eJournals unsere jugend 61/3

unsere jugend
4
0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
31
2009
613

Forschungsnotizen

31
2009
Das Praxisforschungsprojekt "Konfliktbearbeitung in interkulturellen Kontexten in Jugendhilfe und Schule" wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von November 2005 bis Oktober 2008 durchgeführt. Die Projektbeauftragten waren drei sozialwissenschaftliche Institute: das Institut des Rauhen Hauses für Soziale Praxis gGmbH (isp) in Hamburg, Camino - Werkstatt für Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung gGmbH - in Berlin und das Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz e.V. (ism).
4_061_2009_3_0006
132 uj 3 (2009) Unsere Jugend, 61. Jg., S. 132 - 134 (2009) © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Forschungsnotizen Konfliktbearbeitung in interkulturellen Kontexten in Jugendhilfe und Schule (KiK) forschungsnotizen Das Praxisforschungsprojekt „Konfliktbearbeitung in interkulturellen Kontexten in Jugendhilfe und Schule“ wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von November 2005 bis Oktober 2008 durchgeführt. Die Projektbeauftragten waren drei sozialwissenschaftliche Institute: das Institut des Rauhen Hauses für Soziale Praxis gGmbH (isp) in Hamburg, Camino - Werkstatt für Fortbildung, Praxisbegleitung und Forschung gGmbH - in Berlin und das Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz e.V. (ism). Ziel des Praxisforschungsprojektes war, vorhandene Konzepte und Erfahrungsmodelle zur Konfliktbearbeitung in interkulturellen Kontexten zu sichten, zu beschreiben und gemeinsam mit Expert/ innen aus Praxis und Forschung zu bewerten sowie auf dieser Grundlage Praxismodelle zu entwickeln, wie Konflikte in interkulturellen und interethnischen Kontexten in unterschiedlichen Feldern der Jugendhilfe und an der Schnittstelle zur Schule bearbeitet werden können. In diesem Rahmen wurden die Handlungsfelder Jugendarbeit/ Straßensozialarbeit, Stadtteilarbeit, Berufliche Schulen, Jugendberufshilfe und Ausbildung, Hilfen zur Erziehung und Familie sowie die Schnittstelle Jugendhilfe/ Schule untersucht in Hinblick auf typische interkulturelle bzw. interethnische Konflikte und auf praktizierte Ansätze und Methoden der Konfliktbearbeitung. Hierbei gilt für alle Handlungsfelder, dass eine wichtige Voraussetzung für gelungene Konfliktbearbeitung in interkulturellen Kontexten ist, dass die jeweilige Institution, in der die Konflikte auftreten, einen klaren Rahmen zur Konfliktbearbeitung bietet, der Regeln enthält und das Vorgehen bei Regelverstößen klärt. Damit werden eindeutige Grenzen gesetzt, die das Handeln erleichtern. Inwieweit dieser strukturierende Rahmen vorgegeben ist, unterscheidet sich allerdings von Handlungsfeld zu Handlungsfeld. Als optimistisch stimmendes Ergebnis ist dabei herauszustellen, dass das vorhandene und bekannte Instrumentarium der Jugend(sozial)arbeit und der Gemeinwesenarbeit eine Palette an Methoden und Konzepten vorhält, wie sich ein Großteil der beschriebenen Alltagskonflikte, an denen Jugendliche mit Migrationshintergrund beteiligt sind, bearbeiten lassen. Allerdings - so ein weiteres Ergebnis des Forschungsprojektes - stoßen diese klassischen Ansätze der Sozialen Arbeit dort an ihre Grenzen, wo die Einflüsse der Herkunftsfamilien zu dominant werden - z.B. die Kinder/ Jugendlichen (insbesondere Mädchen) auch dem Einfluss von Schule bzw. Sozialer Arbeit entzogen werden - und/ oder wo deutliche islamisch-fundamentalistische oder nationalistische Orientierungen in Verbindung mit engen Kontakten zu entsprechenden Organisationen eine Rolle spielen. Für diese Herausforderungen ist die Entwicklung neuer Strategien notwendig. Auf Grundlage der Ergebnisse der Forschungen in den Handlungsfeldern wurden Qualitätsstandards entwickelt, die Eckpunkte für eine qualifizierte Konfliktbearbeitung in interkulturellen Kontexten in Einrichtungen bzw. Organisationen der Jugendhilfe und Schule bilden können. uj 3(2009) 133 forschungsnotizen Die Ergebnisse des Praxisforschungsprojektes (neben den genannten weiterhin z. B. Forschungen zur interkulturellen Konfliktbearbeitung in ausgewählten europäischen Staaten, Sozialraumanalysen sowie Beschreibungen von Praxisprojekten) sind in 15 KiK-Notizen veröffentlicht. Eine Übersicht über die KiK-Notizen und weitere Informationen zu dem Projekt finden sich auf www.kik-projekt.de. The Integration of the European Second Generation (TIES) Immigration und die damit einhergehende Integration von MigrantInnen stellt für die zunehmend heterogenen Städte Europas eine große Herausforderung dar. In diesem Prozess kommt der Integration der zweiten Generation - also den im Einwanderungsland geborenen Nachkommen der EinwandererInnen - eine entscheidende Rolle zu, da sie einen wachsenden Anteil bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den Städten ausmacht. TIES ist eine internationale Studie in acht Ländern, die sich mit den Nachkommen von MigrantInnen aus der Türkei, dem ehemaligen Jugoslawien und Marokko befasst. Zudem bietet TIES einen gemeinsamen Rahmen für eine Reihe weiterer Aktivitäten in den Bereichen Forschung und Weiterbildung, Wissensvermittlung, Empfehlungen für integrationspolitische Maßnahmen und Kurzfilme. Im Mittelpunkt von TIES steht das Thema „Integration“, wobei sowohl die wirtschaftliche und soziale Situation als auch Bildung und Identität der zweiten Generation analysiert werden. Da bisher nur sehr wenige international vergleichbare statistische Daten zur zweiten Generation existieren, besteht das Projekt vor allem in der Erstellung eines ersten systematischen europäischen Datensatzes mit mehr als 10.000 RespondentInnen in 15 europäischen Städten aus acht europäischen Ländern. Für Deutschland wurden je 750 Personen in Berlin und Frankfurt am Main befragt. Die Ergebnisse von TIES entwerfen ein differenzierteres Bild der Integration, insbesondere von Einwandererfamilien aus der Türkei. Ein Ergebnis der Studie ist, dass junge BerlinerInnen aus Einwandererfamilien, die in Deutschland aufgewachsen sind, ihren deutschen Altersgenossen in mancher Hinsicht ähnlicher sind, als das noch bei ihren Eltern der Fall war. So ist der Anteil der Angehörigen der zweiten Einwanderergeneration aus der Türkei oder dem ehemaligen Jugoslawien, die einen Kindergarten besucht haben, mit knapp 80 % bzw. fast 90 % inzwischen fast so hoch wie der der deutschen Vergleichsgruppe mit ebenfalls fast 90 %. Auch haben die ForscherInnen ermittelt, dass zwar einerseits nach wie vor eine knappe Mehrheit der türkischstämmigen MigrantInnen in ärmeren Stadtvierteln lebt, jedoch nähert sich zugleich die Zahl der türkischen und jugoslawischen BerlinerInnen in „Mittelschichtsvierteln“ mit knapp 40 % bzw. über 50 % langsam ebenfalls dem deutschen Durchschnitt von 60 % an. Ein weiteres Ergebnis: Schaffen es junge MigrantInnen bis in eine Lehrstelle, dann ziehen sie in Sachen Arbeitsmarktintegration mit den Deutschen gleich. So sind von den türkischstämmigen EinwandererInnen, die eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, mehr fest angestellt (80,2 %) und weniger arbeitslos (13,5 %) als bei der deutschen Vergleichsgruppe (76,3 % beziehungsweise 19,3 %). Deutlich wird, dass sich das duale Ausbildungssystem in der zweiten Generation bewährt hat: Während von der Schule eine systematische Entmutigung ausgeht, führt das duale System hingegen zur Ermutigung, so die Studie. 134 uj 3 (2009) forschungsnotizen Die Daten und ihre Analyse sollen nicht nur ein besseres Verständnis von Integrationsprozessen in Europa ermöglichen, sondern auch zur Entwicklung zielgerichteter politischer Maßnahmen auf allen Ebenen beitragen können. Nähere Informationen auf www.tiesproject.eu Internationaler Migrationsausblick 2008 der OECD Die internationale Migration gehört zu den zentralen politischen Prioritäten der OECD-Mitgliedsländer. Im jährlich erscheinenden Internationalen Migrationsausblick werden die Entwicklungen im Bereich Wanderungsbewegungen und Migrationspolitik in dieser Ländergruppe untersucht. Dabei wird besonders auf die wachsende Bedeutung der Zuwanderung von hochqualifizierten Arbeitskräften, temporären ArbeitsmigrantInnen und ausländischen Studierenden hingewiesen. Ebenfalls hervorgehoben wird die Zunahme der Migrationsströme innerhalb von Regionen, in denen Freizügigkeitsregelungen gelten, d. h. im Wesentlichen in Europa. Die Ausgabe 2008 richtet das Augenmerk auf die Beschäftigungssituation von ZuwanderInnen sowie auf den Beitrag, den diese zur Veränderung der Gesamtbeschäftigung in OECD-Ländern leisten. Ein Ergebnis ist, dass sich in Deutschland entgegen dem OECD-Trend deutlich weniger AusländerInnen niedergelassen haben als in den Jahren zuvor. Kamen 2005 noch 241.400 MigrantInnen mit einem auf Dauer angelegten Aufenthaltstitel nach Deutschland, waren es 2006 nur noch 216.000. Dies entspricht einem Rückgang von 11 %. Im gesamten OECD-Raum ist die Zahl dieser MigrantInnen im gleichen Zeitraum dagegen um etwa 5 % gestiegen. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung, sind die Zuzüge nach Deutschland damit von einem vergleichsweise niedrigen Niveau noch weiter gefallen. Der insgesamt geringen Zuwanderung nach Deutschland steht eine rasch und stark schrumpfende Erwerbsbevölkerung gegenüber. Unterstellt man, dass sich die durchschnittliche Zuwanderung (abzüglich Abwanderung) der Jahre 2001 bis 2005 fortsetzt, können 20 der 27 OECD-Länder, für die Daten vorliegen, bis 2020 mit einer Zunahme der Erwerbsbevölkerung rechnen. In Deutschland würde dagegen bis 2020 die Erwerbsbevölkerung um 2,5 % schrumpfen, ohne Migration sogar um mehr als 6 %. Der Report zeigt auch eine umfassende Übersicht über die Beschäftigungs- und Lohnsituation der ZuwandererInnen und die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Migrationspolitik. Nähere Informationen bzw. der Gesamtbericht finden sich auf www.oecd.org