eJournals unsere jugend 72/10

unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/uj2020.art70d
101
2020
7210

Rezension

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2020
Vera Birtsch
Günther Opp/Michael Fingerle/Gerhard Suess (Hrsg. 2020): Was Kinder stärkt. Erziehung zwischen Risiko und Resilienz 4. neu bearb. Auflage, Ernst Reinhardt Verlag, München, 279 Seiten, € 29,90
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446 uj 10 | 2020 Rezension Resilienz wird heute nicht mehr nur als psychische Widerstandskraft verstanden, welche Kinder vor den Auswirkungen belastender Lebensereignisse schützt, sondern als ein sehr viel komplexeres Phänomen, bei dem innere und äußere Variablen im gesamten Lebenslauf interagieren. Günther Opp, Michael Fingerle und Gerhard Suess haben für die in diese Richtung erneuerte 4. Auflage von Was Kinder stärkt zahlreiche neue Autoren gewonnen, die an die Anfänge des Resilienzkonzeptes anknüpfen, sich vor allem aber seiner Weiterentwicklung in Forschung und Praxis widmen. Im Eingangskapitel A Grundlagen der Resilienzforschung gibt eine der Pionierinnen dieses Fachgebiets - E. Werner - einen Überblick über internationale Längsschnittstudien, in denen das Leben von Kindern untersucht wurde, die trotz elterlicher Arbeitslosigkeit, Armut, Trennung der Eltern oder anderen Belastungen ihre Entwicklungsaufgaben erfolgreich bewältigt haben. Bei ihnen wurden vor allem ausgeprägte Werte von Selbstwertgefühl, Selbstwirksamkeit und Temperament gefunden. Weiterhin wurden Erkenntnisse darüber gewonnen, wie diese Eigenschaften durch das elterliche Verhalten und andere Umweltbedingungen beeinflusst werden. So zeigte sich, dass die Eltern-Kind-Beziehung, wenn sie zu einer sicheren Bindung des Kindes an die Eltern führt, gut entwickelte Fähigkeiten der Selbstregulation und der Selbstkontrolle zur Folge hat. Diese Fähigkeiten seien, so Opp, bei der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben, von alltäglichem Stresserleben bis hin zu Misshandlungserfahrungen besonders hilfreich. Besonders würde frühe geduldige Fürsorge und elterliche Feinfühligkeit dem Kind Chancen bieten, schon in seinen ersten Jahren, Gefühle zu regulieren und seine Aufmerksamkeit zu fokussieren - eine wichtige Voraussetzung, um im späteren Leben Stress abzuwehren. Im Kapitel B Resilienz in der Lebensspannenperspektive wird berichtet, wie Resilienz bei Kindern und Jugendlichen gefördert werden kann. Für die Leserinnen und Leser der UJ sind besonders interessant die Beiträge von Suess zu Frühe Hilfen und Resilienz mit Darstellung des STEEP-Förderprogramms für Risikofamilien, von Doblinger und Becker-Stoll zu Resilienz im Übergang Kindergarten - Schule sowie von Schmid, der Traumapädagogische Resilienzförderung im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe behandelt. Gerade für außerfamiliär untergebrachte Kinder, die im Herkunftsmilieu Vieles nicht lernen konnten, mache es Sinn, so Schmid, beim Aufbau neuer und der Stärkung bestehender Fertigkeiten anzusetzen. Wichtig sei in jedem Fall, ein Selbstbild zu entwickeln, welches von der Überzeugung getragen ist, dass Herausforderungen dank eigener Ressourcen überwunden werden können. Konkretisierungen dieses Resilienzkonzeptes finden sich in den Kapiteln B und C Resilienz in spezifischen Risikolagen. Leserinnen und Leser dieses neuen Bandes erfahren viel über Möglichkeiten, Resilienz zu fördern. Dabei stehen stets die Ressourcen der zu fördernden Personen im Mittelpunkt. Zahlreiche aktuelle Literaturhinweise, ein Sach- und ein Personenregister sind angefügt. Wenn auch einige Wiederholungen bei der Lektüre der Beiträge hinsichtlich theoretischer Grundlagen irritieren, überwiegen im Gesamteindruck deutlich Erkenntnisgewinn und Ideen zur Weiterentwicklung der eigenen Arbeit. Dr. Vera Birtsch E-Mail: info@mediation-birtsch.de DOI 10.2378/ uj2020.art70d Günther Opp/ Michael Fingerle/ Gerhard Suess (Hrsg. 2020): Was Kinder stärkt. Erziehung zwischen Risiko und Resilienz 4. neu bearb. Auflage, Ernst Reinhardt Verlag, München, 279 Seiten, € 29,90