eJournals unsere jugend 73/1

unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
11
2021
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Stellungnahme einer ehemaligen Bewohnerin und heutigen Erzieherin einer Einrichtung der stationären Kinder- und Jugendhilfe zur Bedeutung von Partizipation in der Heimerziehung

11
2021
Linda Witscher
Frau Witscher berichtet von ihren Beteiligungserfahrungen in der Heimerziehung aus AdressatInnen- und Fachkraftsicht. Sie hat viele Jahre in einer Wohngruppe gelebt und arbeitet nun selbst als Erzieherin in der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Die Beteiligung von jungen Menschen spielt für sie eine ganz entscheidende Rolle.
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22 unsere jugend, 73. Jg., S. 22 (2021) DOI 10.2378/ uj2021.art05d © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Stellungnahme einer ehemaligen Bewohnerin und heutigen Erzieherin einer Einrichtung der stationären Kinder- und Jugendhilfe zur Bedeutung von Partizipation in der Heimerziehung Frau Witscher berichtet von ihren Beteiligungserfahrungen in der Heimerziehung aus AdressatInnen- und Fachkraftsicht. Sie hat viele Jahre in einer Wohngruppe gelebt und arbeitet nun selbst als Erzieherin in der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Die Beteiligung von jungen Menschen spielt für sie eine ganz entscheidende Rolle. von L. Witscher Jg. 1994; Erzieherin in der Kinder- und Jugendhilfe Ich habe sechs Jahre in der stationären Kinder- und Jugendhilfe gelebt. Mit 13 Jahren kam ich in die erste Wohngruppe. Dort habe ich mich an vielen Dingen beteiligt gefühlt: Ich wurde damals sehr miteinbezogen im Hinblick auf Ausflüge, Spieleabende, Entscheidungen der Hausdienste und der Freizeitgestaltung. Für mich war es völlig normal, dass ich mitreden und mitentscheiden durfte. Mit 16 Jahren wechselte ich aufgrund meines Alters die Wohngruppe. In der neuen Wohngruppe war vieles anders: Bei Entscheidungen wurde ich meistens nicht gefragt und Dinge wurden über meinen Kopf hinweg beschlossen - egal, ob es die Freizeitgestaltung oder Entscheidungen in vielen anderen Situationen betraf. Damals habe ich das nicht hinterfragt. Heute, zehn Jahre später, bin ich selbst Erzieherin in einer Wohngruppe. Partizipation der jungen Menschen hat für mich eine andere Bedeutung bekommen, denn ich sehe die Beteiligung der Kinder und Jugendlichen als sehr wichtig an. Deshalb versuche ich die jungen Menschen, die in der Wohngruppe leben, wann immer es möglich ist, Dinge mitentscheiden zu lassen und sie an allem zu beteiligen. Partizipation bedeutet, die Kinder und Jugendlichen miteinzubeziehen und nicht auszugrenzen. Wir sind dazu verpflichtet, Kinder und Jugendliche altersangemessen bei Entscheidungen zu beteiligen, damit ihnen demokratische Strukturen vermittelt werden und ihre Persönlichkeit sowie das Selbstvertrauen gestärkt werden. Die Ich-Kompetenzen, sozialen Kompetenzen und die Dialogfähigkeit werden dadurch gefördert. Dies ist in meinen Augen sehr wichtig. „ “