unsere jugend
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0342-5258
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
10.2378/uj2025.art31d
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2025
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Wissenschaft: Aufklärung statt Verklärung. Kritische Anmerkungen zu einem problematischen Untersuchungsbericht
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2025
Roland Merten
Sexualisierte Gewaltdelikte durch Pädagog:innen an ihnen anvertrauten Kindern rufen verständlicherweise Empörung hervor. Wenn sich die Wissenschaft dieses Themas annimmt, um Ursachen und Folgen solcher Handlungen zu analysieren, darf sie sich indes nicht von Emotionen leiten lassen, sondern sollte bei ihren Untersuchungen mit aller Umsicht und Sensibilität fachlichen Standards Geltung verleihen. Im Folgenden wird nun genauer betrachtet, ob und wie der Ergebnisbericht der Hildesheimer Forscher:innengruppe diesen Gütekriterien entspricht und damit der ihr obliegenden Verantwortung gerecht wird.
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267 unsere jugend, 77. Jg., S. 267 - 284 (2025) DOI 10.2378/ uj2025.art31d © Ernst Reinhardt Verlag Wissenschaft: Aufklärung statt Verklärung Kritische Anmerkungen zu einem problematischen Untersuchungsbericht Sexualisierte Gewaltdelikte durch Pädagog: innen an ihnen anvertrauten Kindern rufen verständlicherweise Empörung hervor. Wenn sich die Wissenschaft dieses Themas annimmt, um Ursachen und Folgen solcher Handlungen zu analysieren, darf sie sich indes nicht von Emotionen leiten lassen, sondern sollte bei ihren Untersuchungen mit aller Umsicht und Sensibilität fachlichen Standards Geltung verleihen. Im Folgenden wird nun genauer betrachtet, ob und wie der Ergebnisbericht der Hildesheimer Forscher: innengruppe diesen Gütekriterien entspricht und damit der ihr obliegenden Verantwortung gerecht wird. von Prof. Dr. Roland Merten Jg. 1960; Inhaber des Lehrstuhls für Sozialpädagogik und außerschulische Bildung an der Friedrich-Schiller- Universität Jena Die Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt in pädagogischen Beziehungen ist notwendig, um persönliche Verfehlungen aufzuklären und möglichst künftige Gewalttaten zu verhindern. Hierzu soll die verbesserte Qualifikation (Professionalisierung) ebenso beitragen wie veränderte Organisationsstrukturen (Transparenz, Kontrolle etc.). Aber es gehört zu den notwendigen und schmerzlichen Einsichten, dass es selbst in Zukunft Fälle sexualisierter Gewalt gegen Kinder, auch durch Pädagogen und Pädagoginnen, geben wird. Diese Einsicht ist keine Verharmlosung oder gar Legitimation solchen Handelns, sie ist vielmehr Einsicht in die Kontingenz menschlichen Zusammenlebens und Anlass zu beständiger Wachsamkeit, um maximale - aber eben keine absolute - Sicherheit zu gewährleisten. Im Bericht von Baader et al. (2024) 1 , der hier zur Diskussion steht, wird das Wirken Helmut Kentlers - der selbst pädophil war - im Kontext der Berliner Kinder- und Jugendhilfe untersucht. Im Folgenden geht es um eine Beurteilung des wissenschaftlichen Vorgehens sowie der Ergebnisse und Schlussfolgerungen, die dort gezogen werden. Die kritische Auseinandersetzung mit dem Bericht bedeutet weder, dass die untersuchten Sachverhalte infrage gestellt werden, noch dass die untersuchten Taten gutgeheißen werden. Insofern wird hier wissenschaftlich im Sinne Max Webers werturteilsfrei verfahren, ohne wertfrei gegenüber den dargestellten Sachverhalten zu sein (Schmid 2020). 1 Zitate aus dem Bericht werden im Folgenden ausschließlich in Anführungszeichen und mit der in Klammern gesetzten Seitenzahl gekennzeichnet. 268 uj 6 | 2025 Kritische Anmerkungen zum Bericht 1. Heimkampagne Der Bericht ist auf bestimmten Prämissen aufgebaut, die zugleich forschungsleitend sind. Dazu gehört u. a. der historische Bezug auf die Heimerziehung in Deutschland. Diese Geschichte, insbesondere bis Ende der 1960er Jahre, ist wahrlich keine pädagogische Erfolgsgeschichte, denn sie ist (auch) durchzogen von Formen personaler und struktureller Gewalt unterschiedlichen Ausmaßes (Meinhof 1971; Aich 1973; Homes 1984; Wensierski 2006; Runder Tisch Heimerziehung 2010). Die in den 1970er Jahren einsetzende Heimkampagne war der Versuch, neben notwendiger Kritik auch alternative Formen stationärer Unterbringung außerhalb der Familie zu entwickeln. Im Bericht wird nun der Versuch unternommen, in einer kritischen Rückschau auch die Schattenseiten dieser Heimkampagne bzw. Heimreform ans Tageslicht zu befördern und deutlich zu machen, dass trotz erkennbarer Positiva die Heimreform ein „Modus der Verdeckung“ (35) sexualisierter Gewalt war. „Wenn hier von einem Verdeckungsmodus gesprochen wird, ist entsprechend damit gemeint, dass durch die Herausstellung einer bestimmten ‚Reform‘ in diesem Fall Machtmissbrauch und sexualisierte Gewaltbeziehungen verdeckt werden“ (34). Allerdings verabsäumen es die Autor: innen, die genauen Kriterien zu benennen, anhand derer Positives vs. Verdeckung in der und durch die Heimreform unterschieden werden könne. Durch den vollständigen Verzicht der Rekonstruktion positiver Entwicklungen ab 1970 erscheint die gesamte Heimreform nur noch als Verdachtsfall. Das schreiben die Autor: innen unverblümt: „Für die Aufarbeitung entscheidend ist, dass mit den 1970er Jahren ein Bruch markiert wird, durch den die Heimreform zu veränderten besseren Konstellationen in der Heimerziehung geführt habe“ (35). Auch wenn anschließend formuliert wird, es sollen nicht die vielfältigen Veränderungen und Neukonzeptionen abgewertet werden, so geschieht genau dies in den weiteren Ausführungen. Die Heimreform erscheint nur noch negativ, eben als Verdeckungsmodus. Dieser Blick zurück ist jedoch so grobschlächtig, dass alle Differenzierungen und Nuancierungen, alle Leistungen und Schwächen, alle Erfolge und Fehler, die zu einer solchen Reform gehören, eingeebnet werden (Baur et al. 1998). 2. Begriffsprobleme: Netzwerke Die Untersuchung sexualisierter Gewalt an jungen Menschen (Kinder und Jugendliche) durch Erwachsene generell und durch Pädagog: innen im Besonderen muss sich zunächst auf Einzelpersonen beschränken, um zur Klärung strafrechtlicher Verantwortlichkeiten zu gelangen. Für eine wissenschaftliche Untersuchung ist eine solche Begrenzung jedoch zu eng, weil dann überpersonale Zusammenhänge aus dem Blick geraten. Damit ist gemeint, dass auch pädagogische Arrangements (Strukturen, Organisationen) untersucht werden können und müssen, um begünstigende Gelegenheitsstrukturen personaler oder organisatorischer Art aufzudecken; gibt es z. B. Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Personen (bspw. zwischen Einrichtungsleiter: innen und Mitarbeiter: innen) oder Strukturen (wie z. B. alleinige Nachtwachen im Heim), die Übergriffe erleichtern oder gar begünstigen etc.? Existieren (in der Terminologie des Berichts) „Netzwerke“, in denen dieses kriminelle Handeln organisiert, durchgeführt oder kaschiert wird? Bevor über „Netzwerke“ gesprochen und Beziehungen zu (sowie Bezugnahmen auf ) Personen als Zustimmung zu Person, Werk und Wirken von Täter: innen kurzerhand unterstellt werden können, bedarf es vorab einer terminologisch eindeutigen Klärung. Neben der Definition dessen, was ein „Netzwerk“ ist und wer anhand welcher Kriterien dazugehört (genus proximum), bedarf es ebenso klar einer Bestimmung der Grenzen bzw. der Kriterien für die Nicht-Zugehörigkeit (differentia specifica). Im vorgelegten Bericht heißt es dazu: „Der 269 uj 6 | 2025 Kritische Anmerkungen zum Bericht Netzwerkbegriffmeint nicht, dass es eine feste Gruppe mit einer gemeinsam verabredeten oder geteilten Intention gibt, sondern er umfasst demnach Geflechte von Beziehungen und Personen mit unterschiedlichen Intentionen und Interessen, die unterschiedlich stark miteinander verflochten sind“ (14f.). So weit, so unklar! Lässt man beiseite, dass hier Geflechte verflochten sind (was auch immer das konkret bedeuten mag) und unterschiedliche Interessen und Intentionen (auch gegensätzliche? ) bestehen können, ist es bei einer solchen Definition nicht mehr möglich, klare und operationalisierbare Kriterien der Zugehörigkeit zu benennen noch irgendeine Person als nicht zugehörig zu dem Netzwerk auszuschließen (Winkler 2024, 214). Es bedarf aber solcher Bestimmungskriterien, um die eigene Forschungsarbeit an einem Punkt in der Wirklichkeit zu verankern. Zudem muss diese weitergehende Forschung lege artis betrieben, d. h. methodisch abgesichert, und müssen Schlussfolgerungen sachlich begründet werden. Dabei erfüllen wissenschaftliche Begriffe die heuristische Funktion, sich mit zunächst begrenztem Wissen in erkenntniserweiternder Absicht dem Untersuchungsgegenstand zu nähern. Das gilt in der vorgelegten Studie berechtigterweise auch für den Begriff des Netzwerkes. „Wenn im Folgenden das Netzwerk über die Orte als zentralen Bezugspunkt rekonstruiert und dargestellt wird, so handelt es sich hier um eine Heuristik, d. h. ein Verfahren zur Gewinnung von Erkenntnissen, um das Netzwerk in seiner Komplexität und seinen Koppelungen überhaupt beschreibbar machen zu können“ (14). Hier ist unschwer zu erkennen, dass ein solches Verfahren zunächst rein deskriptiv angelegt ist und angelegt sein muss. In einem zweiten Schritt müssen die inhaltlichen Beziehungen dann - substanziell - belegt werden. Und erst in einem dritten Schritt kommt es dann auf die fachliche und professionsethische Beurteilung des Handelns der Teilnehmer: innen sowie deren Beziehungen innerhalb des Netzwerkes an. Der vorgelegte Bericht genügt diesen methodischen Anforderungen nicht, denn die Ausgangsprämisse, auf der die Untersuchung fußt, fassen die Verfasser: innen wie folgt zusammen: „Insgesamt ist diese Aufarbeitung (2020) davon ausgegangen, dass es ein Netzwerk von Akteur*innen gab, durch das pädophile Positionen geduldet, gestärkt und legitimiert sowie pädophile Übergriffe in unterschiedlichsten Konstellationen nicht nur geduldet, sondern auch arrangiert und gerechtfertigt wurden“ (9). Die Annahme der Existenz eines Netzwerkes als Heuristik ist zulässig, die weiteren normativen Zuschreibungen („geduldet“, „arrangiert“, „gerechtfertigt“) indes nicht, denn diese müssten inhaltlich nachgewiesen und nicht schon, wie hier geschehen, vorausgesetzt werden; es handelt sich also um einen logischen Fehlschluss, um eine sog. petitio principii. Um also begründet von einem Netzwerk sprechen zu können, müssen die Bezugnahmen von Personen aufeinander - jenseits von räumlichen und zeitlichen Überschneidungen in Arbeitszusammenhängen - empirisch geklärt werden. Zwar lassen sich räumliche, zeitliche und personale Beziehungen kartografisch in einem Netzwerk abbilden, aber es wäre ein erneuter Fehlschluss, aus der Form der Kartografie auf die Inhalte der Beziehungen zu schließen. „Wer wann was über wen wusste (und welche sichtbaren und unsichtbaren Schlüsse sie*er daraus zog) sind zentrale und überaus wichtige Fragen, wenn es darum geht, zu erforschen und/ oder aufzuarbeiten, warum wer zu welchem Zeitpunkt welche Handlungsspielräume hatte. Sie sind aber eben auch keine besonders leicht zu beantwortenden Fragen, die durch netzwerkanalytische Zugriffe zwar aufgeworfen, aber durch sie allein per se nicht beantwortet werden können“ (Vogel 2023, 17). Die Begründungslast ist hier erheblich und (vergleichbar wie in einem strafrechtlichen Verfahren) konkret zu belegen. Das ist aufwendig, wie sich anhand der Rekonstruktion des Verhältnisses von Klaus Mollenhauer und Hel- 270 uj 6 | 2025 Kritische Anmerkungen zum Bericht mut Kentler in der (insofern vorbildlichen) Studie von Klaus-Peter Horn (2024, 114ff.) erkennen lässt. Aber geringer kann und darf der Anspruch an wissenschaftliche(s) Arbeiten nicht sein, sollen einerseits das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) nicht beschädigt und andererseits die Persönlichkeitsrechte Dritter nicht verletzt werden (vgl. Wiesner im vorliegenden Heft; Winkler 2024, 207). Davon sind die Verfasserinnen und Verfasser des Berichts jedoch weit entfernt. Für sie stand und steht nicht der inhaltliche Nachweis des Bestehens von begünstigenden Beziehungsstrukturen im Vordergrund (d. h. diese werden fraglos vorausgesetzt), sie interessiert nur das unterstellte Funktionieren eines Netzwerkes: „Insgesamt kann im Vordergrund des Netzwerkverständnisses in dieser Aufarbeitung nicht die genaue Analyse der jeweiligen Qualität der Beziehung stehen, sondern das Funktionieren von Beziehungsgeflechten im Zusammenspiel von Kinder- und Jugendhilfe und Fachwissenschaft, die sexualisierte Gewalt ermöglicht haben“ (13). Es wird einfach vorausgesetzt, was letztlich belegt und nachgewiesen werden muss. Dieses Muster zieht sich - mit der Ausnahme des zitierten Hinweises auf Heuristik - durch den gesamten Bericht. Katharina Vogel hat das erkenntnistheoretische Problem, das mit dieser Art Forschung und der durch sie gewonnenen Daten verbunden ist, klar beschrieben: „Der Umstand, dass wir von einer Person X1 ausgehen, von der wir heute bereits mindestens teilweise wissen, was sie getan hat oder was ihr vorgeworfen wird, weswegen wir ja bestrebt waren, alle Verbindungen, die von ihr ausgehen, abzubilden, evoziert einen Rückschaufehler, durch den sich alle Verbindungen, die wir dann finden, in einen kausalen Verweisungszusammenhang einzugliedern scheinen“ (Vogel 2023, 16). Und auch dieser logische Fehler zieht sich gänzlich unreflektiert durch den gesamten Bericht. Mit ihm ist jedoch noch ein weiteres Problem verbunden, das auf der Ebene der Forschungsethik liegt. In der historischen Forschung kennen Forscher: innen nach einem Geschehen nicht nur den weiteren Fortgang der Ereignisse, sie kennen auch die späteren Folgen von Handlungen und deren moralische Beurteilung. Diese Wissenskomponenten sind den Akteur: innen zum Zeitpunkt des ursprünglichen Geschehens jedoch nicht bekannt, bestenfalls die moralische Beurteilung des Tuns zum Zeitpunkt der Ereignisse. Es ist deshalb Zurückhaltung bei der nachträglichen Beurteilung von Handlungen - auch und gerade in wissenschaftlicher Hinsicht - geboten, um nicht dem Verdikt der „Anmaßung der Späterlebenden“ (Elias 1991, 19) zu unterfallen. Der von Vogel beschriebene Rückschaufehler ist auf der Sachebene unzulässig, auf der personalen Ebene unverantwortlich. Denn mit der kausalen Unterstellung von Verweisungszusammenhängen werden - jenseits von strafrechtlichen Fragen - professionsethische Fragen virulent, denn das Mittragen von sexualisierter Gewalt durch Professionsangehörige ist ein schwerwiegender normativer Verstoß gegen jede Professionsethik. Die Konsequenzen eines solchen Verstoßes sind klar, wie Rudolf Stichweh (1994, 309) in Bezug auf derartige normative Fehler professionellen Handeln deutlich gemacht hat: normative Fehler führen zu Degradierung und zum Ausschluss (vgl. exemplarisch § 72 a SGB VIII). „Dabei geht es nicht um gute oder schlechte Leistungen in spezifischen Hinsichten (…), sondern um die ganze Person, soweit sie als Teilnehmer an Kommunikation geschätzt wird“ (Luhmann 1990, 18; Hervorhebung RM). Dieser moralische Kollateralschaden wird von den Verfasserinnen und Verfassern des Berichts, wie noch zu zeigen sein wird, nicht in den Blick genommen. Nicht zuletzt ist mit dem Begriff des Netzwerkes und der von ihm erhofften Erklärungskraft ein weiteres normatives Problem verbunden. „Seilschaft oder Netzwerk im negativen Sinne 271 uj 6 | 2025 Kritische Anmerkungen zum Bericht nennen wir es dann, wenn es ‚schlimme‘ Folgen hat und ‚schlechte‘ Wissenschaftler*innen (oder Menschen) befördert; wenn dieselben Strukturen aber uns, die vermeintlich Guten, umweben und uns Vorteile verschaffen, dann nennen wir es strategische Allianz oder erfreuliche Kooperationsform“ (Vogel 2023, 22). Diese Differenzierung Vogels, mit der sie auf das Problem der normativen Beurteilung von Zusammenhängen aufmerksam macht, wird in dem Bericht nicht reflektiert, sondern weiter unterlaufen. Jedwede Kooperation zwischen Personen gerät den Verfasser: innen zur dunklen Seilschaft, als ob Wissenschaft und Profession nicht geradezu konstitutiv auf Zusammenarbeit beruhen. Wie dann anhand von klaren Kriterien zwischen guten und schlechten Kooperationsformen und Netzwerken zu unterscheiden wäre, bleibt im Bericht ungeklärt. 3. Große Zahlen/ kleine Zahl - Täterperspektive/ Opferperspektive Im Bericht zielt das Forschungsinteresse - mit Blick auf sexualisierte Gewalt - darauf, wie innerhalb der beschriebenen Netzwerke „(…) welches Wirken durch Akteure des Netzwerks möglich wurde (…)“ (11). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass dieses Netzwerk und die beteiligten Akteur: innen mehrheitlich Männer waren, es also eine spezifische Verteilungsdifferenz zwischen Männern und Frauen bezüglich sexualisierter Gewalt an Kindern gibt, haben sich die Verfasser: innen dazu entschieden, das auch begrifflich festzuhalten. So heißt es hierzu: „Es wird sich mit Bezug auf Personen innerhalb des in diesem Bericht rekonstruierten Netzwerks (…) im Folgenden gegen das Gendern des Worts ‚Akteure‘ (und weiterer personenbezogener Begriffe wie Unterstützer, Vertreter, Mitwisser etc.) entschieden, da es sich - bis auf wenige Ausnahmen - um ausschließlich männliche Personen handelt. Damit soll an dieser Stelle bereits auf die Wichtigkeit der Geschlechterperspektive innerhalb der Aufarbeitung hingewiesen werden“ (11). Begründet wird dies im weiteren Verlauf des Berichts mit einem ergänzenden Selbstzitat aus einer früheren Publikation der Berichtsautorin Baader, dass dieser Aspekt in der vorliegenden Forschung bis dato weitestgehend unberücksichtigt geblieben ist: „‚Die geschlechtergeschichtliche Dimension wird in der bisher vorliegenden Forschung zu sexualisierter Gewalt [jedoch] kaum berücksichtigt‘ (Baader 2017 a, S. 27).“ (42). Zur inhaltlichen Untermauerung wird an der zitierten Quelle (hier: Baader 2017, 27) selbst und ausschließlich wieder auf zwei weitere Veröffentlichungen der Autorin verwiesen; wissenschaftlich ist dies möglich, stellt aber keinen besonders starken Beleg dar. Inhaltlich wird die Perspektivenbegrenzung auf männliche Täter damit begründet, „(…) dass pädagogische Kontexte von kulturellen Männlichkeitskonstruktionen durchzogen sind, die mit Macht und Dominanz verbunden sind. Solche Machtverhältnisse zwischen männlichen Erwachsenen und jungen Menschen sind auch, wie zuvor ausführlich beschrieben, in der Heimreform zu rekonstruieren und sind eng verknüpft mit unterschiedlichen Formen des Machtmissbrauchs. Eine Form des Machtmissbrauchs zeigt sich in der Ausübung sexualisierter Gewalt von zumeist männlichen Pädagogen gegenüber jungen Menschen“ (42f.). Dabei stellt sich die Frage: Gilt das nicht generell für pädagogische Kontexte? Sind sie nicht sui generis Verhältnisse, in denen Macht und Dominanz bestehen - und zwar unabhängig von kulturellen Männlichkeitskonstruktionen? Bei Kant lässt sich doch die Grundaporie aller Pädagogik lesen: „Eines der größesten Probleme der Erziehung ist, wie man die Unterwerfung unter den gesetzlichen Zwang mit der Fähigkeit, sich seiner Freiheit zu bedienen, vereinigen könne. Denn Zwang ist nötig! Wie kultiviere ich Freiheit bei dem Zwange? “ (Kant 1803, A33/ 711). 272 uj 6 | 2025 Kritische Anmerkungen zum Bericht Und auch aus (verfassungs-)rechtlicher Sicht stellt sich das Thema Erziehung und Macht/ Herrschaft - unabhängig von geschlechtsspezifischen Konstruktionen oder besonderen pädagogisch-organisatorischen Arrangements - eindeutig dar, darauf hat Ernst-Wolfgang Böckenförde (1980, 60) frühzeitig und in aller Klarheit hingewiesen: „Erziehungsherrschaft, wiewohl sie von anderen Personen für und über das Kind ausgeübt wird, ist (…) nicht Eingriff in die Freiheit, sondern notwendige Voraussetzung späterer Selbstbestimmung. Dem entspricht ein Recht des Kindes auf Erziehung, das es aus seinem Freiheits- und Entfaltungsanspruch hat“ (Böckenförde 1980, 63). Das ist nichts spezifisch bzw. kulturell „Männliches“, sondern Ausdruck eines generellen generationsspezifischen (Ordnungs-)Verhältnisses. Gerade weil dieser innere Zusammenhang von Erziehung und Freiheit notwendigerweise besteht, ist er unabhängig von geschlechtsspezifischen Überlegungen. Jenseits der oben dargestellten selbstbestätigenden Referenz ist das geschlechtsspezifische Argument an sich problematisch, weil es die wissenschaftliche Aufmerksamkeit allein auf eine Tätergruppe lenkt und damit - wider Willen - Gefahr läuft, selbst einem Verdeckungszusammenhang Vorschub zu leisten. Auch Michael Winkler sieht diese Gefahr und weist unter forschungsmethodischen Gesichtspunkten auf sie hin: „Die Fixierung auf männliche Täter könnte einem - notabene: bislang statistisch erhärteten, aber eben damit forschungsmethodisch sich selbst verstärkenden - Bias folgen (…)“ (Winkler 2024, 210). Zudem ist es nicht so, dass es nicht auch Belege für Täterinnen sexualisierter Gewalt gäbe. Alexander Markus Homes, der von 1961 bis 1975 in einem Heim aufgewachsen ist, zeigt dies exemplarisch in seinem autobiografischen Bericht (Homes 1984, 20f.; zum Missbrauch durch Mütter vgl. Homes 2005). Das kann jedoch nicht mehr berücksichtigt werden, wenn - wie im Bericht - per definitionem die geschlechtsspezifische Verengung vorgenommen wird (Unabhängige Kommission 2021). Selbst wenn man all diese Bedenken beiseitelässt, ist die im Bericht vertretene Position in sich widersprüchlich. Während der Hinweis auf die geringe Zahl weiblicher Täter als entscheidendes Argument für die auch terminologisch ausschließliche Berücksichtigung von Männern herangezogen wird, verkehrt sich das Argument der geringen Zahl in Bezug auf die Opfer in sein Gegenteil und wird hier besonders kritisch gewürdigt (43): „Des Weiteren kann die Marginalisierung, die Beschränkung auf Einzelfälle (Baader 2021), als eine Form der Verdeckung beschrieben werden“ (45). Die Engführung mit Verweis auf eine geringe Zahl weiblicher und queerer Opfer sexualisierter Gewalt im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe lassen die Verfasser: innen verständlicherweise nicht gelten und beschreiben diesen Vorgang als Verdeckung (43). Wenn sie dies indes mit Bezug auf die Täter: innen machen und damit Gefahr laufen, bestimmte Gruppen als Gewalt ausführende Personen zu übersehen, scheint das eine legitime terminologische Klarstellung. Die Autor: innen des Berichts beziehen den Vorwurf der Marginalisierung also einseitig auf die Opferperspektive, der Wechsel der Blickrichtung auf die - nunmehr ausdrücklich - Täterinnen gelingt ihnen nicht (mehr). Während sie also den Vorwurf der Marginalisierung gegen andere forsch formulieren, blenden sie selbst die notwendige vollständige Untersuchung auf alle möglichen Täter und Täterinnen mit demselben Argument aus. 4. Geschlechterperspektive I: Bystander Die eben beschriebene Inkonsistenz der Argumentation hat Folgen, wie im Bericht am Beispiel der sogenannten „Bystander“ deutlich wird. Was darunter zu verstehen ist, haben die Verfasser: innen bereits im Zwischenbericht (Baader et al. 2022, 6) ausgeführt: „Der Begriff ‚Bystander‘ beschreibt eine Person, die von einem grenzverletzenden bzw. gefährlichen Geschehen weiß, jedoch nicht interveniert.“ 273 uj 6 | 2025 Kritische Anmerkungen zum Bericht Und weiter schreiben die Autorinnen und Autoren im selben Zwischenbericht, „(…) dass neben denjenigen, die persönlich sexualisierte Übergriffe ausgeübt haben - wie z. B. Helmut Kentler oder der Professor der Sozialpädagogik aus West-Deutschland - ein Netzwerk von Akteur*innen existierte, die direkt oder indirekt Konstellationen mit geschaffen haben, durch die sexualisierte Übergriffe möglich wurden oder diese Akteur*innen als ‚Bystanders‘ von diesen sexualisierten Übergriffen gewusst haben, ohne diese weitergehend zu problematisieren oder gar anzuzeigen“ (Baader et al. 2022, 20). Mehr noch, sie haben diese Übergriffe nicht nur nicht problematisiert, es sind Personen, die diese sexualisierten Übergriffe „(…) bis heute geduldet und legitimiert haben“ (15). Diese weitreichenden und schwerwiegenden Vorwürfe werden zweifelsfrei, was die Sicherheit der Behauptung, aber zweifelhaft, was die Tragfähigkeit der Beweisführung anbelangt, gegenüber folgenden Personen erhoben: „(…) Martin Bonhoeffer, Hartmut von Hentig, Axel Schildhauer, Hans Thiersch, Peter Widemann und Anne Frommann (…)“ (15). Woher sich den Verfasserinnen und Verfassern auch immer erschlossen hat, was die hier Angesprochenen wussten [sic! ], Belege dafür werden im Bericht nicht präsentiert. Zunächst zu Martin Bonhoeffer. Er hat im Bericht ein besonderes Gewicht als Bystander, denn er wird immerhin 200-mal (plus 20-mal im Literaturverzeichnis) erwähnt. Zu seinem Wirken in Tübingen, wo er lange Jahre als ‚Heimleiter‘ tätig war, gibt es einen eigenständigen Aufarbeitungsbericht von Helga Dill (2023). Dort heißt es, dass es keine Belege für ein Wissen Martin Bonhoeffers um die sexualisierte Gewalt durch Gerold Becker (Leiter der Odenwald-Schule) gibt. Und bezüglich eigener sexueller Gewalthandlungen führt die Verfasserin aus: „Die behauptete Pädophilie von Martin Bonhoeffer selbst lässt sich aus den Quellen und Zeitzeug*inneninterviews nicht ableiten. (…) Bonhoeffer wird von seinen Tübinger Kolleg*innen als asexueller Mensch beschrieben“ (Dill 2023, 37). Umso mehr verblüfft dann die Schlussfolgerung Dills vor dem Hintergrund der bis dato von ihr vorgestellten Untersuchungsergebnisse: „Martin Bonhoeffer, so kann man nach heutigem Wissensstand festhalten, war Teil eines Netzwerks, das Pädophilie zumindest duldete“ (ebd.). Im Bericht von Baader et al. finden sich jenseits der Behauptung, Bonhoeffer sei Bystander gewesen, ebenfalls keine Belege. Hans Thiersch wird im Bericht mit 70 persönlichen Nennungen (plus 17 Verweise im Literaturverzeichnis) am zweithäufigsten erwähnt. Auf Platz 3 folgt Peter Widemann (46 Nennungen, plus acht im Literaturverzeichnis), der lange Jahre in der Berliner Senatsverwaltung im Bereich Kinder- und Jugendhilfe tätig war und deshalb mit der Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in stationären Einrichtungen beruflich betraut war. Abgeschlossen wird das Quartett mit Anne Frommann, Dozentin an der Universität Tübingen im Bereich Sozialpädagogik, die insgesamt 28-mal Erwähnung findet, davon 13-mal im Fließtext und 15-mal im Literaturverzeichnis. Betrachtet man die Nennungen Hans Thierschs im Bericht, so fällt auf, dass sie durchgängig in negativ besetzten Zusammenhängen auftauchen: Sei es als jemand, der die aufzuklärenden Sachverhalte vertuscht oder bis heute duldet, der die Herausgabe von Publikationsorganen (mit) zu verantworten hat, in denen zu beanstandende Schriften erschienen, oder der Personen bis heute unkritisch präsentiert, „(…) indem diese letztlich als pädagogische Ausnahmeerscheinungen dargestellt und mit ihren Widersprüchen heroisiert wurden, wie z. B. Martin Bonhoeffer (vgl. Frommann/ Becker 1996), die bis heute - trotz der Aufarbeitung (vgl. Dill 2023) - trägt (Thiersch 2023)“ (86). Bei der von Frommann und Becker herausgegebenen Schrift handelt es sich um eine Hommage an Martin Bonhoeffer, die 1996, also sieben Jahre nach dessen Tod, erschienen ist. Wie die Person Bonhoeffers im Zusammenhang mit sexualisierter 274 uj 6 | 2025 Kritische Anmerkungen zum Bericht Gewalt zu sehen ist, wurde mit Bezug auf den Forschungsbericht von Dill (2023) soeben beschrieben. Die fortdauernde Heroisierung Bonhoeffers durch Thiersch ist mit Bezug auf dessen erwähnte Publikation kaum belegbar, denn der Name Bonhoeffer taucht in diesem Beitrag an keiner Stelle auf. Denkbar wäre (denn das Publikationsjahr ist falsch angegeben), dass es sich um einen 13-seitigen, 2022 veröffentlichten Beitrag mit dem Titel „Umbruch, Aufbruch und Konsolidierung“ handelt. Hier geht Thiersch tatsächlich in neun Zeilen auf Bonhoeffer ein, weil er in Konfliktsituationen zwischen Bonhoeffer und seinen Mitarbeiter: innen vermitteln sollte: „Er erwartete sein unbedingtes Engagement für die Jugendlichen auch von den MitarbeiterInnen, vertrat aber ebenso leidenschaftlich Prinzipien demokratischer Mitbestimmung und war doch immer auch anspruchsvoll bestimmend“ (Thiersch 2022, 425). Die Darstellung einer Person in ihrer Widersprüchlichkeit taugt indes kaum zu deren Heroisierung. Anders als mit Thiersch wird mit Anne Frommann verfahren. Sie taucht an vier Stellen im Bericht auf, die eindeutig negativ sind (Bystander, zentrale Akteurin des Netzwerkes, Heimreform als Verdeckungsmodus), die anderen 24 Nennungen sind im wesentlichen Literaturverweise. Dass sie für den Umzug Bonhoeffers nach Tübingen von vergleichbarer Bedeutung wie Hans Thiersch war, darauf weist Dill (2023, 34) hin. Dennoch scheint sie für die Berichtsverfasser: innen von keiner besonderen Bedeutung zu sein. Dass sie die bereits erwähnte Hommage für Bonhoeffer (Frommann/ Becker 1996) zusammen mit Gerold Becker gemeinsam herausgegeben hat, dem nachgewiesen wurde, über Jahre sexualisierte Gewalttaten gegen Kinder und Jugendliche ausgeübt zu haben, findet keine Erwähnung oder gar eine Diskussionswürdigkeit. Auch hier findet sich die Geschlechterperspektive des Berichts in der bekannten Auslage wieder: weibliche Akteure finden bestenfalls kurze Erwähnung am Rand, danach entschwinden sie eigenwillig der Aufmerksamkeit dieses Forscher: innenteams. 5. Geschlechterperspektive II: Negation von Verantwortung Exemplarisch versuchen die Autor: innen des Berichts anhand des Wirkens von Hans Thiersch deutlich zu machen, dass die Aktivitäten des ‚Netzwerkes‘, dem er angehöre, und die ‚Verwobenheit‘ weit über die Heimreform hinausreichen bis in die Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE), um stattgehabte Formen sexueller Gewalt gegen Kinder zu vertuschen bzw. zu externalisieren. Der folgend zu schildernde Sachverhalt wird von den Autor: innen deshalb als besonders perfides Beispiel vorgestellt, um zu verdeutlichen, „(…) wie Übergriffe und massive Grenzverletzungen negiert werden und/ oder den Betroffenen die Glaubwürdigkeit abgesprochen wird“ (48). Im Bericht heißt es hierzu: „Eine Form der Externalisierung kann bspw. an dem von Helga Amesberger und Brigitte Halbmayr (2022) veröffentlichten Bericht zur Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche durch pädagogische Professionelle im Kontext der DGfE nachgezeichnet werden. So wurde an den Ethikrat der DGfE, dem u. a. Hans Thiersch als ein Vertreter der Heimreform angehörte, 1999 ein Brief von Eltern von Kindern geschrieben, die sexualisierte Gewalt an der Odenwaldschule erlebt haben (ausführlicher siehe Amesberger/ Halbmayr 2022, S. 19ff.). Auf diesen Brief, obwohl Fälle sexualisierter Gewalt an der Odenwaldschule bereits medial an die Öffentlichkeit gelangten, wurde nicht sofort reagiert. Die Begründung dafür (Auszug aus einem Brief von Hans Thiersch am 18. 6. 2001): ‚Beide Anzeigen beziehen sich auf Vorfälle aus einer Zeit weit vor der Verabschiedung der Ethik-Richtlinien unserer Gesellschaft. Nach dem ja ganz generell gültigen Rechtsprinzip, dass Monita und Verstöße sich nur auf geltendes Recht beziehen können, können wir uns zu den beiden Anzeigen nicht äußern‘ (ebd., S. 22). Es wird in diesem Fall eine Negation von Verantwortung deutlich“ (46, H. i. O.). Und im weiteren Verlauf des Berichts wird noch einmal ausdrücklich auf diesen Sachverhalt Bezug genommen. Die Autor: innen ma- 275 uj 6 | 2025 Kritische Anmerkungen zum Bericht chen deutlich, dass in diesem Zusammenhang die Übergriffe und Grenzverletzungen negiert sowie die Glaubwürdigkeit der betroffenen Personen unterminiert seien. „Im Konglomerat dieser unterschiedlichen Verdeckungsmodi der Heimreform haben Betroffene keine Stimme, wenn es um die Aufdeckung und Aufarbeitung von (selbst erfahrener) (sexualisierter) Gewalt im Kontext der Heimreform bzw. den reformorientierten Bewegungen generell geht. So wird nicht nur an dem Beispiel der Eltern betroffener Kinder der Odenwaldschule (…) deutlich, wie Übergriffe und massive Grenzverletzungen negiert werden und/ oder den Betroffenen die Glaubwürdigkeit abgesprochen wird“ (48). Dies ist ein ungeheuerlicher Vorgang, wenn er denn so stattgefunden hat. Dem ist jedoch ausdrücklich nicht so! Im Bericht wird der tatsächliche Ablauf verfälscht dargestellt und es werden erkennbar bewusst falsche Personen bezichtigt. Dazu ist es notwendig, in den Ergebnisbericht von Amesberger und Halbmayr (2022, 19ff.) zu schauen. Dort heißt es bezüglich der Form der Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt wie folgt: „Den Anstoß für die - zaghafte - Beschäftigung der DGfE mit diesem Sachverhalt leistete ein Schreiben von Eltern aus Hessen, die in den 1990er-Jahren ein Kind in der OSO hatten und sich nach Erscheinen der Artikel von Jörg Schindler in der FR im November 1999 an die damalige Vorsitzende der DGfE, Ingrid Gogolin, wandten. Darin äußern sie ihr Bewusstsein darüber, ‚welche furchtbarsten psychischen Folgen eine Traumatisierung auf Jahrzehnte hinaus zeitigt‘, geben sich überzeugt davon, dass die Vorwürfe gegen Gerold Becker stimmen und er infolgedessen junge Menschen traumatisiert habe, und fordern die DGfE mit einer konkreten Frage zum Handeln auf (…)“ (Amesberger/ Halbmayr 2022, 19). Es war ein Brief an die DGfE bzw. deren Vorsitzende, Ingrid Gogolin, aber kein Brief an Hans Thiersch oder den Ethikrat der DGfE. Einen Adressaten „Ethikrat“ oder „Hans Thiersch“ als dessen Mitglied gab es nicht, weil ein Ethikrat zu diesem Zeitpunkt noch nicht existierte! Stattdessen hat die Vorsitzende der DGfE, Ingrid Gogolin, vor Gründung des und Befassung im Ethikrat für die DGfE den Eltern geantwortet: „In der Januarsitzung des neuen Jahres 2000 (21./ 22. 1. 2000) wurde der Entwurf eines Antwortschreibens der DGfE Vorsitzenden Ingrid Gogolin an die Eltern der Odenwaldschülerin präsentiert und vom Vorstand ‚zustimmend zur Kenntnis genommen‘ (DGFE V 50). In dem dürftigen Zehn-Zeiler heißt es: ‚Was Ihre konkrete Frage anbelangt, so möchten wir folgendes mitteilen: Wir sind eine wissenschaftliche Fachgesellschaft, deren Mitglieder sich einem Ethikkodex für ihr wissenschaftliches Arbeiten unterwerfen. Es wäre unsere Aufgabe, Verstößen gegen diesen Kodex nachzugehen. Wir übersenden Ihnen beigefügt den Text des Ethikkodexes der DGfE und bitten Sie, falls Sie einen Verstoß dagegen durch eines unserer Mitglieder erkennen können, das darin vorgesehene Verfahren in Gang zu setzen.‘ (DGFE V 469). Mit diesem Antwortschreiben, das mit 2. Februar 2000 datiert an die Eltern verschickt wurde, versuchte die DGfE vorerst, den Ball an die hessische Familie zurückzuspielen, denn sie sollte anhand des Ethikkodexes die Notwendigkeit eines Prüfverfahrens feststellen. Nicht die DGfE wollte von sich aus weitere Schritte setzen, sondern sie wollte dazu aufgefordert werden“ (Amesberger/ Halbmayr 2022, 21). Die Position der Eltern wird also weder von der Vorsitzenden, Ingrid Gogolin, noch vom gesamten Vorstand der DGfE ernst genommen. Zudem hatte der mitgesandte neue Ethikkodex nichts mit dem Thema sexualisierte Gewalt zu tun, er war vor dem Hintergrund gefälschter Forschungsergebnisse entstanden und bezog sich ausschließlich auf forschungsethische Fragen! (Gogolin 1999, 52ff.). „Die Einführung eines Ethikkodex stand also nicht in Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt, sondern mit forschungsethischen Überlegungen und Erfordernissen“ (Amesberger/ Halbmayr 2022, 22). Das wussten die Vorsitzende und der Vorstand, und ebenso war ihnen bekannt, dass es noch keinen Ethikrat gab, der sich mit diesem Thema hätte beschäftigen können. Am 13. 2. 2000 haben die Eltern mit 276 uj 6 | 2025 Kritische Anmerkungen zum Bericht erneutem Schreiben an die DGfE bzw. deren Vorsitzende, Ingrid Gogolin, einen Antrag auf Beschäftigung mit dem von ihnen angezeigten Sachverhalts eingefordert (Amesberger/ Halbmayr 2022, 72). Obgleich die Diskussion um das Thema sexualisierter Gewalt in der Odenwaldschule bereits in der Presse verhandelt und die Vorsitzende der DGfE, Ingrid Gogolin, von betroffenen Eltern zweimal zum Handeln mit Bezug auf die Fachgesellschaft aufgefordert wurde, ging es hier gemächlich zu. Denn: „Bis sich der Ethikrat mit dem Antrag befassen konnte, vergingen einige Monate, da die Wahl der beiden Ratsmitglieder, Prof. Dr. Erika Jung*, und Prof. Hans Thiersch, Tübingen, erst in der Vorstandssitzung zur Jahresmitte 2000 erfolgte (DGFE V 52). Am 8. August 2000 wurde die Anfrage der engagierten Eltern einer Odenwaldschülerin (gemeinsam mit einem zweiten ‚Fall‘, dieser aber zu universitären Belangen) sodann an die beiden Ethikratsmitglieder versandt (DGFE V 469)“ (Amesberger/ Halbmayr 2022, 21). Hier gilt zu beachten, dass aus Datenschutzgründen im Bericht von Amesberger/ Halbmayr Namen pseudonymisiert wurden - mit Ausnahme der Vorstandsmitglieder der DGfE, weil diese ohnehin auf deren Homepage in Klarnamen nachzulesen seien (ebd., 3). Warum dann der Name des weiblichen Ethikrat- Mitglieds als Pseudonym ‚Erika Jung‘ auftaucht, Hans Thiersch aber im Klarnamen und Ort, ist unverständlich. Es braucht dann noch einmal ein knappes Jahr, ehe die Vorsitzende der DGfE, Ingrid Gogolin, in der Causa Odenwaldschule innerhalb des eigenen Verbandes aktiv wird. „Im Juni des darauffolgenden Jahres, also nahezu ein Jahr später, stellte die DGfE-Vorstandsvorsitzende eine Anfrage an den Ethikrat, wie denn mit den beiden Anträgen verfahren wurde. Hans Thiersch als Ethikratsmitglied zeigt sich ob dieser Nachfrage überrascht, er habe doch während des Göttinger Kongresses (September 2000) mit Elsa Brandt* (in den Perioden 1998 - 2000 und 2000 - 2002 Vorstandsmitglied) ausführlich darüber geredet; er sei davon ausgegangen, dass sich eine schriftliche Antwort damit erübrige, hole diese aber gerne nach. Sie lautete: ‚Beide Anzeigen beziehen sich auf Vorfälle aus einer Zeit weit vor der Verabschiedung der Ethik-Richtlinien unserer Gesellschaft. Nach dem ja ganz generell gültigen Rechtsprinzip, dass Monita und Verstöße sich nur auf geltendes Recht beziehen können, können wir uns zu den beiden Anzeigen nicht äußern.‘ (DGFE V 469, Schreiben Thiersch vom 18. 6. 2001).“ (Amesberger/ Halbmayr 2022, 21). Dieses Schreiben ging ausdrücklich und vom Verfahren her ordnungsgemäß an Ingrid Gogolin als Vorsitzende der DGfE (ebd., 72). „Vom zweiten Mitglied des Ethikrates, Prof. Dr. Erika Jung*, war in den Unterlagen keine Stellungnahme zu finden“ (ebd., 21). Der DGfE-Vorstand hat die Einschätzung Hans Thierschs nicht geteilt, „(…) dass hier ein Rechtssachverhalt vorliege, dem unter Hinweis auf formale Mängel begegnet werden kann. Vielmehr sei es Funktion des Ethikrats, bei Anträgen, die an die DGfE herangetragen werden, moderierend zu wirken“ (Amesberger/ Halbmayr 2022, 22). Ob es die Aufgabe eines Ethikrates ist, bei Vorwürfen schwerer professionsethischer Verfehlungen moderierend zu wirken, soll hier dahingestellt bleiben. Wie seitens des DGfE-Vorstandes mit dem Antrag der Eltern weiter verfahren wurde, ist anhand der verwahrten Unterlagen des Verbandsarchivs nicht mehr festzustellen. Der hier geschilderte Ablauf des gesamten Vorgangs, der durch die inhaltsgleiche Darstellung in der Untersuchung Edith Glasers (2021, 46ff ) bestätigt ist, wird im Bericht (46) verfälscht und bewusst mit falschen personalen Zuordnungen dargestellt. Eine andere Interpretation ist nicht möglich. Während Hans Thiersch hier falsch und wahrheitswidrig von den Verfasser: innen des Berichts denunziert wird, wird die „Negation der Verantwortung“ der DGfE-Vorstandsvorsitzenden Ingrid Gogolin totgeschwiegen; sie taucht im Bericht an keiner Stelle (namentlich) auf, obwohl sie doch im zitierten Forschungsbericht von Amesberger/ Halbmayr (2022, 19, 20, 72) viermal als die zentrale Akteurin dieses Vorgangs benannt wird. Auch ist nicht nachvoll- 277 uj 6 | 2025 Kritische Anmerkungen zum Bericht ziehbar, warum das weibliche Ethikrat-Mitglied ebenfalls völlig unbeachtet bleibt und welchen Anteil sie an der festgestellten „Negation von Verantwortung“ hat. Auffällig ist unter Berücksichtigung des von den Verfasser: innen stark gemachten Geschlechteraspekts, dass die weiblichen Akteure aus dem Bericht schlicht wegretuschiert werden, aber gegen Hans Thiersch Vorwürfe für ein Vorgehen gemacht werden, das er nicht zu verantworten hat. 6. Geschlechterperspektive III: Männliche Hegemonie Die Heimreform, der sich die Autor: innen, wie oben gezeigt, besonders kritisch annehmen, findet an anderer Stelle des Berichts erneut Beachtung. An dieser Stelle geht es ihnen um die Entzauberung einzelner Akteure, indem sie „(…) die regelrechte Glorifizierung von den v. a. männlichen Sozialpädagogen bzw. Wissenschaftlern der Heimreform“ (47) aufdecken. Es wird ausgeführt, dass „(…) sich einzelne Vertreter der Heimreform als Schlüsselpersonen der Heimreform herausheben und zudem gegenseitig auf sich verweisen (…)“ (47), obwohl doch auch andere an der Reform mitgewirkt hätten. „Damit inszeniert sich eine exklusive Gruppe an Reformern so, als wären ihre Positionen die zentrale Diskursposition der Heimreform. Sie proklamieren damit einen gewissen Besitzanspruch auf die Heimreform, machen sich selbst zu Experten, die eine neue Idee von Pädagogik haben und versuchen, diese in der (Fach-)Öffentlichkeit zu etablieren“ (ebd.). Es mag dahingestellt bleiben, dass die Autor: innen für die Thesen keinen Beleg liefern, so ist es dennoch eine merkwürdige Wahrnehmung. Wenn Professionelle und Wissenschaftler: innen sich intensiv mit bestimmten Fragestellungen beschäftigen, so ist es weder überraschend noch verwunderlich, dass diese auch (fach-)öffentlich mit diesen Fragen verbunden sind und in ihrer Expertise angefragt werden. Der von Baader et al. vorgelegte Bericht ist geradezu ein Beleg für diesen Sachverhalt; sie haben den Forschungsauftrag doch wohl nicht deshalb erhalten, weil sie bezüglich der in Rede stehenden Sachverhalte keine Expertise haben. Mit Blick auf andere gerät ihnen jede fachliche Kompetenzzuschreibung innerhalb eines von ihnen bestimmten Netzwerkes zur Seilschaft mit Besitzanspruch. Und gänzlich unreflektiert bleibt bzw. unverdächtig ist ihnen, dass die vielfältigen Eigenzitationen im Bericht ein Versuch sein könnten, ihre Position als die zentrale Diskursposition in Sachen sexualisierte Gewalt durchzusetzen und damit einen „gewissen Besitzanspruch“ auf diesen Diskurs zu erheben. Diese an sich schon verzerrte Wahrnehmung wird dann im weiteren Verlauf in der den Bericht durchziehenden eigenen Form der Empirie untersetzt, indem die Geschlechterperspektive erneut kritisch in Anschlag gebracht wird. „Auffällig ist in dem Zusammenhang - wird erneut eine Geschlechterperspektive angelegt -, dass es sich vorrangig um männliche, durch ihre gesellschaftliche Position hoch dotierte Personen handelt (i. d. R. Professoren). Helga Amesberger und Brigitte Halbmayr (2022, S. 42) sprechen daher von einem sog. „old boys network“, das sich in der Heimreform rekonstruieren lässt“ (47). Mit dieser Formulierung wird der nächste Schlag gegen Hans Thiersch, „(…) ein Vertreter der Heimreform (…)“ (46), vorbereitet. Zuvor ist erneut ein Abgleich mit dem von den Autor: innen Behaupteten und der Originalquelle notwendig, weil - wie oben gezeigt - durchaus Zweifel an der korrekten Wiedergabe der herangezogenen Textpassage angezeigt sind. Und erneut zeigt sich, dass im Bericht die Aussagen von Amesberger und Halbmayr schlicht falsch und insofern wahrheitswidrig wiedergegeben werden. Denn in Wirklichkeit kann man im Bericht von Amesberger/ Halbmayr (2022, 42) Folgendes lesen: „Viele Akten der ersten Jahre des Bestehens der DGfE zeugen davon, dass aktiv nach Mitgliedern gesucht wurde. Wiederholt wurden die Vorstandsmitglieder gebeten, Vorschläge zu unterbreiten und bei den vorgeschlagenen Personen für eine Mitgliedschaft zu werben. Mit dieser Vorgehensweise war zum 278 uj 6 | 2025 Kritische Anmerkungen zum Bericht einen gewährt, dass sich fachlich ausgewiesene Erziehungswissenschaftler: innen in der DGfE versammeln. Zum anderen barg diese insbesondere in den ersten Jahren die Gefahr, dass hier ‚old-boys-networks‘ gebildet wurden, die nicht nur den Zugang zur Gesellschaft kontrollierten, sondern damit auch die fachlichdisziplinäre Ausrichtung bestimmten.“ Es geht in dem von Amesberger/ Halbmayr angesprochenen Kontext ausschließlich um die Frage, wie in der Gründungsphase der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, also ab 1964, Mitglieder für diese Gesellschaft rekrutiert wurden; es gibt hier keinerlei Bezug auf die Heimreform! Auch hier wird von den Autor: innen des Berichts wissentlich eine Falschaussage konstruiert. 7. Geschlechterperspektive IV: Betroffenenperspektive Die Berichtsverfasser: innen heben zu einem weiteren Schlag an, indem sie herausarbeiten, wie seitens männlicher Protagonisten der Heimerziehung mit Betroffenen sexualisierter Gewalt umgegangen wurde und wird. Hierzu greifen sie zitierend auf Ausführungen Hans Thierschs zurück: „‚Man sorgte sich ja um die, um die sich sonst niemand kümmerte, man tat Gutes und gefiel sich darin‘ (Thiersch 2023, S. 102). Dieses Zitat aus einem jüngst veröffentlichten Artikel von Hans Thiersch lässt erkennen, weshalb - in Teilen bis heute - sexualisierte Gewalt und Übergriffe seit den 1970er Jahren nicht problematisiert werden. Stattdessen lässt sich als ein weiteres, zentrales Muster die Immunisierung von Personen nennen, indem diese letztlich als pädagogische Ausnahmeerscheinungen dargestellt und mit ihren Widersprüchen heroisiert wurden, wie z. B. Martin Bonhoeffer (vgl. Frommann/ Becker 1996), die bis heute - trotz der Aufarbeitung (vgl. Dill 2023) - trägt (Thiersch 2023)“ (86; die korrekte Jahresangabe zu den Thiersch- Zitaten ist 2024). In besagtem Beitrag Hans Thierschs (sowie in der gesamten Herausgeberschrift) taucht der Name Bonhoeffer an keiner Stelle auf. Thierschs Ausführungen beziehen sich demgegenüber auf die Härten der Heimerziehung vor den Reformbemühungen der 1970er Jahre. Im Original heißt es: „Für diese Kinder gab es die Rechtssicherheit und den Schutz einer Familie nicht, sie lebten in einem Raum ohne Anerkennung, sie waren übrig, sie waren überflüssig, sie waren auf Mitleid und elementare kirchliche oder städtische Unterbringung und Versorgung angewiesen, etwa in den Waisenhäusern oder Armenanstalten oder in elenden Pflegestellen, die sich so billigste Zusatzarbeitskräfte verschafften. (…) Und in der harten Erziehung zeigte die Gesellschaft an ihnen ihre Normen mit besonderer und unnachgiebiger Härte, an ihnen bewies sich die Gesellschaft der Normalen selbst und zeigte - sozusagen am strengen Bild - was in ihr zu gelten hatte. (…) Das war Realität von Erziehung und Umgang mit Kindern, die nicht zuhause leben konnten, durch die Jahrhunderte hindurch, aber es war überglänzt von Programmen des Helfens und der Wohltätigkeit. Man sorgte sich ja um die, um die sich sonst niemand kümmerte, man tat Gutes und gefiel sich darin - schon in der Bibel heißt es ja von den Pharisäern: ‚Herr, ich danke Dir, dass ich nicht so bin, wie diese da! ‘“ (Thiersch 2024, 101f ). Im Forschungsbericht wird die Zitation Hans Thierschs ohne präzise Seitenangabe referiert, verkürzt (ohne Kennzeichnung [sic! ]) und erkennbar bewusst aus dem vorgestellten Sachzusammenhang herausgerissen. Der selbstkritische Rückblick Hans Thierschs auf die Geschichte der Heimerziehung in Anwesenheit von Geschädigten eben dieser Heimerziehung wird im Bericht kurzerhand in sein Gegenteil verkehrt, als fortgesetzte Verdrängung der Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt: „Auch lässt er dabei Diskussionen rund um sexualisierte Gewalt und Heimerziehung in der Gegenwart, Aufarbeitung sowie Schutzkonzepte, die spätestens seit 2012 geführt werden, ebenfalls außen vor, verweist aber darauf, dass eine kritische Selbstkontrolle für eine Kultur der Achtsamkeit nicht ausreiche“ (38). 279 uj 6 | 2025 Kritische Anmerkungen zum Bericht Auch hier lohnt sich wieder der genauere Blick in die Originalquelle, in der es heißt: „Das Entsetzen über die früher in den Heimen praktizierte Gewalt und sexualisierte Gewalt verlangt eine neue Kultur der Selbstkontrolle und Achtsamkeit. Pädagogischer Umgang ist trotz aller Anstrengungen um Respekt und Anerkennung immer auch Umgang unter Ungleichen, denn die eine [Person] hat Macht und der andere ist abhängig. Das ist gleichsam strukturell gefährlich; und dieser Umgang ist in der Enge des Miteinanderlebens im Heim in spezifischer Weise riskant: Es braucht eine besondere Kultur des Schutzes, eine Kultur der Achtsamkeit, der Selbstkontrolle der Mitarbeiter: innen und der Ermutigung der Bewohner: innen“ (Thiersch 2024, 105). Er schreibt das konträre Gegenteil des von den Berichtsverfasser: innen Behaupteten, die auch nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dass an der hier zitierten Stelle der Hinweis auf neue Schutzkonzepte erfolgt, dass das Thema sexualisierte Gewalt nicht nur nicht ausgespart, sondern offen angesprochen wird und das Thema Heimerziehung - trotz Fortschritten, die es seit den 1970er Jahren auch gegeben hat - weder wissenschaftlich noch professionell abgeschlossen ist. Vielmehr stellt er nüchtern und ernüchtert fest: „Die Probleme der Heimerziehung sind nicht gelöst“ (Thiersch 2024, 105). Und selbst dieses eindeutige Bekenntnis reicht den Autor: innen nicht aus, sie können nicht anerkennen, dass es nach den 1970er Jahren Fortschritte in der Heimerziehung gegeben hat, die von Thiersch angesprochen werden - ohne zu verkennen, dass grundlegende Probleme stationärer Fremderziehung unverändert ungelöst sind. 8. Vermeintliche Expertise Im Bericht wird an vielen Stellen darauf hingewiesen, dass etwas „vermeintlich“ sei, also nur dem Schein nach bzw. irrtümlich so sei, wie es erscheint. Die Verfasser: innen des Berichts erheben also eigene Geltungsansprüche bzw. setzen die eigene Position als die richtige voraus. Dabei lässt sich in dem Bericht die Bedeutung des Begriffs in drei unterschiedlichen Verwendungszusammenhängen rekonstruieren: 1. In einem ersten Bedeutungszusammenhang geht es um die Heimreform, mit der vermeintlich reformorientierte Konzepte verbunden gewesen seien (11, 18, 29, 31f, 32). An dieser Stelle genügt der Hinweis auf die obigen Ausführungen zur Heimreform. Eine ernsthafte und differenzierte inhaltliche Beschäftigung der Berichtsverfasser: innen mit der Heimreform der 1970er Jahre hätte in diesem Zusammenhang dringend Not getan! Stattdessen erfährt man, dass innerhalb der Heimreform ein Denkkollektiv bestand; es „(…) konnte sich größtenteils dadurch erhalten und gegen Kritik schützen, da es innerhalb der Heimreform um ‚hoch aufgehängte Einrichtungen der Bildungs- (und Heim)reform und um männliche Personen [ging], denen ein vermeintlicher Expertenstatus zugesprochen wurde und die damit auch so etwas wie unantastbar waren - oder mit Freud gesprochen - einem Tabu der Kritik unterlagen‘ (Baader 2021, S. 32)“ (44, 83). Warum Kritik zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich gewesen sein sollte, erfährt man indes nicht - es sei denn, man begnügte sich mit dem Hinweis, dass es sich um ‚hoch aufgehängte Einrichtungen‘ (was immer das auch inhaltlich bedeutet) und männliche Personen gehandelt habe (und dabei weibliche Protagonisten schlicht unterschlägt). Die wenigen Belege, die angeführt werden, sind erneut Eigenzitate und -referenzen von Baader. 2. Ferner wird in einem zweiten Bedeutungszusammenhang darauf verwiesen, dass es sich sowohl bei den Professionellen als auch bei den Wissenschaftlern der Heimreform um vermeintliche Experten gehandelt habe bzw. handelt (17, 32, 33, 44, 85). Die Infragestellung der entsprechenden Kompetenz wird damit begründet, dass diese ‚sog. Expert: innen‘ sich an einer Veranstaltung zum 280 uj 6 | 2025 Kritische Anmerkungen zum Bericht „Missbrauch mit dem Missbrauch“ aktiv beteiligt haben und gegen eine „(…) angeblich konservative ‚moralische Panik‘“ (86) im Missbrauchsdiskurs argumentiert haben. Es gehe ihnen ansonsten lediglich um „(…) die Setzung von Deutungsmacht in der Heimreform über die Heraushebung von Reforminitiativen, Reformeinrichtungen sowie emanzipatorischer Pädagogik (…)“ (85). Warum allerdings der Expertenstatus der angesprochenen Personen insgesamt infrage gestellt wird, bleibt letztlich offen; es wird nur mitgeteilt, dass es sich um vermeintliche Experten bzw. vermeintliche Expertise handele, belegt durch Eigenzitate und -belege von Baader. 3. Der dritte Verwendungszusammenhang betrifft die Erziehungswissenschaft bzw. die Sozialpädagogik als Wissenschaft unter methodischen Gesichtspunkten (83, 85). Die in diesem Zusammenhang formulierten Angriffe treffen ins Mark der Wissenschaft, denn sie stellen ihre Forschungsergebnisse, mithin die Qualität und Validität ihrer Deskriptionen und Theorien (grundsätzlich) infrage. Dabei gilt es sich zunächst in Erinnerung zu rufen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse immer nur vorläufige Gültigkeit beanspruchen können - bis zu ihrer Weiterentwicklung oder ihrer Widerlegung. Das gilt auch für wissenschaftliche Ergebnisse im Zusammenhang mit der Wirkung sexueller Handlungen durch pädophile Pädagogen. Im Bericht heißt es hinsichtlich der Auseinandersetzung um sexuelle Gewalt durch (pädophile) Pädagogen gegenüber ihnen anvertrauten Schutzbefohlenen wie folgt: „Mit der vermeintlich empirischen Argumentation der ‚Unschädlichkeit‘ bei sog. vermeintlicher ‚Einvernehmlichkeit‘ wird ein Muster bedient, dass den Pädosexualität legitimierenden Diskurs der 1970er Jahre charakterisiert und sich mit der Figur der ‚Einvernehmlichkeit‘ durch eine Ignoranz gegenüber dem Gewaltaspekt sowie den Betroffenen auszeichnet“ (27). Es dürfte heute kaum noch ernsthaft das Gewaltvolle pädosexueller Übergriffe, insbesondere gegenüber Schutzbefohlenen, infrage gestellt werden. Dennoch ist die zitierte Position unter wissenschaftstheoretischen und -historischen Gesichtspunkten in höchstem Maße problematisch. Geht man in die von den Autor: innen angesprochene Quelle bei Kentler (1989, 140), dann zeigt sich, dass er sich direkt auf zwei empirische Untersuchungen zu den Wirkungen pädosexueller Handlungen bezieht (Tindall 1978; Sandfort 1986), sechs weitere empirische Studien aus diesem Fragekreis sekundäranalytisch heranzieht und all dies letztlich unter Bezugnahme auf eine 791 Seiten umfassende kriminologische Studie von Baurmann (1982) einordnet. Nimmt man ernst, dass insbesondere in den damaligen Studien von Tindall und Sandfort als Ergebnis zutage getreten ist, dass einvernehmliche pädosexuelle Handlungen unschädlich, ja sogar förderlich seien, dann ist die Schlussfolgerung eine gänzlich andere, als sie von den Verfasser: innen des Berichts gezogen wurde. Die zitierten Studien sind keine vermeintlichen empirischen Untersuchungen, sie sind empirische Studien, allerdings sind ihre Ergebnisse falsch! Sie zeigen den damaligen forschungsmethodischen und wissenschaftlichen Stand. Für das Nicht-Empirische der Untersuchungen liefern die Berichtsverfasser: innen keinerlei Beleg, vielmehr ergehen sie sich in einer Moralisierung gegenüber dem damaligen Vorgehen. Das ist die „Anmaßung der Späterlebenden“ (Elias 1991, 19), von der bereits die Rede war. Die Antwort auf Falschergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen ist nicht Moral, die Antwort ist methodische Kritik und weitere Forschung. Stattdessen versteigen sich die Verfasser: innen in abstrusen Formulierungen, indem sie fragen, ob „(…) die wissenschaftlichen Organisationen als Täterorganisation bzw. -disziplin bezeichnet werden können, weil sie unhinterfragbare Narrative und Normative im Kontext der Heimerziehung gesetzt haben (…)“ (86). Hier geht jegliche Differenzierung verloren, als ob in Wissenschaften irgendetwas ‚unhinterfragbar‘ wäre oder von irgendwem Normative gesetzt werden könnten. 281 uj 6 | 2025 Kritische Anmerkungen zum Bericht Damit nicht genug, ergehen sie sich in völlig abwegigen Überlegungen, die ihren Kulminationspunkt in folgenden Forderungen finden: „Es ist kaum nachvollziehbar, warum Betroffene (vgl. Enders 2017; Enders/ Schlingmann 2018) in dem machtvollen Feld der Wissenschaft und Fachöffentlichkeit bisher keinen eigenen Raum haben, keine Ressourcen, keine Institute, keine Fachorgane, Professuren etc.“ (86). Um nur Letzteres aufzugreifen: Nach welchen Betroffenheitskriterien, nach welchem Betroffenheitsmaß und von welchen Betroffenengruppen sollten denn solche Professuren eingerichtet und besetzt werden? Das ist die woke Verabschiedung von aller wissenschaftlichen Vernunft, in der nur noch Betroffenheit als Maß gilt. Das ist dann allerdings das Ende von Wissenschaft. Resümee In der bis hierhin geführten Auseinandersetzung mit dem vorgelegten Bericht der wissenschaftlichen Autor: innengruppe sind einige wesentliche Kritikpunkte ausgeführt worden; es blieben noch viele weitere zu erörtern. Und um noch einmal einer Fehlinterpretation vorzubeugen: es geht nicht um die inhaltliche Beurteilung der im Bericht im Zusammenhang mit Helmut Kentler präsentierten Sachverhalte pädosexueller Gewalt, es geht ausschließlich um die Art der wissenschaftlichen Aufarbeitung. Insgesamt fällt das Urteil über den Bericht negativ aus: Sachverhalte werden entstellt bzw. für die eigene Argumentation passfähig zugerichtet, Zitate werden ohne Nachweis verändert oder gekürzt, Sinnzusammenhänge werden sinnwidrig präsentiert, Personen werden ohne zureichende Belege öffentlich denunziert, personale Beteiligungen werden vereinseitigt herausgearbeitet usw. Die Liste ist lang, belegt und bezüglich der Wissenschaftlichkeit des vorgelegten Berichts verheerend, aber nicht abschließend. Gerade weil es um die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt gegen Kinder in pädagogischen Abhängigkeitsverhältnissen geht, stellt sich die Frage, ob so etwas wie Neutralität oder die in der Wissenschaft zu fordernde Wert(urteils-)freiheit (Weber 1988; Schmid 2020) wirklich die einzig richtige Forderung sein kann. Hierauf gibt es kein einfaches Ja oder Nein! Max Weber hat selbst darauf hingewiesen, dass „(…) die Scheidung von empirischer Arbeit und praktischer Wertung ‚schwierig‘ sei“ (Weber 1964, 111). Und in der neueren philosophischen Diskussion um die Wert(urteils-)freiheit wird diese Schwierigkeit bewusst reflektiert. Tim Henning zeigt, dass die analytische Trennung zwar möglich ist, aber moralische Anforderungen deshalb nicht ausgeschlossen sind; es geht vielmehr um das Problem, dass es „(…) ein Einschleichen praktischer Erwägungen in das Hoheitsgebiet der theoretischen Vernunft gibt, ein sogenanntes pragmatic encroachment. Genauer lautet die Idee, dass die epistemische Bewertung einer Überzeugung auch praktische Kosten eines Irrtums berücksichtigt. Nicht von ungefähr verlangen wir besonders belastbare Daten, bevor wir uns ein finales Urteil über Kernreaktoren, Impfstoffe oder weapons of mass destruction erlauben. So lässt sich auch die Moral ins Spiel bringen“ (Henning 2024, 24). Damit verlagert sich die moralische Beurteilung auf die Sicherheit und Belastbarkeit der wissenschaftlichen Erkenntnisse, gleich welcher Disziplin auch immer. Sie verbleibt damit aber vollständig innerhalb der Trias von Entdeckungs-, Begründungs- und Verwertungszusammenhang im einheitlichen Terrain der Wissenschaft, also im Begründungszusammenhang. Mit Blick auf die in dem Ergebnisbericht von Baader et al. angesprochenen vielfältigen personalen Bezüge, die als Netzwerk bestimmt werden, in dem „(…) pädophile Positionen geduldet, gestärkt und legitimiert sowie pädophile Übergriffe in unterschiedlichsten Konstellationen nicht nur geduldet, sondern auch arrangiert und gerechtfertigt wurden“ (9), bleibt zu fragen, ob der Bericht den nunmehr als 282 uj 6 | 2025 Kritische Anmerkungen zum Bericht moralische Anforderung sich stellenden wissenschaftlichen Herausforderungen genügt. Wurden die Möglichkeit des Irrtums oder die Kollateralschäden der Nennung von (Klar-)Namen einzelner Personen angemessen reflektiert, gibt es die besonders belastbaren Daten, die ein solches Vorgehen rechtfertigen? Die Antwort auf diese Fragen fällt klar und eindeutig aus: Nein! In dem (und mit dem) Bericht wurde massiv gegen forschungsethische Prinzipien verstoßen. Die Verfasser: innen hätten den von ihnen zitierten Text von Katharina Vogel mit ihrer klugen Positionierung intensiv lesen sowie ernst nehmen und nicht mit dem lapidaren Hinweis, sie habe eine Kritik am Netzwerk-Begriff formuliert, abtun sollen. Sie schreibt hinsichtlich eines parallel gelagerten Falles eines Bystanders: „Die zahlreichen Versuche, Hartmut von Hentig endgültig zu diskreditieren oder zu rehabilitieren, machen in einem institutionalisierten Wissenschaftsbetrieb, in dem es immer nur um die wissenschaftliche Sache geht, in der sich Diskurse in sachlogischen Zwängen aneinanderreihen oder Personen und ihr symbolisches Kapitel keine Rolle spielen (sollten), keinen Sinn“ (Vogel 2023, 15). Die Berichtsverfasser: innen ficht das nicht an. Sie sind beseelt von einem vorurteilsbehafteten, ihre weiteren Erkenntnismöglichkeiten massiv einengenden „(…) unreflektierten Verfolgungsfuro[r], den man zwar verstehen kann (…), aber nicht billigen darf“ (Winkler 2024, 206). Der von Meike S. Baader, Nastassia L. Böttcher, Carolin Ehlke, Carolin Oppermann, Julia Schröder und Wolfgang Schröer vorgelegte Bericht „Helmut Kentlers Wirken in der Berliner Kinder- und Jugendhilfe - Aufarbeitung der organisationalen Verfahren und Verantwortung des Berliner Landesjugendamtes“ - den als wissenschaftliche Leiter: in in besonderem Maße Meike S. Baader und Wolfgang Schröer zu verantworten haben - beschädigt sowohl das wissenschaftliche Ansehen der Verfasser: innen als auch der Disziplin, für die sie stellvertretend stehen. Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) entbindet nicht nur nicht von Verantwortung, sondern fordert sie im Sinne des oben beschriebenen pragmatic encroachment zwingend ein. Das machen auch die aktuell gültigen Ethik- Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft in unmissverständlicher Klarheit deutlich. Dort heißt es in § 1 Abs. 5 des Ethik-Kodex wie folgt: „In ihrer Rolle als Forschende, Lehrende und in der Praxis Tätige tragen die Mitglieder der DGfE eine besondere soziale Verantwortung. Ihre Empfehlungen, Entscheidungen und Aussagen können das Leben ihrer Mitmenschen beeinflussen. Sie sind sich der Gefahren und Zwänge bewusst, die zu einem Missbrauch ihres Einflusses führen können, und bemühen sich, dass ein solcher Missbrauch und nachteilige Auswirkungen auf andere Menschen vermieden werden“ (DGfE 2010, 180; Hervorhebung RM). Der vorgelegte Bericht lässt von der ersten bis zur letzten Seite die eingeforderte „besondere soziale Verantwortung“ in Bezug auf eine Vielzahl von Personen, die ohne Belege öffentlich an den Pranger gestellt werden, vermissen. Es handelt sich bei diesem Text um einen schwerwiegenden Verstoß gegen den von der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft aufgestellten und als Selbstverpflichtung zu wahrenden Ethik-Kodex. Man wird sehen, in welchem Maße die Fachgesellschaft sich selbst und ihre Prinzipien angesichts dieser eklatanten Verfehlungen ernst nimmt. Aber auch hier wird die nüchterne Einschätzung, ähnlich wie bei der rechtlichen Beurteilung des Berichts durch Reinhard Wiesner (im vorliegenden Heft), lauten: Wo kein Kläger, da kein Richter. Prof. Dr. Roland Merten Friedrich-Schiller-Universität Jena Institut für Erziehungswissenschaft Am Planetarium 4 07737 Jena E-Mail: roland.merten@uni-jena.de 283 uj 6 | 2025 Kritische Anmerkungen zum Bericht Literatur Aich, P. (Hrsg.) (1973): Da weitere Verwahrlosung droht…: Fürsorgeerziehung und Verwaltung; zehn Sozialbiographien aus Behördenakten. Rowohlt, Reinbek Baader, M. (2017): Zwischen Enttabuisierung und Entgrenzung. Der Diskurs um Pädosexualität und Erziehungs-, Sexual- und Sozialwissenschaften der 1970er bis 1990er Jahre. Erziehungswissenschaft 28 (54), 27 - 37 Baader, M. et al. 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