unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2016
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Möglichkeiten und Grenzen sozialraumorientierten Arbeitens im stationären Bereich der Hilfen zur Erziehung
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Tina Wiesner
Thomas Olk
In der Steuerungsdebatte zu den Hilfen zur Erziehung spielen sozialraumorientierte Ansätze eine wichtige Rolle. Empirische Belege zur Wirksamkeit dieser Steuerungsansätze stehen weitestgehend noch aus. Der Beitrag geht auf der Basis eines Evaluationsprojekts der Frage nach, inwiefern das Konzept der Sozialraumorientierung im Bereich stationärer Hilfen zur Erziehung wirksam ist.
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30 unsere jugend, 68. Jg., S. 30 - 40 (2016) DOI 10.2378/ uj2016.art05d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Möglichkeiten und Grenzen sozialraumorientierten Arbeitens im stationären Bereich der Hilfen zur Erziehung Lehren aus einem Evaluationsprojekt In der Steuerungsdebatte zu den Hilfen zur Erziehung spielen sozialraumorientierte Ansätze eine wichtige Rolle. Empirische Belege zur Wirksamkeit dieser Steuerungsansätze stehen weitestgehend noch aus. Der Beitrag geht auf der Basis eines Evaluationsprojekts der Frage nach, inwiefern das Konzept der Sozialraumorientierung im Bereich stationärer Hilfen zur Erziehung wirksam ist. von Tina Wiesner Jg. 1983; wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitsbereich Sozialpädagogik und Soziale Arbeit am Institut für Pädagogik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Die Versorgung mit stationären Hilfen zur Erziehung steht oft am Ende eines krisenhaften Fallverlaufs und markiert nicht selten eine Zuspitzung im Zusammenleben einer Familie. Sie bedeutet die Herausnahme des betreffenden Kindes aus der Herkunftsfamilie. Insgesamt sind die Ausgaben für stationäre Hilfen zur Erziehung seit 2006 stark gestiegen, bis 2010 um etwa eine halbe Milliarde Euro (BMFSFJ 2013, 281), Tendenz weiter steigend (Fendrich/ Pothmann/ Tabel 2014, 8). Unter der Bezeichnung Sozialraumorientierung strebten in den vergangenen Jahren - nicht zuletzt aus finanzpolitischen Überlegungen - zahlreiche Kommunen eine Weiterentwicklung der Erziehungshilfen an. Was aber kann das Konzept Sozialraumorientierung zurWeiterentwicklung der stationären Hilfen zur Erziehung beitragen? Können in einem Handlungsfeld, in dem auch gegen den Willen der beteiligten Personen gehandelt werden muss, sozialraumorientierte Prinzipien und Methoden wirksam werden? Diesen Fragen soll im Folgenden auf der Grundlage einer Begleitforschung zum Bremer Modellprojekt „Erziehungshilfe, Soziale Prävention und Quartiersentwicklung“ (ESPQ) nachgegangen werden. Prof. Dr. Thomas Olk Jg. 1951; Inhaber des Lehrstuhls für Sozialpädagogik und Sozialpolitik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in der Philosophischen Fakultät III - Erziehungswissenschaften 31 uj 1 | 2016 Möglichkeiten und Grenzen sozialraumorientierten Arbeitens Anlage des Modellprojekts und des Evaluationsdesigns der wissenschaftlichen Begleitung Das Modellprojekt „Erziehungshilfe, soziale Prävention und Quartiersentwicklung“ (ESPQ) markiert den Versuch der Bremer Politik, mithilfe eines Fachkonzepts die Qualität in den Hilfen zur Erziehung zu verbessern und gleichzeitig zu prüfen, inwiefern durch ein Mehr an Personal in diesem Bereich problemangemessenere Hilfen zu erreichen sind. Ziel war es also, bestehende Jugendhilfestrukturen im Bereich der Hilfen zur Erziehung weiterzuentwickeln. In Übereinstimmung zum Fachkonzept der Sozialraumorientierung (vgl. Früchtel et al. 2013) sollte durch eine gezielte Weiterentwicklung der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe eine stärkere Orientierung an den Ressourcen der Hilfeadressat(inn)en, deren Lebenswelt und des sie umgebenden Sozialraums strukturell verankert werden. Hierdurch sollten Selbsthilfepotenziale aktiviert, die Lebenssituation (potenziell) Hilfebedürftiger verbessert sowie nicht zuletzt langfristig Fallzahlen und -kosten gesenkt werden. Präventive Angebote für Kinder, Jugendliche und ihre Eltern im Stadtteil sollten verstärkt geschaffen, ausgebaut und vernetzt werden, um auf diese Weise möglichen zukünftigen Eingriffen in das Familiengefüge vorzubeugen (vgl. SfAFGJS 2010). Das Modellprojekt wurde im Zeitraum von 2011 bis 2014 mit dem Stadtteilteam „Junge Menschen“ im Stadtteil Bremen Walle umgesetzt. Im ausgewählten Stadtteil Walle leben knapp 30.000 Menschen. Das Amt für Soziale Dienste (AfSD) in Bremen, dem das Jugendamt zugeordnet ist, ist in sechs Sozialzentren aufgeteilt, in denen jeweils zwei bis drei Stadtteilteams „Junge Menschen“ für ein Gebiet zuständig sind. Das Team im Stadtteil Walle wurde im Zuge des Modellprojekts personell um mehr als die Hälfte des bestehenden Personals aufgestockt. Es erhielt zudem seit Mitte 2011 Fortbildungen und Coachings zum Fachkonzept Sozialraumorientierung durch das Institut LüttringHaus. Zusätzlich wurde eine wissenschaftliche Begleitung installiert. Schließlich standen dem Projektteam finanzielle Mittel zur Entwicklung von Kooperations- und sonstigen Projekten zur Verfügung. Zum Vorgehen der wissenschaftlichen Begleitung: Die wissenschaftliche Begleitung formulierte zu Beginn anhand der Projektziele Wirkungshypothesen, die mithilfe eines quantitativen und qualitativen Erhebungsdesigns überprüft werden sollten. Der quantitativen Analyse des Fallgeschehens lagen monatlich erhobene Daten des Fallbestands im Pilotteam zugrunde. Die Aussagen zur Inanspruchnahme von Maßnahmen nach §§ 27 bis 35 des SGB VIII im Stadtteil Walle wurden mit den Daten für die Gesamtstadt Bremen gespiegelt. Die qualitative Analyse des Projektverlaufs zielte auf eine Auswertung der subjektiven Bewertungen des Modellprojekts aus der Sicht beteiligter Akteure. Dabei wurde untersucht, welche Effekte die personelle Aufstockung und neue, flexible Handlungsstrategien im Hinblick auf die Projektziele haben. Hierzu kamen Experteninterviews und Gruppendiskussionen u. a. mit Case Manager(inne)n (CM) zum Einsatz. Sozialraumorientierung - ein umstrittenes Fachkonzept Das Plädoyer, soziale Arbeit stärker am Sozialraum zu orientieren, hat zwei wesentliche Implikationen, innerhalb dessen sich verschiedene Vorstellungen und Umsetzungskonzepte von Sozialraumorientierung verorten lassen: 1. Individuelle Perspektive: Sozialraum wird hier als Lebenswelt der Adressatinnen und Adressaten sozialer Arbeit diskutiert, das heißt als ihr räumlicher und sozialer Bezugsrahmen. Soziale Arbeit müsse sich auf diese Räume orientieren, die je nach individueller Lebenssituation und Interessenlage unterschiedlich ausfallen (vgl. bspw. Reutlinger 2005). 32 uj 1 | 2016 Möglichkeiten und Grenzen sozialraumorientierten Arbeitens 2. Verwaltungsräumliche Perspektive: Sozialraum wird hier als räumlich begrenzter Zuständigkeitsbereich der Erbringer und Gestalter Sozialer Arbeit begriffen, wobei die Zuteilung der Bereiche entlang der politischen Verwaltungsbezirke erfolgt (Franke 2011, 65f ). „Der Sozialraum“ wird als „Steuerungsgröße genutzt“ (Hinte/ Treeß 2014, 32), um personelle, materielle und andere Ressourcen verteilen zu können. Innerhalb dieses Felds haben sich vor dem Hintergrund finanz- und fachpolitischer Interessenlagen unterschiedliche Ausdifferenzierungen einer Sozialraumorientierung in den Hilfen zur Erziehung entwickelt, die verschiedene Qualitäten, kommunale Voraussetzungen und Reflexionsniveaus widerspiegeln (vgl. bspw. Pichlmeier/ Rose 2010 für Rosenheim, Stiefel 2002 für Stuttgart). Dabei hängt die konkrete Ausgestaltung vor allem davon ab, welche Ziele bei der Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe anvisiert werden: Geht es eher um eine Ausrichtung der sozialpädagogischen Arbeit auf das Konzept der Sozialraumorientierung (individuelle Perspektive) oder um eine Neuorganisation und Dezentralisierung der Kinder- und Jugendhilfe (verwaltungsräumliche Perspektive)? Das Modellprojekt ESPQ in Bremen ist an das Fachkonzept Sozialraumorientierung nach Wolfgang Hinte angelehnt, das den Anspruch erhebt, beide Perspektiven zu integrieren (Hinte/ Treeß 2014, 30ff ). Das Fachkonzept Sozialraumorientierung nach Wolfgang Hinte stellt die Struktur des deutschen Hilfesystems als Ganzes infrage. Dieses sei - so die Protagonistinnen und Protagonisten - durch ein professionelles Hilfemonopol gekennzeichnet und ziele nicht auf die Integration der Hilfesuchenden ab, sondern befördere deren Aussonderung (Früchtel et al. 2013, 21). Erfolgreiche, nachhaltige (Re-) Integration hänge nicht davon ab, dass die Fachkräfte Hilfeleistungen nach gesetzlichen Vorgaben „verschreiben“, sondern davon, inwiefern es den Professionellen gelingt, den Willen, die lebensweltlichen Ressourcen sowie die Ressourcen aus dem näheren Umfeld der Hilfebedürftigen bei der Hilfeplanung zu berücksichtigen und zu aktivieren. Fallübergreifende Angebote sowie fallunabhängige Kooperationen und Vernetzungsarbeit zwischen den unterschiedlichen Hilfe- und Regelsystemen in einem Sozialraum (Schulen, Vereine etc.) sollen dazu beitragen, hilfebedürftige Kinder, Jugendliche und deren Eltern im Kontext „normaler“ und alltäglicher Settings zu unterstützen. Das Fachkonzept wird explizit nicht als neu proklamiert, sondern knüpft an bekannte Konzepte und Theorien an. Zurückgegriffen wird u. a. auf die Konzepte der Lebensweltorientierung, der Gemeinwesenarbeit, des Empowerments, aber auch der Organisationsentwicklung und der Neuen Steuerung (vgl. Früchtel et al. 2013, 23f; Fehren 2011, 442). Die aus diesen Konzepten und Theorien entwickelten fünf leitenden Prinzipien des Fachkonzepts Sozialraumorientierung lauten: 1. Ausgangspunkt jeglicher Arbeit sind der Wille/ die Interessen der leistungsberechtigten Menschen (in Abgrenzung zu Wünschen oder naiv definierten Bedarfen); 2. Aktivierende Arbeit hat grundsätzlich Vorrang vor betreuender Tätigkeit; 3. Bei der Gestaltung einer Hilfe spielen personale und sozialräumliche Ressourcen eine wesentliche Rolle; 4. Aktivitäten sind immer zielgruppen- und bereichsübergreifend angelegt; 5. Vernetzung und Integration der verschiedenen sozialen Dienste sind Grundlage für funktionierende Einzelfallhilfen. (Hinte 2009, 23) Während diese Prinzipien in der Fachdebatte weitgehend unumstritten sind, sehen die Kritikerinnen und Kritiker dieses Fachkonzepts die Gefahr, dass der seit einigen Jahren beobachtbare Abbau sozialstaatlicher Sicherungssysteme - Stichwort „Aktivierender Sozialstaat“ - gefördert wird: Der Verweis auf die Ressourcen der Hilfesuchenden und der sie umgebenden 33 uj 1 | 2016 Möglichkeiten und Grenzen sozialraumorientierten Arbeitens Lebenswelt bzw. des Stadtteils, in dem sie wohnen, bereite die Grundlage dafür, fachlich begründet die Ressourcen des Sozialstaates zu schonen (Fehren 2011, 452). Darüber hinaus sei es vor allem in benachteiligten, also an Ressourcen armen Stadtteilen oder Quartieren problematisch, auf sozialräumliche oder lebensweltliche Ressourcen zur Problemlösung zurückgreifen zu wollen. Dem widersprechen die Befürworterinnen und Befürworter um Hinte und verweisen auf die Ausgangskritik des Fachkonzepts am gegenwärtigen Zustand des Jugendhilfesystems. Anliegen sei es demnach mitnichten, sozialstaatliche Leistungen zu versagen, sondern vielmehr bei der Gestaltung dieser Leistungen (wieder) sehr viel intensiver den Willen, die Lebenswelt und Ressourcen der Hilfebedürftigen zu berücksichtigen und die Eigenaktivität und -verantwortung der Hilfebedürftigen für ihre Lebenssituation zu fördern (vgl. Fehren 2011, 452f; Hinte/ Treeß 2014, 45ff ). Es gehe nicht darum, dass sozialpädagogisches Personal mit dem Verweis auf die Ressourcen von Hilfebedürftigen und Sozialraum abgebaut werde, sondern dass dieses Personal seine Haltung gegenüber den und im Sinne der Adressatinnen und Adressaten weiterentwickle (vgl. Hinte/ Treeß 2014. 52f ). Darüber hinaus erfordere die Umsetzung der methodischen Prinzipien der Sozialraumorientierung - etwa gezielte Vernetzungsarbeit und die Schaffung präventiver, zielgruppen- oder bereichsübergreifender Angebote - nicht weniger Ressourcen, sondern andersartige Herangehensweisen und Handlungsprinzipien (Fehren 2011, 452f ). Quantitative Analyse des Fallgeschehens Mithilfe der quantitativen Analyse des Fallgeschehens am Modellstandort wurde im Rahmen der Begleitforschung der Frage nachgegangen, welche Effekte die Personalaufstockung und Qualifizierung am Modellstandort auf die aggregierten Fallzahlen hat. Im ersten Schritt wurde hierzu untersucht, welche Entwicklungen sich im Projektverlauf im Fallbestand des Stadtteilteams Walle zeigen. Im zweiten Schritt wurde der Frage nachgegangen, inwiefern die Entwicklungen auf die veränderten Rahmenbedingungen im Modellprojekt ESPQ zurückzuführen sind. Auf diese Weise sollte kontrolliert werden, ob Entwicklungen der Sozialstruktur im Stadtteil Einfluss auf die Entwicklung der Fallzahlen genommen haben. Darüber hinaus wurden die Entwicklungen im Fallbestand in Walle mit den entsprechenden Entwicklungen in der Gesamtstadt Bremen verglichen, um zu prüfen, inwiefern Veränderungen im Waller Fallbestand einem bremenweiten Trend folgen. Die folgenden Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf Entwicklungen der stationären Erziehungshilfe. Ein Blick auf die Entwicklung des Einsatzes von stationären Maßnahmen im Verlauf des Modellprojekts ESPQ im untersuchten Stadtteilteam Junge Menschen in Walle im Vergleich zur Gesamtstadt Bremen zeigt eine eher rückläufige Tendenz im Stadtteil und einen leichten Aufwärtstrend in der Gesamtstadt (s. Abb. 1). Waren zu Projektbeginn in Walle noch 112 Maßnahmen dieser Art im Fallbestand zu verzeichnen, ging ihre Anzahl bis zum 31. 12. 2014 auf 79 zurück. Diese Entwicklung setzt aber erst verzögert ein: Die Hilfedichte der stationären Maßnahmen in Walle liegt bis zum ersten Quartal 2014 über der in Bremen, nähert sich ihr aber im Projektverlauf an. In den letzten drei Quartalen der Projektlaufzeit liegt die Hilfedichte in Walle zunehmend deutlich unter der in Bremen. Ein Blick auf die Entwicklung der Inanspruchnahme der einzelnen stationären Maßnahmearten im Stadtteil Walle (s. Abb. 2) lässt erkennen, dass der Rückgang der Anzahl der stationären Maßnahmen im Wesentlichen auf einen Rückgang von Maßnahmen Betreutes Jugendwohnen (BJW, gelbe Fläche - diese Maßnahme wird in Bremen innerhalb der stationären Maßnahmen der HzE subsumiert) und Heimerziehung zurückzuführen ist. 34 uj 1 | 2016 Möglichkeiten und Grenzen sozialraumorientierten Arbeitens Wurde die Maßnahme BJW zu Projektbeginn monatlich etwa 15 Mal in Anspruch genommen, war sie am 31. 12. 2014 lediglich mit sechs Einträgen im Fallbestand vertreten. Dies wird mit einem verstärkten Einbezug des Jobcenters im Falle der außerfamiliären Unterbringung von Jugendlichen begründet, das für die Unterbringung der Jugendlichen aufkommt. Sozialpädagogische Unterstützung erhalten die Jugendlichen nach wie vor vom Jugendamt. Diese erfolgt nun aber im Rahmen anderer Maßnahmen, etwa durch Beratungen oder durch ein Gruppenangebot für Jugendliche in eigener Wohnung, das im Rahmen des Modellprojekts entwickelt wurde. Mit dem Einbezug des Jobcenters ist das Ziel verbunden, die Jugendlichen frühzeitig im selbstständigen Umgang mit Behörden und administrativen Angelegenheiten zu schulen. Der Rückgang der Inanspruchnahme dieser Art der Maßnahme ist damit nicht gleichzusetzen mit einem Rückgang des Bedarfs von Jugendlichen im Stadtteil an sozialpädagogischer Unterstützung im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe. Die sinkende Inanspruchnahme der Heimerziehung setzt etwa am Ende des dritten Projektjahres 2013 ein. Wurden am 31. 10. 2013 noch - wie zu Projektbeginn - 61 Maßnahmen dieser 25 20 15 10 5 0 I./ 2011 III./ 2011 I./ 2012 III./ 2012 I./ 2013 III./ 2013 I./ 2014 III./ 2014 Abb. 1: Entwicklung der Hilfedichte bei stationären Maßnahmen der Hilfen zur Erziehung in Walle und Bremen, I./ 2011 bis IV./ 2014 Stadtteil Walle Stadt Bremen 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Baseline 30. 6. 11 31. 12. 11 30. 6. 12 31. 12. 12 30. 6. 13 31. 12. 13 30. 6. 14 31. 12. 14 §§ 34, 35, 35 a Heimerziehung § 33 Vollzeitpflege § 34 Betreutes Jugendwohnen Abb. 2: Entwicklung der Inanspruchnahme stationärer Maßnahmearten der Hilfen zur Erziehung vom 1. 1. 2011 bis 31. 12. 2014 35 uj 1 | 2016 Möglichkeiten und Grenzen sozialraumorientierten Arbeitens Art im Waller Fallbestand verzeichnet, ging ihre Zahl bis zum 31.12.2014 auf 44 zurück. Das entspricht einem prozentualen Rückgang in Höhe von 27,9 % im Projektverlauf. Ein leichter Rückgang ist darüber hinaus auch bei der Zahl der Vollzeitpflegekinder festzustellen. Der Rückgang der stationären Hilfen der Erziehung im Verlauf des Modellprojekts, der einen Gegentrend zur Entwicklung in der Gesamtstadt darstellt, könnte als Indiz gewertet werden, dass die Qualifizierung der Case Managerinnen und -Manager im Stadtteilteam entsprechend der Prinzipien und Methoden der Sozialraumorientierung greift. Allerdings: Bei einer Zusammenschau der Entwicklung der Inanspruchnahme stationärer Hilfen zur Erziehung mit der Entwicklung der Anzahl an Tagen, die Kinder und Jugendliche kurzfristig außerhalb der Familien untergebracht, also in Obhut genommen wurden (sog. Belegtage), zeigt sich ein bemerkenswertes Ergebnis: Im gleichen Zeitraum, in dem Kinder und Jugendliche weniger häufig fremdplatziert werden, steigt die Anzahl der Inobhutnahmen an. Dieser Umstand könnte darauf hindeuten, dass im Stadtteilteam Walle versucht wird, Krisensituationen in Familien durch die kurzfristige Unterbringung der Kinder und Jugendlichen außerhalb ihrer Herkunftsfamilien zu entschärfen. In der Zeit der kurzfristigen Unterbringung geht es dann darum, gezielt und intensiv mit Eltern und Kindern an einer Lösung der Krise zu arbeiten. Hintergrund dieser Strategie ist offensichtlich, dass erwartet wird, hierdurch eine langfristige Fremdplatzierung des Kindes vermeiden zu können. Es stellt sich allerdings die Frage, ob diese Strategie als „sozialraumorientiert“ bezeichnet werden kann. Ein Blick auf die Art und Weise, wie die Kinder und Jugendlichen kurzfristig fremduntergebracht werden - ob in Einrichtungen, in der Kurzpflege oder im Sozialen Netz - lässt zumindest das Bemühen der Fachkräfte im Stadtteilteam Walle erkennen, die Betroffenen im „Sozialen Netz“, also bei Verwandten oder Freunden unterzubringen. Dies war allerdings nicht in allen Fällen möglich. Partizipation Betroffener im Bereich stationärer Hilfen zur Erziehung Welche Bewertungen nehmen nun die Empfängerinnen und Empfänger der Erziehungshilfen vor? Aus der Wirkungsforschung ist bekannt, dass der Erfolg von Hilfen zur Erziehung in hohem Maß von der Partizipation der betroffenen Jugendlichen und Eltern im gesamten Hilfeverlauf abhängt (Albus et al. 2010, 9). Partizipation gilt seit Langem als Strukturprinzip für die Ausgestaltung von Erziehungshilfen (vgl. z. B. Kriener 2001) und gehört zu den „Grundsätzen moderner erzieherischer Hilfen“ (Krause 2014, 57). Gleichzeitig erweist sich die Umsetzung in der Praxis der Jugendhilfe, beispielsweise bei widersprüchlichen Interessen und einer Kindeswohlgefährdung als äußerst anspruchsvoll (vgl. ebd., 58). Das Fachkonzept Sozialraumorientierung beruht auf der Annahme, dass Hilfebedürftige den Dreh- und Angelpunkt der Hilfeplanung und -durchführung darstellen. Ihr Wille und ihre Ressourcen gilt es im gemeinsamen Gespräch mithilfe sozialraumorientierter Arbeitsmethoden herauszuarbeiten, gemeinsam realistische Ziele zur Umsetzung des Willens zu definieren und gemeinsam nach geeigneten Möglichkeiten zu suchen, die Ziele zu erreichen. Anhand der qualitativen Befragung der Adressatinnen und Adressaten der Hilfen zur Erziehung, die die wissenschaftliche Begleitung zum Modellprojekt ESPQ durchführte, sollten Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie die veränderte Fallarbeit im Stadtteilteam Junge Menschen in Walle von den Adressatinnen und Adressaten wahrgenommen wird. Im Rahmen der Befragung wurden insgesamt 12 Interviews realisiert. Bei neun Interviews ging es um Kinder bzw. Jugendliche in stationären Erziehungshilfen. Diese Interviews stehen im Folgenden im Vordergrund. Zur vertiefenden Analyse wurde ein Vergleich zwischen zwei Befrag- 36 uj 1 | 2016 Möglichkeiten und Grenzen sozialraumorientierten Arbeitens tengruppen vorgenommen: Befragte, deren Fallgeschichte während des Modellprojekts ESPQ begann, wurden Befragten gegenübergestellt, deren Hilfen bereits vor dem Modellprojekt begonnen wurden. Zunächst zu den fünf Befragten, deren Hilfen vor dem Modellprojekt ESPQ begonnen wurden: Eine der befragten Personen äußerte sich mit den Beteiligungsmöglichkeiten in der Hilfeplanung und -durchführung zufrieden. Eine andere Erziehungsperson, die selbst mit einem Hilfebedarf an das Jugendamt herangetreten war, bemängelt, dass dieses auf ihr Anliegen, die Kinder nur vorübergehend in einer Pflegefamilie unterbringen zu wollen, mit einem abwehrenden Kommentar reagierte und in der Folge keine Rücksicht darauf nahm. Zwei weitere befragte Elternteile fühlen sich in jeglicher Hinsicht unverstanden, ungerecht behandelt und machtlos gegenüber dem Jugendamt. „Ich weiß gar nicht, wie ich mit denen reden soll; was ich mir wünschen darf, ob ich das sagen darf oder nicht.“ (Elternteil, stationäre Maßnahme) Eine besondere Herausforderung liegt offenbar in der (partizipativen) Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen Pflegefamilien, Herkunftsfamilien und den zur Pflege gegebenen Kindern (vgl. auch Gehres 2005). So bewerten die beiden Befragten, deren Kinder in Pflegefamilien untergebracht sind, ihre Beteiligungsmöglichkeiten als sehr gering. In beiden Fällen wurden die betroffenen Kinder jeweils in zwei unterschiedlichen Pflegefamilien untergebracht. In einem Fall kam das ältere Kind in einer Familie unter, in der ein Elternteil sozialpädagogisch zumindest vorgebildet war. Hier entstand im Hilfeverlauf ein unkomplizierter, respektvoller Umgang zwischen allen Beteiligten. Im Vergleich dazu hat das Elternteil im anderen Fall das Gefühl, dass ihr jüngeres Kind von der Pflegefamilie, in der diese Voraussetzung nicht gegeben sei, gleichsam abgeschottet wird. Die befragte Person musste sich - so ihr Bericht - jede Form des Kontaktes (telefonisch, Besuche) zum Teil gerichtlich einklagen. „[Mein Kind] wird erzogen, als ob die Pflegeeltern die leiblichen Eltern wären; die Herkunftsfamilie existiert nicht.“ (Elternteil, stationäre Maßnahme) Beide Personensorgeberechtigten nehmen ein Ungleichgewicht in der Behandlung der Pflegeim Vergleich zu den Herkunftsfamilien wahr. Dies betrifft sowohl die gesetzlichen Regelungen als auch die Hilfsangebote. So hätten die Pflegefamilien sehr viele Rechte und ihnen stünden umfangreiche Unterstützungsangebote zur Verfügung. Die leiblichen Eltern fänden demgegenüber vor dem Gesetz nur mangelhaft Anerkennung und hätten nur wenig Unterstützung und Anlaufstellen. Aus dieser Wahrnehmung heraus ergibt sich die sehr negative Bewertung der Partizipationsmöglichkeiten, bspw. im Hilfeplangespräch: „Die machen sowieso, was sie wollen.“ Bei den Personen, deren Hilfen im Rahmen des Modellprojekts ESPQ begannen, zeigt sich im Vergleich dazu Folgendes: In zwei Fällen äußern sich die Befragten uneingeschränkt positiv zu ihren Beteiligungsmöglichkeiten. Sie betonen den Dialogcharakter der Gespräche, das Verständnis für ihre Situation und den guten Informationsfluss. So berichtet eine alleinerziehende Person, deren beide Kinder im Verlauf der Hilfe in Wohngruppen untergebracht wurden: „Ich wurde über jedes Detail informiert und das war schon mal prima, dass nicht über meinen Kopf hinweg entschieden wurde, da ich ja das Sorgerecht hab für die Kinder, ja, da wurde stets jede Einzelheit mit mir besprochen.“ (Elternteil, stationäre Maßnahme) Eine weitere befragte Person äußert sich ebenfalls positiv, wenngleich etwas zurückhaltender. Lediglich ein Elternteil berichtet, dass das Jugendamt zwar sehr stark auf das Kind im Jugendalter eingehen würde, sie selbst aber häufig vor voll- 37 uj 1 | 2016 Möglichkeiten und Grenzen sozialraumorientierten Arbeitens endete Tatsachen gestellt wurde und ihr weder Hilfe angeboten wurde noch sie die Möglichkeit bekam, eigene Vorstellungen einzubringen. Die Befunde der qualitativen Interviews mit Adressatinnen und Adressaten deuten insgesamt darauf hin, dass die veränderten Rahmenbedingungen im Stadtteilteam Junge Menschen in Walle, also die personelle Aufstockung, die ein Mehr an Zeit bedeutet, und die Qualifizierungen, die ein fachlich fundierteres und sichereres Arbeiten ermöglichen (vgl. Olk/ Wiesner 2013, 117), auch bei den Empfängerinnen und Empfängern der stationären Hilfen ihren Widerhall finden. Während die Befragten, deren Hilfeverläufe vor dem Modellprojekt oder außerhalb des Stadtteilteams Walle begonnen haben, mehrheitlich Unzufriedenheit mit der Beteiligung durch das Jugendamt äußern, sind die Befragten, deren Hilfen im Verlauf von ESPQ aufgenommen wurden, häufiger zufrieden. Diese Zufriedenheit kommt vor allem in dem Gefühl der Befragten zum Ausdruck, dass die Fachkräfte im Stadtteilteam Walle sie über ihre Rechte und Möglichkeiten informiert haben und sich im Hilfeverlauf aus Sicht der Befragten insgesamt bemüht gezeigt haben, Rahmenbedingungen und Möglichkeiten für die Familie zu schaffen, die sich an deren Bedarfen orientieren und sie unterstützen. Damit ist zunächst einmal ein empirischer Nachweis dafür gefunden, dass sich die Case Managerinnen und -Manager (CM) im Rahmen des Modellprojekts offensichtlich intensiver mit den Anliegen und Problemlagen der Adressat(inn)en auseinandersetzen. Unklar bleibt erstens nach wie vor, inwieweit dies auf die veränderte, sozialraumorientierte Arbeit der sozialpädagogischen Fachkräfte oder auf die personelle Aufstockung des Teams der CM zurückzuführen ist. Zweitens ist einschränkend darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Befunden - nicht zuletzt angesichts der begrenzten Fallzahl - lediglich um Tendenzaussagen handelt. Die Perspektive der sozialpädagogischen Fachkräfte Die sozialpädagogischen Fachkräfte bzw. Case Managerinnen und Manager (CM) im Stadtteilteam Junge Menschen in Walle wurden im Rahmen der qualitativen Analyse des Projektverlaufs mithilfe von leitfadengestützten Experteninterviews und Gruppendiskussionen zu verschiedenen Zeitpunkten zu ihren Sichtweisen auf Herausforderungen und Erfolge im Projektverlauf befragt. Im Folgenden werden die Erkenntnisse mit Blick auf den stationären Bereich der Erziehungshilfe dargestellt. Vorab sei auf eine Besonderheit im Stadtteilteam Walle hingewiesen: Im Unterschied zu der in Jugendämtern üblichen Arbeitsaufteilung nach Straßenzügen erfolgt diese im Stadtteilteam in Walle nach fachlichen Aufgabenschwerpunkten, zu denen unter anderem die Schwerpunkte Pflegekinder sowie stationäre Hilfen zählen. In den Interviews und Diskussionen, die in den ersten zwei Jahren der Projektlaufzeit geführt wurden, ließ sich bei den CM ein gewisses Unverständnis dafür erkennen, was das Fachkonzept Sozialraumorientierung mit ihrer Arbeit in der stationären Erziehungshilfe zu tun habe. Die Prinzipien und Methoden des Konzepts könnten, so der Tenor, lediglich im Bereich der ambulanten Erziehungshilfe angewandt werden und zum Tragen kommen. Nach vier Jahren Projektlaufzeit hat sich die Überzeugung, dass auch im stationären Bereich sozialraumorientiertes Arbeiten möglich sei, durchgesetzt. Allerdings werden Herausforderungen wahrgenommen. So zeigt sich in den Interviews, dass der Einbezug der Sichtweisen, Ressourcen und Zielvorstellungen der Eltern im stationären Bereich als besonders herausfordernd wahrgenommen wird. Dies betreffe Unsicherheiten und „Hemmschwellen“beimZugangzu Regeleinrichtungen. Einige sozialpädagogische Fachkräfte nehmen zudem bei Trägereinrichtungen die Einstellung wahr, dass die Eltern zur Einrichtung kommen müssten und nicht umgekehrt. Die sei für eine 38 uj 1 | 2016 Möglichkeiten und Grenzen sozialraumorientierten Arbeitens gelingende Elternarbeit wenig förderlich. Gleichzeitig wird seitens der Trägereinrichtungen in einigen Fällen Unzufriedenheit mit der Zuverlässigkeit der Eltern geäußert. Die befragten CM bemühen sich in solchen Fällen darum, zunächst bilateral, aber auch in gemeinsamen Gesprächen transparente Regelungen für die Zukunft zu entwickeln. Eine weitere Herausforderung ergibt sich aus Sicht der befragten CM durch die spezifischen Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit mit freien Trägern: Da die freien Träger nicht systematisch in die Konzipierung und Umsetzung des Modellprojekts ESPQ einbezogen worden waren und die CM im stationären Bereich regelmäßig auch mit Einrichtungen außerhalb Bremens zusammenarbeiten müssen, gebe es ein Nebeneinander verschiedener Vorstellungen und Praktiken. Das erschwere die konsequente Umsetzung der sozialraumorientierten Handlungsstrategien, die ein gemeinsames Vorgehen erfordern. Ferner erschwert aus Sicht der Befragten das Unterbringen von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen außerhalb Bremens die Elternarbeit bzw. den Zugang der Eltern zur Einrichtung. Fazit Auf Grundlage der dargestellten empirischen Befunde der Begleitforschung zum Modellprojekt ESPQ können folgende Rückschlüsse gezogen werden: ➤ Unter den spezifischen Rahmenbedingungen des Modellprojekts zeigt sich nach vier Jahren Projektlaufzeit ein Rückgang der Inanspruchnahme stationärer Maßnahmen der Hilfen zur Erziehung, der - im Unterschied zu den ambulanten Maßnahmen - erst mit einer Verzögerung von etwa zwei bis drei Jahren einsetzt. Interessanterweise ist etwa im gleichen Zeitraum eine steigende Anzahl von Inobhutnahmen zu beobachten. Offenbar wird hier die Strategie verfolgt, eine langfristige Herausnahme der betroffenen Kinder aus ihren Familien zu vermeiden und auf eine kurzfristige, begleitete Herausnahme gesetzt. ➤ Bereits in der Mitte der Laufzeit des Modellprojekts, in der die Interviews mit den Adressat(inn)en der Hilfen zur Erziehung zeitlich zu verorten sind, lassen sich veränderte Herangehensweisen der Case Manager(inn)en im stationären Bereich erkennen. Sie spiegeln sich aus Sicht der Adressat(inn)en in einer verbesserten Aufklärung über ihre Rechte und einem verstärkten Bemühen, problemangemessene Angebote und Hilfen zu finden bzw. zu arrangieren, wider. Darüber hinaus hat sich die Einschätzung der CM darüber, ob und in welcher Form auch im stationären Bereich sozialraumorientiert gearbeitet werden kann, im Projektverlauf gewandelt. Die Interviews aus der ersten Hälfte der Projektlaufzeit lassen noch ein Unverständnis und Abgrenzungsbestrebungen erkennen. In den Interviews und Gruppendiskussionen, die im Verlauf der zweiten Hälfte der Projektlaufzeit geführt wurden, wird bereits weniger darüber diskutiert, ob Sozialraumorientierung im stationären Bereich greifen kann, sondern vielmehr welche Umstände hilfreich wären, um dies zu ermöglichen. Zusammenfassend lässt sich schlussfolgern, dass das Fachkonzept der Sozialraumorientierung das Potenzial birgt, auch im stationären Bereich der Hilfen zur Erziehung wirksam zu werden; und zwar sowohl mit Blick auf die Qualität der Arbeit (verbesserte Aufklärung der Adressat(inn)en über ihre Rechte und Möglichkeiten; verstärktes Bemühen, problemangemessene Hilfen und Angebote zu finden bzw. zu arrangieren) als auch auf die Quantität der Inanspruchnahme stationärer Erziehungshilfen. Dabei ist vorstellbar, dass mit dem Ende des Modellprojekts die Möglichkeiten, sozialraumorientiertes Arbeiten im stationären Bereich 39 uj 1 | 2016 Möglichkeiten und Grenzen sozialraumorientierten Arbeitens wirksam werden zu lassen, noch nicht erschöpft sind. Fest steht, dass die veränderten Herangehensweisen ein Mehr an Zeit bzw. eine auskömmliche Personalausstattung der Jugendämter erfordert. Nicht eindeutig belegt werden kann anhand der vorliegenden Daten, inwiefern tatsächlich die veränderten, sozialraumorientierten Herangehensweisen greifen oder aber das Mehr an Zeit. Es scheint letztendlich nicht darauf hinaus zu laufen, dass die sozialpädagogischen Fachkräfte im Jugendamt entweder geschult oder angemessen ausgelastet sein sollten. Vielmehr erscheint die Kombination aus gezielter Fortbildung und auskömmlicher Personalausstattung erfolgversprechend. Tina Wiesner, M. A. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Philosophische Fakultät III Institut für Pädagogik 06099 Halle (Saale) Tel. (03 45) 55-2 38 28 tina.wiesner@paedagogik.uni-halle.de Prof. Dr. Thomas Olk Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Philosophische Fakultät III Institut für Pädagogik 06099 Halle (Saale) Tel. (03 45) 55-2 38 00 thomas.olk@paedagogik.uni-halle.de Literatur Albus, S., Greschke, H., Klingler, B., Messmer, H., Micheel, H.-G., Otto, H.-U., Polutta, A. 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