eJournals unsere jugend 74/11+12

unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
111
2022
7411+12

Editorial

111
2022
Monika Feist-Ortmanns
Michael Macsenaere
Liebe Leserinnen und Leser, Armut sollte in Deutschland, immerhin der viertgrößten Volkswirtschaft weltweit, eigentlich kein Thema sein. Ist es aber! Insgesamt erfüllen in Deutschland 13,8 Millionen Menschen die Armutskriterien, was eine Armutsquote von 16,6 % bedeutet. Bei Kindern und Jugendlichen [...]
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453 Editorial unsere jugend, 74. Jg., S. 453 (2022) DOI 10.2378/ uj2022.art65d © Ernst Reinhardt Verlag Liebe Leserinnen und Leser, Armut sollte in Deutschland, immerhin der viertgrößten Volkswirtschaft weltweit, eigentlich kein Thema sein. Ist es aber! Insgesamt erfüllen in Deutschland 13,8 Millionen Menschen die Armutskriterien, was eine Armutsquote von 16,6 % bedeutet. Bei Kindern und Jugendlichen liegt die Armutsquote sogar bei 20,8 % - und dies mit gravierenden Auswirkungen für die davon betroffenen Menschen. Das vorliegende Heft widmet seinen thematischen Schwerpunkt daher den jungen Menschen, die trotz des in Deutschland vorherrschenden Wohlstands in Armut leben. Christoph Butterwege führt in das Thema ein, indem er die statistischen Befunde, aber auch die Schwierigkeit der Definition von Armut und ihrer empirischen Messung benennt. Am Ende seines Beitrags zeigt er fünf Kernelemente zur Bekämpfung von Kinder- und Jugendarmut auf: 1) gesetzlicher Mindestlohn ohne Ausnahmen und in existenzsichernder Höhe, 2) Ganztagsbetreuung für alle Klein- und Schulkinder, 3) Gemeinschaftsschule, 4) soziale Grundsicherung, die bedarfsgerecht, armutsfest und repressionsfrei ist, und 5) Großoffensive gegen Kinder- und Jugendarmut. Gerhard Trabert arbeitet in seinem grundlegenden Artikel heraus, auf welch vielfältige Weisen Armut Kinder und Jugendliche krank macht. Eine der Konsequenzen sei, dass die Gesundheitsversorgung reformiert werden müsse: Von einer Pathogenese hin zu einer Salutogenese und Resilienzförderung sowie einer stärkeren Berücksichtigung des Capability-Ansatzes. Auf gesellschaftlicher Ebene sollte der Fokus nicht alleine auf Wachstum liegen, sondern verstärkt auf Gleichheit. Menschen mit Migrationshintergrund sind überproportional von Armut betroffen. Daher ist die empirische Untersuchung von Jakob Schwille hoch relevant, mit der die Effektivität und die Wirkfaktoren von Jugendhilfe in der Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen herausgearbeitet wurden. Komplettiert wird die aktuelle Ausgabe durch Beiträge von Maik Stöckinger zu den Fürsorgevorstellungen junger Erwachsener und von Ferdinand Klein zum handlungsbezogenen Handeln sowie durch eine Rezension von Lukas-Georg Schima zum „Praxishandbuch Fallverstehen und Settingkonstruktion“. Mit besten Wünschen für eine anregende Lektüre Monika Feist-Ortmanns und Prof. Dr. Michael Macsenaere Monika Feist-Ortmanns, Michael Macsenaere