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Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/uj2010.art21d
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Lernen und Lernunterstützung in der frühen Kindheit
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Bernhard Kalicki
Der vorliegende Beitrag will den aktuellen Kenntnisstand zu Lernprozessen im Vorschulalter und zu Konzepten der frühkindlichen Bildung im Überblick darstellen. Diese Schilderung orientiert sich an aufeinander folgenden Entwicklungsphasen, die sich typischen Altersbereichen zuordnen lassen. Inwiefern die elementarpädagogischen Handlungskonzepte diesen altersspezifischen Lernprozessen Rechnung tragen, wird kritisch zu prüfen sein.
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194 uj 5 (2010) Unsere Jugend, 62. Jg., S. 194 -206 (2010), DOI 10.2378/ uj2010.art21d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Lernen und Lernunterstützung in der frühen Kindheit Bernhard Kalicki Der vorliegende Beitrag will den aktuellen Kenntnisstand zu Lernprozessen im Vorschulalter und zu Konzepten der frühkindlichen Bildung im Überblick darstellen. Diese Schilderung orientiert sich an aufeinander folgenden Entwicklungsphasen, die sich typischen Altersbereichen zuordnen lassen. Inwiefern die elementarpädagogischen Handlungskonzepte diesen altersspezifischen Lernprozessen Rechnung tragen, wird kritisch zu prüfen sein. frühkindliche bildung Einleitung Das Praxisfeld der Frühpädagogik erfährt in jüngster Zeit eine verstärkte Aufmerksamkeit, sowohl innerhalb der Pädagogik als auch in der öffentlichen und tagespolitischen Debatte. Ein breiter Konsens besteht in der Auffassung, dass Bildung nicht erst mit der Einschulung beginnt und dass die frühkindliche Bildung eine öffentliche Aufgabe darstellt. Die Bemühungen, der vorschulischen Betreuung, Erziehung und Bildung - in dieser Trias umreißt das Kinder- und Jugendhilfegesetz seit 1991 die Aufgaben der Kindertageseinrichtungen - mehr Verbindlichkeit zu geben und allen Kindern hierdurch annähernd gleiche Startchancen im schulischen Bildungssystem zu gewähren, reichen von der Einführung frühpädagogischer Bildungspläne, der Einrichtung elementarpädagogischer Studiengänge an Fachhochschulen und Universitäten und der Initiierung zahlreicher länderspezifischer Förderprogramme bis hin zur Freistellung der Familien von Elternbeiträgen für das letzte Kindergartenjahr. Grundlegend für alle diese Reformansätze ist ein vertieftes Verständnis frühkindlicher Lernprozesse. In den vergangenen Jahren brachte die Forschung zur kognitiven und sozial-emotionalen Entwicklung im Vorschulalter, auch angestoßen durch die rasante Entwicklung der Hirnforschung und ihre starke Rezeption in der Pädagogik (z. B. Spitzer 2002; kritischer hierzu: Becker 2006; Hagner 2006), eine Fülle neuer Erkenntnisse. Die frühpädagogische Theoriebildung wird in jüngster Zeit stark geprägt durch konstruktivistische Modelle oder „Selbstgestaltungstheorien“ (Montada 2008), die den Menschen als aktiven Mitgestalter seiner eigenen Entwicklung betrachten. Schließlich erweist sich eine bindungstheoretisch orientierte Prof. Dr. Bernhard Kalicki Jg. 1966; Diplom-Psychologe, Wissenschaftlicher Referent am Staatsinstitut für Frühpädagogik (IFP) in München und Professor für frühkindliche Bildung an der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit Dresden (FH) uj 5 (2010) 195 frühkindliche bildung Erforschung der frühkindlichen Entwicklung in familialen und außerfamilialen Sozialisationskontexten als besonders ertragreich (Ahnert 2008). Einer gängigen Definition zufolge versteht die pädagogische Psychologie unter Lernen eine auf Erfahrung beruhende dauerhafte Veränderung im Wissen oder Verhalten, wobei intendierte und unbeabsichtigte, gewünschte und unerwünschte, bewusste und unbewusste Veränderungen eingeschlossen sind (Hill 2002). Lernen erfolgt über eine Reihe unterschiedlicher Mechanismen der Wissens- oder Verhaltensaneignung, was gerade für pädagogische Fragestellungen von Belang ist. Kontexte, Formen und Bedingungen frühkindlichen Lernens In welchen Kontexten oder Settings Lernen stattfindet, welche Rolle die Person selbst als handelndes Subjekt hierbei spielt und welche Formen oder Mechanismen zu dem Lernergebnis führen, variiert in Abhängigkeit von der Verhaltens- oder Entwicklungsdomäne und dem Entwicklungsstadium (zum Überblick z. B. Siegler/ DeLoache/ Eisenberg 2005). Der „kompetente Säugling“ Die Anthropologie hat den Menschen als ein „Mängelwesen“ (Gehlen 1971) beschrieben, das zu früh und unfertig geboren wird und das daher der Kultur als einer zweiten, schützenden Haut bedarf. Die Verhaltensausstattung des Neugeborenen mit einer ganzen Reihe von Reflexen, also erfahrungsunabhängig abrufbaren Reaktionen, ist beeindruckend. Hierzu zählen Schutzreaktionen (z. B. Blinzeln, Klammern, Greifen), ebenso Reaktionen der Hinwendung zum Reiz (Suchen, Saugen) oder hoch komplexe motorische Programme (Schwimmen, Schreiten). Dennoch setzt auch das Lernen schon vor der Geburt ein. So sprechen bereits Feten ab der 32. Schwangerschaftswoche mit einer nachlassenden neuronalen Reaktion auf wiederholte Reize an und reagieren unvermindert heftig auf neuartige Reize. Die Habituation stellt eine basale, sehr reiznahe Form der Repräsentation und des Erinnerns dar. Nachgewiesen sind zudem Geruchs-, Geschmackssowie akustische Präferenzen des Neugeborenen, die nach der Geburt eine gewisse Zeit anhalten und ebenfalls auf pränatales Lernen zurückzuführen sind. Die erfahrungsabhängige Ausbildung der Hirnstruktur Die Abbildung der Wirklichkeit (mentale Repräsentation) erfolgt in der Großhirnrinde, wobei die Fertigstellung der Nervenzellen gegen Ende des sechsten Schwangerschaftsmonats weitgehend abgeschlossen ist, nicht jedoch die Ausbildung von Verknüpfungen (synaptischen Verbindungen) zwischen den Nervenzellen. Die Ausdifferenzierung der Hirnstruktur in den verschiedenen Hirnarealen unterliegt unterschiedlichen Zeitplänen: Die Ausbildung der Hör- und Sehzentren geschieht vornehmlich in den ersten Lebensmonaten, die Ausformung der Sprachzentren folgt zeitlich verzögert, und die Synapsenbildung in den für das Denken verantwortlichen Frontallappen der Großhirnrinde erstreckt sich über die gesamte Kindheit. Die Ausdifferenzierung der Hirnstruktur umfasst dabei erstens die (deutlich überschüssige) Bildung synaptischer Verbindungen zwischen Nervenzellen und zweitens den Erhalt derjenigen Verknüpfungen, die tatsächlich genutzt werden. Erst mit dem Abbau ungenutzter Nervenverschaltungen erhält das Gehirn seine differenzierte Struktur. Diese Erkenntnisse der 196 uj 5 (2010) frühkindliche bildung Hirnforschung haben weit reichende Implikationen für die Frage, ob Verhalten, Persönlichkeit und Entwicklung des Menschen vorwiegend genetisch determiniert sind oder aber von der gesammelten Erfahrung abhängen („Nature-Nurture-Debatte“). Wie die moderne Hirnforschung zeigt, erfolgt bereits die Ausbildung der neuronalen „Hardware“ des Denkens in Abhängigkeit von Erfahrung. Ein einseitiger biologischer Determinismus ist demnach ebenso unangemessen wie reine Lern- oder Milieutheorien (vgl. auch Singer 2002). Pädagogisch bedeutsam ist die Feststellung, dass das Kind von der Geburt an ein aktiver Problemlöser und Kommunikationspartner ist. Wahrnehmung, Bewegung, Denken und Handeln bilden schon beim Neugeborenen eine Einheit. Schon die Bildung erster psychischer Schemata beruht auf Aktivität. Klassische und operante Konditionierung Als „klassische Konditionierung“ wird der Lernprozess bezeichnet, bei dem ein neutraler Reiz, der wiederholt in Verbindung mit einem Reflex auslösenden Reiz dargeboten wird, nach der Lernphase auch allein dargeboten diesen Reflex auslöst. Das Lernen über Konditionierung scheint besonders leicht zu funktionieren, wo die Verknüpfung beider Reize das Überleben sichert. Die Kopplung von Reizen an das Füttern gelingt beispielsweise schon in den ersten Lebensmonaten, die Konditionierung von Fluchtreaktionen hingegen erst dann, wenn der Säugling über die dafür nötigen motorischen Fähigkeiten verfügt. Frühkindliche Lernprozesse sind also eingepasst in bereichsspezifische Zeitpläne der Entwicklung. Während der Säugling bei der klassischen Konditionierung Information aus seiner Umgebung aufgreift (nämlich die Information, dass Reize miteinander auftreten), spielt bei der „operanten Konditionierung“ das eigene Tun des Säuglings eine zentrale Rolle. Gelernt wird hier aus den Folgen des eigenen Handelns, die diese Handlung entweder verstärken oder aber unterdrücken können. So wirkt z. B. eine süße Flüssigkeit verstärkend auf das Saugen, eine saure Flüssigkeit hingegen unterdrückt weiteres Saugen. Mit zunehmendem Alter und Verhaltensrepertoire des Säuglings wird der Mechanismus des operanten Konditionierens auf ein zunehmend breiteres Spektrum an Reaktionen und Reizen ausgedehnt. In der Interaktion des Säuglings mit seinen Eltern führen die wechselseitigen Reaktionen beider Interaktionspartner - das Kind schaut in die Augen der Bezugsperson, diese reagiert mit Blickkontakt und einem Lächeln, was von dem Kind seinerseits mit einem Lächeln beantwortet wird - zum Erwerb und zur Etablierung neuer Verhaltensweisen einerseits und zu dyadischen Kommunikationsmustern, die rasch an Komplexität zunehmen. Hierauf baut die Entwicklung dyadischer Bindungsbeziehungen auf, worauf wir zurückkommen werden. Ein desorganisierter Erfahrungsraum, in dem die Verhaltensweisen des Kindes nicht zu den erwarteten Ergebnissen führen, und ein fehlendes Interaktionsangebot einer erwachsenen Bezugsperson lassen schwerwiegende Entwicklungsstörungen des Kindes erwarten (Cicchetti/ Cohen 2006). Imitation Die Fähigkeit des Nachahmens von Gesten und Kopfbewegungen besitzt bereits das Neugeborene. Das Herausstrecken der Zunge, das Öffnen des Mundes oder auch ein trauriger Gesichtsausdruck werden schon im Alter von zwei Tagen bis zu wenigen Wochen von dem Kind gespiegelt. Auch hier ist die Bedeutung für die frühe uj 5 (2010) 197 frühkindliche bildung soziale Interaktion und Kommunikation offensichtlich. Die verschiedenen Lernprozesse greifen stets in einem sozialen und kulturellen Kontext (vgl. auch Tomasello 2002), was durch die lerntheoretischen Begriffe wie „Reiz“ oder „Situation“ eher verdeckt wurde. Die soziale Lerntheorie präzisiert diese Lernprozesse und betont in ihren Weiterentwicklungen die Beiträge des handelnden Subjekts zu seiner eigenen Entwicklung (Bandura 1986; 2006). Schritte hin zur gegenseitigen Aufmerksamkeitslenkung Im Alter von etwa sechs Monaten richtet das Kind, z. B. in einer typischen Spiel- oder Wickelsituation, seine Aufmerksamkeit entweder auf einen Gegenstand oder auf die erwachsene Bezugsperson. Zwei bis drei Monate später wird der Gegenstand zunehmend in die Interaktion einbezogen: Das Kind und der Erwachsene richten ihre Aufmerksamkeit gemeinsam auf den Gegenstand, kommunizieren über den Gegenstand und nutzen ihn in spielerischen Handlungen. Hierbei setzt das Kind den erwachsenen Interaktionspartner zunehmend als Mittel zur eigenen Zielerreichung ein, etwa um einen gewünschten und allein nicht erreichbaren Gegenstand zu bekommen. Für die weitere Entwicklung bedeutsam ist dabei der Schritt hin zur wechselseitigen Steuerung der Aufmerksamkeit: Das Kind lernt, seine Aufmerksamkeit der Aufmerksamkeitsrichtung des Erwachsenen anzupassen oder auch die Aufmerksamkeit des Erwachsenen auf Dinge hin zu lenken, die im eigenen Interesse liegen. In diesem Interaktionsprozess gewinnt die erwachsene Bezugsperson die Rolle eines Lehrers, was den Lern- und Entwicklungsprozessen eine enorme Dynamik verleiht. In dieser Fähigkeit zur wechselseitigen Aufmerksamkeitsregulation, die bereits das menschliche Kleinkind von anderen Pri- 198 uj 5 (2010) frühkindliche bildung maten unterscheidet, sehen manche AutorInnen die Grundlage von Intentionalität und Selbstreflexivität (Tomasello 2002). Spiel und Spielunterstützung Lernen meint die Aneignung von Neuem, und bereits der Säugling besitzt ein ausgeprägtes Bedürfnis nach neuartigen Reizen und Erfahrungen. Das Explorationsverhalten des Säuglings hat dabei Spielcharakter, und das Spiel behält für die frühe Kindheit seine Bedeutung als genuiner Rahmen von Lernenprozessen. Gegenstände (z. B. eine Rassel oder ein Ball) werden fokussiert und ergriffen, sie werden mit den vorhandenen Sinnen erspürt (z. B. betrachtet, betastet, gelutscht), sie werden manipuliert (z. B. geschüttelt, geworfen). In der Wiederholung dieser Handlungen werden die Eigenschaften der Objekte verstanden. Gegenstände und Objekte besitzen als Kulturgüter bestimmte Bedeutungen oder Funktionen, die sich das Kind im Spiel aneignet. Das Spiel ist hierbei gekennzeichnet durch seine Zweckfreiheit und durch die Eigenmotivation der spielenden Person zu dieser Handlung (Oerter 1993): Spielaktivitäten treten spontan auf in Situationen der Untätigkeit und Langeweile, sie werden freiwillig aufgenommen und führen, sobald die Person in das Spiel vertieft ist, zu einem „Verschmelzen“ des Spielenden mit seiner Umwelt. Der Sinn des kindlichen Spiel liegt nicht in einem Spielergebnis oder Endprodukt, sondern in der Handlung selbst. Die Entwicklung des kindlichen Spiels zeigt typische Verlaufsmuster, weshalb sich am beobachteten Spielniveau der Entwicklungsstand eines Kindes taxieren lässt (Largo 2000; Largo/ Benz 2003). So stellt das „funktionelle Spiel“ die einfachste Form eines funktional richtigen Objektgebrauchs dar, etwa wenn das Kind den Hörer eines Telefons (oder Spielzeugtelefons) ohne weitere „Telefonierhandlungen“ an sein Ohr hält. Funktionelles Spiel wird durch Imitation erworben und besitzt einen direkten Bezug zur eigenen Person. Demgegenüber werden auf der Stufe des „repräsentativen Spiels“ Handlungen auf neue Situationen oder Personen (z. B. die Mutter oder eine Puppe) übertragen. Im „sequentiellen Spiel“ werden thematisch verknüpfte Handlungen (z. B. kochen, den Tisch decken, essen, den Tisch abräumen) bereits nachgeahmt. Im „Symbolspiel“ schließlich repräsentiert ein beliebiger und u. U. auch recht einfacher Gegenstand (z. B. ein Bauklotz oder ein Stein) einen anderen Gegenstand (z. B. ein Auto). Im Alter zwischen neun und 30 Monaten wechseln diese Spielniveaus ihre Bedeutung: Das funktionelle Spiel wird kontinuierlich durch die höheren Spielformen ersetzt. Doch auch die Entwicklung des kindlichen Spiels verläuft in einem sozialen Kontext, der entscheidend durch erwachsene Bezugspersonen bestimmt wird (Bornstein 2003). So passen Mütter im gemeinsamen Spiel mit ihrem Kind ihre eigenen unterstützenden Handlungen (z. B. Demonstrieren einer Handlung) an das Spielniveau des Kindes an. Diese entwicklungsangemessene Spielunterstützung erfolgt ohne jede Anweisung und ohne vorangegangenes Training. Die spontan gezeigte und in aller Regel kompetent praktizierte Anpassung des elterlichen Verhaltens an den Entwicklungsstand des Kindes finden wir übrigens auch in der Unterstützung des kindlichen Spracherwerbs. In den ersten zwölf Lebensmonaten erleichtert die „Ammensprache“ durch übertriebene Intonation, hohen Tonfall, einfachen Satzbau und vereinfachten Wortschatz dem Kind die Spracherkennung. Im zweiten Lebensjahr bahnt eine stützende Sprache („scaffolding“) die gemeinsame Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand, was insbeuj 5 (2010) 199 frühkindliche bildung sondere dem Anwachsen des Wortschatzes dient (einführend Weinert/ Grimm 2008). Erst ab einem Alter von 24 Monaten wird das Kind durch eine lehrende Sprache („motherese“) in die Feinheiten der Grammatik eingewiesen. Diese Formen der Lernunterstützung treten offenbar kulturübergreifend auf. Konstruktivistische Entwicklungstheorien explizieren diese Lernprozesse. Das Kind erwirbt und entwickelt sein Wissen und Weltverständnis in der Auseinandersetzung mit der erfahrbaren Realität. Beobachtungen werden anhand der aufgebauten kognitiven Schemata interpretiert und angeeignet (Assimilation), neue und hiermit unverträgliche Erfahrung stößt eine Veränderung solcher kognitiven Schemata an (Akkommodation). Diese Prozesse sowie die regelhaften Entwicklungssequenzen im kindlichen Denken hat Jean Piaget in seiner Stufentheorie der kognitiven Entwicklung präzisiert. Entscheidende Lernprozesse finden dabei in der „Zone der nächsten Entwicklung“ (Wygotski 1987) statt. Diese Zone beschreibt das nächst höhere Entwicklungsniveau und damit den für das Kind anstehenden Entwicklungsschritt. Entwicklung in der Zone der nächsten Entwicklung wird dadurch gefördert, dass eine erwachsene Erziehungsperson entwicklungsangemessene Anregungen oder Instruktionen liefert, dann auch über eine stimulierende Lernumgebung und schließlich durch das Spiel. Exploration und Bindung als komplementäre Verhaltenssysteme Die Bindungsforschung beschreibt Bindung als ein phylogenetisch vorprogrammiertes Verhaltensmuster des Kindes, das bestimmte Emotionen (z. B. Angst, Schmerz) und korrespondierende kindliche Signale (z. B. Schreien) umfasst, die ein zielgerichtetes Verhalten der erwachsenen Bezugsperson auslösen (zur Einführung vgl. Grossmann/ Grossmann 2004; Zimmermann/ Spangler 2008). Bindung darf dabei nicht als eine Eigenschaft des Kindes, sondern muss vielmehr als ein dyadisches System verstanden werden, das die sozioemotionalen Bedürfnisse des Kleinkindes und die Reaktion der Bezugsperson einschließt. Es lassen sich verschiedene Qualitäten der Bindungsbeziehung unterscheiden - eine einfache Systematik unterscheidet in sichere, unsicher-vermeidende, unsicher-ambivalente und desorganisierte Bindung -, wobei sich gegen Ende des ersten Lebensjahres die spezifische Qualität der Beziehung des Kindes zu einer Bezugsperson etabliert hat. Das Kind ist im Säuglings- und Kleinkindalter auf die Fürsorge erwachsener Bezugspersonen angewiesen, die die Regulation des emotionalen Wohlbefindens übernehmen. Wird das Bindungssystem in einer Situation der Verunsicherung oder erlebten Bedrohung des Kindes ausgelöst, so reagiert die Bezugsperson auf entsprechende kindliche Signale mit Handlungen, die zur Beruhigung des Kindes beitragen. Erwachsene Bezugspersonen (in aller Regel sind dies die Mütter oder Väter) unterscheiden sich dabei im Grad ihrer Feinfühligkeit. Eine feinfühlige Reaktion setzt sich zusammen aus (1) der Wahrnehmung kindlicher Signale, (2) der korrekten Deutung dieser Signale, (3) einer angemessenen (effektiven) Reaktion und (4) der Unverzüglichkeit oder Promptheit dieser Reaktion. Die Feinfühligkeit der Bezugsperson erweist sich als wichtigste Determinante der Bindungsqualität. Ein Funktionieren des dyadischen Bindungssystems ist nun von herausragender Bedeutung für frühkindliche Lernprozesse. Denn in Situationen der Verunsicherung, Irritation oder Angst wird das Explorationsverhalten des Kindes abrupt unterbrochen. Erst nach der Auflösung der aversiven oder bedrohlichen Situation wendet 200 uj 5 (2010) frühkindliche bildung sich das Kleinkind wieder neuen Reizen oder einer Spielhandlung zu. Exploration und Bindung bilden damit zwei komplementäre und für die Entwicklung und Bildung des Kindes wichtige Verhaltenssysteme (vgl. auch Ahnert/ Harwardt 2008). Studien von Grossmann und Mitarbeitern (2002) belegen nun, dass sichere Mutter- Kindbzw. Vater-Kind-Bindungen mit einer besonderen Feinfühligkeit der Elternperson in der Spielunterstützung einhergehen. So liefern Mütter und Väter in sicheren Eltern-Kind-Dyaden dann verstärkt Spielangebote, wenn das Kind unkonzentriert ist, unterlassen solche Interventionen jedoch, wenn das Kind bereits in das Spiel vertieft ist. Hierdurch werden verunsicherte oder irritierte Reaktionen des Kindes minimiert und es kommt selten zu einem Spielabbruch. Demgegenüber zeigen Eltern in unsicher-vermeidenden Eltern-Kind-Dyaden signifikant häufiger ein ungünstiges Muster der Spielbegleitung, das durch unangebrachte Intrusionen in das kindliche Spiel, irritierende Reaktionen des Kindes und resultierende Spielabbrüche gekennzeichnet ist. Die Entstehung intrinsischer Lernmotivation Interessante Aufschlüsse über die Bedingungen, die Lernen und Entwicklung begünstigen, liefert schließlich die „Selbstbestimmungstheorie der Motivation“ (Deci/ Ryan 1993; 2002). Sie startet bei der Frage, wie die scheinbar angeborene Neugier aufgegriffen werden kann, um motiviertes und interessengeleitetes Handeln aufzubauen. Die zweckfreie, durch die bloße Freude am Tun begründete Beschäftigung mit einem Thema (z. B. bestimmten Haustieren) oder Ausführung einer Handlung (z. B. Kugeln in ein Gefäß füllen, klettern, Klavier spielen) kann als intrinsisch motiviert verstanden werden; die reine Befolgung einer Anweisung wäre demgegenüber extrinsisch motiviert. Die Übernahmen von Handlungszielen und die Wertschätzung der damit verbundenen Orientierungen erfolgt gemäß dieser Theorie stufenweise. Die Veränderung der Motivation kann in die Richtung zunehmender intrinsischer Motivation verlaufen (ein Gegenstand wird zunehmend interessant), sie kann jedoch auch ihre Richtung wechseln (die Person verliert das Interesse an einer Sache). Die erlebte Befriedigung dreier menschlicher Grundbedürfnisse wirkt hierbei als Triebfeder der intrinsischen Motivation: das Erleben von Kompetenz bzw. Kompetenzzuwachs, das Erleben von Autonomie sowie das Erleben von sozialer Einbindung. Die günstigen Rahmenbedingungen für das Entstehen von intrinsischer Motivation konnten in einer Reihe empirischer Studien identifiziert werden. Hierzu zählen eine vertrauensvolle Umgebung; die Wahrnehmung der Umgebung als Autonomie fördernd; die Abwesenheit von Druck, Zwang und Angst; positive und insbesondere informative Rückmeldungen zur eigenen Handlung oder Leistung; das Vorhandensein von Wahlmöglichkeiten und ein optimales Herausforderungsniveau (Vansteenkiste u. a. 2004). Der praktische Nutzen dieser Theorie für das pädagogische Handeln in unterschiedlichen Lebensphasen und Sozialisationskontexten ist beachtlich. Didaktische Konzepte der Anregung und Lernunterstützung Das methodische Wissen über die richtige Erziehung und Bildung in der frühen Kindheit wurde für unterschiedliche Handlungskontexte systematisiert und formalisiert, so für die Erziehungsberatung (z. B. uj 5 (2010) 201 frühkindliche bildung Tausch/ Tausch 1998), die Elternbildung (Tschöpe-Scheffler 2005) und für die Frühpädagogik (Fthenakis/ Textor 2000). Die verschiedenen Handlungskonzepte oder pädagogischen Ansätze unterscheiden sich z. T. erheblich in ihren Kernannahmen und in den zugrunde liegenden Menschenbildern. In diesem Beitrag beschränken wir uns auf die Behandlung neuerer Konzepte der frühkindlichen Bildung in Kindertageseinrichtungen. Während die vielfältigen Bildungspläne für den Elementarbereich sich damit begnügen, allgemeine Prinzipien pädagogischen Handelns herauszustellen - gefordert wird etwa, die Partizipation der Kinder zu fördern oder den Umgang mit interindividuellen Unterschieden und kultureller Vielfalt zu erlernen -, und darüber hinaus wichtige Entwicklungsbereiche benennen (z. B. sprachliche Bildung, Gesundheitserziehung und Bewegungsförderung), halten sie sich zurück mit methodischdidaktischen Festlegungen oder Vorgaben. Aufgabe der empirischen Forschung bleibt es somit, die Gültigkeit annahmenreicher programmatischer Aussagen und ihre praktische Umsetzbarkeit kritisch zu prüfen (vgl. Kalicki 2010). Elementarpädagogische Methodenkataloge Zahlreiche Lehrbücher für die Erzieherinnenausbildung liefern wenig spezifisches Methodenwissen für die pädagogische Arbeit mit Kindern im Vorschulalter oder tradieren konventionelle Inhalte wie die Gestaltung von Festen und Feiern oder die Ausrichtung am Jahreskreis (z. B. Barth/ Bernitzke/ Fischer 2007). Eine stark ausgearbeitete elementarpädagogische Methodensammlung haben dagegen MacNaughton und Williams (2004) vorgelegt. Schon die Vorbereitung und Gestaltung der kindlichen Lernumgebung wird hier sehr kleinteilig behandelt, etwa das Positionieren von Ausstattung und Material, das Sammeln und Ordnen von Gegenständen oder die Zeitplanung. Daneben werden einzelne Lehr- und Vermittlungsmethoden („teaching techniques“) erläutert, etwa das Demonstrieren von Handlungen oder das Benennen von Gegenständen und Aktivitäten. Hier werden also die bereits angesprochenen elterlichen Grundtechniken einer Elementardidaktik berücksichtigt. Andere Techniken und Handlungsregeln greifen ebenfalls den oben geschilderten Kenntnisstand zu frühkindlichen Lernprozessen und förderlichen Lernbedingungen auf, z. B. das Ermutigen des Kindes („encouraging“), das Assistieren und Helfen, das korrekte Feedback-Geben in Reaktion auf einen Lösungsversuch des Kindes. Aufgeführt werden jedoch auch Vermittlungsmethoden, die wir gemeinhin stärker mit schulischem oder verschultem Lernen assoziieren, nämlich der lehrende Vortrag („telling“) und das Instruieren, also die direkte Unterweisung. Weitere und ausgefeiltere Techniken dieses Methodenkatalogs umfassen neben der situationsangemessenen Unterstützung einer Handlung („scaffolding“) z. B. auch das Philosophieren mit Kindern, das Problemlösen oder das Analysieren einer Aufgabenstruktur. Was hier als untereinander unverbundene Erziehungs- und Bildungsmethoden erscheint, gewinnt deutlich an Kohärenz und Überzeugungskraft, wo die Arbeits-, Lern- und Vermittlungstechniken eingebunden werden in pädagogische Rahmenkonzepte oder Ansätze (z. B. Reggio Children 2002). Umrisse einer konstruktivistischen Pädagogik Derzeit erleben sozial-konstruktivistische Theorien und Konzepte einen merklichen Aufschwung innerhalb der Frühpädagogik. Wenngleich unter dem Begriff des Kons- 202 uj 5 (2010) frühkindliche bildung truktivismus vielfältige und z. T. sehr heterogene Modelle zusammengefasst werden (einen guten Überblick liefert Woolfolk 2008), so lässt sich ein „pädagogischer Konstruktivismus“ mit folgenden Thesen skizzieren (siehe auch Siebert 2005; Voß 2006): 1. Lernen geschieht nicht durch das bloße Empfangen und Verarbeiten von Information, sondern erfolgt über die aktive und individuelle Konstruktion von Wissen. 2. Lernen im Sinne von Konstruktion und Rekonstruktion knüpft stets an das Vorverständnis und Vorwissen der Person an. 3. Probleme sowie Versuche der Problemlösung sind typische Lerngelegenheiten. Neben die Richtigkeit einer Annahme (etwa im Sinne der logischen Widerspruchsfreiheit oder der Verträglichkeit mit Beobachtungen) tritt damit die Nützlichkeit als weiteres Kriterium für das Beibehalten, Verwerfen oder Revidieren einer Überzeugung. 4. Frühkindliches Lernen geschieht auch unter altersgleichen Kindern nicht zeitgleich. Es ist nicht vorhersagbar, von außen steuerbar oder kontrollierbar. 5. Lernen sollte in komplexe, realistische und für den Lernenden relevante Lernkontexte eingebettet sein. 6. Die Lernsituation sollte so arrangiert sein, dass Aushandlungen mit anderen und die Übernahme von Verantwortung möglich sind. 7. Die Auseinandersetzung mit einem Inhalt sollte über vielfältige Formen möglich sein. 8. Die Reflexion des Lernprozesses ermöglicht ein tieferes Verständnis des Gegenstandes, fördert die Kompetenzen zum selbst regulierten Lernen und hat positive Rückwirkungen auf das Selbstbild des Lernenden. uj 5 (2010) 203 frühkindliche bildung Obwohl die Entwürfe einer konstruktivistischen Didaktik für die Bereiche der schulischen und der Erwachsenenbildung am weitesten elaboriert sind (vgl. Siebert 2009; Voß 2005), lassen sich zentrale Konzepte auf die frühkindliche Bildung übertragen, etwa die Anregung von Lernprozessen durch Fragen, das problemorientierte Lernen oder die Lernunterstützung im Dialog (vgl. auch Laewen/ Andres 2002). Die Potenziale der Kindergruppe für frühkindliche Lernprozesse wurden hingegen bislang stark unterschätzt (vgl. Brandes 2008; Youniss 1994), entsprechende didaktische Konzepte fehlen weithin (eine Ausnahme bildet die Altersmischung, vgl. Griebel 2004; Veenman 1995). Zahlreiche reformpädagogische Ansätze teilen die Kernaussagen des pädagogischen Konstruktivismus und liefern methodische Anleitungen zur Gestaltung entsprechender Lernumwelten (z. B. Reggio, Freinet, Waldorf). Schließlich wollen wir erneut auf den Charakter und die Funktion des kindlichen Spiels hinweisen, die einem konstruktivistischen Lernverständnis in hohem Maße entsprechen. In der Praxis der Kindertageseinrichtungen sollte das „Freispiel“ daher nicht zum Auffüllen von Lücken im Tagesprogramm genutzt werden. Vielmehr sollten diese Spielräume den vorgesehenen Ablauf prägen. Aktuelle Fragen in Forschung und Praxis Lernen nimmt in der frühen Kindheit unterschiedliche Formen an und baut auf den Kompetenzen des Kindes zum jeweiligen Entwicklungszeitpunkt auf. So ist der Säugling noch sehr stark auf die Unterstützung einer erwachsenen Bezugsperson angewiesen, und die Entwicklung von einer interpersonalen hin zu einer intrapersonalen Handlungsregulation erstreckt sich über das gesamte Kleinkind- und Vorschulalter (Holodynski 1999). Beobachtungsdaten zur Bildung spontaner Kindergruppen zeigen, dass Kinder im Alter von unter drei Jahren dyadische Beziehungen präferieren und ihre Spiel- und Interaktionsangebote bevorzugt an bestimmte PartnerInnen richten. Beobachtbaren Vorformen der Gruppenbildung fehlt der gemeinsame thematische Bezug, das Zusammenspiel zerfällt leicht durch Ablenkung oder schwindendes Interesse der TeilnehmerInnen. Erst im Kindergartenalter bilden die heranwachsenden Individuen einen eigenständigen Gruppenbezug aus (Brandes 2008). Diese nötigen Differenzierungen erfordern eine elementarpädagogische Didaktik, die deutlicher als bisher Alter und Entwicklungsstand des Kindes berücksichtigt. Der frühpädagogischen Forschung und Theoriebildung mangelt es zuweilen an sauberen Begriffsklärungen, was sich an dem Konzept der Ko-Konstruktion verdeutlichen lässt. Einige AutorInnen verstehen unter ko-konstruktivem Lernen den Austausch von Deutungen und Bedeutungen zwischen erwachsener Erziehungsperson und Kind bzw. Kindergruppe (z. B. MacNaughton/ Williams 2004). Tatsächlich ist jedoch bereits die individuelle Wissenskonstruktion sozial und kulturell eingebettet. Enkulturation, also das Hineinwachsen in eine Kulturgemeinschaft, erfolgt gerade über die Sprache. Dabei wirkt die Sprache durchaus normierend, etwa wenn korrekte Begriffsverwendungen von falschen unterschieden werden. Die Spielräume für Aushandlungen „vor Ort“ sind also begrenzt. Prozesse der Ko-Konstruktion sind zudem keineswegs auf die Erzieherin-Kind-Interaktion beschränkt. So geschehen etwa Begriffsvermittlung und Begriffserwerb auch unter den Kindern (vgl. Mashburn u. a. 2009). 204 uj 5 (2010) frühkindliche bildung Notwendig scheint eine stärkere Abgrenzung des pädagogischen Konstruktivismus vom systemischen und radikalen Konstruktivismus (vgl. Maturana/ Varela 1987; von Glasersfeld 1997; Watzlawick 1995). Diese Klärungen werden notwendig, wenn ein konstruktivistisches Lernverständnis in Bildungskontexten nicht zu einer neuen Form des Laissez-faire werden soll. Was im Hinblick auf die Verkehrserziehung im Vorschulalter schnell einleuchtet - Verkehrsregeln werden für gewöhnlich nicht ausgehandelt, die gefundenen Regelungen sind nicht beliebig -, kann ganz offensiv auf andere Bildungsbereiche übertragen werden. Kleinkinder können und dürfen zwar mit zahlreichen Fehlverständnissen leben; selbst viele Erwachsene benutzen z. B. physikalische Alltagskonzepte, die eindeutig als Misskonzepte zu bezeichnen sind (Wilkening/ Huber/ Cacchione 2006). Die frühkindliche Bildung wird sich jedoch hinreichend stark an ein schulisches oder akademisches Bildungskonzept anlehnen müssen, um die Anschlussfähigkeit an andere Bildungsinstitutionen zu gewährleisten. Für die sprachliche Bildung ist dies besonders evident, da der Erfolg im schulischen Bildungssystem ganz erheblich von der Beherrschung einer akademischen Sprache abhängt. Lernen in der frühen Kindheit darf gleichwohl nicht auf Wissenserwerb und kognitive Entwicklung reduziert werden. Eine Vielzahl von elementarpädagogischen Modell- und Praxisprojekten konzentriert sich derzeit auf die sprachliche und mathematisch-naturwissenschaftliche Bildung. Dabei rücken die sozial-emotionale Entwicklung und der Erwerb sozialer Kompetenzen leicht in den Hintergrund. Die sozialpädagogische Tradition, Kindertageseinrichtungen als Orte des sozialen Lernens zu verstehen, sollte dabei nicht aufgegeben werden. Gute Theorien, wie die vorgestellte Motivationstheorie, liefern uns starke Argumente, die sozialen Aspekte frühkindlicher Lernprozesse im Blick zu behalten. Zahlreiche Befunde der Entwicklungspsychologie und empirischen Bildungsforschung deuten schließlich darauf hin, dass der primären Sozialisation in der Familie eine größere Bedeutung für die Entwicklung des Kindes zukommt als nachfolgenden Sozialisationsinstanzen wie Kindertageseinrichtung oder Schule. Gleichzeitig verspricht man sich von der frühen Erziehung und Bildung in außerfamilialen Betreuungskontexten kompensatorische Effekte (Kalicki/ Brandes/ Schenker, in Druck). Das komplexe Wechselspiel von familialer und außerfamilialer Sozialisation in der frühen Kindheit ist jedoch nur unzureichend erforscht. Notwendig sind daher längsschnittlich angelegte Studien, die die Wirkung von Art, Umfang und Qualität der in der frühen Kindheit erfahrenen Betreuung, Erziehung und Bildung analysieren. Literatur Ahnert, L., 2008: Frühe Bindung. 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(978-3-497-02047-8) kt Seit der britische Psychoanalytiker John Bowlby die Bindungstheorie in den 1950er Jahren aufstellte, wird auf diesem Gebiet interdisziplinär viel geforscht. Dieses Buch gibt einen anschaulichen Überblick über Entstehung und frühe Entwicklung von Bindungsbeziehungen. Führende deutschsprachige Bindungsforscher erklären, welche Faktoren die Bindungsentwicklung beeinflussen, wie sich Bindung auf das Sozialverhalten auswirkt und wie es zu Fehlentwicklungen kommt. Dabei werden Ansätze der Entwicklungspsychologie, Psychoanalyse, Verhaltensforschung, Neuropsychologie und der Sprachwissenschaft einbezogen. a www.reinhardt-verlag.de
