eJournals unsere jugend 66/9

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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/uj2014.art47d
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Rezension: Wilfried Hosemann/Wolfgang Geiling, 2013: Einführung in die Systemische Soziale Arbeit

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W. Topel
Wilfried Hosemann/Wolfgang Geiling, 2013: Einführung in die Systemische Soziale Arbeit München: Ernst Reinhardt Verlag, 225 Seiten, € 29,99 Die Interdependenz (wechselseitige Abhängigkeit) von Teilen (Variablen) ist ein allgemeines und grundlegendes Merkmal sozialer Systeme. Vor diesem Hintergrund ist die Beachtung ihrer Beziehungen für die Erklärung und das Verständnis des Verhaltens einer Persönlichkeit unerlässlich. Deshalb sollten pädagogisch-psychologische Bemühungen, die darauf abzielen, Störungen des Erlebens und Verhaltens einzelner Kinder/Jugendlicher vorzubeugen oder zu vermindern, stets mit der Frage verbunden werden, welche gruppendynamischen "Kräfte" in sozialen Systemen (in der Familie, Schulklasse, Freizeitgruppe) die Interaktionen und das individuelle Handeln beeinflussen.
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394 uj 9 | 2014 Rezensionen Wilfried Hosemann/ Wolfgang Geiling, 2013: Einführung in die Systemische Soziale Arbeit München: Ernst Reinhardt Verlag, 225 Seiten, € 29,99 Die Interdependenz (wechselseitige Abhängigkeit) von Teilen (Variablen) ist ein allgemeines und grundlegendes Merkmal sozialer Systeme. Vor diesem Hintergrund ist die Beachtung ihrer Beziehungen für die Erklärung und das Verständnis des Verhaltens einer Persönlichkeit unerlässlich. Deshalb sollten pädagogisch-psychologische Bemühungen, die darauf abzielen, Störungen des Erlebens und Verhaltens einzelner Kinder/ Jugendlicher vorzubeugen oder zu vermindern, stets mit der Frage verbunden werden, welche gruppendynamischen „Kräfte“ in sozialen Systemen (in der Familie, Schulklasse, Freizeitgruppe) die Interaktionen und das individuelle Handeln beeinflussen. Praktische Erfahrungen, aber auch zahlreiche Publikationen weisen aus: Die Qualität der Sozialen Arbeit korrespondiert mit der Fähigkeit von ErzieherInnen, LehrerInnen, SozialpädagogInnen und SozialarbeiterInnen, systemisch zu denken und zu handeln. Die Autoren der vorliegenden Schrift geben eine Einführung in die Systemtheorie und ihre Relevanz für die Soziale Arbeit. Nach ihrer Überzeugung liefert die systemische Perspektive eine Fülle von Orientierungen und Möglichkeiten, die Position der Sozialen Arbeit zu bestimmen und die Brauchbarkeit systemtheoretischer Begriffe für die Praxis nachzuweisen. Sie sind bestrebt, theoretische Sachverhalte einigermaßen verständlich zu formulieren und durch Praxisbeispiele zu veranschaulichen. Allerdings: Ihrer Selbsteinschätzung, „nicht immer ein einfaches Buch“ (S. 7) vorgelegt zu haben, ist mit dem Blick auf ausführliche abstrakte Darstellungen und „theoretische Höhenflüge“ nicht zu widersprechen. Demzufolge kann auch ihre Empfehlung, Textpassagen zu überspringen oder nicht in der linearen Reihenfolge zu lesen, unterstützt werden. Das Buch ist in drei Teile gegliedert, die inhaltlich differenziert aufbereitet sind, durch Merksätze, Fallbeispiele, spezifische Literaturempfehlungen und durch Lernfragen zum „Weiterdenken“ die Eigenaktivität der LeserInnen anregen. Darüber hinaus stimulieren ein umfangreiches Literaturverzeichnis und Sachregister ebenfalls die Auseinandersetzung mit systemtheoretischen Problemen. Der einführende Teil 1 der Schrift stellt die maßgebliche Bedeutung der Systemtheorie für die Soziale Arbeit heraus. Schwerpunkte sind Vorzüge und Besonderheiten systemischen Denkens sowie unterschiedliche Systemtheorien, außerdem Merkmale systemischer Sozialer Arbeit: Inhalte und Grundsätze des Vorgehens. Die Orientierung der systemischen Sozialen Arbeit an wertbezogenen Themen (Menschenbild, Verstehen und Verständnis, Wertschätzung und soziale Gerechtigkeit) wird betont. Wie können Theorieangebote und praktische Erfordernisse der Sozialen Arbeit in Einklang gebracht werden? Teil 2 der Publikation gibt darüber Auskunft, indem auf systemtheoretische Begriffe und Konzepte verwiesen wird, die für die Interpretation und das Verständnis von Phänomenen der Sozialen Arbeit dienlich sein können: u. a. die Rolle der Beobachtung im Leistungsspektrum des Jugendamtes, die Familie als besonderes Funktionssystem oder die soziale Teilhabe (Inklusion/ Exklusion). Die Verantwortung der Sozialen Arbeit für die Aufrechterhaltung der sozialstaatlichen Ordnung, die Autonomie der BürgerInnen und die Demokratieentwicklung wird transparent gemacht. Abschließend erfolgen in Teil 3 diverse Hinweise für die systemische Praxis. Im Mittelpunkt stehen das systemische Methodenverständnis, Handlungsorientierungen und Praxisherausforderungen: Hilfe, Kontrolle, Macht, Ambivauj 9 | 2014 395 Rezensionen lenzen in der Sozialen Arbeit und Aspekte der sozialen Gerechtigkeit. Auf der Interaktions-, Organisations- und gesellschaftlichen Ebene werden spezifische Sichtweisen herausgearbeitet und systemisch erklärt. Alles in allem: Eine Publikation, die versucht, den Nutzen systemischen Denkens und Handelns in der Sozialen Arbeit nachzuweisen und für den effektiven Umgang mit unterschiedlichen Adressatengruppen Anregungen zu geben. Die starke Theorieorientierung sollte nicht davon abhalten, sich die Potenziale des systemischen Ansatzes für die tägliche Aufgabenbewältigung zu erschließen. Dr. habil. W. Topel, Leipzig DOI 10.2378/ uj2014.art47d