eJournals unsere jugend 70/4

unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/uj2018.art23d
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2018
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Editorial

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2018
Karsten Speck
Carmen Wulf
Susanne Tübel
Martina Schiebel
Liebe Leserinnen und Leser, die Bedeutung diagnostischer Ansätze nimmt in der Kinder- und Jugendhilfe aktuell zu – nicht zuletzt aufgrund fachlicher Risikoabschätzungen und rechtlicher Regelungen. Prominente Beispiele hierfür sind Risikoeinschätzungen bei einer Kindeswohlgefährdung (§ 8 a SGB VIII) oder Feststellungsverfahren einer seelischen Behinderung (§ 35 a SGB VIII). Die Fachdiskussion und Praxis wird durch eine stark auf Risiken ausgerichtete Diagnostik und sehr unterschiedliche Diagnostikansätze geprägt. Unterscheiden lassen sich ein stärker medizinnaher, standardisierter, klassifikatorischer Diagnostikansatz und ein stärker sozialpädagogischer, einzelfallorientierter, rekonstruktiver Fallverstehensansatz.
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145 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, die Bedeutung diagnostischer Ansätze nimmt in der Kinder- und Jugendhilfe aktuell zu - nicht zuletzt aufgrund fachlicher Risikoabschätzungen und rechtlicher Regelungen. Prominente Beispiele hierfür sind Risikoeinschätzungen bei einer Kindeswohlgefährdung (§ 8 a SGB VIII) oder Feststellungsverfahren einer seelischen Behinderung (§ 35 a SGB VIII). Die Fachdiskussion und Praxis wird durch eine stark auf Risiken ausgerichtete Diagnostik und sehr unterschiedliche Diagnostikansätze geprägt. Unterscheiden lassen sich ein stärker medizinnaher, standardisierter, klassifikatorischer Diagnostikansatz und ein stärker sozialpädagogischer, einzelfallorientierter, rekonstruktiver Fallverstehensansatz. Hinzu kommen Fachkräfte, die aus unterschiedlichen Gründen jede Form von Diagnostik und Fallverstehen für überflüssig halten. Erst langsam gewinnen integrative Ansätze „diagnostischen Fallverstehens“ (Heiner 2003) an Anerkennung, die zudem den gesamten Hilfeprozess in den Blick nehmen. Das Heft enthält drei Fachbeiträge und verdeutlicht die Notwendigkeit und Möglichkeiten solcher integrativer Ansätze. Im ersten Beitrag gibt Silke Birgitta Gahleitner einen Überblick zur Entwicklung und den Stand des Themas und skizziert Möglichkeiten des diagnostischen Fallverstehens in der Kinder- und Jugendhilfe. Danach plädiert Heiner van Mil im zweiten Fachbeitrag dafür, bewährte Konzepte und Standards aus der Traumapädagogik für die diagnostische Praxis in der Kinder- und Jugendhilfe zu nutzen. Im dritten Beitrag macht Peter Pantuček-Eisenbacher mit einer kritischen Akzentsetzung auf nachweisbare Verletzungen der Menschenrechte und mögliche Risiken bei einer unreflektierten Diagnostik aufmerksam und fordert eine kooperative Diagnostik. Das Heft enthält ferner zwei Zusatzbeiträge (Stand der Prävention bei sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen, junge Mütter in stationären Mutter-Kind-Einrichtungen) und Rezensionen (Evidenzbasierte Diagnostik, Supervision für helfende Berufe). Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre Karsten Speck, Carmen Wulf, Susanne Tübel und Martina Schiebel unsere jugend, 70. Jg., S. 145 (2018) DOI 10.2378/ uj2018.art23d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Susanne Tübel, Karsten Speck, Carmen Wulf und Martina Schiebel