unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/uj2024.art10d
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Steigende Herausforderungen für die Zielgruppe der stationären Kinder- und Jugendhilfe im Zusammenhang mit dem zunehmenden Fachkräftemangel
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Christoph Ahlborn
Attila Steinbach
Groß war die Erleichterung bei den Tätigen im Handlungsfeld der erzieherischen Hilfen, nachdem wir glaubten, nach drei Jahren am Ende des Coronatunnels ein helles Licht zu sehen. Doch dieses Licht und die Freude, es geschafft zu haben, wurden vom Fachkräftemangel schnell überstrahlt. Plötzlich stand er deutlich sichtbar vor uns, schon Jahre zuvor prognostiziert. Nur wenn die Politik und wir jetzt bereit sind, sofort deutliche Anstrengungen zu unternehmen, kann es uns noch gelingen, fachliche Standards zu sichern, die partiell bereits zu verzeichnende Reduzierung von Angeboten zu verhindern und das Feld der Kinder- und Jugendhilfe weiterzuentwickeln.
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66 unsere jugend, 76. Jg., S. 66 - 75 (2024) DOI 10.2378/ uj2024.art10d © Ernst Reinhardt Verlag Steigende Herausforderungen für die Zielgruppe der stationären Kinder- und Jugendhilfe im Zusammenhang mit dem zunehmenden Fachkräftemangel Aus Sicht der freien Kinder- und Jugendhilfe Groß war die Erleichterung bei den Tätigen im Handlungsfeld der erzieherischen Hilfen, nachdem wir glaubten, nach drei Jahren am Ende des Coronatunnels ein helles Licht zu sehen. Doch dieses Licht und die Freude, es geschafft zu haben, wurden vom Fachkräftemangel schnell überstrahlt. Plötzlich stand er deutlich sichtbar vor uns, schon Jahre zuvor prognostiziert. Nur wenn die Politik und wir jetzt bereit sind, sofort deutliche Anstrengungen zu unternehmen, kann es uns noch gelingen, fachliche Standards zu sichern, die partiell bereits zu verzeichnende Reduzierung von Angeboten zu verhindern und das Feld der Kinder- und Jugendhilfe weiterzuentwickeln. Ausgangssituation Die stationäre Kinder- und Jugendhilfe steht vor enormen Herausforderungen, um ihre Leistungen zukunftsfähig zu gestalten. Diese Leistungen werden in einem sozialhilferechtlichen Kontext erbracht, involvieren das Jugendamt, die Personensorgeberechtigten, Kinder und Jugendliche sowie Sozialunternehmen. Diesen Fachartikel schreiben wir aus Sicht der freien Kinder- und Jugendhilfe. Unseren Beschreibungen, Interpretationen und Ausblicken liegen praktische Erfahrungen aus unserer Arbeit vor Ort zugrunde, sie speisen sich aber auch aus Erkenntnissen, die wir im Rahmen von Austauschgesprächen mit anderen Trägern gewonnen haben, aus regionaler und überregionaler Gre- Attila Steinbach Jg. 1968; Diplom-Sozialpädagoge, Soziologe M. A., Erziehungsleiter, Stellvertretender Heimleiter Caritas-Don Bosco Bildungszentrum Würzburg von Christoph Ahlborn Jg. 1966; Diplom-Sozialarbeiter und Betriebswirt, Vorstandsvorsitzender Stiftung Die Gute Hand Foto: Barbara Bechtloff 67 uj 2 | 2024 Herausforderungen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe mienarbeit und aus Informationen von Fachveranstaltungen. Es entspricht dem gemeinsamen fachlichen Verständnis der Träger der Kinder- und Jugendhilfe, dass an uns als Leistungserbringer, die wir mit Kindern, Jugendlichen und Familien arbeiten und diese unterstützen, klare fachliche Ansprüche gestellt werden. Schließlich geht es hier um eine lebensprägende Begleitung vor allem von Menschen im Entwicklungsalter. Das Fachkräftegebot Daher ist es nur folgerichtig, dass im Bereich der stationären Kinder- und Jugendhilfe nur ausgebildete Fachkräfte beschäftigt werden dürfen. Dies sind zum weit überwiegenden Teil ErzieherInnen und SozialpädagogInnen. Die Überwachung der Einhaltung des Fachkräftegebots fällt in den Zuständigkeitsbereich der Landesjugendämter. Leider gibt es keine einheitliche bundesweite Definition für Fachkräfte, was zu regionalen Unterschieden bei der Verfügbarkeit führt. Es ist unverständlich, dass die Berufsanerkennung für Fachkräfte von Bundesland zu Bundesland variiert. Es bedarf dringend einer politischen Klärung und einer Beendigung des Zuständigkeitsstreits zwischen Landesjugendämtern und Ministerien. Alle Beteiligten müssen gemeinsam und zügig Lösungen erarbeiten, um das Wohl der Kinder und Jugendlichen sicherzustellen. Ursachen/ Problemlagen/ Herausforderungen aufgrund des Fachkräftemangels in den stationären Einrichtungen Fachkräftemangel/ Ursachen Die Ursachen des Fachkräftemangels in der stationären Jugendhilfe sind vielfältig und resultieren aus verschiedenen Faktoren. Ein Hauptgrund ist die schrittweise Verrentung der Babyboomer- Generation, die eine Lücke auf dem Arbeitsmarkt hinterlässt. Bis 2026 werden in unserem Arbeitsfeld erhebliche Bedarfe bei ErzieherInnen (26.192) und SozialpädagogInnen (20.268) erwartet (vgl. DGS 2023), weil gleichzeitig die Nachfrage aufgrund des Rechtsanspruchs auf Kindertagesstättenplätze und den offenen Ganztag steigt. Der demografische Wandel führt zu einem Mehrbedarf an Fachkräften im sozialen Bereich. Neben der erhöhten Nachfrage nach Fachkräften sind physische und psychische Belastungen und weitere Nachteile durch ein Vollschichtsystem die Gründe dafür, dass Personalbindung und Personalrekrutierung in der stationären Jugendhilfe zunehmend schwieriger werden. Ein rotierendes Schichtsystem mit unterschiedlichen Arbeitszeiten in den verschiedenen Wochenzyklen beeinträchtigt die Teilhabe an Sozialkontakten und an der Ausübung von regelmäßigen Freizeitaktivitäten in sozialen Gruppen. Die Aufrechterhaltung der notwendigen Qualitätsstandards im Rahmen einer stationären Betreuung von Kindern und Jugendlichen erfordert ein hohes Maß an Flexibilität der MitarbeiterInnen, die auch das Privatleben betreffen kann. Ausfälle in der Dienstplangestaltung und unvorhersehbare Termine, welche begleitet werden müssen, sind auf der Tagesordnung. Eine vorhersagbare Work-Life-Balance kann nicht immer gewährleistet werden. Der Personalschlüssel dieser sehr kostenintensiven Betreuungsform ist recht knapp bemessen, wenn man bedenkt, dass die meisten stationären Formen der Jugendhilfe 356 Tage im Jahr und häufig 24 Stunden am Tag abdecken müssen. Herausfordernde Verhaltensweisen, die Komplexität von Störungen und Krankheitsbilder seitens der Klientel nehmen zu. Das Zusammenwirken dieser Faktoren benachteiligt den Bereich der stationären Kinder- und Jugendhilfe im Rahmen der Konkurrenz um Fachkräfte. Der Arbeitgebermarkt wird zum Arbeitnehmermarkt. Aufgrund dieser sehr angespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt und der Vielzahl an offenen Stellen können sich Bewerbende 68 uj 2 | 2024 Herausforderungen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe ihren zukünftigen Arbeitgeber in aller Ruhe aussuchen. Insbesondere für viele junge Menschen stehen dabei Themen wie die KollegInnen im Team, Zusammenhalt, Work-Life- Balance, Arbeitszeitmodelle, Erreichbarkeit der Arbeitsstelle, Weiterbildung, Entwicklungsmöglichkeiten, Karriere, Gehalt, Image des Unternehmens und Gesundheit, um nur einige Punkte zu nennen, im Vordergrund. Um diesen Teufelskreis aus den genannten Faktoren zu durchbrechen, sind Interventionen auf institutioneller Ebene und auch politische Maßnahmen erforderlich. Aber welche konkreten Konsequenzen hat der Fachkräftemangel für das System der stationären Jugendhilfe? Folgen/ Problemlagen/ Herausforderungen auf der Leitungs- und Einrichtungsebene Die Organisationen stehen aufgrund des Fachkräftemangels, der in erster Linie zu einer höheren Fluktuation führt, vor zunehmenden Herausforderungen. Die Neubesetzung von Stellen dauert länger und die Qualifikationsanforderungen bei den Einstellungen müssen teilweise gesenkt werden. Es sind Sonderverhandlungen mit den Landesjugendämtern und Heimaufsichten erforderlich, um vorübergehend Personal einzustellen. Betreuungskräfte wie ErziehungshelferInnen und QuereinsteigerInnen benötigen aber intensive Anleitung. Der Mangel an Personal führt auch zu geringerer Bereitschaft, übergreifende Aufgaben wahrzunehmen. Vakante Gruppenleitungsstellen werden ungern übernommen. Die stabilen Teamstrukturen bröckeln und die Leitungsebene muss verstärkt Leitplanken setzen. Gruppenschließungen werden als letzte Lösung gesehen, um die Betreuung sicherzustellen. Der Generationenwechsel und die „Gen Z“-MitarbeiterInnen bringen neue Chancen und Herausforderungen mit sich. Themen wie ein guter Zusammenhalt im Team, Work-Life-Balance, Arbeitszeitmodelle und Weiterbildung sind für sie zunehmend wichtiger. Die MitarbeiterInnen haben höhere Erwartungen an den Arbeitgeber und suchen nach individuell passenden Stellen. Der Fachkräftemangel beeinflusst auch die Belegung und Aufnahmebereitschaft der Einrichtungen. Auswahlkriterien werden strenger, auch um die geschwächten Teams zu schonen. Dies kann zu Schließungen von Gruppen und der Einschränkung der Verfügbarkeit von Inobhutnahmeplätzen führen, die Betreuungsqualität kann abnehmen und es kann länger dauern, bis Kinder und Jugendliche versorgt werden können. Der Fachkräftemangel in den Jugendämtern beeinträchtigt den Hilfeprozess in den Einrichtungen zusätzlich. Die Zuständigkeiten wechseln häufig oder sind oft unklar. Die Kommunikation leidet an fehlender Kontinuität und Stabilität, eine zuverlässige Erreichbarkeit ist nicht immer gegeben. Häufig werden Fälle von BerufseinsteigerInnen übernommen, welche sich noch in der Einarbeitung befinden und Kenntnisse erwerben müssen. Folgen/ Problemlagen/ Herausforderungen auf der Team- und Gruppenebene Neben organisatorischen Aspekten auf der Einrichtungs- und Leitungsebene sind gut funktionierende Gruppenteams entscheidend für den erfolgreichen Hilfeprozess und für eine angemessene Erfüllung der Hilfebedarfe. Kontinuität in der Teamzusammensetzung ist von großer Bedeutung. Hohe Fluktuation, unbesetzte Stellen, begrenzte Kompetenzen und gruppenübergreifende Einsätze können die Betreuungsqualität beeinträchtigen und Teams schwächen. Personalmangel lenkt die Aufmerksamkeit auf die Dienstplangestaltung und kann zu Konflikten führen, die den Teamzusammenhalt beeinträchtigen können. Zunehmende Krankheitstage können die Teamkohärenz weiter schwächen. 69 uj 2 | 2024 Herausforderungen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe Folgen/ Problemlagen/ Herausforderungen auf der Ebene der einzelnen MitarbeiterInnen Eine weitere Herausforderung ist der Umgang mit den physischen und psychischen Belastungen, unter denen Mitarbeitende zunehmend leiden. Dadurch bedingte Krankheitsausfälle können die Dienstplangestaltung zusätzlich erschweren. Störungen in der Dienstabdeckung erfordern häufigeres Einspringen von KollegInnen und können die Erholung der Belegschaft negativ beeinflussen. Zudem sind gruppenübergreifende Einsätze und eine steigende Flexibilität notwendig. Fachkräfte müssen vermehrt Dienste allein bewältigen, wechseln oft zwischen Wohngruppen und leben in der Sorge, dass ihre Gruppe doch noch geschlossen werden könnte. Die pädagogischen Anforderungen im Gruppenalltag steigen aufgrund der zunehmenden Hilfebedarfe und der herausfordernden Verhaltensweisen der Kinder und Jugendlichen. Um damit umzugehen, sind stabile Strukturen und Beziehungen erforderlich. Der steigende Hilfebedarf der BewohnerInnen belastet die MitarbeiterInnen, die Aufgaben werden auf weniger Schultern verteilt, was die Zufriedenheit der MitarbeiterInnen beeinträchtigen kann und wiederum Krankheitstage häufiger werden lässt. Folgen/ Problemlagen/ Herausforderungen auf der Ebene der BewohnerInnen BewohnerInnen in familienersetzenden, stationären Einrichtungen haben oft Brüche in ihren Biografien erlebt. Die pädagogischen Maßnahmen zielen darauf ab, diese Brüche auszugleichen und eine stabile Entwicklung zu fördern. Besonders Kinder benötigen Kontinuität und Stabilität, die jedoch bei Störungen in der Betreuungsstruktur wie Personalmangel verloren gehen. Hohe Fluktuation und wechselnde Bezugspersonen erschweren den Bindungs- und Beziehungsaufbau. Die Zeit für eine angemessene Hilfeplanung fehlt oft, was die Entwicklungsförderung beeinträchtigen kann. Mögliche Folgen können eine Reduzierung der Elternarbeit und die Einschränkung von Freizeitangeboten sein. Ältere Jugendliche über 18 Jahre, die nicht mitwirkungsbereit sind, werden schneller entlassen. Maßnahmen zur Bewältigung der Herausforderungen bezüglich des Fachkräftemangels Was bedeuten diese Bedingungs- und Wirkfaktoren ganz konkret für die kurz-, mittel- und langfristige Gestaltung des Bereichs der stationären Kinder- und Jugendhilfe? Welche Maßnahmen gibt es bereits, welche gilt es zu entwickeln und welche Herausforderungen gilt es zu bewältigen? Stationäre Jugendhilfe bietet Kindern und Jugendlichen, die aus verschiedenen Gründen nicht mehr zu Hause leben können, liebevolle und qualifizierte Unterstützung rund um die Uhr. Die Herausforderung besteht darin, die Qualität der Dienste trotz des Fachkräftemangels aufrechtzuerhalten. Unsere Ziele sind: 1. Sicherung der vorhandenen Betreuungsplätze 2. Bereitstellung hochwertiger Betreuungsleistungen 3. Entwicklung der Jugendhilfe in Richtung eines inklusiven Angebots für alle, unabhängig von Behinderungen 4. Attraktiver Arbeitgeber für MitarbeiterInnen zu sein Um dies zu erreichen, benötigen wir qualifizierte und engagierte MitarbeiterInnen, welche jedoch zunehmend schwer zu finden sind. Dazu passt folgende Aussage: „Als mein Chef mich letztens überall gesucht hat und gefragt hat, wo ich war, konnte ich nur antworten: Gute Mitarbeiter sind halt schwer zu finden.“ Wie können wir die vorhandenen Angebote sichern, wenn erfahrene MitarbeiterInnen altersbedingt aus- 70 uj 2 | 2024 Herausforderungen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe scheiden und der Bedarf an Personal in der Erziehungs- und Sozialarbeit steigt? Unser Fokus liegt auf der Wertschätzung und Qualifizierung bestehender MitarbeiterInnen sowie auf der Gewinnung und langfristigen Bindung neuer, oft jüngerer Fachkräfte. Die Herausforderung für Führungskräfte sowie für MitarbeiterInnen besteht darin, die laufende Arbeit zu gewährleisten, neue Entwicklungen zu berücksichtigen und konstruktive Lösungen zu finden, stets im Gleichgewicht zwischen Kindeswohl und Betreuungsmöglichkeiten. Um zu verhindern, dass Betreuungsplätze unbesetzt bleiben oder Gruppen geschlossen werden, müssen die Träger der Jugendhilfe sowie die Politik sich mit strategischer Personalentwicklung auseinandersetzen. Die Bindung, Entwicklung und Gewinnung von MitarbeiterInnen sind zentrale Aufgaben, die beschrieben und umgesetzt werden müssen. Antworten/ Lösungsvorschläge aus Sicht der Träger und Einrichtungen Die aktuellen Herausforderungen in Bezug auf Personal- und Fachkräftemangel erfordern vielfältige Maßnahmen und Anstrengungen von Leitungskräften und MitarbeiterInnen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Dies bedeutet, dass Ressourcen in Form von Zeit und Geld für die Umsetzung dieser Maßnahmen investiert werden müssen. Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die bestehenden Organisationsleistungen mit den aktuellen Einschränkungen und Herausforderungen in Einklang zu bringen und die Institution stabil und zukunftsorientiert zu entwickeln. Dies erfordert einen kontinuierlichen Austausch, regelmäßige Reflexion und die Bereitschaft, bestehende Strukturen zu überdenken und gegebenenfalls anzupassen. Dies setzt Innovations- und Risikobereitschaft voraus, besonders in unsicheren Zeiten. Unabhängig davon, welche Faktoren ursächlich für den steigenden Personalbedarf und den damit einhergehenden Fachkräftemangel in unseren Diensten sind, ist es die Aufgabe der Träger und ihrer Einrichtungen, eine möglichst langfristige Bindung und eine erfolgreiche Rekrutierung von Arbeitskräften zu erreichen. Maßnahmen der Personalbindung, u. a. durch Gestaltung der Arbeitsplatzbedingungen Für die in unseren Einrichtungen tätigen MitarbeiterInnen und für neue MitarbeiterInnen gilt es die Arbeitsplatzbedingungen attraktiv(-er) zu gestalten. Dafür können folgende Maßnahmen ergriffen werden: ➤ Entfristung von Verträgen: Unter Berücksichtigung der aktuellen Umstände sollten bestehende Verträge, insbesondere bei Elternzeitvertretungen, frühzeitig auf Entfristung geprüft werden. In Erwägung gezogen werden sollte auch der grundsätzliche Verzicht auf Befristungen angesichts hoher Fluktuation. ➤ Berufliche Qualifizierung und Supervision: MitarbeiterInnen sollte weiterhin in ausreichendem Maß die Möglichkeit geboten werden, sich beruflich weiterzubilden und zu qualifizieren. Supervision fördert die Teamarbeit, die Konfliktlösung, Supervision ist ein unmittelbarer Beitrag zur Arbeitsunterstützung und Optimierung sowie zur Teambildung. ➤ Burn-out-Prophylaxe: Die Fürsorge für die MitarbeiterInnen ist in jedem Unternehmen von großer Bedeutung. Neben kollegialer Unterstützung und Supervision kann es sinnvoll sein, eine externe Burn-out- Prophylaxe anzubieten, wahlweise auch anonym. ➤ Work-Life-Balance: Angesichts steigender Belastungsfaktoren gewinnt die Work- Life-Balance an Bedeutung. Immer mehr KollegInnen fühlen sich erschöpft durch die Anforderungen des Arbeitsalltags. Eine achtsame Berücksichtigung persönlicher Bedürfnisse kann dabei helfen, ein gesundes Gleichgewicht zwischen Arbeits- und Privatleben zu finden und 71 uj 2 | 2024 Herausforderungen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe stressige Phasen zu bewältigen. Unternehmen denken zunehmend über Maßnahmen zur Förderung der Work-Life-Balance nach, besonders für die Generation Z ist dies von großer Bedeutung. ➤ Dienstplangestaltung: Arbeitszeitmodelle für stationäre Wohngruppen sollten regelmäßig auf Aktualität und Gesetzeskonformität überprüft werden. Die Beteiligung der MitarbeiterInnen an der Dienstplanerstellung, die Berücksichtigung von Freiwünschen und individuellen Lebensgewohnheiten sowie die Flexibilität des Dienstplans für phasenweise Anpassungen und Veränderungen der Wochenarbeitszeit wirken äußerst positiv. Es sollte auch weiterhin die Möglichkeit bestehen, Überstunden oder Urlaubstage auszahlen zu lassen. Pausen sind gesetzlich vorgeschrieben, werden aber in herausfordernden Situationen oft nicht genommen. Vor Ort sollten praktikable Lösungen gefunden werden, um MitarbeiterInnen in belastenden Situationen Erholungspausen zu ermöglichen. ➤ Ausfallmanagement: Die Planbarkeit der Dienste und der persönlichen Freizeit ist entscheidend. Ein Ansatz zur Steigerung der Verlässlichkeit könnte ein Abrufplan sein, bei dem vorab geplante Ersatzkräfte kurzfristig einspringen können. MitarbeiterInnen erklären sich einverstanden, im Bedarfsfall kurzfristig einzuspringen und werden dafür zusätzlich vergütet. ➤ Vertrauensarbeitszeit: In einigen Bereichen ist Vertrauensarbeitszeit möglich, was MitarbeiterInnen mehr Flexibilität ohne zeitaufwendige Arbeitszeitaufzeichnungen ermöglicht. Sie können eigenverantwortlich oder nach Dienstplan arbeiten, ohne die bürokratischen Zwänge einer Arbeitszeiterfassung. Dies kann zu einer erhöhten Flexibilität bei der Gestaltung von Berufs- und Privatleben führen. ➤ Homeoffice: Dass es auch begrenzte Möglichkeiten für Homeoffice in der Kinder- und Jugendhilfe gibt, hat sich während der Coronapandemie gezeigt. Es sollte geprüft werden, wie dieser Ansatz in den Arbeitsalltag integriert werden kann, um stressfreier und konzentrierter arbeiten zu können, ohne die Bedürfnisse der Betreuten zu vernachlässigen. ➤ Gesundheitsmanagement: Arbeitgeber können Maßnahmen für die Gesundheit der MitarbeiterInnen ergreifen, wie das Leasing hochwertiger Fahrräder und E-Bikes, Angebote zur Regeneration während der Arbeitszeit, die Einrichtung eines Fitnessraums oder Kooperationen mit Fitnessstudios. ➤ Materielle Vergünstigungen: Der Dienstgeber kann zusätzlich prüfen, welche materiellen Vergünstigungen er seinen MitarbeiterInnen bieten kann. Exemplarisch seien hier z. B. Beteiligung an den Kosten des Deutschlandtickets/ Jobtickets, Vergünstigungen durch die Mitgliedschaft auf Einkaufsplattformen, Gutscheine für Sportstudios, Tankgutscheine o. Ä. benannt. ➤ Verbesserung der internen Kommunikation und Zusammenarbeit: Ganz bewusst sollten nach der Coronapandemie wieder mehr Räume und Möglichkeiten geschaffen werden, um sich persönlich begegnen zu können. Dies kann durch gemeinsame Fortbildungen, Feste und Feiern, eine stärkere Beteiligung von MitarbeiterInnen durch das gezielte Einbringen eigener Kompetenzen, Fähigkeiten und Erfahrungen, z. B. im Format von Angeboten und Workshops, erreicht werden. ➤ Junge Menschen binden und für die Arbeit gewinnen: Junge Menschen, die unsere Einrichtungen und Dienste schon früh z. B. über ein FSJ oder im Rahmen eines Praktikums kennenlernen, sollten wir rechtzeitig aktiv für eine Weiterarbeit bei uns ansprechen und gewinnen. Diese Maßnahmen können dazu beitragen, für mehr Arbeitsplatzzufriedenheit zu sorgen und dadurch unsere MitarbeiterInnen zu binden. Gleichzeitig erhöhen solche Angebote die Attraktivität für potenzielle Fachkräfte. Alle Zusatz- 72 uj 2 | 2024 Herausforderungen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe leistungen oder Prämien müssen unter dem Aspekt der Machbarkeit (Organisation) und der Finanzierungsmöglichkeiten gesehen werden. Je nach personellen und finanziellen Möglichkeiten wird es zu unterschiedlichen Realisierungsmöglichkeiten kommen und somit zu Wettbewerbsvor- und -nachteilen. Mögliche negative Auswirkungen auf die Betreuungsqualität sind dabei zu vermeiden. Maßnahmen der Personalrekrutierung Obwohl die Anzahl der Fachkräfte und Studierenden im sozialen Bereich in den letzten Jahren gestiegen ist, reicht das vorhandene Angebot nicht aus. Um Gruppenschließungen und Qualitätsverluste zu verhindern, sollte das Ziel sein, die Quantität zu erhöhen, ohne die Qualität zu beeinträchtigen. Die Rekrutierung geeigneten Personals ist daher eine zusätzliche Herausforderung für Träger und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Die Verlagerung von einem Arbeitgeberzu einem Arbeitnehmermarkt beeinflusst die Personalrekrutierung erheblich. Wie bereits im vorherigen Absatz erwähnt, sind die Arbeitsbedingungen von großer Bedeutung. Es gibt jedoch auch weitere Erfolgsfaktoren in der Personalrekrutierung. ➤ Sichtbarkeit erhöhen/ Öffentlichkeitsarbeit verstärken: Um die Personalrekrutierung erfolgreich zu gestalten, ist es entscheidend, die Sichtbarkeit und Öffentlichkeitsarbeit zu verbessern. Dies erfordert den Einsatz moderner Medien und traditioneller Werbemethoden, um eine angemessene Präsenz zu erreichen. Gezielte Fachkräfte- Anwerbekampagnen können dazu beitragen, Standortnachteile abzubauen. ➤ Auf- und Ausbau von Kooperationen mit Studien- und Ausbildungsinstitutionen: Der Ausbau von Kooperationen mit Bildungseinrichtungen, darunter HEP- Schulen, Fachakademien, Fachhochschulen und Universitäten, ist unerlässlich. Dies fördert die Gewinnung und Qualifizierung von Arbeitskräften, indem das Netzwerk zwischen Bildungsinstitutionen und der Praxis intensiviert und erweitert wird. Besonderes Augenmerk sollte auf die Förderung des Bereichs Kinder- und Jugendhilfe in Fachakademien sowie in Schulen, Ausbildungsstätten und Universitäten gelegt werden. Die Zusammenarbeit mit Anbietern von berufsbegleitenden Ausbildungs- und Studiengängen kann eine Win-win-Situation für alle Beteiligten schaffen. ➤ Professionelle Bewerbungsverfahren: In der heutigen Zeit ist es entscheidend, Bewerbungen zeitnah und zuverlässig zu bearbeiten. Der erste Eindruck, den BewerberInnen von ihrem potenziellen Arbeitgeber erhalten, ist oft ausschlaggebend. Daher sollten Träger und Einrichtungen den Bewerbungsprozess systematisieren, möglicherweise mithilfe von Bewerbungssoftwares. Dies ermöglicht nicht nur automatisierte Abläufe wie den Versand von Eingangsbestätigungen, sondern auch die zügige Kommunikation von Zwischeninformationen und die Möglichkeit, nicht ausgewählte BewerberInnen in Bewerbungspools aufzunehmen. ➤ Probearbeiten/ Hospitationen: Im Rahmen des Bewerbungsverfahrens sollten die Möglichkeiten von Probearbeiten und Hospitationen erweitert werden und als eine besondere Form der Gewinnung von MitarbeiterInnen begriffen und konzeptionell erfasst werden. ➤ Einarbeitungsqualifizierung: Insbesondere junge BerufseinsteigerInnen benötigen nach ihrer Ausbildung oder ihrem Studium weitere Anleitung, um ihre Tätigkeit in der stationären Kinder- und Jugendhilfe fachgerecht auszuüben. Träger und Einrichtungen sollten den sogenannten Onboarding-Prozess, also die qualifizierte Einarbeitung, genauer beschreiben und intensiver gestalten. Einführungsveranstaltungen, Patenschaften durch erfahrene MitarbeiterInnen und kurze Kommunikationswege können dabei unterstützen. 73 uj 2 | 2024 Herausforderungen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe Aufgaben der Leitungskräfte Leitungskräfte spielen eine entscheidende Rolle, indem sie Impulse setzen und Räume für Neugestaltungen schaffen. In Zusammenarbeit mit den vor Ort tätigen Fachkräften ist es wichtig, klare Leitplanken festzulegen, die fachlichen Standards und die Werte der Einrichtung zu definieren, welche den MitarbeiterInnen als Orientierung dienen. Es ist erforderlich, bestehende Strukturen flexibler und anpassungsfähiger zu gestalten. Die Balance zwischen der Bindung von MitarbeiterInnen und Neueinstellungen bleibt eine große Herausforderung. Eine präsente Leitungsebene mit flachen Hierarchien fördert die Eigenverantwortung der MitarbeiterInnen und stärkt ihr Selbstwirksamkeitsgefühl. In Fällen, in denen Stellen trotz aller Recruiting-Maßnahmen längere Zeit unbesetzt bleiben, müssen die Verantwortlichen unter Umständen schwierige Entscheidungen treffen, wie vorübergehende Gruppenschließungen. Dies dient der Vermeidung von dauerhaften Überforderungssituationen bei den MitarbeiterInnen und dem Erhalt der Betreuungsqualität, auch wenn die Reduzierung von Betreuungsplätzen vermieden werden soll. Im Sinne eines „Offboardings“ ist es wichtig, MitarbeiterInnen, welche die Institution freiwillig verlassen, die Möglichkeit einer Rückkehr offenzuhalten. Die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen, insbesondere auf Leitungsebene, kann in schwierigen Zeiten von Vorteil sein, um sich gegenseitig zu unterstützen. MitarbeiterInnen auf mittlerer Führungsebene, z. B. Erziehungs- und Bereichsleitungen, verbringen einen erheblichen Teil ihrer Zeit mit der Bewältigung von Aufgaben wie Teamdynamik-Regulierung, persönlichen Gesprächen mit MitarbeiterInnen, individuellem Coaching und Einarbeitung. Früher wurden diese Aufgaben oft innerhalb der Gruppe erledigt, wofür heute häufig die Zeit fehlt. Daher benötigen MitarbeiterInnen auf mittlerer Führungsebene eine konstante Unterstützung und Verzahnung mit der Einrichtungsleitung. Aufgaben auf der Team-Ebene Um Belastungstendenzen zu reduzieren und die Zufriedenheit der MitarbeiterInnen zu steigern, ist ein wertschätzendes Arbeitsklima in den Teams und im gesamten Unternehmen von zentraler Bedeutung. Um MitarbeiterInnen zu halten und neue zu gewinnen, sollten Maßnahmen zur Stärkung des Teamgefühls und des Zusammenhalts verstärkt werden. Die Förderung von Selbstverantwortung und Selbstwirksamkeit in den Teams ist dabei entscheidend. Dies kann durch die Übertragung von Verantwortung, mehr Freiheit bei der Dienstabdeckung, der Gestaltung von pädagogischen Interventionen und der Aufgabenteilung erreicht werden. Motivationsfördernde Maßnahmen sollten die individuellen Kompetenzen der Teammitglieder nutzen und gezielt einsetzen. Neben der Förderung der Eigenverantwortung gewinnen Teambuilding-Maßnahmen an Bedeutung, um das Teamgefühl zu stärken und ein positives Arbeitsklima zu schaffen. Teamaktivitäten, Ausflüge und alltägliche Rituale wie gemeinsame Pausen oder Frühstück während der Teamsitzungen können dazu beitragen. Die Unterstützung und Förderung solcher Maßnahmen durch die Gesamtorganisation ist entscheidend. Sicherheit, Wertschätzung und regelmäßiges Feedback tragen ebenfalls zur positiven Teamstimmung bei. Trotz der Autonomie und Selbstverantwortung der Teams sollten sie in einen organisatorischen Rahmen auf Einrichtungs- und Leitungsebene eingebettet sein. Beratungs- und Gesprächsangebote müssen leicht zugänglich sein und Personalentwicklungsgespräche fördern Fürsorge, Vertrauen und Bindung. Die Zusammenarbeit zwischen den Teams bietet die Möglichkeit, den Zusammenhalt im Unternehmen zu stärken und Synergieeffekte zu nutzen. Dafür ist eine gute Einbindung der Teams und Teammitglieder in das Gesamtsystem erforderlich, um ein gemeinsames Verantwortungsgefühl auch gruppenübergreifend zu entwickeln. Übergreifende Sitzungen und Konferenzen für MitarbeiterInnen können 74 uj 2 | 2024 Herausforderungen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe die Synergieeffekte fördern. Innovative Ideen zur Anpassung der Rahmenbedingungen für die Teams sind notwendig, um die Effizienz trotz begrenzter Ressourcen zu gewährleisten. Die Anstellung von Teilzeitkräften und die Aufteilung von Vollzeitstellen in Halbtagesstellen können hierbei hilfreich sein, ohne die Betreuungsleistung zu beeinträchtigen. Aufgaben auf der BewohnerInnen-/ Betreuten-Ebene Die Verantwortung der Kinder- und Jugendhilfeorganisationen gegenüber ihren AdressatInnen, den KlientInnen, steht an erster Stelle. Daher müssen alle Veränderungen und Anpassungen immer im Hinblick auf ihre möglichen Auswirkungen auf die Betreuten überprüft werden, wobei das Wohl der Kinder und Jugendlichen besonders berücksichtigt werden muss. Es hat sich als äußerst vorteilhaft erwiesen, die BewohnerInnen in geplante Veränderungen einzubeziehen. Frühzeitige und angemessene Gespräche über bevorstehende Veränderungen entsprechen der partizipativen Arbeitsweise in der Kinder- und Jugendhilfe. Ein Beispiel: In Zeiten des Fachkräftemangels gehört auch die konkrete Ausgestaltung von Hilfen auf den Prüfstand. Ist unter bindungstheoretischen Aspekten tatsächlich nur ein 24-Stunden-Dienst vertretbar oder bedarf es nicht einer differenzierteren, personenzentrierten Betrachtung? Ein Beispiel, welches deutlich macht, dass in einer Mangelverwaltung auch eine Chance liegen kann. Warum nicht tradierte Handlungsmuster einer kritischen Begutachtung unterziehen - am besten ergebnisoffen und unter Einbeziehung derjenigen, die solche Veränderungen direkt betreffen, nämlich die von uns zu betreuenden Kinder und Jugendlichen. In einem konkreten Fall erhielten wir aus einer Jugendwohngruppe die Rückmeldung, dass es für sie weniger entscheidend ist, ob MitarbeiterInnen 24-Stunden-Dienste versehen. Für sie war es viel wichtiger zu wissen, wer wann in den Dienst kommt und wer wann den Dienst verlässt. Antworten/ Lösungsvorschläge im Rahmen der Verantwortungsgemeinschaft Soziale Organisationen wie Träger und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sind Unternehmen mit einer besonderen Verantwortung für ihre AdressatInnen, KlientInnen, ihre MitarbeiterInnen und die Gesellschaft als Ganzes. Wie die gezeigten Ausführungen deutlich machen, setzen sich die Träger und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sehr intensiv damit auseinander, wie sie in diesen Zeiten ihre Verantwortung übernehmen können. Es wird deutlich, dass die Herausforderungen die Kinder- und Jugendhilfe insgesamt betreffen und somit die strukturelle Architektur des gesamten Systems. Daher kann und darf es nicht die alleinige Aufgabe der Träger und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sein, diese Herausforderung zu bewältigen, sondern es bedarf einer gemeinsamen Verantwortung im System der öffentlichen und privaten Träger. Mittlerweile ist der Handlungsdruck, den wir als Garanten vor Ort haben, auch in den Kommunen, auf Landes- und Bundesebene angekommen. Unsere Forderungen wie ➤ bundeseinheitliche Auslegung des Fachkräftegebots gemäß § 72 SGB VIII ➤ zügigere Anerkennung von vergleichbaren ausländischen Abschlüssen ➤ Beschäftigungsmöglichkeiten für Zusatzkräfte für unterstützende Aufgaben zur Entlastung von Fachkräften ➤ Einsatz von Kräften in der Nachtbereitschaft ➤ erweiterte Einsatzmöglichkeiten von Menschen in Ausbildung und Studium ➤ Beschäftigungsoptionen von sonstigen geeigneten Kräften und/ oder Fachkräften ➤ attraktive Freiwilligendienste ohne die geplanten finanziellen Einschränkungen finden Gehör. 75 uj 2 | 2024 Herausforderungen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe Eine zeitnahe Umsetzung ist jedoch dringend erforderlich. Ankündigungen und Versprechen müssen nun sehr schnell Taten folgen, damit wir keine weiteren Betreuungsplätze verlieren und die jetzt schon spürbare Versorgungsnot sich nicht weiter verschlimmert. Wir begrüßen ausdrücklich die deutlichen Tarifsteigerungen, die eingeführten Überstundenzuschläge und auch das Angebot von Regenerationstagen, mit denen unsere Leistungen für die Gesellschaft als Ganzes anerkannt werden. Diese Änderungen tragen mit dazu bei, das Arbeitsfeld attraktiver zu gestalten. Gleichwohl bedarf es weiterer deutlicher Anstrengungen, insbesondere wenn es beispielsweise darum geht, kurzfristig Dienste zu übernehmen oder im Rahmen des Stellenplans Ausfälle kompensieren zu müssen, um die Betreuung aufrechterhalten zu können. Die Übernahme solcher zusätzlichen Dienste, die in der geplanten Freizeit liegen, muss auch einen deutlichen finanziellen Mehrwert haben. Resümee All diese Maßnahmen auf der Ebene der Träger und Einrichtungen und auf den politischen Ebenen zielen in ihrem Zusammenwirken darauf ab, die Betreuungsstandards in der Kinder- und Jugendhilfe zu erhalten und Betreuungsplätze zu sichern. Wir möchten auch in Zukunft vielen Menschen, die unsere Unterstützung möchten und benötigen, diese anbieten können. Unser Dank gilt all den vielen AkteurInnen, die dazu jeden Tag ihren beruflichen Beitrag leisten und das in diesen besonders herausfordernden Zeiten. Viele von uns sehen diese Zeit auch als Chance. Nimm der Krise das Krisenhafte, um handlungsfähig zu bleiben. So verstanden kann ein Mangel oder eine Krise im überschaubaren Rahmen auch zusammenschweißen. Nicht zuletzt kann ein vorhandener Mangel Innovationen fördern und kreative Lösungen hervorbringen. In diesem Sinne sind wir optimistisch, auch zukünftig handlungsfähig zu bleiben und diese Verantwortung zum Wohl der uns anvertrauten Menschen, aber auch derjenigen, die bei uns und mit uns arbeiten, tragen zu können. Christoph Ahlborn Stiftung Die Gute Hand Jahnstr. 31 51515 Kürten E-Mail: c.ahlborn@die-gute-hand.de Attila Steinbach Caritas-Don Bosco gGmbH Schottenanger 15 97082 Würzburg E-Mail: steinbach.a@caritas-donbosco.de Literatur DGS - Die Caritas-Dienstgeber (2023): Fachkräftesituation in Deutschland: Wo sind wir in fünf Jahren? In: https: / / caritas-dienstgeber.de/ detail-news/ fachkraef tesituation-in-deutschland-aktuelle-forschungsergeb nisse/ , 10. 11. 2023
