unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/uj2022.art43d
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2022
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Jugendbeteiligung, Demokratiepädagogik und Nachhaltigkeit
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2022
David Löw-Beer
Verena Holz
Die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen wurden in den letzten Jahren ausgeweitet, sowohl bezogen auf ihr unmittelbares Lebensumfeld (Wolff 2021) als auch im politischen Raum. Zugleich gibt es ein Umsetzungsdefizit, das u.a. besteht, weil oft nicht geklärt ist, was Beteiligungsprozesse leisten sollen, und weil die Voraussetzungen fehlen, damit sie gelingen können.
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298 unsere jugend, 74. Jg., S. 298 - 309 (2022) DOI 10.2378/ uj2022.art43d © Ernst Reinhardt Verlag Jugendbeteiligung, Demokratiepädagogik und Nachhaltigkeit Konzeptuelle Überlegungen sowie Herausforderungen und Lösungsansätze aus dem Strukturwandel in der Lausitz Die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen wurden in den letzten Jahren ausgeweitet, sowohl bezogen auf ihr unmittelbares Lebensumfeld (Wolff 2021) als auch im politischen Raum. Zugleich gibt es ein Umsetzungsdefizit, das u. a. besteht, weil oft nicht geklärt ist, was Beteiligungsprozesse leisten sollen, und weil die Voraussetzungen fehlen, damit sie gelingen können. Kinder und Jugendliche politische Prozesse mitgestalten zu lassen, erscheint aus Perspektiven der Pädagogik und Kinderrechte selbstverständlich. Für die Entwicklung im Sinne eines modernen Nachhaltigkeitsverständnisses ist Beteiligung essenziell. Trotzdem ist der Transfer in die politische Praxis meist schwierig. In dem Aufsatz werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Verständnis von Beteiligung in der (Sozial- und Demokratie-)Pädagogik einerseits und den Nachhaltigkeits- und Planungswissenschaften andererseits herausgestellt. Im empirischen Teil werden, basierend auf 14 ExpertInneninterviews sowie einer quantitativen Befragung von SchülerInnen, Voraussetzungen, Strukturen und konkrete Projekte der Kinder- und Jugendbeteiligung im Rahmen des Strukturwandels in der Lausitz untersucht. Wir benennen vier Herausforderungen, wie etwa Unklarheiten über Zwecke und Funktion von Jugendbeteiligung oder den Mangel an Gremien, die die „LausitzerInnen“ insgesamt vertreten und durch Beteiligungsprozesse adressiert werden könnten. Schließlich beschreiben wir, wie durch eine Verschränkung von Argumenten aus der Beteiligungs- und Nachhaltigkeitsliteratur sowie unter Berücksichtigung von Kriterien guter Beteiligung erfolgreiche Beteiligungsprozesse für Kinder und Jugendliche in sozial-ökologischen Transformationsprozessen gestaltet werden können. Dr. Verena Holz Kultur- und Bildungswissenschaftlerin, Ko-Vorsitzende der Kommission BNE der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaften, Lehrkraft an einem Gymnasium und ehemalige Fellow am IASS Potsdam von Dr. David Löw-Beer Wissenschaftlicher Projektleiter des Projekts „Sozialer Strukturwandel und wissenschaftliche Politikberatung in der Lausitz“ am IASS Potsdam © IASS / Lotte Ostermann 299 uj 7+8 | 2022 Jugendbeteiligung, Demokratiepädagogik und Nachhaltigkeit Regionale Nachhaltigkeitstransformation bedarf der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen Partizipation dient nicht nur dem Ausbau von Fähigkeiten im beruflichen und sozialen Leben, sondern auch der„Verbesserung der Politik und der Gesellschaft“, so die Demokratieforscherin Sonja Moser (2010, 89). Im vorliegenden Text wird argumentiert, dass es sinnvoll ist, Perspektiven aus den Nachhaltigkeits- und Planungswissenschaften sowie aus der Sozial- und Demokratiepädagogik zu kennen, um effektive Beteiligungsprozesse zu planen und um Verwaltungen und politische EntscheidungsträgerInnen von diesen zu überzeugen. Diese werden im konzeptuellen ersten Teil kurz vorgestellt. Im folgenden empirischen Teil werden Voraussetzungen, Strukturen und konkrete Projekte der Kinder- und Jugendbeteiligung im Rahmen des Strukturwandels in der Lausitz unter Berücksichtigung der genannten Konzepte untersucht. Die durchgeführte Analyse ist im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts „Sozialer Strukturwandel und responsive Politikberatung in der Lausitz“ entstanden. In der Lausitz steht die sozial-ökologische Transformation vor ähnlichen Herausforderungen wie in anderen Regionen, jedoch in einer besonders zugespitzten Weise. Die wirtschaftliche Bedeutung der Braunkohle ist größer als in den anderen Revieren Deutschlands (BMWI 2019). Kohle hat einen hohen Stellenwert für die regionale Identität und es gibt eine weitverbreitete Sorge, dass sich mit dem Kohleausstieg die negativen Transformationserfahrungen der Nachwendezeit wiederholen könnten (Gürtler et al. 2020) und es zu weiterer Abwanderung junger Menschen kommt. Die wirtschaftliche Situation der Lausitz insgesamt entspricht in etwa dem ostdeutschen Durchschnitt, es gibt aber erhebliche Unterschiede innerhalb der Region. Insbesondere die Situation um die Tagebaue und Kraftwerke ist vergleichsweise schwierig. Auf lokaler Ebene gibt es verschiedene Konflikte: etwa um die (mögliche) Abbaggerung von Dörfern (Morton/ Müller 2016), zwischen KlimawandelskeptikerInnen und Gruppen wie „Ende Gelände“ (Bosse 2017) oder zunehmend auch um Wasser (Grünewald 2021), das, u. a. aufgrund der Flutung von Tagebauseen, knapp werden dürfte. Bei den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen 2019 erhielt die Alternative für Deutschland (AfD) in der Lausitz mit 30 - 40 % den höchsten Stimmenanteil (Lorenz/ Träger 2020). Nach dem Willen der Bundesregierung und der Landesregierungen soll die Lausitz zu einer„Modellregion für den Strukturwandel“ (BMWI 2019) werden. Wenn es hier gelingt, vorbildhafte Beteiligungsprojekte aufzubauen, hätte dies vermutlich Vorbildcharakter für die vielen Nachhaltigkeitstransformationen, die in naher Zukunft anstehen, etwa im Mobilitätsbereich. Während laut der Shell-Jugendstudien die Zufriedenheit Jugendlicher mit der Demokratie insgesamt in den letzten Jahren deutlich gewachsen ist, ist zugleich die Zustimmung zu populistischen Positionen wie „PolitikerInnen kümmern sich nicht darum, was Leute wie ich denken“ insbesondere unter jungen Menschen in Ostdeutschland verbreitet (Albert et al. 2019). Inhaltlich sind der Umwelt- und Klimaschutz, die soziale Gerechtigkeit und der Zustand des Bildungswesens die wichtigsten Probleme für junge Menschen (Bundesministerium für Umwelt und Umweltbundesamt 2020). Im konkreten Kontext kam dies auch bei einer Vollerhebung von SchülerInnen in einer Lausitzer Kommune heraus (Löw Beer 2021). Trotz der Fridays-for-Future-Bewegung haben Jugendliche, insbesondere im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes, Gefühle von Macht- und Einflusslosigkeit und das Gefühl,„nichts ausrichten zu können“ (Calmbach et al. 2020). Gut gemachte Beteiligungsprozesse können einen erheblichen Beitrag zur Stärkung von Jugendlichen und Gemeinwesen leisten. Jugendliche selbst vertrauen „dialogischen und diskursiven Partizipationsinstrumenten“ deutlich stärker 300 uj 7+8 | 2022 Jugendbeteiligung, Demokratiepädagogik und Nachhaltigkeit als direktdemokratischen Verfahren und Ratsentscheidungen (Kersting 2016, 260), und auch die Jugendlichen in der Lausitz haben ein hohes Interesse, sich zu beteiligen (Löw Beer 2021). Wie im Folgenden ausgeführt wird, bietet die Beteiligung junger Menschen an einem regionalen Entwicklungsprozess wie dem Strukturwandel entsprechend Potenziale sowohl zur Förderung von Demokratie, von Selbstwirksamkeit als auch von Nachhaltigkeit. Im nächsten Abschnitt werden Bezüge und Fragestellungen zwischen Nachhaltigkeit und (Jugend-)Beteiligung hergestellt und das auf Interviews und Dokumentanalysen beruhende Forschungsdesign vorgestellt. Anschließend werden rechtliche und strukturelle Voraussetzungen für Jugendbeteiligung in Brandenburg und Sachsen umrissen und bestehende Jugendbeteiligungsprojekte zum Lausitzer Strukturwandel diskutiert. Im vierten Textteil werden vier Herausforderungen für die Jugendbeteiligung in der Lausitz herausgearbeitet. Schließlich werden Vorschläge unterbreitet, wie eine lokale und regionale Jugendbeteiligung im Strukturwandel aussehen könnte. Nachhaltigkeit, Planungswissenschaften und (Jugend-)Beteiligung Der moderne Nachhaltigkeitsbegriff wurde im Brundtland-Bericht der Vereinten Nationen geprägt. Nach diesem ist eine Entwicklung nachhaltig, „die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“ (Hauff 1987, 46). In den vergangenen 35 Jahren wurde diese Definition verschiedentlich ausgestaltet und weiterentwickelt. In den letzten Jahren haben dabei die 17 Nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals - SDGs) der Vereinten Nationen, zusammengefasst in der Agenda 2030, eine herausragende Bedeutung gewonnen. Sie umfassen ökonomische, ökologische, soziale, politische und kulturelle Ziele für die globale Entwicklung und wurden auf lokaler und regionaler Ebene unterschiedlich konkretisiert, z. B. in Form von Nachhaltigkeitsstrategien. Partizipation ist seit vielen Jahren Teil der Debatten um eine nachhaltige Entwicklung (u. a. Renn et al. 1995; Parkins/ Mitchell 2005). Dies liegt an verschiedenen Charakteristiken von Nachhaltigkeit. Problemstellungen einer nachhaltigen Entwicklung weisen oft Zielkonflikte auf, z. B. zwischen den Bedürfnissen heutiger und zukünftiger Generationen, wie dies in der Brundtland-Definition anklingt. Diese Konflikte sind auch über die Vielzahl der SDGs nicht eindeutig aufzulösen. Ihnen liegen typischerweise eine kognitive Unsicherheit und normative Ambivalenz zugrunde (Heinrichs 2005). Bei bestimmten Fragen ist somit Beteiligung zwingend geboten, um zu konkretisieren, wie eine nachhaltige Entwicklung z. B. auf lokaler Ebene aussehen kann. Diese Aussage soll nicht missverstanden werden: Beteiligung im Sinne von Nachhaltigkeit ermöglicht es nicht, jede Politikmaßnahme zu rechtfertigen. Vielmehr gibt das Leitbild „Nachhaltigkeit“ einen klaren Rahmen, der ausgestaltet werden muss. Weiterhin bietet Beteiligung die Möglichkeit, „gemeinsam getragene Lösungen“ zu entwickeln (Renn et al. 2013, 280) sowie das spezielle Wissen und Gestaltungspotenzial junger Menschen aufzugreifen (Etzkorn 2019). Beteiligungsprozesse im Nachhaltigkeitsbereich können motivierend wirken und die Selbstwirksamkeit von Handelnden verbessern. Die Beteiligten können sich damit sowohl selbst nachhaltigkeitskonformer verhalten als auch verstärkt engagieren. Diese Mehrfacheffekte stellen auch die Planungswissenschaften heraus, deren Ergebnisse zeigen, dass die Anliegen junger Menschen und der größeren Gemeinschaft durch Beteiligung besser erkannt werden. Die Wahrnehmung der Erwachsenen in Bezug auf jugendliche Positionen werde insgesamt verbessert, es würden aber auch gleichzeitig bessere Maßnahmen umgesetzt (Frank 2006). 301 uj 7+8 | 2022 Jugendbeteiligung, Demokratiepädagogik und Nachhaltigkeit Weiterhin ergeben sich durch Beteiligungsprozesse Lerngelegenheiten für eine Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE) (Overwien 2015). Daneben steht das Argument der Generationengerechtigkeit: Jugendbeteiligung wird als eine ethisch-normativ angemessene Umsetzung von Generationengerechtigkeit gegenüber jungen Menschen angesehen, die mit den Folgen heute getroffener Entscheidungen umgehen müssen (Knappe/ Schmidt 2021). Damit Beteiligungsprozesse im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung Erfolg haben können, müssen Voraussetzungen auf inhaltlicher und struktureller Ebene erfüllt sein. Einerseits sollten Ziele einer nachhaltigen Entwicklung und im Rahmen der damit verbundenen Aushandlungsprozesse im Fall von Zielkonflikten bestmöglich verfolgt oder erreicht werden (Mann et al. 2017). Andererseits intendiert nachhaltige Entwicklung immer auch eine Transformation der sozialen und politischen Strukturen sowie Prozesse (Schophaus 2019; WBGU 2011). Um Politik oder Verwaltung zu überzeugen, kann die Beteiligungspraxis also argumentieren, dass Nachhaltigkeit nur mit Beteiligung möglich wird, Widerstände integriert werden und neue, an den Interessen einer Zukunftsfähigkeit und den Möglichkeiten junger Menschen orientierte Lösungen gestaltet werden. Argumente aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung finden jedoch ihre Grenzen, wenn Beteiligungsprozesse Vorschläge hervorbringen, die Politik oder Verwaltung nicht unmittelbar überzeugen. (Demokratie-)Bildung, Soziale Arbeit und Partizipation Anders als die Nachhaltigkeitswissenschaften blicken die Soziale Arbeit/ Sozialpädagogik, die politische Bildung und die Bildungswissenschaften als Forschungsbereiche auf eine länger zurückreichende und tiefgreifendere Tradition der Partizipationsforschung zurück (Dewey 1916). Darüber hinaus liegt der Beteiligungsforschung der o. g. Disziplinen eine andere normative Orientierung zugrunde. So wird Beteiligung hier häufig primär von den zu beteiligenden Individuen selbst und ihren Rechten, wie sie in der UN-Kinderrechtskonvention (s. u.) verankert sind, her gedacht. Insbesondere individuell und sozial benachteiligte und weniger privilegierte Bevölkerungsgruppen sollen einbezogen und befähigt werden („Empowerment“). Verknüpfte und für den bisherigen Erfolg von Beteiligung zentrale Konzepte sind dabei: Selbstwirksamkeit (Bandura 1977), Bildung, Persönlichkeitsentwicklung, Demokratie, Gemeinwohl. Für die Praxis lässt sich auf dieser Basis argumentieren, dass Beteiligungsprozesse stattfinden müssen, auch wenn Verwaltungsprozesse bislang noch nicht immer auf eine breite Partizipation der BürgerInnen ausgerichtet sind, und dass immer wieder neue Anstrengungen unternommen werden müssen, damit junge Menschen sich tatsächlich beteiligen und auch einbezogen werden. Werden jedoch lediglich diese Argumente genutzt, kann es passieren, dass Beteiligung als „Pflichtaufgabe“ missverstanden wird und die großen Potenziale für die Gestaltung lebenswerter Kommunen und Regionen nicht erkannt werden. Erfolgskriterien für Jugendbeteiligung Durch die Vielzahl an Projekten im Bildungs- und sozialpädagogischen Bereich sowie deren Evaluation liegt ein umfassendes Set an Kriterien für eine gelungene Partizipation vor. Soll Beteiligung in diesem Verständnis erfolgreich umgesetzt werden, ist eine Klärung von Zweck und Funktion eines Beteiligungspro- 302 uj 7+8 | 2022 Jugendbeteiligung, Demokratiepädagogik und Nachhaltigkeit zesses erforderlich. Es macht einen großen Unterschied, ob es darum geht, jugendliches Wissen sichtbar zu machen, oder ob junge Menschen an Entscheidungen beteiligt werden. Je nach Problemstellung und Ziel des Beteiligungsprozesses können unterschiedliche Beteiligungsintensitäten angemessen sein. Abzulehnen sind Formen der Scheinbeteiligung und Manipulation. Eine darüber hinausgehende Hierarchisierung der Qualität von Beteiligungsprozessen, wie sie Stufenmodelle (Hart 1992) suggerieren, ist problematisch, weil es vor allem vom Gegenstand und von politischen Entscheidungen abhängt, welche Beteiligungsintensität angebracht ist. Die Fähigkeiten, Wissensvorräte, Strategien und Erfahrungen der Jugendlichen müssen ausreichend entwickelt sein, um tatsächlich etwas verändern zu können (Jans/ de Backer 2002 b; Löw Beer/ Holz 2021). Hierzu zählen u. a. passgenaue und diverse Informationen zum Beteiligungsthema, ein Verständnis soziopolitischer Systeme (Frank 2006) und kommunikative Softskills. Eine Förderung sollte grundsätzlich bedarfsorientiert und die Begleitung eines Projekts dabei verbindlich und altersgerecht erfolgen (BW Stiftung 2015, 28). Sozial benachteiligte Jugendliche müssen unbedingt miteinbezogen werden (ebd., 29; Bundesjugendkuratorium 2009, 24), um Repräsentativität und demokratische Legitimation zu gewährleisten und um „das Defizit an lebensweltlicher Diversität zu beheben“ (Krumbein et al. 2016, 405). Auch in den Beteiligungsprozessen selbst sind Machtasymmetrien zu reflektieren und bestmöglich aufzuheben. Diese Asymmetrien sind intersektional und ergeben sich etwa aus den Verhältnissen von jugendlichen AkteurInnen und Erwachsenen und/ oder WissenschaftlerInnen, aus dem Zusammenspiel der Ebenen Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft, aus unterschiedlichen monetären Verteilungsverhältnissen, aber auch aus kulturellen Ungleichheiten. Insgesamt haben Politik und Verwaltung eine Bringschuld. Sie müssen Informationen und Strukturen so zur Verfügung stellen, dass sich Kinder und Jugendliche tatsächlich beteiligen können. Ihre Beteiligung muss freiwillig erfolgen. Durch die Prozesse müssen sie herausgefordert, aber nicht überfordert werden (Jans/ de Backer 2002 a) - in der Praxis zeigt sich, dass Jugendliche eher unterals überschätzt werden (Shier 2001). Außerdem ist es zur Stärkung der Beteiligten sowie des Gemeinwohls erforderlich, Beteiligungsprozesse mit ausreichend Ressourcen auszustatten. Forschungsdesign Um die aktuelle Situation und die Perspektiven für die Jugendbeteiligung im Lausitzer Strukturwandel zu untersuchen, wurden zum einen zentrale Dokumente mit einer qualitativen Inhaltsanalyse untersucht. Forschungsleitend war dabei die Frage, unter welchen Rahmenbedingungen Jugendbeteiligung im Strukturwandel stattfinden soll. Zum anderen wurden 14 ExpertInneninterviews mit VertreterInnen staatlicher und nichtstaatlicher Kinder- und Jugendorganisationen in Brandenburg und Sachsen sowie mit den für Jugend zuständigen Ministerien geführt. Die Interviews dauerten zwischen 30 und 60 Minuten. Der Interviewleitfaden umfasste Fragen zu den Tätigkeiten der jeweiligen Organisation oder Institution in der Jugendbeteiligung, zu Projekten in der Lausitz sowie solchen mit Strukturwandelbezug, Einschätzungen zu den bestehenden Strukturen der Jugendbeteiligung sowie zu den institutionellen Verknüpfungen, Governance- und Förderstrukturen. Die Interviews wurden qualitativ nach Mayring (2010) ausgewertet. Die AutorInnen haben zunächst unabhängig voneinander das Material ausgewertet. Anschließend wurden die Kategoriensysteme abgeglichen und leicht überarbeitet. Dabei standen die Darstellung bestehender Formate, Herausforderungen sowie politische Gestaltungsmöglichkei- 303 uj 7+8 | 2022 Jugendbeteiligung, Demokratiepädagogik und Nachhaltigkeit ten als Hauptkategorien im Fokus der Auswertung. Die Kategorienbildung erfolgte primär induktiv. (Rechtliche) Rahmenbedingungen für Jugendbeteiligung und Projekte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist auf vielen Ebenen kodifiziert, z. B. in der UN-Kinderrechtskonvention, Art. 12, Abs. 1: „Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.“ Die Konvention ist „geltendes Bundesrecht in Deutschland“ (Donath 2019, 10). Für die Kinder- und Jugendhilfe sind im Sozialgesetzbuch VIII umfassende Beteiligungsrechte festgelegt (Wolff 2021). Auch in zentralen Dokumenten der Nachhaltigkeit, wie der Agenda 21, wird die Beteiligung und Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen als unbedingt erforderlich bezeichnet (Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung 1992). Die sich daraus ergebenden Potenziale werden in zahlreichen Nachhaltigkeitsdokumenten beschrieben (u. a. Deutsche UNESCO-Kommission 2014). Die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen gehen grundsätzlich über diejenigen von Erwachsenen hinaus. Jedoch unterscheidet sich ihr Umfang innerhalb Deutschlands (Wesselmann 2019). Das deutsche Kinderhilfswerk hat Kinderrechte in den Bundesländern verglichen (ebd.). Der Teilbereich zu Partizipation setzt sich aus Struktur- (z. B. gesetzliche Verankerung), Prozess- (Was gibt es für Beratungsangebote und Strukturen? ) sowie Ergebnisindikatoren (z. B. wahrgenommene Mitbestimmung auf politischer Ebene) zusammen. Im Folgenden werden zentrale Ergebnisse für Brandenburg und Sachsen vorgestellt. Rahmenbedingungen und Strukturen in Brandenburg Brandenburg hat im bundesweiten Vergleich weitgehende Vorgaben und Strukturen für die Kinder- und Jugendbeteiligung (Stegemann/ Ohlmeier 2019). Seit 2018 regelt § 18 a der Kommunalverfassung, dass die Gemeinden „Kindern und Jugendlichen in allen sie berührenden Gemeindeangelegenheiten Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte“ zusichern. Ein Kompetenzzentrum Kinder- und Jugendbeteiligung (KJUBB) berät insbesondere Kommunen und wurde in den letzten Jahren personell aufgestockt. 2022 soll eine Außenstelle des KJUBBs in Senftenberg in der Lausitz errichtet werden. Seit 2021 hat Brandenburg eine Landes-Kinder- und Jugendbeauftragte. Im Februar 2021 wurde der Nachhaltigkeitsbeirat des Landes berufen. Zu einem der sechs Mitglieder wurde Silke Hansen ernannt, Vorstandssprecherin des Landesjugendrings. Etwa 30 Jugendverbände sind im Landesjugendring zusammengeschlossen. Die Strukturen der Kreisjugendringe in der Lausitz weisen Defizite gegenüber denen im Ruhrgebiet auf. Rahmenbedingungen und Strukturen in Sachsen Die Beteiligungsstrukturen in Sachsen sind leicht unterdurchschnittlich: „So sind weder im Landesausführungsgesetz zum SGB VIII noch in der Landesverfassung Beteiligungsrechte enthalten. Es gibt keine institutionelle Interessenvertretung für Kinder und keinen regelmäßigen Jugendlandtag auf Landesebene. […] Positiv ist zu erwähnen: Auf kommunaler Ebene werden Beteiligungsprozesse durch eine Servicestelle Kinder- und Jugendbeteiligung unterstützt“ (Stegemann/ Ohlmeier 2019, 178). § 47 a der Sächsischen Gemeindeordnung sieht die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen lediglich als Soll-Bestimmung vor. Die schwarz-grünrote Regierung plant, laut Koalitionsvertrag, die Jugendbeteiligung auszuweiten. 304 uj 7+8 | 2022 Jugendbeteiligung, Demokratiepädagogik und Nachhaltigkeit (Jugend-)Beteiligung im Rahmen der Strukturwandelgesetzgebung Weder in den Bundesgesetzen (v. a. im Strukturstärkungsgesetz und dem damit verbundenen Investitionsgesetz Kohleregionen) noch in den Beteiligungsgremien, die bei der Projektauswahl auf Landesebene vorgesehen sind (Werkstätten in Brandenburg, regionaler Begleitausschuss in Sachsen), ist eine direkte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen vorgesehen. Stellvertretend für sie hat sowohl in den Werkstätten als auch in den Begleitausschüssen (als Sprecherin) die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) einen Sitz. Im Handlungsprogramm zur Umsetzung des Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen des Bundes in den sächsischen Braunkohlerevieren des Landes Sachsen wird Jugendbeteiligung an zwei Stellen erwähnt („Formate“ und „Konzepte“ zur Bürgerbeteiligung). In Brandenburgs Lausitzprogramm 2038 hingegen werden Jugendliche als Akteure in Beteiligungsprozessen am Strukturwandel nicht explizit hervorgehoben. Teil des Brandenburger Lausitzprogramms ist die „Entwicklungsstrategie Lausitz 2050“, die in der „Zukunftswerkstatt Lausitz“ (ZWL, s. folgender Abschnitt) entwickelt wurde. Partizipation wird in der Entwicklungsstrategie als eines von sieben Zielen und Handlungsansätzen beschrieben. Jugendliche sollen dabei durch Jugendparlamente beteiligt und in die nachhaltige Kommunalentwicklung - jenseits von Wahlen, etwa durch eine „Junge Landakademie“ - eingebunden werden (WRL/ ZWL 2020; Löw Beer et al. 2021). Jugendbeteiligungsprojekte im Lausitzer Strukturwandel Typen von Partizipation lassen sich in parlamentarische (z. B. Jugendparlamente), offene (z. B. Jugendkonferenzen) und projektbezogene (z. B. Zukunftswerkstätten, Workshops) Beteiligungsformen unterscheiden (Baden-Württemberg Stiftung gGmbH 2015). Weder für die Lausitz insgesamt noch für die brandenburgische Nieder- oder die sächsische Oberlausitz gibt es eine parlamentarische Jugendbeteiligungsform. Die Zukunftswerkstatt Lausitz (ZWL) lief als Projekt der Wirtschaftsregion Lausitz GmbH von 2018 bis 2020 und entwickelte eine Lausitzer Entwicklungsstrategie mit BürgerInnenbeteiligung. Sie richtete sich nicht explizit an Jugendliche, wollte diese aber, wie auch andere Bevölkerungsgruppen, gezielt ansprechen. Jedoch erhielt die ZWL oft nicht die dafür erforderlichen Daten der Einwohnermeldeämter. Als Reaktion auf eine niedrige Teilnahmequote junger Menschen wurde das „fabmobil“ beauftragt, mit insgesamt ca. 120 Jugendlichen in sieben Workshops mit kreativen Methoden Zukunftsvorstellungen von der Lausitz zu entwickeln. Aus dieser projektbezogenen Beteiligungsform flossen in den Leitbildprozess der Lausitz die Erkenntnisse ein, dass Jugendliche gerne stärker in die Regionalentwicklung einbezogen werden möchten, dass ein Mangel kultureller Angebote und selbstverwalteter Räume sowie im ÖPNV-Angebot ebenso beklagt wird wie ein Mangel an Arbeitsplätzen, die die Interessen der Jugendlichen ansprechen und von ihnen als perspektivreich angesehen werden, und dass die Infrastruktur, bezogen auf Schulen und Ausbildungsplätze, große Lücken aufweise (WRL/ ZWL 2020). Eine offene Beteiligungsform stellt die #mission 2038 dar. Sie ist bislang das zentrale Projekt der Jugendbeteiligung im Lausitzer Strukturwandel. Sie wurde von der DKJS Sachsen in Kooperation mit der Servicestelle Kinder- und Jugendbeteiligung und dem sächsischen Sozialministerium durchgeführt. Im Sommer 2020 fanden in einem hybriden Format an verschiedenen Orten in der Lausitz Kinder- und Jugendkonferenzen statt, in denen über den Strukturwandel informiert, Zukunftsvorstellungen für die Lausitz diskutiert und kleine Projekte ausgewählt wurden, die von Jugendlichen durch- 305 uj 7+8 | 2022 Jugendbeteiligung, Demokratiepädagogik und Nachhaltigkeit geführt und von den Projektpartnern finanziell und ideell unterstützt wurden. 2021 fand in Weißwasser eine Fortsetzung in ähnlicher Form statt. Die Projekte der Jugendlichen werden aktuell begleitet. Sie umfassen z. B. die Schaffung von Freiräumen oder von Jugendstadträten. Vom 12. bis 14. November 2021 wurde projektbezogen von verschiedenen Ministerien der Bundesregierung in Halle (Saale) ein Planathon „Jugend gestaltet Strukturwandel“ durchgeführt. Bei diesem kamen Jugendliche aus den drei Braunkohlerevieren zusammen, die mit VertreterInnen der Länder und des Bundes diskutiertensowiekonkreteHandlungsempfehlungen und Projektskizzen entwickelten. Aktuell prüfen Bundes- und Landesregierungen das daraus entstandene Jugendgutachten. Sowohl in Sachsen als auch in Brandenburg gibt es auf lokaler Ebene Jugendbeteiligung in allen drei Formen. Aus Platzgründen und weil sie eher mittelbar Einfluss auf den Strukturwandel haben, werden diese hier nicht ausführlicher dargestellt (vgl. hierzu Löw Beer et al. 2021). Einige Projekte werden von Jugendlichen selbst entwickelt. Hierzu zählen u. a. ➤ das Jugendforum Nachhaltigkeit Brandenburg, das den Beteiligungsprozess im Rahmen des Brandenburger Klimaplans begleitet und u. a. 2020 eine Workshopreihe veranstaltete, die die Forderung „Dezentralisierung und Demokratisierung bei gleichzeitiger Decarbonisierung! “ für die Lausitz hervorbrachte; ➤ das Projekt Zukunft Jugend zu Hause im Kreis Oberspreewald-Lausitz, bei dem Jugendliche ein Festival auf dem Gelände der Wilden Möhre veranstalten und dabei auch vielperspektivisch über den Strukturwandel diskutieren; ➤ die Initiative Jugend wandelt Strukturen, die sich für mehr Mitsprache junger Menschen im Strukturwandel einsetzt. Insgesamt wirken also in der Lausitz lediglich einige Kinder und Jugendliche über ein paar kleinere Beteiligungsprozesse mit auf die Gestaltung des Strukturwandels ein. Sie haben dabei keine Entscheidungsbefugnisse. Es mangelt an für junge Menschen verständlichen und zugänglichen Informationen über den Strukturwandel, und die bestehenden Formate sind nicht mit den Beteiligungsprozessen der Erwachsenen verknüpft. Eine Beteiligung von Kindern und Jugendlichen findet hier nur über Stellvertretende statt. Dies steht im Widerspruch zu den Kinderrechten. Lausitzspezifische und allgemeine Herausforderungen von Jugendbeteiligung Auf Basis der Interviews lassen sich zumindest vier Herausforderungen identifizieren, die zum Teil kontextspezifisch sind und zum Teil in ähnlicher Form in anderen Regionen und Prozessen zum Tragen kommen: ➤ Unklarheiten über Zweck, Funktionen und Mandate von Jugendbeteiligung: Auf administrativer Seite scheint unklar zu sein, warum Kinder und Jugendliche beteiligt werden sollen und was konkret Ziele von Beteiligung sein könnten. Teilweise wird argumentiert, dass der Strukturwandel zu komplex oder in seiner Umsetzung zu uninteressant für diese Gruppen sei. ➤ Mangelndes Knowhow der Verwaltung: Dies betrifft insbesondere die Umsetzung, etwa welche Formate für Jugendbeteiligung geeignet sein könnten. Verwaltungen beklagen, dass bestehende Angebote nicht nachgefragt werden. Oft fehlen Ideen, wie Jugendbeteiligungsprozesse in repräsentative Entscheidungsstrukturen integriert werden können. Dies deutet darauf hin, dass die Verwaltungsstrukturen sowie die angebotenen Formate überarbeitet werden sollten (Mewes 2014). 306 uj 7+8 | 2022 Jugendbeteiligung, Demokratiepädagogik und Nachhaltigkeit ➤ Jugendbeteiligung ist überwiegend lokal: In zahlreichen Kommunen gibt es Beteiligungsprozesse, allerdings sind diese bislang kaum vernetzt, sodass auch engagierte Jugendliche den Eindruck haben, dass die Jugend insgesamt wenig engagiert ist. ➤ Fehlende Gremien für die Lausitz: Eine in ihrer Ausprägung lokal spezifische Herausforderung ergibt sich daraus, dass die Bundesregierung mit ihrer Förderpolitik in der Regel die Lausitz insgesamt adressiert, es aber keine adäquaten lausitzübergreifenden Institutionen gibt. Abgesehen von wenigen Austauschforen, wie der Lausitzrunde der Bürgermeister oder der länderübergreifenden Steuergruppe Strukturentwicklung, erfolgen politische Planungen auf Ebene der Bundesländer und zum Teil Kommunen. In diesem Kontext ist es schwierig, einen oder mehrere Institutionen zu bestimmen, die die von Kindern und Jugendlichen benannten Interessen verbindlich berücksichtigen sollten. In Abbildung 1 sind die vier Herausforderungen dargestellt. Die Bewältigung dieser Herausforderungen drängt, weil in die Lausitz in den nächsten Jahren zusätzlicheRessourcenfließenwerden.DieRegion möchte attraktiv für junge Menschen sein. Es liegen zahlreiche Studien zu nachhaltigen Zukunftsstrategien vor. Im Sinne eines analytisch-deliberativen Modells gilt es, sie zu bewerten und Handlungsoptionen auszuwählen (Renn et al. 2013). Hieraus ergibt sich ein hoher Bedarf und ein erhebliches Potenzial für Jugendbeteiligung. Für die Träger von Kinder- und Jugendbeteiligung wird es in den nächsten Jahren insbesondere darum gehen, für Beteiligung zu werben und mit den Verwaltungen Strukturen zu erarbeiten, die diese ermöglichen. Werden Beteiligungsprozesse ins Leben gerufen, ohne dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann ein hohes Frustrationspotenzial bei jungen Menschen entstehen, weil unklar bleibt, woran und warum sie sich beteiligen können oder wie mit den Ergebnissen umgegangen wird. Abb. 1: Herausforderungen Jugendbeteiligung im Lausitzer Strukturwandel Herausforderungen Mangelndes Knowhow Verwaltung Fehlende Gremien für die Lausitz Jugendbeteiligung primär lokal Unklarheiten über Zweck und Funktion 307 uj 7+8 | 2022 Jugendbeteiligung, Demokratiepädagogik und Nachhaltigkeit Fazit: Strukturelle und mentale Bedingungen für Beteiligung Die Analyse der Kinder- und Jugendbeteiligung im laufenden Strukturwandelprozess zeigt: Für eine Partizipation im Sinne der jungen Menschen selbst und unter Berücksichtigung sozialökologischer Ziele und Werte der Agenda 2030 ist die gesetzliche Verankerung von Kinder- und Jugendbeteiligung auf verschiedenen Ebenen eine Voraussetzung. Sie allein reicht aber nicht aus, um Beteiligung tatsächlich gelingend zu gestalten. Politik und Verwaltung müssen mit konzeptuellen und empirischen Argumenten aus der (Demokratie- und Sozial-)Pädagogik und Nachhaltigkeit von der Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer Jugendbeteiligung überzeugt werden. Es sollte dabei deutlich werden, dass Beteiligung einen Beitrag zu nachhaltiger Transformation leisten kann, jedoch kein Allheilmittel ist. In einem weiteren Schritt müssen diese Akteure ihre Handlungspraxis verändern sowie Strukturen und Schnittstellen innerhalb bestehender Prozesse für die Artikulation jugendlicher Bedürfnisse und Ziele ermöglichen. Dies setzt eine Schulung des politischen und Verwaltungspersonals voraus sowie auch Bildungsangebote für die Jugendlichen - idealerweise unterstützt durch das formale Bildungssystem. Ebenso muss ausreichend Motivation vorhanden sein, um neue Strukturen zu entwickeln und auszuprobieren und auch bei etwaigen Rückschlägen nachzusteuern. Nur durch die Einrichtung von Gremien, die sowohl auf kommunaler, regionaler und Länderebene ernsthaft in den politischen Prozess eingebunden sind und von ExpertInnen der Kinder- und Jugendbeteiligung begleitet werden, sowie durch die finanzielle und ideelle Förderung von Bottom-up-Projekten und Strukturen durch die Jugendlichen selbst kann Beteiligung im Sinne einer nachhaltigen Transformation greifen. Förderung: Das Projekt „Strukturwandel und responsive Politikberatung in der Lausitz“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen 03SF0561 gefördert. Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) Berliner Straße 130 14467 Potsdam E-Mail: David.LoewBeer@iass-potsdam.de Literatur Albert, M., Hurrelmann, K., Quenzel, G. (2019): Jugend 2019: Zwischen Politisierung und Polarisierung. In: Hurrelmann et al. (Hrsg.): Jugend 2019 - 18. Shell Jugendstudie. Eine Generation meldet sich zu Wort. 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Sie führen in relevante Themengebiete wie Prävention, Risiko- und Schutzfaktorenkonzept sowie Salutogenese ein und beschreiben Programme in Kindertageseinrichtungen und Schulen, mit denen Fachkräfte die Resilienz von Kindern fördern können. Dauerbrenner „Resilienz“ Fröhlich-Gildhoff / Rönnau-Böse Resilienz 6. Auflage 2022. 102 Seiten. 5 Abb. 2 Tab. Innenteil zweifarbig. utb-Profile (978-3-8252-5861-0) kt
