unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/uj2021.art76d
111
2021
7311+12
Rezension
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2021
Leon Möllmann
Ulf Gebken
Rezension: Rolf Schwarz, iSO - Innovative Sozialarbeit gGmbH, Dirk Nowitzki-Stiftung (Hrsg.) (2020): BasKIDball - sportbezogene Sozialarbeit mit Kindern und Jugendlichen
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uj 11+12 | 2021 505 Rezensionen auch für die Gefahr der Überfrachtung durch immer neue Aufgabenübertragungen an Sportvereine (in 2.2.3 angesprochen, also etwa zur Gewaltprävention oder Resozialisierung). Vernünftigerweise nutzen Sport und Soziale Arbeit die Möglichkeiten des anderen, aber Sport bleibt Sport und Soziale Arbeit bleibt Soziale Arbeit: Es bleibt also die Differenz und die Wahlfreiheit der „KundInnen“. Diese grundsätzlichen Auseinandersetzungen hätten für mich ein eigenes Kapitel verdient. ➤ Das Literaturverzeichnis ist ausführlich, aber beim schnellen Lesen nicht immer aktuell, und enthält dann doch recht viel Böhnisch (13 ×), Kraus (6 ×) und Thiersch (7 ×), die mir bislang nicht als Spezialisten für das Verhältnis von Sport und Sozialer Arbeit aufgefallen sind. Prof. Dieter Kreft, Nürnberg E-Mail: kremie.nuernberg@t-online.de DOI 10.2378/ uj2021.art75d Die sportbezogene Sozialarbeit spielt im sportwissenschaftlichen bzw. sportpädagogischen Diskurs bisher eine untergeordnete Rolle. Zu Unrecht! Umso erfreulicherweise ist es, dass Rolf Schwarz, die innovative Sozialarbeit gGmbH sowie die Dirk Nowitzki-Stiftung sich an einen Leitfaden eines innovativen Basketballprojektes gewagt haben: BasKIDball in der offenen Sporthalle. Die 106-seitige Handreichung ist folgendermaßen aufgebaut: Im ersten Teil stellen die Herausgeber allgemeine Informationen über das im Jahr 2007 in Bamberg gestartete und an inzwischen 20 Standorten umgesetzte Projekt „BasKIDball“ zusammen. Das Projekt tragende Netzwerk und dessen Förderer sind imposant. Es reicht von dem Erstliga Basketballverein Brose Bamberg über Dirk Nowitzki, seinen Mentoren und persönlichem Coach Holger Geschwindner bis zur ING Bank. Das vorgestellte Konzept umfasst: ➤ Werte und Ziele von BasKIDball ➤ Umsetzungsmethoden zu den gesetzten Zielen ➤ Strukturelle Rahmenbedingungen ➤ Praktische Vorgaben und Informationen zur Durchführung von BasKIDball ➤ Material und Formulare. Was bedeutet BasKIDball? Nach der grundlegenden Idee des Projektes bietet dieses Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, in „offenen Sporthallen“ niedrigschwellig und zu regelmäßigen Zeiten Basketball zu spielen. Über das regelmäßige Angebot hinaus organisiert BasKIDball mit seiner integrativen Grundhaltung überregionale Camps und Standorttreffen, Qualifizierungsangebote für BetreuerInnen sowie themenbezogene Events. In Kapitel 3 greift diese von Anfang bis zum Schluss programmatisch ausgerichtete Schrift die Werte und Ziele von BasKIDball auf: BasKIDball orientiert sich an 13 Werten, für die die Herausgeber abgeleitete Ziele und Beispiele für die Umsetzung formulieren. Dabei agieren Werte wie Humanität, Parteilichkeit und Bildung als verbindendes Gerüst. Sie werden u. a. durch Werte wie Respekt, Integrität und Offenheit ergänzt. Rolf Schwarz, iSO - Innovative Sozialarbeit gGmbH, Dirk Nowitzki-Stiftung (Hrsg.) (2020): BasKIDball - sportbezogene Sozialarbeit mit Kindern und Jugendlichen Beltz, Weinheim. ISBN 978-3-7799-6393-6, € 14,95 506 uj 11+12 | 2021 Rezensionen In Kapitel 4 erläutern die Herausgeber am Beispiel des Standortes im Frankfurter Stadtteil Gallus die Netzwerk- und Kooperationsstrukturen sowie die Aufgaben der Partner vor Ort. Als „Motor“ des Projektes fungiert die Koordinierungsstelle. Das Aufgabenspektrum umfasst die allgemeine Organisation, die pädagogische Beratung, die Standortberatung, die Finanzierung und das Kostencontrolling, das Marketing und die Öffentlichkeitsarbeit sowie die Evaluation des Projektes. Insbesondere das Leistungstableau im Arbeitsbereich „Marketing und Öffentlichkeitsarbeit“ verdeutlicht, wie detailliert dieses Projekt geplant, umgesetzt und ausgewertet wird. BasKIDball steht aber vor allem für eine Vision: An möglichst vielen Standorten in Deutschland soll die Sporthalle mindestens zweimal die Woche, an einem festen Ort, zu einer festen Uhrzeit für mindestens 90 Minuten geöffnet werden. Für diese Vision werden Standortstandards dokumentiert (53), die eine Grundlage für das Qualitätsmanagement sowie die standortbezogene Jahresevaluation bilden. Neben der Zusammensetzung, der Anzahl an TeilnehmerInnen und der Zahl der insgesamt erreichten Kinder und Jugendlichen werden aber auch qualitative Aspekte, die von interessanten Entwicklungen bis hin zu Ereignissen reichen, dokumentiert. Das Kapitel 5 stellt die MitarbeiterInnen von BasKIDball vor. Das multiprofessionell zusammengesetzte Team setzt sich aus einer Standortleitung, pädagogischen Fachkräften, dem sportlichen Betreuungspersonal und weiteren Teammitgliedern zusammen. Hierbei soll sich der Wunsch nach Heterogenität des Projektes auch in der Mitarbeiterschaft widerspiegeln. Das anschließende, sehr kurz gehaltene Kapitel 6 stellt die „Golden Rules“ von BasKIDball vor. Sie umfassen die kostenlose und freiwillige Teilnahme, das gemeinsame Erleben von Ereignissen, den respektvollen Umgang untereinander sowie die partizipative Mitgestaltung der Jugendlichen im Projekt. Sie sind für das Zusammenspiel in der Sporthalle grundlegend und wesentlich für eine erfolgreiche Durchführung. Das Herzstück dieses Buches stellt das Kapitel 7 dar: Die Umsetzung von BasKIDball - Angebote und Veranstaltungen. Die Ausführung startet mit einer Darstellung von Merkmalen, die dem Konzept der „offenen Sporthalle“ zugrunde liegen. Diese Merkmale beziehen sich auf verschiedene Bereiche, wie beispielsweise die allgemeinen Hallen- und Spielregeln, grundlegende pädagogische und didaktische Handlungsleitlinien und die Darstellung des Aufbaus eines beispielhaften BasKIDball-Nachmittages. Darüber hinaus gibt das Kapitel einen Überblick über essenzielle Aspekte und die Struktur der BasKIDball-Camps, der Standorttreffen, der Bildungsreisen und der Möglichkeit, als BasKIDball-Assistant bei dem Projekt mitzuwirken. Selbst das regelmäßige MitarbeiterInnentreffen greift die Handreichung auf und beschreibt dessen wichtige Funktion. Das Buch schließt mit einer exemplarischen Darstellung einer Neugründung eines Standortes (Kapitel 8) und den nicht zu unterschätzenden rechtlichen, datenschutz- und versicherungsrelevanten Aspekten. Mit diesem gemeinschaftlich erstellten Konzept haben die drei Herausgeber Pflöcke in die konzeptionelle Entwicklung von sportbezogener Sozialarbeit mit Kindern und Jugendlichen geschlagen. Es ist zu erkennen, dass das Werk aus der Erfahrung von 14 Jahren BasKIDball schöpft. Durch gewonnenes Erfahrungswissen gelingt es den Herausgebern, die zahlreichen Hilfestellungen für die Umsetzung lesefreundlich in die Handreichung einzubinden. „Man bekommt Lust“, einen Standort selbst zu gründen. Die Konzeption ist durch Erfahrungen und Erkenntnisse in der Praxis entstanden und ist nicht aus der Theorie heruntergebrochen. Aus der Praxis entsteht die Theorie. uj 11+12 | 2021 507 Rezensionen Natürlich haben wir beim Lesen auch Ideen für eine Erweiterung dieser Konzeption gesammelt: Wir hätten uns mehr noch den Blick auf die Zielgruppe der Mädchen, die Diskussion der Konflikte mit herausfordernden und überraschungsintensiven Kindern und Jugendlichen, heterogenen Aspekten und auch den Problemen und Grenzen des Projektes gewünscht. Umso gespannter sind wir, ob die Herausgeber diese Aspekte bei einer Neuauflage bzw. einer Erweiterung des Buches aufgreifen werden. Diese könnte auch den Blick auf die immer wiederkehrende Frage der Sportpolitik richten: Wie vielen Kindern und Jugendlichen gelingt es, durch das Projekt in einem Sportverein Mitglied zu werden? Auch sind wir neugierig, mehr zu erfahren, wer denn, wie oft und wann an der offenen Sporthalle teilnimmt. Diese Kritteleien seien erlaubt. Den Herausgebern ist es gelungen, ein großartiges Projekt mit seinem enormen Potenzial und vielschichtigen Aspekten fundiert zu beschreiben. Die Lektüre sollte für all diejenigen, die sich in der sportbezogenen Sozialarbeit engagieren, zu einer Pflichtlektüre werden. Leon Möllmann und Ulf Gebken E-Mail: leon.moellmann@idsub.de ulf.gebken@uni-due.de DOI 10.2378/ uj2021.art76d Aktuelles Die hybride Reihe „Jugendhilfe Aktuell“ legt in dieser Fachveranstaltung den Fokus darauf, dass erfolgreicher Kinderschutz nur gelingen kann, wenn die Rechte von Kindern und Eltern angemessen berücksichtigt werden und ihnen ein möglichst hohes Maß an Mitwirkung ermöglicht wird. Renommierte ExpertInnen geben einen Einblick, welche Voraussetzungen und Gelingensbedingungen den Weg zu einem beteiligungsorientierten Kinderschutz ebnen können, der sowohl Rechtssicherheit gewährleistet als auch wirksame Hilfen und Interventionen fördert. ReferentInnen: Prof. Dr. Ludwig Salgo, Prof. Dr. Jan Kepert Prof. Dr. Christof Radewagen Dienstag, 18. 1. 2022 9.30 Uhr bis 16.30 Uhr Die Veranstaltung findet digital statt. Kosten: Digitale Teilnahme per Stream: € 115,- Nähere Informationen und Anmeldung unter: www.ikj-akademie.de Beteiligungsorientierter Kinderschutz: auf Augenhöhe mit Kindern und Eltern effektiv helfen und indiziert intervenieren
