Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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Und es geht doch!
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Jutta Hagen
Es gibt vielfältige Fortschritte bei der Befragung von Menschen mit einer geistigen oder mehrfachen Behinderung. Einschätzungen, die diesem Personenkreis prinzipiell eine geringe Verstehenskompetenz unterstellen, wird widersprochen. Inzwischen liegen vermehrt empirische Forschungsergebnisse vor, die Erhebung differenzierter Selbstaussagen und Selbstkonzepte dieses Personenkreises dokumentieren. Dabei haben sich qualitative Forschungszugänge bewährt. Hervorzuheben sind das Problemzentrierte Interview und insbesondere die Erhebung von Selbstaussagen in Gruppendiskussionen. Hier werden durch eine größtmögliche Hinwendung zur Alltagswelt der Untersuchungspersonen die in Forschungs-Settings hervorgerufenen Artefakte systematisch gering gehalten
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22 Vielfach wird bei der Implementation neuer Unterstützungssysteme in der Behindertenhilfe reklamiert, dass eine Evaluation durch die Betroffenen selbst zumeist völlig fehle. So bringt Thimm die diesbezügliche Haltung bereits 1989 auf den Punkt, wenn er feststellt: „Hier begnügen wir uns immer noch allzu leicht damit, auf das offenkundige Wohlbefinden geistig behinderter Menschen hinzuweisen, das wir daraus folgern, dass sie uns doch eigentlich so freundlich anlächeln (…)“ (1989, 233f). Auch aktuell sind Menschen mit einer geistigen Behinderung vielfach darauf verwiesen, dass wohlmeinende Bezugspersonen Entscheidungen für sie treffen. Dies stellt eine auf Dauer unhaltbare Situation dar. Denn um wirksame, für die Hilfeadressat/ innen als sinnvoll erlebte Unterstützungsleistungen entwickeln zu können, ist ein echter Dialog mit den Betroffenen unverzichtbar. Insbesondere angesichts der inzwischen gesetzlich verankerten Notwendigkeit der Erstellung „Individueller Hilfepläne“ unter Mitwirkung der Betroffenen ist es unerlässlich, kreativ zu werden im Ermitteln ihrer Sichtweisen. Welche aktuellen Fortschritte es in der Forschung diesbezüglich inzwischen gibt, soll im Folgenden dargelegt werden. Den Schwerpunkt bilden Erkenntnisse, die im Rahmen einer empirischen Untersuchung bei LEBEN MIT BE- HINDERUNG HAMBURG gesammelt werden konnten. 22 Und es geht doch! Menschen mit einer geistigen Behinderung als Untersuchungspersonen in qualitativen Forschungszusammenhängen Jutta Hagen Evangelische Fachhochschule Rheinland- Westfalen Lippe ■ Zusammenfassung: Es gibt vielfältige Fortschritte bei der Befragung von Menschen mit einer geistigen oder mehrfachen Behinderung. Einschätzungen, die diesem Personenkreis prinzipiell eine geringe Verstehenskompetenz unterstellen, wird widersprochen. Inzwischen liegen vermehrt empirische Forschungsergebnisse vor, die Erhebung differenzierter Selbstaussagen und Selbstkonzepte dieses Personenkreises dokumentieren. Dabei haben sich qualitative Forschungszugänge bewährt. Hervorzuheben sind das Problemzentrierte Interview und insbesondere die Erhebung von Selbstaussagen in Gruppendiskussionen. Hier werden durch eine größtmögliche Hinwendung zur Alltagswelt der Untersuchungspersonen die in Forschungs-Settings hervorgerufenen Artefakte systematisch gering gehalten. Schlüsselbegriffe: Erhebung von Selbstaussagen, Problemzentriertes Interview, Gruppendiskussion ■ And yet it is Possible! - Mentally Handicapped Persons as Subjects of Qualitative Research Summary: Research can look back on manifold progresses in interrogating persons with a mental or a multiple handicap. The present research outcomes are contrary to evaluations, which impute a generally low level of faculties of comprehension to this group of individuals. Meanwhile, a number of empirical research results are at hand which document the acquisition of differentiated self-statements and self-concepts of this person subgroup. For this group of people, the methods of choice are qualitative approaches, above all problem-centred interviews and the collection of self-statements in groupdiscussions. By an intensive approach to the everyday life of the handicapped persons, such methods allow to systematically minimise the artefacts, generated in many kinds of research settings. Keywords: Collection of self-statement data, problem-centred interview, group discussion Fachbeitrag VHN, 76. Jg., S. 22 -34 (2007) © Ernst Reinhardt Verlag München Basel LEBEN MIT BEHINDERUNG HAM- BURG ist ein großer freier Träger der Behindertenhilfe, der in Hamburg und Umgebung Wohngruppen, Tagesstätten und Betreuung im eigenen Wohnraum anbietet. Vor einigen Jahren haben die Trägervertreter eine Neuorientierung bezüglich des Hilfeangebotes in den in ihrer Trägerschaft befindlichen Tagesstätten beschlossen, dies einerseits unter dem Eindruck des aktuellen fachlichen Diskurses, andererseits aber auch wegen zunehmendem Rechtfertigungsdruck gegenüber behördlichen Stellen. Diese Neuorientierung zielte im Wesentlichen auf das verbindliche Bereitstellen von Arbeitsmöglichkeiten für alle Hilfeadressat/ innen in den Tagesstätten, unabhängig von der Schwere der jeweiligen Behinderung. In diesem Umstrukturierungsprozess ist das empirische Forschungsprojekt angesiedelt, und zwar mit dem klaren Fokus auf die Sicht der Menschen mit Behinderungen. Mit einer von 1998 bis 2001 durchgeführten Untersuchung wurde das anspruchsvolle Ziel verfolgt, die lebensweltlichen Perspektiven der Adressat/ innen bezüglich dieser Neukonzeptionierung einzufangen. Die Qualität der Hilfekonzepte in den Tagesstätten von LEBEN MIT BEHINDERUNG HAM- BURG sollte aus der Betroffenenperspektive evaluiert werden. Die Erhebung authentischer Perspektiven stellt jedoch bei diesem Personenkreis kein einfaches Unterfangen dar, liegen doch bislang vor allem Forschungsergebnisse vor, die belegen, wie schwierig bis unmöglich es sei, die Ansichten und Bewertungen von Menschen mit einer geistigen Behinderung zu erheben. 1 Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Rolle geistig behinderter Menschen als Interviewpartner Hängt man die Messlatte hoch und beurteilt Menschen mit einer geistigen Behinderung am Maßstab des idealen Interviewpartners, der sachlich und ohne persönliche Anteilnahme reflektiert und distanziert Auskunft geben kann über seine Situation, so muss man bilanzieren, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung ausgesprochen ungeeignete Interviewpartner/ innen sind. Laga (1982) kommt zu dem Schluss: „Diese haben weder hinreichend emphatische, motivationale und kognitive Fähigkeiten für die Übernahme der Rolle des detaschierten Datenlieferanten, noch haben sie den hinreichenden Grad an persönlicher Autonomie und an narrativer Kompetenz, um in egalitärer Kommunikation ihre Wirklichkeitskonzeption darstellen zu können“ (236). Ähnlich rigoros gehen viele amerikanische Wissenschaftler vor und belegen in unterschiedlichen Versuchsanordnungen in einer ganzen Reihe von Untersuchungen (im American Journal on Mental Retardation und dem Journal of Developmental and Physical Disabilities nachzulesen) die Interviewunfähigkeit dieser Menschen. Beispielsweise erklären Parker u. a. (1991) die aus Interviews mit Menschen mit einer geistigen Behinderung gewonnenen Daten für prinzipiell fragwürdig, weil dieser Personenkreis sowohl abstrakte Zusammenhänge nur eingeschränkt verstehen könne als auch nur ein begrenztes Repertoire an Antworten beherrsche. Auch fanden mehrere Wissenschaftler/ innen heraus, dass dieser Personenkreis in Befragungen eine starke Tendenz aufweisen würde, mit „Ja“ zu antworten, bisweilen sogar ohne den Inhalt der Frage zur Kenntnis zu nehmen (Budd u.a. 1981). Hofmann (2001) dokumentiert ähnliche methodische Probleme bei der Untersuchung von Selbstkonzepten von Menschen mit geistiger Behinderung (322). Dazu ist zunächst anzumerken, dass es zwar offenkundig so ist, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung dem Ideal eines verständigen, seine eigene Lage umfassend reflektierenden Gesprächspartners nicht entsprechen. In keiner Weise ist mit der Abweichung von einem solchen idealen Interviewpartner jedoch erklärt, aus welchen Gründen jemand diesem Ideal nicht entspricht. Man verbleibt ebenfalls bei einer sehr oberflächlichen Betrachtung, wenn man bei Menschen mit einer geistigen Behinderung in Und es geht doch! 23 VHN 1/ 2007 Befragungen eine Neigung zur Zustimmung dokumentiert und ihnen dies wiederum als Kommunikationsunfähigkeit zuschreibt. Nicht alle in diesem Bereich Forschenden halten diese Beobachtungen für abschließende Urteile. So gibt es durchaus Wissenschaftler, die hierzu eine tiefer gehende Analyse liefern. Sigelman u. a. (1980, 1981, 1982 a, 1982 b) und Heal u. a. (1995) haben dieses Phänomen näher untersucht und herausgefunden, dass es auf die Art der Frage ankomme. Beinhalte sie Zweifel oder Unentschiedenheit, neige der Befragte zu einem „Ja“. Sigelman u.a. zeigen auf, dass es hier Parallelen zu Untersuchungen bezüglich der Befragung von Menschen mit niedrigem Bildungsniveau gebe. Bei ihnen wurden ähnliche Antwortstrategien beobachtet, die bezweckten, - Unwissen zu kaschieren, - Anstrengung durch Nachdenken für die Antwort zu vermeiden, - soziale Anerkennung für die Antwort zu erhalten. Zu ähnlichen Schlussfolgerungen kommt Gromann (1998). Sie verweist im Zusammenhang mit Nutzerbefragungen in Einrichtungen der Behindertenhilfe insbesondere auf den Umstand, dass „bei negativen Äußerungen ein Begründungszwang sozial üblich“ (261) sei, dem man sich mit einer positiven Antwort in der Regel entziehen könne. Auch wenn deutlich wird, dass das Phänomen, gemäß sozialer Erwünschtheit zu antworten, kein spezifisches Problem in der Befragung von Menschen mit einer geistigen Behinderung darstellt, so verdient dieser Sachverhalt dennoch eine eingehende Betrachtung. Warum neigen Menschen mit einer geistigen Behinderung offenbar in besonderem Maße dazu, ihre Antworten daran zu orientieren, was vermutlich von ihnen erwartet wird? Gromann kommt zu dem Schluss, dass nicht die geistige Behinderung an sich der Grund für solches Verhalten sei, sondern sie deutet diesen Umstand vornehmlich „als Zeichen mangelnder Übung (dieser Menschen, J. H.), im Lebensalltag für ihre Vorlieben einzutreten“ (1996, 220).Ihrer Auffassung nach stellen eher die besonderen, zumeist durch institutionelle Unterbringung geprägten Lebensumstände den Grund für eine Zustimmungstendenz bzw. für das Nicht-Äußern von Unzufriedenheit dar. Auf das widersprüchliche Phänomen subjektiver Zufriedenheit mit schlechten Lebensbedingungen stieß man bereits in der Wohlfahrtsforschung. Dies wurde als so genanntes sozial vermitteltes „Zufriedenheitsparadox“ (Zapf 1984, 25) problematisiert. Demgemäß ist davon auszugehen, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung aufgrund der isolierten Lebensbedingungen eingeschränkte Erfahrungen und begrenztes Wissen über alle denkbaren Wahlmöglichkeiten haben. Beck (1994) bemerkt dazu: „Die Unkenntnis von Alternativen, das Gefühl von Ohnmacht als fehlende Möglichkeit, soziale Normen oder Werte als ‚anders möglich‘ erleben zu können, und herabgesetzte Anspruchsniveaus als Folge von Frustrationserlebnissen müssen als Ursache in Betracht gezogen werden, wenn schlechte Lebensbedingungen positiv bewertet werden“ (250). Interessant ist in diesem Zusammenhang auch eine Untersuchung von Thornicroft u. a. (1993) zur Stimmigkeit von Äußerungen langzeitig hospitalisierter Menschen. Hier waren keinerlei Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne eine geistige Behinderung festzustellen. Unter gleichen sozialen Bedingungen war also auch die Zustimmungstendenz gleich. 1 Diese Erkenntnisse sind von herausragender Bedeutung, zeigen sie doch, welch entscheidende Rolle die konkreten lebensweltlichen Bedingungen für die individuellen Möglichkeiten zur Beurteilung der eigenen Lebensverhältnisse und das Vertreten eigener Ansichten spielen. So gesehen müssen Menschen mit einer geistigen Behinderung nicht für immer ungeeignete Gesprächspartner/ innen bleiben, auch wenn sie derzeit einen Hang zur Zustimmung aufweisen. Stattdessen könnte dieses Problem möglicherweise weitgehend durch die Erweiterung des lebensweltlichen Erfahrungs- und Kenntnishorizontes dieser Menschen gelöst werden. Jutta Hagen 24 VHN 1/ 2007 Diese Auffassung wird gestützt durch eine Interview-Testreihe von Coroy und Bradley (1985). Sie erzielten interessante Ergebnisse in der Prüfung der Stimmigkeit von Antworten von Menschen mit einer geistigen Behinderung durch das zweifache Stellen derselben Fragen auf unterschiedliche Art: einmal mit Fragen, die mit Ja oder Nein zu beantworten waren, anschließend mit Fragen, für welche fünf Alternativen zur Auswahl standen. Hier konnte eine erstaunliche kontextgebundene Entwicklung verzeichnet werden. Die Antworten der Untersuchungspersonen in den ersten Interviews auf die Frage, ob es ihnen dort gefalle, wo sie leben, erbrachte lediglich bei 16 von 23 Befragten eine Übereinstimmung zwischen den beiden unterschiedlichen Fragetypen. Diejenigen Untersuchungspersonen, welche vier Jahre später zum einen aus Institutionen in gemeindenahe Wohnformen wechselten und zum anderen bereits einige Interview-Erfahrungen gesammelt hatten, antworteten alle 100 % konsistent. Aber auch bei denjenigen, die in institutioneller Wohnform verblieben, erhöhte sich die Antwortkonsistenz um 20 % (nach Heal/ Sigelman 1995, 335). Damit wird eindrucksvoll die Bedeutsamkeit des individuellen lebensweltlichen Erfahrungshorizontes belegt. Diese Studie zeigt, ebenso wie die Untersuchung von Coroy und Bradley, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung aufgrund ihrer eingeschränkten Erfahrungen mit Befragungen zunächst keine stimmigen Antworten geben. Erlangen sie jedoch diesbezüglich eine gewisse Routine, erhöht sich die Antwortkonsistenz. Außerdem belegt diese Untersuchung, dass ein Leben außerhalb von Institutionen in einer gemeindenahen Unterbringungsform ebenfalls zur Erhöhung der Antwortkonsistenz beiträgt. Hier werden also die fachlichen Weichenstellungen bestätigt, die einerseits den Weg von Großinstitutionen in gemeindenahe Wohnformen weiter forcieren und andererseits Befragungen der Hilfeadressat/ innen in den Einrichtungen zum selbstverständlichen Alltag der Betroffenen werden lassen und ihnen so einen zunehmend routinierteren Umgang damit ermöglichen. 2 Kritische Ressourcenprüfung als erste Voraussetzung für die Praxis Will man eine intensivere Nutzerbeteiligung in Institutionen etablieren und sollen damit die Möglichkeiten der Hilfeadressat/ innen erweitert werden, selbstbestimmt Einfluss auf die Gestaltung der Hilfen auszuüben, so muss eine ernsthafte Ressourcenprüfung die erste Maßnahme sein. Bevor der Dialog überhaupt beginnen kann - sei es, dass Individuelle Hilfeplanung (IHP) eingeführt oder eine Qualitätsevaluation durch die Betroffenen durchgeführt werden soll -, müssen sich die Verantwortlichen in einer Institution redlich Rechenschaft darüber ablegen, welche Entscheidungsspielräume geboten werden können bzw. was aus einer Qualitätsevaluation folgen kann. Es ist zu prüfen, ob das Budget und damit die personellen Ressourcen selbstbestimmte Entscheidungen der Bewohner/ innen ermöglichen können. Ob die gesetzlich verankerte Notwendigkeit der Erstellung „Individueller Hilfepläne“ unter Mitwirkung der Betroffenen für diese eine echte Verbesserung bringen kann, ob also ausreichend Mittel vorhanden sind, individuellen Wünschen nachzukommen, gilt es mit Blick auf die Ressourcen zu beurteilen. Sonst installiert man statt echter Mitbestimmungsmöglichkeiten für die Hilfeadressat/ innen nur eine weitere lästige Pflichtübung für die inzwischen bereits mit Dokumentationsnotwendigkeiten überlasteten Mitarbeiter/ innen. In einem solchen Fall kann das Eintreten für Verbesserungen für die Hilfeadressat/ innen nur im Konflikt mit staatlichen Behörden bestehen. 2 Fehlen die Alternativen, weil man weder finanzielle noch personelle Ressourcen für die Umsetzung von selbstbestimmten Entscheidungen bereitstellen kann oder weil die Mitarbeiter/ innen in den Einrichtungen von der Sinnhaftigkeit des Einbezuges der Hilfeadressat/ innen gar nicht überzeugt sind, dann bleibt das Interesse an den Bedürfnisäußerungen der Betroffenen formell. Dann wird Hilfeplanung auf der Ebene der Erledigung des Papierkrams abgewickelt. Und es geht doch! 25 VHN 1/ 2007 Nur wenn in der Institution, in den Teams ein ernsthaftes Interesse an den Bedürfnisäußerungen der Betroffenen besteht und die Ressourcen für deren Befriedigung bereitstehen, macht es Sinn, Befragungen durchzuführen. Angesichts der oftmals prekären Lebenslagen 3 von Menschen mit Behinderungen ist es eine unabdingbare Voraussetzung für Befragungen, dass den Interessensäußerungen der Betroffenen Taten folgen können. Andernfalls wird dem, was Menschen mit Behinderung als typische Lebenserfahrung kennen, nämlich das Gefühl von Ohnmacht bezüglich der Gestaltung der eigenen Lebenssituation (Hagen 2001, 199ff), eine bestätigende Erfahrung hinzugefügt. Anzustreben ist hingegen, dass auch Menschen mit geistiger Behinderung erfahren, dass ihre Wünsche, Ansichten und Bewertungen ernst genommen werden. Das Ziel muss sein, dass dies zur positiven Routine wird. 3 Stellvertreterbefragungen - eine Alternative? Angesichts der vielfältigen Schwierigkeiten bei der Erhebung valider Selbstaussagen von Menschen mit einer geistigen Behinderung wird bisweilen der Versuch unternommen, über Dritte Informationen zu gewinnen, so genannte Fremd- oder Stellvertreteraussagen. Die diesbezüglich veröffentlichten Untersuchungen belegen jedoch, wie wenig es bislang gelungen ist, valide Fremdaussagen über Menschen mit einer geistigen Behinderung zu erheben. Stancliffe (1995) kommt in einer vergleichenden Erhebung von Selbstaussagen erwachsener Menschen mit einer geistigen Behinderung und Aussagen ihrer Assistent/ innen zu dem Ergebnis, dass Fremdaussagen erheblich von den Selbstaussagen der Betroffenen abweichen. Von zehn Fragen zur Selbsteinschätzung der eigenen Wahlmöglichkeiten zeigten sich in der Beantwortung von drei Fragen klare Differenzen. Die Menschen mit einer geistigen Behinderung beurteilten ihre Wahlmöglichkeiten wesentlich positiver als ihre Assistentinnen und Assistenten. Dies wird oftmals allzu schnell als Beleg für die Unglaubwürdigkeit von Selbstaussagen Betroffener interpretiert. Eine solche Auslegung erscheint jedoch hoch problematisch, geht es doch bei der Einschätzung des Grades erreichbarer Entscheidungsfreiheit um das subjektive Empfinden, also darum, wie der Einzelne sowohl die Quantität als auch die Qualität der ihm offen stehenden Optionen beurteilt. Widaman u. a. (1992) haben in ihren Studien ermittelt, dass das Selbstkonzept entscheidend davon abhängt, mit wem sich der Einzelne vergleicht. Vergleicht er seine Entscheidungsfreiheit mit jener anderer ähnlich Gestellter in einer Institution, deren Möglichkeiten er als geringer als seine eigenen einschätzt, kommt er zu einer positiven Beurteilung seiner autonomen Entscheidungsmöglichkeiten. Angestellte der Institution hingegen würden die Entscheidungsfreiheit der Hilfeadressat/ innen als eher gering einschätzen, da sie diese an der persönlichen Autonomie Erwachsener im Allgemeinen messen würden. Dies zeigt, dass sich die in bestimmten lebensweltlichen Settings gebildete Betroffenenperspektive vor eben diesem individuell maßgeblichen Erfahrungshorizont zu verstehen ist und sich in Reflexion dieser Besonderheit als sinnhaft erschließt. So ist insbesondere davon auszugehen, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung aufgrund der isolierten Lebensbedingungen eingeschränkte Erfahrungen und begrenztes Wissen über alle denkbaren Wahlmöglichkeiten haben. Dies erklärt, dass sie selbst eine geringe Entscheidungsfreiheit positiv bewerten. Anstatt also Selbstaussagen Betroffener für unglaubwürdig zu erklären, wird auch hier offenkundig, dass stattdessen den jeweiligen Bedingungen ihres Zustandekommens nachzugehen ist. Obwohl Fremdaussagen problematisch sind, wird bisweilen darauf zurückgegriffen, wenn der mutmaßliche Wille von Menschen ermittelt werden soll, die sich nicht in für Jutta Hagen 26 VHN 1/ 2007 Außenstehende eindeutiger Weise selbst äußern. Dafür werden aktuell „Verfahren der stellvertretenden Beantwortung“ von Helmkamp (2000) entwickelt. In speziellen Stellvertreterschulungen lernen Mitarbeiter/ innen in Wohngruppen, welche die Betroffenen besonders gut kennen, qualifizierte Beobachtungen vorzunehmen, während denen sie „nonverbale Äußerungen der Betroffenen, wie beim induktiven Verfahren, zu Einschätzungen verdichten“ (2). Zur Erhöhung der Validität von Stellvertreteraussagen werden Antworten mehrerer Personen zusammengetragen, die alle den betroffenen Menschen kennen, und außerdem werden Stellungnahmen solcher Personen hinzugezogen, die in keinerlei Abhängigkeit zu der Institution stehen. Bezüglich der Validität solcher Stellvertreteraussagen muss jedoch aktuell eine negative Bilanz gezogen werden. Die stellvertretende Beantwortung eines Fragebogens zur Einschätzung der mutmaßlichen Beurteilung des Betroffenen bei Fragen „mit höherem subjektivem Gehalt“ (6) durch vier Mitarbeiter/ innen hat nämlich ergeben, dass eine vollständige Übereinstimmung bei nur 50 % der Fragen erreicht wurde. Dies ist lediglich eine Zufallsübereinstimmung. Helmkamp folgert, dass stellvertretende Verfahren noch wesentlich verbessert werden müssen. Solche Verfahren sollten jedenfalls nur ergänzend eingesetzt werden und Forschungs- und Entwicklungsbemühungen vorwiegend auf die Ermöglichung höherer Eigenbeteiligung Betroffener zielen. 4 Eckpunkte für ein Befragungskonzept Die ideale Interviewsituation Bezüglich der konkreten Ausgestaltung von Befragungen von Menschen mit einer geistigen Behinderung belegen mehrere Untersuchungen, dass Interviews in der natürlichen Umgebung zu aussagefähigeren Ergebnissen kommen als solche mit klinischer Anordnung (Lohrmann- O’Rourke/ Browder 1998). Entscheidet man sich dennoch für Interviews in einem anderen Rahmen als der direkten Umgebung, empfiehlt es sich unbedingt klarzustellen, dass die Teilnahme freiwillig ist und dass es sich bei dem Interview nicht um einen Test handelt. Dies ist bei Menschen mit einer geistigen Behinderung deshalb notwendig, weil sie Befragungen auf dem Hintergrund ihrer spezifischen Lebenserfahrung vielfach als medizinische Tests zur Diagnostizierung ihrer Behinderung kennen, die Assoziation mit einem Test also nahe liegt. Carrier (1997) hat auf der Basis dieser besonderen Problematik einen methodischen Forschungszugang entwickelt, den sie „entrevue dans l’action“ (Interview im konkreten Geschehen) nennt. Die Sorge, sich in einem Test bewähren zu müssen, kann den Gesprächspartner/ innen unter den genannten Bedingungen genommen werden. Bewährt hat sich auch die Erhebung von Selbstaussagen im Rahmen von Gruppendiskussionen. Giese u. a. (2002) extrahieren Daten zur Rekonstruktion subjektiver Theorien von Menschen mit geistiger Behinderung aus transkribierten Gruppensitzungen, wo „die Gruppenmitglieder untereinander kommunizieren und sich untereinander direkt ansprechen“, so dass „Artefakte durch Befragungseffekte dadurch gering gehalten werden“ (186f). Forschungserfahrungen mit dem Gruppendiskussionsverfahren als qualitativem Erhebungsinstrument bestätigen, dass Gruppendiskussionen förderlich für die Erhebung individueller Sichtweisen der Diskussionsteilnehmer/ innen sind, weil sich in einer Gruppendiskussion „das Gespräch hochschaukelt“ und „psychische Sperren durchbrochen werden“ (Mayring 1996, 58). 4 Weitere kreative Möglichkeiten der Schaffung von natürlichen Gesprächssituationen dokumentieren Meiners und Heiner (1994). Sie wählen für die Evaluation sozialräumlicher Integration psychisch Kranker das Verfahren eines dokumentierten Spaziergangs durch den Stadtteil. Ähnliche Verfahren haben sich in- Und es geht doch! 27 VHN 1/ 2007 zwischen in der Sozialraumanalyse insbesondere für die Befragung von Kindern bewährt (vgl. Ortmann 1996). Gemeinsam ist allen Untersuchungsdesigns, dass Befragungen in der natürlichen Umgebung der Untersuchungspersonen vorgenommen werden, wodurch mögliche Befangenheitsgefühle auf Seiten der Untersuchungspersonen minimiert werden können. Lessard (1993) wählt einen anderen Zugang für die Erhebung der Bedürfnisse geistig behinderter Menschen. Er empfiehlt (für therapeutische Gespräche) die Anwesenheit einer vertrauten Person, die dem Betroffenen Sicherheit bietet und im weitesten Sinne des Wortes das Gesagte „übersetzen“ kann. Er unterstellt also, dass vertraute Personen Aussagen der Betroffenen besser verstehen können. Ein solches Vorgehen ist jedoch auch umstritten (vgl. Wyngaarden 1981), da die Anwesenheit einer solchen nahestehenden Drittperson die Informationen verfälschen kann. Zwar kann eine vertraute Person dem Betroffenen während des Interviews einerseits ein Gefühl größerer Sicherheit vermitteln. Es ist jedoch andererseits nicht auszuschließen, dass solche Personen - insbesondere, wenn es sich um Eltern oder Institutionsangehörige handelt - den Betroffenen dazu veranlassen könnten, Antworten gemäß sozialer und institutioneller Erwünschtheit zu geben. Darüber hinaus dokumentiert Laga ein Scheitern des Einbezuges von Eltern bei der Befragung von Menschen mit einer geistigen Behinderung aus anderen Gründen: Die Eltern verhielten sich nicht als Übersetzer, sondern es zeigte sich, „dass die Eltern schon nach kurzer Gesprächsdauer, spätestens jedoch bei einer längeren Pause oder bei weit ausholenden Antworten der Behinderten, so massiv eingriffen und die Gesprächsführung übernahmen, dass auch die Interviewer nicht verhindern konnten, dass hier nicht Interviews mit, sondern über den Behinderten stattfanden“ (1982, 234f). Werden Institutionsangehörige zu Interviews hinzugezogen, besteht zudem die Gefahr, dass die Betroffenen in die Situation kommen, unter Rechtfertigungsdruck gegenüber institutionellen oder moralischen Maßstäben dieser Personen zu geraten. Entsprechende Erfahrungen sind bei Hagen (2001, 185ff und 221) dokumentiert. Während des Forschungsprozesses bei LEBEN MIT BEHINDERUNG HAM- BURG konnten hingegen zwei Interviews mit Assistenz eines Betroffenen durchgeführt werden. Durch die Assistenz eines Gleichgestellten konnte emotionale Unterstützung gewährleistet und Befangenheit gegenüber Institutionsvertreter/ innen ausgeschlossen werden (Hagen 2001, 221). Angesichts der dargelegten Erkenntnisse lassen sich Eckpunkte für die Konzeptionierung von Befragungen mit diesem Personenkreis markieren: - Ein qualitatives Forschungsdesign zur Anpassung an individuelle Verstehensmöglichkeiten Um eine größtmögliche Annäherung an subjektive Wirklichkeiten von Menschen mit geistiger Behinderung zu erreichen, hat sich ein qualitatives Forschungsdesign und insbesondere das Problemzentrierte Interview von Witzel (1982) für die Konzeptionierung von Interviewleitfäden für diesen Personenkreis bewährt (vgl. Gütgemann 1997; Hagen 2001, 113ff; Pixa- Kettner u. a.1996, 24ff). Das Problemzentrierte Interview zeichnet sich durch eine Interviewtechnik aus, die den Erzählenden größtmöglichen Raum für ihre subjektiven Sichtweisen gibt, und es ermöglicht eine flexible Anpassung der Interviewerin an die Erzähllogik des Interviewten. - Geeignete Interviewer/ innen In der Regel werden die pädagogischen Kräfte vor Ort mit solchen Befragungen betraut. Dies ist jedoch problematisch, entwickeln sie doch ihre Deutungsmuster und Handlungskonzepte im institutionellen Gefüge vor dem Hinter- Jutta Hagen 28 VHN 1/ 2007 grund eigener Interessen und institutioneller Notwendigkeiten. Sie sind Mitproduzent/ innen der zu untersuchenden Wirklichkeit und entwickeln in der Regel eine durch institutionell gegebene Handlungsnotwendigkeiten geprägte Alltagsroutine. Es ist daher davon auszugehen, dass sie sich mit im Untersuchungsfeld etablierten Deutungsmustern und Handlungskonzepten identifizieren und sich loyal zu diesen stellen (vgl. Altrichter u. a. 1997, 650). Aus ihrer spezifischen Stellung im Untersuchungsfeld folgt also neben dem Risiko der Betriebsblindheit geradezu notwendig Parteilichkeit für das eigene und das Institutionsinteresse. Die mit den Hilfeadressat/ innen geteilte Lebenswelt verstellt oder erschwert zumindest den Blick auf deren Perspektive. Aus dem Umstand, dass für die Alltagsgestaltung tragfähige Handlungskonzepte im Umgang mit den Hilfeadressat/ innen entwickelt werden müssen, resultiert bisweilen die Einschätzung, man würde die Betroffenen gut kennen und die Hilfen ihren Bedürfnissen und Ansprüchen gemäß optimal gestalten, was alles andere ist als unbefangene Offenheit gegenüber möglicher Kritik seitens der Betroffenen. So hat auch die Untersuchung bei LEBEN MIT BEHINDERUNG HAMBURG erhebliche Differenzen zwischen der Einschätzung der Mitarbeiter/ innen und der Betroffenen insbesondere bezüglich der Möglichkeiten der Einflussnahme seitens der Betroffenen aufgedeckt. Während die Mitarbeiter/ innen sich als Ermöglicher weitgehender Selbstbestimmung der Hilfeadressat/ innen sahen und diesbezüglich bester Absicht waren, erlebten die Betroffenen sich größtenteils ohnmächtig den konzeptionellen Entscheidungen des Trägers ausgeliefert (Hagen 2001, 199ff). - Kenntnisse der Lebenswelt der zu Befragenden Der Interviewer muss die Lebenswelt der Hilfeadressat/ innen allerdings schon kennen. Durch die Kenntnis des institutionellen Kontextes der Betroffenen sowie ihrer alltäglichen Handlungskonzepte kann ein differenziertes Vorverständnis für ihre lebensweltlichen Bedingungen gewonnen werden. Außerdem kann so der Sprachgebrauch in den Interviews den zuvor zu ermittelnden Kommunikations-Codes angepasst werden. - Vertrauensbasis Es ist außerdem ausgesprochen wichtig, die potenziellen Gesprächspartner/ innen bereits vor dem Interview kennen zu lernen, um ihr Vertrauen zu gewinnen und ausführlich den Sinn und Zweck der Befragung zu verdeutlichen und insbesondere dem möglichen Missverständnis, es könne sich bei der Befragung um einen Test handeln, vorzubeugen. - Bekannte Umgebung Die Interviews sollten zwar in der alltäglichen Umgebung der Betroffenen stattfinden. Um jedoch sicherzustellen, dass die Gesprächspartner/ innen nicht aus Angst vor Sanktionen oder aus Opportunismus gegenüber Institutionsangehörigen kritische Äußerungen vermeiden, ist es sinnvoll, einen separaten Raum für die Befragung zu wählen. - Einsatz von Hilfsmitteln Zusätzliche Ausdrucksmittel wie Fotos, Smily- Karten und Bilder sind sehr geeignet, um die Kommunikation zu unterstützen. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Erfahrungen von Holst (1999, 60ff), der über das Medium Video Menschen mit geistiger Behinderung zu Selbstaussagen über ihren Alltag animiert. Mit dem Medium Fotografie wurden im Rahmen der Untersuchung bei LEBEN MIT BEHINDERUNG HAMBURG interessante und daher hier hervorzuhebende Erfahrungen gemacht. Fotos haben sich als besonders geeignet erwiesen, die Perspektive des Betroffenen auf seine Alltagswelt zu ermitteln. Das soll im Folgenden an einem Beispiel erläutert werden. Und es geht doch! 29 VHN 1/ 2007 Als Herr Anton im Rahmen der empirischen Untersuchung gefragt wurde, ob ein Foto von ihm und seiner Arbeit gemacht werden dürfe, sprang er sofort auf, um einen Aktenordner aus dem Regal zu holen, mit dem er fotografiert werden wollte. In einem Interview wurde Herr Anton gefragt, was dieser Aktenordner für ihn bedeute, und er erklärte, dass er in diesem Ordner alle wichtigen Unterlagen sammle. Dazu gehören Katalogseiten von Gegenständen, die er anschaffen möchte, Eintrittskarten von Veranstaltungen, die er besucht hat, Fotos und Notizen. Hat dieser Aktenordner also etwas mit Herrn Antons Idealvorstellung einer Arbeitstätigkeit zu tun? Als man ihn fragt: „Würden Sie gerne mit Aktenordnern arbeiten? “, lacht er, verneint und sagt, er wäre gerne „Chefleiter“. Auf die Frage, was ein „Chefleiter“ mache, antwortet er, ein Chefleiter „denkt nach“. Das Medium Foto inspirierte Herrn Anton zu einer Selbstinszenierung, in der er sich als Chefleiter sieht. Im Gespräch über seine Inszenierung wird zudem deutlich, was seiner Meinung nach einen Chefleiter ausmacht, nämlich Nachdenken. Herr Anton bringt zum Ausdruck, dass handwerkliche Tätigkeit ihn nur mäßig interessiert, Nachdenken hingegen eine erfüllende Bezugnahme auf seine Alltagswelt für ihn darstellt. Insofern wirft seine Selbstinszenierung ein ganz neues Licht auf die verbreitete Vorstellung, Menschen mit einer geistigen Behinderung seien mit geistiger Tätigkeit überfordert und handwerkliche Arbeiten entsprächen eher ihren Bedürfnissen (detaillierter bei Hagen 2001, 185ff). Neben der Gelegenheit zur Selbstinszenierung stellen Fotos eine gute Möglichkeit dar, eine angenehme Gesprächsatmosphäre zu erzeugen, denn fast jede und jeder sieht sich gerne auf einem Foto. Fotos als Mittel des Gesprächseinstieges können sowohl „das Eis brechen“ als auch einen direkten Zugang zum Alltag des Betroffenen herstellen. Zum Nutzen von Smily-Karten und Bildern gibt es folgende interessante Untersuchung: Sigelman u. a. (1982 a) stellten bei Fragen mit entweder/ oder eine starke Tendenz der Auswahl der zweiten Möglichkeit fest. Zugleich belegen sie, dass diese Tendenz interessanterweise abnimmt, wenn die zur Wahl stehenden Alternativen durch Bilder repräsentiert werden (1986 nach Heal/ Sigelman 1995, 335). Ähnliche Erfahrungen machte auch Gromann. Bei der Verwendung einer Smiley-Skala zur Bebilderung des Grades eigener Zufriedenheit stellte sie fest, dass ein solcher Fragebogen „von den Interviewpartnern gerne selbst ausgefüllt wurde und die Bedeutung der inhaltlichen Stellungnahme in einigen Fällen zurechtrückte“ (1998, 261). Bei Menschen mit einer geistigen Behinderung ist von einer hohen Verstehenskompetenz auszugehen. Die entscheidende Voraussetzung für gelingende Kommunikation besteht darin, den Menschen mit einer geistigen Behinderung nicht als tendenziell unfähigen Gesprächspartner zu betrachten. In Interviews sollten zunächst offene und durchaus komplexe Fragen gestellt Jutta Hagen 30 VHN 1/ 2007 werden, da nicht davon auszugehen ist, dass einfache Fragen „behindertengerecht“ wären (vgl. Lenzen 1999, 156). Es ist nicht auszuschließen, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung durchaus in der Lage sein können, komplexe Sinnzusammenhänge zu verstehen, zumal von ihrem aktiven Sprachgebrauch nicht unmittelbar auf das passive Sprachverständnis geschlossen werden kann (vgl. Speck 1990, 119 ff). 5 Es ist vielmehr davon auszugehen, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung eine hohe passive Verstehenskompetenz aufweisen und nicht etwa nur das Vokabular verstehen, das sie selbst gebrauchen. Sowohl Gromann (1999) als auch Beck (2000) kommen in neueren Untersuchungen zu der Einschätzung, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung auch anspruchsvollere Fragen erstaunlich gut verstehen können. Wie sehr es auf unsere eigene Haltung gegenüber Menschen mit geistiger Behinderung ankommt, also darauf, für wie verständig wir unser Gegenüber halten, soll an einem kurzen Interviewausschnitt gezeigt werden: I: Werden Sie bezahlt für Ihre Arbeit? U: Dreißig Mark! I: Dreißig Mark? U: Ja. I: Von wem? U: Dreißig Mark. I: Von wem kriegen Sie Geld? U: (lacht) weiß nicht! I: Das wissen Sie nicht? U: Nee! I: Haben Sie sich das ausgedacht, die dreißig Mark? U: (lacht) Ja. Da U. nicht wirklich einen Lohn für ihre Tätigkeit erhält, könnte ihre Antwort auf die Frage nach Bezahlung: „Dreißig Mark“ dahingehend gedeutet werden, dass sie nicht weiß, dass sie nicht bezahlt wird. Somit könnte ihr begrenztes Verstehen ihrer lebensweltlichen Bedingungen in der Tagesstätte attestiert werden. Unterstellt man jedoch, dass sie nicht einfach dumm ist, sondern sich bei ihrer Antwort etwas gedacht hat, kommt man zum nahe liegenden Schluss, dass sie die Interviewerin mit einer ihr angemessen erscheinenden Antwort zufrieden stellen wollte. So gab sie auf die Frage nach Bezahlung eine plausible Geldgröße an. Erst beim Nachfragen, von wem sie dieses Geld bekomme, konnte oder wollte sie ihre Geschichte nicht aufrechterhalten und bestätigte schließlich, sich die „Dreißig Mark“ ausgedacht zu haben und lachte, weil sie ertappt worden war. Letztendlich belegt also die Antwort von U. nicht geringes Wissen, sondern im Gegenteil ein hohes Maß an Verstehenskompetenz. Schließlich hat sie sich spontan eine absolut passende Antwort auf eine Interviewfrage einfallen lassen. Darüber hinaus spiegelt ihr Antwortverhalten jedoch auch ihre prekäre institutionelle Situation wider, ist es ihr doch ein Anliegen, „angepasst“ zu antworten, also vermuteten Erwartungen anderer zu entsprechen. Angesichts dessen, dass vielfältige Untersuchungen meinen belegen zu können, dass Menschen mit einer geistigen Behinderung aufgrund geringer kognitiver Fähigkeiten viele Fragen nicht verstehen würden, liegt es nahe, dies in ihren Äußerungen bestätigt zu sehen. Das erwähnte Beispiel soll dafür stehen, dass Interviewerinnen bei der Befragung von Menschen mit einer geistigen Behinderung bisweilen fälschlicherweise aus unerwarteten Antworten den Schluss ziehen, das Gegenüber habe nicht verstanden. Solche Fehlschlüsse lassen sich m. E. vermeiden, wenn man ganz prinzipiell von einer hohen Verstehenskompetenz des Gegenübers ausgeht. Eine Annäherung an die individuellen Sinnkonstruktionen kann nur gelingen, wenn Sinnhaftigkeit in den Antworten unterstellt wird. 5 Schlussfolgerungen für das Auswertungsverfahren Für die Untersuchung bei LEBEN MIT BE- HINDERUNG HAMBURG hat sich eine gegenstandsverankerte Theoriebildung gemäß Und es geht doch! 31 VHN 1/ 2007 der Grounded Theory (Strauss/ Corbin 1996) bewährt. Durch ein offenes Kodierungsverfahren (90) gelang eine sehr weit gehende Annäherung an die Wirklichkeitskonstruktionen der befragten Personengruppe. Durch die Kombination unterschiedlicher Erhebungsinstrumente konnte hierbei eine breite Datenbasis, bestehend aus biografischen Studien, Fotos und Beobachtungsskizzen, zu Grunde gelegt werden. Ein stärker strukturiertes Auswertungsverfahren liegt von Giese u. a. (2002) vor. Es handelt sich um eine Pilotstudie, die „versucht, die Vorgehensweise des Forschungsprogramms Subjektiver Theorien (FST) sowie die dafür entwickelte Heidelberger Struktur-Lege-Technik (SLT) so an diese Personengruppe zu adaptieren, dass eine Erhebung von Subjektiven (Autobiographie-)Theorien erwachsener Menschen mit geistiger Behinderung möglich wird“ (183). Die dokumentierten Ergebnisse belegen, dass „die Versuchspartner durchaus über eine ausreichende Sprach- und Kommunikationskompetenz, Reflexivität, potenzielle Rationalität sowie Handlungsfähigkeit verfügen“ (186), sodass in einem fünfschrittigen Strukturanalyseverfahren zentrale Selbstaussagen ermittelt und Rückschlüsse auf subjektive Theorien und Selbstkonzepte auf Basis nur zweier transkribierter Gruppensitzungen gelingen (Giese u. a. 2002, 183ff). 6 Ausblick Qualitative Untersuchungen zielen auf die Entschlüsselung der Binnenperspektiven und Wirklichkeitskonstruktionen der Untersuchungspersonen. Dafür, wie dies auch in Untersuchungen bei dem Personenkreis der Menschen mit geistiger Behinderung gelingen kann, liegen hiermit wegweisende Forschungskonzepte vor. Hervorzuheben sind die erheblichen Vorteile von Datenerhebungen im Rahmen von Gruppendiskussionsverfahren und die Versuche des Einbezugs Gleichgestellter als Unterstützung in Interviews. Anmerkungen 1 Ähnlich verhält es sich womöglich bezüglich vermuteter negativer Selbstkonzepte von Menschen mit geistiger Behinderung. Hofmann (2001) dokumentiert, dass bislang „Studien keine Unterschiede im Selbstkonzept zwischen Personen mit oder ohne geistige Behinderung nachweisen konnten“ (321). Hier besteht noch erheblicher Forschungsbedarf. 2 Angesichts der erheblichen Kürzungen im Bereich der Behindertenhilfe warnt Schnath (2005) zu Recht eindringlich davor, in den Institutionen Verantwortung für eine gelingende Betreuung anzunehmen, um Schuldzuweisungen und Überforderungen auf Seiten der Betroffenen wie der Professionellen zu vermeiden. Stattdessen empfiehlt er Kartellbildung auf Trägerseite gegen staatlichen Spardruck (31). 3 Vgl. dazu Hagen (2001, 195ff) 4 Vgl. dazu auch Witzel, der dem Vorbehalt, in Gruppendiskussionsverfahren kämen die individuellen Sichtweisen auf Grund von Konformitätszwängen nicht zum Zuge, mit der Klarstellung entgegentritt: „Nun ist es sicher richtig, dass das vergesellschaftete Individuum seine Vorstellungen und Handlungsweisen in Auseinandersetzung mit anderen Individuen entwickelt, dennoch bleiben es seine Vorstellungen, die es folglich vom Inhalt her in Einzelgesprächen kaum anders äußert als in der Gruppe“ (1982, 86). 5 In diesem Zusammenhang ist auch der Diskurs um differenztheoretische Ansätze zur Erklärung von geistiger Behinderung (vgl. Perrig-Chiello 1999, Cole 1998) von hoher Relevanz, weil von ihnen in Betracht gezogen wird, dass sich die Entwicklung und das Denken von Menschen mit geistiger Behinderung nicht einfach langsamer vollziehen, sondern grundlegend anders. 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