eJournals unsere jugend 68/4

unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2016
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Kooperation Schule und Jugendhilfe

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2016
Daniela große Sextro
2014 verließen bundesweit 5,5 % der Schülerinnen und Schüler die Schule ohne Hauptschulabschluss (Statistisches Bundesamt 2015). Die Koordinierungsstelle Schulverweigerung in Braunschweig verfolgt das Ziel, schulverweigernde Jugendliche wieder in das Regelschulsystem zu integrieren und ihnen somit zu einem Abschluss zu verhelfen.
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165 unsere jugend, 68. Jg., S. 165 - 171 (2016) DOI 10.2378/ uj2016.art25d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel von Daniela große Sextro Jg. 1982; Dipl. Sozialarbeiterin, Mitarbeiterin der Stadt Braunschweig, Koordinierungsstelle Schulverweigerung - Die 2. Chance; Systemischer Coach; Erlebnispädagogin Risikofaktor Schulverweigerung Wie Schule und Jugendhilfe kooperieren müssen, um die Zahl der chronischen Schulverweigerer zu begrenzen 2014 verließen bundesweit 5,5 % der Schülerinnen und Schüler die Schule ohne Hauptschulabschluss (Statistisches Bundesamt 2015). Die Koordinierungsstelle Schulverweigerung in Braunschweig verfolgt das Ziel, schulverweigernde Jugendliche wieder in das Regelschulsystem zu integrieren und ihnen somit zu einem Abschluss zu verhelfen. Die Geschichte der Koordinierungsstelle beginnt 2008. Der Fachbereich Kinder, Jugend und Familie der Stadt Braunschweig verfügt zu diesem Zeitpunkt bereits über eine Kompetenzagentur, die den Übergang von der Schule in den Beruf begleitet. In drei der sieben Hauptschulen sind über das Hauptschulprofilierungsprogramm vier Sozialarbeiter eingesetzt - finanziert über Land und Kommune. Mit der Zeit wird deutlich, dass es in einem Bereich an Unterstützung fehlt. Seit 1996 besteht der Arbeitskreis Schulverweigerung, der den Reader Schulverweigerung entwickelt hat. Dieser gibt seit 1998 denen Orientierung, die sich mit verweigernden Schülern beschäftigen. Für Jugendliche mit schulabsentem Verhalten gibt es jedoch keine Anlaufstelle. Als die Bundesregierung und der Europäische Sozialfond das Modellprojekt „Koordinierungsstelle Schulverweigerung - Die 2. Chance“ ins Leben rufen, beantragt die Stadt Braunschweig nach Ermittlung der Bedarfe fünf Vollzeitstellen, die auch bewilligt werden. Mit der Übernahme der Co-Finanzierung durch den Fachbereich Kinder, Jugend und Familie der Stadt Braunschweig wird das Portfolio der Jugendsozialarbeit um einen weiteren Baustein - Jugendliche mit schulverweigernder Haltung wieder in das Regelschulsystem zu integrieren - ergänzt. Ziel ist es, die Zahl der Jugendlichen, welche die Schule ohne Abschluss verlassen, zu senken und somit die Chance auf einen Ausbildungsplatz zu verbessern. Im Jahre 2009 liegt die Quote derjenigen, die die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen, in Braunschweig bei 4 % (vgl. dazu auch Abb. 1). Dies liegt zwar unter dem bundesweiten Durchschnitt, ist aber für Niedersachsen (3,6 %) vergleichsweise hoch (Landesamt für Statistik 2015). 166 uj 4 | 2016 Kooperation Schule und Jugendhilfe Rahmenbedingungen und Arbeitsweise der Koordinierungsstelle Die Rahmenbedingungen zur Aufnahme in das Programm sind überschaubar. Der Schüler muss seinen Wohnsitz in Braunschweig haben und eine Braunschweiger Kooperationsschule besuchen. Hierzu zählen alle weiterführenden Schulen, die einen Kooperationsvertrag mit dem Jugendamt eingegangen sind: Zwei Förderschulen mit dem Schwerpunkt „Lernen“, vier Hauptschulen, fünf integrative Gesamtschulen, sechs Realschulen, fünf Gymnasien, die Waldorfschule sowie drei berufsbildende Schulen. Außerdem darf der Schüler sich nicht in einer stationären Einrichtung wie etwa einer Jugendwohngruppe oder der Psychiatrie befinden. Insgesamt arbeitet die Koordinierungsstelle derzeit mit 26 Schulen zusammen. Die Anzahl der Gymnasien steigt; die der Hauptschulen sinkt aufgrund der auslaufenden Schulform. Der Schüler muss die Schule aktiv verweigern, d. h. es müssen unentschuldigte Fehltage vorliegen. Der Aufnahmezeitpunkt beginnt ab der fünften Jahrgangsstufe. Hat ein Schüler bereits einen Hauptschulabschluss erreicht, kann er nicht mehr in das Programm aufgenommen werden. Demzufolge kann unter Umständen mit den Schülern nicht mehr gearbeitet werden, die sich in der zehnten Jahrgangsstufe befinden, da diese durch Versetzung häufig automatisch einen Hauptschulabschluss erreichen. Eine Ausnahme bilden die IGSen sowie die Waldorfschule. An den berufsbildenden Schulen wird mit den Berufsvorbereitungs- und Berufseinstiegsklassen gearbeitet. In diesen Schulformen haben die 150 140 130 120 110 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Anzahl 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 ▲ ▲ ▲ ▲ ▲ ▲ ▲ ▲ ▲ ▲ n n n n n n n n n n ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● Schuljahr Schulabgänge, Absolventinnen und Absolventen (Anzahl); ohne Abschluss; Braunschweig n männlich ● weiblich ▲ Gesamt Abb. 1: Anzahl der Schulabgänger/ innen ohne Abschluss der Sekundarstufe I für Braunschweig. Schulabgänger/ innen ohne Abschluss beinhalten nicht die Abgänger/ innen mit Abschluss der Förderschule Lernen sowie die Abgänger/ innen der Förderschule Geistige Entwicklung Quelle: Landesamt für Statistik Niedersachsen 167 uj 4 | 2016 Kooperation Schule und Jugendhilfe meisten Schüler noch keinen Hauptschulabschluss. Die Koordinierungsstelle arbeitet mit jedem Jugendlichen individuell daran, wieder eine schulische Perspektive zu erreichen. Die Mitarbeiter sind auf unterschiedliche Weise qualifiziert; klienten- und lösungsorientierte Beratung sowie eine systemische Herangehensweise gehören zum Standardrepertoire. Unabhängig von den Methoden ist die Vernetzung mit allen sich in der Lebenswelt des Jugendlichen befindenden Personen erforderlich. Um erfolgreich arbeiten zu können, muss auch mit den Familienmitgliedern, insbesondere den Eltern kooperiert werden. Auch die Einbeziehung des Freundeskreises kann sinnvoll sein. Der Einfluss der Eltern sinkt mit zunehmendem Alter, der Einfluss der Freunde steigt, im Positiven wie im Negativen (Stamm 2008, 83ff ). Sind die Freunde aktiv nicht am Prozess beteiligt, können sie wiederum durch Beratungstechniken in diesen mit einbezogen werden. Zu guter Letzt spielt die Schule und die Reintegration des Schülers in diese Institution eine entscheidende Rolle. Dem Jugendlichen muss der schwierige erste Schritt zurück in die Klasse vereinfacht werden. Um sich emotional in den jungen Menschen hineinversetzen zu können, stellen Sie sich Folgendes vor: Es wurden Unterrichtsinhalte verpasst, die aufgearbeitet werden müssen. Das soziale Leben in der Klasse hat sich weiterentwickelt, auch hier sind Lücken entstanden. Der betreffende Jugendliche wird von mehreren Seiten gefragt werden, ob er wieder zur Schule geht und warum er nicht da war. Dabei muss auch bedacht werden, dass nicht alle Personen dem Jugendlichen wohlgesonnen sind. An diesem Punkt ist eine gute Kooperation entscheidend. Die Tutoren und Klassenlehrer des Jugendlichen sollten ihr pädagogisches Verhalten der schwierigen Situation anpassen können. Empathische, offene und freundliche Aufnahme des Schülers in der Schule mag für selbstverständlich gehalten werden, ist es aber in der Praxis nicht immer. Doch die Reintegration steht am Ende des Prozesses. Gehen wir systematisch vor: Der Verfahrensablauf bei Schulverweigerung in Braunschweig Vor 2009 bestand in Braunschweig schon ein Arbeitskreis, der sich mit diesem Thema befasste. Es fehlten jedoch Mittel und Mitarbeiter, die sich dieser Thematik annahmen. Mit der Gründung der „Koordinierungsstelle Schulverweigerung - Die zweite Chance“ wurde dieser die Geschäftsführung des Arbeitskreises übertragen. Folglich erhielt der Arbeitskreis mehr praxisnahen Input, ergänzt von Erlebnissen aus dem beruflichen Alltag. Die Zusammensetzung des Arbeitskreises veränderte sich. Waren es bislang eher Sozialarbeiter und Schulen gewesen, die sich mit der Problematik beschäftigten, wurde bald deutlich, dass Schulverweigerung mehr Institutionen betrifft als bisher angenommen. Die bestehenden Mitglieder der Runde hatten die Möglichkeit, einen Stein ins Rollen zu bringen, der noch heute rollt. Schulen, Jugendamt, Jobcenter, Landesschulbehörde, Ordnungsamt, Polizei und Jugendgericht erarbeiten auf Augenhöhe Möglichkeiten und entwickeln Ideen. Ein Ergebnis ist der Verfahrensablauf: ➤ Fehlt ein Schüler unentschuldigt, ist zunächst die Schule in der Verantwortung, die Eltern zu informieren, Gespräche zu führen und Möglichkeiten anzubieten, um weitere Fehltage zu verhindern. ➤ Führt dies nicht zum Erfolg und steigt die Anzahl der unentschuldigten Fehltage auf mehr als fünf, füllt die Schule den von der Koordinierungsstelle erstellten Meldebogen aus und meldet den Schüler über 168 uj 4 | 2016 Kooperation Schule und Jugendhilfe dieses Formular der Koordinierungsstelle. Im Formular werden die Stammdaten, die Art der Verweigerungshaltung, die Anzahl der Fehltage und bereits erfolgte Maßnahmen vonseiten der Schule angegeben. ➤ Die Koordinierungsstelle erkundigt sich beim allgemeinen Sozialdienst, ob die Familie dort bekannt ist und schon Hilfen installiert sind. ➤ Die Koordinierungsstelle stellt anhand ihrer Aufnahmekriterien fest, ob der junge Mensch aufgenommen werden kann. ➤ Sollte dies nicht der Fall sein, wird der allgemeine Sozialdienst hinzugezogen. Dieser nimmt dann Kontakt zur Familie auf. ➤ In allen anderen Fällen nimmt die Koordinierungsstelle den Jugendlichen in das Case Management auf. ➤ Im Arbeitskreis wurde entschieden, zunächst alle pädagogischen Maßnahmen auszuschöpfen, bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden. Sollte es daher trotz Begleitung durch die Koordinierungsstelle weiter zu Schulversäumnissen kommen, kann die Schule Anzeige erstatten, muss aber den Kontakt mit der Koordinierungsstelle Schulverweigerung angeben. ➤ Wenn es zu einer Anzeige kommt, erhalten Schüler und Eltern Gelegenheit, Stellung zu beziehen. Wird kein Einspruch eingelegt, kommt es zu einer Geldbuße. ➤ Das Jugendgericht behält sich vor, die Strafe entweder in eine Arbeitsleistung umzuwandeln oder in eine andere Leistung nach § 98 OWiG. Seit 2013 verfährt das Jugendgericht bei schulpflichtigen Jugendlichen in den meisten Fällen so, dass dieser den Schulbesuch über einen bestimmten Zeitraum nachweisen muss. Der Nachweis erfolgt an die Jugendgerichtshilfe, die sich wiederum mit der Koordinierungsstelle und dem Jugendgericht über den Fall austauschen kann. Dieses Verfahren mag sehr weich erscheinen. Doch das Ziel, den schulverweigernden Schüler wieder in die Schule zu integrieren, kann so besser erreicht werden. Sozialstunden zu verhängen, stellt den ohnehin häufig sehr unstrukturierten Schüler vor weitere Herausforderungen. Ein Großteil der Jugendlichen leistet diese Stunden nicht ab. Nach der richterlichen Weisung und mit Unterstützung der Koordinierungsstelle gehen viele zurück in die Schule. Innovativ und praxisnah ist die Entwicklung des „Braunschweiger Schnellmelders“, der eine hohe Transparenz in der täglichen Arbeit gewährleistet. Dies ist eine Art Online-Klassenbuch, in dem die Lehrer für ihre von der Koordinierungsstelle betreuten Schülern mit einem Klick angeben können, ob jemand anwesend ist, unentschuldigt fehlt, krank ist oder im Praktikum. Die passwortgeschützten Seiten werden sowohl von der Schule als auch von der Koordinierungsstelle bedient. Auch Kommentare können eingegeben werden. So können die Sozialarbeiter zeitnah informiert werden und dementsprechend schnell intervenieren. Auf Initiative des Arbeitskreises erhebt die Stadt als Schulträger seit 2014 statistische Daten unentschuldigter Fehlzeiten. Bislang gab es in Braunschweig keine verlässlichen Zahlen über schulabsente Jugendliche. Es konnte lediglich anhand der Daten der Bußgeldabteilung festgestellt werden, wie viele Anzeigen es wegen Schulpflichtverletzungen gegeben hat. Da aber nicht jeder unentschuldigte Fehltag zur Anzeige gebracht wird, ist die Datenlage sehr ungenau. An der Online- und passwortgeschützten Erfassung beteiligen sich alle Braunschweiger Schulen. Die Erhebung wird durch die Koordinierungsstelle organisiert. Ziel ist es, mögliche weitere Bedarfe zu erkennen und weitere geeignete Maßnahmen zu erarbeiten. Die Arbeit in der Praxis Soweit der formale Hintergrund. Ist ein Meldebogen bei der Koordinierungsstelle eingegangen und der Jugendliche kann betreut werden, nimmt einer der fünf Case Manager Kontakt zur Familie auf und lädt diese ein. 169 uj 4 | 2016 Kooperation Schule und Jugendhilfe Mit Eltern und dem Jugendlichen wird besprochen, wie die schulische Situation aussieht, welche Ursachen es für die Verweigerungshaltung geben und wie eine Unterstützung durch die Koordinierungsstelle aussehen kann. Sowohl Eltern als auch Jugendliche müssen einwilligen, mit der 2. Chance zusammenzuarbeiten, denn Freiwilligkeit ist erforderlich, um lösungsorientiert vorgehen zu können. Ist die Familie bereit, Hilfe anzunehmen, wird nach Methoden und Angeboten geschaut, die den Prozess unterstützen können. Mit der Zeit ist ein Maßnahmen-Pool entstanden; der Case Manager kann hieraus wählen, welche für den Klienten zielführend sein kann. Um schulische Lücken zu schließen, kann der Jugendliche Nachhilfe oder Hausaufgabenhilfe bekommen. Letztere ist vor allem dann sinnvoll, wenn es dem Schüler schwer fällt, sich in seiner Freizeit zu strukturieren. Fehlt es gänzlich an einer Tagesstruktur, hat es sich als hilfreich erwiesen, wenn der Jugendliche vermehrt an Freizeitaktivitäten teilnimmt. Angebote in diesem Bereich sind Koch- und Schwimmgruppen, ein Sportangebot sowie eine Reitgruppe. In einem Jugendzentrum wird eine Musikgruppe angeboten. Gerade für Jugendliche, deren Tagesablauf immer gleich aussah oder die ihre Tage und manchmal auch Nächte am Computer verbringen, haben sich feste Termine in der Woche etabliert. Ein mangelndes Selbstwertgefühl ist manchmal Auslöser und Folge von Schulverweigerung. Über das Netzwerk der Koordinierungsstelle Schulverweigerung - Die zweite Chance kann die Klientel an einem Selbstbehauptungstraining teilnehmen. Dort werden Wahrnehmung und Ausdruck von Gefühlen geschult sowie das Ziehen eigener Grenzen, auch Selbstverteidigungstechniken erlernt. Trotz aller Freiwilligkeit kann nicht davon ausgegangen werden, dass alle Angebote selbstständig besucht werden. Eine enge Steuerung durch den Case Manager ist gerade zu Beginn der Betreuung von großer Bedeutung. Es muss eine positive Beziehung zwischen Jugendlichem und Case Manager entstehen, die sich wiederum nur durch Vertrauen und empathisches Verhalten entwickeln kann. Durch lösungsorientierte und klientenzentrierte Beratung kann an den Stärken und nicht an den Schwächen der Jugendlichen angeknüpft werden. Ist der Schüler wieder bereit, die Schule zu besuchen, schafft dies aber aus unterschiedlichen Gründen nicht, kann ein Schulwegbegleitdienst eingesetzt werden, der den Jugendlichen zu Hause abholt und bis in die Schule bringt. Die Hürde des Schulwegs und potenzieller Fluchtmöglichkeiten werden so schon wesentlich verringert. Doch auch dieser Shuttle ist kein Garant für eine Reintegration. Einige nutzen die nächste Pause, um den ersten Bus nach Hause zurückzunehmen. Statistiken zur Arbeit der Koordinierungsstelle Während 2012 der Anteil der reintegrierten Jugendlichen (Besuch der Regelschule) bei fast 70 % liegt (vgl. Abb. 2), können für das Jahr 2014 lediglich knapp die Hälfte der im Programm eingebundenen Jugendlichen an die Regelschule zurückgeführt werden (vgl. Abb. 3). Es steigen Zahlen von Schülern, die in eine psychiatrische oder Heim-Einrichtung wechseln. Dies ist erschreckend, da die Ursachen immer differenzierter werden. Muss es schon als Erfolg gewertet werden, wenn ein Jugendlicher durch die Unterstützung des Jugendamtes von seinem verweigernden Weg zwar abgebracht wird, eine erfolgreiche Reintegration und damit verbundene Anbindung auf dem Arbeitsmarkt aber nur durch eine stationäre Therapie ermöglicht werden kann? Ist das ein neues gesellschaftliches Problem? 170 uj 4 | 2016 Kooperation Schule und Jugendhilfe Koordinierungsstelle Schulverweigerung Mit welchem Ergebnis wurden die in 2014 beendeten Fälle (Phasen) abgeschlossen? (Gesamt: 82; Stichtag 16. 3. 2015; Quelle: Erfassung Zu- und Abgänge) Wieder in Regelschulbetrieb Beschulung in Braunschweiger Schule (derzeit) nicht möglich Ziel nicht erreicht 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Reintegration Ursprungsschule Integration Fremdschule Integration Folgeschule (z. B. BBS) Inhaftierung Krankenhausaufenthalt (psychiatrisch Heimunterbringung Umzug nach außerhalb Braunschweig Abbruch d. Klient Abbruch durch KO Ohne Integration ordentlich beendet Übergabe an ASD/ andere Institutionen Höchstdauer erreicht, Übergabe an ASD/ andere Institutionen Unbekannt Abb. 3: Zielerreichung der „Koordinierungsstelle Schulverweigerung - Die 2. Chance“ für das Jahr 2014 Koordinierungsstelle Schulverweigerung Mit welchem Ergebnis wurden die in 2012 beendeten Fälle (Phasen) abgeschlossen? (Gesamt: 70; Stichtag 16. 1. 2013; Quelle: Exceltabelle) Ziel erreicht (69 %) Ursprüngliches Ziel nicht erreichbar Ziel nicht erreicht 30 25 20 15 10 5 0 Reintegration Ursprungsschule Integration Fremdschule Integration Folgeschule (z. B. BBS) Stationäre Unterbringung/ Gefängnis Stationäre Unterbringung Umzug nach außerhalb Braunschweig Abbruch d. Klient Abbruch d. KO Ohne Integration ordentlich beendet Übergabe an ASD/ andere Institutionen Unbekannt Abb. 2: Zielerreichung der „Koordinierungsstelle Schulverweigerung - Die 2. Chance“ für das Jahr 2012 171 uj 4 | 2016 Kooperation Schule und Jugendhilfe Herausforderungen und Empfehlungen für die Kooperation Jugendhilfe - Schule Was kann also die Schule dafür tun, ihre Haltefunktion zu optimieren? Im Austausch mit Lehrern, Rektoren und Schulsozialarbeitern wurde sichtbar, dass es den Lehrern klar ist, was sie machen müssen, wenn ein Schüler fehlt. Wie sie sich verhalten sollen, wenn ein lange abwesender Schüler wiederkommt, für dieses Thema gibt es kein einheitliches Verfahren. Eine Willkommenskultur wird nur an wenigen Schulen gelebt. Unabhängig davon, ob ein Schüler krankheitsbedingt oder aufgrund von Schwänzen drei Wochen fehlt, hat er diesen Zeitraum in der Schule verpasst, mit allem, was dazugehört. Nicht nur den inhaltlichen Schulstoff, auch die schönen Zeiten mit den Freunden auf dem Schulhof und in der Klasse. Alle Schulverweigerer hatten einmal ihren ersten Tag, an dem sie bewusst nicht in die Schule gegangen sind. Sie waren aufgeregt und hatten ein schlechtes Gewissen. Am Ende mussten sie feststellen, dass ihr Fehlen gar nicht aufgefallen war. Dies erleben wir in der täglichen Arbeit. Auch im Arbeitskreis Schulverweigerung wurde dies thematisiert und von den Vertretern der Schule bestätigt. Schon bei der Erfassung der Fehlzeiten kommt es zu Ungenauigkeiten, ebenso wie bei deren Verfolgung. Dokumentieren die Einen die Fehlzeiten sehr genau, stellen andere erst nach Häufung der Fehltage fest, wie hoch das Ausmaß wirklich ist. In der Koordinierungsstelle wird dies anhand der Häufung von Meldebögen sichtbar, die zum Ende des Jahres geschickt werden. Die Zahl der Fehltage liegt dann oft schon zwischen 20 und 30, der erste Fehltag wurde im September vermerkt. Würde nach dem ersten Fehltag vonseiten der Schule mehr unternommen werden, um den Schüler zum Bleiben zu motivieren, könnte dies dazu führen, dass der Schüler tatsächlich weniger fehlt. Für die Lehrer würde dies bedeuten, dass sie mehr Zeit damit verbringen müssten, sich um schwierigere Fälle zu kümmern. Nicht an jeder Schule gibt es Schulsozialarbeiter, die unterstützen können. Es fehlt an einem einheitlichen Konzept, bevor der Schüler langfristig fehlt. Das Netzwerk in Braunschweig ist durch den Arbeitskreis schon sehr transparent geworden. Einiges wurde durch dieses multiprofessionelle Arbeiten auf den Weg gebracht. Vielleicht ist dies der nächste Punkt, an dem gearbeitet werden muss. Daniela große Sextro Stadt Braunschweig Fachbereich Kinder, Jugend und Familie Koordinierungsstelle Schulverweigerung - Die 2. Chance An der Martinikirche 1 - 2 38100 Braunschweig Tel. (05 31) 4 70-85 61 daniela.grossesextro@braunschweig.de Literatur Destatis, Statistisches Bundesamt, 23. 11. 2015: https: / / www.destatis.de/ DE/ ZahlenFakten/ Gesellschaft Staat/ BildungForschungKultur/ Schulen/ Tabellen/ AbsolventenAbgaenger_Abschlussart.html Stamm, M. (2008): Die Psychologie des Schuleschwänzens. Rat für Eltern, Lehrer, Bildungspolitiker. Hogrefe, Bern