eJournals unsere jugend 62/3

unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2010
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Grundlagen des Adoptionsrechts und rechtspolitische Diskussion eines gemeinsamen Adoptionsrechts gleichgeschlechtlicher Paare und nichtehelicher Lebensgemeinschaften

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2010
Katharina Wiatr
Der Beitrag soll Einblick in die Grundlagen des Adoptionsrechts gewähren. Nach einer Einführung ins Thema werden zunächst die Voraussetzungen einer Adoption erläutert und die Wirkungen der Annahme eines Kindes skizziert. Anschließend wird das gemeinsame Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare und nichtehelicher Lebensgemeinschaften im europäischen Kontext diskutiert.
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uj 3 (2010) 129 Unsere Jugend, 62. Jg., S. 129 - 139 (2010) DOI 10.2378/ uj2010.art15d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Grundlagen des Adoptionsrechts und rechtspolitische Diskussion eines gemeinsamen Adoptionsrechts gleichgeschlechtlicher Paare und nichtehelicher Lebensgemeinschaften Katharina Wiatr Der Beitrag soll Einblick in die Grundlagen des Adoptionsrechts gewähren. Nach einer Einführung ins Thema werden zunächst die Voraussetzungen einer Adoption erläutert und die Wirkungen der Annahme eines Kindes skizziert. Anschließend wird das gemeinsame Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare und nichtehelicher Lebensgemeinschaften im europäischen Kontext diskutiert. recht Allgemeines Das Rechtinstitut der Adoption (das Gesetz verwendet den Begriff Annahme als Kind, §§ 1741 - 1772 BGB) hat sich seit Bestehen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB, seit 1900) erheblich gewandelt: Während früher noch das Ziel verfolgt wurde, den Wunsch nach einem eigenen Kind zu befriedigen und damit einen Erben zur Existenzsicherung zu haben, tritt heute der soziale Aspekt in Form des Kindeswohls in den Vordergrund. Heute ist das Adoptionsrecht darauf ausgerichtet, Kindern, die keine Eltern haben oder deren Eltern nicht in der Lage sind, sie angemessen zu versorgen, eine neue Familie zu geben (Gernhuber/ Coester-Waltjen 2006, 843). Daher nennt § 1741 Abs. 1 BGB heute als entscheidende Voraussetzung die Förderung des Kindeswohls und die Herstellung eines Eltern-Kind-Verhältnisses. Darüber hinaus verfolgt die Annahme als Kind den Zweck, eine ungewollte Kinderlosigkeit zu beheben. Die Zahl der Adoptionen ist in Deutschland seit Mitte der 90er Jahre rückläufig (vgl. Tabelle 1): Während im Jahre 2005 noch 4.762 Minderjährige adoptiert wurden, beliefen sich die Zahlen für das Jahr 2008 auf 4.201 (Statistisches Bundesamt 2008, Kinder- und Jugendhilfestatistik 2008 - Adoptionen, 5), wovon fast die Hälfte (49 %) von einem Stiefelternteil oder von einem Verwandten angenommen wurden. 2005 lag der Anteil von Verwandten- und Stiefkindadoptionen sogar bei 61 %. Jahr Adoptierte Minderjährige in Deutschland 1995 2000 2005 2008 7.969 6.373 4.762 4.201 Quelle: Statistisches Bundesamt: Kinder- und Jugendhilfestatistik 2008 Tab. 1 130 uj 3 (2010) recht Wer darf überhaupt ein Kind annehmen? Bevor die Voraussetzungen einer Adoption erläutert werden, soll zunächst geklärt werden, wer gesetzlich als annehmende Personen infrage kommt. Das BGB sieht sechs Möglichkeiten einer Annahme als Kind vor: § 1741 Abs. 2 Satz 1 regelt, dass nicht verheiratete Personen Kinder nur alleine annehmen können (sog. Einzeladoption). Ehegatten dürfen Kinder grundsätzlich nur gemeinsam annehmen, die bloße Zustimmung des anderen Ehegatten zur Adoption reicht nicht aus (§ 1741 Abs. 2 Satz 2). Die Annahme durch einen Ehegatten allein (§ 1741 Abs. 2 Satz 3 bzw. Satz 4 BGB) ist nur ausnahmsweise zulässig und setzt zumindest die Einwilligung des anderen Ehegatten voraus. Dies ist der Fall bei der sog. Stiefkindadoption oder (bei der Annahme eines fremden Kindes) wenn in der Person des anderen Ehegatten Adoptionshindernisse gegeben sind, die gegen eine Annahme als Kind sprechen, z. B. Geschäftsunfähigkeit (§ 1741 Abs. 2 Satz 4 1. Alternative BGB) oder fehlendes Mindestalter (§ 1741 Abs. 2 Satz 4 2. Alternative BGB). Darüber hinaus soll es einem Ehegatten möglich sein, das von seinem Ehegatten bereits vor der Eheschließung angenommene Kind adoptieren zu können (§ 1742 BGB). Das Gesetz, d. h. das BGB bzw. das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG), sieht zum einen kein gemeinsames Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare vor (das Lebenspartnerschaftsgesetz verweist insofern nur auf die gesetzlichen Regelungen des BGB) wie auch keine gemeinsame Annahme eines Kindes durch ein nicht miteinander verheiratetes Paar. Neben der hier bereits angesprochenen Minderjährigenadoption sieht das BGB auch die Annahme Volljähriger (§ 1767ff BGB) vor, die eigenen und strengeren Voraussetzungen unterliegt. Auf diese soll hier aber nicht näher eingegangen werden. Voraussetzungen für die Annahme eines minderjährigen Kindes Liegt ein Antrag des/ der Annehmenden gem. § 1752 BGB vor, ist vom Familiengericht (§ 197 FamFG) zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Annahme als Kind erfüllt sind. § 1741 Abs. 1 BGB nennt die zentralen, materiellen Grundvoraussetzungen einer Minderjährigenadoption: Förderung des Kindeswohls und die Erwartung, dass ein Eltern-Kind-Verhältnis entstehen wird, die kumulativ vorliegen müssen (Saar in Erman 2008, 4.947). Die Entscheidung über das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände zu treffen, insbesondere ob die BewerberInnen geeignet sind. Zur Eignung gehören u. a. Alter und körperliche Leistungsfähigkeit, Wohn- und Vermögensverhältnisse, Erziehungsfähigkeit und -willigkeit, Intaktheit der Ehe und Verlauf der Adoptionspflege (vgl. Diederichsen in Palandt 2010, 2.014). In der Realität wird die Prüfung jedoch relativiert, wenn es sich um Stiefeltern- und Verwandtenadoptionen handelt. Dann wird regelmäßig davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 1741 BGB vorliegen. Katharina Wiatr Jg. 1985; 1. juristisches Staatsexamen, studentische Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Sozial- und Zivilrecht an der TU Berlin uj 3 (2010) 131 recht Das Kindeswohl als Voraussetzung für die Annahme eines Kindes Für die Zulässigkeit der Adoption kommt es zunächst darauf an, ob die Adoption dem Wohle des Kindes dient, wobei sowohl das physische als auch das psychische Wohl des Kindes bedacht werden muss (Heiderhoff in Viefhues 2009, 1.882). Bei dem Begriff „Kindeswohl“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Ausfüllung den Gerichten obliegt; notwendig ist dabei immer eine Entscheidung am Einzelfall. Die Mindestanforderung ist erfüllt, wenn die Bedingungen für eine günstige psychische, intellektuelle, moralische und emotionale Entwicklung des Kindes deutlich und nachhaltig verbessert werden (sog. Förderungsprinzip, vgl. Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 15. 6. 1996 - X II B 72/ 96 - Z 133, 384; Diederichsen in Palandt 2010, 2.014). Soll also das Kind in ein neues soziales bzw. kulturelles Umfeld integriert werden, muss zu erwarten sein, dass es zu einer (erheblichen) Verbesserung seiner Lebenssituation kommt. Ebenso ist zu berücksichtigen, ob der/ die Annehmende/ n (d. h. Einzelperson oder verheiratetes Paar) zur Ausübung der elterlichen Sorge persönlich geeignet ist/ sind. Das setzt zunächst, wie oben bereits angedeutet, voraus, dass der/ die Annehmende(n) wirtschaftlich in der Lage sind, den Lebensbedarf des Kindes sicherzustellen. Daneben stehen aber auch die Kriterien der Gesundheit, Altersabstand, charakterliche Schwächen (wie Suchtverhalten) etc. im Fokus (Saar in Erman 2008, 4.947). Schließlich muss neben der Prüfung, ob die Antragstellenden persönlich geeignet sind, das Kind auch in die Familie passen, d. h. es sollten Rivalitäten zu bereits existierenden (leiblichen) Kindern vermieden werden. Grundsätzlich gelten aber bereits vorhandene Geschwisterkinder als dem Kindeswohl eher dienlich (Diederichsen in Palandt 2010, 2.015). Entstehen eines Eltern-Kind- Verhältnisses als Voraussetzung für die Annahme eines Kindes Eine Adoption kann dem Kindeswohl nur dienen, wenn zwischen dem anzunehmenden Kind und den Annehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis besteht bzw. zu erwarten ist, dass eine „soziale Elternschaft“ entstehen wird, welche die durchschnittliche Beziehung zwischen leiblichen Eltern und ihren Kindern (Fürsorge, Erziehung) abbildet (Diederichsen in Palandt 2010, 2.014). Unter subjektiven und objektiven Gesichtspunkten muss also die Prognose gerechtfertigt sein, dass durch die Adoption eine Eltern-Kind-Beziehung entsteht. Oft wird es schwer vorauszusehen sein, ob zwischen dem anzunehmenden Kind und den zukünftigen Adoptiveltern ein Eltern-Kind- Verhältnis entstehen wird. Eine vorgeschaltete Adoptionspflege soll diese Prognose erleichtern (vgl. § 1744 BGB). Diese ist jedoch überflüssig, wenn das Adoptivkind ohnehin schon länger bei den Adoptiveltern lebt, da man in diesem Fall bereits von einer faktischen Elternschaft ausgeht. Die in dieser Zeit, d. h. in der Probezeit, gemachten Erfahrungen dienen dann als Grundlage für die gem. § 189 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) erforderliche gutachterliche Äußerung des Jugendamtes bzw. der Adoptionsvermittlungsstelle zur Eignung für die Adoption. Ein stabiles Eltern-Kind-Verhältnis ist in der Regel nicht zu erwarten, wenn die Beziehung zwischen Kind und Annehmenden sexuell geprägt ist; auch eine instabile Partnerbeziehung bei gemeinsamer Adoption durch ein Ehepaar (vgl. Saar in Erman 2008, 4.948) wirkt sich negativ auf die Prognose aus. Die Erwartung, es werde zur Herstellung eines Eltern-Kind-Verhältnisses kommen, muss allerdings zur Überzeugung des Familiengerichts bestehen. 132 uj 3 (2010) recht Das Mindestalter der Annehmenden als Voraussetzung für die Annahme eines Kindes Während nach der Konzeption des BGB von 1900 ein Mindestalter von 50 Jahren (und Kinderlosigkeit) vorgesehen war, beträgt das Mindestalter nach § 1743 BGB nunmehr grundsätzlich 25 Jahre, es genügt jedoch schon ein Alter von 21 Jahren, wenn bei einer gemeinschaftlichen Adoption durch Ehegatten der andere Ehepartner bereits das 25. Lebensjahr erreicht hat. Ein Höchstalter wird durch den Gesetzgeber nicht festgesetzt, doch sollte beachtet werden, dass der Altersabstand nicht allzu groß ist, da dies der Entstehung eines Eltern- Kind-Verhältnisses entgegenstehen könnte. Daher kommt eine an sich zulässige Annahme des Enkelkindes durch die Großeltern nur ausnahmsweise in Betracht (Heiderhoff in Viefhues 2007, 1.883; Diederichsen in Palandt 2010, 2.014). Die Einwilligungserfordernis als Voraussetzung für die Annahme eines Kindes Das Familiengericht prüft meist nur, ob die entsprechenden Einwilligungen vorliegen. Wesentliches Erfordernis der Adoption ist die Einwilligung aller unmittelbar Beteiligten: des Kindes selbst, sofern es über 14 Jahre alt ist (§ 1746 BGB; was aber die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters braucht), und der leiblichen Eltern (§ 1747 BGB), da eine Adoption durch die Adoptionswilligen einen schwerwiegenden Eingriff in das grundrechtlich geschützte Elternrecht (Art. 6 GG) darstellt. Problematisch kann es werden, wenn die leiblichen Eltern eine Einwilligung zur Adoption nicht erteilen und nach § 1748 Abs. 1 BGB auf Antrag des Kindes eine Ersetzung der Einwilligung droht (vgl. § 186 FamFG). Die fehlende Zustimmung der Eltern bzw. eines Elternteils wird dann per Gerichtsbeschluss ersetzt, sodass der Weg zu einer Adoption frei ist. Diese Konstellation wird zum Teil auch als sog. Zwangsadoption bezeichnet. § 1748 BGB sieht insgesamt fünf Gründe für die Ersetzung einer Einwilligung der leiblichen Eltern durch das Familiengericht vor: • anhaltende gröbliche Pflichtverletzung der leiblichen Eltern bzw. eines leiblichen Elternteils und unverhältnismäßiger Nachteil bei Unterbleiben der Adoption (§ 1748 Abs. 1 Satz 1 BGB), • Gleichgültigkeit der Eltern bzw. Elternteils trotz Belehrung durch das Jugendamt und unverhältnismäßiger Nachteil bei Unterbleiben der Adoption (§ 1748 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB), • bei zwar nicht anhaltender, aber besonders schwerer Pflichtverletzung und der voraussichtlichen Unmöglichkeit, das Kind der Obhut eines Elternteils bzw. der Eltern zu überlassen (§ 1748 Abs. 1 Satz 2 BGB), und • bei schwerem geistigen Gebrechen der Eltern und bei schwerer Entwicklungsgefährdung des Minderjährigen (§ 1748 Abs. 3 BGB), • schließlich bei nichtehelichen Vätern ohne Sorgerecht, wenn bei Unterbleiben der Annahme dem nichtehelichen Kind unverhältnismäßige Nachteile drohen (§ 1748 Abs. 4 BGB). Vorausgehende Pflege als Voraussetzung für die Annahme eines Kindes Wie bereits erwähnt, geht der eigentlichen Adoption eine Pflegezeit nach § 1744 BGB voraus. Ziel und Zweck dieser Pflege ist, dass sich die annahmewilligen Eltern und das Kind aneinander gewöhnen und dass überprüft werden kann, inwiefern die Eltern praktisch geeignet sind und inwiefern uj 3 (2010) 133 recht das Zusammenleben klappt. Eine Dauer der Pflegezeit ist gesetzlich nicht festgelegt und muss am Einzelfall orientiert werden. Nicht notwendig erscheint aber das Vorschalten einer Pflegephase bei einer Stiefkindadoption oder sofern das Kind schon länger in der Familie lebt. Der Sonderfall § 1741 Abs. 1 Satz 2 BGB Mit der Regelung des § 1741 Abs. 1 Satz 2 BGB wollte der Gesetzgeber dem Kindeshandel präventiv entgegenwirken. § 1741 Abs. 1 Satz 2 besagt, dass in der Regel keine Annahme erfolgt (es sei denn, es ist für das Kindeswohl erforderlich), wenn der/ die Adoptionswillige an einer gesetzes- oder sittenwidrigen Vermittlung oder Verbringung eines Kindes zum Zwecke der Annahme mitgewirkt oder einen Dritten hiermit beauftragt oder hierfür belohnt hat. Ob es sich um eine gesetzes- oder sittenwidrige Vermittlung handelt, richtet sich nach deutschem Recht. Gesetzeswidrig ist hauptsächlich ein Verstoß gegen § 5 AdVermiG (Adoptionsvermittlungsgesetz), der Vermittlungsverbote ausspricht. Ist die Adoption aber für das Wohl des Kindes erforderlich, insbesondere weil sich das Kind bereits bei den adoptionswilligen Eltern eingelebt hat, sich wohl fühlt und daher ein Wechsel in eine neue Familie dem Kindeswohl nicht dienlich ist, ist die Annahme trotzdem auszusprechen. Die Wirkungen einer Adoption Während früher das Rechtsverhältnis zwischen den leiblichen Verwandten und dem anzunehmenden Kind abgesehen von der elterlichen Gewalt in der Regel bestehen blieb (§ 1764 BGB alte Fassung), sieht das Gesetz nun nach § 1754 BGB eine vollständige Integration des Kindes in die Familie des/ der Annehmenden vor. Es hat damit dieselbe Rechtsstellung, vor allem im Hinblick auf Unterhalt und Erbrecht, wie ein leibliches Kind; die das Kind annehmenden Eltern haben die Rechtsstellung wie leibliche Eltern. Das Kind erhält dann (in der Regel) nach § 1757 Abs. 1 BGB den Namen der Annehmenden und die deutsche Staatsangehörigkeit (§ 6 Staatsangehörigkeitsgesetz), sofern es sich um ein ausländisches adoptiertes Kind handelt. Es entstehen damit auch Verwandtschaftsbeziehungen zu den anderen Familienangehörigen der annehmenden Eltern, unabhängig von deren Einwilligung. Mit der Volladoption erfolgt gleichzeitig eine Herauslösung aus dem alten Familienverband, d. h. die Verwandtschaftsverhältnisse zur alten Familie erlöschen (§ 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das Gesetz sieht jedoch in §§ 1755 Abs. 2 und 1756 BGB für bestimmte Arten der Adoption Ausnahmen vom Grundsatz dieser sogenannten Volladoption vor. Trotz grundsätzlichem Erlöschen der Verwandtschaftsbeziehungen wirkt in einigen Bereichen das natürliche Verwandtschaftsverhältnis fort: so etwa im Strafrecht (Verbot des Beischlafs zwischen Verwandten und Missbrauchs von Schutzbefohlenen nach §§ 173, 174 Strafgesetzbuch, StGB), bei Anwendung der Strafprozessordnung (Bestehenbleiben des Zeugnisverweigerungsrechts) oder beim Eingehen einer Ehe (es besteht Eheverbot Verwandter in gerader Linie und zwischen voll- und halbblütigen Geschwistern gemäß § 1307 Satz 2 BGB). Die Lösung des Kindes aus seiner Herkunftsfamilie wird durch ein Offenbarungs- und Ausforschungsverbot gesichert, was in § 1758 BGB normiert ist. Die Bestimmung schützt das Interesse der Adoptiveltern, dass die leiblichen Eltern nicht den Aufenthaltsort des Kindes erfahren und dass das Kind nicht von dritter Seite (d. h. nicht von den „neuen“ Eltern) über seine Herkunft informiert wird, es sei denn, dass besondere 134 uj 3 (2010) recht Gründe des öffentlichen Interesses dies erfordern. Die Aufklärung des minderjährigen Kindes soll den personensorgeberechtigten Adoptiveltern vorbehalten sein. Adoption durch eingetragene LebenspartnerInnen Seit dem 1. 1. 2005 können eingetragene LebenspartnerInnen (Partnerschaften gleichen Geschlechts) das Kind ihres Partners oder ihrer Partnerin adoptieren. Bringt ein/ e LebenspartnerIn ein leibliches Kind (einer früheren Beziehung) mit in die Partnerschaft oder bekommt er/ sie während dieser Partnerschaft ein Kind, kann der/ die andere LebenspartnerIn dieses adoptieren (sogenannte Stiefkindadoption gemäß § 9 Abs. 7 Lebenspartnerschaftsgesetz, LPartG). Im Mai 2009 war das Amtsgericht (AG) Schweinfurt allerdings der Überzeugung, dass der § 9 Abs. 7 Satz 2 LPartG in Verbindung mit § 1754 Abs.1, Abs. 3 BGB verfassungswidrig und nichtig sei, da er gegen das Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG verstoße, indem er durch den Verweis auf § 1754 Abs. 1 und Abs. 3 BGB den annehmenden Lebenspartner dem leiblichen Elternteil des Kindes gleichstelle. Danach können nach Meinung des AGs Schweinfurt Eltern nur Vater und Mutter eines Kindes, also nur ein gemischtgeschlechtliches Paar sein. Konkret ging es im Streitfall um ein lesbisches Paar, das in eingetragener Lebenspartnerschaft lebt. Eine der Frauen hatte bereits ein Kind aus einer früheren Beziehung, welches sie in die eingetragene Lebenspartnerschaft mitnahm. Ihre Partnerin wiederum wollte dieses Kind adoptieren. Das AG Schweinfurt legte diese Streitfrage dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vor, welches die Vorlage als „unzulässig“ zurückgewiesen hat (Entscheidung des BVerfG vom 10. 8. 2009 - 1BvL 15/ 09 - FamRZ 2009, 1.653f). Das Verfassungsgericht in Karlsruhe warf dem Amtsgericht Schweinfurt vor, es habe sich zu wenig mit der bisherigen Rechtsprechung befasst, da für die Elternschaft eben nicht nur die biologische Abstammung, sondern auch das soziale Zusammenleben wichtig sei. A usgeschlossen ist hingegen eine gemeinschaftliche Adoption eines Kindes durch eingetragene Lebenspartnerschaften. Dies ergibt sich zum einen aus § 1741 Abs. 2 Satz 2 BGB, der nur für Ehegatten eine gemeinschaftliche Adoption vorsieht, zum anderen ergibt sich dies aus § 9 LPartG, der in Absatz 6 nur die Adoption durch eine/ n LebenspartnerIn allein (mit Zustimmung des/ der anderen LebenspartnerIn), und eben in Absatz 7 nur die Adoption eines Kindes des/ der anderen LebenspartnerIn erlaubt. Eine sukzessive Adoption durch den/ die LebenspartnerIn des zunächst Annehmenden ist wegen des Verbots der Kettenadoption nicht zulässig (§ 1742 BGB wird durch das Lebenspartnerschaftsgesetz als nicht entsprechend anwendbar erklärt, der nur die Annahme als gemeinschaftliches Kind vorsieht, d. h. auch eine Adoption nacheinander ausschließt). Ein angenommenes Kind kann, solange das Annahmeverhältnis besteht, bei Lebzeiten eines Annehmenden nur von dessen Ehegatten (nicht aber vom Lebenspartner) angenommen werden (Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg vom 16. 6. 2008 - 60 XVI 80/ 05 - FamRZ 2009, 355). Als Begründung dienen oft (divergierende) wissenschaftliche Ansichten über die Folgen einer homosexuellen Elternschaft auf das Kind, ohne sich indes konkret auf einzelne Untersuchungen zu beziehen. Vielfach wird argumentiert, dass Kinder sich nicht richtig entwickeln können, wenn ihnen der Einfluss der entweder väterlichen oder mütterlichen Seite fehle. Des Weiteren wird vorgebracht, dass Kinder für eine gesunde Entwicklung stabile uj 3 (2010) 135 recht Verhältnisse brauchen; der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft hänge aber, nach Meinung einiger, der Makel der Instabilität an, welche aber Studien zufolge nicht belegt werden konnte (vgl. Buba/ Vaskovics 2001). Darüber hinaus wird vertreten, dass Kinder dann zunehmend zu Homosexualität neigten oder dass eine erhöhte Gefahr eines sexuellen Missbrauchs gegeben sei. Bisher konnten allerdings keine negativen Auswirkungen auf das Kind festgestellt werden (vgl. Pätzold 2005, 269f; Detholff 2004, 195f), allenfalls trifft die Kinder eine gesellschaftliche Diskriminierung. Diese kann aber (im Laufe der Zeit) abnehmen, wenn rechtliche Hindernisse und Diskriminierungen abgebaut werden. Ein weiteres Hindernis wird in der Existenz des Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gesehen: der geschützte Bereich der Ehe scheint angegriffen, wenn man das (gemeinsame) Adoptionsrecht auch gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zugestehen würde, da gegenwärtig ein gemeinsames Adoptionsrecht nur für Ehegatten vorgesehen ist. Zwar ist die Lebenspartnerschaft keine Ehe im rechtlichen Sinn, dies erlaube aber keine (offene) Diskriminierung, sondern es handelt sich lediglich um ein aliud (d. h. um eine andere Lebensform) gegenüber der Ehe. Es ist aber insbesondere Aufgabe des Staates, alles zu unterlassen, was die Ehe beschädigt oder sonst beeinträchtigt, und sie durch geeignete Maßnahmen zu fördern. „Geht die Privilegierung der Ehe mit einer Benachteiligung anderer Lebensformen - wie etwa der Lebenspartnerschaft - einher, rechtfertigt der bloße Verweis auf das Schutzgebot der Ehe eine solche Differenzierung aber nicht. Denn aus der Befugnis, in Erfüllung und Ausgestaltung des verfassungsrechtlichen Förderauftrags die Ehe gegenüber anderen Lebensformen zu privilegieren, lässt sich kein in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltenes Gebot herleiten, andere Lebensformen gegenüber der Ehe zu benachteiligen“ (Beschluss des BVerfG vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1194/ 07 zur betrieblichen Hinterbliebenenrente). Vielmehr bedarf es eines besonderen Rechtfertigungsgrundes. Vorliegend kann aber keine nachvollziehbare Argumentation (die wissenschaftlichen Ansichten sind sich insoweit uneins) herangezogen werden, die gleichgeschlechtlichen Paaren ein Adoptionsrecht verwehren könnte. Ebenso wenig wird das Institut der Familie beeinträchtigt. Für die Annahme eines gemeinsamen Adoptionsrechts müsste folglich also nicht einmal die Verfassung geändert werden. Europäische und internationale Rechtsprechung zum Thema Noch im Jahre 2002 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschieden (EGMR 26. 2. 2002 - Beschwerde Nr. 35615/ 97 - FamRZ 2003, 149f), dass die Verweigerung der Genehmigung der Adoption in einem französischen Adoptionsverfahren allein wegen der Homosexualität des Annehmenden zwar eine Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 14 EMRK sei. Art. 14 EMRK sieht dabei - ähnlich wie Art. 3 GG - vor, dass die in der Konvention garantierten Rechte (hier stand die Verletzung des Art. 8 EMRK: Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens infrage) ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten sind. Art. 14 EMRK und Art. 8 EMRK seien aber im vorliegenden Fall dennoch nicht verletzt - so der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte -, wenn die Verweige- 136 uj 3 (2010) recht rung der Adoptionsgenehmigung durch die für die Adoption zuständigen Stellen ein legitimes Ziel anstrebt. Daher könne zum Schutz der Gesundheit und der Rechte der Kinder eine Verweigerung der Adoption gerechtfertigt sein. Hingegen entschied der EGMR im Januar 2008, dass allein das Kindeswohl maßgeblich sei, wenn es um die Genehmigung der Adoption geht. Das Argument, bei der Adoption durch eine Person, die in einer gleichgeschlechtlichen Verbindung lebe, fehle für das Kind eine Bezugsperson des anderen Geschlechts, hatten die RichterInnen des Straßburger Gerichts nicht gelten lassen (EGMR 22. 1. 2008 - 43546/ 02 - FamRZ 2008, 845). Sie urteilten, dass es eine unzulässige Diskriminierung darstellen würde, wenn der Antrag auf Ermächtigung zur Durchführung der Adoption abgelehnt wird und die Ablehnung offensichtlich darauf beruht, dass der/ die AntragstellerIn eine gleichgeschlechtliche Beziehung unterhält. Ein internationaler Vergleich macht deutlich, dass andere europäische Länder im Unterschied zu Deutschland in dieser Hinsicht schon rechtliche Regelungen bezüglich eines gemeinsamen Adoptionsrechts geschaffen haben: In den Niederlanden wurde am 21. 12. 2000 das Gesetz über die Adoption durch gleichgeschlechtliche Partner verabschiedet, das diesen die Annahme eines Kindes unter den gleichen Voraussetzungen wie heterosexuellen Paaren ermöglicht. Zur Adoption werde lediglich eine gewisse Mindestdauer des Zusammenlebens verlangt (Frank in Staudinger 2007, 85). In Schweden ist eine gemeinschaftliche Adoption homosexueller Paare seit 2003 möglich, in Großbritannien seit 2004 sowie in Spanien seit 2005 (Überblick bei Pätzold 2005, 269f). Darüber hinaus sehen Norwegen, Andorra, Belgien, Dänemark und Island ein gemeinsames Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare vor. Das Europäische Übereinkommen über die Adoption von Kindern von 2008, wonach die Staaten das Adoptionsrecht auch auf gleichgeschlechtliche PartnerInnen ausdehnen können, hat Deutschland noch nicht ratifiziert. Aktuelle Entwicklungen in Deutschland In der Großen Koalition der letzten Legislaturperiode kam im Juli 2009 die Idee einer Reform des Adoptionsrechts bezüglich eines gemeinsamen Adoptionsrechts von eingetragenen LebenspartnerInnen auf. Federführend war hier die Ex-Justizministerin Brigitte Zypries, die sich dabei auf eine von ihr in Auftrag gegebene Studie stützte, die nachweist, dass Kinder in homosexuellen Lebenspartnerschaften sich nicht schlechter entwickeln als in anderen Partnerschaften und ebenso gute Chancen haben, eine gesunde Geschlechteridentität auszubilden. „Da, wo Kinder geliebt werden, da wachsen sie auch gut und geborgen auf. Das hat nichts mit der Frage zu tun, sind das zwei männliche oder zwei weibliche Bezugspersonen“, so fasste Zypries die Studie zusammen (vgl. Rupp 2009, Kurzfassung unter www.bmj.de/ lebenspartnerschaft). Ein Gesetzesentwurf wurde dann aber noch nicht auf den Weg gebracht. Der Koalitionsvertrag der aktuellen schwarz-gelben Koalition sieht keine Veränderung hinsichtlich des gemeinsamen Adoptionsrechts vor. Dies ist verwunderlich, da zum einen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sich vor der Wahl noch positiv für ein derartiges Adoptionsrecht ausgesprochen hatte (vgl. tageszeitung vom 6. 6. 2009) und zum anderen die FDP-Fraktion im Februar 2004 im Zuge der Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts einen Entwurf zur Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes eingeuj 3 (2010) 137 recht bracht hat, der unter anderem vorsah, eingetragenen LebenspartnerInnen das Recht zu gemeinsamer Adoption zu eröffnen (vgl. Dethloff 2004, 195f). Die Etablierung eines solchen Vorhabens stieß wohl auf den Widerstand der CDU/ CSU, schließlich strebte die bayrische Staatsregierung (damals noch in Alleinregierung) ehemals ein Normenkontrollverfahren zur Prüfung der Stiefkindadoption vor dem Bundesverfassungsgericht an. Mit Schriftsatz vom 8. Juli 2009 allerdings nahm die Regierung den Antrag zurück (Pressemitteilung des Bundesministeriums für Justiz vom 10. 8. 2009). Das Vorhaben fand dennoch keinen Eingang in den Koalitionsvertrag. Dass der Gesetzgeber gleichgeschlechtlichen PartnerInnen nicht generell das Recht abspricht, Kinder gemeinsam zu erziehen, zeigt sich zum einen in der aufgezeigten Möglichkeit der Stiefkindadoption, aber auch darin, dass diese PartnerInnen schon vor der Reformierung des Lebenspartnerschaftsgesetzes im Jahr 2005 z. B. Pflegekinder annehmen durften (Dethloff 2004, 195ff). Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Landesjugendämter hat bereits im Jahre 1996 empfohlen, dass bei der Suche nach geeigneten Pflegeeltern auch gleichgeschlechtliche PartnerInnen zu berücksichtigen sind. Gerade nach einer längeren Pflegezeit entsteht oftmals eine faktische Elternschaft. Dann dient es aber auch gerade dem Kindesinteresse, wenn diese faktische Elternschaft durch eine rechtliche Annahme abgesichert wird. Mit der Möglichkeit eines Pflegeverhältnisses zeigt der Gesetzgeber, dass es keine grundsätzlichen Bedenken über das Aufwachsen in homosexuellen Partnerschaften gibt, sondern dass es vielmehr auf den Einzelfall ankommt (vgl. Stüber 2005, 576). In Anbetracht des Wandels des Familienbildes und der tatsächlichen gesellschaftlichen Lage (Lebenswirklichkeit) sollte man über eine Revision der vom Gesetzgeber pauschal getroffenen Entscheidung nachdenken, denn auch das traditionelle Ehemodell könnte hin zu einer einseitigen Erziehung verschoben sein, wenn ein Elternteil längere Zeit (beruflich) abwesend ist, wenn es sich um Alleinerziehende handelt bzw. wenn eine Einzeladoption vorliegt. Kinder wachsen bereits zunehmend in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften auf: sei es, weil ein leiblicher Elternteil nunmehr in einer Lebenspartnerschaft lebt oder nur ein/ e PartnerIn der Lebensgemeinschaft das Kind allein adoptiert hat. Die Augen vor dieser immer größer werdenden Anzahl an Kindern, die in sog. Regenbogenfamilien ihre Kindheit verleben, zu verschließen (man schätzt sie auf ca. 11.000), ist nicht mehr zeitgemäß und sollte zu ihren Gunsten hin zu einem gemeinsamen Adoptionsrecht reformiert werden. Die sexuelle Orientierung von (z. B.) Pflegeeltern kann nicht ausschlaggebend sein, wenn es darum geht, einem Kind mehr Rechtssicherheit zu gewähren. In jenem Fall übernimmt der/ die andere PartnerIn, der/ die nicht Elternteil ist, aber genauso Verantwortung. Bei Auflösung der Partnerschaft durch Trennung oder auch Tod kann rechtliche Unsicherheit entstehen. Die Kinder können dann keine Unterhalts- oder Erbansprüche (durch Gesetz) erwerben. Diese gesetzliche Lücke sollte auch zugunsten der betroffenen Kinder in diesen gleichgeschlechtlichen Partnerschaften geschlossen werden, damit sie auch in den Genuss dieser Ansprüche kommen. Adoption durch Nichtverheiratete Wie bereits erläutert, können nur verheiratete Paare gemäß § 1741 Abs. 2 Satz 1 BGB gemeinschaftlich ein Kind annehmen. Dagegen können unverheiratete Paare ein Kind nur einzeln annehmen. Dies hat zur Konsequenz, dass das angenommene Kind 138 uj 3 (2010) recht gemäß § 1754 Abs. 2 BGB „nur“ das Kind des Annehmenden wird. Mehrfache Einzeladoptionen sind ausgeschlossen. Danach ist es einer nichtehelichen bzw. einer nicht eingetragenen Lebensgemeinschaft verwehrt, ein Kind gemeinsam anzunehmen, unabhängig davon, wie stabil die Partnerbeziehung ist oder wie überzeugt die PartnerInnen von der Dauer ihres Zusammenlebens sind. Ist also z. B. der nichteheliche Partner nicht Vater des leiblichen Kindes der Mutter, nimmt aber faktisch - vielleicht auch schon über viele Jahre hinweg - die Vaterposition ein, wird diese Position und die damit verbundene Übernahme der Verantwortung rechtlich (vor allem im Hinblick auf das Erb- und Unterhaltsrecht) nicht abgesichert. Das Verbot der gemeinschaftlichen Adoption unverheirateter Paare entspricht den Vorgaben des Europäischen Adoptionsübereinkommens von 1967. Die Chance zur Revision dieser gesetzlichen Bestimmung hat der deutsche Gesetzgeber aber trotz Neufassung des Europäischen Adoptionsübereinkommens im Jahre 2008 nicht genutzt. Dieses sah für die Vertragsstaaten die Möglichkeit vor, nicht verheirateten Paaren, die eine stabile Beziehung gewährleisten können, eine Adoption zu erlauben (Dethloff 2009, 461). Es ist fraglich, ob angesichts der sich wandelnden familiären Lebensformen und der nicht unerheblichen Scheidungsraten eine solche generelle Ablehnung noch zeitgemäß ist. Die von dem unverheirateten Paar gewollte Verrechtlichung durch die Adoption ist schon Ausdruck einer gewissen Stabilität. Die erforderliche Stabilität einer Paarbeziehung würde sich durch zusätzliche Voraussetzungen sicherstellen lassen, wie etwa einer Mindestdauer der Partnerschaft. Maßstab bei der Prüfung einer möglichen Adoption sollte immer das Kindeswohl sein. Stellt man fest, dass die nicht verheirateten „Eltern“ geeignet sind, sich eine nicht unerhebliche emotionale Verbundenheit zwischen den „Eltern“ und dem Kind z. B. durch die Dauer der Pflege entwickelt hat, und kann die Stabilität der Paarbeziehung plausibel dargelegt werden, sollte man allein darauf abstellen. So wird gegenwärtig pauschal vom Gesetzgeber eine Entscheidung vorweggenommen, ohne dass es zu einer konkreten Prüfung des Kindeswohls kommt. Ziel ist es aber auch nach bisherigem Recht, die Prüfung immer am Einzelfall vorzunehmen. Schlussbemerkung Abschließend ist festzustellen, dass es auf dem Weg zu einer diskriminierungsfreien Gesellschaft noch rechtlicher Reformen bedarf. Das geltende Recht, insbesondere das Lebenspartnerschaftsrecht, weist in Hinblick auf ein gemeinsames Adoptionsrecht fremder Kinder Lücken auf, was den Gleichbehandlungsaspekt angeht. Die generelle Annahme des Gesetzgebers, die gemeinschaftliche Annahme des Kindes nicht zuzulassen, wird dem Kindeswohl nicht gerecht und kann nicht überzeugen, denn schließlich sollte eine Prüfung des Kindeswohls immer am Einzelfall erfolgen. Zudem sollte das Recht der tatsächlichen gesellschaftlichen Lage und der sich kontinuierlich wandelnden Familien- und Lebensformen - auch hinsichtlich nichtehelicher Lebensgemeinschaften - Rechnung tragen. Literatur Buba, H./ Vaskovics, L., 2001: Benachteiligung gleichgeschlechtlich orientierter Personen und Paare. Studie im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz. Köln Bundesministerium für Justiz, 2009: Pressemitteilung vom 10. 8. 2009. Berlin. www.bmj.bund. de, 14. 12. 2009, 1 Seite uj 3 (2010) 139 recht Dethloff, N., 29 2009: Familienrecht. München Dethloff, N., 2004: Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare. In: Zeitschrift für Rechtspolitik (ZRP), 37. 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