unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/uj290-299.art49d
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„Ich mach mit dir einen Deal - ab heute bist du ein unbeschriebenes Blatt.“
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Samera Bartsch
Simone Stroppel
Überproportional viele Straftaten werden von relativ wenigen Tatverdächtigen begangen. Im Bereich der Gewalt- und Straßenkriminalität trifft dies insbesondere für junge Tatverdächtige zu. Die Ergebnisse der Evaluation des Projekts SToP bieten Anregungen für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, wie „kriminelle Karrieren“ frühzeitig abgewendet werden können.
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290 unsere jugend, 67. Jg., S. 290 - 299 (2015) DOI 10.2378/ uj2015.art49d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel „Ich mach mit dir einen Deal - ab heute bist du ein unbeschriebenes Blatt.“ Delinquenten Kindern und Jugendlichen eine Chance geben. Das Projekt SToP als Praxisbeispiel für die Prävention von Kinder- und Jugendgewalt Überproportional viele Straftaten werden von relativ wenigen Tatverdächtigen begangen. Im Bereich der Gewalt- und Straßenkriminalität trifft dies insbesondere für junge Tatverdächtige zu. Die Ergebnisse der Evaluation des Projekts SToP bieten Anregungen für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, wie „kriminelle Karrieren“ frühzeitig abgewendet werden können. von Samera Bartsch Jg. 1984; Politikwissenschaftlerin (M. A.), Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Univation - Institut für Evaluation Dr. Beywl & Associates GmbH in Berlin Anliegen des Beitrags Im Laufe ihres Lebens begehen fast alle Menschen mindestens einmal eine Straftat. Insbesondere im Jugendalter gehören vorübergehende Delinquenz und strafrechtliche Normverletzung eher zum Regelals zum Ausnahmeverhalten. Gleichzeitig gibt es einen kleinen Anteil an Personen, der wiederholt durch delinquentes Verhalten in Erscheinung tritt und dem überproportional viele Straftaten zugeschrieben werden (vgl. Dollinger/ Schadbach 2013, 138). Aus kriminal- und gewaltpräventiver Perspektive stellt sich die Frage, wie der Verfestigung von delinquentem Verhalten und der Herausbildung von Mehrfachdelinquenz bereits frühzeitig begegnet werden kann. Die Evaluation des Projekts SToP - Soziale Task Force für offensive Pädagogik wurde im Auftrag der für die Landeskommission Berlin gegen Ge- Simone Stroppel Jg. 1982; Politikwissenschaftlerin (M. A.), Freie Mitarbeiterin bei Univation - Institut für Evaluation Dr. Beywl & Associates GmbH in Berlin 291 uj 7 + 8 | 2015 Jugendgewaltprävention walt tätigen Arbeitsstelle Jugendgewaltprävention im Zeitraum von April 2014 bis Januar 2015 durchgeführt. Sie hat hierbei für die pädagogische Praxis aufschlussreiche Ergebnisse zutage befördert. 1 Das in Berlin-Neukölln ansässige Projekt SToP arbeitet mit Kindern und Jugendlichen aus verschiedenen Berliner Bezirken, die schon mehrfach durch straffälliges, teilweise gewalttätiges Verhalten in Erscheinung getreten sind. Die Straftaten umfassen in der Regel Diebstahl, Rohheitsdelikte wie Körperverletzung oder Raub sowie Beleidigung und Sachbeschädigung. Damit lässt sich das Projekt der indizierten Prävention zuordnen, einer Prävention also, die sich an Personen richtet, bei denen bereits problematische Verhaltensweisen zu beobachten sind (vgl. Eisner et al. 2008, 25). Träger des Projekts ist die NTH Hilfe in Berlin gGmbH, eine Tochtergesellschaft des Diakonievereins Berlin Zehlendorf e.V. Beauftragt wird das Projekt SToP durch die Jugendämter in mehreren Berliner Bezirken, finanziert wird es durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft. Seitens der kooperierenden Jugendämter sind konkret die Regionalen Sozialpädagogischen Dienste (RSD) und die Jugendgerichtshilfe involviert. Die Evaluation durch Univation - Institut für Evaluation GmbH (Köln/ Berlin) hatte den Auftrag, wirkfähige Handlungsansätze des Projekts herauszuarbeiten, also die Verbindung zwischen Handlungsansätzen des Projekts und erzielten Wirkungen bei den Kindern und Jugendlichen zu beschreiben und zu überprüfen: Welche Wirkungen werden wie erzielt? Die Ergebnisse der qualitativen Studie erlauben dabei keine Aussagen über die Wahrscheinlichkeit, mit der das Eintreten der beobachteten Wirkungen zu erwarten ist. Dafür liefern sie für den Praxiskontext bedeutsame Informationen zu Kausalzusammenhängen auf der Mikroebene und damit Antworten auf die Fragen: ➤ Wie kann der Zugang zu delinquenten Kindern und Jugendlichen gelingen? ➤ Wie gelingt es, bei ihnen Selbstreflexion zu initiieren und gewohnte Handlungsmuster zu durchbrechen? ➤ Wie können die Eltern der betreffenden Kinder und Jugendlichen (u. a. in ihrer Erziehungskompetenz) gestärkt werden? ➤ Wie gelingt die Vermittlung zwischen den Kindern und Jugendlichen und staatlichen Einrichtungen bzw. Hilfsangeboten im Sozialraum? In diesem Beitrag werden ausgewählte Ergebnisse der Evaluation vorgestellt, in der Annahme, dass die Handlungsansätze von SToP eine Anregungsfunktion für die pädagogische Praxis haben können. Zunächst werden die Grundannahmen und darauf basierende übergeordnete Handlungsansätze von SToP dargestellt. Es folgt eine Beschreibung von Handlungsansätzen, die sich als wirkfähig bestätigen ließen. Abschließend wird erörtert, was sich aus den Erfahrungen von SToP lernen lässt und welche Aspekte bei einer möglichen Adaption des Ansatzes zu berücksichtigen sind. Grundannahmen, Ziele und übergeordnete Handlungsansätze von SToP Deviantes, straffälliges und gewalttätiges Verhalten bei Kindern und Jugendlichen ist den Grundannahmen von SToP zufolge Symptom einer emotionalen Krise, in der sich ein junger Mensch befindet. Derartige Krisen sind kein Resultat persönlicher Defizite, sondern stehen im Zusammenhang mit komplexen Problemlagen, die sich oft über einen längeren Zeitraum entwickelt haben. Zu diesen Problemlagen zählen Entwicklungsrückstände, Schwierigkei- 1 Der vorliegende Beitrag bezieht sich auf den ebenfalls 2015 veröffentlichten Bericht der Evaluation, in dem alle Ergebnisse detailliert wiedergegeben sind und das methodische Vorgehen ausführlich beschrieben wird (vgl. Univation 2015). 292 uj 7 + 8 | 2015 Jugendgewaltprävention ten in der Familie, Gewalterfahrungen, schulische Probleme, mangelnde Sozialkompetenzen und unzureichendes Rechtsbewusstsein. Die Entstehung solch komplexer Problemlagen wird wiederum auf das „Versagen“ von Sozialisationsinstanzen und auf einen unzureichenden Zugang zu bzw. auf eine unzureichende Inanspruchnahme von Hilfe- und Unterstützungsmöglichkeiten zurückgeführt. Zur Überwindung dieser Problemlagen wird es als notwendig erachtet, einen Zugang zu den Kindern und Jugendlichen zu finden, erstarrte Muster aufzubrechen und die Kinder und Jugendlichen sowie ihre Eltern an bedarfsgerechte Hilfe- und Unterstützungsangebote heranzuführen, die durch unterschiedliche Institutionen (Jugendgerichtshilfe, Schule, Kinder- und Jugendhilfe) und Anbieter im sozialen Umfeld der Familie erbracht werden. Dabei sollen sie aktiviert und in der Übernahme von Selbstverantwortung gestärkt werden. Grundlegende Handlungsansätze in der Arbeit von SToP sind dabei die Verbindung von Einzelfall-, Familien- und Gemeinwesenarbeit und damit eine systemische Herangehensweise sowie generell der Ansatz einer ressourcen- und lösungsorientierten Kurzzeitintervention (vgl. Projektplanungsunterlage SToP 2008; Kurzkonzept SToP 2014). Das Projekt verfolgt in erster Linie einen Clearingauftrag: Es führt im Rahmen einer jeweils drei bis sechs Monate dauernden Intervention ein umfassendes Problem- und Ressourcenscreening bei den teilnehmenden Kindern und Jugendlichen durch, ermöglicht den Mitarbei- Kinder und Jugendliche sind zur Zusammenarbeit mit den Projektmitarbeitenden motiviert Kinder und Jugendliche setzen sich mit dem eigenen Handeln und den Folgen dieses Handelns auseinander Kinder und Jugendliche verfügen über erweiterte emotionale und soziale Fähigkeiten*, die die Überwindung von Entwicklungs- und Alltagsproblemen erleichtern Kinder und Jugendliche haben Lebensperspektiven jenseits delinquenter Entwicklungspfade entwickelt Kinder und Jugendliche haben eingefahrene und destruktive Verhaltensweisen modifiziert Kinder und Jugendliche sind zur Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren aus dem Hilfs- und Unterstützungssystem (insbes. Jugendamt) motiviert Kinder und Jugendliche leben ohne (Gewalt-) Straftaten * z. B. Vereinbarungsfähigkeit, Eigenverantwortung, Selbstachtung, Toleranz, Respekt, Konfliktfähigkeit, Kompromissbereitschaft, Gefühle zeigen, seine Meinung vertreten etc. Abb. 1: Ziele von SToP auf der Ebene der Kinder und Jugendlichen (Quelle: Eigene Darstellung nach Projektkonzeption und Fokusgruppe mit Projektverantwortlichen) 293 uj 7 + 8 | 2015 Jugendgewaltprävention tenden des Jugendamts mit der Weitergabe der gesammelten Informationen einen besseren Einblick in deren Lebenssituation und erarbeitet auch konkrete Vorschläge für weitere Hilfestellungen und Maßnahmen. Die Projektmitarbeitenden eruieren hierzu individuell, welche Risikofaktoren bisher gewirkt haben (z. B. pathologische Ursachen, Substanzmissbrauch, Vernachlässigung, delinquente Freundeskreise, fehlender Zugang zu sinnstiftenden Freizeitangeboten, Exklusionserfahrungen). Ebenso identifizieren sie bei den Kindern und Jugendlichen Ressourcen, die es zu stärken gilt (z. B. stabile emotionale Beziehungen, Wertesysteme oder schulische Erfolge). Das Clearing findet dabei über intensive Beziehungsarbeit und systemische Beratung statt, im Rahmen derer die Kinder und Jugendlichen für Veränderungsprozesse motiviert und geöffnet werden. Die Handlungsansätze von SToP können insofern auch eine Anregungsfunktion für eine längerfristige pädagogische Arbeit mit den betreffenden Kindern und Jugendlichen haben. Was wirkt warum? Zur Identifizierung von wirkfähigen Handlungsansätzen ging die Evaluation wie folgt vor: Zunächst rekonstruierte das Evaluationsteam die impliziten Wirkannahmen des Projekts anhand von Projektunterlagen und einer Gruppenerhebung mit dem Projektteam. Diese Wirkannahmen wurden dann aus der Sichtweise weiterer Beteiligter (Kinder/ Jugendliche, Eltern, Jugendamt) überprüft und ergänzt. Die verschiedenen Sichtweisen wurden dabei zueinander in Beziehung gesetzt. Im Ergebnis kristallisierten sich die nachfolgend beschriebenen wirkfähigen Handlungsansätze heraus. 1. Den Zugang finden Zu Beginn macht das Projektteam den Kindern und Jugendlichen deutlich, dass sie frei entscheiden können, ob sie sich auf das Projekt einlassen und etwas davon mitnehmen möchten oder nicht. In der Praxis sind oftmals mehrere Anläufe zur Kontaktaufnahme nötig, bis die Kinder und Jugendlichen sich einlassen. Hier zeigt sich das Projektteam geduldig und unnachgiebig zugleich und gibt den Kindern und Jugendlichen die Zeit, die sie brauchen. Damit diese für Interventionen erreicht werden können, hat es sich als hilfreich erwiesen, die Tagesform der Kinder und Jugendlichen zu berücksichtigen, einschließlich Aufmerksamkeitsspannen, Leistungskurven, dem Bedürfnis nach Bewegung, Ruhe oder auch Hunger. Zunächst leistet das Projektteam einen Beitrag dazu, dass diese Bedürfnisse gestillt sind. So finden die Kinder und Jugendlichen in den Räumlichkeiten von SToP eine einladende Atmosphäre vor, in der sie, um im Projekt anzukommen, erstmal in Ruhe essen, Tee trinken oder spielen können. „Ein Spaziergang hilft manchmal sehr gut, gerade wenn der Klient traurig oder wütend ist. Man geht mit ihm raus. Oder manchmal, bevor das Gespräch anfängt, spielen wir mit ihm erstmal eine Runde Kicker. Das lockert das Gespräch auf.“ (ProjektmitarbeiterIn in Fokusgruppe) „Ich bin hingegangen. Hab mir erst mal einen Tee gemacht. Mit drei Löffeln Zucker. Und dann hab ich gegessen und geraucht. … Ja, ich hab die kennengelernt erst mal. Erster Eindruck ist doch wichtig, sag ich mal. War o. k. da. Ich hab gesehen: o. k., sind nette Leute. … Und dann bin ich zum nächsten Termin wieder gekommen.“ (Jugendlicher in Gruppendiskussion) Das Projektteam macht dabei die Erfahrung, dass die Kinder und Jugendlichen erstmal ihre Grenzen austesten und das Projektteam einer Prüfung unterziehen, z. B. über provozierende Fragen und das Einfordern von Positionen, bezogen etwa auf die eigene nationale, kulturelle oder religiöse Identität. Im Rahmen dieser Prüfung testen die Kinder und Jugendlichen häufig auch, ob das Projektteam bereit ist, Essen oder andere Dinge zu teilen oder ob sie ein stark ausgeprägtes Individualverständnis ha- 294 uj 7 + 8 | 2015 Jugendgewaltprävention ben. Hier hat es sich als vertrauensbildend erwiesen, wenn die Projektmitarbeitenden sich authentisch als Personen einbringen und ihre Erfahrungen und Erlebnisse einfließen lassen. Die Projektmitarbeitenden zeigen den Kindern und Jugendlichen, dass sie sich für ihre Sichtweise interessieren und sie ernst nehmen. Sie bringen die für viele ihrer KlientInnen relevanten Sprachkenntnisse mit (türkisch, arabisch, russisch) und sprechen auch im übertragenen Sinne „ihre Sprache“ und sind kulturempathisch. Durch die eigene Migrationsbiografie teilen die Projektmitarbeitenden von SToP den Erfahrungshorizont vieler der von ihnen betreuten Kinder und Jugendlichen. Ein Vorteil, der es ihnen erleichtert, sich in sie hineinzufühlen. Viele der von SToP betreuten Kinder und Jugendlichen haben bereits mehrfach Exklusionserfahrungen gemacht und den gefestigten Eindruck, dass ihnen mit Gleichgültigkeit begegnet wird, sie als Kriminelle stigmatisiert sind und sie ihre Chance vertan haben. Das Projektteam von SToP tritt den Kindern und Jugendlichen vergleichsweise unvoreingenommen gegenüber und stellt ihnen einen Neuanfang in Aussicht. „ ,Du hast noch viel vor dir. Ich mache mit dir einen Deal, ab heute bist du ein unbeschriebenes Blatt.‘ [Hält ein leeres Blatt hoch] Und das ist ein Symbol, was bei den Jugendlichen etwas hinterlässt: Ich kann heute von Null anfangen. Ich habe ab heute die Möglichkeit, mein Leben neu zu gestalten.“ (ProjektmitarbeiterIn in Fokusgruppe) Die Kinder und Jugendlichen registrieren sehr deutlich, dass sie bei SToP nicht einseitig nach ihren bisherigen Vergehen bewertet werden. „Die haben mit mir geredet. So ganz normal so. Nicht wie andere geredet, aber die interessiert nicht wirklich, was mit mir ist. Und die [anderen] reden, aber im Hintergrund denken die: Scheiß auf ihn. … Die [anderen Einrichtungen] hören ,Intensivtäter‘ und denken schon: Was ist das für ein Krimineller? Obwohl man muss doch den Menschen kennen und nicht das, was ein Stück Papier sagt. Die gucken nicht nach Werten, die gucken nur nach einem Stück Papier.“ (Jugendlicher in Gruppendiskussion) Das Projektteam lässt sich auf die Perspektive der Kinder und Jugendlichen ein und bringt ihnen Empathie entgegen. Hierdurch finden diese schließlich bei SToP Menschen, die sie ernst nehmen, sie respektieren und in ihrem Interesse handeln. Der Zugang gelingt und damit ist die erste Grundlage für weitere pädagogische Interventionen geebnet. 2. Selbstreflexion initiieren und gewohnte Handlungsmuster durchbrechen Nachdem es gelungen ist, das Vertrauen der Kinder und Jugendlichen zu gewinnen, kann mit der tiefer gehenden pädagogischen Arbeit begonnen werden. Hierbei greifen die Mitarbeitenden von SToP fallangepasst flexibel auf unterschiedliche Methoden zurück: Von motivierender Gesprächsführung über positive Konditionierung bis zu paradoxen Interventionen bedient sich das Projektteam eines weiten Repertoires. In gleichzeitig konfrontativen wie auch zugewandten Einzelgesprächen bewegen die Projektmitarbeitenden die Kinder und Jugendlichen zur Reflexion von Werten und Zielen im Leben. Sie bieten sich dabei als authentische, verlässliche und durchsetzungsfähige Bezugspersonen an und konfrontieren die Kinder und Jugendlichen damit, dass ihr derzeitiges Verhalten für ihr Umfeld sowie für sie selbst schädlich ist. Dabei vermeiden sie es, die Kinder und Jugendlichen als Personen zu verurteilen. Sie konfrontieren sie vielmehr damit, welche weiteren negativen Konsequenzen ihr Handeln hat, welche Belastung es für ihr Umfeld - allen voran ihre Familie - bedeutet und mit welchen negativen Folgen sie langfristig für ihr eigenes Leben zu rechnen haben (schulisch, beruflich, privat, strafrechtliche Konsequenzen). Schließlich ermutigen sie die Kinder und Jugendlichen zur Verantwortungsübernahme und legen ihnen nahe, eine Veränderung anzu- 295 uj 7 + 8 | 2015 Jugendgewaltprävention visieren, den an sie gestellten Anforderungen nachzukommen und sich dafür auf professionelle Unterstützung einzulassen. In der Gruppenerhebung mit Jugendlichen wurde erkennbar, dass diese Überlegungen (z. B. Belastung der Familie, eigene Wünsche bzgl. einer Partnerschaft) sie zur kritischen Reflexion des eigenen Handelns motivieren konnten. Wieder fallangemessen knüpft das Projektteam gezielt an die Werte an, die es bei den Kindern und Jugendlichen vorfindet, zum Beispiel an religiöse Werte. „Wir versuchen, wenn ein Jugendlicher Interesse daran hat, zum Freitagsgebet mit ihm zu gehen. Oder mal in eine Moschee zu gehen. Dieses Gebet verschafft einen yogaähnlichen Zustand. Ein Prozess der inneren Findung, ein bisschen in sich kehren, in sich schauen und somit ausgeglichener im Alltag sein zu können.“ (ProjektmitarbeiterIn in Fokusgruppe) Im Rahmen der Einzelgespräche thematisieren die Projektmitarbeitenden von SToP auch die familiäre Situation der Kinder und Jugendlichen. Zur Sichtbarmachung der familiären Konstellation dienen hierbei systemische Familienaufstellungen mit Playmobilfiguren. Gerade bei den teilnehmenden Kindern und Jugendlichen, die häufig eine geringe Verbalisierungskompetenz und Konzentrationsschwierigkeiten haben, hat sich diese spielerische Vorgehensweise in der Erfahrung von SToP als sehr effektiv erwiesen, um über die familiäre Situation ins Gespräch zu kommen. Auch die interviewten Jugendlichen haben sich alle positiv zu den Familienaufstellungen positioniert und geäußert, dass diese sie dazu angeregt haben, ihre Beziehung zu Familienmitgliedern zu reflektieren und die Nähe zu Vertrauenspersonen in der Familie zu suchen. Hierdurch wurden sie dazu befähigt, stabilisierende Ressourcen in der eigenen Familie zu aktivieren. „Hat mir den Glauben gegeben: Warum mag ich den mehr als den so. Dann hab ich den Kontakt mit dem, dem ich vertraue, gesucht.“ (Jugendlicher in Gruppendiskussion) Auch bezogen auf die Freundeskreise regt das Projektteam die Kinder und Jugendlichen über aktivierende Fragen und Freundeskreisaufstellungen (auch hier z. B. mittels Playmobilfiguren) dazu an, diese kritisch zu reflektieren: Welche Freundschaften tun den Kindern und Jugendlichen gut? Mit wem verbringen sie ihre Zeit eher kontraproduktiv? Was zeichnet überhaupt eine gute Freundschaft aus? Schließlich fordert das Projektteam sie dazu auf, sich von delinquenten Freundeskreisen fernzuhalten und sich bewusst denjenigen anzuschließen, die einen positiven Einfluss haben. Das Projektteam belässt es dabei nicht bei verbalen Empfehlungen, sondern greift auch hier wieder fallangepasst auf verschiedene Methoden zurück. So regt das Projektteam die Kinder und Jugendlichen zu Rollenspielen an, in denen typische Situationen mit delinquenten Freundeskreisen nachgespielt und verschiedene Handlungsalternativen - im geschützten Rahmen - ausprobiert werden. Ebenfalls über Rollenspiele wird eingeübt, dass die Kinder und Jugendlichen in Situationen, in denen sie sich typischerweise provoziert fühlen und zu Gewalthandlungen greifen, ruhig bleiben und die Selbstkontrolle bewahren können. Hierdurch gelingt es, die Kinder und Jugendlichen darin zu bestärken, dass sie auch in Risikosituationen noch Abstand nehmen können, Situationsverläufe nicht deterministisch sind und sie die Dynamik von Provokationen durchbrechen können. Den Jugendlichen wird vermittelt, dass sie einen eingeschlagenen Pfad auch dann noch verlassen können, wenn es scheinbar schon zu spät ist. 3. Eltern stärken Flankierend zur Sichtbarmachung familiärer Konstellationen durch die Kinder und Jugendlichen bezieht das Projektteam von SToP auch die Eltern in die Projektarbeit mit ein. SToP stellt den Eltern gegenüber die Situation klar, formuliert den Unterstützungsbedarf ihrer Kinder und fordert sie dazu auf, eine aktive Rolle in der Problemlösung einzunehmen und Ver- 296 uj 7 + 8 | 2015 Jugendgewaltprävention antwortung zu übernehmen. Auch der Zugang zu den Eltern und die Förderung von deren Mitwirkungsbereitschaft gelingt - analog zu dem Zugang zu den Kindern - in erster Linie darüber, dass das Projektteam sich ihnen als verlässliche, vertrauensvolle und zugewandte Ansprechpartner anbietet. Die Projektmitarbeitenden signalisieren auch den Eltern, dass sie sich für die Begleitumstände ihres bisherigen Verhaltens interessieren und sie nicht verurteilen. In der Praxis sind die Eltern der von SToP betreuten Kinder und Jugendlichen häufig verunsichert. Sie wissen nicht, wie dem schädlichen Verhalten ihrer Kinder zu begegnen ist und inwiefern ihr eigenes Erziehungsverhalten oder der Umgang mit Konflikten in der Familie mit dem Verhalten der Kinder zusammenhängt. Sie sind zudem unsicher im Umgang mit staatlichen Einrichtungen und fühlen sich durch diese nicht adäquat unterstützt. Die Eltern sind erleichtert, mit SToP Ansprechpartner zu finden, die zum Wohle ihres Kindes agieren, mehrere Perspektiven in den Blick nehmen und eine unterstützende Vermittlerrolle (zwischen Familie und Schule, Familie und Jugendamt und weiteren Einrichtungen) einnehmen. Wenn erkennbar wird, dass die Eltern selbst einen erweiterten Hilfebedarf haben (z. B. Trauma-Bearbeitung, Unterstützungsbedarf bei Behördenangelegenheiten), vermittelt das Projekt sie an andere Hilfs- und Unterstützungsangebote weiter. Die Eltern fühlen sich schließlich dadurch entlastet, dass sie ihre Kinder bei SToP gut aufgehoben wissen und auch selbst Ratschläge vom Projektteam erhalten, wo sie für sich Unterstützung finden können. „Er hat sich verändert. Ja. Ich hab gesehen: Er kam immer pünktlich, zuverlässig. Es hat sich vieles verändert. Er hat mitgearbeitet. Und er weiß, dass das verboten ist, das und so. Und das ging nicht von heute auf morgen. Ich hab das gemerkt langsam, langsam. Dass es ihm auch gut geht und mir auch. … Mir geht’s besser, weil ich diese Sorgen nicht mehr hatte …“. (Vater in Einzelinterview) 4. Den Weg zu staatlichen Einrichtungen ebnen: Schule, Jugendamt & weitere Hilfsangebote Viele der von SToP betreuten Kinder und Jugendlichen haben bereits ein großes Misstrauen gegenüber staatlichen Einrichtungen und staatlich geförderten Maßnahmen. Dies betrifft insbesondere die Schule und das Jugendamt. Einige der Kinder und Jugendlichen konnten bisher von keinerlei Unterstützungsangeboten erreicht werden, andere haben schon diverse Interventionen und Maßnahmen hinter sich, die nicht erfolgreich waren. Häufig haben sie bereits Erfahrungen mit Sanktionen und Ausschlüssen durch Schule. An diese Erfahrungen anknüpfend sind sie Kontaktversuchen seitens staatlicher Einrichtungen gegenüber sehr skeptisch. Um aus dieser verfahrenen Situation einen Ausweg zu finden, nimmt SToP eine vermittelnde Rolle ein: Auf der einen Seite werden die Kinder und Jugendlichen an die Einrichtungen herangeführt und ihnen wird deren Nutzen verdeutlicht. Gleichzeitig wird auch an die Einrichtungen selbst der ressourcenorientierte Blick auf die Kinder und Jugendlichen weitergegeben und damit insgesamt zu einer vertrauensvolleren, konstruktiven Beziehung beigetragen. Konkret verdeutlicht das Projektteam den Kindern und Jugendlichen die an sie gestellten schulischen Erfordernisse und gibt ihnen vereinzelt auch Hinweise, wie sie ihre schulischen Leistungen verbessern können. Mit ihrer eigenen Biografie können die Projektmitarbeitenden als positive Vorbilder dienen und damit Motivation für die Entwicklung realistischer Perspektiven für Schul- und Ausbildungsabschlüsse entfachen. Dabei machen sie deutlich, dass Ziele in vielen kleinen Etappen erreicht werden und dass Veränderungen Zeit in Anspruch nehmen. Gleichzeitig macht das Projektteam auch vor dem Schulpersonal sichtbar, dass die Kinder 297 uj 7 + 8 | 2015 Jugendgewaltprävention und Jugendlichen zu schulischen Veränderungen motiviert werden. Es sucht den Kontakt zu den Lehrkräften und nimmt damit eine Vermittlerposition ein. Wenn es die Situation erfordert, unterstützen die Projektmitarbeitenden die Kinder und Jugendlichen auch dabei, eine neue Schule oder alternative Beschulungseinrichtungen zu finden und den Weg zu diesen anzubahnen. Zur Verbesserung des Kontakts zum Jugendamt und weiteren außerschulischen Einrichtungen im Sozialraum bestärkt das Projektteam die Kinder und Jugendlichen darin, diese aufzusuchen und ihre Angebote zu nutzen. Die Projektmitarbeitenden klären die Kinder und Jugendlichen über die Aufgaben und Ziele der Einrichtungen auf und verdeutlichen ihnen den Nutzen, den die Kontakte zu den Einrichtungen für sie haben. In der Praxis ist es oft auch notwendig, die Kinder und Jugendlichen an Termine zu erinnern und sie zu diesen - zumindest bei den ersten Kontakten - zu begleiten. Beispielsweise hat die Begleitung zu den Hilfeplankonferenzen der Jugendämter einen stabilisierenden Effekt auf die Kinder und Jugendlichen, da sie durch die Anwesenheit der Projektmitarbeitenden die parteiliche Zuwendung in einem sonst eher als unangenehm empfundenen Setting erfahren. Im Ergebnis ist das Vertrauen der Kinder und Jugendlichen in die beteiligten Einrichtungen erhöht und Hemmnisse, Ängste und Sorgen gegenüber anschließenden, langfristigeren Hilfsangeboten (z. B. Schulstation, Drogentherapie, soziales Training) können reduziert werden. Das Projektteam ermutigt die Kinder und Jugendlichen zudem dazu, ihre Anliegen und auch Unzufriedenheit mit Hilfsangeboten (z. B. unzuverlässige EinzelfallhelferInnen) zu äußern, anstatt die Zusammenarbeit zu verweigern und damit ungewollt das Bild der unzugänglichen KlientInnen zu bekräftigen. „Sie haben sicherlich ein anderes Vertrauen zu mir. … Das merkt man schon, dass Leute, die bei SToP betreut werden, auch im Kontakt mit mir offener sind.“ (MitarbeiterIn der Jugendgerichtshilfe in Einzelinterview) Schließlich ist es auch für die Jugendämter vorteilhaft, über die Clearingarbeit von SToP einen besseren Einblick in die Geschichte und Lebensumstände der betreffenden Kinder und Jugendlichen zu erhalten. Das Projektteam überführt die gesammelten Informationen über die Kinder und Jugendlichen in einen Anamnesebericht, der neben einer Zusammenfassung des Betreuungsverlaufs und der Kontakte zu weiteren relevanten Akteuren im Sozialraum (z. B. soziale Dienstleister) auch eine ausführliche Ressourcen- und Defizitanalyse der Kinder und Jugendlichen beinhaltet sowie Empfehlungen zu Maßnahmen und Hilfen, die im Anschluss an die Betreuung sinnvoll sind. Auf diese Weise werden die Jugendämter dazu befähigt, den Kindern und Jugendlichen und ihren Familien passgenauere Hilfen anzubieten. „Die Empfehlungen sind immer ein Denkanstoß. Sie werden immer in die Abschlussbesprechungen aufgenommen und es wird auch versucht, sie umzusetzen.“ (MitarbeiterIn des RSD in Einzelinterview) Zudem macht das Projektteam den Fallzuständigen im Jugendamt gegenüber, auch über die professions- und institutionenübergreifenden Fallberatungen (s. u.), die positiven Seiten der Kinder und Jugendlichen sichtbar und gibt damit ein Stück weit den eigenen ressourcenorientierten Blick auf die Kinder und Jugendlichen weiter. 5. Vernetzung und Transparenz SToP initiiert bei jedem betreuten Kind oder Jugendlichen in Abstimmung mit den fallzuständigen Jugendamtsmitarbeitenden professions- und institutionenübergreifende Fallberatungen. Diese dienen dem Austausch von Informationen, dem Absprechen von Verant- 298 uj 7 + 8 | 2015 Jugendgewaltprävention wortlichkeiten und der Entwicklung abgestimmter Handlungspläne. Beteiligt sind hierbei Vertretende aus Schulen, Polizei, Jugendamt, Justiz und Fachdiagnostischen Diensten. Das Projekt zeigt sich bei der Vernetzungsarbeit zwischen den relevanten Akteuren als sehr kommunikationsstark und trägt dazu bei, dass die Beteiligten zu einer tragfähigen Kooperation bewegt werden. SToP agiert dabei gegenüber den Kindern und Jugendlichen konsequent transparent: Diese wissen, dass SToP mit Familienangehörigen, Fallzuständigen im Jugendamt, Lehrkräften und weiteren Beteiligten in Verbindung steht. Es wird kommuniziert, wem welche Informationen und Einschätzungen weitergegeben werden (müssen). Gleichzeitig vermittelt das Projektteam den Kindern und Jugendlichen, welches Bild Lehrkräfte und Eltern von ihnen haben. Die Kinder und Jugendlichen fühlen sich so nicht hintergangen und wissen, dass der Austausch in Ausrichtung auf eine Verbesserung ihrer Situation stattfindet. „Die Inhalte der Anamneseberichte werden im Vorfeld mit den Familien thematisiert. Die Jugendlichen wissen, was man von ihnen denkt. Fühlen sich nicht hintergangen und das spiegeln sie einem auch zurück. Der transparente Umgang mit Informationen ist wichtig, um eine tragfähige Arbeitsbeziehung aufrechtzuerhalten. Die Klienten sind dann einfach viel offener.“ (MitarbeiterIn des RSD in Einzelinterview) Auch für die Zusammenarbeit mit den Jugendämtern und der Schule ist Transparenz eine unabdingbare Grundlage für eine konstruktive Zusammenarbeit. Im Laufe der Betreuung durch SToP wird das Vertrauen durch eine unkomplizierte und offensive Informationspolitik gestärkt. So informiert das Projekt verantwortliche Mitarbeitende der betreffenden Einrichtungen regelmäßig über den aktuellen Stand der Betreuung, Komplikationen und Einschätzungen zum Weiterkommen, so dass alle Beteiligten gut informiert sind. Fazit und Hinweise zur Übertragbarkeit Die Evaluation konnte empirische Belege dafür finden, dass es dem Projekt SToP gelingt, zu mehrfach delinquent in Erscheinung getretenen Kindern und Jugendlichen eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen, ihnen Stabilität zu geben, sie zum Überdenken ihres Verhaltens anzuregen und sie für Veränderungen zu motivieren. Dies ist ein erster wichtiger Schritt zur Prävention der Verfestigung delinquenter Verhaltensweisen. Die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen und ihre Familien erfahren eine Stärkung und Aktivierung vorhandener Ressourcen und werden befähigt, konstruktiv mit staatlichen und weiteren Einrichtungen zusammenzuarbeiten. Dabei wird die Lücke zwischen den Kindern, Jugendlichen und ihren Familien auf der einen und staatlichen Einrichtungen auf der anderen Seite reduziert und eine Annäherung befördert. Diese Erfolge werden dadurch erzielt, dass die Projektmitarbeitenden sich den Kindern und Jugendlichen als authentische, zugewandte und zugleich durchsetzungsfähige Bezugspersonen anbieten, sie dabei unterstützen, positive Einflüsse in ihrem Umfeld zu mobilisieren und dass sie zwischen den Kindern und Jugendlichen und weiteren Einrichtungen eine ressourcenorientierte Vermittlerposition einnehmen. Zur Adaption eines Projekts mit vergleichbarer Arbeitsweise sind das eingesetzte Personal, dessen zeitliche und räumliche Flexibilität und ein freundlich zugetanes Setting, in dem die Kinder und Jugendlichen sich wohlfühlen können, unabdingbare Voraussetzungen. Neben den sozialpädagogischen Fachkenntnissen des Personals sind insbesondere auch deren soziale Kompetenzen hervorzuheben. Hierzu zählen Empathie, Beziehungsfähigkeit, ein selbstbewusstes Auftreten sowie die Fähigkeit, durch Charisma zu begeistern und zu motivieren. Zudem ist es von Vorteil, dass die Projektmitarbeitenden mit der eigenen oder familiären Migrationserfahrung an die familiären Backgrounds vieler der betreuten Kinder und Ju- 299 uj 7 + 8 | 2015 Jugendgewaltprävention gendlichen anknüpfen können, sodass eine Kommunikation auf Augenhöhe möglich ist. Auf diese Weise fungieren sie als positive Vorbilder für die Kinder und Jugendlichen, die sonst nur wenige positive Identifikationsfiguren in ihrem Umfeld haben. Um nicht lediglich bei den Kindern und Jugendlichen anzusetzen und möglichst viele relevante Akteure des betreffenden Systems einzubeziehen, ist es unabdingbar, verbindliche und konstruktive Kooperationsbeziehungen zum Jugendamt, zu Schulen und zu weiteren Akteuren im Sozialraum aufzubauen. Nur so kann Nachhaltigkeit auch bei Kurzzeitinterventionen erreicht werden. Ebenfalls als lohnend hat sich herausgestellt, stärkende Impulse aus der Familie zu identifizieren und einzubeziehen. Die Familien profitieren davon, wenn sich Projektmitarbeitende ihnen als verlässliche, unterstützende Ansprechpartner anbieten. Hierdurch kann die Grundlage dafür geschaffen werden, dass die Eltern einen aktiven Part in der Problemlösung einnehmen. Wie beschrieben ist dabei eine transparente Kommunikation mit allen einbezogenen Akteuren erforderlich, insbesondere jedoch in Hinblick auf die Kinder und Jugendlichen, damit diese sich nicht hintergangen fühlen. Die - hier lediglich zusammenfassend - beschriebenen Herangehensweisen des Projekts können keine Garantie dafür sein, dass die positiv eingeschlagene Entwicklung nachhaltig aufrechterhalten bleibt. SToP kann als eine Kurzzeitintervention maximal eine Anschubmotivation für die Kinder und Jugendlichen leisten. Nachdem die zeitlich befristete Projektarbeit vorüber ist, muss an die entstandene Motivation angeknüpft werden und diese auf fruchtbaren Boden fallen. Ein nachhaltiger Erfolg im Sinne eines gestärkten jungen Menschen, der langfristig von delinquentem Verhalten Abstand nimmt, ist darauf angewiesen, dass die anschließenden Unterstützungs-und Hilfeangebote zügig starten, dass die Familien mitmachen, dass Lehrkräfte in Schulen die Motivation aufgreifen und ihre Aufrechterhaltung fördern und dass die Kinder und Jugendlichen einen Zugang zu sinnstiftenden Freizeitangeboten sowie Zukunftsperspektiven haben. Offen bleibt dabei die Frage, inwieweit Kurzzeitinterventionsprojekte in der Pflicht stehen, ihren nachhaltigen Erfolg abzusichern, und wie der darauf folgende langfristige Prozess begleitet werden kann. Wünschenswert ist es, dass den Kindern und Jugendlichen auch in anderen Einrichtungen, in denen sie länger betreut werden, in ähnlicher Weise, wie es das SToP-Team vorlebt, begegnet wird: Mit einer Haltung, die ressourcenorientiert, grundsätzlich respektierend und wertschätzend, sich auf ihre Perspektive einlassend, aber auch Grenzen aufzeigend ist. Kontakt zum Projekt SToP - Soziale Task Force für offensive Pädagogik Projektleiterin: Funda Peker stop@neue-treberhilfe.de Karl-Marx-Straße 71 12043 Berlin Samera Bartsch Simone Stroppel Univation GmbH Gubener Straße 44 10243 Berlin samera.bartsch@univation.org simone.stroppel@univation.org Literatur Dollinger, B., Schabdach, M. (2013): Jugendkriminalität. VS Verlag, Wiesbaden Eisner, M., Ribeaud, D., Jünger, R., Meidert, U. (2008): Frühprävention von Gewalt und Aggression. Ergebnisse des Zürcher Präventions- und Interventionsprojektes an Schulen. Rüegger, Zürich/ Chur SToP (2014): Kurzkonzept SToP. Berlin SToP (2008): Projektplanungsunterlage SToP. Berlin Univation (2015): Evaluation des Projektes SToP - Soziale Task Force für offensive Pädagogik. In: www. jugendgewaltpraevention.de
