eJournals unsere jugend 67/2

unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
21
2015
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Rezension: Ulrike Urban-Stahl/Nina Jann, 2014: Beschwerdeverfahren in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe

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2015
Dieter Kreft
Ulrike Urban-Stahl und Nina Jann sind Erziehungswissenschaftlerinnen, die beide im Arbeitsbereich Sozialpädagogik der Freien Universität Berlin arbeiten und zu diesem Thema forschen und publizieren.
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uj 2 | 2015 91 Rezensionen Ulrike Urban-Stahl und Nina Jann sind Erziehungswissenschaftlerinnen, die beide im Arbeitsbereich Sozialpädagogik der Freien Universität Berlin arbeiten und zu diesem Thema forschen und publizieren. Ulrike Urban-Stahl ist zudem eine der wenigen universitären Hochschullehrerinnen, die die Kinder- und Jugendhilfe als Schwerpunkt vertreten. So stehen Beiträge zum Hausbesuch, zur Hilfeplanung, zur sozialen Gruppenarbeit und seit Jahren immer wieder zu Ombuds- und Beschwerdestellen in der Kinder- und Jugendhilfe auf ihrer aktuellen Publikationsliste. Ihr Beitrag dazu in FORUM Jugendhilfe, H. 1/ 2012, S. 5 - 11, war für mich schon damals vorbildlich und vor allem bahnbrechend. Angestoßen u. a. durch den Abschlussbericht des Runden Tisches „Heimerziehung in den 1950er und 1960er Jahren“ wird in § 45 Abs. 3 SGB VIII „erstmals explizit herausgestellt, dass Einichtungskonzeptionen zu entwickeln und zu implementieren seien, die zur Sicherung der Rechte von Kindern- und Jugendlichen in Einrichtungen geeigneteVerfahren der Beteiligung sowie die Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten vorsehen“ (Lakies 2013). Und wie das gehen sollte und könnte, beschreibt dieser kleine Band in vier Kapiteln: (1) Beschwerdeverfahren in Einrichtungen (2) Praxisbeispiele (3) Konfliktpotenziale von Beschwerdeverfahren (4) Implementation und Gestaltung - wie kann es gelingen? Ergänzt durch einen Anhang, der Materialbeispiele und Instrumente der Beteiligung und Beschwerde liefert. Man merkt sofort - und mit großer Sympathie -, dass es beiden Autorinnen darum geht, die Praxis anders zu gestalten, Kindern und Jugendlichen Rechte einzuräumen und sie zu sichern sowie sie vor Gewalt (auch) in der Kinder- und Jugendhilfe zu schützen. Denn es hat immer schon Grenzverletzungen und Gewalt gegen Kinder- und Jugendliche in Einrichtungen gegeben, die bis heute „die Mächtigen“ immer wieder (erst einmal) zu bestreiten und/ oder zu verbergen versuchen und sich dann noch mit den unterschiedlichsten Begründungen gegen die Offenlegung des Geschehenen wehren. Ich erinnere mich etwa in der Vergangenheit an die erheblichen Widerstände vor allem der konfessionellen Träger gegen den erst 1961 in das Gesetz für Jugendwohlfahrt eingeführten Abschnitt VII „Heimaufsicht und Schutz von Minderjährigen unter 16 Jahren in Heimen“. Erst infolge der Ergebnisse der Runden Tische „Heimerziehungin den 1950er und 1960er Jahren“ (2009 - 2011) sowie „Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich“ (2010 - 2011) hat das Bundeskinderschutzgesetz daraus erste gesetzliche Konsequenzen gezogen: Es geht um Partizipation, schon lange ein wichtiges Diskussionsthema in der Kinder- und Jugendhilfe (exemplarisch Gintzel 2013), und es geht um Beschwerdeverfahren: Beispiele, Formen, förderliche Strukturen - Ergebnisse des Forschungsprojektes „Bedingungen der Implementierung von Beschwerdeverfahren in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe (genauer bei Urban-Stahl u. a. 2013). Ulrike Urban-Stahl/ Nina Jann, 2014: Beschwerdeverfahren in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe München: Ernst Reinhardt Verlag, 110 Seiten, € 21,90 92 2 | 2015 Rezensionen Die Ergebnisse dieses Forschungsvorhabens und diese kleine Schrift liefern die Konkretisierung dessen, was der Gesetzgeber seit 2012 in § 45 Abs. 3 SGB VIII fordert. Eine Pioniertat, die viele Interessenten in den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe finden sollte. Prof. Dieter Kreft, Nürnberg kremie.nuernberg@t-online.de DOI 10.2378/ uj2015.art13d Literatur Gintzel, U. (2013): Partizipation. In: Kreft, D., Mielenz, I: Wörterbuch Soziale Arbeit. 7. Aufl. Juventa, Weinheim, 650 - 654 Lakies, T. in: Münder u. a. (2013): Frankfurter Kommentar, 7. Auflage Nomos, Baden-Baden, § 45 Rz 7 Urban-Stahl, U. u. a. (2013): Beschwerden erlaubt! 10 Empfehlungen zur Implementierung von Beschwerdeverfahren. Handreichung BIBEK. In: www.fu-berlin. de/ sozialpaedagogik, 3. 11. 2014