eJournals unsere jugend 69/11+12

unsere jugend
4
0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
111
2017
6911+12

Institutionelle und professionelle Herausforderungen bei sexualisierter Gewalt in der Kinder- und Jugendhilfe

111
2017
Martin Wazlawik
Daniel Schwerdt
Mark Humme
Das Auftreten von Fällen sexualisierter Gewalt in der Kinder- und Jugendhilfe fordert diese dazu heraus, Bedingungen für ein sicheres Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen zu reflektieren und zu gewährleisten. Im Folgenden werden aktuelle Entwicklungen und empirische Befunde zur Prävention von sexualisierter Gewalt in Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe bilanziert.
4_069_2017_11+12_0458
458 unsere jugend, 69. Jg., S. 458 - 463 (2017) DOI 10.2378/ uj2017.art69d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Institutionelle und professionelle Herausforderungen bei sexualisierter Gewalt in der Kinder- und Jugendhilfe Das Auftreten von Fällen sexualisierter Gewalt in der Kinder- und Jugendhilfe fordert diese dazu heraus, Bedingungen für ein sicheres Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen zu reflektieren und zu gewährleisten. Im Folgenden werden aktuelle Entwicklungen und empirische Befunde zur Prävention von sexualisierter Gewalt in Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe bilanziert. von Dr. Martin Wazlawik Jg. 1982; Juniorprofessor für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt „Pädagogische Professionalität und sexuelle Gewalt“ im Arbeitsbereich Sozialpädagogik an der Westfälischen Wilhelms- Universität Münster Das Bekanntwerden und die Aufdeckung von Fällen sexueller und sexualisierter Gewalt in schulischen, pädagogischen und kirchlichen Einrichtungen und ihre für den Großteil der (Fach-) Öffentlichkeit verstörenden Hintergründe und Details haben zu einer Debatte geführt, die an den vermeintlichen Grundfesten pädagogischer Institutionen und professioneller Selbstvergewisserungen rüttelt. Durch die medial aufgegriffenen und durch den Mut von Betroffenen aufgedeckten Fälle wurde offenbar, dass Kinder und Jugendliche Machtmissbrauch und sexueller Gewalt nicht nur im familialen Kontext und sozialen Nahraum, sondern auch in anderen Sozialisations- und Bildungssettings und insbesondere auch in pädagogischen Institutionen ausgesetzt sind und waren. Neben kirchlichen und schulischen Institutionen sind auch Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe Orte des missachtenden, grenzverletzenden und gewaltsamen Umgangs mit Kindern und Jugendlichen geworden. So ist auch die Kinder- und Jugendhilfe herausgefordert, diesen Umstand zu reflektieren und entsprechende Bedingungen für ein sicheres Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten. Hierzu werden im Folgenden aktuelle Entwicklungen und empirische Befunde zu- Daniel Schwerdt Jg. 1989; Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe „Pädagogische Professionalität gegen sexuelle Gewalt - Prävention, Intervention, Kooperation“ der Westfälischen Wilhelms- Universität Münster Dr. Mark Humme Jg. 1980; Lehrkraft für besondere Aufgaben im Arbeitsbereich Sozialpädagogik des Instituts für Erziehungswissenschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster 459 uj 11+12 | 2017 Institutionelle und professionelle Herausforderungen sammengeführt und die dadurch gewonnenen Erkenntnisse für die Prävention von sexualisierter Gewalt in Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe bilanziert. Institutionelle und professionelle Herausforderungen Innerhalb der neueren Debatten um sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen nehmen Institutionelle Schutzkonzepte eine wichtige Position ein, indem sie die Bereiche Prävention, Intervention und Aufarbeitung miteinander verschränken sollen. Sie sollen einerseits zur Verbesserung des Kinderschutzes innerhalb der Einrichtung beitragen und andererseits gewährleisten, dass Kinder/ Jugendliche bei konkreten Vorfällen von sexualisierter Gewalt/ Disclosure professionelle Hilfe und Unterstützung erhalten. In diesem Sinne adressiert der Diskurs pädagogische Einrichtungen als „Schutz-“ und „Kompetenzraum“ in Bezug auf sexualisierte Gewalt und impliziert dadurch eine selbstreflexive Beschäftigung mit einrichtungsinternen Organisationskulturen, -strukturen, Regeln, Prozessen sowie internen Haltungen und eine Professionalisierung pädagogischer Beziehungsgestaltungen als zielführenden Mechanismus (UBSKM 2013, 18ff; Wazlawik/ Schwerdt 2016; Wolff 2015 a). Der Ursprung dieser Debatte ist eng an die Debatte seit 2010 geknüpft, in deren Kontext die Forderung nach Mindeststandards und Leitlinien für einen besseren Kinderschutz in pädagogischen Einrichtungen (Wolff u. a. 2012; Wolff 2015 b; Bergmann 2012) diskutiert wird. Dabei basiert die grundlegende Idee von institutionellen Schutzkonzepten auf der Annahme, dass „es einen Unterschied macht, inwieweit sich Institutionen und die in ihnen tätigen Fachkräfte mit dem Thema der Prävention von sexueller Gewalt auseinandersetzen und inwieweit eine Organisation hierfür Anstrengungen auf sich nimmt“ (Kindler 2015, 359). Neben diesem normativen Gebot lässt sich die Frage nach ihrer Legitimation zumindest mit Blick auf die verwandten Themenfelder „körperliche Gewalt“ und „Bullying in der Schule“ in Anbetracht von internationalen Mehrebenenanalysen empirisch plausibilisieren. Diese weisen darauf hin, dass ein Zusammenhang zwischen spezifischen Schulmerkmalen (wie dem Vorhandensein von Regeln gegen Gewalt oder der Interventionsbereitschaft von Lehrkräften und MitschülerInnen) und der von SchülerInnen berichteten Häufigkeit körperlicher Gewalt bzw. Bullying besteht (Kindler 2015, 359). Rechtliche Bezüge zum Konstrukt des institutionellen Schutzkonzepts werden durch das BKiSchG, welches am 1. 1. 2012 in Kraft getreten ist und eine Änderung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII) zur Folge hatte, hergestellt. Verstanden als „Qualitätsmerkmal für die Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen und ihren Schutz vor Gewalt“ (§ 79 a SGB VIII) sind sie vom Gesetzgeber zum Bestandteil der Qualitätsentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe bestimmt worden und verpflichtend im Sinne der Erteilung der Betriebserlaubnis (gem. §§ 45). Zudem besteht seit der Einführung des § 8 b SGB VIII für „Träger von Einrichtungen, in denen sich Kinder/ Jugendliche ganztägig oder für einen Teil des Tages aufhalten oder in denen sie Unterkunft erhalten, und die zuständigen Leistungsträger“ (§ 8 b Abs. 2 S. 1 SGB VIII) gegenüber dem überörtlichen Träger der Jugendhilfe - dem Landesjugendamt - ein Anspruch auf fachliche Beratung in Kinderschutzfragen bzw. bei der Entwicklung und Anwendung fachlicher Handlungsleitlinien zur Sicherung des Kindeswohls, der Rechte von Kindern/ Jugendlichen und zum Schutz vor Gewalt. Durch die starke rechtliche Regulierung, die im Vergleich zu anderen pädagogischen Handlungsfeldern (z. B. Schule) bislang ein Alleinstellungsmerkmal darstellt, erscheint es plausibel, dass sich die bisherigen Bemühungen um institutionelle Schutzkonzepte überwiegend auf die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe fokussieren und der Verlauf andernorts eher „schleppend“ verläuft (UBSKM 2013) und insbesondere Schulen in den Fokus fachpolitischer Initiativen gerückt sind UBSKM 2016). Doch auch 460 uj 11+12 | 2017 Institutionelle und professionelle Herausforderungen im Hinblick auf das Monitoring des UBSKM (2013) und einer anonymen Onlinebefragung von Schloz und Liebhardt (2014) zur „Entwicklung eines Caritas spezifischen Kinderschutzkonzeptes“ für Einrichtungen/ Dienste des Diözesan-Caritasverbandes Rottenburg-Stuttgart wird ein Handlungsbedarf deutlich, der in der Dominanz von punktuellen Ansätzen und Einzelmaßnahmen, die nicht durch umfassende Konzepte gerahmt werden, ersichtlich wird. Diesbezüglich gilt es zu konstatieren, dass der systematische und empirische Wissensstand zu institutionellen Schutzkonzepten allenfalls partikular ausgeprägt ist. Neben den Erfahrungsberichten und Empfehlungen von Einrichtungen, die bereits ein Konzept - teilweise unterstützt durch wissenschaftliche Begleitung - entwickelt bzw. implementiert haben (siehe exemplarisch Crone/ Liebhardt 2015; Macsenaere u. a. 2015), liegen mittlerweile erste Untersuchungen und Studien vor, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven gezielt mit Schutzkonzepten in Einrichtungen auseinandersetzen und dabei insbesondere den Entwicklungs- und Implementierungsprozess nach einflussnehmenden Faktoren fokussieren (Doman/ Rusack 2015; Kampert 2015; Böwer u. a. 2015; Schwerdt/ Wazlawik 2017; Wolff u. a. 2017; Pooch/ Tremel 2016). Entscheidend für den Ausgang des Prozesses sei vor allem die Frage, inwiefern es gelinge, die Kinder/ Jugendlichen daran zu beteiligen und somit eine Bottum-Up-Steuerung zu implementieren (Wolff u. a. 2017). Des Weiteren wird die Rolle von „spezifisch engagierten Akteuren vor Ort“ - sowohl auf Trägerals auch auf MitarbeiterInnenebene - (Böwer u. a. 2015) und die externe Unterstützung durch eine fachliche Expertise (Schwerdt/ Wazlawik 2017) als förderlich hervorgehoben. Im Hinblick auf das Verständnis von pädagogischen Fachkräften in Bezug auf institutionelle Schutzkonzepte liegen erste empirische Hinweise vor, die andeuten, dass institutionelle Schutzkonzepte mit dem aus professionstheoretischer Sicht nicht einlösbaren Wunsch nach klaren Regeln und Sicherheit im pädagogischen Handeln assoziiert sind (Richters u. a. 2017/ i.V.). Dies, so scheint es, korrespondiere mit einer allgemein wahrnehmbaren Verunsicherung in der pädagogischen Praxis, die sich vor allem auf den Aspekt von Körperlichkeit sowie auf eine angemessene „Nähe und Distanz“ in der täglichen Interaktion zwischen Kindern/ Jugendlichen und pädagogischen Fachkräften bezieht (Böllert/ Wazlawik 2014, 28; Schmidt 2014, 64ff; Helming u. a. 2011, 165f ). Daran anknüpfend deuten sich weitere Nebenfolgen, wie eine tendenzielle Verkürzung des Sicherheits- und Schutzgedankens im Kontext einer eher technokratischen Perspektive (Kampert 2015, 24), an. Die darin zum Ausdruck kommende Vorstellung, dass über die Abarbeitung von Einzelmaßnahmen ein Schutzklima herzustellen sei, lässt das Potenzial von institutionellen Schutzkonzepten für fortdauernde und partizipative organisationale Bildungsprozesse ungenutzt und scheint mit dem Ziel, eine organisationale „Kultur der Achtsamkeit“ zu implementieren, nicht vereinbar. Die Eingeschränktheit von rein kontrollorientierten Ansätzen wird auch aus organisationstheoretischer Perspektive betont (Böwer/ Brückner 2015). Trotz der bislang überschaubaren empirischen Datenlage zu institutionellen Schutzkonzepten lassen sich erste Implikationen für die Praxis aufzeigen. Diese werden vor allem in der Beteiligung der Kinder/ Jugendlichen am Entwicklungs- und Implementierungsprozess zur Ermöglichung von Bildungsprozessen (Wolff 2015 c) und zur Vorbeugung von „Blinden Flecken“ (Böwer u. a. 2015, 146f ) sowie der Inanspruchnahme einer externen Expertise ersichtlich. Diesbezüglich ist auch der Forderung von Doman/ Rusack (2015) zuzustimmen, die sich dafür aussprechen, dass die Entwicklung und Implementierung von institutionellen Schutzkonzepten getrennt von einer individuellen Verantwortung auch Aufgabe der regionalen Infrastruktur sein sollte (ebd., 91). Somit erweist es sich als bedeutsam, neben einer Vergegenwärtigung und Reflexion der bestehenden Herausforderungen in der Praxis auch eine hinreichend empirisch fundierte The- 461 uj 11+12 | 2017 Institutionelle und professionelle Herausforderungen matisierung, im Hinblick auf die nicht intendierten Folgen von institutionellen Schutzkonzepten, anzustreben und eine stärkere Vernetzung zwischen Forschung und Praxis zu forcieren, um dem eingangs dargelegten fachlichen Credo nach „Schutz-“ und „Kompetenzräumen“ entsprechen zu können. Neben institutionellen Herausforderungen stehen Fragen der pädagogischen Professionalität in ihrem Verhältnis zu sexualisierter Gewalt im Mittelpunkt der Debatte. Als eine Facette wird beispielsweise die Kommunikationsfähigkeit über sexuelle Themen als professionelle Herausforderung akzentuiert (Helming/ Mayer 2012), ebenso Fragen der professionellen Reflexion, die beispielsweise als Voraussetzung einer gelungenen Balancierung von Nähe und Distanz eingefordert und hinsichtlich ihrer individuellen Ausgestaltung oder professionellen Aneignung adressiert wird. Zudem werden Aspekte einer angemessenen pädagogischen „Haltung“ sowie professionsethische und berufsrollenspezifische Dimensionen diskutiert. Insgesamt scheint es daher zielführend, eine einseitige Bevorzugung struktureller Maßnahmen zu vermeiden, und stattdessen ein integratives Präventionsverständnis zu entwickeln, das Professionalität als eine zentrale Säule und Voraussetzung anerkennt. Perspektiven und Folgerungen für die Kinder- und Jugendhilfe Die Debatte über sexualisierte Gewalt hat zu einer Vielzahl von Forschungen, Schutzkonzepten und gutgemeinten und auch gutgemachten Präventionsprogrammen geführt. In der Praxis der Kinder- und Jugendhilfe hat die Debatte jedoch auch zu erheblichen Verunsicherungen geführt und fordert heraus, den pädagogischen Alltag nicht zu reflektieren. „Es zeigt sich, dass viele, die in diesem schwierigen und komplexen Spannungsfeld Beziehungsarbeit leisten, irritiert sind: Sie trauen ihrem eigenen Gefühl nicht mehr und sind verunsichert, welches Maß an professioneller und menschlicher Nähe legitimierbar ist. Wie viel körperliche Nähe ist noch erlaubt? Wie kann sie gelebt werden? Wie viel individuellen Spielraum hat der Einzelne, wo liegen die Grenzen? Welche (strafrechtlichen) Gefahren birgt die wünschenswerte und notwendige Nähe zu Kindern und Jugendlichen? Welchen Schutz können Institutionen Mitarbeitenden bieten? “ (Abrahmczik u. a. 2013, 7). Diesen Fragen muss im Rahmen von permanenter Reflexion und Professionalisierung, aber auch im Rahmen von weitergehenden Präventionsmaßnahmen wie z. B. institutionellen Schutzkonzepten nachgegangen werden. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit scheinen uns letztlich im Hinblick auf die zusammengetragenen empirischen Befunde und wissenschaftlichen Erkenntnisse vier Aspekte für eine angemessene Umsetzung eines gelingenden Schutzes von Kindern und Jugendlichen in der Kinder- und Jugendhilfe zentral: ➤ Differenziertheit der Präventionskonzepte: Die Kinder- und Jugendhilfe zeichnet sich durch eine Vielzahl an Handlungsfeldern, Organisationsformen und Zielgruppen aus. Es erscheint daher notwendig, nicht ein Präventionskonzept zu implementieren, sondern differenzierte, institutions- und zielgruppenorientierte Konzepte zu entwickeln. ➤ Partizipation: Wenn es Ziel von Präventionsmaßnahmen und Schutzkonzepten ist, eine Kultur des Hinschauens oder der Achtsamkeit in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe zu entwickeln, dann ist es notwendig, alle Beteiligten mit in die Entwicklung einzubeziehen. Dies gilt insbesondere für die Kinder und Jugendlichen, die zumeist einen wichtigen Blick auf ihre Einrichtung, ihren Verband oder ihre Jugendgruppe haben. ➤ Institutionelle Schutzkonzepte als institutionelle Schutzprozesse: Böwer/ Brückner (2015) weisen darauf hin, dass es zu einer Überforderung der Akteure vor Ort 462 uj 11+12 | 2017 Institutionelle und professionelle Herausforderungen kommen kann, wenn die Passung zwischen der normativen Idee von Schutzkonzepten und der wahrgenommenen Haltung der eigenen Organisation nicht gegeben ist. Daher ist die dauerhafte Etablierung von Schutzkonzepten mit einem langjährigen Organisationsentwicklungsprozess verbunden und kann nicht als reines Konzept schnell adaptiert werden. ➤ Professionalität und Reflexivität: Mit Blick auf die Funktionslogik von institutionellen Schutzkonzepten ergibt sich ein zwingend zu diskutierendes Desiderat. Häufig werden Schutzkonzepte als ‚Rahmungen‘ oder ‚Leitplanken‘ von Professionalität betrachtet und propagiert. Dies scheint aus einer professionstheoretischen Sicht hoch diskutabel und mit Blick auf Fragen des Verhältnisses von Organisation und Profession zwingend erklärungsbedürftig. Gleichzeitig scheint die organisationale Regulierung von pädagogischen Situationen, wie es sich bspw. in sogenannten Nähe-und- Distanz-Konzepten zeigt, in der Praxis sich entweder in abstrakten Floskeln und der Anrufung allgemein gültiger, ethisch wünschenswerter Normen oder aber in der sehr kleinteiligen Ausbuchstabierung und Regulierung pädagogischer Interaktionen zu erschöpfen, welche wiederum die professionelle Möglichkeit oder sogar Notwendigkeit der Abweichung vom ,Nähe und Distanz-Konzept‘ in sich tragen (Schwerdt/ Wazlawik 2017). Daher ist es notwendig, die Professionalität der MitarbeiterInnen zu stärken, umso eine situativ angemessene und professionelle reflektierte pädagogische Lösung für bekannte und neu auftretende Situationen zu finden und nicht dem einer scheinbaren Sicherheit durch formale Regelungen aufzuliegen. Jun.-Prof. Dr. Martin Wazlawik Daniel Schwerdt, M. A. Dr. Mark Humme Westfälische Wilhelms-Universität Münster Georgskommende 33 48143 Münster E-Mail: martin.wazlawik@uni-muenster.de Literatur Abrahamczik, V., Hauff, S., Kellerhaus, T., Küpper, S., Raible-Mayer, C., Schlotmann, H.-O. (2013): Nähe und Distanz in der (teil)stationären Erziehungshilfe. Ermutigung in Zeiten der Verunsicherung. Freiburg im Breisgau Bergmann, C. (2012): Kinder brauchen Aufklärung und Schutzkonzepte. In: Thole, W. Baader, M., Helsper, W., Kappeler, M., Leuzinger-Bohleber, M., Reh, S., Sielert, U., Thompson, C. (Hrsg.): Sexualisierte Gewalt, Macht und Pädagogik. Verlag Barbara Budrich, Opladen/ Berlin/ Toronto, 249 - 264 Böllert, K., Wazlawik, M. (2014): Pädagogische Professionalität und sexualisierte Gewalt - Von der Institutionszur Professionsperspektive. Forum Jugendhilfe 62 (1), 24 - 29 Böwer, M., Heinrichs, B., Naß, M. (2015): Institutionelle Schutzkonzepte in Einrichtungen der Erziehungshilfe - Befunde einer Forschungswerkstatt im Rahmen des Forschungsprojektes„ISkE“. In: Die Kinderschutz- Zentren (Hrsg.): Kindgerecht. Verändertes Aufwachsen in einer modernen Gesellschaft. Bundesarbeitsgemeinschaft d. Kinderschutz-Zentren, Köln, 141 - 151 Böwer, M., Brückner, F. (2015): Das „MindSet Achtsames Organisieren“. Ein Methodenkoffer für das Einüben von Achtsamkeit im Kinderschutz und in der Hilfepraxis der Kinder- und Jugendhilfe des Rauhen Hauses in Hamburg. Sozialmagazin 40 (5|6), 14 - 25 Crone, G., Liebhardt, H. (Hrsg.) (2015): Institutioneller Schutz vor sexuellem Missbrauch. Achtsam und verantwortlich Handeln in Einrichtungen der Caritas. Beltz Juventa, Weinheim/ Basel Domann, S., Rusack, T. (2015): Schutzkonzepte in der Kinder- und Jugendhilfe - die Sicht der Jugendlichen und Betreuungspersonen. Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft und Praxis 60, 91 - 95 Helming, E., Kindler, H., Langmeyer, A., Mayer, M., Mosser, P., Entleitner, C., Schutter, S., Wolff, M. (2011): Sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Jungen in Institutionen. Abschlussbericht des DJI-Projektes im Auftrag der Unabhängigen Beauftragten zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs, Dr. Christine Bergmann. Deutsches Jugendinstitut e.V., München 463 uj 11+12 | 2017 Institutionelle und professionelle Herausforderungen Helming, E., Mayer, M. (2012): „Also über eine gute Sexualität zu reden, aber auch über die Risiken, das ist auch eine ganz große Herausforderung“. Einige ausgewählte Aspekte zum Umgang mit Sexualität und sexueller Gewalt in institutionellen Kontexten, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. In: Andresen, S., Heitmeyer, W. (Hrsg.): Zerstörerische Vorgänge. Missachtung und sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in Institutionen. Weinheim und Basel, 49 - 65 Kampert, M. (2015): „Unser Schutzkonzept ist in einem Ordner, ich weiß aber nicht, wo der gerade steht“. Sozial Extra 39 (5), 22 - 24, https: / / doi.org/ 10.1007/ s12054-015-0085-6 Kindler, H. (2015): Prävention von sexuellem Missbrauch - Möglichkeiten und Grenzen. In: Fegert, J. M., Hoffmann, U., König, E., Niehues, J., Liebhardt, H. (Hrsg.): Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen. Ein Handbuch zur Prävention und Intervention für Fachkräfte im medizinischen, psychotherapeutischen und pädagogischen Bereich. Springer Medizin Verlag, Berlin/ Heidelberg, 351 - 362 Macsenaere, M., Klein, J., Gassmann, M., Hiller, S. (Hrsg.) (2015): Sexuelle Gewalt in der Erziehungshilfe. Prävention und Handlungsempfehlungen. Lambertus, Freiburg im Breisgau Pooch, M.-T., Tremel, I. (2016 a): So können Schutzkonzepte in Bildungs- und Erziehungseinrichtungen gelingen! Erkenntnisse der qualitativen Studien des Monitoring (2015 - 2018) zum Stand der Prävention vor sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen in Deutschland in den Handlungsfeldern Kindertageseinrichtungen, Schulen, Heime und Internate. Teilbericht 1, In: https: / / beauftragter-missbrauch.de/ fileadmin/ Content/ pdf/ Pressemitteilungen/ M% C3%A4rz_2016/ Teilbericht_1__Monitoring_DJI.pdf, 20. 3. 2016 Retkowski, A., Thole, W. (2012): Professionsethik und Organisationskultur. Sozial-pädagogische Professionalität und sexualisierte Gewalt - Erkundungen zu einem vernachlässigten Thema. In: Thole, W., Baader, M., Helsper, W., Kappeler, M., Leuzinger-Bohleber, M., Reh, S., Sielert, U., Thompson, C. (Hrsg.): Sexualisierte Gewalt, Macht und Pädagogik, Verlag Barbara Budrich, Opladen/ Berlin/ Toronto, 291 - 315 Richters, A., Schwerdt, D., Wazlawik, M. (2017/ i.V.): Sexualisierte Gewalt und institutionelle Schutzkonzepte. Erste Hinweise und Implikationen einer empirisch fundierten Verhältnisbetrachtung Schloz, C., Liebhardt, H. (2014): Maßnahmen eines institutionellen Kinderschutzes. Eine Analyse von Strukturmerkmalen von Einrichtungen und Diensten im Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart e.V. In: vts.uni-ulm.de/ docs/ 2014/ 9075/ vts_9075_13 651.pdf, 05.04.2015 Schmidt, R.-B. (2014): Sexualisierte und sexuelle Gewalt - Herausforderungen in schulischen Kontexten. In: Böllert, K., Wazlawik, M. (Hrsg.): Sexualisierte Gewalt. Institutionelle und professionelle Herausforderungen, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 59-76, https: / / doi.org/ 10.1007/ 978-3-531-190 95-2_6 Schwerdt, D., Wazlawik, M. (2017): Institutionelle Schutzkonzepte in der Schule. Kinder- und Jugendschutz in Wissenschaft und Praxis (KJug) 62, 66 - 70 UBSKM (2016): Was muss geschehen, damit nichts geschieht. Prävention sexualisierter Gewalt um die Bedeutung von institutionellen Schutzkonzepten. Thema Jugend (3), 3 - 5 UBSKM (2013): Handbuch Schutzkonzepte sexueller Missbrauch. Befragung zum Umsetzungsstand der Empfehlungen des Runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch“. Bericht mit Praxisbeispielen zum Monitoring 2012 - 2013. Berlin. In: https: / / www.keinraum-fuer-missbrauch.de/ aktuelles/ missbrauchs beauftragter-veroeffentlicht-handbuch-schutzkon zepte-sexueller-missbrauch/ download/ 172, zuletzt aktualisiert im November 2013, 11. 12. 2015 Wazlawik, M., Schwerdt, D. (2016): Institutionelle Schutzkonzepte in der Schule. Soziale Passagen, 8 (1), 191 - 196, https: / / doi.org/ 10.1007/ s12592-016-02 21-6 Wolff, M. (2015 a): Organisationsanalysen als Ausgangspunkt der Entwicklung eines besseren KlientInnenschutzes. In: Crone, G., Liebhardt, H. (Hrsg.): Institutioneller Schutz vor sexuellem Missbrauch. Achtsam und verantwortlich Handeln in Einrichtungen der Caritas. Beltz Juventa, Weinheim/ Basel, 39 - 49 Wolff, M. (2015 b): Sexueller Missbrauch in Institutionen - bisherige Problematisierungen des Themas und die Entwicklung am Runden Tisch „Sexueller Kindesmissbrauch“. In: Fegert, J. M., Hoffmann, U., König, E., Niehues, J., Liebhardt, H. (Hrsg.): Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen. Ein Handbuch zur Prävention und Intervention für Fachkräfte im medizinischen, psychotherapeutischen und pädagogischen Bereich. Springer Medizin Verlag, Berlin/ Heidelberg, 293 - 298 Wolff, M. (2015 c): Schutz und Sicherheit als Entwicklungsvoraussetzung für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen. In: Fegert, J. M., Wolff, M. (Hrsg.): Kompendium „Sexueller Missbrauch in Institutionen“: Entstehungsbedingungen, Prävention und Intervention. Beltz Juventa, Weinheim, 673 - 682 Wolff, M., Fegert, J. M., Schröer, W. (2012): Mindeststandards und Leitlinien für einen besseren Kinderschutz. Zivilgesellschaftliche Verantwortung und Perspektiven nachhaltiger Organisationsentwicklung. Das Jugendamt 85 (3), 121 - 126