unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/uj2013.art28d
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2013
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Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften und ihre Kinder
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Marina Rupp
In der Bundesrepublik gibt es laut Mikrozensus 2011 ca. 67.000 gleichgeschlechtlich orientierte Paare, die zusammenleben. Rund 40 % davon haben eine Eingetragene Lebenspartnerschaft gegründet. Die Zahl der Kinder, die bei gleichgeschlechtlichen Paaren leben, wird auf 7.000 geschätzt.
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306 unsere jugend, 65. Jg., S. 306 - 315 (2013) DOI 10.2378/ uj2013.art28d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften und ihre Kinder 1 In der Bundesrepublik gibt es laut Mikrozensus 2011 ca. 67.000 gleichgeschlechtlich orientierte Paare, die zusammenleben. Rund 40 % davon haben eine Eingetragene Lebenspartnerschaft gegründet. Die Zahl der Kinder, die bei gleichgeschlechtlichen Paaren leben, wird auf 7.000 geschätzt. von Dr. Marina Rupp Dipl.-Soziologin, stellvertretende Leiterin des Staatsinstituts für Familienforschung an der Universität Bamberg Somit wachsen in weniger als jeder zehnten gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft Kinder auf. Diese Größenordnungen sind in jüngerer Zeit relativ konstant geblieben. Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass es sich um Schätzwerte handelt, die aufgrund der kleinen Datenbasis und des Risikos der Geheimhaltung der sexuellen Orientierung die tatsächlichen Größenordnungen sehr wahrscheinlich unterschreiten. Soweit das auf der Basis der Daten des Mikrozensus 2011 ausgesagt werden kann, bestehen Unterschiede zwischen den Paaren, die in Eingetragener Lebenspartnerschaft leben, und solchen, die auf eine Institutionalisierung verzichten. Lebenspartnerschaften sind häufiger in Großstädten anzutreffen, die PartnerInnen verfügen über ein höheres Bildungsniveau und demzufolge auch über höhere Einkommen (Eggen/ Rupp 2011). Zudem scheinen in Lebenspartnerschaften häufiger Kinder aufzuwachsen als bei anderen gleichgeschlechtlichen Paaren. Ein Studie, die sich näher mit den Kindern in diesen Lebensgemeinschaften befasste, hat das Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg (ifb) in den Jahren 2007/ 2008 im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz durchgeführt. Daran haben 866 PartnerInnen aus 625 Paaren in Eingetragener Lebenspartnerschaft teilgenommen. Aufgrund des Zugangs über die Behörden kann diese Stichprobe als weitgehend repräsentativ für die Zielgruppe betrachtet werden. Zusätzlich wurden 193 PartnerInnen aus 142 gleichgeschlechtlichen Elternpaaren ohne Eintragung zu ihrer Familiensituation befragt, wobei die Repräsentativität dieser Gruppe nicht gewährleistet ist. Daher werden im Folgenden die Familien in Eingetragener Lebenspartnerschaft ausführlich dargestellt, während auf die andere Zielgruppe nur kurz eingegangen wird. 1 Dieser Beitrag ist eine kurze Zusammenstellung ausgewählter Ergebnisse der 2009 von der Autorin herausgegebenen Studie „Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften“. 307 uj 7+8 | 2013 Familien heute Kurzbeschreibung der Lebenspartnerschaften mit Kindern Familienform und -größe Familien mit zwei Vätern oder zwei Müttern werden gerne als Regenbogenfamilien bezeichnet. Dieser Begriff ist ausgesprochen zutreffend, wenn man sich die Vielfalt dieser seltenen Familienform vor Augen führt. Es handelt sich dabei ganz überwiegend um Mutterfamilien (93 %), und sie sind klein. Dies gilt zum einen für die Kinderzahl: Zwei Drittel haben nur ein Kind, 27 % zwei Kinder; drei oder mehr Kinder sind die Ausnahme (7 %). Allerdings soll es in vier von zehn Familien nicht beim Einzelkind bleiben. So wird von einigen überlegt, welcher Weg der beste sei, um die Familie zu vergrößern. Dass Frauen hier mehr Spielräume haben, sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen, begründet die Seltenheit von Vaterfamilien (7 %). Zum anderen leben in Regenbogenfamilien, außer den Eltern und den Kindern, sehr selten weitere Personen. Hinsichtlich der Größe ähneln sich gleichgeschlechtliche und heterosexuelle Lebensgemeinschaften sehr, während bei Ehepaaren deutlich häufiger zwei oder drei und mehr Kinder leben. Bildungsstand von Eltern und Kindern Die Eltern in Regenbogenfamilien weisen ein überdurchschnittliches Bildungsniveau auf: Nur 12 % verfügen über einen Hauptschulabschluss, 29 % über einen Realschulabschluss oder eine vergleichbare Qualifikation. 58 % haben das Abitur oder Fachabitur, und nur weniger als 1% besitzt keinen Schulabschluss. Bei allen Eltern in Deutschland sind die drei Schultypen folgendermaßen vertreten: 36 % besitzen einen Hauptschul-, 31 % einen mittleren Abschluss und 30 % das Abitur. Knapp 4 % haben keinen Abschluss erworben. Es besteht somit eine große Differenz bezüglich des Bildungsstandes der Regenbogenfamilien im Vergleich mit anderen Familienformen. Entsprechend der schulischen Qualifikationen sind auch die beruflichen Abschlüsse der befragten Eltern deutlich überdurchschnittlich: 45 % besitzen einen Abschluss von einer Hochschule oder Fachhochschule - im Vergleich zu 18 % bei allen Eltern. Demgegenüber haben nur 32 % eine Ausbildung im dualen System absolviert, was für 53 % aller Eltern in Deutschland zutrifft. Über keinen beruflichen Abschluss verfügen 4 % der LebenspartnerInnen, jedoch 14 % aller deutschen Eltern. Auch die Kinder weisen zum Befragungszeitpunkt höhere Bildungschancen auf als Kinder in heterosexuellen Familien: Beispielsweise besuchen 38 % der Kinder von Regenbogenfamilien im Hauptschulalter ein Gymnasium im Vergleich zu 17 % aller Kinder in Deutschland im gleichen Zeitraum. Nur 13 % sind HauptschülerInnen, aber 34 % der Vergleichsgruppe. Bei der Realschule ist das Verhältnis 26 % zu 17 %, bei sonstigen Schultypen 23 % zu 32 %. Erwerbstätigkeit der Eltern und finanzielle Lage Gleichgeschlechtliche Eltern sind in höherem Maße als heterosexuelle Elternpaare erwerbstätig (77 %), allerdings häufig in Teilzeit. Dabei ist zu beachten, dass in heterosexuellen Familien Mütter häufiger nicht berufstätig sind, während Väter in der Regel (Vollzeit) arbeiten. Bei gleichgeschlechtlichen Paaren teilen sich die Eltern die Berufstätigkeit gleichmäßiger auf: Während bei heterosexuellen Elternpaaren zu 73 % eine Kombination von (männlicher) Vollzeit- und (weiblicher) Teilzeitbeschäftigung dominiert, hat nur knapp die Hälfte der gleichgeschlechtlichen Paare ein solches Muster gewählt und bei einem Viertel arbeiten beide Vollzeit, bei weiteren 11 % beide Teilzeit. Die finanzielle Situation ist in den meisten Familien gut. Betrachtet man das absolute Haus- 308 uj 7+8 | 2013 Familien heute haltseinkommen, so ist dies sogar etwas höher als bei verheirateten Paaren und deutlich höher als in nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Größe des Wohnraums Entsprechend des ökonomischen Potenzials ist auch die Ausstattung mit Wohnraum bei gleichgeschlechtlichen Eltern gut und sehr ähnlich wie bei Ehepaarfamilien. Nur 10 % der Familien haben weniger als 75 qm zur Verfügung, 28 % bis zu 100 qm, 24 % bis 125 qm, 20 % bis 150 qm, und 18 % verfügen über mehr als 150 qm. 36 % der Lebenspartnerschaften besitzen ein eigenes Haus, zusätzlich haben sich 13 % ein Haus gemietet, sodass immerhin die Hälfte den Kindern sehr gute wohnliche Rahmenbedingungen bieten kann. Dieser Anteil ist bei Ehepaaren deutlich höher. Herkunft der Kinder Die Beziehungen der befragten gleichgeschlechtlichen Eltern haben sich oftmals schon lange bewährt und der gemeinsame Haushalt besteht im Durchschnitt schon seit knapp siebeneinhalb Jahren. Deshalb sind Kinder in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften oft und in zunehmendem Maße solche, die in diese Beziehung hineingeboren wurden. Dies trifft auf rund 45 % der Kinder zu. Fast ebenso viele Kinder (44 %) wurden im Rahmen einer früheren heterosexuellen Beziehung oder Ehe geboren. 6 % der Kinder sind Pflegekinder und knapp 2 % Adoptivkinder. Bei insgesamt 3 % der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften war zum Zeitpunkt der Geburt entweder keine oder eine frühere homosexuelle Beziehung vorhanden. Diese unterschiedliche Herkunft bedingt Differenzen in der Biografie, welche nicht unbedeutend sind. Daher werden die verschiedenen Hintergründe mit Ausnahme der heterogenen letztgenannten Gruppe getrennt besprochen. Kinder, die in der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft geboren wurden Bei Kindern, die in der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft geboren wurden, handelt es sich ganz überwiegend um Familien zweier Frauen und sehr oft um Wunschkinder, die durch eine Samenspende gezeugt wurden (82 %). Für diese Kinder ist es zunächst ganz selbstverständlich, mit zwei Müttern oder - sehr selten - Vätern aufzuwachsen. Nur ein Teil der Kinder ist sich der Besonderheit der Familiensituation bewusst - rund zwei Drittel sind noch zu klein, um sich damit auseinanderzusetzen. Soweit die Kinder „aufgeklärt“ sind, hat die Mehrheit die Familiensituation einfach akzeptiert. Manche Kinder haben Nachfragen gestellt, manche waren stolz auf ihre Familie. Negative Reaktionen, wie Wut oder Trauer, zeigte ca. ein Fünftel der Kinder, die sich inzwischen der Familienform bewusst sind. 9 % von ihnen waren zunächst (auch) verunsichert, wie sie damit umgehen sollen. Bei den Inseminationskindern stellt sich die Frage, welche Rolle der Samenspender bzw. Vater einnimmt. Das Vater-Kind-Verhältnis gestaltet sich unterschiedlich: Zur Hälfte sind die Väter gar nicht bekannt, sodass keine Beziehung bestehen kann. Bei 18 % jedoch sind die Väter sogar ins Geburtenbuch eingetragen und somit „amtlich“. Aber auch von den nicht registrierten Vätern nehmen manche aktiv an der Erziehung und Entwicklung der Kinder Anteil. Kinder, die aus früheren Beziehungen stammen Sie leben meist in einer Stieffamiliensituation mit einem externen Elternteil, der in der Regel der Papa ist. Ein Großteil der Kinder hat die Trennung der leiblichen Eltern bewusst miterlebt. 309 uj 7+8 | 2013 Familien heute Wie andere Trennungskinder auch, haben diese Kinder das Scheitern der Beziehung ihrer leiblichen Eltern zumeist nicht begrüßt, sondern sich erst damit arrangieren müssen. Ca. zwei Drittel der Kinder waren durch die Trennung belastet, ein Teil von diesen hat sehr darunter gelitten. Hierin unterscheiden sich diese Kinder jedoch nicht von anderen Trennungskindern. Nachdem die Trennung zum Befragungszeitpunkt meist schon länger als drei Jahre zurückliegt, haben die Kinder sie inzwischen gut verarbeitet, und nur ein kleiner Teil kann noch nicht wirklich gut damit umgehen. 83 % dieser Kinder haben bewusst miterlebt, wie ihre Mutter/ ihr Vater die gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft gegründet hat. Zwei Drittel haben sich über diesen Schritt gefreut, andere haben ihn akzeptiert. Nur 13 % der Kinder haben den/ die LebenspartnerIn nicht akzeptiert, und 8 % haben Wut, Trauer oder Enttäuschung gezeigt. Nur 7 % haben sich Sorgen darüber gemacht, was Gleichaltrige von ihrer neuen Familie halten. Lediglich in Einzelfällen haben die Kinder versucht, die Lebenspartnerschaft zu verheimlichen oder diese abgelehnt. Pflegekinder Sie kommen teils sehr früh in die Regenbogenfamilie - mehr als die Hälfte war bei diesem Übergang weniger als ein Jahr alt. Die Pflegekinder haben eine sehr spezifische Familienerfahrung, so waren z. B. zwei Drittel aus dieser kleinen Gruppe vorher bereits in einer anderen Familie untergebracht. Alleine die Tatsache, dass eine Pflegschaft eingerichtet wurde, verweist auf schwierige Lebensumstände in den Herkunftsfamilien. Dafür spricht auch, dass nur bei zwei Kindern eine Rückführung zu den leiblichen Eltern vorgesehen ist. Mehr als zwei Drittel der Kinder wissen Bescheid über ihre Familienbiografie, der Rest ist noch nicht alt genug, um deren Bedeutung zu verstehen. Pflegekinder reagieren auf die Information, dass sie kein leibliches Kind der Regenbogeneltern sind, nicht selten (zu 28 %) verunsichert und/ oder haben Angst, erneut verlassen zu werden. Die Mehrheit aber reagiert positiv und ist stolz darauf, „ausgewählt“ und angenommen worden zu sein. Adoptierte Kinder Fremdkindadoptionen sind - wie bereits berichtet - sehr selten. Die betreffenden Kinder wurden oft im Ausland adoptiert. Auch diese Kinder sind meist recht jung in die Familie gekommen. Sie waren häufig noch kein Jahr, höchstens aber fünf Jahre alt, als sie angenommen wurden. Fast alle Kinder wissen heute über ihre Familiensituation Bescheid - bis auf eines, das für eine entsprechende Aufklärung noch zu klein ist. In den meisten Familien wird von Anfang an offen mit dieser Tatsache umgegangen. Diese Information wird unterschiedlich aufgenommen, und die Reaktionen umfassen Freude und Stolz oder auch Verunsicherung, wobei zu beachten ist, dass es sich hierbei um Einzelfälle handelt. Rechtliche Position der Kinder Eine grundlegende Besonderheit in Lebenspartnerschaften ist, dass das Kind in fast allen Fällen zunächst nur zu einem/ einer der PartnerInnen eine rechtliche Beziehung hat. Nur bei Pflegefamilien sind mehrheitlich beide PartnerInnen Pflegeeltern. Bei den anderen Familien wird die rechtliche Beziehung zwischen Elternteil und Kind zu 92 % durch die leibliche Elternschaft begründet, d. h. eine/ r der PartnerInnen bringt ein leibliches Kind in die Beziehung ein oder wird in dieser Beziehung Mutter bzw. (sehr selten) Vater. Daneben gibt es einzelne Pflegekinder, für die nur ein/ e PartnerIn die Pflegschaft ausübt. Nur einen „formalen“ Elternteil haben auch alle Adoptivkinder, denn vor März 310 uj 7+8 | 2013 Familien heute 2013 konnte ein gleichgeschlechtliches Paar weder gemeinsam ein Kind adoptieren noch das Adoptivkind des Lebenspartners oder der Lebenspartnerin annehmen. Demzufolge haben diese Kinder zum Befragungszeitpunkt nur zu einem Elternteil eine rechtliche Beziehung. Heute kann der/ die PartnerIn ein Adoptivkind seines Lebenspartners oder seiner Lebenspartnerin annehmen, wodurch die wenigen Adoptivkinder eine Absicherung durch zwei Eltern erlangen können. Eine gemeinsame Adoption ist weiterhin nicht möglich. Darüber, ob die Eltern diese neue Möglichkeit wahrnehmen, liegen keine Informationen vor. Aufgrund der Äußerungen, welche die Eltern in persönlichen Gesprächen machten, ist allerdings zu erwarten, dass sie dies tun werden. Wenn ein/ e PartnerIn in der Lebenspartnerschaft hingegen ein leibliches Kind hat, besteht schon seit Längerem die Möglichkeit, dass der soziale Elternteil dieses Kind im Rahmen einer Stiefkindadoption annimmt und somit seine Elternschaft auch rechtlich verbindlich macht. Allerdings muss der andere (externe) leibliche Elternteil - soweit vorhanden bzw. bekannt - darin einwilligen und auf seine Elternrechte verzichten. Vor diesem Hintergrund ist verständlich, dass Kinder aus früheren Beziehungen nur sehr selten als Stiefkind angenommen werden, denn zum einen wünschen viele leibliche Eltern, dass der Kontakt zum externen Elternteil auch nach der Trennung erhalten bleibt, und zum anderen möchten die externen leiblichen Eltern ihre Elternrechte bewahren. Anders verhält es sich, wenn die Kinder in die Lebenspartnerschaft hineingeboren wurden, wobei es einen Unterschied macht, ob das Kind durch Insemination gezeugt wurde oder nicht. Von den Inseminationskindern sind mehr als die Hälfte bereits durch die Partnerin adoptiert worden und für weitere 38 % ist das in Zukunft geplant. Die kleine Restgruppe der nicht auf dem Weg der Insemination entstandenen Kinder ist zu 29 % bereits adoptiert, und 53 % der Eltern planen dies noch. Somit kann festgehalten werden, dass die Stiefkindadoption hauptsächlich bei Inseminationskindern durchgeführt wird, denn sie stellen 84 % der angenommenen Kinder. Die Eltern-Kind-Beziehung Die Eltern-Kind-Beziehung kann aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden: aus jener der Eltern und der des Kindes. In Bezug auf die Regenbogenfamilie ist - wie bei Stieffamilien allgemein - von besonderem Interesse, wie sich die Beziehung des Kindes zu seinem sozialen Elternteil entwickelt. Eine entsprechende Frage wurde nur an Eltern mit Kindern aus früheren Beziehungen gerichtet, weil bei den Kindern, die in die Beziehung hineingeboren wurden, davon auszugehen ist, dass es sich ganz überwiegend um gemeinsam gewünschte Kinder handelt. Die Thematisierung dieses Aspektes wäre somit unpassend gewesen. Von den leiblichen Eltern in den„Stiefkindfamilien“ sagen 48 %, ihr/ e PartnerIn hätte zum Kind eine Eltern-Kind-Beziehung aufgebaut. 46 % bezeichnen das Verhältnis als freundschaftlich. Als distanziert wird es nur in 5 % der Familien beschrieben, und dass kaum eine Beziehung bestehe, geben 0,9 % an. Die sozialen Eltern selbst sehen sich noch häufiger in einer Eltern- Kind-Beziehung (57 %) und entsprechend seltener als FreundInnen des Kindes. 4,3 % berichten von einem distanzierten Verhältnis, und nur Einzelne konnten kaum eine Beziehung zu ihrem Stiefkind entwickeln. Somit schätzen die sozialen Eltern ihre Beziehung zum Kind sogar enger ein, als die leiblichen Eltern dies tun. In diesem Zusammenhang wurde auch gefragt, in welchem Maße sich der soziale Elternteil an der Erziehung des Kindes beteiligt, wobei wieder alle Familien angesprochen wurden. Diesbezüglich ergeben sich wiederum Unterschiede vor allem in Bezug auf die Frage, ob das Kind in der Beziehung geboren wurde oder aus einer früheren Partnerschaft stammt. 311 uj 7+8 | 2013 Familien heute Handelt es sich um ein „gemeinsames“ Kind des Paares, so sind die leiblichen Eltern zu 98 % und die sozialen zu 86 % der Ansicht, der soziale Elternteil engagiere sich im gleichen Maße bei der Kindererziehung wie der leibliche. Wurde das Kind dagegen nicht in dieser Partnerschaft geboren, so sind „nur“ drei Viertel der leiblichen und 79 % der sozialen Eltern der Ansicht, das Engagement beider sei gleich groß. 21 % bzw. 19 % sagen, der soziale Elternteil beteilige sich nur in bestimmten Bereichen, und 4 % bzw. 3 % geben an, er beteilige sich kaum oder nicht. Obgleich dieser Anteil sehr klein ausfällt, ist bemerkenswert, dass Eltern mit„gemeinsamem“ Kind diese Antwort nie wählen. Bei diesen Unterschieden ist daran zu erinnern, dass in Lebenspartnerschaften mit Kindern aus früheren Beziehungen nicht selten der zweite leibliche Elternteil vorhanden ist und noch in Kontakt mit dem Kind steht. Demgegenüber handelt es sich bei den Familien mit Kindern, die in dieser Partnerschaft geboren wurden, bei der Familiengründung meist um ein „gemeinsames“ Projekt, an dem beide PartnerInnen beteiligt sind und bei dem vorher abgewogen wird, wie die Schwangerschaft entstehen soll, wer das Kind bekommt und wie das Familienleben gestaltet werden soll. Beteiligt sich der soziale Elternteil „nur“ in bestimmten Bereichen an der Erziehung, so handelt es sich in der Regel nicht um unwichtige: Rund jeder zweite spricht bei der Auswahl der Schule oder der Bestimmung von Ausbildungszielen, beim Taschengeld oder der Freizeitgestaltung mit. Etwas weniger kümmert sich der soziale Elternteil (auch) um allgemeine Erziehungsfragen und das Gesundheitsverhalten. Erziehungsverhalten Die Angaben zum Erziehungsverhalten in Regenbogenfamilien unterstreichen das Bild von guten und harmonischen Beziehungen: ➤ 88 % der Eltern strafen niemals hart für Kleinigkeiten. ➤ 83 % sagen, ihr Kind spüre immer, dass sie es gern haben. ➤ Bei 71 % kommt es niemals vor, dass sie das Kind für kleine Sünden bestrafen, bei weiteren 28 % geschieht dies gelegentlich. ➤ 79 % strafen niemals härter, als es das Kind verdient hätte, 19 % tun dies gelegentlich. ➤ 77 % versuchen nie, ihr Kind anzutreiben, Beste bzw. Bester zu werden; 16 % sagen, dies käme gelegentlich vor. ➤ Gelobt wird demgegenüber oft (33 %) oder immer (57 %). ➤ Auch Trost spenden fast alle Eltern immer (79 %) oder häufig (13 %), ➤ und sie zeigen dem Kind oft (19 %) oder stets, dass sie es gern haben. ➤ Grenzen setzen die Eltern zu 6 % nie, zu 26 % gelegentlich, zu 40 % oft und zu 28 % immer. Vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar, dass das Familienklima als sehr gut bis gut eingestuft wird: 30 % sagen, es stimme eher, und 65 %, es stimme genau, dass in ihrer Familie jeder auf die Sorgen und Nöte des anderen einginge. Nur in 5 % der Familien ist dies (eher) nicht der Fall. Auch sind 79 % ganz und 17 % weitgehend davon überzeugt, dass man in ihrer Familie über alles ganz offen sprechen könne. Auch diesbezüglich ist der Anteil derer, die dieses Statement (eher) ablehnen, mit knapp 4 % sehr klein. Negative Beschreibungen des Familienklimas werden entsprechend eher oder ganz verneint. So stimmt für 42 % überhaupt nicht und für 44 % eher nicht, dass man sich in der Familie schon wegen Kleinigkeiten aufrege. 12 % stimmen hier eher und lediglich 2 % ganz zu. Häufige Reibereien gibt es bei 40 % gar nicht und bei 43 % eher nicht. 13 % stimmen diesem Statement eher und 3,5 % völlig zu. 312 uj 7+8 | 2013 Familien heute Beziehungen zum externen Elternteil Es wurde schon ausgeführt, dass insbesondere bei Regenbogenfamilien mit Kindern aus früheren Beziehungen der andere leibliche Elternteil nicht selten noch eine Rolle im Leben der Kinder spielt, zumal er Elternrechte ausüben kann. Dies gilt auch für einen sehr kleinen Teil der Familien mit „gemeinsamem“ Kind, konkret für 18 % dieser Gruppe, bei denen der Vater im Geburtenbuch eingetragen ist. Insgesamt betrachtet liegen in 49 % der Fälle Informationen zum externen Elternteil und dessen Verhältnis zum Kind vor. Drei Viertel dieser Kinder, die zu 90 % aus früheren Beziehungen stammen, haben Kontakt zum externen Elternteil. Jedes vierte Kind hat aktuell keinen Kontakt - bzw. mehrheitlich keinen mehr. Der Kontaktabbruch ging zumeist von den externen Eltern aus. Nur in einem Fünftel der Fälle hat der Elternteil in der Lebenspartnerschaft darauf hingewirkt. Zugleich hat auch jedes vierte betroffene Kind den Kontakt nicht länger aufrechterhalten wollen. Soweit Kontakt besteht, verkehren fast alle Kinder persönlich mit dem anderen Elternteil (96 %), wobei tägliches Zusammensein nur in Einzelfällen vorkommt (5 %). Fast ein Viertel der Kinder treffen den externen Elternteil (in der Regel den Vater) mehrmals in der Woche und 36 % jede zweite Woche. 17 % der Kontakte finden in monatlichem Abstand statt, die übrigen sehen den externen Elternteil noch seltener. Der Umfang der Zusammentreffen variiert gleichfalls stark: Bei 23 % handelt es sich um kurze, meist mehrstündige Treffen, in 6 % der Fälle verbringen Kind und Elternteil den Tag miteinander. 29 % der Kinder bleiben das ganze Wochenende, und bei 16 % dauern dessen Besuche noch länger. Daneben gibt es individuelle Ausgestaltungen, die keinem regelhaften Muster folgen. Diese unterschiedlichen Kontaktstrukturen gehen einher mit sehr verschiedenen Graden der Präsenz der Kinder im Alltag des anderen Elternteils. Bei der Hälfte ist das Kind nicht wirklich in dessen Alltag integriert. Demgegenüber haben 36 % ein eigenes Zimmer in der Wohnung des anderen Elternteils und 14 % zumindest persönliche Dinge dort. Die Eltern in Lebenspartnerschaft berichten, die Kinder seien überwiegend zufrieden mit den jeweiligen Arrangements. Jedes vierte Kind jedoch wünscht sich eine Änderung, was zumeist heißt, dass es den externen Elternteil häufiger treffen möchte. Selten würden die Kinder diesen lieber nicht so oft sehen. Diese Informationen verdeutlichen eine grundlegende Problematik dieser Familienkonstellation: Wie kann es - auch angesichts der rechtlichen Möglichkeiten - gelingen, die Rolle des sozialen Elternteils in der Familie zu festigen und gleichzeitig dem Kind Zugang zu seiner biologischen Herkunft zu ermöglichen bzw. sogar eine Vater-Kind-Beziehung aufzubauen bzw. zu erhalten? Ein Teil der Familie vollzieht hier einen Balanceakt, in dem versucht wird, allen Interessen gerecht zu werden. Geschlechtsrollen Gleichgeschlechtliche Eltern sehen sich oftmals mit der Frage konfrontiert, ob sie ihren Kindern ausreichend Möglichkeiten bieten, ihre Geschlechtsrollenidentität auszubilden, da diese in der Familie nur mit einem Geschlechtsmodell konfrontiert werden. Die Eltern in Lebenspartnerschaften nehmen diesen Aspekt durchaus ernst: 86 % von ihnen legen Wert darauf, dass ihre Kinder Bezugspersonen des anderen Geschlechts haben. Dafür stehen die anderen leiblichen Elternteile zur Verfügung, oder andere Familienmitglieder, wie Opa oder Onkel, übernehmen diese Rolle. Ein Teil der Familien erschließt im sozialen Umfeld entsprechende Kontaktmöglichkeiten. 313 uj 7+8 | 2013 Familien heute Diese Strategie scheint aufzugehen, denn die Kinder entwickeln für ihr Geschlecht typische Verhaltensmuster: Mädchen achten auf ihre äußere Erscheinung, zeigen Verständnis und Mitgefühl, nehmen andere in den Arm, um sie zu trösten, und streben nach Selbstständigkeit. Sie verhalten sich sogar in manchen Bereichen stärker mädchenhaft als Kinder aus heterosexuellen Familien. Jungen gehen gern zum Sport, rangeln mit anderen Kindern, freuen sich, wenn Jungs etwas besser können als Mädchen, und verhalten sich somit ebenfalls den geschlechtsspezifischen Erwartungen entsprechend. Sie zeigen zwar seltener Stärke, werden aber insgesamt dennoch als„jungenhafter“ eingeschätzt als die Vergleichsgruppe ähnlich alter Kinder. Besondere Anforderungen an Regenbogenfamilien Eine weitere Herausforderung, der sich die Eltern in Regenbogenfamilien stellen müssen, ist die Intoleranz ihrer Lebensform gegenüber der Familienform. Dabei ist die sexuelle Neigung bei den meisten kein Tabuthema: Betrachtet man unterschiedliche Segmente des sozialen Umfeldes, so zeigt sich, dass im engeren Familienkreis zu 98 % alle über die sexuelle Orientierung Bescheid wissen, im weiteren Familienkreis trifft das auf 90 % zu. Der heterosexuelle Freundeskreis ist bei 93 % der Befragten komplett informiert. Etwas seltener werden von den ArbeitskollegInnen, ArbeitgeberInnen, von der Nachbarschaft, vom Umfeld des Kindes oder von den MitarbeiterInnen von Behörden alle Personen informiert. Hier liegen die Anteile aber immer noch zwischen 79 und 87 %, während ein Teil antwortet, aus den verschiedenen Personenkreisen wüssten „viele“ von der gleichgeschlechtlichen Beziehung. Dass niemand aus den genannten Gruppen Bescheid weiß, kommt somit nur in Einzelfällen vor. Lediglich bezüglich der Vorgesetzten/ ArbeitgeberInnen sagen 3 %, keine/ r von ihnen wüsste um die gleichgeschlechtliche Orientierung. Wenn bestimmte Personen nicht eingeweiht werden, so geschieht dies in erster Linie aus Angst vor Diskriminierung. Dies wird verständlich, wenn man sieht, dass 47 % der Befragten wegen ihrer Lebensform auf Ablehnung gestoßen sind. Dabei sind am häufigsten die eigenen Eltern (zunächst) kritisch gewesen; 27 % berichten, dass diese eine ablehnende Haltung gezeigt hätten. Ein noch bedeutsameres Thema ist, inwiefern Kinder wegen der Lebensform ihrer Eltern diskriminiert werden. In Bezug auf entsprechende Erfahrungen der Kinder ist es zum einen nicht sinnvoll, diese Frage an Eltern von Kleinkindern zu richten, da dieses Thema für Kinder unter drei Jahren noch keine Rolle spielen dürfte. Zum anderen können auch nicht alle Eltern klar sagen, ob ihr Kind Erfahrungen der Diskriminierung gemacht hat oder nicht. Lediglich rund ein Fünftel der Eltern gibt an, von entsprechenden Beeinträchtigungen zu wissen, d. h. die Kinder haben ihren Eltern von bestimmten Vorfällen berichtet. Weitere 17 % der Eltern können sich vorstellen, dass ihr Kind diskriminiert wurde, aber nicht darüber gesprochen hat. Somit liegt der Anteil der Kinder mit Diskriminierungserfahrungen zwischen 21 und 38 %. Da dies eine nicht zu vernachlässigende Größe ist, wurde nach den konkreten Ereignissen gefragt. Meist gehen die diskriminierenden Handlungen von Gleichaltrigen aus, selten von älteren Kindern oder Jugendlichen, und bei einem Fünftel der bekannten Fälle von Erwachsenen. Am häufigsten werden Kinder in diesem Kontext gehänselt oder beschimpft. Sehr selten kommt es zu Kontaktabbrüchen oder dem Ausschluss aus einer Gruppe. In Einzelfällen wird von körperlicher Gewalt berichtet. Ebenfalls sehr selten finden telefonische Belästigungen statt. Fünf Kinder berichten von sexuellen Belästigungen. Ganz überwiegend treten somit entsprechende Beeinträchtigungen selten auf. Dennoch ist zu bedenken, dass jeder Einzelfall bedeutsam ist, zumal die Eltern berichten, dass die Kinder darunter leiden: Bei Beschimpfungen wird die Be- 314 uj 7+8 | 2013 Familien heute lastung zu jeweils ca. einem Drittel als „geringfügig“, „eher hoch“ und „sehr hoch“ eingestuft. Wenn es zu Hänseleien kommt, ist demnach zumindest ein Teil der Kinder nicht stark belastet. Anders sieht es aus, wenn massivere Beeinträchtigungen wie Gewaltandrohung oder körperliche Gewalt zum Tragen kommen. Dann ist die Mehrheit der Kinder eher und manche sind stark belastet. Die betroffenen Kinder reagieren mit Niedergeschlagenheit und Traurigkeit, viele versuchen, entsprechende Situationen oder Personen zu meiden. Da die Schule der häufigste Ort ist, an dem Diskriminierungen erfolgen, ist ein solches Vermeidungsverhalten jedoch nicht einfach. Fast jedes vierte Kind zeigt infolge der Erfahrungen Verhaltensauffälligkeiten, ebenso viele ziehen sich zurück. Hilfestellung suchen sie bei den Eltern, die mit ihnen über die Vorkommnisse sprechen, sie bei der Verarbeitung unterstützen und sie stärken. Das Risiko der Diskriminierung ist vielen Eltern bewusst. Daher werden Vorkehrungen getroffen, um die Kinder vor (weiteren) Übergriffen zu schützen: So werden oftmals Verhaltensregeln aufgestellt - z. B. dass die Kinder sich immer sofort an die Eltern wenden sollen, wenn etwas vorfällt. Auch werden immer wieder Gespräche über das Thema geführt. Dabei sind auch der Kontakt und Austausch mit anderen Regenbogenfamilien von Bedeutung: Die Kinder sollen erfahren, dass andere in derselben Familiensituation sind und wie diese damit umgehen. Durch eine kritische und sorgfältige Auswahl der Betreuungseinrichtung bzw. Schule für die Kinder versuchen die Eltern, das Risiko von Beeinträchtigungen zu minimieren. Eine weitere Strategie ist es, die wichtigsten Personen in den Einrichtungen aktiv über die Lebenssituation zu informieren, d. h. offen mit der sexuellen Orientierung umzugehen. Dennoch zeigen sich die Eltern insgesamt nicht besonders vorsichtig im Umgang mit ihrer Familienform, und sie berichten von einem hohen Maß an Akzeptanz. Beispielsweise fühlt sich die überwiegende Mehrheit der Eltern seitens der MitarbeiterInnen in den Einrichtungen, die ihre Kinder besuchen, als „voll und ganz“ akzeptiert. Drei Viertel sagen, dass in diesem Kontext gleichgeschlechtliche Lebensweisen niemals negativ dargestellt würden, obwohl ein Teil der MitarbeiterInnen unsicher sei im Umgang mit den Regenbogenfamilien. Somit kommt die Mehrheit der Familien gut mit ihrer Familiensituation zurecht, während ein Teil mit Diskriminierungen umgehen muss und manche diesbezügliche Befürchtungen nicht ausräumen können. Unterschiede zwischen Lebenspartnerschaften und Lebensgemeinschaften Der Vergleich zwischen Regenbogenfamilien in Eingetragener Partnerschaft und solche ohne Institutionalisierung (Lebensgemeinschaften) erbringt neben sehr vielen Gemeinsamkeiten einige Unterschiede, von denen ausgewählte kurz vorgestellt werden: Sowohl die Bildung als auch die Erwerbsbeteiligung sind bei den Paaren mit Eintragung höher als bei Lebensgemeinschaften. Die Kinder in diesen Familien stammen häufiger aus früheren Beziehungen, sodass auch öfter ein externer Elternteil vorhanden und auch als Elternteil aktiv ist. Die Kinder in Lebensgemeinschaften sind daher stärker in den Alltag des externen Elternteil integriert als die in Lebenspartnerschaften. Dies korrespondiert damit, dass die Trennung der leiblichen Eltern weniger lange zurückliegt. Es erklärt zudem, warum die betreffenden Kinder sich noch nicht so gut mit der Trennung arrangiert haben und häufiger als die Vergleichsgruppe wünschen, die Familie bleibe bzw. fände wieder zusammen. Dementsprechend engagieren sich die PartnerInnen des leiblichen Elternteils etwas seltener im gleichen Maße bei der Betreuung und Erziehung des Kindes wie dieser. In der Folge wenden sich die Kinder bei 315 uj 7+8 | 2013 Familien heute Fragen bzw. wenn Entscheidungen zu treffen sind, häufiger ausschließlich an ihren leiblichen Elternteil, während für Kinder in Lebenspartnerschaften ganz überwiegend auch der soziale Elternteil als AnsprechpartnerIn fungiert. Die kürzere Phase der Trennung und die geringere Integration des Kindes in die Lebensgemeinschaft können auch Anzeichen eines Prozesses sein, nachdem die Institutionalisierung eventuell mit Rücksicht auf den externen Elternteil und die Beziehungen zu diesem nicht vollzogen wird. Da der Anteil von Paaren mit gemeinsamem Kind geringer ist, fällt eine wichtige Motivlage für die Eintragung - die gemeinsam getragene Elternschaft mit dem/ der LebensgefährtIn - weg. Fazit Kinder in Regenbogenfamilien blicken auf unterschiedliche Biografien zurück, die aus verschiedenen Wegen in diese Familien zurückgehen. Nur einzelne sind adoptiert, ein sehr kleiner Teil ist in Pflege aufgenommen. Mehr als neun von zehn Kindern leben daher mit einem ihrer leiblichen Eltern zusammen - in aller Regel mit der Mutter. Vaterfamilien stellen mit 7 % eine Minderheit. Diese Kinder sind jeweils ca. zur Hälfte in dieser Beziehung bzw. in einer früheren - meist heterosexuellen - Partnerschaft geboren worden. Das Aufwachsen in Regenbogenfamilien ist für die Kinder nicht - wie oft angenommen - grundsätzlich problematisch. Vielmehr haben die Kinder gute Beziehungen zu ihren Eltern und erfahren recht große Unterstützung von diesen - auch im Umgang mit ihrer Familiensituation. Belastend wird es dann, wenn das Umfeld intolerant ist, wobei die Eltern Vorsorge treffen und im Falle des Falles helfend zur Seite stehen. Aber auch die Trennung vom anderen leiblichen Elternteil kann Belastungen mit sich bringen, welche die Kinder erst im Laufe der Zeit völlig verarbeiten, sodass zum Befragungszeitpunkt der Großteil gut damit zurechtkommt. In der aktuellen Situation unterscheiden sich die Kinder in ihrer Entwicklung nicht wesentlich von Kindern in anderen Familienformen. Sie entwickeln ein adäquates geschlechtsspezifisches Rollenverhalten, und sie haben in aller Regel gute Beziehungen zu beiden Eltern in der Lebenspartnerschaft. Darüber hinaus bestehen bei rund der Hälfte der Kinder Kontakte zum externen leiblichen Elternteil, d. h. in der Regel zum Vater. Dr. Marina Rupp Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg Heinrichsdamm 4 96047 Bamberg Literatur Eggen, B./ Rupp, M., 2011: Gleichgeschlechtliche Paare und ihre Kinder: Hintergrundinformationen zur Entwicklung gleichgeschlechtlicher Lebensformen in Deutschland. In: Rupp, M. (Hrsg.): Partnerschaft und Elternschaft bei gleichgeschlechtlichen Paaren. Opladen Rupp, M. (Hrsg.), 2009: Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften. Köln
