eJournals unsere jugend 67/2

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Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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Zwischenruf: Nicht alle Weisen sind gleich, manche sind gleicher ...

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Dieter Kreft
Im Berliner Tagesspiegel vom 12. Oktober 2014 las ich in einem Bericht "Rat der Weisen", dass der Justiz- und Verbraucherminister Heiko Maas beabsichtige, einen Verbraucherrat als sein Beratungsgremium zu bilden. So weit noch nicht sehr überraschend, werden doch in einer Übersicht des Wissenschaftlichen Dienstes/WD des Deutschen Bundestages vom 15. September 2010 bereits 94 Beratungsgremien der verschiedenen Bundesministerien genauer beschrieben.
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89 unsere jugend, 67. Jg., S. 89 - 90 (2015) DOI 10.2378/ uj2015.art12d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel von Dieter Kreft Diplom-Kameralist und Diplom-Pädagoge, Honorarprofessor an der Leuphana Universität Lüneburg Zwischenruf: Nicht alle Weisen sind gleich, manche sind gleicher… Im Berliner Tagesspiegel vom 12. Oktober 2014 las ich in einem Bericht „Rat der Weisen“, dass der Justiz- und Verbraucherminister Heiko Maas beabsichtige, einen Verbraucherrat als sein Beratungsgremium zu bilden. So weit noch nicht sehr überraschend, werden doch in einer Übersicht des Wissenschaftlichen Dienstes/ WD des Deutschen Bundestages vom 15. September 2010 bereits 94 Beratungsgremien der verschiedenen Bundesministerien genauer beschrieben. Was mich aufmerken ließ, war, dass die Mitglieder des neuen Verbraucherrates 15.000 € im Jahr erhalten sollten, der/ die Vorsitzende 18.000 €, insgesamt seien nach dieser Meldung für 2014 bereits 500.000 € im Etat des Justizministeriums reserviert. Da ist die Kinder- und Jugendhilfe (natürlich) wieder viel bescheidener: Das Bundesjugendkuratorium/ BJK, das gemäß § 83 Abs. 2 SGB VIII „die Bundesregierung … in grundsätzlichen Fragen der Jugendhilfe (berät)“, besteht aktuell aus 15 Mitgliedern (das sind also die „Weisen“ der Kinder- und Jugendhilfe), die 30 € Sitzungsgeld (zzgl. Reisekosten) erhalten. Eine kleine Arbeitsgruppe Kinder- und Jugendhilfe-Politik, beim Direktor des Deutschen Jugendinstituts angesiedelt, übernimmt auch die Aufgaben einer Geschäftsstelle für das BJK. Noch bedenklicher finde ich allerdings, dass die Mitglieder der Jugendberichtskommission, die für die Bundesregierung/ BReg in jeder Legislaturperiode einen großen Bericht erarbeiten, den die BReg dann dem Deutschen Bundestag und Bundesrat vorlegt (i. E. § 84 SGB VIII; zuletzt 1/ 2013), im Jahr ganze 1.000 € (in Worten: tausend) erhalten. Das ist ein„Knochenjob“, der den Kommissionsmitgliedern viel abfordert, denn als ExpertInnen aus dem Feld der Kinder- und Jugendhilfe leisten sie diese Arbeiten - die aber eigentlich nicht so „nebenher“ erledigt werden können - neben einer Haupttätigkeit. So weiß ich vom Vorsitzenden der Sachverständigenkommission für den (letzten) 14. Kinder- und Jugendbericht, Prof. Dr. Dr. Reinhard J. Wabnitz, dass er ebenfalls 1.000 € pro Jahr (insgesamt 3.000 €) erhielt, von denen dann auch noch zwei Drittel wieder an den Staat zurückflossen (Einkommensteuer, Kirchensteuer, Soli und Umsatzsteuer). Dafür war er 1 ½ Jahre lang im Umfang eines Halbtagsjobs, die letzten sechs Monate im Umfang einer Vollzeittätigkeit und in den letzten Wochen fast „rund um die Uhr“ für 90 uj 2 | 2015 Zwischenruf: Nicht alle Weisen sind gleich, manche sind gleicher… den Bericht tätig. Die Sachverständigentätigkeit einschließlich des Schreibens und Abstimmens zahlloser Textteile führte zudem bei mehreren Kommissionsmitgliedern zu erheblichen gesundheitlichen Problemen, sodass die BReg nach seinen Erfahrungen gefordert ist, die Rahmenbedingungen für die Erstellung der Berichte grundlegend zu verändern. „Dass die Jugendberichte sinnvoll sind, zeigt sich (immer wieder) an den durch den Bericht gegebenen Impulsen und Anstößen für die fachliche Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe“ (Schäfer in Münder 2013; dort auch mehr Informationen zur Bedeutung einzelner Jugendberichte). 1.000 € im Jahr pauschale Entschädigung für diese Arbeiten hat etwas von Nichtachtung. Gerade haben wir wieder die sogenannten fünf Wirtschaftsweisen erlebt, den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der Frau Merkel höchstpersönlich sein Jahresgutachten vorgelegt hat. Die vier Herren und eine Dame erhalten nach Auskunft der Pressestelle des Bundeswirtschaftsministeriums pauschal 33.000 € pro Jahr (Vors.: 37.000 €) als Honorar, selbstverständlich plus Reisekosten. „Was lernt uns das? “ (W. Ulbricht schon vor vielen Jahren). Ein Weiser oder eine Weise können durchaus mehr/ weniger wert sein als der/ die andere. Und wen wundert es eigentlich, dass „die Weisen“ der Kinder- und Jugendhilfe wieder ganz unten in der „Wertigkeitsskala der Arbeiten“ stehen? Vielleicht wird ja die tatkräftige Manuela Schwesig diese skandalöse Ungleichbehandlung abschaffen. Prof. Dieter Kreft Nürnberg kremie.nuernberg@t-online.de Literatur Münder, J. et al. (2013): Frankfurter Kommentar zum SGB VIII. 7. Aufl. Nomos, Baden-Baden, §84 Rz. 3