unsere jugend
4
0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
71
2008
607+8
Bewegung als lebendiger Dialog im Weiterbildungsstudiengang Psychomotorik
71
2008
Bianka Salis
"Wem es gelingt, Menschen durch Körperübungen leuchtende Augen zu schenken, der tut Großes auf dem Gebiet der Erziehung" (Pestalozzi). Dies Zitat entspricht einem Leitgedanken des Weiterbildungsstudienganges Psychomotorik der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel: in der Bewegung berührt zu werden, emotional angesprochen zu sein – die Studierenden kommen in Kontakt mit ihrer eigenen Lebendigkeit und Existenz. Diese tiefen Erfahrungen und Erlebnisse nehmen sie mit in ihren beruflichen und privaten Alltag.
4_060_2008_7+8_0300
300 uj 7+8 (2008) Unsere Jugend, 60. Jg., S. 300 - 304 (2008) © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Bewegung als lebendiger Dialog im Weiterbildungsstudiengang Psychomotorik Bianka Salis „Wem es gelingt, Menschen durch Körperübungen leuchtende Augen zu schenken, der tut Großes auf dem Gebiet der Erziehung“ (Pestalozzi). Dies Zitat entspricht einem Leitgedanken des Weiterbildungsstudienganges Psychomotorik der Fachhochschule Braunschweig/ Wolfenbüttel: in der Bewegung berührt zu werden, emotional angesprochen zu sein - die Studierenden kommen in Kontakt mit ihrer eigenen Lebendigkeit und Existenz. Diese tiefen Erfahrungen und Erlebnisse nehmen sie mit in ihren beruflichen und privaten Alltag. sport und bewegung Die Entwicklung des Studienganges Seit 1993 bietet die Fachhochschule Braunschweig/ Wolfenbüttel erfolgreich jeweils zum Wintersemester den Weiterbildungsstudiengang Psychomotorik an. Der Studiengang richtet sich an PädagogInnen, die in ihren Arbeitsfeldern mit Themen der Entwicklungsförderung, Bildung und Rehabilitation beschäftigt sind. Psychomotorische Erziehung und Entwicklungsförderung haben in den letzten drei Jahrzehnten außerordentlich an Bedeutung, Fundierung und Verbreitung gewonnen. Dies gilt insbesondere für die Arbeitsbereiche • Elementarpädagogik • Schule • Frühförderung • Heil- und Sonderpädagogik • Prävention und Gesundheitsförderung Die mittlerweile 400 AbsolventInnen des Studienganges sind in diesen Arbeitsbereichen tätig und begleiten vorwiegend Kinder im Alter von 2 bis 12 Jahren in ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Folgende zentrale Fragestellungen werden im Weiterbildungsstudiengang eingehend betrachtet und bearbeitet: • Welche Entwicklungsreize und -bedingungen benötigen Kinder für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung? • Wie sehen gesellschaftliche und familiäre Rahmenbedingungen aus, in denen Kinder heute aufwachsen? Quelle: privat uj 7+8 (2008) 301 sport und bewegung • Welche Bedeutung hat Bewegung in der Entwicklung des Menschen? • Was kann Bewegung und Körperlichkeit für die Gesundheit und Bildung von Kindern tun? • Wie können Handlungs- und Kommunikationsfähigkeiten des Menschen in Bewegungssituationen angeregt und entwickelt werden? • Wie könnte eine erlebnis- und entwicklungsorientierte Begleitung und Förderung von Kindern aussehen? Ziele und Aufgaben Der Studiengang ist ein Beitrag zu beruflicher Weiterqualifizierung und lebensbegleitendem Lernen. In vielfältigen, aufeinander aufbauenden Studienmodulen erarbeiten sich die Studierenden psychomotorische Hintergründe, methodisch-didaktische Prinzipien und konzeptionelle Überlegungen, die sie in ihre jeweiligen Arbeitsfelder einbringen. Die intensive Auseinandersetzung mit entwicklungs- und sozialpsychologischen Theorien und Modellen ist Ausgangspunkt für methodisch-didaktische Überlegungen und deren praktische Anwendung. Im Vordergrund aller Überlegungen steht die Umsetzung entwicklungs- und erlebnisorientierter Förderung in den pädagogischen Alltag. Ein wesentlicher Bestandteil des Studienganges ist die intensive Begleitung und Beratung in den Arbeitsalltag der Studierenden hinein, um einen nachhaltigen Transfer zu sichern. Institutionell betrachtet dient der Studiengang der Qualitäts- und Profilentwicklung der Einrichtungen der Studierenden. Übergeordnete Prinzipien Der Studiengang integriert neue Entwicklungen aus Praxis und Wissenschaft, gesellschaftliche Veränderungen sowie aktuelle Erkenntnisse der Erwachsenenbildung. Bianka Salis Jg. 1958; Diplom-Motologin, Supervisorin, Leiterin des Weiterbildungsstudienganges Psychomotorik der Fachhochschule Braunschweig/ Wolfenbüttel Quelle privat 302 uj 7+8 (2008) sport und bewegung Das vorrangige Prinzip des Studienganges ist die enge Verknüpfung zwischen den theoretischen und praktischen Inhalten der Weiterbildung und der beruflichen Praxis der Studierenden, sodass ein direkter und ständiger Austausch zwischen den neuen Erfahrungen und der beruflichen Anwendbarkeit hergestellt wird. Das handlungsorientierte und erfahrungsgestützte Lernen durch selbsttätiges Bewegen, Wahrnehmen und Erleben nimmt in der Bearbeitung von Inhalten und Methoden einen breiten Raum ein. Der intensive Austausch und die interdisziplinäre sowie zielgruppenübergreifende Zusammenarbeit in der Weiterbildungsgruppe ermöglichen eine Ergänzung und Erweiterung des persönlichen Wissens und der Erfahrungen. Inhaltliche Akzentuierungen Die im Weiterbildungsstudiengang Psychomotorik vorgestellten theoretischen, praktischen und didaktisch-methodischen Themen sind eng aufeinander bezogen und ergänzen sich. In den theoriegeleiteten Veranstaltungen wird angeknüpft an aktuelle Themen und Ergebnisse aus der Forschung und die Studierenden vertiefen und vernetzen ihr theoretisches Wissen. Theoretische Grundlagen sind u. a.: • Geschichte und Entwicklung der Psychomotorik • Grundannahmen und Schlüsselbegriffe der Psychomotorik • Psychomotorische Ansätze im Vergleich • Psychologische Theorien der menschlichen Entwicklung • Systemische Perspektiven der Entwicklung • Ausgewählte Aspekte verschiedener Entwicklungs- und • Altersabschnitte In den praxisgeleiteten Veranstaltungen haben die Studierenden Zeit und Raum für das eigene Erleben und intensive Nachspüren, um die Wirkungen leiblich-sinnlicher Begegnungen zu erfahren und zu verinnerlichen. Praktische Grundlagen sind u. a.: • Körpererfahrung: - den Körper wahrnehmen und sich orientieren, - An- und Entspannung, Ruhe und Aktivität erleben, - sich körperlich in anderen Handlungsfeldern erfahren (z. B. im Wasser). Quelle: privat uj 7+8 (2008) 303 sport und bewegung • Materialerfahrung: - spielen und gestalten mit Alltagsmaterialien, - verschiedene materiale Untergründe bewältigen, - groß- und kleinräumige Materialkonstruktionen erfinden und erproben. • Sozialerfahrung: - Spiele zur sozialen Wahrnehmung, - Auseinandersetzung mit Kooperation und Konkurrenz, - kommunikatives Bewegen. In den didaktisch-methodischen Veranstaltungen erhalten die Studierenden Anregungen und zahlreiche Anwendungsbeispiele, die im eigenen Arbeitsfeld mit den jeweiligen Zielgruppen umgesetzt werden können. Didaktisch-methodische Grundlagen sind u. a.: • Rolle und Haltung des/ der PädagogIn • Intentionen der Psychomotorik • Spiel- und Handlungssituationen initiieren, gestalten und reflektieren • Förderangebote für spezifische Entwicklungsbereiche entwickeln (z. B. Wahrnehmung, Handgeschicklichkeit, Kommunikation und Sprache) Rahmenbedingungen Die Dauer des berufsbegleitenden Weiterbildungsstudienganges beträgt ein Jahr (2 Semester) und umfasst einen Studienumfang von insgesamt 600 Unterrichts- und Weiterbildungsstunden. Der Studiengang ist modular aufgebaut und enthält verschiedene strukturelle Elemente. Die durch das Dozententeam geleiteten theoretischen und praktischen Lehrveranstaltungen an der Hochschule finden an Wochenenden und in Blockwochen statt. Aus der Gesamtgruppe der 25 Studierenden bilden sich Kleingruppen von vier bis fünf Personen zur zusätzlichen Bear- 2007. 148 Seiten. (978-3-497-01893-2) kt € [D] 22,90 | € [A] 23,60 | SFr 39,60 Verstehen und Verstandenwerden sind wichtige menschliche Bedürfnisse. Der „Verstehende Ansatz“ stelltdiese Grundbedürfnisse in den Mittelpunkt. Das Verstehen als solches wird nicht nur sprachlich gesehen, sondern ergibt sich im Besonderen im gemeinsamen Handeln. Jürgen Seewald erklärt anschaulich, wie Fachleute verstehend arbeiten können. Neben der wissenschaftlichen und entwicklungstheoretischen Basis für das Verstehen legt der Autor besonderes Gewicht auf Praxisnähe - von der Arbeit mit Kindern bis hin zu Senioren. In den kommentierten Fallgeschichten finden Fachkräfte konkrete Anregungen für die praktische Arbeit. Mit diesem Werk liegt die erste umfassende Darstellung des Verstehenden Ansatzes vor - ein Muss für MotologInnen und MotopädInnen! a www.reinhardt-verlag.de 304 uj 7+8 (2008) sport und bewegung beitung und Vertiefung theoretischer und praktischer Themen. Der intensive Austausch in diesen Peergroups wird von den Studierenden als besonders bereichernd und unterstützend bewertet. Um die Bandbreite und Vielfalt psychomotorischer Förderpraxis kennenzulernen, sind acht bis zehn Hospitationen in psychomotorisch arbeitenden Einrichtungen durchzuführen. Diese Praxisanregungen helfen, die eigene psychomotorische Arbeitsweise zu entwickeln. Der Praxistransfer findet in den jeweiligen Arbeitsfeldern der TeilnehmerInnen statt, d. h. hier ist die konkrete zielgruppenspezifische Umsetzung in die eigene Berufspraxis gefordert. Diese prozessorientiert angelegte Praxisphase umfasst einen längeren Zeitraum, sodass Entwicklungen und Veränderungen wahrgenommen und initiiert werden können. In dieser Praxisphase werden die Studierenden durch individuelle Gespräche und Beratungsbesuche intensiv betreut. Die Reflexion der eigenen psychomotorischen Arbeit bildet die Grundlage für die anzufertigenden Abschlussarbeiten. Nach erfolgreicher Teilnahme und bestandener Abschlussprüfung wird ein Hochschulzertifikat ausgehändigt. Einige Stimmen ehemaliger Studierender • „Ich bin jetzt die Bewegungsfachfrau in unserer Kita.“ • „Meine berufliche und private Handlungskompetenz hat sich deutlich erweitert.“ • „Psychomotorik ist zum Aushängeschild unserer Einrichtung geworden.“ • „Während des Weiterbildungsstudienganges hat sich meine berufliche Ausrichtung herauskristallisiert. Insofern war der Studiengang sehr richtungsweisend für mich.“ • „Ich habe durch diese Weiterbildung eine eindeutig bessere Chance auf dem Arbeitsmarkt.“ Die Autorin Bianka Salis Fachhochschule Braunschweig/ Wolfenbüttel Ludwig-Winter-Straße 2 38120 Braunschweig Tel. (05 31) 28 52-1 57 b.salis@fh-wolfenbuettel.de www.fh-wolfenbuettel.de
