unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/uj2015.art60d
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Auswirkungen von Elternarbeit in (teil-)stationären Hilfen zur Erziehung auf Hilfeverläufe der Kinder und Jugendlichen
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Jens Arnold
Michael Macsenaere
Welche Auswirkungen hat zielgerichtete Elternarbeit auf (teil-)stationäre Hilfeverläufe? Um diese Frage zu beantworten, werden die Befunde einer empirischen Analyse von 17.000 Hilfen dargestellt. Sie zeigen, dass Elternarbeit mittlerweile bei einer Vielzahl von (teil-)stationären Hilfen zum Leistungsrepertoire der pädagogischen Arbeit gehört und dabei ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Kooperation der HilfeadressatInnen und das Gelingen der Hilfen ist.
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364 unsere jugend, 67. Jg., S. 364 - 374 (2015) DOI 10.2378/ uj2015.art60d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Auswirkungen von Elternarbeit in (teil-)stationären Hilfen zur Erziehung auf Hilfeverläufe der Kinder und Jugendlichen Welche Auswirkungen hat zielgerichtete Elternarbeit auf (teil-)stationäre Hilfeverläufe? Um diese Frage zu beantworten, werden die Befunde einer empirischen Analyse von 17.000 Hilfen dargestellt. Sie zeigen, dass Elternarbeit mittlerweile bei einer Vielzahl von (teil-)stationären Hilfen zum Leistungsrepertoire der pädagogischen Arbeit gehört und dabei ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Kooperation der HilfeadressatInnen und das Gelingen der Hilfen ist. von Jens Arnold Jg. 1976; Diplom-Psychologe, Fachsektion Forschungsmethoden und Evaluation, IKJ Institut für Kinder- und Jugendhilfe gGmbH Erfreulicherweise gewinnt die Elternarbeit, zumindest auf konzeptueller Ebene, mittlerweile auch in der stationären Kinder- und Jugendhilfe zunehmend an Bedeutung (Günder 2013). Bestärkt wird dies einerseits durch die, bereits im rechtlichen Rahmen der Hilfen zur Erziehung (HzE) verbindlich verankerten, umfassenden Beteiligungsrechte (insbesondere §§ 36 und 37 SGB VIII) sowie andererseits der Maßgabe einer lebensweltorientierten Hilfeausrichtung (§ 27 Abs. 2 SGB VIII), im Rahmen derer die Eltern und das engere soziale Umfeld zum Wohle der jungen Menschen einzubeziehen sind. Entsprechend wird auch von Heimeinrichtungen vermehrt offensiv formuliert: „Ziel ist es, gemeinsam die Erziehungsaufgabe wahrzunehmen“ (Kiunke 2014, 4). Die Einbeziehung von Eltern und Umfeld sollte hier übrigens auch unabhängig davon erfolgen, ob eine Rückkehr in die Familie oder eine Verselbstständigung (Macsenaere/ Arnold 2013) das übergeordnete Betreuungsziel darstellen. Neben der Einbeziehung bei zentralen Fragen, die unmittelbar die Lebensperspektive der jungen Menschen betreffen, ist hier ebenfalls von Bedeutung, dass die Beziehung zu den Eltern geklärt und weiterentwickelt wird (Esser 2014; Wolf 2007). Des Weiteren mag gerade bei der Heimerziehung der steigende Stellenwert der Elternarbeit auch damit in Zusammenhang stehen, dass Prof. Dr. Michael Macsenaere Jg. 1959; Geschäftsführender Direktor der IKJ Institut für Kinder- und Jugendhilfe gGmbH 365 uj 9 | 2015 Auswirkungen von Elternarbeit sich hier weitgehend die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass sich Kinder und Jugendliche niemals vollständig von ihrem ursprünglichen Umfeld lösen und eine „familienersetzende“ pädagogische Ausrichtung besser zugunsten eines Selbstverständnisses in den Hintergrund treten sollte, das Heimaufenthalte mehr als biografische „Zwischenstationen“ sieht. Wenn die Eltern nicht adäquat in den Hilfeprozess einbezogen werden, besteht zudem die Gefahr, dass bereits im familiären Umfeld gezeigte dysfunktionale Beziehungsmuster im Zuge der Hilfe nicht richtig erkannt und bearbeitet werden können. In methodisch-konzeptioneller Hinsicht werden diese Entwicklungen von einer wachsenden Popularität ganzheitlich-systemisch ausgerichteter Ansätze begleitet (Orban/ Ochs 2014). Nichtsdestotrotz wird mit Blick auf den Ist-Zustand der alltäglichen pädagogischen Praxis, insbesondere in den stationären Hilfen, von vielen Seiten noch bemängelt, dass für die Elternarbeit entweder nicht der angemessene zeitliche und organisatorische Rahmen zur Verfügung stehe oder diese sich in der konkreten Umsetzung eher niederschwellig als reine Kontaktpflege und nicht als wirklich zielgerichtetes methodisches Handeln darstelle (Stückstätte 2013; Günder 2013). Die Ursachen dafür können vielfältiger Natur sein (Stückstätte 2013). In struktureller Hinsicht ist neben der immer noch relativ starren Versäulung des Hilfesystems ein zentrales Problem, dass die genuinen Berufsausbildungen im Bereich Sozialpädagogik und Soziale Arbeit auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und nicht mit Eltern und Familien ausgerichtet sind. Entsprechende Qualifikationen werden in der Regel erst über Fortbildungen erworben (Günder 2013). Auf der Prozessqualitätsebene kann sich dies unmittelbar auf die Beziehung zwischen Fachkräften und Eltern auswirken: Ausdruck von inadäquaten Beziehungsgestaltungen der Fachkräfte können neben einer unzureichenden Berücksichtigung der Elternbedürfnisse und -wünsche u. a. Insensibilitäten bei Anwendung von § 8 a SGB VIII, ein zu „belehrendes“ Auftreten oder eine vorschnelle und einseitige Schuldzuschreibung der Ursachen für fehlende Mitarbeit bei den Eltern selbst sein. Darüber hinaus stellen auch die Zunahme prekärer Lebensverhältnisse und individueller Problemsituationen und Erkrankungen der Eltern sowie komplexere und instabilere Familienstrukturen (BMFSFJ 2013) weitere fachliche Herausforderungen für die Elternarbeit dar. Unbesehen von den ggf. zu überwindenden Barrieren wird der Arbeit mit Eltern und Familien zumeist eine hohe Bedeutung für die Erziehungshilfen attestiert (u. a. Wolf 2007; Conen 1996; Neumeyer 1996; Taube 2002). Um den Rahmen und die Auswirkungen von zielgerichteter Elternarbeit anhand empirischer Daten veranschaulichen zu können, werden im vorliegenden Beitrag die zentralen Ergebnisse einer Auswertung aus „EVAS“, der Evaluation erzieherischer Hilfen (Macsenaere/ Knab 2004; Arnold/ Macsenaere 2015; Macsenaere/ Schemenau 2008), dargestellt, die sich spezifisch mit der Frage der Elternarbeit auseinandersetzte (IKJ 2011). Im Rahmen des seit 1999 bundesweit und trägerübergreifend - sowie zwischenzeitlich auch auf europäischer Ebene - eingesetzten EVAS-Verfahrens werden von den ca. 200 teilnehmenden Einrichtungen, im Spektrum der erzieherischen Hilfen nach §27 SGB VIII, fortlaufend einzelfallbezogene hilfebegleitende Beginn-,Verlaufs-undAbschlussdokumentationen zum Zwecke der Qualitätsanalyse, Reflexion und Selbstevaluation durchgeführt. Bei der Auswertung zur Elternarbeit wurde eine umfangreiche Stichprobe von etwa 17.000 abgeschlossenen Hilfeprozessen im Feld der ambulanten und (teil-)stationären HzE untersucht, die sich überwiegend aus stationären Hilfen nach § 34 SGB VIII (Heimerziehung und sonstige Betreute Wohnformen mit einem Anteil von 65 %) sowie teilstationären Hilfen nach § 32 SGB VIII (vor allem Erziehung in Tagesgruppen mit einem An- 366 uj 9 | 2015 Auswirkungen von Elternarbeit teil von ca. 20 %) zusammensetzte. Im Sinne eines quasiexperimentellen Vorgehens wurden hier u. a. Hilfeverläufe gegenübergestellt, in denen entsprechend der Angaben in den Prozessdokumentationen zielgerichtete und hilfeplanrelevante elternbezogene Interventionen, etwa in den Bereichen Elternbetreuung, Beratung, Training und Psychotherapie, durchgeführt wurden, verglichen mit solchen Hilfeverläufen, in denen dies nicht der Fall war. Dabei standen insbesondere folgende Fragestellungen im Fokus: ➤ Wie viel zielgerichtete Elternarbeit wird in den Einrichtungen insgesamt geleistet? ➤ Sind Hilfen mit Elternarbeit erfolgreich? ➤ Was kennzeichnet die Rahmenbedingungen der Hilfen mit Elternarbeit? ➤ Wie wirkt sich die Elternarbeit auf die Kooperation der HilfeadressatInnen aus? ➤ Welche zentralen Faktoren stehen mit der Effektivität von Elternarbeit in Zusammenhang? Quantitativer Umfang der zielgerichteten Elternarbeit Trotz des geringen Anteils ambulanter und des sehr hohen Anteils an (teil-)stationären Hilfen, insbesondere im Bereich der Heimerziehung, kann für die untersuchte Gesamtstichprobe festgestellt werden, dass bei einem Großteil der Hilfeverläufe (73,6 %) zielgerichtete eltern- und familienbezogene pädagogisch-therapeutische Interventionen durchgeführt wurden. Elternarbeit hat also in der konkreten Praxis der Hilfen tatsächlich eine hohe Relevanz und Verbreitung. Die vorliegenden Zahlen sind hier gerade auch deswegen besonders bemerkenswert, da der vorliegenden Auswertung eine in qualitativer Hinsicht recht hochschwellige Definition von Elternarbeit zugrunde gelegt wurde. Normalerweise werden in der Literatur alle Maßnahmen der Kommunikation und Zusammenarbeit mit den Eltern, die dazu dienen, die Fremdunterbindung nicht als familienbiografischen Bruch erscheinen zu lassen, als Elternarbeit subsumiert (Faltermeier u. a. 2003; Stange u. a. 2012). Dabei muss es sich, anders als im vorliegenden Fall, nicht notwendigerweise um zielgerichtete Interventionen handeln. Ein solchermaßen breiteres Verständnis von Elternarbeit schließt prinzipiell auch formlose „Türund-Angel“-Gespräche oder lose Telefonkontakte mit ein. Im Hinblick auf den Dokumentationsaufwand können, im Rahmen einer praktikablen Evaluation wie EVAS, derartig niederschwellige Kontakte natürlich nicht erfasst werden. Um möglichen Missverständnissen vorzubeugen, sei an dieser Stelle zudem darauf hingewiesen, dass Elternarbeit im Sinne der EVAS-Definition immer auch eine „Familienbzw. Umfeldarbeit“ meint, die grundsätzlich, auch jenseits der „formalen“ Fragen nach der biologischen Elternschaft sowie des Sorgerechts, ebenfalls Bezugspersonen miteinschließt, die eine soziale Elternrolle für die Kinder- und Jugendlichen einnehmen. Die quantitativen Anteile der Elternarbeit in der Heimerziehung unterscheiden sich deutlich von denen in der Erziehung in Tagesgruppen. Zwar fällt im Vergleich zur Gesamtstichprobe der spezifische Elternarbeitsanteil in der Heimerziehung, aufgrund der hohen Zahl entsprechender Hilfen in der Stichprobe, nur moderat auf 67,9 %, bei den Tagesgruppen nach § 32 SGB VIII beträgt er allerdings 97,3 %. Höhere Werte werden im HzE-Bereich nur im Bereich der Sozialpädagogischen Familienhilfen nach § 31 SGB VIII erreicht, bei denen FamilienhelferInnen die Familien unmittelbar in ihrem Alltag unterstützen und entsprechend Elternarbeit konzeptionell zum pädagogischen Standardrepertoire gehört. Die Zahlen unterstreichen, dass Tagesgruppen bezogen auf das familiäre Umfeld meist mit stabilerer Klientel arbeiten und hier im Rahmen von Elternarbeit meist gezielt versucht wird, Erziehungskompetenz aufzubauen (Esser 2014). 367 uj 9 | 2015 Auswirkungen von Elternarbeit Entgegen den einleitend dargestellten Idealvorstellungen zeigt sich in der Praxis, dass der konkrete Umfang der Elternarbeit in der Heimerziehung ferner stark von den formulierten übergeordneten Betreuungszielen abhängig ist. Sofern eine Verselbstständigung bzw. eine Ablösung von der Herkunftsfamilie im Vordergrund stehen, lässt sich nur noch in jeder zweiten Heimerziehungsmaßnahme eine zielgerichtete Arbeit mit den Eltern feststellen (49,2 %). Wurde allerdings die Rückkehr in die Familie als vorrangiges Ziel formuliert, steigen auch hier die Werte stark an und erreichen annähernd die 90 %-Marke. Über den genauen Umfang der durchgeführten Elternarbeit geben die dargestellten Prozentwerte selbstverständlich noch keine Auskunft. Bei den Hilfen, in denen zielgerichtete elternbezogene Interventionen durchgeführt werden, liegt die Heimerziehung mit einer mittleren Intensität von 5,5 Stunden pro Monat nahezu „auf Augenhöhe“ mit den Tagesgruppen (6,4 Stunden pro Monat). Dies ist natürlich kein Vergleich zu den ambulanten Familienhilfen nach § 31 SGB VIII, wo Werte von 20 Stunden und mehr nicht unüblich sind. Wirksamkeit der Elternarbeit Zur Beantwortung der Frage, wie erfolgreich Elternarbeit sein kann, wurden die Hilfeverläufe, in denen zielgerichtet mit den Eltern gearbeitet wurde, den Hilfeverläufen ohne elternbzw. familienbezogenen Interventionen gegenübergestellt. Die Gegenüberstellung erfolgte anhand von im EVAS-Verfahren gebräuchlichen Wirkungsindikatoren. Abbildung 1 zeigt eine Auswahl der wichtigsten übergreifenden Indikatoren. Die Indikatoren werden als Kennzahlen in Form von Indexwerten dargestellt, denen jeweils eine prospektiv hilfebegleitende Veränderungsmessung des Ausgangszustands bei Beginn der Hilfen und der Situation bei Beendigung der Hilfen gemein ist. Dabei werden sowohl die Veränderungen von Ressourcen und Schutzfaktoren wie etwa soziale Kompetenzen, Selbstkonzept und Selbstsicherheit, Überzeugungen und Bewältigungsstrategien, Interessen und Freizeitbeschäftigungen oder Selbstständigkeit/ Autonomie (gebündelt im Ressourcenindex) als auch die Veränderungen von Problemlagen und Symptomen (gebündelt im Defizitindex) abgebildet. Der Schulleistungs- Verbesserung der Ausgangslage positiv negativ 7,5 5,0 2,5 0,0 -2,5 +6,1 +3,6 +4,5 +4,9 +2,0 0,0 +1,0 -0,1 Effektindex Ressourcenindex Defizitindex Schulleistungsindex Hilfen mit Elternarbeit Hilfen ohne Elternarbeit Abb. 1: Wirkungen von Elternarbeit anhand ausgewählter Indikatoren 368 uj 9 | 2015 Auswirkungen von Elternarbeit index ist eine Maßzahl für die in Schule bzw. Berufsausbildung erbrachten Leistungen. Durch entsprechende Gewichtungen werden hier sowohl die Schul-bzw. Ausbildungsform als auch das Potenzial zur Erlangung eines Abschlusses einbezogen. Die Indexwerte sind so definiert, dass positive Veränderungswerte Hilfeerfolge wie beispielsweise eine gelungene Ressourcenförderung kennzeichnen und negative Werte Verschlechterungen der Ausgangszustände. Werte um den Null-Bereich sagen aus, dass im Zuge der Hilfe keine Veränderung erreicht werden konnte. Wie Abbildung 1 zeigt, gibt es augenfällige Unterschiede zwischen den beiden Vergleichsgruppen. Alle Unterschiede sind statistisch hoch signifikant mit p < 0,01. Die Hilfen mit zielgerichteter Elternarbeit schneiden dabei auf allen Ebenen erfolgreicher ab. In besonders ausgeprägter Weise macht sich dies bei den jungen Menschen im Bereich der Ressourcenförderung sowie im schulischen Bereich bemerkbar. Hier sind die Unterschiede in den Veränderungskennwerten jeweils am stärksten ausgeprägt. Wenn auch im direkten Vergleich weniger markant ausgeprägt, gelingt im Rahmen der Elternarbeit auch die Reduktion von Problemlagen in signifikant höherem Maße als bei den Hilfeverläufen ohne entsprechende zielgerichtete Interventionen. Abbildung 1 zeigt ferner, dass ohne Elternarbeit, sowohl was Kompetenzaufbau bzw. Ressourcenförderung als auch Defizite bzw. Problemlage angeht, kaum Veränderungen im Zuge der Hilfen erreicht werden. Den dargestellten Teilergebnissen folgend zeigt sich eine deutlich höhere Wirksamkeit der Hilfen mit Elternarbeit auch anhand des globalen EVAS-Effektindex, der als übergeordnete Kennzahl die einzelnen Wirkungsindikatoren zusammenfasst und unter anderem auch die mittleren Zielerreichungsgrade der im Verlauf der Hilfen formulierten Hilfeplanziele miteinschließt. Bei den Zielerreichungsgraden selbst sind im Übrigen keine signifikanten Unterschiede zwischen den Hilfen mit und ohne zielgerichtete Elternarbeit feststellbar. Diese bewegen sich in beiden Gruppen auf gleichermaßen positivem Niveau. Im Grunde ist dieses Ergebnis nicht weiter verwunderlich, zumal über die Zielerreichungsgrade naturgemäß ausschließlich intendierte Hilfewirkungen abbildbar sind. Sofern die Arbeit mit Eltern und Umfeld nicht Gegenstand der Hilfeplanungen ist, können natürlich alternative Ziele mit hoher Zielerreichung formuliert werden, die aber ausschließlich auf den jungen Menschen zentriert sind. Die Ausführungen unterstreichen nochmals, wie wichtig es ist, dass Wirkungen nicht ausschließlich am Erreichungsgrad der Hilfeplanziele festgemacht werden. Ein weiteres Problem in diesem Zusammenhang ist die „prosaische“ Uneinheitlichkeit und zu einem gewissen Grad auch Willkürlichkeit der Zielformulierung, die der Reliabilität der Zielerreichungsgrade ebenfalls abträglich ist (vgl. Arnold/ Macsenaere 2015). Insbesondere bei der Ressourcenförderung sowie im schulischen Bereich hängen die Effektstärken nochmals unmittelbar von der Intensität bzw. dem konkreten zeitlichen Umfang der mit den Eltern und Familien durchgeführten Interventionen ab. Bei hoch intensiver Elternarbeit (in der vorliegenden Stichprobe im Schnitt mit 11,7 Stunden pro Monat) kann hier entsprechend eine nochmals signifikant höhere Wirksamkeit erzielt werden als dies bei weniger intensiver Elternarbeit (in der vorliegenden Stichprobe im Mittel bei 2,3 Stunden pro Monat) der Fall ist. Für die Änderung von Defiziten und Problemlagen trifft dies dahingegen nicht zu. Rahmenbedingungen der Hilfen mit Elternarbeit Um die Ergebnisse besser einordnen zu können ist es wichtig, auch die Rahmenbedingungen der Hilfen in den Blick zu nehmen. Dabei sind einerseits die soziografischen Merkmale 369 uj 9 | 2015 Auswirkungen von Elternarbeit und andererseits die Ausgangslagen der Hilfen von besonderem Belang. Die darüber hinaus insbesondere für die adäquate Ausgestaltung des professionellen Hilfesystems relevanten strukturellen und organisatorischen Rahmenbedingungen, unter denen die individuellen Leistungen erbracht werden (Strukturqualität), wurden im Rahmen der vorliegenden Datenerhebungen nicht spezifisch auf die Elternarbeit bezogen dokumentiert und können daher an dieser Stelle leider nicht in hinreichend aussagekräftiger Form dargestellt werden (s. Fazit). Bezüglich der einzelfallbezogenen Ausgangslagen lassen sich bei den Hilfen mit zielgerichteter Elternarbeit u. a. bei den zentralen soziografischen Merkmalen Alter und Geschlecht interessante Unterschiede beobachten: So liegt, wenn Elternarbeit durchgeführt wird, das Alter bei Beginn der Hilfen im Schnitt bei 12,1 Jahren. Ohne Elternarbeit fällt es mit einem Mittelwert von 15,9 Jahre deutlich höher aus. Die Hintergründe veranschaulicht eine Aufschlüsselung des Alters nach Altersklassen (s. Abbildung 2): In den drei Altersgruppen bis 13 Jahre überwiegen mit 80 - 90 % die Fälle mit Elternarbeit noch deutlich. Ab dem Altersbereich von 14 - 17 Jahren zeichnet sich aber eine deutliche Trendumkehr ab. Nur noch etwas weniger als zwei Drittel der Hilfen weisen zielgerichtete Interventionen bei Eltern und Umfeld auf. Bei den Hilfen für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII überwiegen dann, mit einem Anteil von ca. drei Vierteln, die Hilfen ohne Elternarbeit deutlich. Hinsichtlich des Geschlechterverhältnisses liegt in der Gruppe mit Elternarbeit ein Verhältnis von etwa 2 : 1 Jungen zu Mädchen vor (64,9 % Jungen und 35,1 % Mädchen). Bei den Hilfen ohne zielgerichtete Elternarbeit ist das Geschlechtsverhältnis dahingegen nahezu ausgeglichen (jeweils etwa 50 %). Die Unterschiede sind statistisch hoch signifikant. Im Rahmen der für Mädchen gewählten Hilfen fällt entsprechend auch absolut gesehen der Anteil zielgerichteter Elternarbeit niedriger aus als bei Hilfen mit männlicher Klientel (67,7 % versus 77,4 %). Derartige Befunde sollten mit Blick auf eine „gendergerechte“ Hilfeplanung unbedingt im Blick behalten werden. 100 % 90 % 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0 % 83,4 % n = 1.317 16,6 % n = 263 92,9 % n = 3.074 7,1 % n = 234 12,4 % n = 446 35,3 % n = 2.408 76,8 % n = 1.065 87,6 % n = 3.155 64,7 % n = 4.416 23,2 % n = 322 Bis 6 Jahre 7 - 10 Jahre 11 - 13 Jahre 14 -17 Jahre 18 Jahre und älter Hilfen mit Elternarbeit Hilfen ohne Elternarbeit Abb. 2: Elternarbeitsanteile nach Altersklassen bei Hilfebeginn 370 uj 9 | 2015 Auswirkungen von Elternarbeit Neben der sich in den statistischen Daten immer wieder abzeichnenden Tendenz einer verzögerten Hilfeeinleitungspraxis bei weiblicher Jugendhilfeklientel können auch dysfunktionale Rollenzuschreibungen der Fachkräfte, die etwa in stereotyp generalisierender Form Mädchen eine stabilisierende Funktion innerhalb der Familie zurechnen, eine Ursache dafür sein, dass notwendige professionelle Hilfeleistungen nicht oder nur unzureichend erfolgen (Heckes/ Wallner 2007). Ähnliche Unterschiede lassen sich darüber hinaus noch bei weiteren wichtigen soziografischen Faktoren feststellen. So wird bspw. tendenziell auch bei Familien mit Migrationshintergrund in einem geringeren Umfang mit den Eltern gearbeitet. Das Gleiche gilt ferner auch für Familien in prekären Lebenslagen, bei denen sich das Familieneinkommen überwiegend aus Transferleistungen zusammensetzt. Auch hier handelt es sich um Settings mit spezifischen Herausforderungen, die besondere pädagogische Strategien und Herangehensweisen für die Elternarbeit erfordern. In Bezug auf weitere hilfeplanrelevante Ausgangslagen wurden u. a. noch die Hilfeanlässe in den Blick genommen. Eine Gegenüberstellung zeigt, dass mehr elternbezogene Interventionen durchgeführt werden, wenn die Anlässe eher eltern-/ umfeldbezogen als kindbezogen sind (z. B. problematische Eltern-/ Partner-Beziehung, familiäre Suchtproblematik, psychische Erkrankung von Elternteilen, problematisches Erziehungsverhalten oder Vernachlässigung). Insofern wird hier also auch bedarfsgerecht auf die spezifischen Anlässe reagiert. Herauszustellen ist mit Blick auf die Ressourcen und Problemlagen schließlich noch, dass die Hilfen mit Elternarbeit im Grunde mit einer „schwierigeren“ Ausgangslage konfrontiert sind. Die Klientel weist bei Beginn der Hilfen nämlich eine im Schnitt leicht höhere Symptombelastung und niedrigere Ressourcenausprägung auf als die Vergleichsgruppe. Dass es im Rahmen der Elternarbeit trotzdem zu deutlich höheren Hilfewirkungen kommt, ist angesichts dessen nochmals umso bemerkenswerter. Einfluss der Elternarbeit auf die Kooperation der HilfeadressatInnen Die Kooperation der jungen Menschen und der Eltern als wesentliche HilfeadressatInnen wird in der Literatur durchgängig als einer der wichtigsten Gelingensfaktoren von wirksamen Hilfeverläufen herausgestellt (Macsenere/ Esser 2012; Wolff 2014). „Der Kooperation zwischen jungem Mensch und Leistungserbringer kommt dabei die zentrale und für die Wirkung entscheidende Rolle zu. Diese wird durch gelungene Passung und funktionierende Partizipation besonders unterstützt“ (Esser 2014, 602). Dazu ist es notwendig, die HilfeadressatInnen als „echte KoproduzentInnen“ zu gewinnen. In EVAS wird die Kooperation u. a. anhand der Akzeptanz der Hilfeplanziele, der aktiven Mitarbeit an der Hilfegestaltung oder dem Einhalten von Vereinbarungen erfasst. Bei den jungen Menschen wird zudem die Beziehung zum/ zur HauptbezugsbetreuerIn sowie das Koopera- 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0 % Kooperationsindex 58,8 % 51,6 % 56,2 % 19,9 % Kooperation Junge Menschen Kooperation Eltern Hilfen mit Elternarbeit Hilfen ohne Elternarbeit Abb. 3: Elternarbeit und Kooperation der HilfeadressatInnen 371 uj 9 | 2015 Auswirkungen von Elternarbeit tionsverhalten im Bereich Schule und Ausbildung dokumentiert. Zur besseren Anschauung wurde in Abbildung 3 ein zusammenfassender Kooperationsindex gebildet, der über alle Dokumentationszeitpunkte im Hilfeverlauf hinweg jeweils Mittelwerte für die Kinder und Jugendlichen sowie die Eltern ausweist. Der Grad der Kooperation wird dabei anhand einer Prozentskala dargestellt, wobei 100 % einer maximal guten, 50 % einer mittleren und 0 % einer sehr schlechten Zusammenarbeit entspricht. Wie Abbildung 3 zeigt, fällt bei den Hilfen mit zielgerichteter Elternarbeit sowohl bei den jungen Menschen als auch bei den Sorgeberechtigten die Kooperation signifikant höher aus. Handelt es sich bei den jungen Menschen noch um eine vergleichsweise überschaubare Effektstärke, so liegt bei den Eltern ein gravierender Unterschied vor. Erreicht die Kooperation der Eltern unter der Bedingung, dass zielgerichtet mit ihnen gearbeitet wird, mit 56,2 % noch ein überdurchschnittliches Niveau, das sogar auf vergleichbarer Höhe liegt wie die Kooperation der Kinder und Jugendlichen, so fällt sie ohne Elternarbeit auf einen bedenklichen Wert von 19,9 % ab, der im klar unterdurchschnittlichen Bereich angesiedelt ist. Die Deutlichkeit dieses Ergebnisses legt die Schlussfolgerung nahe, dass eine brauchbare und nachhaltige Beteiligung der Eltern nur dann erreicht werden kann, wenn sie durch konkrete Arbeit mit ihnen auch unmittelbar einbezogen werden. Eine pauschale Feststellung, dass Eltern in den (teil-)stationären Hilfen grundsätzlich weniger für die Hilfe „aktivierbar“ seien, erscheint in Anbetracht der vorliegenden Daten aber definitiv nicht gerechtfertigt. Die hier beschriebenen Befunde zeigen sich in analoger Form im Übrigen unabhängig vom Geschlecht der jungen Menschen. Weitere wichtige Faktoren in Zusammenhang mit der Effektivität von Elternarbeit Eine weitere spannende Frage im Rahmen der Hilfeverläufe mit zielgerichteter Elternarbeit ist, ob deren Effektivität mit unterschiedlichen Sorgerechtskonstellationen in Zusammenhang 10,0 7,5 5,0 2,5 0,0 Effektindex positiv negativ + 7,5 + 5,3 + 5,2 Beide (leibliche) Elternteile (n = 4.668) Alleinerziehend (n = 5.347) Sonstige Sorgerechtssituation (n = 1.915) Abb. 4: Sorgerechtsbezogene Effekte bei den Hilfen mit Elternarbeit 372 uj 9 | 2015 Auswirkungen von Elternarbeit steht. Wie anhand des EVAS-Effektindex in Abb. 4 deutlich wird, fallen die Ergebnisse nochmals etwas positiver aus, wenn mit Familien gearbeitet wird, bei denen das Sorgerecht bei beiden leiblichen Elternteilen liegt. Es handelt sich hier aber nur um einen vergleichsweise kleinen relationalen Effekt. Bei alleinerziehenden Elternteilen und sonstigen Sorgerechtskonstellationen (z. B. Vormundschaften) können im Zuge gezielter Elternarbeit absolut gesehen ebenfalls schon deutlich positive Effekte erreicht werden (s. Abbildung 4). Neben der Kooperation der HilfeadressatInnen stellen die Art der Beendigung sowie die Hilfedauer weitere zentrale Wirkfaktoren für die erzieherischen Hilfen dar (Macsenaere/ Esser 2012). Vergleicht man die Hilfeverläufe, bei denen eine zielgerichtete Elternarbeit durchgeführt wird, hinsichtlich ihrer „Beendigungsform“ mit denen, bei denen dies nicht der Fall ist, so fällt auf, dass in der Gruppe mit Elternarbeit deutlich mehr Hilfen planmäßig beendet werden als etwa in Folge von Krisen, äußeren Umständen oder hemmendem Verhalten der Beteiligten vorzeitig abgebrochen werden (ca. 50 % planmäßige Beendigungen mit Elternarbeit vs. 40 % ohne Elternarbeit). Elternarbeit scheint also einen gewissen„Schutzfaktor“ darzustellen. Dabei ist die Prävention von nicht abgestimmten Hilfebeendigungen auch allgemein eine elementare pädagogische Herausforderung, zumal die Wahrscheinlichkeit für positive Hilfeergebnisse bei Abbrüchen rapide sinkt (Arnold/ Macsenaere 2012). Noch etwas deutlicher fallen die Unterschiede in Bezug auf die Hilfedauer aus: Liegt die mittlere Dauer von Hilfen ohne Elternarbeit noch bei etwa einem Jahr (Mittelwert 12,7 Monate), fällt sie in der Gruppe mit Elternarbeit mit nahezu zwei Jahren (21,4 Monate) im Schnitt fast doppelt so lang aus. Eine hinreichende Hilfedauer ist ebenfalls eine elementare Voraussetzung für nachhaltige Effekte (vgl. etwa Macsenaere/ Esser 2012). Fazit Die vorgelegten Forschungsergebnisse unterstützen die weitverbreitete Auffassung, dass die Kinder- und Jugendhilfe insbesondere dann erfolgreich ist, wenn sie gleichzeitig auch Familienhilfe ist. Die untersuchten (teil-)stationären Hilfen mit zielgerichteten hilfeplanrelevanten Interventionen bei Eltern und Umfeld waren deutlich wirksamer als Hilfen ohne entsprechende Maßnahmen. Besonders positiv wirkte sich die Elternarbeit auf die Ressourcen der jungen Menschen sowie die Leistungen in Schule und Berufsausbildung aus. Gerade in diesen Bereichen konnten durch eine zeitlich intensivere Elternarbeit sogar die vergleichsweise größten Wirkungszuwächse erreicht werden. Elternarbeit ist deswegen erfolgreicher, weil ein höherer Anteil von Hilfen planmäßig beendet werden kann und insbesondere auch, weil die Hilfen im Schnitt fast doppelt so lang dauern, wodurch sie eine größere Wirksamkeit entfalten können. In diesem Sinne scheint Elternarbeit geradezu ein „Schutzfaktor“ für eine beständige und nachhaltige pädagogische Arbeit im Rahmen Hilfedurchführung zu sein. Sofern hilfeplanrelevante zielgerichtete Elternarbeit durchgeführt wurde, fiel zudem die Kooperation der HilfeadressatInnen höher aus als ohne Elternarbeit. War dies bei den jungen Menschen noch ein signifikanter, vergleichsweise aber noch überschaubarer Effekt, handelt es sich bei den Eltern selbst fast schon um eine notwendige Bedingung für eine gelingende Beteiligung. Hinsichtlich der Rahmenbedingungen und Ausgangslagen wurde, den individuellen Bedarfen entsprechend, Elternarbeit eher dann durchgeführt, wenn eltern- und umfeldbezogene Hilfeanlässe überwiegen. Die Klientelstruktur der Hilfen mit Elternarbeit war durch eine größere Häufigkeit junger Menschen mit männlichem Geschlecht und deutscher Staatsangehörigkeit geprägt. Kennzeichnend war ferner ein frühe- 373 uj 9 | 2015 Auswirkungen von Elternarbeit rer Hilfebeginn bei einem mittleren Alter von ca. 12 Jahren. Obwohl die Hilfen mit Elternarbeit insgesamt erfolgreicher abschnitten, waren die Ausgangslagen, mit insgesamt etwas geringeren ausgeprägten Ressourcen bei gleichzeitig komplexeren Problemlagensettings, sogar noch „schwieriger“ als bei Hilfen ohne Elternarbeit. Entsprechend unterschätzt die vorliegenden Zahlen das Wirkungspotenzial der Elternarbeit wahrscheinlich eher noch. Eine weitere Besonderheit sind Eltern(teile), die alleinerziehend sind oder das Sorgerecht gänzlich verloren haben. Auch hier erweist sich eine angemessene Einbeziehung als grundsätzlich wirksam und empfehlenswert, auch wenn in „klassischen“ Sorgerechtskonstellationen mit beiden leiblichen Eltern nochmals etwas höhere Elternarbeitseffekte erzielt werden. Trotz des hohen Anteils an stationären Heimerziehungsmaßnahmen nach § 34 SGB VIII kam der Elternarbeit insgesamt ein hoher Stellenwert zu. So wurde bei ca. 75 % aller untersuchten Hilfen, zumindest in überschaubarem zeitlichem Umfang, in zielgerichteter Weise mit den Elternbzw. dem Umfeld gearbeitet. Die Zahlen belegen die vielfach postulierte zunehmende Bedeutung der Elternarbeit in den erzieherischen Hilfen. Nichtsdestotrotz wurde aber auch deutlich, dass insbesondere im Hinblick auf die Arbeit mit Familien in prekären Lebenssituationen und/ oder mit Migrationshintergrund sowie in Bezug auf genderbezogene Fragestellungen noch Optimierungsbedarfe bestehen. Aufgrund ihrer hohen Wirkungsrelevanz kann, letztendlich zum Wohle der jungen Menschen und ihrer Familien, nur empfohlen werden, die Sicherung und den Ausbau einer qualitativ hochwertigen Elternarbeit weiterhin in angemessener Weise voranzutreiben. Wie kann erfolgreiche Arbeit mit den Eltern gelingen? „Als positive Merkmale einer intensiven Elternarbeit sind das Herausarbeiten der Ressourcen der Eltern und des sozialen Wohnumfeldes und ihre Verschränkung mit den eingeleiteten Hilfestrategien ein wichtiger Wirkfaktor. Ebenso sind Anregungen für eine Restabilisierung der Alltagsorganisation und eine ganzheitliche Elternbildung wirksam“ (Esser 2014, 604). Des Weiteren ist elementar, dass die pädagogischen Fachkräfte bei der Arbeit mit den Eltern eine möglichst überparteiliche Vermittlerrolle einnehmen, die dem jungen Menschen nicht den Eindruck einer „Koalition der Mächtigen“ suggeriert. Dabei ist auch eine erhöhte Sensibilität für die subjektiven Hilfepläne der Eltern, für ihren biografischen Hintergrund sowie für ihre Deutungsmuster bezüglich der Problemlagen und für ihren individuellen Umgang mit den Hilfeangeboten vonnöten. Ob dies in Anbetracht der bestehenden Berufsausbildungsstrukturen gelingen kann, im Rahmen derer spezifische Kompetenzen im Umgang mit den Eltern wie einleitend beschrieben eher über fakultative Fortbildungen angeeignet werden, sollte zumindest kritisch hinterfragt werden. Gerade zur Frage der notwendigen strukturellen Rahmenbedingungen für eine zielführende Elternarbeit, die aus den vorliegenden Daten nicht beantworten werden kann, bedarf es allerdings noch weitergehender Forschungsarbeit. Neben einer Beschreibung der notwendigen Qualifikationsprofile wäre hier auch eine repräsentative Erhebung des Ist-Zustandes wünschenswert, die beispielsweise darüber Aufschluss geben könnte, ob hinreichende Arbeitszeitkontingente vorgesehen sind oder die Elternarbeit sozusagen eher „nebenher“ erledigt werden muss. Jens Arnold Prof. Dr. Michael Macsenaere IKJ Institut für Kinder- und Jugendhilfe gGmbH Saarstraße 1 55122 Mainz arnold@ikj-mainz.de macsenaere@ikj-mainz.de 374 uj 9 | 2015 Auswirkungen von Elternarbeit Literatur Arnold, J., Macsenaere, M. (2012): Abbrüche in den Hilfen zur Erziehung: Häufigkeit, Relevanz und Vermeidung. Evangelische Jugendhilfe (EJ) 89 , 284 - 294 Arnold, J., Macsenaere, M. (2015): Anwendungsmöglichkeiten und Rahmen der Evaluation erzieherischer Hilfen (EVAS) am Beispiel von Hilfen bei dissozial auffälligen jungen Menschen. In: Hahn, G., Hüttemann, M. (Hrsg.): Evaluation psychosozialer Interventionen. Psychiatrie Verlag, Köln, 76 - 88 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2013): 14. Kinder- und Jugendbericht. BMFSFJ, Berlin Conen, M.-L. (1996): Elternarbeit in der Heimerziehung. Eine empirische Studie zur Praxis der Eltern- und Familienarbeit in Einrichtungen der Erziehungshilfe. 3. Aufl. IGFH, Frankfurt am Main Esser, K. (2014): Wirkfaktoren in der Erziehungshilfe. In: Macsenaere, M., Esser, K., Knab, E., Hiller, S. (Hrsg.): Handbuch der Hilfen zur Erziehung. Lambertus, Freiburg i. B., 599 - 606 Faltermeier, J., Glinka, H.-J., Schefold, W. (2003): Herkunftsfamilien. Empirische Befunde und praktische Anregungen rund um die Fremdunterbringung von Kindern. Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, Frankfurt a. M. Günder, R. (2013): Aktuelle Tendenzen der Eltern- und Familienarbeit in der Stationären Erziehungshilfe - Ergebnisse einer empirischen Studie. 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