eJournals unsere jugend 72/9

unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/uj2020.art57d
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2020
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Herkunfts- und migrationsbezogene sowie heterosexistische Ablehnungshaltungen

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2020
Kurt Möller
Kai Nolde
Um Pauschalablehnungen und Diskriminierungen entgegenzuwirken, braucht Jugendarbeit Verständnis für deren Hintergründe sowie fallbezogene Handlungsfähigkeit. Der Artikel präsentiert dafür Konzepte. Ausgehend von Forschungsbefunden zeigt er auf, wie sich Strategien entwickeln lassen, die an den Lebenswirklichkeiten und Ressourcen von Adressat*innen ansetzen.
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354 unsere jugend, 72. Jg., S. 354 - 363 (2020) DOI 10.2378/ uj2020.art57d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Herkunfts- und migrationsbezogene sowie heterosexistische Ablehnungshaltungen Konzepte, Befunde und Gegenstrategien Um Pauschalablehnungen und Diskriminierungen entgegenzuwirken, braucht Jugendarbeit Verständnis für deren Hintergründe sowie fallbezogene Handlungsfähigkeit. Der Artikel präsentiert dafür Konzepte. Ausgehend von Forschungsbefunden zeigt er auf, wie sich Strategien entwickeln lassen, die an den Lebenswirklichkeiten und Ressourcen von Adressat*innen ansetzen. von Prof. Dr. Kurt Möller Jg. 1954; Professor für Theorien und Konzepte Sozialer Arbeit, Hochschule Esslingen Sogenannte ‚Fremdenfeindlichkeit‘ und Rassismus wie auch Sexismus und Homophobie stellen seit Jahrzehnten gesellschaftliche Herausforderungen dar und sind viel beachtete Gegenstände öffentlicher und fachöffentlicher Debatten. Hinter den Begriffen verbirgt sich dabei oftmals Unterschiedliches: Für die einen ist ‚Fremdenfeindlichkeit‘ mehr oder weniger dasselbe wie Rassismus, andere haben hier klare Präferenzen oder stellen beides nebeneinander (wie etwa Zick u. a. 2016, 2019). Die einen beziehen Sexismus auf eine Haltung gegenüber dem weiblichen Geschlecht (ebd.) und sehen Homophobie als einen Komplex angstbesetzter Vorurteile gegenüber Schwulen und Lesben (so noch bei Heitmeyer 2002 - 2012), während andere antihomosexuelle Positionierungen als Heterosexismus fassen und damit als eine spezifische Variante von Sexismus überhaupt (Möller 2015). Wie diese Beispiele punktuell andeuten: Aussagen über Phänomene wie die benannten hängen von den Verständnissen ab, die mit ihnen verbunden werden. Dies gilt erst recht für wissenschaftliche Aussagen, die sich, wie auch dieser Beitrag, auf empirische Befunde beziehen. Konkret handelt es sich bei den folgenden Ausführungen um die Ergebnisse eines längsschnittlich angelegten, qualitativen Forschungspro- Kai Nolde Jg. 1977, Soziologe, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Hochschule Esslingen 355 uj 9 | 2020 Konzepte, Befunde, Strategien zu Ablehnungshaltungen jekts, das sich auf Interviews mit über 40 Jugendlichen stützt - fast alle im Alter zwischen 14 und 18 Jahren, teilweise mit, teilweise ohne (familiärer) Migrationsgeschichte. Die Studie untersuchte Muster und Entstehungshintergründe von Ablehnungshaltungen sowie deren Wandel, aber auch Distanzierungsverläufe (vgl. Möller u. a. 2016 a; für einen knappen Überblick: Nolde 2017). Dabei wird einerseits von herkunfts- und migrationsbezogenen Ablehnungshaltungen (und eben nicht von „Fremdenfeindlichkeit“ und nur in bestimmter Zuspitzung von „Rassismus“) gesprochen. Andererseits werden die oftmals unter „Sexismus“ und „Homophobie“ behandelten Phänomene als heterosexistische Haltungen gebündelt und in den Kontext der hegemonialen Geschlechterordnung eingeordnet. Zur Illustration der Befunde werden auch Originalaussagen der Jugendlichen aus den Interviews zitiert; sie sind kursiv hervorgehoben. Ablehnende Haltungen und Pauschalisierende Ablehnungskonstruktionen Empirisch und theoretisch begründet wird im Folgenden von Ablehnungshaltungen und Pauschalisierenden Ablehnungskonstruktionen (PAKOs) gesprochen. Das konzeptionelle Verständnis, das hinter diesen Bezeichnungen steht, kann in vier wesentlichen Punkten dargelegt werden (vgl. Möller u. a. 2016 a, kürzer auch: Möller 2019): 1. Unter Ablehnungshaltungen sind nicht nur „abwertende Einstellungen“ zu verstehen, wie etwa prominent in der Forschung zur Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit (vgl. zuletzt Zick u. a. 2019). Mit dem Haltungsbegriff werden zum einen Orientierungen umfangreicher und differenzierter erfasst; neben Einstellungen (als Annahmen oder Überzeugungen) geht es auch z. B. um affektive Gestimmtheiten oder habituelle Zu- oder eben Abwendungen. Zum anderen sind auch Aktivitäten Bestandteile von Haltungen, und ihr Verhältnis zur Orientierungsebene kann fokussiert werden. 2. Mit Bedacht wird von Ablehnungen und nicht (nur) von Abwertungen gesprochen. Denn Ablehnungen können auch ohne explizite Abwertungen entstehen und dabei gleichwohl enorme politischsoziale Brisanz entfalten (z. B. „Im Grunde sind die menschlich genau so viel Wert wie wir, aber die sollen halt raus aus Deutschland. Egal wie. Haben halt Pech gehabt.“). 3. Ablehnungshaltungen haben Konstruktionscharakter. Sie sind nicht einfach statisch da, sondern werden prozesshaft entwickelt. Die abgelehnten gesellschaftlichen „Gruppen“ existieren nicht per se, sondern werden im Zuge ihrer Ablehnung als homogene und mit bestimmten, meist dem ‚Eigenen‘ entgegengesetzten Eigenschaften ausgestattete Einheiten geschaffen. Treffender ist es daher, von „Gruppierungen“ zu sprechen. Es ist zentral, um derartige Konstruktionsprozesse zu wissen, wenn ursachen- und nicht nur symptombezogene Gegenstrategien entfaltet werden sollen, nicht nur in der Politik, sondern gerade auch in Pädagogik und Sozialer Arbeit - und hier insbesondere in der Arbeit mit Menschen, die sich altersgemäß noch stark in Entwicklung befinden, also mit Kindern und Jugendlichen. 4. Das gemeinsame Kennzeichen politisch und sozial problematischer Ablehnungen ist vor allem die Pauschalisierung, die ihnen zugrunde liegt. Sie funktioniert nach dem Motto „Kennste eine*n, kennste alle“ oder auch „Kennste alle, so kennste jede*n von denen“. Solche Haltungen gehen undifferenziert verallgemeinernd vor, sind weder inhaltlich haltbar noch empirisch zulässig. Sie entsprechen damit im Kern der „Natur des Vorurteils“, wie es schon Gordon Allport (1954) beschrieben hat. 356 uj 9 | 2020 Konzepte, Befunde, Strategien zu Ablehnungshaltungen Herkunfts- und migrationsbezogene Ablehnungshaltungen Ablehnungshaltungen, die auf Herkunft und Migration Bezug nehmen, werden zumeist als sog. Fremdenfeindlichkeit zusammengefasst. Allerdings bildet der Begriff nicht das ab, was er abzubilden vorgibt: zum Ersten thematisiert er nur die Ablehnung von Personen(gruppierungen) (also z. B. „der Muslime“), nicht aber auch die jener sachlichen Phänomene, die als ‚fremd‘ empfunden werden (z. B. „der Islam“); zum Zweiten drückt er einen bestimmten Grad von Ablehnung aus („Feindlichkeit“) und lässt außer Acht, was sich z. B. an Distanziertheiten, Vorbehalten, Ressentiments, Stereotypisierungen und aversiven Gefühlen unterhalb der Schwelle „feindseliger Zustände“ (Zick u. a. 2019) findet; zum Dritten suggeriert er, es gäbe tatsächlich eine „Gruppe“ der Fremden. Damit verdeckt er den Gruppierungsprozess, durch den diese erst geschaffen wird (s. o.). So bekommt er nicht in den (Be-)Griff, dass die Erfahrung von Fremdheit etwas Relatives ist und von Position und Perspektive der Person abhängt, die sie empfindet. Deshalb gilt es, genauer die Bezugspunkte zu benennen, unter denen Wahrgenommenes als ‚fremd‘ oder ‚irgendwie anders‘ erscheint, statt dem ‚Eigenen‘ zugerechnet zu werden. Bestimmte Menschen werden z. B. abgelehnt, weil sie auf eine Herkunft festgelegt werden, ohne dabei ‚fremd‘ sein zu müssen (etwa eine wechselseitige Ablehnung von Serb*innen und Kroat*innen oder Kurd*innen und Türk*innen, deren Familien aus demselben Ort stammen und sich persönlich kennen). Andere erfahren Ablehnung, weil sie als Migrant*innen wahrgenommen werden - vor allem von ‚Herkunftsdeutschen‘ (z. B. „egal, wo die herkommen, ich kann die Kanaken nicht ab“). Zur Konstruktion natio-ethno-kultureller Andersheit Der Kern solcher Ablehnungshaltungen besteht in einer angenommenen natio-ethno-kulturellen Andersheit (vgl. Mecheril 2003). Bedient wird sich aus einem Konglomerat von gesellschaftlich verbreiteten Orientierungskategorien und Zuordnungselementen, die in jeweils unterschiedlicher Gewichtung und Mischung zusammengefügt werden und ‚Veränderung‘sprozesse (vgl. Reuter 2002) stützen. Unterschiedliche Gruppierungen werden so unter dem vereinheitlichenden Etikett der „Ausländer“ o. Ä. zusammengefasst, auch ohne das Vorhandensein einer deutschen Staatsbürgerschaft zu beachten. Die Ablehnung kann sich auch auf spezifischere natio-ethno-kulturelle Hintergründe beziehen, z. B. „die Muslime“, ohne weiter zu differenzieren und auf (oftmals abweichende) Selbstbeschreibungen Rücksicht zu nehmen. Deutlich wird: In beiden Varianten handelt es sich um Konstruktionen, die durch Pauschalisierungen zustande kommen. Die (vermeintlich) Angehörigen der konstruierten Gruppierungen bekommen Merkmale und Eigenschaften zugeschrieben, die letztlich haltlos als ‚Wesensunterschiede‘ ins Spiel gebracht werden (können). Sie stellen mithin spezifische Erscheinungsweisen von PAKOs dar. Kategorisierungen, mentale Repräsentationen und Klassifizierungen Dass Wahrnehmungen kategorisiert werden, um ihre Komplexität reduzieren und sie einordnen zu können, ist menschlicher Orientierungstätigkeit inhärent. Kategorisierungen folgen dabei nicht ausschließlich einer rationalen Logik, sondern sind auch stark affektiv-emotional und ikonografisch verankert. Es wird auf einen Fundus gesellschaftlich verbreiteter Vorstellungen von geringer ‚Tiefe‘ zurückgegriffen, um 357 uj 9 | 2020 Konzepte, Befunde, Strategien zu Ablehnungshaltungen ‚innere‘ Abbilder von Realität zu erzeugen, die, ohne viel nachdenken zu müssen, intuitiv und assoziativ zugänglich sind. Solche mentalen Repräsentationen von Wirklichkeit dienen dazu, neuen Wahrnehmungen und Erfahrungen Form und Gestalt zu verleihen, sie einzuordnen und kommunizierbar zu machen (Moscovici 1988). Dass dabei auch Kategorien aufgerufen werden, die kulturelle, ethnische oder nationale Repräsentationsbezüge haben, ist gängig und muss nicht per se in Ablehnungen münden. Aus der Sozialpsychologie wissen wir, dass dabei Verzerrungseffekte auftreten, weil die einer Kategorie zugeordneten Elemente tendenziell homogenisiert werden, während die Unterschiede zwischen Kategorien überbetont werden (vgl. z. B. Hogg/ Abrams 1988). Jegliche Kategorisierung sollte daher stets sensibel vorgenommen werden. Zu einem besonders brisanten Problem wird sie erst dann, wenn sie mit (De-)Klassifizierung verbunden ist, also Auf- und Abwertungen vorgenommen werden. Dabei lassen sich zwei Typen von Klassifizierung unterscheiden: kategoriale und graduelle (Neckel/ Sutterlüty 2005). Während kategoriale Klassifizierungen gerade die grundlegende Andersartigkeit des/ der Adressierten markieren, gehen graduelle Klassifizierungen prinzipiell vom etwas Gemeinsamen aus, stellen Vergleiche an und bringen sie in eine Rangfolge. In Bezug auf herkunfts- und migrationsbezogene Ablehnungen ergibt sich dazu sehr stark komprimiert folgendes Bild: Kategoriale Klassifizierungen Natio-ethno-kulturelle Ablehnungen werden zumeist mittels negativer kategorialer Klassifizierungen formuliert. Da ist dann etwa die Rede von „unverschämten“, „respektlosen“, „Stress suchenden“ und „provozierenden“ (fast immer männlichen) Gleichaltrigen als „Angebern“ und „aggressiven“ „Gangstern“, die „sich scheiße benehmen“ und im Übrigen auch „unter sich bleiben“ wollen, wogegen man selbst wie auch die Eigengruppe ganz anders seien. In erster Linie Mädchen begründen ihre Ablehnung auch mit wahrgenommener sexueller Übergriffigkeit. Massiv betroffen sind davon vor allem ‚Türken‘ oder Personen, die für ‚Türken‘ gehalten werden. Oftmals vermischt sich eine entsprechende Haltung mit der Ablehnung von ‚Muslimen‘. Mitunter nimmt sie auch rassistische, d. h. biologistisch begründete Ausprägungen an. Teilweise werden zur Legitimation eigene negative Erfahrungen geltend gemacht, oftmals aber auch Hörensagen. Manchmal wird auf angebliches Alltagswissen („so ein Bild, das man irgendwie hat“, „wollen sich nicht integrieren“) oder sogar auf Literaturkenntnis („Sarrazin“) verwiesen. Graduelle Klassifizierungen Kategoriale Ablehnungen werden mitunter durch differenzierende Betrachtungen entschärft. Dies geschieht etwa dort, wo nur einem Teil der mit natio-ethno-kulturellen Begründungen abgelehnten Gruppierung Problematisches zugeschrieben wird; z. B. indem einem Teil von ihr grundsätzliche Leistungsunwilligkeit unterstellt wird, während andere eine ähnliche Leistungsbereitschaft wie die ‚Wir‘-Gruppierung haben sollen. Mitunter werden auch ‚solche Türken‘ und ‚solche Türken‘ auseinandersortiert oder es wird in Bezug auf ‚Ausländer‘ zwischen christlich sozialisierten Migrant*innen und ‚Moslems‘ unterschieden. Ebenso finden sich Relativierungen bezüglich der Eigengruppierung: „die meisten Türken oder Ausländer allgemein benehmen sich halt nicht so gut“, aber „Deutsche sind auch nicht grad die Liebsten. Es gibt auch genug Gauner, […] die deutsch sind“. Offenbar wird hier an das Verhalten beider Gruppierungen der gleiche Maßstab angelegt, nämlich der, gesellschaftlichen Verhaltensnormen der Delinquenzvermeidung zu entsprechen. 358 uj 9 | 2020 Konzepte, Befunde, Strategien zu Ablehnungshaltungen Begünstigungsfaktoren Für differenzierte Antworten auf die Frage nach den Einflussfaktoren auf diese Ablehnungshaltungen braucht es zumindest zwei Unterscheidungen: zum einen nach Kontroll- und Integrationserfahrungen sowie den sie strukturierenden Repräsentationen (weitere zentrale Bereiche sind Sinnerfahrungen, sinnliches Erleben und die Entwicklung von Selbst- und Sozialkompetenzen; vgl. kurz: Möller 2019); zum anderen nach den Lebenssituationen, aus denen heraus diese Ablehnungen erfolgen. Zwei diesbezügliche Muster von Haltungshintergründen sollen an dieser Stelle hervorgehoben werden: 1. die Position unhinterfragter Zugehörigkeit zur deutschen Gesellschaft (i. d. R. eher bei ‚Herkunftsdeutschen‘) und 2. der Kampf um Positionierung in Prozessen konflikthafter Etablierung innerhalb Deutschlands (i. d. R. geführt von Jugendlichen mit persönlicher oder familiärer Migrationsgeschichte). Im erstgenannten Muster finden sich sowohl Jugendliche mit Lebenslagen, die weitgehend gesichert erscheinen und Kontrolle über die eigenen Lebensbedingungen erlauben, als auch solche, deren Leben durch Scheitern, Perspektivlosigkeit und nahezu permanente Konflikthaftigkeit gekennzeichnet ist. Auf der Ebene der (Des-)Integration sind bei ihnen besonders gemeinschaftliche Bezüge relevant. Während familiäre Konstellationen des ‚broken home‘ (kommunikativ und emotional prekäre Beziehungen, elterliche Interesselosigkeit u. d. Ä.) sich nicht direkt auf den Aufbau ablehnender Haltungen auszuwirken scheinen, sind (dann häufig als ‚Familienersatz‘ empfundene) Cliquen, die sich entlang natio-ethno-kultureller Grenzziehungen konstituieren, hoch bedeutsam. Der Blick auf sie erschließt auch die Hintergründe für unterschiedliche Klassifizierungen: Zu kategorischen Ablehnungen kommt es, wenn bei konkreten Konflikten (meist mit anderen Cliquen) die Gegnerschaft über den eigenen Erfahrungsraum hinaus verallgemeinert wird. In Fällen gradueller Ablehnungskonstruktion bleibt hingegen das Freund-Feind-Schema auf die unmittelbare Gegnergruppe beschränkt. Diese Differenzen scheinen darin zu gründen, dass bei jenen mit kategorialer Ablehnung umfassende, d. h. über die persönliche Erfahrungswelt hinausreichende Vorstellungsbilder von strikten ethnisch, kulturell und national bestimmten Grenzen und ‚Eigenarten‘ präsent sind und sich aufgrund von Selbstabschottung und fehlender Gegenerfahrungen stetig reproduzieren. Graduelle Klassifizierungen sind demgegenüber stärker an Vorstellungsbildern orientiert, in denen (eigene) Angepasstheit, Leistungserbringung und Verwertungslogik dominieren (z. B.: „wer sich gut benimmt und arbeitet, kann bleiben, wer nicht, muss raus“). Das zweite Muster beschreibt ein Geschehen, das sich im Kontext eines Kampfes um Teilhabe vonseiten junger Menschen mit empfundener Minderheitszugehörigkeit abspielt sowie Auseinandersetzungen um Binnendifferenzierungen zwischen Jugendlichen mit unterschiedlicher (familiärer) Migrationsgeschichte umfasst. Kontrollerfahrungen sind hier so weit aufgefächert, dass es notwendig ist, die konkreten Integrationserfahrungen und damit verbundene Repräsentationen in den Blick zu nehmen. Der größte Einfluss auf Ablehnungskonstruktionen kommt auch hier der Peergroup und ihrer natio-ethno-kulturellen Selbstverortung zu. Unabhängig davon, ob sie sich diesbezüglich als homogen verstehen oder ihre Diversität betonen, stellen die Gleichaltrigengruppen zentrale Orte identitätsbezogener Rückversicherung dar. Ausgehend davon identifizieren sie ‚Andere‘ im Alltag ebenfalls primär unter Gesichtspunkten ethnischer, kultureller und nationaler Zugehörigkeit. Solche Grenzziehungen können im Verlauf der Jugendphase, im Zuge neuer Erfahrungen und Freundschaften aufbrechen oder sich verschieben. Sie gelten temporär. 359 uj 9 | 2020 Konzepte, Befunde, Strategien zu Ablehnungshaltungen Natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeitsdefinitionen werden einerseits über das Elternhaus geprägt. Hierbei wirken Anforderungen, tradierten Werten der elterlichen Herkunftsgesellschaft zu entsprechen oder sich an die deutsche ‚Mehrheitsgesellschaft‘ (z. B. Orientierung an Status und Leistungserbringung) anzupassen; es können aber auch Mischungen von beidem vorliegen, was oftmals zu einem Hin- und Herspringen bei der gesellschaftlichen Selbst- und Fremdpositionierung führt. Je nachdem, werden eher kategoriale, eher graduelle oder auch beide Formen von Klassifizierungen begünstigt. Andererseits sind die in Peergroups ausgetauschten Repräsentationen starke Einflussfaktoren. Wo natio-ethno-kulturelle Heterogenität gegeben ist, haben kategoriale Ablehnungen kaum Entwicklungschancen. Wenn sich die Clique dagegen als eine homogene ‚Schutzgruppe‘ versteht, die Diskriminierungs-, Vereinzelungs- und Konflikterfahrungen kompensiert, liegen analoge Einschätzungen gegnerischer Cliquen und darauf aufbauende Ablehnungen nahe. Heterosexistische Ablehnungshaltungen Die Ablehnung von Schwulen, Lesben und Homosexualität an sich ist unter Jugendlichen weit verbreitet. Mitunter bezieht sie sich ‚nur‘ auf bestimmte Aspekte und ist mit einem ansonsten eher toleranten Tenor verwoben. Oftmals fällt sie aber auch kategorisch aus und wird von starken Ressentiments getragen. Die empirische Rekonstruktion der Phänomene und ihrer Entstehungshintergründe (vgl. Möller u. a. 2016 a, 478ff.) lässt verschiedene Muster erkennen und zeigt, wie sich die Ablehnungskonstruktionen in die hegemoniale Geschlechterordnung einbetten: Sie gründen auf einer gesellschaftlichen Dominanz von Normen der Heterosexualität und einer patriarchal geprägten Hierarchisierung von Geschlecht. Insofern schlägt sich in ihnen mehr nieder als Homophobie im Sinne einer pathologisch anmutenden Angst vor Homosexualität sowie einer Aversion Homosexuellen gegenüber. Antihomosexuelle Haltungen sind in gesellschaftlich vorherrschenden Geschlechterverhältnissen verankert, die einen allgemein sexistischen und darin eingeschlossen eben auch einen spezifisch heterosexistischen Nährboden bieten (vgl. Möller 2015). Dabei gibt es signifikante Unterschiede, ob sie in einer männlichen oder weiblichen Perspektive formuliert werden. Aversion und heteronormatives Orientierungswissen Vielfach bringen die befragten Jugendlichen spontan und aus dem Affekt heraus ein körperlich-emotionales Unbehagen zum Ausdruck. Der Anblick homosexueller Paare oder bereits der Gedanke an sie wird als „anwidernd“ oder „einfach nur widerlich“ beschrieben. Nahezu unisono heißt es „eklig“, „voll ekelig“ oder „ekelhaft […] Ich würd sogar stöhnen, wenn ich die schon seh“. Häufiger wird derartiges von männlich verorteten Jugendlichen vorgebracht. Insgesamt dominiert zudem die Haltung, „bei Jungs sieht's ekliger aus wie jetzt bei Mädchen“. Die Jugendlichen zeigen damit eine aversive Ablehnung vor allem von Schwulen, die affektiv grundiert ist und sich als eine spontane, sinnlich-körperliche Reaktion präsentiert. Im Muster der Haltungsentstehung ist ein heteronormatives Orientierungswissen zentral, in dem Alltagserleben und heterosexuelle Normen miteinander verschmelzen. Auffällig oft gehen die Ablehnungen mit einer alltags- und lebensweltlichen Fremdheit bzw. Unsichtbarkeit von Homosexualität einher: „Wenn man jetzt vielleicht hundert Leute fragen [würde], dann gibt’s vielleicht grad mal, nicht mal einen“. Die Jugendlichen „kennen’s halt nicht vom Freundeskreis“, haben Homosexualität „noch nie erlebt“ und können sie sich deshalb „kaum vorstellen“. 360 uj 9 | 2020 Konzepte, Befunde, Strategien zu Ablehnungshaltungen Insbesondere männliche Homosexualität gilt vor diesem Hintergrund als „unnatürlich“ oder „abartig“. Sie wird als etwas kategorial Andersartiges konstruiert, das den Stempel des Minderwertigen und Verworfenen trägt. Heterosexualität hingegen gilt als erstrebenswerte Normalität und wird entsprechend eingefordert: „es sollte wieder sein: Mann mit Frau“. Derartige Setzungen präsentieren sich als selbstevident. Entweder bedürfen sie für die Jugendlichen keiner weiteren Begründung - „Ein richtiger Mann steht nicht auf Schwule“ - oder sie begründen sich durch die normative Kraft des Faktischen, wie eine Interviewsequenz verdeutlicht: „Das wäre bei uns in der Clique nicht toll, wenn jemand schwul wär.“ - „Was wär dann? “ - „Das wär so, dass alle irgendwann eine Abneigung gegen ihn hätten.“ - „Warum würdest du sagen, ist das so? “ - „Weil wir irgendwas gegen Schwule haben. Ich weiß nicht, warum wir was gegen Schwule haben, aber wir haben was dagegen“. Weitergehende Theoretisierungen von Homosexualität tauchen nur vereinzelt und eher fragmentarisch auf. Ein biologistischer Erklärungsansatz lautet: „das ist ja deren Gen. So werden die ja auf die Welt gebracht. Das liegt denen im Blut“. Oder es wird pathologisierend von einer Art „Sucht“ gesprochen. Ebenso finden sich Verzahnungen von Familie und Religion, so z. B. ausgehend von der biblischen Genesis: „Ich finde es nicht gut, weil Gott hat einen Mann und eine Frau erschaffen, und wenn die dann Kinder machen, dann kann auch was rauskommen, […] die Frau kann man auch heiraten, und das ist auch keine Blamage. Zum Beispiel die Eltern würden, wenn man schwul ist, auch ausrasten vielleicht und so.“ Bezüge werden benannt, während gleichzeitig Überforderung herrscht: „Mein Kopf dreht sich nur noch bei solchen Sachen [schmunzelt]“. Viele Jugendliche sind sich ihrer Haltungen unwillkürlich gewiss, teilen zugleich eine hintergründige Unsicherheit und haben Schwierigkeiten, ihre Ablehnung genauer zu erklären. Konstruktionen abweichender gender-Performance Ein weiteres Muster besteht darin, Homosexuellen eine von hegemonialen Bildern abweichende gender-performance zuzuschreiben. Schwule werden vor allem einer Feminisierung unterzogen. Sie gelten als „tuntig“, „zierlich“ und „mädchenhaft“ oder tragen „zu enge Sachen […], wo sich schön alles abzeichnet in Pink und was weiß ich für schwule Farben“. Ebenso haben sie demnach „fräuliche Eigenschaften“, sind „weich“ und „reden halt mehr“ oder sind weniger „Macho“ als andere Typen. Seitens männlicher Jugendlicher gelten solche Zuschreibungen durchgängig als negative Abweichungen vom eigenen Männlichkeitsideal. Bei weiblichen Jugendlichen werden ebenfalls Irritationen erkennbar, zugleich finden sich aber auch positive Ausdeutungen: Sie „[a]chten auf ihr Aussehen“ und es ist insgesamt entspannter mit ihnen als mit „so normale[n] Jungs“, denn „die sind halt eher so tough und möchten’s halt immer zeigen“. Die stereotype Bebilderung weiblicher Homosexualität ruft umgekehrt einen Mangel an Weiblichkeit auf und unterstellt unbotmäßige männliche Eigenschaften. Lesben werden so zu „Kampflesben“ und ein dominant-maskulinistisches Auftreten zum Problem: „Die kleiden sich so männlich und so kurze Haare dann halt auch […]. Und die sind auch immer voll aggressiv drauf“. Die Jugendlichen sehen hierin eine Verletzung der Konventionen angemessener Weiblichkeit. Weitergehend wird am Lesbischsein als geradezu „dumm“ bezeichnet, dass das Modell heteronormativer Familien- und Lebensplanung nicht mehr aufgeht, denn „man kann doch nicht ständig ’ne künstliche Befruchtung machen […]. Die haben halt keine Zukunft“. Insgesamt sind es aber nur wenige weibliche Jugendliche, die solche Aspekte hervorheben. Für sie ist es offenkundig weniger drängend, sich in ihren Weiblichkeitsentwürfen durch antihomosexuelle Abgrenzungskonstruktionen zu bestätigen. 361 uj 9 | 2020 Konzepte, Befunde, Strategien zu Ablehnungshaltungen Begehrensbezogene Ablehnungshaltungen Auch die Frage homosexuellen Begehrens begründet ein Ablehnungsmuster. In Bezug auf Schwule wird dabei vor allem die körperliche Dimension homoerotischer Liebe und Sexualität fokussiert und vornehmlich aus einer heterosexuell-männlichen Perspektive abgelehnt. Jugendliche betrachten „ihren schönen Geschlechtsverkehr“ als das größte „Tabu“. Auch die Beobachtung einer CSD-Parade mündet bei diesem Punkt: „Ja, also auf einmal sieht man ’n Bart und noch ’n Bart und zwei Lippen, die sich berühren und das ist eklig. […] Oder jetzt zum Beispiel, ich sag mal jetzt, beim Geschlechtsverkehr. Ich kann mir das nicht vorstellen, wenn da zwei Penisse hängen.“ Darüber hinaus wird die persönliche Besorgnis angeführt, selbst in den Zirkel schwulen Begehrens zu geraten. Dies gilt sowohl auf der Straße - „Stell dir vor jetzt, ich lauf einfach jetzt durch die Gegend, und ’n Schwuler guckt mich an, guckt mir auf meinen Hintern“ - wie auch bei Freundschaften, denn „da würd man irgendwie immer denken, dass der sich vielleicht an einen ranmachen will“ bzw. „vielleicht schwult er dich an“. Szenarien homosexuellen Begehrens bilden so einen neuralgischen Punkt für Grenzziehungen und aggressive Abwehr. Von einem heterosexuell-weiblichen Standpunkt aus wird auch lesbisches Begehren vielfach problematisiert. Neben der Sorge vor Anmachen besteht „die Angst“, dass eine Lesbe „sich irgendwie bei dir verguckt oder verliebt“. Anders als bei der männlichen Variante sind Aspekte von Körperlichkeit und Sexualität nicht vergleichbar bedeutsam. Stattdessen rücken der zwischenmenschliche Umgang und die Gefühlsebene in den Vordergrund. Bei einer lesbischen Freundin wäre in diesem Sinne „auf[zu]passen, ob die dann nicht für einen was empfindet“, um sie gegebenenfalls nicht „zu verletzen ganz arg“. Tendenziell fällt die Ablehnung damit deutlich weniger rigoros aus, und Abgrenzungen werden weniger scharf vollzogen. Immer wieder sind Freundschaften zumindest prinzipiell vorstellbar. Von männlichen Befragten wiederum wird kein Anstoß an lesbischem Begehren genommen. Zum einen herrscht die Einschätzung vor, dass zwischen Mädchen eine größere Nähe und Intimität normal sei, weshalb Lesben „nicht ganz so sonderbar, wie, wie zwei Schwule“ erscheinen. Zum anderen - und dominanter noch - wird eine Haltung heterosexistischer Objektivierung erkennbar. Als deren Credo kann die Aussage gelten: „Schwule hass ich, Lesben mag ich“, denn „wenn du in deinem Bett zwei Lesben hast, hast du, bringt einfach mehr, das bringt Spaß! “. Deutlich werden darin heterosexistische Verfügungsansprüche, getragen von kollektiven Tradierungen und Verständigungsprozessen ‚unter Männern‘: „meine Freunde oder Ältere sagen: ‚Wow, Lesben! ‘, das finden sie unglaublich und so“. Im Ergebnis wird lesbische Sexualität ihres Eigensinns beraubt und auf einen männlichen Lustgewinn reduziert (zu diesem misogynen Haltungskomplex insgesamt siehe auch Möller u. a. 2016 a, 544ff.) Praxisbezogene Schlussfolgerungen und Perspektiven Natio-ethno-kulturell aufgeladene Diskurse und Bilderwelten sowie die Dominanz heterosexueller Normen befördern wirkmächtig die Entstehung herkunfts- und migrationsbezogener sowie heterosexistischer Ablehnungshaltungen. Angesichts ihrer gesellschaftlichen (Über)Macht sieht sich nicht nur Jugendarbeit vor große Herausforderungen gestellt. Jugendarbeit hat aber eine spezifische Chance, insofern sie zumeist auf einer Ebene ‚unterhalb‘ solcher gesellschaftlichen ‚Großwetterlagen‘ operiert, nämlich dort, wo sie konkret werden: im Alltag Jugendlicher. Hier bieten sich vielversprechende Ansatzpunkte für fachliche Interventionen. Zugleich fehlt es häufig an geeigneten Strategien. So ist es 362 uj 9 | 2020 Konzepte, Befunde, Strategien zu Ablehnungshaltungen zwar wichtig und richtig, engagiert Stellung zu beziehen, sich gegen abfällige Äußerungen zu positionieren oder Diskriminierungen zu unterbinden. Aber nur selten wird dadurch tatsächlich etwas bei den entsprechenden Adressat*innen bewirkt. Genauso wenig verfängt das bessere Argument, wenn Ablehnungen komplex eingewoben in das eigene Welterleben sind und dabei auf Affekten und Emotionen basieren. Zugleich sind ablehnende Haltungen junger Menschen oftmals in hohem Maße kontextabhängig und fluide: was in der Clique am Nachmittag en vogue ist, ist unter Mitschüler*innen sekundär oder besitzt im Kreis der Familie keinerlei Orientierungswert; gegenüber denjenigen, die heute noch glühend ablehnt werden, hat es bereits morgen noch nie Vorbehalte gegeben. Zum einen bildet sich darin eine jugendspezifische Beweglichkeit von Haltungen ab, die als lebensphasentypisch gelten kann. Sie fluktuieren in Abhängigkeit von Sozialisationseinflüssen, Konflikten und Erfahrungen. Zum anderen wird damit nachvollziehbar, welche konkreten Faktoren einen Einfluss auf ihren Aufbau - und ihren Wandel - haben (können). Genau hier kann (sozial)pädagogische Praxis ansetzen: Es geht darum, Jugendlichen ausgehend von ihren biografischen Erfahrungen und gestützt auf ihre Ressourcen neue konstruktive Lebensgestaltungsmöglichkeiten so zu eröffnen, dass PAKO-ferne und demokratische Perspektiven als bereichernd erlebt werden können. Die Entwicklung solcher Strategien ist mithilfe des KISSeS-Konzepts möglich (vgl. z. B. Möller u. a. 2016 b), indem es die Zusammenhänge zwischen Erfahrungen, Erfahrungsverarbeitung und Ablehnungskonstruktionen rekonstruiert und darauf basierende Schlussfolgerungen für fachliche Interventionen ermöglicht. Die Abkürzung KISSeS kondensiert, worum es im Einzelnen geht: ➤ KISS: Welche Lebensgestaltungserfahrungen machen Jugendliche auf unterschiedlichen Ebenen und in unterschiedlichen Bereichen? Wo und wie erleben sie Kontrolle, Integration, Sinnlichkeit und Sinnstiftung - oder eben gerade nicht? ➤ e: Welche (ablehnenden) Deutungen (erfahrungsstrukturierende Repräsentationen) stehen ihnen zur Verfügung und werden herangezogen, um die eigenen Erfahrungen so zu verarbeiten, dass das Bestreben nach einer befriedigenden Lebensgestaltung unterstützt oder ihr Misslingen zumindest plausibilisiert wird (Stichwort: Sündenböcke)? ➤ S: Wie wird diese Erfahrungsverarbeitung durch das Niveau der Selbst- und Sozialkompetenzen moderiert? Inwiefern begünstigen fehlende Kompetenzen die Hinwendung zu Ablehnungskonstruktionen und wo kann Kompetenzentwicklung Distanzierungen befördern? Eine Fachpraxis, die diese Dimensionen von Erfahrung und Erfahrungsverarbeitung aufgreift und (mit)gestaltet, wird sich beim Umgang mit Ablehnungshaltungen nicht (länger) in Aktionismus, einem konfrontativen ‚Dagegen‘ oder dem Insistieren auf direkte, selbstkritische Auseinandersetzungen erschöpfen. Vielmehr nimmt sie die Jugendlichen mit und arbeitet dem Abbau von Ablehnungen zu, indem sie ihnen Gestaltungszugewinne ermöglicht und ihnen dadurch neue Horizonte eröffnet. Dafür gibt es keine Patentrezepte, denn die Entwicklung solcher Strategien muss immer ausgehend von den konkreten Gegebenheiten erfolgen und fällt entsprechend unterschiedlich aus. Systematisch betrieben, werden Fachkräfte dann aber selbstbewusst und begründet vertreten können, warum es z. B. kein Firlefanz, sondern pädagogisch angemessen und zielführend ist, die Garage des Jugendclubs in einer großen Aktion bunt anzumalen, oder dass Lachen auch angesichts ernster Themen manchmal die bessere Medizin sein kann. 363 uj 9 | 2020 Konzepte, Befunde, Strategien zu Ablehnungshaltungen Ansätze für jugendarbeiterisches Handeln auf der Grundlage der KISSeS-Strategie wurden in den letzten Jahren ausgehend von der hier in Auszügen dargestellten Forschung in mehreren Praxis-Wissenschafts-Kooperationen erprobt und weiterentwickelt. Daraus entstanden sind u. a. zwei Praxishandreichungen. Die erste befasst sich zentral mit dem jugendarbeiterischen Einsatz von KISSeS als Strategie (als Download verfügbar unter: https: / / www.hs-esslingen.de/ sozialearbeitgesundheit-und-pflege/ for schung/ projekte/ laufende-projekte/ rueck grat/ ); die zweite ist aktuell in Erscheinung befindlich, greift diese Linie auf und weitet zugleich die Perspektive, indem sie auch die professionellen Grundlagen einer demokratiegestaltenden Fachpraxis insgesamt sowie die Qualifizierung zu ihr mit in den Blick nimmt (siehe: https: / / www.hs-esslingen.de/ soziale-arbeitgesundheit-und-pflege/ forschung/ projekte/ laufende-projekte/ land-in-sicht/ ). Kurt Möller Kai Nolde Hochschule Esslingen Flandernstr. 101 73732 Esslingen E-Mail: kurt.moeller@hs-esslingen.de kai.nolde@hs-esslingen.de Literatur Allport, G. W. (1954): The Nature of Prejudice. Addison- Wesley, Cambridge, MA Heitmeyer, W. (Hrsg.) (2002 - 2012): Deutsche Zustände. Folge 1 - 10. Suhrkamp, Frankfurt a. M. Hogg, M. A., Abrams, D. 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