eJournals unsere jugend 62/2

unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2010
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Zur Emeritierung von Johannes Münder

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2010
Dieter Kreft
Johannes Münder wurde am 6. Dezember 2009 65 Jahre alt und wird im Februar 2010 an der Technischen Universität emeritiert - so weit die knappe Meldung.
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uj 2 (2010) 89 johannes münder wird emeritiert Unsere Jugend, 62. Jg., S. 89 -90 (2010) DOI 10.2378/ uj2010.art08d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Zur Emeritierung von Johannes Münder Johannes Münder wurde am 6. Dezember 2009 65 Jahre alt und wird im Februar 2010 an der Technischen Universität emeritiert - so weit die knappe Meldung. Der Pfarrerssohn Münder, lange in der „doppelten Diaspora“ in Regensburg lebend (als Protestant und schon als Gymnasiast in die SPD eingetreten), wurde dann - nach kurzen Intermezzi am Zentrum für Interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld, beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung und an der Fachhochschule Wiesbaden - bereits 1979 Professor an der Pädagogischen Hochschule Berlin und 1980 an der Technischen Universität Berlin; dort lehrte der promovierte Jurist seither Sozial- und Zivilrecht. Und er nutzte die Freiheiten, die das Hochschullehrerdasein bietet, glücklicherweise immer für vielfältige wissenschaftliche und der sozialen Praxis dienende Unternehmungen. Seine große, fast leidenschaftliche Herausforderung war sein inzwischen ja ein Berufsleben lang anhaltender Spagat zwischen Rechtswissenschaft und Sozialwissenschaft. „Fachlich fundiert und wissenschaftlich reflektiert zu arbeiten, ohne zu verleugnen, dass man Jurist ist (was einige meiner juristischen Kollegen in diesem Feld tun) oder sich gar als der ‚bessere‘ Sozialpädagoge zu gerieren, aber ohne die Attitüde, seine juristische Fachlichkeit dadurch zu beweisen, dass man sich (bisweilen: arrogant) gegenüber der Sozialen Arbeit abschottet“ (J. Münder in einem Interview in TuP 6/ 2004, 67). Er hat diese Position in langen Jahren entwickelt und dann vor allem durchgehalten. Ich habe ihn sehr früh, in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre bei den Vorarbeiten für den Frankfurter Kommentar (noch zum Jugendwohlfahrtsgesetz) kennengelernt. Wir haben danach fast ständig irgendwie zusammengearbeitet, publiziert, gefeiert, ich kenne ihn recht gut in seiner Vielschichtigkeit. Er hat sich eben nicht auf die klassischen Felder der Juristerei beschränkt, sondern immer wieder - und mutig, aber rechtlich profund und das jeweilige fachliche Wollen befördernd - um sogenannte neue oder juristisch noch nicht erschlossene Themen/ Felder bemüht: natürlich zur ganzen Jugendhilferechtsreform - der Frankfurter Kommentar ist die Frucht dieser Arbeiten -, aber auch zum Recht von Hausbesetzern/ Instandbesetzern, zu Wohnungsfragen zwischen Sozialpolitik und Selbsthilfe, zu Sozialhilfe und Arbeitslosigkeit (der frühe Kommentar zum SGB II schon 2005, Prof. Dr. jur. Johannes Münder 90 uj 2 (2010) johannes münder wird emeritiert dessen zweite und dritte Auflage 2007 und 2009 stehen vorerst am Ende dieser Linie), zur Schuldnerberatung, zur AIDS-Hilfe usw. Johannes Münder war lange Jahre ein fachjuristischer Außenseiter, inzwischen ist er zweifellos ein Trendsetter (so schon in der UJ 12/ 2004, 41f, zu seinem 60. Geburtstag). Der Frankfurter Kommentar zum SGB VIII geht in die 6. Auflage (inzwischen herausgegeben von Münder/ Meysen/ Trenczek), das Handbuch Kinder- und Jugendhilferecht von 2007 haben die „beiden Granden“ dieser Materie, Johannes Münder und Reinhard Wiesner, herausgegeben, das Lehrbuch Familienrecht erschien 2009 (inzwischen zusammen mit Rüdiger Ernst) in 6. Auflage, ebenfalls bereits in der 6. Auflage erschienen ist das Lehrbuch Kinder- und Jugendhilferecht im Jahr 2007, und den SGB II-Kommentar habe ich bereits erwähnt. Er ist schlicht „ein Großer unserer Zunft“ geworden und das, obwohl er 1995 einen schweren Unfall in Indonesien hatte, der sein Leben veränderte. Aber er blieb willensstark wie immer und wie wenige andere (so hat er am 20. Februar 2008 den Kilimandscharo bestiegen - natürlich bis ganz nach oben), leistungsstark ohnehin. Und er hat sich nicht in den Elfenbeinturm der Wissenschaft/ Universität zurückgezogen, sondern hat lange bei BBJ-Berlin insbesondere die berufliche Förderung von Jugendlichen und jungen Menschen unterstützt, hat viele Jahre den Vorstand der Stiftung Sozialpädagogisches Institut bereichert, er ist immer noch Vorsitzender des SOS-Kinderdorf e.V. Deutschland. Ich weiß nicht, ob es mir zusteht, aber ich finde: „Johannes Münder hat sich um die Soziale Arbeit in Deutschland verdient gemacht.“ Viele hoffen, dass er damit nach seiner Emeritierung nicht aufhören wird. Literatur Münder, J., 2004: … Arbeit über Disziplingrenzen hinaus - als Jurist in der Sozialen Arbeit. In: Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit, 55. Jg., H. 6, S. 66 - 70 Sozialpädagogisches Institut im SOS-Kinderdorf e.V. (Hrsg.), 2004: Fortschritt durch Recht. München (Festschrift zum 60. Geburtstag von Johannes Münder, u. a. mit einer Publikationsliste 1973 - 2004) Prof. Dieter Kreft, Nürnberg