Ertmer, 2000). Folglich liegt es nahe, dass versierte Leserinnen und Leser, die die dargebotene Textschwierigkeit mühelos beherrschen, eher weniger selbstregulative Strategien einsetzen. 3. Obwohl SRL für sämtliche Schulfächer von Bedeutung ist, können fächerspezifische Unterschiede bestehen (z. B. Poitras & Lajoie, 2013). Beispielsweise kann es sein, dass eine Schülerin oder ein Schüler das Lernen in Mathematik effektiv überwachen und steuern kann, jedoch Schwierigkeiten beim SRL im Fach Deutsch auftreten. Eine fächerunabhängige Erfassung von SRL kann spezifische Anforderungen in verschiedenen Schulfächern und Aufgabenstellungen möglicherweise nicht präzise abbilden. Selbstreguliertes Lernen: selbstberichtete Lernaktivitäten von Lernenden der 5./ 6. Klasse 223 4. Zudem ist es möglich, dass der fehlende Zusammenhang zwischen dem selbstberichteten Einsatz von Lernstrategien und dem Leseverständnis auf eine Tendenz zur Selbstüberschätzung zurückzuführen ist, wobei diese Neigung laut Feng und Rost (2015) insbesondere bei Lernenden mit unterdurchschnittlichen Leistungen beobachtet werden kann. 5. Des Weiteren muss die geringe Varianzaufklärung des SRL kritisch betrachtet werden. Nur ein sehr geringer Anteil der Varianz im Leseverständnis konnte durch das SRL erklärt werden. Die kognitiven Fähigkeiten waren der wichtigste Prädiktor für die Lesekompetenz, was mit früheren Befunden übereinstimmt (z. B. Artelt et al., 2002). Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen weitgehend bisherige Erkenntnisse, beleuchten jedoch auch neue Aspekte und Forschungsdesiderate. Insbesondere der Befund, dass Fremdsprachige mehr SRL-Aktivitäten berichteten, verdeutlicht angesichts des begrenzten Forschungsstandes die Notwendigkeit, die Rolle des (sprachlich-) kulturellen Hintergrunds und des Bildungshintergrunds differenzierter zu untersuchen. Darüber hinaus zeigt die Studie, dass Lernende bei gewissen Teilschritten (z. B. Bewertung oder Zeitplanung) generell eine tiefere Zustimmung zeigen. Mögliche Gründe hierfür könnten sein, dass sie im Unterricht weniger Gelegenheiten erhalten, um diese Teilschritte zu üben (vgl. Stöger et al., 2009) oder aber deren Nutzen im Vergleich zu den anderen Teilschritten als geringer einschätzen. Limitationen Die vorliegende Studie weist einige Limitationen auf. Obschon es ein erklärtes Ziel war, selbstberichtete SRL-Aktivitäten von Schülerinnen und Schülern zu untersuchen, ist zu berücksichtigen, dass diese Art von Daten mit Vorsicht zu interpretieren sind. Ihre Zuverlässigkeit muss kritisch betrachtet werden, da sie aufgrund von Selbstüberschätzung oder sozialer Erwünschtheit Verzerrungen aufweisen können (vgl. Schellings & van Hout-Wolters, 2011). Zudem ist die ausschließliche Nutzung von Selbstberichtsverfahren zur Erfassung von SRL als eine methodische Limitation zu erwähnen, da zunehmend ein multimethodaler Ansatz zur Erfassung von SRL diskutiert wird (vgl. Dörrenbächer-Ulrich, Weißenfels, Russer & Perels, 2021). Eine weitere Limitation dieser Studie besteht darin, dass die motivationalen Komponenten nicht explizit erhoben wurden, obschon diese neben den metakognitiven und kognitiven Aspekten bedeutsam für das SRL sind (vgl. Panadero, 2017). Das Messinstrument dieser Studie basierte auf dem Lernzyklus von Stöger und Ziegler (2008). Gemäß den Autoren wurden in dem Lernzyklus motivationale Komponenten nicht explizit aufgegriffen, da Lernende dieser Klassenstufen zumeist eine hohe Motivation zeigen (Dignath, Büttner & Langfeldt, 2008). Dennoch ist es wichtig, zusätzlich zu den (meta-)kognitiven Strategien auch motivationale Aspekte explizit zu erfassen. Darüber hinaus ist der niedrige Alpha- Wert der Skala der Selbsteinschätzung als kritisch zu betrachten. Die niedrige Reliabilität könnte auf die geringe Anzahl an Items zurückzuführen sein, da Cronbachs Alpha die tatsächliche Reliabilität unterschätzt, wenn nur wenige Items vorhanden sind (vgl. Graham, 2006). Aus theoretischer Sicht und aufgrund des nur minim verbesserten Modellfit war es jedoch nicht sinnvoll, die Selbsteinschätzung auszuschließen. Ausblick Obwohl es einige Studien gibt, die SRL-Aktivitäten auf der Basis von Selbstberichten untersucht haben, besteht insbesondere im Hinblick auf Kinder im obligatorischen Schulalter weiterhin Forschungsbedarf. Die vorliegende Studie trägt dazu bei, diese Forschungslücke zu verkleinern, indem sie neue Erkenntnisse zu selbstberichteten SRL-Aktivitäten von Schülerinnen und Schülern der 5./ 6. Klasse aufzeigt 224 Nadine Schuler, Caroline Villiger und zugleich offene Fragen erörtert. Weiterführende Studien zu den Zusammenhängen von SRL und Leistung in anderen Fachbereichen sind wünschenswert (z. B. in Mathematik - da hier stärkere Zusammenhänge zu erwarten sind; z. B. Dignath et al., 2008). Zudem würde es sich in Bezug auf die Skala „Selbsteinschätzung“ lohnen, die Aufnahme von weiteren Items zu prüfen, um eine bessere Reliabilität dieser Teilskala zu erreichen. Eine Herausforderung bleibt die Operationalisierung der SRL-Teilschritte auf sprachlicher Ebene, weil sie inhaltlich komplexe Prozesse (bspw. metakognitive Inhalte) abbilden, die von 5./ 6. Klässlern und Klässlerinnen möglicherweise nicht ohne Weiteres verstanden werden. Dennoch dürfen Bemühungen, das Instrument sprachlich zu vereinfachen, nicht auf Kosten der differenzierten Erfassung des SRL erfolgen. Ein weiterer möglicher Untersuchungsgegenstand könnte der Zusammenhang zwischen dem SRL und dem Leseverständnis bei 11 - 12-jährigen Schülerinnen und Schülern sein, da aktuelle Forschungsbefunde in diesem Bereich derzeit inkonsistent sind. Ein vielversprechender Ansatz wäre die gleichzeitige Erhebung von SRL-Nutzung und der tatsächlichen SRL-Kompetenz. Dies könnte dazu beitragen, bisherige Inkonsistenzen zu klären und ein umfassenderes Verständnis über die Zusammenhänge zu gewinnen. Für die Praxis lässt sich aus vorliegender Studie ableiten, dass Lernende der 5./ 6. Klasse insgesamt über ein hohes Ausmaß an SRL- Aktivitäten berichten, jedoch die Teilschritte „Zeitplanung“ sowie „Bewertung“ vergleichsweise wenig anwenden. Dies legt nahe, dass Lehrpersonen diese beiden Teilschritte des SRL noch expliziter fördern könnten. Literatur Alivernini, F., Manganelli, S., Cavicchiolo, E., Chirico, A. & Lucidi, F. (2018). 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