unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2024
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Was wird aus der Kinder- und Jugendhilfe ohne Fachkräfte?
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2024
Christoph Helms
Der Fachkräftemangel hält auch in der Kinder- und Jugendhilfe Einzug: In einem kurzen Essay werden die Auswirkungen und Folgen des Arbeitskräfte- und Fachkräftemangels beleuchtet und erste Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt.
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76 unsere jugend, 76. Jg., S. 76 - 81 (2024) DOI 10.2378/ uj2024.art11d © Ernst Reinhardt Verlag Was wird aus der Kinder- und Jugendhilfe ohne Fachkräfte? Der Fachkräftemangel hält auch in der Kinder- und Jugendhilfe Einzug: In einem kurzen Essay werden die Auswirkungen und Folgen des Arbeitskräfte- und Fachkräftemangels beleuchtet und erste Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt. von Christoph Helms Jg.1964; Dipl.-Sozialpäd., Leiter der Verwaltung des Jugendamtes Kreis Pinneberg Es wird zum jetzigen Zeitpunkt nun wirklich niemand mehr behaupten wollen, dass der Mangel an Fachkräften in Deutschland tatsächlich überraschend kommt. Die beginnende strukturelle Mangelsituation an Arbeits- und Fachkräften ist als Prognose in Deutschland seit über 20 Jahren bekannt. Der Renteneintritt der „Babyboomer“ (Jahrgänge von Mitte 1950 bis Ende der 1960er-Jahre) wird bis 2036 dazu führen, dass 30 % der aktuell Erwerbstätigen dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen werden (MDR Aktuell, 2022). Dass dieser Mangel auch die Kinder- und Jugendhilfe vollumfänglich treffen wird, wird nun schon deutlich länger als zehn Jahre diskutiert. Dem langen zeitlichen Vorlauf zum Trotz scheint es fast so, als werden alle relevanten Akteure aus Politik, Verwaltung, Gesellschaft und Fachlichkeit nun dennoch von den daraus resultierenden Konsequenzen überrascht. Mit rund 23.100 fehlenden Fachkräften der Sozialarbeit/ Sozialpädagogik und noch mal ca. 22.500 Fachkräften in der Kindertagesbetreuung bildete diese Berufsgruppe im Jahr 2022 die größte Fachkräftelücke am deutschen Arbeitsmarkt (Statista Research Department, 2023). Da zudem in fast allen Kooperationsbereichen der Kinder- und Jugendhilfe der Mangel an Fachkräften gleichermaßen durchschlägt, verstärken sich die Effekte auf das Handlungsfeld der Kinder- und Jugendhilfe zusätzlich. Bei der Gesamtbetrachtung wird deutlich, dass erst mit der Flüchtlingskrise 2015 die weltweiten Wanderungsbewegungen von geflüchteten Menschen für die Menschen in der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich als krisenhafte Begebenheiten verstanden wurden. Mit der darauffolgenden Coronapandemie und den aktuellen kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine und im Nahen Osten werden diese Ereignisse zunehmend als stark belastende gesamtgesellschaftliche Krise erlebt. Der Mangel an Arbeits-, Fach- und Führungskräften in der Kinder- und Jugendhilfe scheint nun durchaus geeignet zu sein, einen weiteren ernst zu nehmenden Beitrag dazu zu leisten, unsere Zivilgesellschaft auf eine nachhaltige harte Probe zu stellen. Ich möchte mit Ihnen einen ersten, sicher nicht mal im Ansatz vollständigen Blick auf aktuelle und mögliche zukünftige Auswirkungen auf 77 uj 2 | 2024 Eine Aufforderung an öffentliche und freie Träger die Zielgruppen, Akteure und Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe wagen. Dabei werde ich auf die Situation der Fachkräfte selbst, die öffentlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe in ihrer Rolle als Garanten des Rechtsanspruches für die gesetzlichen Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie die freien Träger als essenzielle Partner im Unterstützungssystem für Kinder, Jugendliche und deren Familien eingehen und die damit möglichen verbundenen Auswirkungen. I. Qualitative Auswirkung auf die Zielgruppen der Kinder- und Jugendhilfe Der Fachkräftemangel in der Kinder- und Jugendhilfe hat direkte und indirekte Auswirkungen auf die vom Jugendamt zu bedienenden Zielgruppen. Schon jetzt kommt es bei der Erfassung von möglichen Hilfebedarfen im Rahmen von Erstgesprächen, Bewertung in Hilfeplanprozessen und letztendlich der Zuweisung von Hilfen zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen. Und selbst wenn diese Prozesse an der einen oder anderen Stelle sogar noch recht gut und zeitnah gelingen können, steht in vielen Fällen am Ende - aufgrund der Fachkräftesituation bei freien Trägern - die geeignete Hilfe (egal ob stationär oder ambulant) nicht zur Verfügung. So sind schon jetzt bundesweit Mitarbeitende von Jugendämtern gezwungen, auf andere, häufig deutlich weniger geeignete Hilfen auszuweichen. Dies ist u. a. dort besonders gut sichtbar, wo es um die Versorgung von sogenannten Systemsprengern geht. Für diese meist hochkomplexen Fallstrukturen steht in der Regel kein passendes Angebot zur Verfügung. Mitarbeitende von Jugendämtern verbringen viele Stunden damit, bundesweit Anbieter von stationären Angeboten zu kontaktieren, um überhaupt noch eine, wie auch immer geartete, Unterbringungsmöglichkeit zu finden. Dies gilt zunehmend auch für den hochsensiblen Bereich der Inobhutnahme. Inobhutnahmeplätze sind längst in vielen Regionen zur Mangelware geworden, zudem steigt die Verweildauer in der Inobhutnahme kontinuierlich, da stationäre Anschlussangebote nicht mehr im ausreichenden Maße verfügbar sind. Die Flüchtlingskrise hat mit der Zuwanderung von minderjährigen unbegleiteten Geflüchteten diesen Prozess zusätzlich noch beschleunigt bzw. verstärkt. Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich immer häufiger der Mangel an Fachkräften direkt auf Kinder, Jugendliche und deren Familien unmittelbar auswirkt. Lange Wartezeiten, reduzierte Betreuungsqualität durch kontinuierliche Standardabsenkung und fehlende, passgenaue Angebote in fast allen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe führen immer öfter zu einer Verschärfung bzw. Chronifizierung von Problemlagen. II. Direkte Auswirkungen auf die Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe Die Fachkräfte in der Kinder- und Jugendhilfe stehen seit jeher schon unter großem persönlichem Druck. Die sowieso schon hohen körperlichen und psychischen Anforderungen, die mit der Betreuung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen in schwierigsten Lebenssituationen an Mitarbeitende einhergeht, werden durch den zunehmenden Mangel an Arbeitskräften nochmals erhöht. Jugendämter als öffentliche Träger der Kinder- und Jugendhilfe haben in der Rolle als Arbeitgeber nur wenige Möglichkeiten, im Sinne ihrer Mitarbeiterschaft auf diese Situation zu reagieren. Sie können keine Betreuungsplätze abbauen oder gar Angebote aufgrund des Mangels an Fachkräften einfach einstellen. Jugendämter sind im Rahmen ihrer Garanten- 78 uj 2 | 2024 Eine Aufforderung an öffentliche und freie Träger rolle verpflichtet, vollumfänglich die gesetzlichen Ansprüche ihrer Zielgruppen zu jedem Zeitpunkt sicherzustellen. Maßnahmen zur Entlastung, wie die beispielsweise in der Verwaltung allzu üblich gelebte Praxis der „Standardabsenkung“, wirken sich zudem in der Regel mittel- und langfristig kontraproduktiv auf die Motivation der meist intrinsisch motivierten Mitarbeiterschaft aus. Dies führt über kurz oder lang zu einer Überlastung der Mitarbeitenden: Erhöhte Krankenstände sind u. a. die Folge. Die Abwanderung in andere Berufsfelder ist, so wie bei den freien Trägern ebenfalls, als direkte Folge schon seit Langem erkenn- und spürbar. III. Auswirkungen auf die finanzielle Situation der Kommunen Die Jugendämter spielen eine zentrale Rolle in den Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe. Sie sind die Garanten für den Schutz und das Wohl von Kindern und Jugendlichen. Der Fachkräftemangel stellt jedoch die Jugendämter vor erhebliche Herausforderungen. Sie müssen sicherstellen, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen erbracht werden können, obwohl sie oft nicht über ausreichendes Personal verfügen. Dies kann zu rechtlichen Problemen mit finanziellen Folgen und zu einer unzureichenden Qualität der Jugendhilfeleistungen führen, die im Zweifel, je nach Ausprägung, auch Schadensersatzansprüche nach sich ziehen können. So sind in der Vergangenheit Schadensersatzansprüche durch Eltern aufgrund fehlender Betreuungsangebote geltend gemacht worden (OLG Frankfurt: Urteil vom 28. 7. 2021, 13 U 436/ 19). Zudem stehen die Jugendämter seitens der Öffentlichkeit und der Politik unter permanent hohem Druck. Mit steigenden Fallzahlen und daraus resultierend steigenden Budgets sinkt die gesellschaftliche Akzeptanz und Bereitschaft, die Akteure in der Kinder- und Jugendhilfe bedarfsgerecht finanziell auszustatten. Dies zeigt sich bspw. in der Diskussion um Fallzahlobergrenzen, Betreuungsschlüsseln in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe oder auch bei Zuschüssen für freie Träger, um Ausbildungskapazitäten zu erhöhen. Öffentliche und freie Träger müssen sich zudem gleichermaßen rechtfertigen, wenn es zu Fehlern oder Mängeln in der Kinder- und Jugendhilfe kommt, auch wenn diese auf das Fehlen an Arbeits-, Fach- und Führungskräften zurückzuführen sind. Die „Marktbedingungen“ führen dazu, dass die Kosten für stationäre und ambulante Leistungen kontinuierlich steigen. Dort, wo freie Träger aufgrund des Mangels an Fachkräften nicht mehr in der Lage sein werden, pädagogische Angebote wirtschaftlich anbieten zu können, werden sie sich vom Markt zurückziehen und Angebote reduzieren. Spätestens dann werden öffentliche Träger zwangsläufig in die Situation kommen, eigene Strukturen aufbauen zu müssen, um weiterhin stationäre und ambulante Hilfen in ausreichendem Umfang für die Region zur Verfügung stellen zu können. Dies wird mit Sicherheit nur mit erheblichen Mehrkosten für die öffentliche Hand zu realisieren sein. In Ansätzen ist dieser Prozess bei den stationären Angeboten für minderjährige unbegleitete Flüchtige schon erkennbar. Spätestens dann ist zu erwarten, dass dies auch einen schleichenden Prozess der Aufweichung des Subsidiaritätsprinzips nach sich ziehen wird. IV. Lösungswege zur Bewältigung des Fachkräftemangels Um dem Mangel an Arbeits-, Fach- und Führungskräften in der Kinder- und Jugendhilfe begegnen zu können, müssen meines Erachtens kurz-, mittel- und langfristig Maßnahmen ergriffen werden. 79 uj 2 | 2024 Eine Aufforderung an öffentliche und freie Träger Kurzfristig Neben den schon vielfältig zitierten Maßnahmen zur Verbesserung der Personalgewinnung durch zielgruppenorientierte Ansprache und der umfassenden Verbesserung von On- und Off-Boarding-Prozessen ist es eminent von Bedeutung, die Attraktivität aller Berufsfelder in der Sozialen Arbeit zu steigern. Vordringliches Ziel neben der Ausbildung und Gewinnung von neuen Fachkräften sollte dabei sein, erfahrenes und motiviertes Bestandspersonal mittelfristig auch im Berufsfeld halten zu können. Dies könnte sowohl durch eine angemessene Bezahlung als auch durch ausreichende Personalschlüssel in stationären und teilstationären Einrichtungen von freien Trägern bzw. Fallobergrenzen bei öffentlichen Trägern erreicht werden. Dass ein angemessener Fachkräfteschlüssel in Jugendämtern zudem zu einem noch tieferen Fallverstehen und damit auch zur Reduzierung des Handlungsdruckes bei den einzelnen Mitarbeitenden führen kann, ist unumstritten. Zusätzliche, attraktive Weiterbildungsmöglichkeiten und Beiträge zur verbesserten Work-Life-Integration haben positive Auswirkungen auf die Motivation und damit auf die Bindung von Mitarbeitenden. Zudem muss insgesamt die Anerkennung und Wertschätzung der Arbeit von Kräften in der Kinder- und Jugendhilfe durch die Gesellschaft gesteigert werden. Erste Impulse können gesetzt werden durch die Schaffung von zusätzlichen Ausbildungskapazitäten an Fach- und Hochschulen und damit verbunden einer systematischen Unterstützung freier Träger bei der Einrichtung dualer Ausbildungsmöglichkeiten durch attraktive finanzielle Anreize. So kann neuen Mitarbeitenden der Weg in das Berufsfeld erleichtert werden. Zudem sollte eine zeitnahe Rückkehr von Mitarbeitenden aus der Elternzeit ermöglicht werden. Dies ist mit einer höheren Stundenzahl nur dann möglich, wenn ausreichende und vom zeitlichen Umfang bedarfsgerechte Betreuungsmöglichkeiten für den Nachwuchs bereitgestellt werden. Auch sollten Betreuungslücken, die sehr häufig im Übergang ins Schulkindalter entstehen, zügiger geschlossen werden. Darüber hinaus ist die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland als strategische Maßnahme zentral zu initiieren. Damit einhergehend ist die Praxis der Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse sowie die Weiterbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten von Zugewanderten gezielt zu verbessern, damit neue Möglichkeiten der Fachkräftegewinnung in die Wege geleitet werden können. Mittelfristig Neben der nachhaltigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für Mitarbeitende ist kaum anzunehmen, dass das bisherige Leistungsportfolio der Kinder- und Jugendhilfe in Qualität und Umfang dauerhaft aufrechterhalten werden kann, wie es bisher gewachsen ist. Lang erwartete Reformprozesse wie das KJSG kommen schon jetzt in der Umsetzung nachhaltig ins Stocken. Es zeichnet sich ab, dass die Einhaltung gesetzlich verankerter Standards und Leistungen in der Kinder- und Jugendhilfe nicht mehr vollumfänglich sichergestellt ist. Die angesprochene Standardabsenkung ist in vielen Jugendämtern schon jetzt an der Tagesordnung. Die Gesamtentwicklung wird mittelfristig zwangsläufig dazu führen müssen, dass öffentliche und freie Träger (am besten gemeinsam) aktiv über eine systematische Anpassung der Strukturen in der Versorgungslandschaft nachdenken müssen. Eine „Bereinigung“ des Marktes, wie dies gerne genannt wird, ist hier zu erwarten. Es wird nicht mehr ausreichen, die übliche aufgabenkritische Betrachtung und Optimierung von Einzelprozessen vorzunehmen. Vielmehr müssen Jugendämter und freie Träger miteinander und untereinander Ressourcen bündeln und Synergien effizienter nutzen. Ju- 80 uj 2 | 2024 Eine Aufforderung an öffentliche und freie Träger gendämter werden regionsübergreifend verstärkt in Kooperation und Kollaborationen eintreten müssen. Hierbei sind Zentralisierung und Spezialisierung in bestimmten Aufgabenbereichen vermutlich unumgänglich. Auch die Einführung von Shared Services (Konsolidierung und Zentralisierung von Dienstleistungsprozessen) für Jugendämter anderer Regionen können ebenso wie Outsourcing von Aufgaben ernst zu nehmende Ansätze sein. Dies ist sowohl für das Vertrags- und Verhandlungswesen bei öffentlichen und freien Trägern als auch im Bereich von Abrechnungs- und Kostenheranziehungsprozessen denkbar. Auch könnten freie Träger für die öffentlichen Träger Hilfeplanungsprozesse oder Koordinationstätigkeiten in Bereichen wie der Inobhutnahme übernehmen. Vermutlich kann die Liste der Möglichkeiten beliebig erweitert werden. Langfristig Die digitale Transformation wird auch in die Angebotslandschaft der Kinder- und Jugendhilfe bei öffentlichen und freien Trägern Einzug halten müssen. Hierbei sollte die Entlastung der Fachkräfte und die Verbesserung, Erleichterung und Beschleunigung der digitalen Zugangs- und Antragswege für BürgerInnen im Fokus stehen. Dies kann zum einen die Effizienz der öffentlichen Verwaltung nachhaltig erhöhen und so u. a. auch den pädagogischen Fachkräften mehr Zeit für die direkte Arbeit mit den Zielgruppen verschaffen, zum anderen den Weg für eine nachhaltige Entbürokratisierung der teilweise recht antiquierten Verwaltungsprozesse ebnen. Die Einführung eines systematischen Risikomanagements ist parallel aufzubauen. Neben der Einführung von elektronischen Akten, digitalen Fallmanagement-Systemen und Online-Beratungsangeboten sind volldigitale Abrechnungsworkflows zwischen öffentlichen und freien Trägern dazu geeignet, die administrativen Tätigkeiten zunehmend reduzieren zu können. Um eine tatsächlich bedarfsgerechte Beplanung und Versorgung von Sozialräumen sicherstellen zu können, ist eine in die Sozialplanung integrierte Jugendhilfeplanung notwendig. Die bedarfsgerechte Steuerung der Angebotslandschaft ist nur dann effizient möglich, wenn alle relevanten regionalen und überregionalen Daten zusammengeführt, digital ausgewertet und im Zusammenhang betrachtet werden können. Data Mining (automatische oder halbautomatische Auswertung komplexer Datenmengen) und Big Data (Daten in großer Vielfalt, Menge und hoher Geschwindigkeit) sind die Stichworte, die auch für die Zukunft der Kinder- und Jugendhilfe hohe Relevanz haben werden. Langfristig werden auch von KI (Künstliche Intelligenz) gesteuerte Produkte Einzug in vielen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe halten. Es ist zu erwarten, dass eine teilweise oder vollumfängliche Bedarfs- und Anspruchsprüfung bei vielen Leistungen der Jugend- und Eingliederungshilfe auch auf dem digitalen Weg ermöglicht werden wird - egal, wie wir uns fachlich oder auch persönlich dazu positionieren wollen. Nachdem „KI-Co-Piloten“ wie Siri oder Alexa Einzug in den Lebensalltag gehalten haben, ist auch zu erwarten, dass KI-gesteuerte psychologische und pädagogische Diagnostik- und Beratungsangebote mittelbis langfristig einen eigenständigen Platz in der Jugendhilfelandschaft einnehmen werden. Fazit Der Fachkräftemangel in der Kinder- und Jugendhilfe hat weitreichende Auswirkungen auf die Zielgruppen der Kinder- und Jugendhilfe, die Fachkräfte selbst und die Garantenrolle und Strukturen der Jugendämter. Es ist von entscheidender Bedeutung, zeitnah aktiv Maßnahmen zu ergreifen, um den Fachkräftemangel zu bewältigen. Die Steigerung der Attraktivität des Berufsfeldes, die verstärkte Nutzung aller digitalen Möglichkeiten und die Chance eines Strukturwandels sind dabei vielversprechende Ansätze. Nur durch gemeinsame Anstrengungen auf allen 81 uj 2 | 2024 Eine Aufforderung an öffentliche und freie Träger Ebenen der Gesellschaft kann die Kinder- und Jugendhilfe langfristig gestärkt und die Unterstützung für Kinder und Jugendliche in schwierigen Lebenssituationen abgesichert werden. Christoph Helms Kreis Pinneberg Fachdienst Jugend/ Soziale Dienste Kurt-Wagener-Str. 11 25337 Elmshorn E-Mail: C.Helms@kreis-pinneberg.de Literatur MDR Aktuell (4. 8. 2022): Bis 2036 gehen 30 Prozent aller Erwerbstätigen in Rente. Verfügbar unter https: / / www.mdr.de/ nachrichten/ deutschland/ wirtschaft/ arbeitsmarkt-babyboomer-dreissig-prozent-in-rente- 100.html Statista Research Department (2023): Berufe mit dem größten Mangel an Fachkräften in Deutschland im Jahr 2022. Verfügbar unter https: / / de.statista.com/ statistik/ daten/ studie/ 1326564/ umfrage/ berufemit-den-groessten-fachkraefteluecken/ a www.reinhardt-verlag.de Die Fachkräfte der Sozialen Arbeit beschäftigen sich mit Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen, regeln Konflikte oder vermitteln Dienstleistungen. Manche verstehen sich eher als BeraterIn, andere eher als ManagerIn, TrainerIn oder als AnwältIn der Benachteiligten. Was aber macht diesen Beruf wirklich aus? In diesem Buch wird ein handlungstheoretisch fundiertes Profil des Berufes entwickelt. Dargestellt werden: • Ziele und Rahmenbedingungen des Berufes • Arbeitsfelder und Tätigkeitsgruppen • Fallbeispiele erfahrener Fachkräfte • Kernkompetenzen Jugendhilfe und Schule 2., durchges. Auflage 2010. 599 Seiten. 18 Abb. 25 Tab. (978-3-497-02147-5) kt
