unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2023
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Rezension: Welsche, M., Triska, S. (2023): Hilfen zur Erziehung. Theorie und Praxis der vollstationären Maßnahmen
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2023
Dieter Kreft
Zu den Autorinnen: Die Biografien der beiden Autorinnen lesen sich wie eine Gewährleistung ihrer Zusage, Theorie und Praxis so miteinander zu verbinden, dass die Praxis dabei immer zu ihrem Recht kommt: Mone Welsche ist Professorin an der Kath. Hochschule in Freiburg mit einem breiten Oeuvre, durch zahlreiche beachtete Publikationen belegt, Sabine Triska leitet als Sozialarbeiterin das Referat Familien- und Erziehungshilfen im Caritasverband Freiburg, ist systemische Familienberaterin und Kriseninterventionstrainerin mit langjähriger Praxiserfahrung in den Feldern der Hilfen zur Erziehung. Zum Inhalt: Anders als in dem Untertitel signalisiert („… der vollstationären Maßnahmen“) behandeln sie in diesem Titel das ganze Feld der Hilfen zur Erziehung (also die §§28-35) und auch die Leistungen der §§35a sowie 41 des SGB VIII (Eingliederungshilfe […] bzw. Hilfe für junge Volljährige), allerdings mit einem deutlichen Schwerpunkt auf den stationären Hilfen.
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uj 4 | 2023 179 Rezension Rezensent: Prof. h. c. Dieter Kreft Jg. 1936; Verwaltungs- und Erziehungswissenschaftler, Staatssekretär a. D. Zu den Autorinnen Die Biografien der beiden Autorinnen lesen sich wie eine Gewährleistung ihrer Zusage, Theorie und Praxis so miteinander zu verbinden, dass die Praxis dabei immer zu ihrem Recht kommt: Mone Welsche ist Professorin an der Kath. Hochschule in Freiburg mit einem breiten Oeuvre, durch zahlreiche beachtete Publikationen belegt, Sabine Triska leitet als Sozialarbeiterin das Referat Familien- und Erziehungshilfen im Caritasverband Freiburg, ist systemische Familienberaterin und Kriseninterventionstrainerin mit langjähriger Praxiserfahrung in den Feldern der Hilfen zur Erziehung. Zum Inhalt Anders als in dem Untertitel signalisiert („… der vollstationären Maßnahmen“) behandeln sie in diesem Titel das ganze Feld der Hilfen zur Erziehung (also die §§ 28 - 35) und auch die Leistungen der §§ 35 a sowie 41 des SGB VIII (Eingliederungshilfe […] bzw. Hilfe für junge Volljährige), allerdings mit einem deutlichen Schwerpunkt auf den stationären Hilfen. Und zwar - nach einer kurzen Einleitung - in dieser Gliederung (in Klammern eine Kurzfassung der jeweiligen Inhalte): ➤ Kap. 2 (Geschichte), Kap. 3 (Hilfen zur Erziehung im Überblick), Kap. 4 (Ausgewählte Konzepte), Kap. 5 (Psychische Belastungen der Kinder und Jugendlichen in vollstationären Maßnahmen), Kap. 6 (Hilfeplanung), Kap. 7 (Alltagsorientierung), Kap. 8 (Methoden), Kap. 9 (Kinderrechte und Beteiligung), Kap. 10 (Arbeit mit Familien), Kap. 11 (Kinder und Jugendhilfe in kommunaler Verantwortung), Kap. 12 (Aktuelle Entwicklungen), Kap. 13 (Ein Blick in die Zukunft). ➤ Ein Literaturverzeichnis rundet die Darstellung ab (leider fehlt ein Sachregister). Ich habe v. a. ihre Ankündigung in der Einleitung betrachtet, sie würden die Teilaspekte genauer vorstellen, die in der Literatur zu den stationären Hilfen bislang kaum oder wenig systematisch aufgegriffen wurden: Die Störungsbilder aus sozialpädagogischer Sicht, der Medieneinsatz in der Alltagsgestaltung, die Bewegung als Grundkategorie sozialpädagogischen Handelns und die systemisch orientierte Familienarbeit im Feld - also die Kap. 5, 7 und 10. Während die Texte zu den Kap. 2, 3, 4, 6, 8, 9, auch 11 und 12 das vorstellen, was über ein derartiges Lehrbuch vermittelt werden soll(te) - hier durchaus positiv gemeint - sind die drei genannten Kapitel z. T. neu, so noch ohne Beispiel und im Kontext der Hilfen zur Erziehung sehr praxisaffin. ➤ Die Darstellungen im Kap. 5 (Psychische Belastungen von Kindern und Jugendlichen in vollstationären Maßnahmen) sind m. E. so noch nicht vorgestellt worden, in dieser Kompaktheit, ihrer Erklärungstiefe und ihren Versuchen, immer wieder gezielte Hinweise für die Praxis zu geben; ➤ Das Kap. 7 (Alltagspädagogik) ist geradezu meisterhaft, wie schwierige und schwierigste Sachverhalte „lernbar und machbar“ und praxisfähig präsentiert werden; Welsche, M., Triska, S. (2023): Hilfen zur Erziehung. Theorie und Praxis der vollstationären Maßnahmen Kohlhammer, Stuttgart. 254 Seiten, ISBN 978-3-17-023368-3, € 36,- (auch als E-Book erhältlich) 180 uj 4 | 2023 Rezension ➤ Das Kap. 10 (Arbeit mit Familien) fasst dann in der Abb. 9 auf S. 207 gekonnt zusammen, worum es geht in der aktuellen Familienarbeit und auch, wie es besser gehen kann: beim Umgang, bei den Gesprächen, in den Kontakten, der Gruppenarbeit - und alles wird in den Texten rundherum sehr sorgfältig, sehr nachvollziehbar und sehr praxisgeeignet dargestellt. Alle diese hier hervorgehobenen Texte können Studierende lesen und sogleich nutzen! Die zuvor genannten Zusagen der beiden Autorinnen („besonders differenziert zu betrachten“) sind also für mich gekonnt eingelöst. Was bleibt anzumerken? 1. Habe ich gelernt, dass es offenbar Literaturstränge zu Themen gibt, die quasi nebeneinander existieren: Warum etwa in Kap. 2 (Geschichte) die beiden Klassiker (allgemein Hering/ Münchmeier: Die Geschichte der Sozialen Arbeit und zur NS-Zeit C. Schrappers grundlegendes Werk zu Hans Muthesius) nicht genannt werden, verstehe ich nicht. Auch, dass in Kap. 4 (Ausgewählte Konzepte) bei der Lebensweltorientierung zwar Einmischung als Handlungsmaxime genannt ist, aber I. Mielenz mit ihrer grundlegenden Arbeit von 1981 unerwähnt bleibt, und dass bei der Sozialraumorientierung auf Kessl/ Reutlinger verwiesen wird, die doch eher sehr theoretisch (fast kopflastig) argumentieren, Hinte/ Treß mit ihrem aus praktischem Tun entstandenen Titel Sozialraumorientierung in der Jugendhilfe ungenannt bleiben, finde ich fast ein wenig ignorant. Und - eher noch nebenbei - verstehe ich auch nicht, warum bei 9.3 (Ombudschaft) U. Urban-Stahl mit ihren dazu verfassten grundlegenden Werken nicht zitiert wird. 2. Durchgehend gestört hat mich dann in meinem Lesefluss der (fast) permanente Gebrauch des Gender *, ich fand’s aufdringlich. Fazit Wie auch immer diese Anmerkungen gelesen werden, meine abschließende Beurteilung zu diesem Buch ist eindeutig: Hier liegt endlich wieder ein kompakter und für die Praxis hilfreicher Titel rund um die Hilfen zur Erziehung vor (die immerhin weiter an zweiter Stelle der Gesamtausgaben der Kinder- und Jugendhilfe stehen: zuletzt nach KOMDat 2/ 2021). Studierende und PraktikerInnen können es gleichermaßen für ihre jeweiligen Arbeiten nutzen, auch dafür gebührt den Autorinnen Dank und Anerkennung. Prof. h. c. Dieter Kreft E-Mail: kremie.nuernberg@t-online.de DOI 10.2378/ uj2023.art24d
