eJournals unsere jugend 72/3

unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/uj2020.art19d
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Ziele, Nutzen und Grenzen des Jugendsports und der sportorientierten Jugendsozialarbeit am Beispiel der Sportjugend Berlin und der Gesellschaft für Sport und Jugendsozialarbeit gGmbH

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Johanna Suwelack
Sascha Weimershaus
Die Sportjugend Berlin und die GSJ – Gesellschaft für Sport und Jugendsozialarbeit intendieren Kinder und Jugendliche durch den Sport in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung zu fördern. Wir nutzen Sport und Bewegung, um die soziale Integration sowie ein gesundes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in Berlin zu unterstützen.
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116 unsere jugend, 72. Jg., S. 116 - 121 (2020) DOI 10.2378/ uj2020.art19d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Ziele, Nutzen und Grenzen des Jugendsports und der sportorientierten Jugendsozialarbeit am Beispiel der Sportjugend Berlin und der Gesellschaft für Sport und Jugendsozialarbeit gGmbH Die Sportjugend Berlin und die GSJ - Gesellschaft für Sport und Jugendsozialarbeit intendieren Kinder und Jugendliche durch den Sport in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung zu fördern. Wir nutzen Sport und Bewegung, um die soziale Integration sowie ein gesundes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in Berlin zu unterstützen. von Johanna Suwelack Jg. 1979; Politikwissenschaftlerin M. A., Referatsleiterin Kinder-, Jugendsport und Jugendsozialarbeit bei der Sportjugend im Landessportbund Berlin e.V. Die Sportjugend Berlin ist als Jugendorganisation des Landessportbundes Berlin e.V. die demokratische Dachorganisation für den Berliner Kinder- und Jugendsport und anerkannter freier Träger der Jugendhilfe. Damit ist die Sportjugend Berlin die Interessenvertretung für über 250.000 Kinder, Jugendliche und junge Menschen in über 2.500 Berliner Sportvereinen sowie Träger von Projekten und Einrichtungen des Sports, der Jugendsozialarbeit, Freizeitpädagogik und außerschulischen Jugendbildung. Rechtliche Grundlage für die Arbeit der Sportjugend Berlin ist das Kinder- und Jugendhilfegesetz sowie dessen Ausführungsgesetz im Land Berlin. Die Sportjugend Berlin verpflichtet sich auf demokratische Grundsätze wie z. B. Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte junger Menschen sowie das satzungsmäßige Recht auf Eigenständigkeit innerhalb des Landessportbundes Berlin. Aktuell arbeiten in der Sportjugend Berlin 52 Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung, der Bildungsstätte der Sportjugend, dem Jugendferienpark Ahlbeck und den Pro- Sascha Weimershaus Jg. 1984; Politikwissenschaftler B. A., Arbeitsbereichsleiter SportJugendClubs, MädchenSportZentren & Mobile Teams bei der GSJ - Gesellschaft für Sport und Jugendsozialarbeit gGmbH 117 uj 3 | 2020 Ziele, Nutzen und Grenzen der sportorientierten Jugendsozialarbeit jekten der sportorientierten Jugendsozialarbeit. Neben den Projekten der Jugendsozialarbeit in verschiedenen Berliner Bezirken sind die Förderprogramme der Sportjugend ein wichtiger Teil der Arbeit. Mit den Förderprogrammen unterstützt die Sportjugend die Berliner Sportvereine und -verbände, bestimmte Angebote umsetzen und durchführen zu können. Die Gesellschaft für Sport und Jugendsozialarbeit (GSJ) ist eine gemeinnützige GmbH. Sie ist eine Trägerorganisation des Vereins für Sport und Jugendsozialarbeit e. V. ( VSJ) und eine Initiative der Sportjugend Berlin. Die GSJ ist anerkannter freier Träger der Jugendhilfe und arbeitet eng mit dem Landessportbund und der Sportjugend Berlin sowie seinen Vereinen und Verbänden zusammen. Die Projekte der GSJ richten sich an Kinder und Jugendliche in schwierigen Lebenslagen und sind an sozialen Brennpunkten verortet. In den unterschiedlichen Projekten arbeiten 191 hauptamtliche Mitarbeitende. Die GSJ verbindet Sport und Jugendsozialarbeit. Die Angebote wirken gewaltpräventiv und fördern die soziale Integration sowie ein gesundes Aufwachsen. In diesem Artikel sollen neben der sportorientierten Jugendsozialarbeit exemplarisch drei Förderprogramme und ihre Ziele vorgestellt werden. Außerdem wird über das Themenfeld Gesundheitsförderung im Bereich der offenen Kinder- und Jugendsozialarbeit bei der GSJ berichtet. Förderprogramme der Sportjugend Berlin Sport gehört zu den beliebtesten und häufigsten Freizeitaktivitäten von Kindern und Jugendlichen: über 80 % aller Kinder und Jugendlichen treiben regelmäßig Sport, meistens im Sportverein (Dritter Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht 2015, 38). Sportlich aktive Kinder und Jugendliche besitzen eine höhere Selbstwirksamkeit und zeigen ein höheres schulisches Selbstkonzept. Sportliche Aktivität ist zudem wichtig für die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen (Dritter Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht 2015, 98). Gleichzeitig wissen wir aus vielen Untersuchungen, dass Kinder und Jugendliche aus Familien mit niedrigem sozioökonomischen Status sowie Mädchen aller Altersgruppen sich weniger bewegen und seltener in einem Sportverein aktiv sind. Da Bewegung und Sport im Verein so wertvoll für das gesunde Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen ist, möchte die Sportjugend alle Kinder erreichen und für ein lebenslanges Sporttreiben im Verein begeistern. Hier setzen drei der Förderprogramme an. Im Kooperationsprogramm „Schule und Sportverein/ -verband“ unterstützt die Sportjugend Berlin seit über 25 Jahren Sportvereine dabei, an Berliner Schulen Sport-AGs durchzuführen. Die AGs finden zwischen ein bis drei Mal pro Woche statt und sind für die Kinder kostenlos. Aktuell bieten 160 Sportvereine und -verbände über 660 AGs an, die pro Woche über 760 Mal an über 280 Schulen stattfinden. 72 Sportarten von Aikido, Bogenschießen und Capoeira über Rollstuhlbasketball und Segelfliegen bis zum Wasserspringen sorgen für ein abwechslungsreiches Angebot. Viele Sportvereine nutzen das Programm, um Kindern ihre Sportarten zu präsentieren und sie für ihren Verein zu gewinnen. Denn in den AGs haben die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, ohne Leistungs- und Notendruck Sportarten auszuprobieren. Gleichzeitig lernen die Kinder und Jugendlichen einen Sportverein aus der Umgebung kennen, der offen ist für neue Mitglieder. Der niedrigschwellige Zugang zu den AGs, die in der Schule während des Ganztagsangebots stattfinden und kostenlos sind, sorgt dafür, dass auch Kinder teilnehmen, die in Sportvereinen 118 uj 3 | 2020 Ziele, Nutzen und Grenzen der sportorientierten Jugendsozialarbeit unterrepräsentiert sind, und über die Schul-AG den Weg zum Sportverein finden (Dritter Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht 2015, 261). In der Praxis ist es nicht so leicht, die Sozialstruktur der Teilnehmer/ -innen der Schul- AGs zu ermitteln. Zwar sollen im Sachbericht bewegungsdistanzierte bzw. sozial benachteiligte Teilnehmer/ -innen angegeben werden, viele Übungsleiter/ -innen kennen die Lebensumstände der Kinder und Jugendlichen allerdings nicht gut genug, um diese Statistik auszufüllen. Da die Kommunikation zwischen Schule und Sportverein durch viele Hürden (Haupt-/ Ehrenamt, Bürozeiten des Sekretariats/ Durchführungszeit der Schul-AGs) geprägt ist, fehlen leider an vielen Stellen verlässliche Informationen, wie hoch der Anteil von Kindern und Jugendlichen aus Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status in den Sport-AGs ist. Sicher ist aber, dass durchschnittlich zwei Teilnehmer/ -innen pro AG im Anschluss Mitglied im Sportverein werden. Beim Projekt „Mein bewegter Sommer“ betreuen Sportvereine und GSJ-Jugendeinrichtungen zwei Wochen in den Sommerferien Berliner Grundschulkinder. Das Programm besteht aus Sport und Kultur, dazu kommt eine gesunde Verpflegung. Für Kinder aus Familien im Leistungsbezug kostet die Teilnahme nur 35 Euro. „Mein bewegter Sommer“ soll allen Berliner Kindern zwei aktive und erlebnisreiche Wochen in den Sommerferien ermöglichen, besonders sollen Kinder aus Familien im Leistungsbezug und Kinder von Alleinerziehenden angesprochen werden. Durch gezielte Werbung und Information bei u. a. Alleinerziehendenverbänden, Jugendamt, Grundschulen und weiteren Netzwerken, aber auch gezielte Ansprache von Familien und Kindern durch die Sportvereine nehmen viele Kinder aus der Zielgruppe teil. Weiterhin werden die teilnehmenden Sportvereine so ausgewählt, dass die Angebote u. a. in Kiezen mit niedrigem sozialem Status stattfinden. So gibt ein Drittel der Eltern an, alleinerziehend zu sein, und ca. 25 % der teilnehmenden Kinder haben Anspruch auf das Bildungs- und Teilhabepaket. Da der „Bewegte Sommer“ offen ist für alle Kinder und alle Eltern bei der Betreuung während der Sommerferien unterstützen soll, nehmen auch viele Kinder aus Familien mit mittlerem oder hohem sozioökonomischem Status teil. Dies ist erwünscht, um Kindern mit unterschiedlichen Herkünften ein gemeinsames Ferienerlebnis zu ermöglichen. Gleichzeitig entsteht dadurch die Herausforderung, die Kinder aus Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status zu erreichen, da Eltern mit mittlerem oder hohem sozioökonomischem Status erfahrungsgemäß sehr frühzeitig nach Betreuungsmöglichkeiten während der Ferien suchen, sich ausführlich informieren und über gute Netzwerke verfügen. Manche Eltern mit niedrigem sozioökonomischem Status müssen hingegen mehrfach persönlich angesprochen werden und brauchen zum Teil Hilfe beim Ausfüllen der Anmeldung, sodass unter Umständen manche Angebote schon ausgebucht sind. Viele Vereine veranstalten am Ende der Ferienbetreuung ein Abschlussfest, zu dem auch die Eltern eingeladen sind. Durch die intensive Betreuung, das Kennenlernen von Ansprechpartner/ -innen und das Ausprobieren der Sportarten möchten viele Kinder im Anschluss Mitglied im Verein werden. In den Herbstferien 2019 fanden zum zweiten Mal kostenlose Schwimmintensivkurse statt, die die Schwimmvereine und der Berliner Schwimmverband durchführen. Die Kurse richten sich an die fast 20 % der Berliner Kinder, die beim Schulschwimmen in der 3. Klasse kein Jugendschwimmabzeichen in Bronze geschafft haben. Schwimmen lernen ist nicht nur lebenswichtig, Bewegung im Wasser eignet sich besonders gut, um die motorischen Fähigkeiten von Kindern zu fördern. Zudem geben Erfolgserlebnisse im Wasser den Kindern Selbstbewusstsein und ein positives Körpergefühl. Da in sozial schwachen Berliner Bezirken besonders viele Kinder nicht schwimmen können, nehmen viele Kinder aus Familien mit nied- 119 uj 3 | 2020 Ziele, Nutzen und Grenzen der sportorientierten Jugendsozialarbeit rigem sozioökonomischem Status teil. Durch eine besonders intensive Betreuung werden den Kindern Ängste genommen und schnelle Lernfortschritte erzielt. „Erfolgsrezept“ der Schwimmkurse sind eine intensive Betreuung sowie großes Engagement, Flexibilität, Geduld und Einfühlungsvermögen bei den Übungsleiter/ -innen, um den Kindern Ängste zu nehmen und andere Hürden abzubauen. 2019 nahmen 805 Kinder teil und legten 665 Schwimmabzeichen ab. Auch außerhalb unserer Förderprogramme ist es der Sportjugend ein Anliegen, alle Kinder für den Vereinssport und ausreichend Bewegung zu gewinnen. Da in Berlin nur 7 % der berechtigten Kinder und Jugendlichen die Leistungen für soziale Teilhabe des Bildungs- und Teilhabepakets in Anspruch nehmen, will die Sportjugend Berlin gemeinsam mit der Berliner Senatsverwaltung mehr Kinder mit Berlinpass-BuT in die Sportvereine bringen. Der Berlinpass-BuT dient als Nachweis für den Anspruch auf Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket (BuT). Studien zeigen, dass Bürokratie und Angst vor Stigmatisierung dazu führen, dass Leistungen nicht genutzt werden. Die Sportjugend Berlin konnte erreichen, dass seit August 2019 die Leistungen der sozialen und kulturellen Teilhabe direkt an die Eltern ausgezahlt werden, was ebenfalls die Inanspruchnahme von Transferleistungen steigert (Bertelsmann Stiftung 2018). Eltern müssen nun dem Verein nicht mehr mitteilen, dass sie Transferleistungen beziehen, und erhalten recht unbürokratisch 15 Euro pro Monat für den Vereinsbeitrag. Sportorientierte Jugendsozialarbeit Ein weiterer Arbeitsbereich der Sportjugend Berlin ist die sportorientierte Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit. Hier ist die Sportjugend Berlin Trägerin von vier Projekten, die sich an Jugendliche richten, die sozial benachteiligt oder individuell beeinträchtigt sind. Die Projekte holen durch die Kombination von Sport mit anderen Formen der Jugendarbeit die Jugendlichen dort ab, wo sie sich aufhalten. Exemplarisch sei der Sportjugendclub Lichtenberg genannt, der sich vorrangig an rechtsund/ oder gewaltaffine junge Menschen wendet. Der Zugang zu ihnen hat sich in den letzten 10 Jahren verändert. Da sie hauptsächlich in Schulen zu erreichen sind und nicht mehr an informellen Treffpunkten, bedarf es einer engen Kooperation mit Schulen. Durch Sport und Bewegung wie verschiedene Sport-AGs und einen Fitnessraum wird Kontakt zu den jungen Menschen aufgebaut. Das sportorientierte Angebot wird ergänzt durch gemeinsames Kochen, Ausflüge, Fahrten, politische Bildung und psychosoziale Beratungssowie handwerkliche Angebote (u. a. Fahrradwerkstatt). Der Sport eröffnet den Jugendlichen attraktive, integrative sowie soziale Lernprozesse und bietet dadurch die Chance, wachsenden rechtsgerichteten und gewaltaffinen Desintegrationsprozessen entgegenzusteuern. Denn durch die Sport-Angebote wie Jugger, Zirkel-Krafttraining, Geocaching, „In Bewegung kommen“ oder „Fairplay-Rangeln, Raufen, Kämpfen“ verbessern die Jugendlichen ihre körperlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie Handlungskompetenzen, speziell im Bereich der Kommunikation und Konfliktregelung. Ziel ist, dass die Jugendlichen ihre Konflikte zukünftig weitestgehend gewaltfrei lösen. Diese Arbeit erfordert von den Mitarbeiter/ -innen u. a. ein hohes Maß an Selbstreflexion, den professionellen Umgang mit Nähe und Distanz, einer kritischen Parteilichkeit zur Zielgruppe und die Fähigkeit, belastbare Beziehungen zu den Jugendlichen herzustellen. Für die Inanspruchnahme der Angebote des SJC Lichtenberg gibt es keine Vorbedingungen. Die Teilnahme richtet sich im Verlauf am Verhalten der Jugendlichen aus. Regelverstöße werden zeitnah mit der Gruppe thematisiert und können unter außergewöhnlichen Umständen auch mit einem zeitlich begrenzten Ausschluss sanktioniert werden. 120 uj 3 | 2020 Ziele, Nutzen und Grenzen der sportorientierten Jugendsozialarbeit Herausforderungen und Chancen der Gesundheitsförderung in SportJugendClubs der GSJ am Beispiel des GUT-DRAUF-Konzepts Voraussetzungen und Erfolgsfaktoren für eine Umsetzung des GUT-DRAUF- Konzeptes zur Gesundheitsförderung GUT DRAUF ist ein Programm der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zur Förderung eines gesunden Lebensstils von Mädchen und Jungen im Alter von 5 bis 18 Jahren. Die Gesundheit soll durch Angebote zur gesunden Ernährung, ausreichenden Bewegung und Stressregulation beeinflusst werden. Die Aktion setzt dabei an den Interessen und Bedürfnissen von Mädchen und Jungen an. GUT DRAUF bietet Kindern und Jugendlichen Spannung, Spaß und Abwechslung - für ein gesünderes Aufwachsen. GUT DRAUF spricht Fachkräfte in Schulen, Einrichtungen der Jugendarbeit und der Beruflichen Qualifizierung, von Sportvereinen und Jugendreiseveranstaltern an (www.gutdrauf.net). Eine wichtige Voraussetzung für die Implementierung des GUT-DRAUF-Konzepts in die tägliche Jugendarbeit in einem Jugendclub ist die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendeinrichtung. GUT DRAUF kann nicht an den Mitarbeitenden vorbei oder per Anweisung nachhaltig in der Jugendarbeit realisiert werden. Hierbei spielen die Rahmenbedingungen für die Realisierbarkeit der Jugendaktion zur Gesundheitsförderung eine größere Rolle als beispielsweise im Handlungsfeld Jugendreisen. So können räumliche Voraussetzungen dafür maßgeblich sein, ob GUT DRAUF in einem Jugendclub überhaupt wirkungsvoll umgesetzt werden kann. Fehlt beispielsweise eine Küche oder zumindest ein Kochbereich, so ist in der Regel eine Zertifizierung nicht möglich, da einer der drei grundlegenden Bereiche, die gesunde Ernährung, nicht in die Praxis umgesetzt werden kann. Außerdem verfügen die 13 SportJugendClubs der GSJ aufgrund ihres speziellen Profils grundsätzlich über sehr gute Voraussetzungen im Bereich der Bewegungsmöglichkeiten. So sind Bewegungsräume, Fitnessräume, Kletterwände usw. in den Jugendclubs der GSJ in den meisten Einrichtungen vorhanden - explizite Entspannungsräume dagegen gab es vor der Auseinandersetzung mit der Jugendaktion GUT DRAUF keine. Die Verankerung in den Organisationsstrukturen Die Implementierung des GUT-DRAUF-Konzepts in die offene Jugendsozialarbeit ist in einigen Einrichtungen der GSJ aus organisationssoziologischer Sicht sehr interessant. So bewirkte die intensive Auseinandersetzung mit dem GUT- DRAUF-Programm in den beiden beteiligten Einrichtungen nachhaltige Veränderungsprozesse, die über die Themen der Gesundheitsförderung hinausgehen. Die Mitarbeitenden dieser beiden Einrichtungen, angestoßen durch die Überlegung, wie sie die Jugendaktion zur Gesundheitsförderung in ihrem Club realisieren könnten, überprüften ihre Gesamtkonzeption auf Aktualität und Attraktivität. So wurden die Angebote noch zielgruppengerechter zugeschnitten und für neue Gruppen geöffnet. Im Ergebnis entstand in den beiden beteiligten SportJugendClubs eine neue Atmosphäre und bei den Mitarbeitenden neue Energie und noch stärkere Motivation. Da die Einbindung der Jugendaktion GUT DRAUF sowohl die alltägliche Jugendarbeit als auch die Einbindung in die Gesamtkonzeption der Einrichtung vorsieht, waren die Mitarbeitenden, die an dem Zertifizierungsprozess beteiligt waren, gewissermaßen gezwungen, die Konzeption zu überarbeiten und zu überdenken. Dieser Prozess ermöglicht hervorragende Chancen, die zum Teil alte Konzeption zu überprüfen und durch die Berücksichtigung der GUT-DRAUF- Konzeption diese gegebenenfalls grundlegend zu überarbeiten. Ein Vorgang, der bei den Mitarbeitenden der Einrichtungen im Idealfall einen Innovationsschub auslöste. 121 uj 3 | 2020 Ziele, Nutzen und Grenzen der sportorientierten Jugendsozialarbeit Die Bedeutung des GUT-DRAUF-Zertifikats Nach erfolgreichem Abschluss des Zertifizierungsprozesses in mehreren SportJugendClubs hatte das GUT-DRAUF-Zertifikat nicht zu unterschätzende positive Wirkungen für die beteiligten Einrichtungen. Gerade in einer Großstadt wie Berlin, in der es in einigen Stadtbezirken zahlreiche Angebote für Jugendliche gibt und sich die unterschiedlichen Jugendclubs verschiedener Träger in unmittelbarer Nähe befinden, können sich die GUT-DRAUF-Einrichtungen davon deutlich abheben. Sportbzw. Bewegungsangebote sind mittlerweile in vielen Einrichtungen der offenen Jugendarbeit essenzieller Bestandteil des Programms, ein ausgewiesener und ansprechender Entspannungsraum mit Entspannungsangeboten ist jedoch eine absolute Ausnahme. Das GUT-DRAUF-Programm ist nicht nur ein Qualitätsmerkmal, sondern dient auch der Profilschärfung der jeweiligen Einrichtung. Abschließend kann konstatiert werden, dass gerade Jugendeinrichtungen aus dem Bereich der offenen Jugendarbeit ein sehr wichtiges und bisweilen unterschätztes Handlungsfeld der Gesundheitsförderung sind. Besonders dort werden sozial benachteiligte Jugendliche in den jeweiligen Stadtbezirken erreicht. Sascha Weimershaus GSJ - Gesellschaft für Sport und Jugendsozialarbeit gGmbH Hanns-Braun-Str./ Friesenhaus II 14053 Berlin E-Mail: weimershaus@gsj-berlin.de Johanna Suwelack SPORTJUGEND im Landessportbund Berlin e.V. Referat Kinder-, Jugendsport und Jugendsozialarbeit Jesse-Owens-Allee 2 14053 Berlin E-Mail: j.suwelack@sportjugend-berlin.de Literatur Bertelsmann Stiftung (2018): Studie: Kommt das Geld bei den Kindern an? In: https: / / www.bertelsmannstiftung.de/ fileadmin/ files/ Projekte/ Familie_und_ Bildung/ Studie_WB_Kommt_das_Geld_bei_den_ Kindern_an_2018.pdf, 9. 12. 2019, https: / / doi.org/ 10. 1055/ s-0036-1595332 Schmidt, W., Neuber, N., Rauschenbach, T., Brandl-Bredenbeck, H. P., Süßenbach, J., Breuer, C. (2015): Dritter Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht. Kinder- und Jugendsport im Umbruch. Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, Essen Online-Quellen https: / / www.gutdrauf.net, 9. 12. 2019