eJournals unsere jugend 76/2

unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2024
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Editorial

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2024
Nadine Schildt
Christoph Helms
Liebe Leserinnen und Leser, eine Frage, die uns nicht erst seit gestern beschäftigt, ist der nachhaltige Umgang mit dem Fachkräftemangel im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Sowohl aus wissenschaftlicher als auch aus praktischer Perspektive der freien und öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe scheint diese Krise beunruhigend still stetig voranzuschreiten. Es ist dringend an der Zeit: den Blick aller AkteurInnen und Verantwortlichen in der Kinder- und Jugendhilfe auf die drängenden Herausforderungen zu lenken, denen wir uns gemeinsam aktuell und zukünftig stellen müssen. Die Kinder- und Jugendhilfe, mit ihren Beteiligten und Angeboten, ist ein fundamentaler Bestandteil unserer Gesellschaft. Sie trägt dazu bei, Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung zu fördern und zu schützen. Doch leider sieht sich die Kinder- und Jugendhilfe gegenwärtig mit einer prekären Situation konfrontiert. Es fehlt nicht nur an ausreichenden, bedarfsgerechten und qualitativ hochwertigen Angeboten zur Versorgung und Unterbringung von Kindern und Jugendlichen, sondern ursächlich vor allem an den Fachkräften, die dieser anspruchsvollen Aufgabe in der Sozialen Arbeit gerecht werden können.
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49 Editorial unsere jugend, 76. Jg., S. 49 - 50 (2024) DOI 10.2378/ uj2024.art07d © Ernst Reinhardt Verlag Liebe Leserinnen und Leser, es ist eine ungewöhnliche Perspektive, die wir heute einnehmen, indem wir die Feder von Monika Feist-Ortmanns und Prof. Dr. Michael Macsenaere übernehmen. Wir - das sind Nadine Schildt, Fachbereichsleitung Hilfen zur Erziehung & öffentliche Verwaltung im Institut für Kinder und Jugendhilfe (IKJ), und Christoph Helms, Leiter der Verwaltung des Jugendamtes, Kreis Pinneberg - haben die Ehre, als GastherausgeberInnen diese Ausgabe zu leiten. Eine Frage, die uns nicht erst seit gestern beschäftigt, ist der nachhaltige Umgang mit dem Fachkräftemangel im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Sowohl aus wissenschaftlicher als auch aus praktischer Perspektive der freien und öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe scheint diese Krise beunruhigend still stetig voranzuschreiten. Es ist dringend an der Zeit: den Blick aller AkteurInnen und Verantwortlichen in der Kinder- und Jugendhilfe auf die drängenden Herausforderungen zu lenken, denen wir uns gemeinsam aktuell und zukünftig stellen müssen. Die Kinder- und Jugendhilfe, mit ihren Beteiligten und Angeboten, ist ein fundamentaler Bestandteil unserer Gesellschaft. Sie trägt dazu bei, Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung zu fördern und zu schützen. Doch leider sieht sich die Kinder- und Jugendhilfe gegenwärtig mit einer prekären Situation konfrontiert. Es fehlt nicht nur an ausreichenden, bedarfsgerechten und qualitativ hochwertigen Angeboten zur Versorgung und Unterbringung von Kindern und Jugendlichen, sondern ursächlich vor allem an den Fachkräften, die dieser anspruchsvollen Aufgabe in der Sozialen Arbeit gerecht werden können. Carsten Schüler lenkt mit dem ersten Beitrag dieser Ausgabe unseren Fokus auf die prekäre Situation im Kinderschutz. Der Kinderschutz, das Herzstück der Kinder- und Jugendhilfe, gerät zunehmend ins Trudeln. Ohne ausreichend qualifizierte Fachkräfte kann nicht garantiert werden, dass jedes Kind die Unterstützung und den Schutz erhält, das es benötigt. Diese Situation gefährdet nicht nur das Wohlbefinden der Kinder, sondern bedroht auch die Grundprinzipien unserer Gesellschaft. Nadine Schildt Christoph Helms 50 uj 2 | 2024 Editorial Was passiert, wenn wir diese existenzielle Krise der Kinder- und Jugendhilfe weiterhin so zögerlich angehen? Ohne ausreichend Fachkräfte laufen wir Gefahr, eine ganze Generation von Kindern, Jugendlichen und deren Familien ohne ausreichenden Schutz und Unterstützung mit den Problemen alleinzulassen und möglicherweise zu verlieren. Die Auswirkungen könnten sich langfristig in Form von sozialen Problemen, Bildungsungleichheiten und einem Anstieg von unterschiedlichen Verhaltensweisen manifestieren. Dabei werden die Stimmen immer lauter, die fordern, Soziale Arbeit für fachfremde QuereinsteigerInnen zu öffnen, damit die Kinder- und Jugendhilfe nicht völlig kollabiert. Prof. Dr. Matthias Laub nimmt diesen Aspekt im zweiten Artikel unter die Lupe und diskutiert, ob dies im Sinne der „Multiprofessionalität“ sinnvoll ist. Er versucht, neue Perspektiven für Wissenschaft und Praxis zu schaffen. Im darauffolgenden Artikel zeigen Christoph Ahlborn und Attila Steinbach konkret auf, mit welchen Herausforderungen die stationäre Kinder- und Jugendhilfe durch die Fachkraftkrise zu kämpfen hat und wie darauf reagiert werden muss, um keine Standardabsenkungen zulassen zu müssen. Christoph Helms plädiert in seinem Beitrag dafür, dass alle Akteure auf politischer und gesellschaftlicher Ebene Verantwortung übernehmen und sich dieser Problematik nicht länger entziehen sollten. Es bedarf schneller, gezielter und nachhaltiger Maßnahmen, um die Attraktivität des Berufsfeldes der Kinder- und Jugendhilfe zu steigern, die Arbeits- und Betreuungsbedingungen zu verbessern und Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten von Fachkräften weiter auszubauen. Am Beispiel und aus Perspektive des Jugend- und Sozialamtes der Stadt Frankfurt am Main (JSA) nehmen im fünften Artikel Nanine Delmas, Julia Krauss, Julian Sehmer und Timo Semmelrogge Bezug auf die gegenwärtigen Entwicklungen und Herausforderungen für öffentliche Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Sie zeigen Ansätze für strategische Umgangsweisen mit den aktuellen Herausforderungen der Fachkraftkrise auf. Letztendlich liegt es in unserer gemeinsamen Verantwortung, dieser stillen Krise eine lautere Stimme zu verleihen, die die Risiken benennt und nachhaltige Lösungen fordert. Lassen Sie uns gemeinsam für eine Kinder- und Jugendhilfe eintreten, die auch in Zukunft ihrer essenziellen Rolle in unserer Gesellschaft gerecht werden kann. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen eine bereichernde und anregende Lektüre. Nadine Schildt & Christoph Helms