unsere jugend
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Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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Schemapädagogik - ein neues Konzept zur Förderung verhaltensauffälliger Jugendlicher
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Marcus Damm
Schemapädagogik ist eine Weiterentwicklung der sogenannten schemaorientierten Therapien (Kognitive Therapie, Schematherapie und Klärungsorientierte Psychotherapie). Im Rahmen dieses Konzepts wird davon ausgegangen, dass nachteilige innerpsychische Muster – Schemata – an den meisten psychosozialen Problemen beteiligt sind. SchemapädagogInnen stellen eine komplementäre Beziehungsgestaltung her und arbeiten mit den Persönlichkeitsfacetten (Schemamodi) des/der Heranwachsenden.
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360 uj 9 (2010) Unsere Jugend, 62. Jg., S. 360 -370 (2010), DOI 10.2378/ uj2010.art38d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Schemapädagogik - ein neues Konzept zur Förderung verhaltensauffälliger Jugendlicher Marcus Damm Schemapädagogik ist eine Weiterentwicklung der sogenannten schemaorientierten Therapien (Kognitive Therapie, Schematherapie und Klärungsorientierte Psychotherapie). Im Rahmen dieses Konzepts wird davon ausgegangen, dass nachteilige innerpsychische Muster - Schemata - an den meisten psychosozialen Problemen beteiligt sind. SchemapädagogInnen stellen eine komplementäre Beziehungsgestaltung her und arbeiten mit den Persönlichkeitsfacetten (Schemamodi) des/ der Heranwachsenden. methodisches arbeiten Ein Beispiel aus der Praxis … Der 36-jährige Streetworker Herr K. hat sein Büro in einem sozialen Brennpunktviertel in einer rheinland-pfälzischen Großstadt. Vor vier Monaten hat er seine Tätigkeit aufgenommen. Die Analyse der ansässigen Jugendszene ergab, dass viele Nationalitäten im Viertel vertreten sind, vor allem türkischstämmige Familien. Die Arbeitslosenquote liegt bei über 20 Prozent, die Kriminalitätsrate ebenso. Viele Jugendliche im Viertel treffen sich auf den beiden nahe gelegenen Spielplätzen. Aber Herr K. begegnet ihnen auch an bestimmten Straßenecken. Er erfährt in persönlichen Gesprächen, dass die meisten Kids keinen Job beziehungsweise keine Berufsausbildung haben. Probleme haben viele auch in der Schule. Seine ersten ernsthaften Kontaktversuche sind mehr oder weniger erfolglos. Er wird von einer sechsköpfigen Clique, die er als erste Zielgruppe fokussiert, etwa zehnmal in verschiedenen Variationen wüst beschimpft (etwa: „Verpiss dich, du Nazi! Wir wollen nichts von dir! “). Andere Jugendliche erzählen ihm, dass die Gruppe nachts durch die Straßen zieht und randaliert, zum Beispiel Mülleimer in Brand steckt. Eines Mittags läuft er am Spielplatz vorbei. Dort stehen die besagten Jugendlichen. Sie üben Kicks und andere Kampfsport- Moves. Er geht zu ihnen rüber, schaut kurz zu und sagt: „Nicht schlecht, der Kick. Ihr habt’s anscheinend drauf. Kennt ihr Bruce Lee? “ Einer in der Gruppe antwortet: „Mann, das war der beste Kung-Fu-Kämpfer, den es je gab! “ - „Na, dann kommt am Samstagabend mal zu mir ins Büro. Ich zeig’ Euch was über Bruce Lee, das habt ihr noch nicht gesehen. Ihr wisst ja, wo mein Büro ist.“ Dr. phil. Marcus Damm Jg. 1974; ist tätig in der Lehrer-Fortbildung und unterrichtet die Fächer Pädagogik, Psychologie und Ethik an der Berufsbildenden Schule Hauswirtschaft/ Sozialpädagogik uj 9 (2010) 361 methodisches arbeiten Dieses Beziehungsangebot wird angenommen. Die Gruppe sucht am vereinbarten Abend sein Büro auf. Herr K. hat für jeden Jugendlichen aus dem Internet Material zu Bruce Lee zurechtgelegt. An diesem Abend hält Herr K. einen Kurzvortag über den asiatischen Kämpfer und händigt den Jugendlichen Memory-Sticks aus, auf denen der Powerpoint-Vortrag gespeichert ist. Einer sagt: „Hey, willst du uns bestechen, Mann? “ Es finden weitere Treffen statt. Zwei Jugendliche halten einen Vortrag über einen anderen Asiaten (Jackie Chan). An einem Abend präsentiert Herr K. einen „Überraschungsgast“: einen Kampfsportlehrer. Der macht mit den Jugendlichen einige Übungen - sie sind begeistert. Die Beziehung zwischen dem professionellen Helfer und den Klienten wird zunehmend stabiler. Endlich kann der Sozialarbeiter weitgehend störungsfrei seine Gruppe unterstützen. Sie erzählen ihm eines Abends von den nächtlichen Machenschaften und sehen nach diversen Gesprächen ein, „dass das Mist ist“. Herr K. vermittelt Praktika, schreibt mit den Kids Bewerbungen und gründet sogar einen „Stammtisch“, zu dem er jeden Samstagmorgen die Jugendlichen und deren Eltern einlädt. Außerdem werden Projekte und erlebnispädagogische Freizeitaktivitäten gemeinsam geplant und durchgeführt. Grundlagen der Schemapädagogik Kognitive Therapie, Klärungsorientierte Psychotherapie, Schematherapie Einige Konzepte aus der Nachbardisziplin Psychologie fanden den Weg in die sozialpädagogischen Helferberufe. Das trifft leider nicht auf die sogenannten schematherapeutischen Arbeitsweisen und Konzepte zu, obwohl sie vor allem die innerpsychischen Prozesse der KlientInnen konkret fokussieren, thematisieren und bearbeiten. Gemeint sind vor allem die Konzepte Schematherapie (Young u. a. 2008) und Klärungsorientierte Psychotherapie (Sachse u. a. 2009). Schemata und Schemamodi (Persönlichkeitsfacetten) Im Rahmen der Schemapädagogik werden innerpsychische Muster der KlientInnen diagnostiziert, sogenannte Schemata, und thematisiert. Ein solches Schema führt im Falle einer Aktivierung zu bestimmten Erinnerungen, Gedanken (Kognitionen), Emotionen und Körperempfindungen. Zu einer Aktivierung kommt es gewöhnlich, wenn der Betreffende in eine Situation gerät, die in einem Zusammenhang steht mit unliebsamen biografischen Erfahrungen. Die aktuelle Situation wird dann automatisch als Gefahrensituation interpretiert. Intuitiv reagiert er unangepasst, übertrieben. Erschwerend kommt hinzu: Das, was um ihn herum passiert, sieht er als Ursache seines Erlebens an, er erkennt nicht, dass die Situation/ der Mitmensch usw. „nur“ sein(! ) innerpsychisches Muster auslöst. Ein Schema beeinflusst den Lebensstil des Betreffenden maßgeblich (Young u. a. 2008). Zum Beispiel „gerät“ er immer wieder „ungewollt“ in dieselben Situationen. Am Muster Misstrauen/ Missbrauch lässt sich der Mechanismus gut demonstrieren. Manche Personen mit diesem Schema suchen und finden ausschließlich Beziehungspartner, von denen sie schlecht behandelt werden. Oder sie behandeln im Zuge des Musters andere schlecht. In Zusammenhang mit einem oder mehreren Schemata steht ein sogenannter Schemamodus. Er tritt unmittelbar in Erscheinung, sobald ein Schema aktiviert ist. Den Begriff kann man auch übersetzen mit: Ich-Zustand, Persönlichkeitsfacette, Teil- 362 uj 9 (2010) methodisches arbeiten Persönlichkeit. Young u. a. (2008) unterscheiden verschiedene Schemamodi. Ist ein/ e KlientIn etwa im Modus Impulsivundiszipliniertes Kind, dann wirkt er/ sie aufmüpfig, unreflektiert, bockig. Ist zum Beispiel der Schikanierer- und Angreifer- Modus aktiviert, erscheint der/ die Betreffende sadistisch, unempathisch und gewaltbereit (siehe unten). Erfahrungsgemäß haben die KlientInnen so gut wie keinen Einblick in ihre innerpsychischen Strukturen, genauer gesagt, sie kennen ihre eigenen Schemamodi (und Schemata) nur ungenügend. Wenn zum Beispiel ein/ e KlientIn „mal wieder seine/ ihre fünf Minuten hat“ und versucht, den/ die SozialarbeiterIn an der Nase herumzuführen, so könnte Letztere/ r zu dem Schluss kommen: „So, jetzt bist du im Manipulierer, Trickser, Lügner-Modus.“ Ganz wichtig: Ist einer der genannten Modi aktiv, denkt, fühlt und handelt der/ die KlientIn in einer ganz bestimmten Weise. Mit „gesundem Menschenverstand“ kann man ihn/ sie nicht von seinem/ ihrem „Trip“ abbringen. Man muss warten, bis der/ die Betreffende „runterkommt“ beziehungsweise im sogenannten Modus des Gesunden Erwachsenen ist. Dann erst ist er/ sie selbstreflektiert, einsichtig, reaktionsflexibel, offen und aufnahmefähig. In Tabelle 1 sind die wichtigsten Modi sowie ihre Auswirkungen zusammengefasst (Roediger 2009, 67). Schemapädagogik in der Praxis Komplementäre Beziehungsgestaltung SchemapädagogInnen offenbaren neben den üblichen humanistischen Einstellungen (Empathie, Kongruenz, Akzeptanz) auch ein ganz bestimmtes Auftreten. Sie passen sich aktiv und direkt an die Motivebene der KlientInnen an. D. h. sie arbeiten an einer komplementären Beziehungsgestaltung. Die Fachkraft interpretiert Verbales und Non-Verbales und erspürt quasi das hinter den Tests und Psychospielen verborgene Bedürfnis. PraktikerInnen werden es wissen: Gerade „schwierige“ Kinder und Jugendliche brauchen vor allem Anerkennung, das Gefühl von Solidarität, Wichtigkeit und Verlässlichkeit (Sachse u. a. 2009). Gleichzeitig dauert es gewöhnlich seine Zeit, bis der/ die professionelle HelferIn einen privaten Zugang zu dem/ der Betreffenden findet. Grund: Der/ die KlientIn hat früher einmal ausführlich gelernt, dass Grundbedürfnisse nicht so leicht befriedigt oder sogar sanktioniert werden, wenn man sie anmeldet. Daher kommt es ja erst zu den Tests, Psychospielen und - zu den Schemata. Welche Bedürfnisse jeweils im Vordergrund stehen, finden SchemapädagogInnen recht zügig heraus. Sie achten auf spezielle Verhaltensweisen der KlientInnen, die dazu dienen, ihre/ n GesprächspartnerIn zu manipulieren, ihm erwünschte Reaktionen aufzuzwingen. Problemaktualisierung und Schemamodus-Diagnose Kommt es im Beisein der Fachkraft immer wieder zu einem speziellen Problemverhalten, kann es leicht auf einen zugrundeliegenden Schemamodus bezogen werden. Vielleicht mobbt ein/ e KlientIn regelmäßig eine bestimmte Person (Schikanierer- und Angreifer-Modus). Oder er/ sie kommt stets zu spät zu Verabredungen und hält sich nicht an Absprachen (Modus Impulsiv-undiszipliniertes Kind). Problemklärung Ist durch die Realisierung der komplementären Beziehungsgestaltung genug „Bezieuj 9 (2010) 363 methodisches arbeiten hungskredit“ (Sympathie, Vertrauen, Solidarität) aufgebaut, mehren sich die Situationen, in denen man mit dem/ der KlientIn authentisch und informell kommunizieren kann (Sachse u. a. 2009). Grund: Er/ sie befindet sich häufiger im Modus des Gesunden Erwachsenen. In solchen Momenten sollte der/ die KlientIn dazu motiviert werden, an der Bewusstwerdung seiner/ ihrer kostenintensiven Persönlichkeitsfacetten (Schemamodi) zu arbeiten. Spielerisch bzw. humorvoll bietet man ihm/ ihr einen „Schemamodus-Arbeitsbegriff“ an, mit dem er/ sie etwa anfangen kann. Einige Beispiele: „Wenn dich jemand auslacht, kommt der böse Max in dir raus, nicht? “ (Ärgerliches Kind) - „Wenn du so einen Strebertyp siehst, spricht schnell der Mobbing-Max Das Modusmodell umfasst … Bei entsprechender Aktivierung ist die Person … Kind-Modi a) Verletzbares Kind b) Ärgerliches (bzw. wütendes) Kind c) Impulsiv-undiszipliniertes Kind d) Glückliches Kind … verwundbar, sensibel, emotional … aufgebracht, unreflektiert, sauer … bockig, widerspenstig, aufmüpfig … begeistert, kontemplativ, unbekümmert, glänzend aufgelegt Maladaptive Modi Unterordnender Modus (Angepasster Unterwerfer) Gefühlsvermeidende Modi a) Distanzierter Beschützer b) Distanzierter Selbstberuhiger c) Aggressiver Beschützer Überkompensierende Modi (Übertreiber) a) Selbsterhöher b) Schikanierer- und Angreifer- Modus c) Manipulierer, Trickser, Lügner d) Zerstörer-/ Killer-Modus e) Zwanghafter Kontrolleur … passiv, aufmerksam, vorsichtig, vorauseilend „dienlich“ … rational, unnahbar, ausweichend … emsig, aktiv (neigt auch zu Suchtmittelmissbrauch) … vorauseilend „stachelig“, feindselig … denunzierend, narzisstisch, selbstverherrlichend … sadistisch, teuflisch, gewaltbereit … motiviert, durch Tricks verdeckt ein bestimmtes Ziel zu verfolgen … gewalttätig, brutal, mitleids- und gewissenlos … überkontrollierend, spaßbefreit Maladaptive internalisierte Eltern-Modi Innere Antreiber (nach außen und innen wirkend) Innere Bestrafer (nach innen und außen wirkend) … sehr anspruchsvoll sich selbst und anderen gegenüber … geneigt, sich selbst und anderen physischen/ psychischen Schaden zuzufügen Modus des Gesunden Erwachsenen Gesunder Erwachsener … selbstreflektiert, rational, reaktionsflexibel, neugierig, offen, aufnahmefähig Tab. 1 364 uj 9 (2010) methodisches arbeiten aus dir, gell? “ (Schikanierer- und Angreifer-Modus). Erfahrungsgemäß entwickeln die KlientInnen rasch ein Bewusstsein von ihren innerpsychischen Strukturen. Festigt sich ein Arbeitsbegriff, wird dieser immer mal wieder in Unterhaltungen eingestreut, damit er sich festigt, etwa: „Na, hat sich der Mobbing-Max mal wieder gemeldet? “ Folglich ergeben sich so förderliche Gespräche, und der/ die KlientIn lernt eine kostenintensive Seite von sich besser kennen. Kommt es einmal im Beisein der Fachkraft zu einer entsprechenden Schemamodus-Aktivierung, kann nunmehr gezielt interveniert werden: „Aha! Da ist er ja, der Mobbing-Max! “ Irgendwann sollten auch Gespräche über die Vor- und Nachteile des jeweiligen Schemamodus geführt werden. Da die Nachteile immer überwiegen, entwickelt sich seitens des/ der KlientIn leicht ein stetig anwachsendes Problembewusstsein. Aktive Hilfe beim Transfer der Ergebnisse Wenn KlientInnen verschiedene Namen für ihre kostenverursachenden Persönlichkeitsfacetten gefunden haben, sind die Voraussetzungen für eine bewusste Kontrolle der Schemamodi geschaffen. Ziel der schemapädagogischen Bemühungen ist die Förderung der Selbstkompetenz der KlientInnen. Sie sollen irgendwann in der Lage sein, einen kostenintensiven Schemamodus zu kontrollieren. Der/ die HelferIn unterstützt sie dabei. Außerdem kommen in dieser Phase zwei Arbeitsweisen aus der Schematherapie zum Einsatz: die Schemamodus-Erinnerungskarte und das Schemamodus-Tagebuch. Die Karte, auch Schemamodus-Memo genannt, füllt der/ die KlientIn mit dem/ der HelferIn aus. Sie hat die Form eines Arbeitsblatts und besteht aus vier Teilen. Zunächst (1.) benennt der/ die KlientIn eine typische Situation, die seinen/ ihren Schemamodus auslöst. Im folgenden Abschnitt (2.) macht sich der/ die Betreffende die Wirkungsweisen des Modus bewusst. Schließlich (3.) geht es darum, das unangebrachte Denken, Fühlen und Erleben ad absurdum zu führen. Letztlich (4.) wird eine alternative Verhaltensweise ins Auge gefasst, die Belohnungscharakter hat. Die soll dann auch in der Praxis umgesetzt werden. Es ist auch hilfreich, KlientInnen zum Führen eines Schemamodus-Tagebuchs zu motivieren. In diesem werden Schemamodi-auslösende Situationen - und wie man mit ihnen umging - festgehalten. Folgendes Memo, das in der Sprache des Klienten gehalten ist, stammt von einem männlichen Jugendlichen. Der Schüler M. ist 17 Jahre alt, und es wird der Schemamodus Schikanierer- und Angreifer-Modus thematisiert. (Wichtig ist, dass der Klient mit eigenen Worten die Erinnerungskarte ausfüllt.) Angelehnt ist das Memo an die Empfehlungen von Roediger (2009, 84). Die Erinnerungskarte von M. 1. Benennen einer Situation, in der ich wütend werde „Wenn ich in meiner Stammkneipe sitze und mich jemand zu lange anguckt.“ 2. Erkennen der aktivierten Teil-Persönlichkeit „Ich weiß, dass so eine Situation Wut in mir auslöst, weil dann der aggressive M. in mir hochkommt - er war in ähnlichen Situationen kurzfristig nützlich.“ 3. Anerkennen des unangepassten Denkens und Realitätsprüfung „Mein Gedanke, dass der andere mir schaden will, muss nicht stimmen. Vielleicht schaut er nur ‚einfach so‘ in der Gegend herum. Nicht jeder, der mich anguckt, will sich mit mir schlagen.“ 4. Trennen vom alten und Festigung des neuen Verhaltens „Ich habe bisher immer gleich aggressiv reagiert und dem anderen Prügel angedroht. Ich uj 9 (2010) 365 methodisches arbeiten könnte mich stattdessen umdrehen und gehen, auch wenn meine Kumpels das uncool finden. Die müssen sich ja nicht mit den Folgen auseinandersetzen.“ Das Arbeitsblatt sollte dem/ der KlientIn ausgehändigt werden. In relevanten Situationen kann er/ sie dann noch rechtzeitig einen Blick auf die Karte werfen und so möglicherweise die üblichen kostenverursachenden Handlungen unterbinden. Außerdem bietet sich für Straffällige das Führen von Schemamodus-Tagebüchern an. In diesem wird täglich festgehalten, wann es zu Aktivierungen kommt und wie man der Sachlage letztlich Herr wurde. Schemapädagogik in der Straßensozialarbeit Straßensozialarbeit (Streetwork) ist eine Arbeitsform der sogenannten mobilen Jugendarbeit. Sie findet in ländlichen Räumen und städtischen Ballungsgebieten statt und beginnt dort, wo Jugendliche nicht (mehr) von den öffentlichen Institutionen erreicht werden. Die KlientInnen sind in der Regel zwischen 12 und 21 Jahre alt. Zielgruppen sind: • randständige Subkulturen, • Jugendliche aus verschiedenen Szenen (Punks, Skins, Raver usw.), • aggressive, gewaltbereite Jugendliche, • Drogengefährdete, • Obdachlose, • Prostituierte. Die professionellen HelferInnen sind darum bemüht, Zugang zu den eben genannten Jugendgruppen zu bekommen. Erfahrungsgemäß kann dieses Unternehmen für die Fachkraft sehr Stress auslösend sein. Ein ganz wichtiges Charakteristikum der Straßensozialarbeit ist, dass sie weitgehend in das alltägliche Lebensmilieu der erwähnten Zielgruppen eingebunden ist (Steffan 1989). StreetworkerInnen suchen die KlientInnen dort auf, wo sie sich schwerpunktmäßig (außerhalb des Wohnbereichs) aufhalten. Meistens handelt es sich dabei um Szenetreffpunkte, die frequentiert werden. Gewöhnlich wird dann vor Ort, das heißt am jeweiligen Treffpunkt, eine unverbindliche Beratung angeboten. Aber es gibt oft auch die Möglichkeit einer institutionellen Zusammenkunft, etwa in Büroräumen, die den StreetworkerInnen zur Verfügung stehen (Keppeler/ Specht 2005). Diese Rückzugsmöglichkeit wird erfahrungsgemäß von den Jugendlichen überwiegend positiv angenommen. Streetwork hat das Ziel, benachteiligten Jugendlichen den Weg zurück ins gesellschaftliche Leben zu ebnen (Sachsse 2008); hierzu wird ressourcenorientiert interveniert, außerdem werden gleichzeitig institutionelle Hilfsnetzwerke aufgebaut, um die Betreffenden sozial zu integrieren. Eigene Schemata und Schemamodi berücksichtigen Die Arbeit mit Jugendlichen, die zu den oben genannten Zielgruppen gehören, erfordert eine hohe Frustrationstoleranz. Leicht werden aufseiten der Fachkraft maladaptive Schemamodi aktiviert; die Jugendlichen setzen ihre ganzen Manipulationskompetenzen ein. StreetworkerInnen haben vor allem in der Phase des Beziehungsaufbaus entsprechend mit allerhand Tests, Images und stressauslösenden Psychospielen zu tun. Es ist sehr wichtig, dass sich die Fachkraft nicht zu negativem Feedback verleiten lässt. Hierzu muss sie sich bewusst machen, dass sich viele Peergroups bewusst nach außen hin abkapseln. Die einzelnen Mitglieder erleben die Gleichaltrigengruppe als Schonraum. Jedwede Intervention 366 uj 9 (2010) methodisches arbeiten von außen kann als „Störung“ wahrgenommen werden. Auf der anderen Seite haben viele Jugendliche die Auffassung entwickelt, dass „die“ Erwachsenen sie einschränken, kontrollieren und erziehen wollen. Entsprechend kommt es häufig zu vorauseilendem Argwohn den StreetworkerInnen gegenüber. Komplementärer Beziehungsaufbau Im Arbeitsfeld Straßensozialarbeit braucht die Fachkraft meistens ein ganz bestimmtes Fingerspitzengefühl, um auf die Jugendlichen einen guten Ersteindruck zu machen. Wie schon gesagt, es ist sehr wichtig, dass man etwaige Tests erfolgreich besteht (in Bezug auf das obige Beispiel: „Verpiss dich, du Nazi. Wir wollen nichts von dir! “). Bei so einer Provokation bleibt die Fachkraft auf der Sachebene und verweist eventuell auf ihre Tätigkeiten und Aufgaben, die sie aufnehmen will. Herr K. konnte einen ersten positiven Kontakt zu der von ihm ausgewählten Gruppe knüpfen, als er authentisch auf ihre Interessen einging; in diesem Fall stand Kampfsport im Mittelpunkt. Das von ihm dann formulierte Beziehungsangebot traf die Motivation der Jugendlichen, und sie suchten ihn in seinem Büro auf. Sie sahen sich seinen Powerpoint-Vortrag an und zeigten dabei Interesse. Erfahrungsgemäß ist es eine sinnvolle Vorgehensweise, sich zunächst voll und ganz auf die Interessen der Zielgruppe einzustellen. Vielleicht hört der/ die SozialpädagogIn den Namen eines Musikers oder Künstlers. Kann er/ sie dann über dieses oder jenes Thema mitreden, reicht das häufig schon aus, um einen guten Eindruck zu hinterlassen. Meistens ist es auch ein Vorteil, wenn man die Sprache beherrscht, die auf der Straße gesprochen wird, oder aber auch den ortsüblichen Dialekt kommunizieren kann. Solche Eigenschaften können sicherlich in diesem Arbeitsfeld als soziale Kompetenzen bezeichnet werden, die ihren Sinn meistens nicht verfehlen. Ausbau von vorhandenen Kompetenzen Die Konfrontation mit den Kosten der maladaptiven Schemamodi der Jugendlichen kann erst stattfinden, wenn genug Beziehungskredit erarbeitet wurde. Gerade im Arbeitsfeld Straßensozialarbeit dient der Ausbau der vorhandenen Kompetenzen gleichzeitig auch dem Beziehungsaufbau. In der Regel geht die Gruppe als Ganzes verschiedenen Interessen nach, die Ansatzpunkte für die Fachkraft darstellen. In Bezug auf obiges Exempel hat der Streetworker das Thema asiatischer Kampfsport aufgegriffen. Andere Gruppen hätte man vielleicht mit einem Musik- oder Tanzprojekt zu gemeinsamen Aktivitäten motivieren können. Prinzipiell erscheint es jedoch besser, Schritt für Schritt vorzugehen. Werden gemeinsame Projekte irgendwann realisiert, wird die ganze Gruppe in vielerlei Hinsicht gefördert. Jeder ist involviert, hat seine Aufgabe, und jeder erfährt Anerkennung, Solidarität und das Gefühl von Wichtigkeit. Infolge dieser Entwicklungen wird der/ die StreetworkerIn mehr und mehr von der Gruppe akzeptiert und respektiert. Die manipulativen Interaktionsspiele, die noch am Anfang der Zusammenarbeit praktiziert wurden, werden von der Gruppe nach und nach aufgegeben. Eventuell ergeben sich Gespräche mit den KlientInnen, in denen sie von ihren beruflichen oder schulischen Zukunftsplänen berichten. Die Fachkraft kann die Jugendlichen daraufhin eventuell bei der Vermittlung von Praktika beziehungsweise Schulplätzen unterstützen. Die Durchführung von Bewerbertrainings in den Büroräumen der Fachkraft ist ebenso denkbar. uj 9 (2010) 367 methodisches arbeiten Problemaktualisierung In der Zeit des komplementären Beziehungsablaufs bleiben problematische Erlebnisse der Jugendlichen außerhalb der gemeinsamen Zeit gewöhnlich nicht aus, sei es in der Schule, in der Freizeit, im Beruf oder Ähnliches. Es ist dann wichtig, Konflikte, die sich offensichtlich stets wiederholen, zu registrieren, einzuordnen und auf zugrundeliegende Schemamodi zu beziehen. Meistens erzählen die Jugendlichen irgendwann auch dem/ der StreetworkerIn von den Vorfällen. Falls nicht, wird dies von der Fachkraft bemerkt, und sie konzentriert sich wieder auf den komplementären Beziehungsaufbau. Werden entsprechende Vorfälle geschildert, hört die Fachkraft aktiv zu und unterstützt die Ausführung der Jugendlichen durch Empathie, Kongruenz und Akzeptanz. Kritik beziehungsweise Tipps äußert der/ die HelferIn anfangs nur, wenn er darum gebeten wird. Dies trägt wieder zu mehr Beziehungskredit bei. Die Fachkraft ist sich darüber bewusst, dass jegliche Konfrontation wieder Beziehungskredit abbucht. Daher praktiziert sie ausschließlich entsprechende Interventionen, wenn sie wirklich angebracht sind. Problemklärung In einer passenden Situation führt der/ die StreetworkerIn die Gruppe in die Schemamodi ein, wobei er/ sie, wie in anderen Arbeitsfeldern auch, Begriffe zur Beschreibung wählt, die aus der Sprache der KlientInnen entlehnt ist. Diese Phase kann etwa an einem gemeinsamen Abend beginnen, wenn es die Umstände erlauben. Dann herrscht eine hohe Wahrscheinlichkeit vor, dass viele der Anwesenden gerade im Modus des Gesunden Erwachsenen sind. Eine solche Intervention kann der/ die StreetworkerIn etwa einleiten mit den Worten: „So, Leute. Heute Abend reden wir mal über die anderen Personen, die so in uns schlummern.“ Um die Jugendlichen für das Thema zu sensibilisieren, kann er/ sie ein vorbereitetes Plakat an die Wand heften. Auf diesem Plakat ist ein Oberkörper inklusive Kopf aufgezeichnet. „Das bin ich“, sagt er/ sie zu den Jugendlichen. „Und manchmal“, er/ sie zeichnet dabei eine kleine (eindeutige) Figur in seinen/ ihren Oberkörper, „kommt der/ die Fiese-[Vornamen einfügen] in mir raus. Dann bin ich [Verhaltensweisen einfügen, die „ein bisschen“ fies sind].“ Alleine schon diese „Offenbarung“ fördert den Aufbau von Beziehungskredit. Die Jugendlichen sehen sich zum Teil in der Fachkraft wieder. Der/ die StreetworkerIn kann daraufhin den Jugendlichen Plakate und Stifte geben. Sie sollen dasselbe Prozedere durchführen, das er/ sie vorher praktiziert hat. Auf diese Weise entwickeln die Heranwachsenden leicht die kognitive Reife, die für die Wahrnehmung von inneren Teil-Persönlichkeiten notwendig ist. Außerdem wird dadurch den Zu-Erziehenden erfahrungsgemäß schnell klar, dass sie als Person sehr wohl mit den Konsequenzen zu tun haben, die ein maladaptiver Schemamodus fabriziert. Herr K. beispielsweise hat in so einer Situation die Jugendlichen auf die nächtlichen Sachbeschädigungen angesprochen; sie haben ihm gegenüber aufgrund von ausreichend vorhandenem Beziehungskredit Reue gezeigt. Unterstützt werden kann ein entsprechend klärendes Gespräch durch die Einführung in die Schemamodi. Der Streetworker kann dann alle anwesenden Jugendlichen ansprechen; er kann in den Raum werfen: „Na, in wem von euch steckt denn noch so ein kleiner Randalierer, der manchmal ein bisschen auf den Putz hauen will? “ Eine solche Intervention ist erfahrungsgemäß wirkungsvoller, wenn sie humorvoll klingt (obwohl das Vergehen der Jugendlichen alles andere als humorvoll ist). Melden sich mehrere Jugendliche - und das passiert dann meistens -, knüpft der Streetworker an weiteren möglichen 368 uj 9 (2010) methodisches arbeiten Vergehen an, an denen der „kleine Randalierer“ möglicherweise beteiligt ist. Eventuell ist es sogar möglich, weitere Persönlichkeitsfacetten der Jugendlichen noch am selben Tag zu thematisieren. Die Fachkraft schätzt vor Ort ein, ob die Jugendlichen dazu motiviert sind. Mithilfe der Schemamodus-Klärung entsteht bei den KlientInnen meistens ein Problembewusstsein. Um dieses zu fördern, entwirft der/ die StreetworkerIn mit den Betreffenden Schemamodus-Memos. Mit diesen wird weiter gearbeitet. Die Fachkraft kann in Absprache mit den Jugendlichen etwa ein Belohnungs- und Bestrafungssystem in Bezug auf die angestrebte Kontrolle des jeweiligen Schemamodus einrichten. Aktive Motivation zur Problembewältigung Die Arbeit mit Gruppen bringt einen erfreulichen Vorteil mit sich. Die Jugendlichen, die ihr Leben wirklich verändern wollen, motivieren die anderen Heranwachsenden - was zu einer wechselseitigen Verstärkung führen kann. Auf der anderen Seite macht auch der/ die StreetworkerIn als ganzheitliches Vorbild einen positiven Eindruck. Von vielen Heranwachsenden wird er/ sie als FreundIn, von manchen als Kumpel oder sogar als Vater-Ersatz wahrgenommen. Er/ sie hat entsprechend einen großen Einfluss auf die KlientInnen, kann sie motivieren, anspornen, in die Verantwortung nehmen usw. Der Eingangsfall vor dem Hintergrund des Schemamodells … Seine ersten ernsthaften Kontaktversuche sind mehr oder weniger erfolglos. Er wird von einer sechsköpfigen Clique, die er als erste Zielgruppe fokussiert, etwa zehnmal in verschiedenen Variationen wüst beschimpft (etwa: „Verpiss dich, du Nazi! Wir wollen nichts von dir! “) (eventuell: Erduldung des Schemas Soziale Isolation). Andere Jugendliche erzählen ihm, dass die Gruppe nachts durch die Straßen zieht und randaliert, zum Beispiel Mülleimer in Brand steckt (Zerstörer-/ Killer-Modus). Eines Mittags läuft er am Spielplatz vorbei. Dort stehen die besagten Jugendlichen. Sie üben Kicks und andere Kampfsport- Moves (Modus Selbsterhöher/ Wichtigtuer). Er geht zu ihnen rüber, schaut kurz zu und sagt: „Nicht schlecht, der Kick. Ihr habt’s anscheinend drauf. Kennt Ihr Bruce Lee? “ (Berücksichtigung des Bedürfnisses nach Anerkennung, komplementäre Beziehungsgestaltung). Einer in der Gruppe antwortet: „Mann, das war der beste Kung-Fu- Kämpfer, den es je gab! “ - „Na, dann kommt am Samstagabend mal zu mir ins Büro. Ich zeig’ Euch was über Bruce Lee, das habt ihr noch nicht gesehen. Ihr wisst ja, wo mein Büro ist.“ (komplementäre Beziehungsgestaltung). Dieses Beziehungsangebot wird angenommen. Die Gruppe sucht am vereinbarten Abend sein Büro auf. Herr K. hat für jeden Jugendlichen aus dem Internet Material zu Bruce Lee zurechtgelegt (Berücksichtigung der Bedürfnisse Wichtigkeit, Anerkennung, Verlässlichkeit). An diesem Abend hält Herr K. einen Kurzvortag über den asiatischen Kämpfer und händigt den Jugendlichen Memory-Sticks aus, auf denen der Powerpoint-Vortrag gespeichert ist. Einer sagt: „Hey, willst du uns bestechen, Mann? “ (Test) Es finden weitere Treffen statt. Zwei Jugendliche halten einen Vortrag über einen anderen Asiaten (Jackie Chan) (Befriedigung des Bedürfnisses nach Anerkennung). An einem Abend präsentiert er einen „Überraschungsgast“: einen Kampfsportlehrer. Der macht mit den Jugendlichen einige Übungen - sie sind begeistert. (Der uj 9 (2010) 369 methodisches arbeiten Streetworker befriedigt das Bedürfnis der Jugendlichen nach Solidarität.) Die Beziehung zwischen dem professionellen Helfer und den Klienten wird zunehmend stabiler. Endlich kann der Sozialarbeiter weitgehend störungsfrei seine Gruppe unterstützen. Sie erzählen ihm eines Abends von den nächtlichen Machenschaften und sehen nach diversen Gesprächen ein, „dass das Mist ist“ (Modus des Gesunden Erwachsenen). Herr K. vermittelt Praktika, schreibt mit den Kids Bewerbungen (Berücksichtigung der Bedürfnisse Wichtigkeit, Anerkennung, Verlässlichkeit) und gründet sogar einen „Stammtisch“, zu dem er jeden Samstagmorgen die Jugendlichen und deren Eltern einlädt. Außerdem werden Projekte und erlebnispädagogische Freizeitaktivitäten gemeinsam geplant und durchgeführt. Schemapädagogische Analyse und Interventionen Die Gruppe wollte zunächst vom Sozialarbeiter nichts wissen und wies seine Kontaktversuche aggressiv zurück. Der Sozialarbeiter ließ sich von diesen Tests nicht beeindrucken und blieb weiter positiv zugewandt. Hätte er sich provozieren lassen, hätte er seinen bis dato aufgebauten Eindruck auf einmal verloren. Es gelang ihm schließlich, über das Thema Kampfsport einen Zugang zur Gruppe zu finden. Er orientierte sich weiterhin an den Interessen der Jugendlichen und konnte so maßgeblich dazu beitragen, dass sie ihm gegenüber ihr manipulatives Verhalten und weitere Tests unterließen. Die Gruppe gestand sogar die nächtlichen Vergehen. In diesen Momenten, in denen der Modus Gesunder Erwachsener aktiviert war, hätte der Streetworker verschiedene maladaptive Schemamodi thematisieren können, und zwar in einer humorvollen Weise („So, in wem von euch steckt denn noch so ein kleiner Randalierer? “). 3. Aufl. 2005. 2062 Seiten. (978-3-497-01817-8) gb Umfassend und kritisch - diese Schlagworte charakterisieren ein Handbuch, das seit Jahren ein unverzichtbarer Bestandteil Sozialer Arbeit ist. Das Nachschlagewerk ist für die tägliche Arbeit und für das Studium sinnvoll strukturiert: Die über 200 Beiträge sind al- • phabetisch sortiert - von Abweichung über Handlungskompetenz bis Zivilgesellschaft. Mit dem systematischen Ver- • zeichnis können Sie schnell auf inhaltlich verwandte Beiträge zugreifen - zum Beispiel auf alle Beiträge zur Sozialpolitik, zur Aus- und Weiterbildung oder zum Wohlfahrtsstaat. Ein ausführliches Register hilft • bei der gezielten Suche nach Stichwörtern. a www.reinhardt-verlag.de 370 uj 9 (2010) methodisches arbeiten Bei weiteren Treffen hätte der Streetworker auch gemeinsam mit den Jugendlichen Schemamodi-Memos erarbeiten können. In Bezug auf den professionellen Umgang mit potenziell delinquenten oder allgemein schwierigen Gruppen ist es sinnvoll, irgendwann die Schemamodi anzusprechen und mit ihnen zu arbeiten. Denn nur weil infolge der komplementären Beziehungsgestaltung vorwiegend der Modus des Gesunden Erwachsenen aktiviert ist, sind andere (maladaptive) mentale Zustände nicht plötzlich „weg“. Sie können - vor allem in Abwesenheit des Streetworkers - in entsprechenden Situationen wieder aktiviert werden und delinquentes Verhalten auslösen. Es kommt dann trotz etwaiger Versprechen („Ich mach kein Scheiß mehr! “) wieder zu Rückfällen. Diese sollten dann wieder thematisiert werden. Literatur Damm, M., 2010 a: Praxis der Schemapädagogik. Schemaorientierte Therapien und ihr Potenzial für psychosoziale Arbeitsfelder. Stuttgart Damm, M., 2010 b: Von der Schematherapie zur Schemapädagogik. Neue Möglichkeiten und Methoden für das Praxisfeld Erziehung. Wiesbaden Keppeler, S./ Specht, W., 3 2005: Mobile Jugendarbeit. In: Otto, H.-U./ Thiersch, H. (Hrsg.): Handbuch Sozialarbeit/ Sozialpädagogik. München, S. 1234 - 1235 Roediger, E., 2009: Was ist Schematherapie? Paderborn Sachse, R./ Fasbender, J./ Breil, J./ Püschel, O., 2009: Grundlagen und Konzepte Klärungsorientierter Psychotherapie. Göttingen u. a. Sachsse, C., 6 2008: Straßensozialarbeit/ Streetwork. In: Kreft, D./ Mielenz, I. (Hrsg.): Wörterbuch Soziale Arbeit. Weinheim/ München, S. 940 - 946 Steffan, W., 6 1989: Straßensozialarbeit: eine Methode für heiße Praxisfelder. Weinheim Young, J. E./ Klosko, J. S./ Weishaar, M. E., 2008: Schematherapie. Ein praxisorientiertes Handbuch. Paderborn Der Autor Dr. phil. Marcus Damm Institut für Schemapädagogik Höhenstraße 56 67550 Worms info@marcus-damm.de www.schemapädagogik.de
