unsere jugend
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Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/uj2024.art18d
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2024
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Rezension: Frau Frühling hat 30 Kinder
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Katrin Behrens
Silvia Haßmann-Vey
Das Thema Vormundschaft hat in der Jugendhilfe bisher ein wenig beleuchtetes Dasein gefristet – es gehört irgendwie dazu, aber wie verknüpft sich das Agieren der VormundInnen am besten mit dem der anderen BetreuerInnen? Wie klar werden den betroffenen Kindern die Rolle und die Aufgaben ihres Vormunds oder ihrer Vormundin vermittelt? Wissen sie eigentlich, wie wichtig diese Person als SprecherIn, VertreterIn und EntscheiderIn für ihr ureigenes Kindeswohl ist? Der Reigen der erwachsenen Betreuungspersonen rund um junge Personen, die Jugendhilfe empfangen, ist groß und der Begriff „VormundIn“ selbst trägt auch nicht unbedingt zum schnellen Verständnis bei. Das Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft e.V. hat sich in den vergangenen Jahren sehr um eine bessere Vermittlung der Vormundschaft verdient gemacht und nun – sehr zur Freude der pädagogischen Fachkräfte, die ja die Aufgabe haben, den Kindern die Jugendhilfe und ihre Maßnahmen verständlich zu erklären – auch ein Bilderbuch für Kinder zum Thema herausgebracht. Es richtet sich an Kinder, vermutlich ab ca. vier Jahren bis ins Grundschulalter hinein, und ihre Bezugspersonen – soll also denen, die mit Vormundschaft zu tun haben, als Aufklärungsbuch und Gesprächsanlass rund um das Thema Vormundschaft dienen.
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136 uj 3 | 2024 Rezensionen Sechs Fragen - Abschließende Überlegungen zur Geschichte des Säuglingsheims ist der vierte Teil des Buches überschrieben. Statt einer Bilanz werden darin Fragen formuliert, die die Widersprüche, die unterschiedlichen Entwicklungen der Säuglingsheime in der Bundesrepublik und in der DDR, die Rolle des Staates und die Rolle der gesellschaftlichen Bilder über Familien und besonders über Mütter noch einmal in den Blick nehmen. Das Feld dieser Widersprüche spannt sich auf zwischen dem Beharren des Fürsorgestaates auf einer alternativlos erscheinenden Unterbringung von einem Teil von Säuglingen und der Haltung der VertreterInnen der Bindungstheorie, nach denen auch das schlechteste Aufwachsen in einer Familie besser sei als das Aufwachsen in einem Heim. „Children thrive better in bad homes than in good institutions“ lautet einer der berühmtesten Sätze John Bowlbys. Dieses Spannungsfeld bleibt der Kinder- und Jugendhilfe, den Familiengerichten und den Institutionen des Aufwachsens von Kindern bis heute erhalten. Es ist, wenn man so will, ein Erbe der Geschichte der Säuglingsheime. Wenn es darauf eine richtige Antwort gäbe, so wäre es wohl die, dass es manchmal in einem Kinderleben nicht mehr und nicht weniger zu tun gibt, als den Kindern einen sicheren Ort zu geben, an dem sie mit zuversichtlicher Freundlichkeit aufgenommen werden. Dr. Maria Kurz-Adam E-Mail: kurz.adam@t-online.de DOI 10.2378/ uj2024.art17d Rezensentinnen: Katrin Behrens M. A. Literatur- und Sprachwissenschaft, Projektleitung Kompetenzzentrum Pflegekinder e.V. Silvia Haßmann-Vey Erziehungswissenschaftlerin, Geschäftsführung Kompetenzzentrum Pflegekinder e.V. Frau Frühling hat 30 Kinder… na endlich! Das Thema Vormundschaft hat in der Jugendhilfe bisher ein wenig beleuchtetes Dasein gefristet - es gehört irgendwie dazu, aber wie verknüpft sich das Agieren der VormundInnen am besten mit dem der anderen BetreuerInnen? Wie klar werden den betroffenen Kindern die Rolle und die Aufgaben ihres Vormunds oder ihrer Vormundin vermittelt? Wissen sie eigentlich, wie wichtig diese Person als SprecherIn, VertreterIn und EntscheiderIn für ihr ureigenes Kindeswohl ist? Der Reigen der erwachsenen Betreuungspersonen rund um junge Personen, die Jugendhilfe empfangen, ist groß und der Begriff „VormundIn“ selbst trägt auch nicht unbedingt zum schnellen Verständnis bei. Das Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft e.V. hat sich in den vergangenen Jahren sehr um eine bessere Vermittlung der Vormundschaft verdient gemacht und nun - sehr zur Freude der pädagogischen Fachkräfte, die ja die Aufgabe haben, den Kindern die Jugendhilfe und ihre Maßnahmen verständlich zu erklären - auch ein Bilderbuch für Kinder zum Thema herausgebracht. Es richtet sich an Kinder, vermutlich ab ca. vier Jahren bis ins Grundschulalter hinein, und ihre Bezugspersonen - soll also denen, die mit Vormundschaft zu tun haben, als Aufklärungsbuch und Gesprächsanlass rund um das Thema Vormundschaft dienen. Gliemann, C., Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft e.V. (2023): Frau Frühling hat 30 Kinder Monterosa Verlag, Karlsruhe. 26 Seiten, ISBN 978-3-942640-18-3, € 19,- uj 3 | 2024 137 Rezensionen Frau Frühling betreut „ihre 30 Kinder“ mit viel Freude und in schönen bunt illustrierten Begegnungssettings (Autorin: Claudia Gliemann/ Deutschland, Illustration: Natascha Berger / Österreich). Sie ist, so kann man sagen, eine idealtypische Vormundin: fröhlich, zugewandt, sie hat Zeit, verteilt Geschenke und erfreut sich offensichtlich sehr an ihrem Beruf. Erzählt werden ihre Begegnungen in neun kleinen Geschichten mit verschiedenen Kindern: Da sind beispielsweise Oliver, der bald in die Schule gehen wird, Josy, die mehr über ihre Rechte erfahren will, Fabi, die manchmal sehr traurig ist, weil sie nicht bei ihren Eltern sein kann, Emre, dessen Familie aus einem anderen Land kommt, und Anna, die einen dringenden Wunsch hat. Das Buch erzählt nicht viel über die speziellen Lebenshintergründe der Kinder, im Fokus steht die Interaktion mit Frau Frühling. Ihre Zugewandtheit hilft den Kindern, Vertrauen aufzubauen - ein wichtiger Baustein sowohl für ein gelingendes Zusammenwirken bei anstehenden Entscheidungen als auch für den Schutz dieser Kinder. Das sehr stimmungsvoll und farbenfroh gestaltete Buch führt auf einfache Weise ins Thema ein und zeigt von den Aufgaben der Vormundin nur die direkten Begegnungen mit den Kindern. Ihre weiteren Aufgaben - die Abstimmung mit allen Beteiligten, die Interaktion mit den Pflegeeltern oder BezugsbetreuerInnen der Kinder, die Auseinandersetzung mit rechtlichen Rahmenbedingungen, die Hintergründe, warum sie anstelle der Eltern die Entscheidungsvollmacht übertragen bekommen hat, die spezifischen Nöte und Themen, die bei jedem Kind auch unterschiedlich sein können und die eigentliche fachliche Herausforderung an die Vormundschaft stellen - kommen wiederum nicht vor. So mag es bisweilen ein wenig zu sonnig erscheinen, wenn es nur um Kita, Schule, ein wenig Trost oder das Stechen von Ohrlöchern geht. Und etwas wenig komplex, wenn das komplette weitere Bezugssystem der Kinder nicht miterzählt wird. Aber wenn auch einiges ausgeklammert ist und das Berufsbild der Vormundin vielleicht immer noch etwas vage verbleibt - das kann ja durch die Nachfragen der Kinder und in den daraus resultierenden Gesprächen herausgearbeitet werden. Endlich gibt es einen Anlass für solche Gespräche. Endlich ein ansprechendes Kinderbuch für Beteiligte der Jugendhilfe, die sich fragen: Wie erklärt man einem Kind eigentlich, was eine Vormundin ist? Katrin Behrens und Silvia Haßmann-Vey Kompetenzzentrum Pflegekinder e.V. Stresemannstr. 78 10963 Berlin E-Mail: silvia.hassmann-vey@kompetenzzentrumpflegekinder.de DOI 10.2378/ uj2024.art18d
