eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 77/3

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
5
0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
71
2008
773

„Krankheiten verhüten heißt Krankheiten heilen“ Psychiatrisch materialistischer Monismus kontra heilpädagogischen (religiösen) Dualismus in der Schweiz (Zürich 1880-1930)

71
2008
Sabina Sennhauser
Das eugenische Gedankengut von August Forel und Eugen Bleuler - Direktoren der Irrenheilanstalt „Burghölzli“ in Zürich zwischen 1879 und 1927 - fußte auf einem materialistischen Monismus. Im Gegensatz zum Dualismus führt der Monismus Seelisches auf Körperliches zurück bzw. klammert es ganz aus - also auch die Würde und Autonomie des Menschen. Dies hatte zur Konsequenz, dass die Psychiater aufgrund ihrer Erkenntnis Menschen nach ihren Anlagen, bzw. auf der Basis ihres Phänotyps subjektiv bewerteten und bei den als „schlecht beanlagten“ Menschen an den Idiotenkonferenzen eugenische Maßnahmen diskutierten und im „Burghölzli“ auch anordneten. Demgegenüber stand Heinrich Hanselmann für eine menschenwürdige, dualistisch-religiös geprägte nachgehende Fürsorge ein.
5_077_2008_003_0198
Fachbeitrag VHN, 77. Jg., S. 198 - 211 (2008) © Ernst Reinhardt Verlag München Basel 198 „Krankheiten verhüten heißt Krankheiten heilen“ Psychiatrisch materialistischer Monismus kontra heilpädagogischen (religiösen) Dualismus in der Schweiz (Zürich 1880 -1930) Sabina Sennhauser Universität Freiburg/ Schweiz n Zusammenfassung: Das eugenische Gedankengut von August Forel und Eugen Bleuler - Direktoren der Irrenheilanstalt „Burghölzli“ in Zürich zwischen 1879 und 1927 - fußte auf einem materialistischen Monismus. Im Gegensatz zum Dualismus führt der Monismus Seelisches auf Körperliches zurück bzw. klammert es ganz aus - also auch die Würde und Autonomie des Menschen. Dies hatte zur Konsequenz, dass die Psychiater aufgrund ihrer Erkenntnis Menschen nach ihren Anlagen, bzw. auf der Basis ihres Phänotyps subjektiv bewerteten und bei den als „schlecht beanlagten“ Menschen an den Idiotenkonferenzen eugenische Maßnahmen diskutierten und im „Burghölzli“ auch anordneten. Demgegenüber stand Heinrich Hanselmann für eine menschenwürdige, dualistisch-religiös geprägte nachgehende Fürsorge ein. Schlüsselbegriffe: Eugenik, Geistige Behinderung, Psychiatrie, Monismus, Dualismus “To Prevent Illnesses Means to Cure Illnesses” Psychiatric Materialistic Monism vs. Special Educational (Religious) Dualism in Switzerland (Zurich 1880 -1930) n Summary: The eugenic ideas of August Forel and Eugen Bleuler, the two directors of the “Burghölzli” asylum in Zurich between 1879 - 1927, were based on a materialistic monism. Contrary to dualism, this concept attributes all spiritual processes to physical causes and it even factors out all emotional and spiritual characteristics and qualities such as autonomy and human dignity. As a consequence of their monistic concept, the two psychiatrists assessed their patients according to their individual disposition, based on their phenotype. On the occasion of professional conventions they therefore argued for eugenic interventions for persons with “bad hereditary dispositions”. Such interventions were not only discussed but also executed by Forel and Bleuler at the “Burghölzli” asylum. In contrast to this monistic approach, Heinrich Hanselmann stood up for a humane and decent follow-up care and welfare for mentally handicapped individuals, based on a religious dualism. Keywords: Eugenics, mental handicap, psychiatry, monism, dualism 1 Eugenik, Psychiatrie und „Idioten“ in Zürich (1880 - 1930) 1.1 Ausgangslage 1888 wurde die Psychiatrie unter August Forel in Zürich zum eidgenössischen Prüfungsfach in Medizin, 43 Jahre vor der Einführung des ersten (europäischen) Lehrstuhls für Heilpädagogik (Walser 1968; Schriber 1994). Die damalige Psychiatrie wurde von der materialistisch-positivistischen Philosophie inspiriert (Jaspers 1948); der Psychiatrieunterricht beschränkte sich auf Diagnosen, Symptombeschreibungen und Statistiken. Ärzte hatten nicht den Geisteskranken als Individuum, sondern „den Patienten Nr. X mit einer langen Liste von Diagnosen und Symptomen zu behandeln“ (Jaffé 1990, 121). Zwischen 1880 und 1920 wurden in der Zürcher Psychiatrie ca. 400 Erwachsene mit geistiger Behinderung aufgenommen (Sennhauser 2006). VHN 3/ 2008 199 „Krankheiten verhüten heißt Krankheiten heilen“ Die beiden damaligen Direktoren der psychiatrischen Klinik Burghölzli in Zürich, August Forel (Amtszeit 1879 - 1898) und Eugen Bleuler (Amtszeit 1898 - 1927), waren gemäß Willi Wottreng (1999) Initiatoren eines „sozialhygienischen Projektes“. Der Ameisenforscher und Psychiater Forel bezeichnete sich selbst - in Abhebung zu F. Galton - als Begründer der Eugenik. „Unabhängig von ihm habe ich seit vielen (…) Jahren die gleiche Ansicht unter dem Titel Menschliche Zuchtwahl vertreten“ (Forel 1911, 4). Forel betonte die Kongruenz von Sozialhygiene und Moral in der „Rassenhygiene“ (Forel 1906). Sie bezwecke, im Sinne einer Erhöhung des Gesamtwertes, das Volk (die Rasse) „gesünder, stärker und besser zu machen (…)“ (Forel 1908, 1). Bereits an der 1. Schweizerischen Idiotenkonferenz von 1889 vertrat Forel die Meinung, dass „Geistesstörungen“ nur durch Beseitigung der Störung zu heilen seien (Forel 1889). Das eugenische Gedankengut im deutschsprachigen Raum ging also indirekt von Zürich aus, wurde doch auch der Begründer der Eugenik/ Rassenhygiene in Deutschland - der Arzt Alfred Ploetz - während seiner Studienzeit in Zürich von Forel zur Darlegung dieser Lehre angeregt. Ein weiterer Schweizer Mediziner - Ernst Rüdin (1874 - 1952), der 2. Assistenzarzt unter Bleuler und Schwager von Ploetz - setzte sich intensiv mit eugenischen Fragen auseinander und war maßgeblich am deutschen „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ beteiligt, das am 14. Juli 1933 erlassen wurde (Weingart u. a. 1996). Bereits 1928 war im Kanton Waadt in der Schweiz die Sterilisation von „Geisteskranken“ - mit vorberatender Bezugnahme auf Hans W. Maier, dem Nachfolger von Bleuler - gesetzlich verankert worden (Huonker 2003). Diese Entwicklung widersprach allerdings der medizinischen Berufsethik, nach welcher es Pflicht wäre, Hilfsbedürftigen zu helfen. Helfen heißt, Mittel zur Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit einzusetzen, ohne dem „Kranken“ Schaden zuzufügen (Pieper 2000). Analog wäre „Idioten“ zu helfen, ohne ihnen zu schaden. Eine Sterilisation führt jedoch nicht zur Gesundung von Erwachsenen mit geistiger Behinderung, sondern zur „Heilung“ durch Verhütung des erbkranken Nachwuchses. Parallel zu den psychiatrischen Bestrebungen zur Verhütung von „Geisteskrankheit“ etablierte sich die Schweizer Heilpädagogik im Bereiche der Geistigen Behinderung; 1889 fand in der Schweiz die 1. Idiotenkonferenz statt, und 1924 gründete Heinrich Hanselmann das Heilpädagogische Seminar in Zürich (Müller 2001; Schriber 1994). Nachfolgend interessiert daher, wie sich das eugenisch-psychiatrische Verständnis bei der Behandlung erwachsener „Idioten“ äußerte und wie sich im Gegensatz dazu die Schweizer Heilpädagogik - am Beispiel von Hanselmann - dieser Thematik annahm. 1.2 Aktueller Forschungsstand Während in Deutschland zur Eugenik des ausgehenden 19. und der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts einige Publikationen erschienen sind (z. B. Weingart u. a. 1996; Schmuhl 1992, Dörner 1993), ist die diesbezügliche Forschungslage in der Schweiz eher bescheiden. Erste Auseinandersetzungen mit dem Verhältnis der Zürcher Psychiatrie zur Eugenik finden sich in den Publikationen von Markus Rufer (1988) und Willi Wottreng (1999). Diesen folgten die politischen Auftragsstudien der Historiker Thomas Huonker (2003) sowie Marietta Meier, Gisela Hürlimann und Brigitta Bernet (2002). Meier u. a. schildern die psychiatrischen Zwangsmaßnahmen aufgrund einer quantitativen Analyse einer Akten-Stichprobe („Burghölzli“ und Rheinau, 1870 - 1970) bei Menschen mit sämtlichen Diagnosen. Obschon einige Artikel (z. B. Eyl 1991) und Bücher (z. B. Keller 1995; Schriber 1994; Müller 2001) zur Eugenik zu finden sind, die sich primär entweder der Psychiatrie, der Heilpädagogik oder den Menschen mit geistiger Behinderung um 1900 in der Schweiz widmen, wurde eine exakte Klä- VHN 3/ 2008 200 Sabina Sennhauser rung des eugenischen Gedankengutes vernachlässigt. Teils wurde zwar auf die Inspirationsgrundlagen (z. B. Wolfisberg 2002; Rosenow 1991; Eyl 1991) hingewiesen; ebenso wurden die Sterilisationsgründe in der Psychiatrischen Klinik im Aargau (Dubach 2001) und in der Westschweiz (Heller u. a. 2002) untersucht. Im Kontext mit Eugenik, Psychiatrie und Menschen mit geistiger Behinderung blieb jedoch das eugenische Gedankengut der Psychiater - namentlich von Forel und Bleuler - ausgeklammert, ebenso die Frage nach der Umsetzung bei Erwachsenen. Diese Thematik war Forschungsgegenstand einer Lizenziatsarbeit, deren Ergebnisse im Folgenden in Teilen vorgestellt werden sollen. 2 Eugenische Hinweise an den Idiotenkonferenzen 2.1 Das Interesse an erwachsenen „Idioten“ In der Schweiz initiierte gemäß Müller (2001) die Zürcher Schulsynode zur „Idiotenfrage“ (1880) eine „eigentliche“ heilpädagogische Bewegung. Laut Amstein (1880), dem Referenten an der Schulsynode, hatte man sich bei der 1. Deutschen Idioten-Heil-Pflege-Konferenz 1874 in Berlin auf den allgemeinen Ausdruck „Idioten zur Bezeichnung aller geistig abnormen Kinder“ geeinigt. Da es in Deutschland weniger die typischen Kretinen gebe, habe man - der Pionierarbeit des Schweizer Arztes Guggenbühl folgend - vormals Anstalten unter der Bezeichnung „Blöden-Anstalten“ gegründet (Kölle 1889). Die erste schweizerische Konferenz für das Idiotenwesen, initiiert von Friedrich Kölle, Direktor der Anstalt für Epileptische in Riesbach, und A. Ritter, Pfarrer in Neumünster, fand 1889 in Zürich statt (Hofstetter1889). Weitere Konferenzen folgten1899, 1901, dann alle zwei Jahre. Diese Anlässe wurden 1911 in „Gesellschaft für Erziehung und Pflege Geistesschwacher“ umbenannt und 1920 der „Schweizerischen Vereinigung für Anormale“ (spätere Pro Infirmis) angegliedert (Hasenfratz 1929; Schriber 1994). In den Konferenzen wurde die „Idiotie“ durch entsprechende Fachvertreter interdisziplinär behandelt (Heilpädagogik, Psychiatrie, Medizin und Verwaltung u. a.) (Wolfisberg 2002). Bei der Durchsicht von 15 Anlässen (Hasenfratz 1929; Alther 1923) fällt auf, dass neun von 50 Referaten über „Erwachsene“ berichteten, so u. a. „Die Geistesschwachen in der Gesetzgebung“ von Zürcher 1905, „Bekämpfung der Ursachen der Geistesschwäche durch vorbeugende Maßnahmen“ von Koller 1911, „Die Fürsorge für unsere schulentlassenen Schwachbegabten“ von Hanselmann 1919 und „Sur les faibles d’esprit à l’asile de Bel-Air (Irrenheilanstalt) pendant les 20 dernières années“ von Métral 1921. Über das Erscheinungsbild und die Ursachen der „Idiotie“ referierten v. a. Mediziner, so u. a. Forel (1889), Wildermuth (1889), Schenker (1899) und Koller (1911). Aus der Übersicht von Wild (1919) wird zudem ersichtlich, dass lediglich spezielle Anstalten für Kinder, nicht aber für Erwachsene gegründet wurden. „Schwachsinn“ wird nicht mehr erwähnt - außer bei den Aufnahmebedingungen einiger Heil- und Pflegeanstalten oder Irrenanstalten. Entweder waren diese Menschen in den Arbeitsprozess eingegliedert, verblieben zu Hause oder wurden in Irrenanstalten „interniert“ (vgl. Kölle 1889). Im Falle der Irrenanstalt des Kantonsspitals Liestal wurde z. B. deklariert, dass diese für „unheilbare Geisteskranke bestimmt“ sei, d. h. „für Schwach- und Blödsinnige“ (Wild 1919, 122). In der untersuchten Zeitspanne, in den Jahren 1888, 1896, 1898 und 1900, wurden 23 Erwachsene mit Imbezillität und sechs mit Idiotie (Blödsinn) im „Burghölzli“ aufgenommen (Sennhauser 2006). 2.2 Heilbarkeit durch Verhütung An der 1. Schweizerischen Idiotenkonferenz plädierte Forel (1889, 129) dafür, dass die nächste Generation bei „der Erzeugung ihrer VHN 3/ 2008 201 „Krankheiten verhüten heißt Krankheiten heilen“ Nachkommenschaft“ einsichtig „die Zuchtwahl“ anwenden solle. Eine Dekade später meinte der Mediziner Schenker, Direktionspräsident der Anstalt für „schwachsinnige Kinder in Biberstein bei Aarau“, zur Ursachenbekämpfung: „(d)er erste Schritt in der Therapie (…) ist (…) die Prophylaxis. Auch hier gilt der Grundsatz: Krankheiten verhüten heißt Krankheiten heilen“ (1899, 111). Mit Bezug auf die Tierzucht, auf Darwin und Haeckel verwies er auf eine effiziente Nachkommenschaft, was in der Schweiz nicht berücksichtigt werde. „So kommt es in unsrem (…) Staatswesen immer noch vor, dass Epileptiker, Schwachsinnige, Taubstumme, Partiell-Geisteskranke, Syphilitische, Alkoholiker, Tuberkulöse etc. heiraten können und so einer Nachkommenschaft rufen, welche krank und defekt ist, ehe sie das Licht der Welt erblickt. (…) Es soll uns nicht nur daran gelegen sein, die schweizerische Viehzucht zu heben, sondern auch den Menschenschlag in körperlicher und geistiger Beziehung zu veredeln“ (Schenker 1899, 112). An der 2. und 3. Konferenz strebte Konrad Auer, Konferenzpräsident von 1899 bis 1911, vorbeugende Maßnahmen an. Man solle „das Übel an der Wurzel treffen, den Idiotismus ganz ausrotten“ (1901, 28; 1899). Prof. Dr. Zürcher forderte an der Konferenz 1905 Maßnahmen zum Schutz der Schwachsinnigen wie der Gesellschaft gegen Schädigungen durch gefährliche Schwachsinnige und vorbeugende „Maßnahmen zur Bekämpfung der Entstehungsursachen des Idiotismus“ (Die Ostschweiz 1905, 1, Hasenfratz 1929). Dies hatte bereits Forel wie folgt vertreten: “Schutz des Idioten vor den andern und vor sich selbst und Schutz der Gesellschaft vor dem Idioten“ (1903, 133). Pfarrer Alther bezeichnete drei Jahre später den Zweck der „Schwachsinnigenfürsorge“ als Gewährung eines Maximums an Hilfe. Trotz des unheilbaren „Gehirnschadens“ ließe sich für gute Ernährung sorgen, vor weiteren Schädigungen bewahren, den noch „vorhandenen Rest von Verstand, Gemüt und Willen“ zu üben und so weit als möglich zu entwickeln. Dies sei keine heilärztliche, sondern eine heil-pädagogische Aufgabe (Alther 1908, 582). Direktor G. Kull aus Zürich empfahl dem Referenten allerdings, nicht „heil-pädagogisch“ zu verwenden, da Pädagogen nicht heilen könnten. Alther entgegnete jedoch, dass Guggenbühl „Heilung“ als „kulturelles Heil“ und - im Gegensatz zum zeitgenössischen medizinischen Sinne - als „Heilung des Schadens der erzieherischen Verwahrlosung“ verstanden habe (Alther 1908, 603). Frank, Nervenarzt aus Zürich, betonte, dass die „Bekämpfung der Ursachen des Elendes wichtiger (…) seien als die Versorgung und milde Behandlung“. Lehrer, Geistliche und Juristen sollten sich an Irrenanstaltsdirektoren wenden, damit sie sich mit dieser „Materie vertraut machen könnten, um dann belehrend auf das Volk einzuwirken“ (Graf 1909, 325). Der Psychiater Koller, Irrenanstaltsdirektor in Herisau und ehemaliger „Burghölzli“-Assistenzarzt (Rechenschaftsbericht 1900), plädierte an der 11. Konferenz für Eheverbote, Sterilisationen und Anstaltsinternierungen Geisteskranker. „Die Einschränkung der Fortpflanzungsfreiheit ist ein unabweisbares Gebot der Zukunft, wenn der Fortschritt, ja, die Existenz der Kulturvölker (…) nicht in Frage gestellt werden soll“ (Hasenfratz 1929, 253). Während der Arzt die Ursachen des „Schwachsinnes“ erkennen solle, oblägen dem Heilpädagogen die Verhütungsmaßnahmen - im Sinne einer Heil-Pädagogik (Graf 1911). Acht Jahre später meinte Hanselmann, dass man „Anormale“ nicht von der Gesellschaft ausschließen solle. „Wir haben also nicht nur das Recht, ihn in die (…) Gesellschaft hineinzustellen. Wir würden ein Verbrechen begehen, wollten wir es versäumen oder gar verhindern“ (Hanselmann 1919, 40). 1927 zeigte Herfort, Prager Arzt und Direktor einer Erziehungsanstalt für Schwachsinnige, in seinem Referat anhand der Stammbäume der „Anstaltszöglinge“ auf, „dass dieselben (…) aus Familien stammen, in denen Inzucht, Geschlechtskrankheiten, Tuberkulose, Epilepsie, Geisteskrankheiten, Krebs, Alkoholismus“ etc. vorkämen VHN 3/ 2008 202 Sabina Sennhauser (Hasenfratz 1929, 263). Während von der 1. bis zur 15. Konferenz (1889 - 1927) von der Psychiatrie wiederholt Heilung durch Verhütung - also durch Eugenik - angestrebt wurde, forderten Alther und Hanselmann eine Hilfe im Sinne von Bildung und Integration. 3 Monismus (August Forel, Eugen Bleuler) 3.1 Psychiatrische Diagnose und Ursache des Idiotismus An der 1. Schweizerischen Idiotenkonferenz wurde die Idiotie von Forel und Wildermuth, ärztlicher Vorstand der Heilanstalt Stetten, als Geisteskrankheit bezeichnet (Wildermuth 1889; Forel 1889). In der Hemmung der geistigen Entwicklung, „der individuellen Evolution der Seele“, unterscheide sich der Idiotismus von anderen Geistesstörungen. Diese „krankhafte Hemmung“ sei durch eine erbbedingte oder eine frühzeitige Gehirnschädigung verursacht. 14 Jahre später betrachtete Forel den Idiotismus als eine eigene Gruppe von Geisteskrankheiten, da es auf den Hemmungsgrad der geistigen Entwicklung ankäme. Er unterschied dabei: „Idiotismus oder Blödsinn“, „Imbezillität oder Schwachsinn“ und „Debilität“ („leichteste Form des Schwachsinns“) (Forel 1903, 134). So wie Forel unterteilte Bleuler (1916) die „Oligophrenie“ bzw. die psychische Entwicklungshemmung im Rahmen von Geisteskrankheiten. Infolge einer Störung des „aufnehmenden Organes“ (Gehirn) sei die geistige Entwicklung ungenügend. Für die Einteilung waren soziale Gesichtspunkte maßgeblich. Als „intellektueller Tiefstand“ bedinge die Idiotie „vollständige soziale Untüchtigkeit“. Während die Imbezillität „einigermaßen Bewegung in der menschlichen Gesellschaft und einige wirkliche Leistungen“ erlaube, könne die „Debilität“ „unter außergewöhnlich einfachen Verhältnissen“ autonom sein, versage aber bei Durchschnittsanforderungen (Bleuler 1916, 431). Die Gehirnschädigung sei durch vererbungs- oder alkoholbedingte Keimschädigung oder durch pränatale, perinatale und kleinkindliche Unfälle/ Krankheiten verursacht (Forel 1889; Bleuler 1916). Der Alkohol sei die „einzige statistisch nachweisbare Ursache einer direkten Neubelastung früher gesunder Keime mit Geistesstörung“. So zeige die Weinlesezeit gemäß einer Volkszählung ein gewaltiges „Idiotenzeugungsmaximum“. Daher sollten „ geistig und nervös stark abnorme (…) Menschen keine Kinder erzeugen“ (Forel 1903, 168). 3.2 Monistischer Materialismus als eugenische Begründungsbasis Die Eugenik war laut Forel und Bleuler eine Auswahl zur Fortpflanzung oder eine Verhinderung von Leid. Die beiden Psychiater konstatierten in der Gesellschaft eine Degeneration; sie waren der Ansicht, es gebe zu viele Kranke im Verhältnis zu Gesunden. Ursachen seien Alkoholismus und Geschlechtskrankheiten, welche Keimschädigungen bewirkten, und die „humane Kultur“, welche das Überleben und die Fortpflanzung der (Erb-)Kranken gewährleiste. Da die „Fittesten“ dadurch nicht mehr natürlich ausgelesen würden, sollte eine künstliche Selektion erfolgen. Diese Sichtweise basierte auf früheren Theorien, so dem (Sozial-)Darwinismus, dem Malthusianismus, den herrschenden Vererbungs- und Degenerationstheorien sowie den ethischen, erkenntnistheoretischen und (anti-) metaphysischen Annahmen (Monismus, Determinismus, Utilitarismus, Positivismus, Subjektivismus) (Sennhauser 2006). Der Malthusianismus äußerte sich in der Fokussierung auf die Fortpflanzung, der Sozialdarwinismus in der (künstlichen) Auslese, der Selektion als Mittel zur Veränderung der Demografie. Die Fokussierung auf die Fortpflanzung beinhaltet zudem eine monistisch-deterministisch-utilitaristische Ethik sowie die Weismann’sche Vererbungstheorie, die besagt, dass das nicht - außer durch Alkohol - veränderbare Erbgut weitergegeben wird, wodurch Erziehung wirkungslos bleibt. VHN 3/ 2008 203 „Krankheiten verhüten heißt Krankheiten heilen“ Der Monismus geht von einer Kongruenz von Körper, Seele und Geist mit dem Gehirn aus und verneint die Transzendenz. Damit wird die Determinierung durch die Anlagen festgelegt. Das positivistische Element, d. h. dass der Mensch nur über die Sinne zu Erkenntnis gelange, führte auch dazu, dass Erbanlagen (Genotyp) auf der Basis von beobachtbaren Merkmalen, z. B. der Sprache (Phänotyp), bewertet wurden (Sennhauser 2006). So ist laut Bleuler (1921, 327) die Wahrheit einzig das, was „die Sinne sagen“. Fragwürdig bleibt somit, wie er denn soziale Tüchtigkeit beobachten wollte, zumal er sie gleichsam als Einteilungskriterium für die Geistige Behinderung ansah. Mit dem positivistischen Vorgehen einhergehend vertraten Forel und Bleuler einen materialistischen Monismus (Sennhauser 2006). Dies bedeutet nach Höffe (2002), dass alles Wirkliche von stofflichen Prozessen verursacht wird. Damit wird die Existenz einer Transzendenz wie die Unsterblichkeit der Seele verneint. Meyer spricht vom Materialismus als monistische Position, welche seelische Phänomene auf körperliche bzw. Gehirnphänomene zurückführt, was bedeutet, „(…) sie auf etwas Seelenloses zu reduzieren, … zur bloßen Illusion zu erklären“. Folglich gibt es kein Fühlen, kein Wünschen, kein Wollen, keine Würde und keine Verantwortung (Meyer 2005, 15). Laut Forel stand 1889 „unerschütterlich fest, dass unsere sämtlichen Seeleneigenschaften (…) an das Vorhandensein unserer (…) Gehirnsubstanz gebunden sind“ (Forel 1889, 123). Die Seele und die Willensfreiheit seien somit vom Gehirn abhängig. Diese Ansicht führte laut Forel (1894) zum Monismus, gemäß Bleuler - als Monist, Materialist, Positivist oder Determinist - zum materialistischen Monismus (Scharfetter 2001; Möller 2001). Damit werde der religiöse Dualismus obsolet, meinte Bleuler 1916. So schrieb er an Christoffel: „Weil wenige Leute diese Denkrichtung verstehen, wäre es vielleicht angezeigt zu sagen, dass das Buch (die Psychoide in der organischen Entwicklung) die elementaren Eigenschaften der Psyche in der Biologie verfolgt (…). Damit erscheinen alle Lebensäußerungen mit der Psyche als eine Einheit einschließlich der Entwicklung, und die so oft mit Befremden erwähnte ‚anscheinende‘ Gleichheit der organischen Zweckmäßigkeit mit der psychischen wird zur Selbstverständlichkeit“ (Christoffel 1929, 25). Mit Determinismus bezeichneten die beiden Schweizer Psychiater die Vorstellung, dass die Menschen wegen der genetischen Determinierung (des Gehirns) weder über eine Willensfreiheit noch über eine Entscheidungsfreiheit verfügen (Bleuler 1936; Forel 1894). Nicht der Wille eines Straftäters sei schlecht, sondern seine Anlagen. „Die Moral ist also sehr leicht biologisch zu begründen“ (Bleuler 1921, 331). Nach Forel (1914) ist die Arbeitsunwilligkeit eine der „bösesten Anlagen“ des Menschen. Laut Hoff (2006) waren um 1900 in der Psychiatrie - so bei Kraeplin, Meynert (Doktorvater von Forel) und Bleuler - die Wurzeln dessen zu finden, was sich um 1960 als biologische Psychiatrie etablierte und aktuell unter dem Oberbegriff „Neuroscience“ oder Neurobiologie klassiert wird. „Therapeutisch hatten derartige Ansätze das Ziel, die gestörten biologischen Abläufe selbst zu beeinflussen,(…)“ (Hoff 2006, 43). Bezugspunkt ist das Gehirn. Selbstredend wird hierbei das „Leib-Seele- Problem“ tangiert. Gemäß den Neurobiologen zwingt die empirische Datenlage dazu, „das hergebrachte (westliche) Menschenbild, fußend auf der Idee des autonomen Subjektes, mehr oder weniger aufzugeben“, v. a. den freien Willen (Hoff 2006, 52). Im Falle der Verneinung des Seelischen wird Helfen somit sinnlos (Meyer 2005). 3.3 Eugenische Maßnahmen Für Forel und Bleuler bestanden die eugenischen Maßnahmen in der Beseitigung der Ursachen der Degeneration, und zwar durch (Alkohol-)Abstinenz und Bekämpfung der Kindererzeugung bei „Idioten, Epileptikern und Verbrechern“ (Sennhauser 2006). Während die VHN 3/ 2008 204 Sabina Sennhauser „obere, sozial brauchbarere, gesundere oder glücklichere“ Schicht die Pflicht habe, „sich kräftig zu vermehren“ (positive Eugenik), sollten die „unteren, sozial unbrauchbareren, weniger gesunden oder unglücklicheren“ Menschen („sozial schädliche Menschen mit körperlichen Gebrechen, Geistesstörung, Verbrechen und Nervenkrankheit“) die Erzeugung von Kindern vermeiden (negative Eugenik) (Forel 1903, 225 - 226). Als positive Maßnahme galt demzufolge die (Arbeits-)Erziehung (Sennhauser 2006). Laut Forel komme es vor allem darauf an, „dass man tüchtige, erbliche Menschenwerte erzeugt und alle diese tüchtigen, erblichen Menschenwerte ebenso tüchtig und brauchbar sozial“ erzieht (Forel 1911, 11). „In einer so erzogenen Gesellschaft wird die Sterilisierung der Untüchtigen, Elenden und Schlechten ein natürliches Gebot des sozialen Pflichtenkodexes werden“ (1911, 27). Die negativen Maßnahmen bezogen sich auf eine Zeugungsabstinenz bei Minderwertigen durch Verhütungsmittel, Internierung, Sterilisation/ Kastration, Eheverbote, z. T. Euthanasie; auch die Kindswegnahme und Bevormundung wurde von Bleuler angedeutet (Sennhauser 2006). Der erste, 1892 unter der Direktorentätigkeit von Forel im Burghölzli kastrierte Mann wurde bezüglich seines Willens als unfrei bezeichnet. Sein moralischer und intellektueller Schwachsinn habe ihn als prädestinierten - da triebgesteuerten - Verbrecher ausgezeichnet. Dieser „Kriminelle“ verbrachte sein ganzes Leben in wechselnden Irrenanstalten. Bei einem der Aufenthalte hatte er das Deckelbad gesprengt, was angesichts des besagten unfreien Willens seltsam anmutet. Bei einer vergewaltigten Frau mit Imbezillität („Kindsmörderin“) wurde die vom Vormund und Bleuler zweimalig anvisierte, vom Bezirksrat jedoch nicht bewilligte Sterilisation durch eine Internierung in der Irrenanstalt umgangen. Gemäß Bleuler sollte sie bei einer Verweigerung der Sterilisation noch 20 Jahre in der Irrenanstalt verbleiben. Sie starb dort mit knapp 30 Jahren (Copierbuch 104; Fallbeschreibungen außerhalb der Stichprobe, Sennhauser 2006). Eine Analyse von 29 Krankengeschichten von Menschen mit geistiger Behinderung ergab, dass im Zeitraum der Direktorentätigkeit von Forel und Bleuler (zwischen 1879 und 1900) bei mehr als 50 % der Betroffenen eugenische Maßnahmen angeordnet wurden - die Sterilisationen nicht mitgerechnet. Mit den eugenischen Maßnahmen bei geistig behinderten Menschen wurden in signifikant positivem Zusammenhang die Angaben von Alkoholkonsum des Betroffenen oder der Verwandten vorgefunden, in signifikant negativem Zusammenhang die Angaben einer familiären (alkoholbedingten) Erbkrankheit (Sennhauser 2006). Damit liegt der Schluss auf eine willkürliche Zuschreibung der „erblichen Minderwertigkeit“ nahe. 4 Religiöser Dualismus (Heinrich Hanselmann) 4.1 Heilpädagogische Diagnose und Ursache der Geistigen Behinderung Heinrich Hanselmann hat eine große Anzahl von Schriften publiziert, darunter solche zur Einführung, zur Erwachsenenbildung, zur populärwissenschaftlichen Beratung und sogar einige Romane (Haeberlin 1996). Bei den nachfolgenden Beispielen handelt es sich um eine Auswahl von Publikationen, die vor und während seiner Tätigkeit als Leiter des Heilpädagogischen Seminars, also von 1919 bis 1941 erschienen sind. In all diesen Veröffentlichungen lässt sich eine mehr oder weniger explizite Stellungnahme zur Eugenik und zur nachgehenden Fürsorge finden. Sowohl für die Einteilung der „Geistesschwachheit“ (Idiotie, Imbezillität, Debilität) wie auch für die Ursachen (alkohol-, syphilis- oder erbbedingte Keimschädigungen) griff Hanselmann auf dieselben Kategorien zurück wie die Psychiater, nachzulesen v. a. in der „Ein- VHN 3/ 2008 205 „Krankheiten verhüten heißt Krankheiten heilen“ führung in die Heilpädagogik“ und in „Sorgenkinder“, einem Ratgeber für Lehrpersonen (Hanselmann 1933, 1934 b). „Geistige Behinderung“ wurde auch von Hanselmann als Entwicklungshemmung bezeichnet (Hanselmann 1933, 1932, 1941, 1934 b). Grundlage der Entwicklung war für ihn der Mechanismus des „Aufnehmens, Verarbeitens und Ausgebens“. Bei einer Schädigung in einem dieser Bereiche komme es zu einer biologisch bedingten Entwicklungshemmung (Hanselmann 1934 b, 1941). So liege beispielsweise im Falle von Geistesschwachheit eine Schädigung der Verarbeitung vor (Hanselmann 1934 b). Diese biologistische Auffassung ist zwar deskriptiv, wird jedoch vom Protestanten Hanselmann um den normativen Teil der Religiosität ergänzt (vgl. Haeberlin 1996; Hoyningen-Süess 1992): „Wir wissen wissenschaftlich nicht, woher das Seelische kommt, nicht, warum wir es haben, ob die Seele beim Tode des Körpers stirbt oder ob sie weiter ‚lebt‘. (…). Aber gerade darum liegt in diesem Nichtwissen auch kein Beweis gegen das, was der religiöse Mensch glaubt“ (Hanselmann 1934b, 14). 4.2 Religiös (dualistisches) Verständnis In „Psychologische Grundlagen der Heilpädagogik“ diskutiert Hanselmann im Prinzip das „Leib-Seele-Problem“, u. a. anhand der Theorien von Descartes, Hobbes, Rousseau, Kant und Pestalozzi. Dabei stellte er eine atomistische Mechanik (Monismus) einer platonischaristotelischen Weltanschauung (Dualismus) gegenüber (Hanselmann 1923). Das „Leib- Seele-Problem“ bedeutet in einem dualistischen Verständnis, dass es in der Welt neben dem Physischen auch Nicht-Physisches (Seelisches) gibt (Hermanni 2006). Der theologischthomistisch geprägte „Dualismus“ besagt, dass jedem Ding (Abbild) der Erscheinungswelt eine transzendentale Idee (Urbild) zugrunde liegt (Frei 2006). „Da die Seele, als ein Geistiges, einen geistigen Ursprung besitzen müsse, könne sie nicht von Körperlichem abstammen.“ Diese christliche Auffassung der Beseelung durch Gott legitimiert die jedem Menschen zustehende Menschenwürde (Kress 2000, 20). Auch wenn dieser Kreationismus heute gerade am Beispiel der Embryonenforschung kontrovers diskutiert wird, finden sich bereits bei Hanselmann Hinweise dieser Art. So ging auch er davon aus, dass die Erziehung ihre Grundlage betreffend Maß, Ziel und Verwirklichung nur aus der Einsicht in das Geistesleben herleiten könne (Hanselmann 1923). Obschon er eine ganzheitliche Entwicklung und eine körperlich-geistige Ganzheit beschrieb, verstand Hanselmann diese als Entwicklung von etwas, „was schon ursprünglich in einfachster Form“ gegeben war (Hanselmann 1923, 52). Seine an Maria Montessori und Rudolf Steiner erinnernde Auffassung von der Ganzheit des Menschen sei keine „menschlichgeistige Autarkie“, da er die christliche Auffassung einbezog. Der „Geist“ mache den Menschen erst aus, nicht als Intelligenz oder Verstand, sondern wegen der Gottebenbildlichkeit (Siegenthaler 1990; Reissel 2000; Haeberlin 1996). „Aufgrund der Teilhabe am göttlichen Geist ist der Mensch ‚ein zweifaches und zwiespältiges Wesen‘, er wurzelt gleichermaßen im Reiche der Natur und im Reiche des Geistes, ist naturhaft und geisthaft, ist gebunden und frei zugleich“ (Hanselmann o. J. zit. nach Reissel 2000, 154). Hanselmann wehrte sich gegen die psychiatrische Auffassung, die Geisteskrankheiten als mit Gehirnkrankheiten identisch zu betrachten. Das Psychische lasse sich nicht mit naturwissenschaftlichen Gesetzesanalogien „messen“ (Hanselmann 1923). Das Geistesleben stellte er dem Leib (Natur) gegenüber. Die Psychologie könne den Gegensatz dieser beiden Sphären nicht überwinden; indessen habe die Weltanschauung dieses „Dualismus“ einen „großen Einfluss“ (Hanselmann 1923, 101), u. a. auf die Behandlung bzw. die Erziehung. In seiner Antrittsvorlesung für den 1. Europäischen Lehrstuhl für Heilpädagogik unter- VHN 3/ 2008 206 Sabina Sennhauser strich Hanselmann, dass der Heilpädagoge dann helfen könne, wenn er die Wirklichkeit anerkenne. Diese habe eine nicht naturwissenschaftliche Wurzel. Die Kraft zu helfen liefere der religiöse Glaube, indem „dem Helfer die Natur zur Kreatur wird. Von nun an sind der Hilfsbedürftige und der Helfer als Geschöpfe sowohl untereinander als mit dem Schöpfer selbst verbunden“ (Hanselmann 1932, 27). Die Religiosität des Menschen äußere sich als Sehnsucht nach dem Transzendenten und als Einsicht in die eigene Begrenztheit (Haeberlin 1996). Glaube sei einerseits „Erkenntnis der eigenen Begrenztheit durch die Menschlichkeit“ und „andererseits Gewissheit, dass alles Leben und alles Lebendige durch Gott geschaffen wurde“ (Hanselmann 1938, 2, zit. nach Hoyningen-Suess 1997, 157). Die „(Neuro-) Biologie“ komme nicht ohne die Metaphysik (Dualismus) aus, zumal ein restloses Verständnis des Wesens auf materialistischer Basis (Monismus) ausgeschlossen sei. Im selben Werk bezog sich Hanselmann auf Max Scheler, welcher eine monistisch-pantheistische Metaphysikform ablehne, womit die „echten geistigen“ Liebeserscheinungen nicht von den „vitalen“ genetisch abzuleiten seien (Hanselmann 1941). 4.3 Wider eugenische Tendenzen durch die nachgehende Fürsorge Gegen die Sterilisation und die „Euthanasie“ hat sich Hanselmann mehrmals geäußert (Mürner 1985). 1934 1 hielt er dem eugenisch gesinnten Referenten Brugger entgegen, dass sich die Ansicht der „Unfruchtbarmachung sozial Minderwertiger und humane Tötung lebensunwerten Lebens“ gegen die Heilpädagogik wende (Hanselmann 1934 a). Eine Sterilisation heile nicht; vielmehr würden dadurch „Geistesschwache“ erst recht zur „Freibeute sexuell verwahrloster Normaler“ verkommen. Die Art der Verhütung müsse individuell angepasst werden. Zu verwirklichen sei eine nachgehende Fürsorge (Hanselmann 1934 a). Im selben Jahre wies er darauf hin, dass die „Wahrscheinlichkeit erbkranken Nachwuchses“ „nicht so völlig sichergestellt“ sei, „wie es eine vorzeitig popularisierte rassenhygienische Literatur“ darstelle (Hanselmann 1934 b, 55). Die Sterilisation sei ein Eingriff in die persönliche Freiheit. Zudem spielte er auf die Allmacht der Psychiater an: „Sobald die Menschen dazu übergehen, (…) ihren Wert selbst endgültig und absolut bestimmen zu wollen, verfallen sie der Selbstvergottung und damit der sicheren Selbstvernichtung“ (Hanselmann 1934b, 57). Solange die Psychiater bewerten, was auf der Basis von beobachtbaren Merkmalen mit Schluss auf das Gehirn und das Erbgut (monistisch-deterministisch) als „gut“ zu gelten hat, hat „nicht das Bewertete den Maßstab der Güte in sich“, sondern einzig der Bewertende selbst (Pieper 2000). Auch im medizinischen Sammel-Werk „Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vertrat Hanselmann als einziger heilpädagogischer und human ausgerichteter Autor das Postulat der nachgehenden Fürsorge anstelle der Sterilisation (Rosenow 1991). Sterilisation komme nur als „ultima ratio“ in Frage. Dem Menschen stehe es aufgrund seiner eigenen Begrenztheit nicht zu, über Lebenswert und Lebensunwert zu entscheiden (Hanselmann 1938a). Im selben Jahr äußerte Hanselmann auch in einem Artikel im „Lehrbuch der Psychopathologie des Kindesalters“ (1938b) die Meinung, dass mit der Sterilisation die Verhütung von Geistesschwachheit nicht erreicht werden könne (Haselmann 1938 b), und zwar erwähnte er in all seinen Publikationen (1933, 1934 a/ b, 1938 a/ b, 1941) die folgenden Argumente gegen die Sterilisation: Eingriff in die persönliche Freiheit, ungenügende Beweise der Vererbungswissenschaft, keine individuelle Verhütungsform, gegen arme Leute gerichtet, Verbreitung von wissenschaftlichem Halbwissen über die sexuelle Triebhaftigkeit von Geistesschwachen, Gefährdung durch „normale“ „Sexualtäter“ und auch die „Nicht-Heilbarkeit“. Paradoxerweise hielt er allerdings fest, dass weder die religiöse Glaubensnoch die weltan- VHN 3/ 2008 207 „Krankheiten verhüten heißt Krankheiten heilen“ schaulich-pädagogische Haltung alleine zu entscheiden vermögen, „was ihm (dem Geistesschwachen) angemessen sei“, sondern es brauche die Grundlage von „psychologischen und psychopathologischen Erkenntnissen“. Eine Gesellschaft müsse in gewissen Hinsichten „die individuellen Interessen hinter die Interessen der Allgemeinheit stellen, aber sie muss es tun im (...) Bewusstsein der Verantwortlichkeit dem dadurch verkürzten und eingeschränkten Individuum gegenüber. Beim geistesschwachen Menschen muss diese Zurücksetzung lebenslänglich stattfinden; wir glauben aber, aufgezeigt zu haben, dass sie in ihrer Form und Auswirkung dennoch menschenwürdig bleibt“ (Hanselmann 1938 b, 324). Möglicherweise versuchte Hanselmann, sich mit der Psychiatrie zu arrangieren, um trotzdem die humanste Behandlung in Form der nachgehenden Fürsorge durchsetzen zu können. In diese Richtung äußerte er sich bereits 1919: „Je mehr wir unser uns ursprünglich eingegebenes religiös-sittliches Pflichtbewusstsein in Zusammenhang bringen mit dem Stand der gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnis, umso mehr werden wir auch jene uns scheinbar so fern stehenden Kreise für unsere Arbeit gewinnen“ (Hanselmann 1919, 38). Laut Mürner (1985) haben sich für Hanselmann „Sterilisation“ und „nachgehende Fürsorge“ gegenseitig ausgeschlossen. Da Geistige Behinderung weder medizinisch - auch nicht durch Sterilisation - noch pädagogisch heilbar sei, „sei die Bildungs- und Erziehungsfürsorge bei Debilen und Imbezillen zur lebenslänglichen Beistands- und Vormundschaft“ auszugestalten (Hanselmann 1932, 5). Aus den Schichten der „Vermögenslosen“ kämen „Geistesschwache“ ohne Fürsorge „erbarmungslos unter die Räder“. Ziel der nachgehenden Fürsorge sei die soziale Brauchbarkeit bzw. die Selbsterhaltung und die selbsttätige Einordnung in die Gemeinschaft (Hanselmann 1933). Bei Schulentlassung seien daher folgende Maßnahmen bedeutsam: Berufsberatung des Jugendlichen, Arbeitsvermittlung und Auswahl eines Pflegeplatzes durch Berufsfürsorger. Hanselmanns Vorstellung einer nachgehenden Fürsorge sollte eine externe Kolonie, eine Arbeitslehrkolonie und ein Altenheim umfassen. Die Berufsfürsorger müssten regelmäßig ihre „Schützlinge“ besuchen. In der Kolonie würden Jugendliche auf die Arbeit vorbereitet oder wiederum beheimatet, wenn es in der Arbeitswelt nicht klappen sollte (Hanselmann 1919). Jene Personen, bei denen die Eingliederung nicht gelänge, sollten im Altenheim Unterkunft bekommen, und auch dort sollte „die sorgende Liebe und der Geist der Menschlichkeit“ nicht fehlen (Hanselmann 1933, 194). So würde die nachgehende Fürsorge zwar die „Fortpflanzung“ verhindern, gleichzeitig aber auch die Sterilisation (und andere eugenische Maßnahmen) und indirekt die gesellschaftlich bewirkte Asozialität. 5 Folgerung „Insofern die Medizin sich vom Helfen her versteht, ist das Seelische für sie unhintergehbar“ (Meyer 2005, 84). Doch genau dieses Seelische hat der Materialismus der Psychiater hintergangen. Wenn Bewusstsein strikt naturalistisch als objektiver, quantifizierbarer Hirnzustand definiert wird, dann wird das Subjektive, d. h. die individuelle Autonomie, ausgeklammert (Hoff 2006). Dies wird im Monismus von Forel und Bleuler erkennbar. Indem sie den ganzen Menschen durch das Gehirn und demzufolge durch die Anlagen determiniert sahen, klammerten sie die „Seele“ bzw. einen transzendenten Bereich des Menschen und damit auch seine Würde sowie seine Willens- und Entscheidungsfreiheit aus. Aufgrund der monistisch-materialistischen und deterministischen Begründung suchten die beiden Psychiater die Ursache einerseits im Individuum selbst bzw. in dessen Anlagen, andererseits strebten sie (aufgrund der Unheilbarkeit und Vererbbarkeit) die Verhütung von Nachkommenschaft beim Betroffenen an. Ihre ärztliche Ethik ließe sich somit folgendermaßen VHN 3/ 2008 208 Sabina Sennhauser definieren: Mittel zur Erhaltung und Verbesserung der Volksgesundheit bereitzustellen, indem dem (vermeintlich) erbgesunden Nachwuchs kein Schaden widerfährt, der „erbkranke Nachwuchs“ hingegen verhindert wird. Diese Selektion basiert auf der persönlichen Bewertung der Psychiater. Die Aktenanalyse hat gezeigt, dass für die Selektion weniger die Erbkrankheit als vielmehr der (vermeintliche) Alkoholkonsum der Verwandten ausschlaggebend war (Sennhauser 2006). Auch wenn Hanselmann für die geistige Behinderung dieselben Bestimmungskategorien, Ursachen und Symptome anerkannte wie die Psychiatrie, so sah er doch in jedem Menschen einen nicht zu ergründenden, transzendent gegebenen Teil, welcher den Menschen als Individuum und nicht als Objekt klassifizierte. Während die Psychiater für eugenische Maßnahmen wie Sterilisation, Internierung, Eheverbote plädierten (Sennhauser 2006), trat Hanselmann für eine dualistisch religiös begründete nachgehende Fürsorge ein. Durch diese Dualität von Körper und Geist/ Seele sei der Mensch nicht genetisch, sondern transzendent „determiniert“, was eine Verfügung des einen Menschen über das Lebensrecht des anderen ausschließe (vgl. Hanselmann 1938a). Da jedem Menschen dadurch Menschenwürde zukomme, besitze er ein Lebens- und Bildungsrecht. So habe die Heilpädagogik nur dann einen Sinn, wenn sie sich als lebenslange Fürsorge von „entwicklungsgehemmten Kindern und Jugendlichen“ verstehe (Hanselmann 1932, 1933, 1941). „… (D)a die Sondererziehung den Grossteil ihrer Zöglinge in Sonderschulen und -anstalten nicht ‚heilen‘ 2 kann, sondern dass er lebenslänglich fürsorgebedürftig bleibt, muss auch (…) überzeugen, dass ihre Arbeit erst dann den vollen Sinn erhält, wenn sie fortgesetzt wird durch die lebenslängliche Nachsorge“ (Hanselmann 1941, 61). Die Berufsethik von Hanselmann könnte somit wie folgt lauten: Heilpädagogen sollen für Menschen mit „Geistiger Behinderung“ Mittel zur Hilfe zur Selbstständigkeit und gesellschaftlicher Integration bereitstellen, ohne dass die Betroffenen Schaden (wie Sterilisation) davon tragen. Dies gibt Hanselmann (1938a, 91) auch selbst kund: „Das oberste Ziel allen Helfens“ - basierend auf einem religiösen Dualismus - „ist, (…) den noch Hilfebedürftigen so weit zu bringen, dass er sich selbst helfen kann.“ Wo diese Selbstständigkeit nicht gelinge, sei nachgehende Fürsorge gefordert (vgl. Hanselmann 1932). Kurz: Selektion (eugenische Maßnahmen) und Integration (nachgehende Fürsorge) stehen sich diametral gegenüber. Anmerkungen 1 Im Juli desselben Jahres fand der 11. Kongress der Organisation „International Federation of Eugenic Organisations“ in Zürich statt, auf Einladung von Otto Schlaginhaufen, Präsident des „Kuratoriums der Julius-Klaus-Stiftung für Vererbungsforschung, Sozialanthropologie und Rassenhygiene“ der Universität Zürich, und von Hans W. Maier im Namen der Schweiz. Gesellschaft für Psychiatrie. An diesem Anlass wurde das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses von Rüdin erörtert (Keller 1995). 2 Im selben Werk bezeichnete er die Heilpädagogik aufgrund der Nicht-Heilbarkeit als Sondererziehung (Hanselmann 1941). Literatur Alther, K. (1908): Schwachsinnigenfürsorge unter besonderer Berücksichtigung der schweizerischen Verhältnisse. In: Jugendfürsorge. Bericht über den I. Schweiz. Informationskurs in Jugendfürsorge. Zürich: Zürcher & Furrer, 578 - 603 Alther, K.(1923): Geschichte der Schwachsinnigenfürsorge in der Schweiz. Glarus: Buchdruckerei Glarner Nachrichten Amstein, J. J. (1880): Hat der Staat die Pflicht, für Schwach- und Blödsinnige zu sorgen? Wenn ja, welches sind die geeigneten Wege hiefür? Zürich: Vorträge über die Idiotenfrage VHN 3/ 2008 209 „Krankheiten verhüten heißt Krankheiten heilen“ Auer, K. (1899): Die eidgenössische Zählung der schwachsinnigen Kinder und deren Hauptergebnisse als Grundlage des schweizerischen Rettungswerkes für die unglückliche Jugend. In: Auer, K.; Kölle, F. (Hrsg.): Verhandlungen der II. Schweiz. Konferenz für das Idiotenwesen in Aarau, 34 - 69 Auer, K. (1901) Entwicklung, gegenwärtiger Stand und Ziele des schweizerischen Rettungswerkes für die unglückliche Jugend. In: Auer, G.; Kölle. F.; Graf, H.: Verhandlungen der III. Schweiz. Konferenz für das Idiotenwesen in Burgdorf, 11 - 39. Bleuler, E. (1916): Lehrbuch der Psychiatrie. Berlin: Springer-Verlag Bleuler, E. (1921): Naturgeschichte der Seele und ihres Bewusstwerdens. Eine Elementarpsychologie. Berlin: Julius Springer Bleuler, E. (1936): Die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Ethik. In: Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie 18, 177 - 206 Christoffel, H. (1929): Vom Lebenswerk Eugen Bleulers. In: Schweizerisches Medizinisches Jahrbuch, 18 - 26 Die Ostschweiz XXXII/ 129 (Dienstag, 6. Juni 1905), 1 - 2 Dörner, K. (1993): Tödliches Mitleid. Zur Frage der Unerträglichkeit des Lebens oder: die Soziale Frage: Entstehung, Medizinisierung, NS-Endlösung heute, morgen. 3. Auflage. Gütersloh: Verlag Jakob van Hoddis Dubach, R. (2001): Die Sterilisation als Mittel zur Verhütung „Minderwertiger“ Nachkommen (Ende 19. Jh. bis 1945). In: Schweizerische Ärztezeitung 3, 81 - 85 Eyl, M.(1991): S chunnt uf ds mal en unggle füre wo dir nüt heit gwüsst dervo“. In: Mürner, Ch. (Hrsg.): Ethik Genetik Behinderung. Luzern: SZH Forel, A. (1889): Jugendliche Geisteskranke. In: Ritter, A. (Hrsg.): Verhandlungen der 1. Schweiz. Konferenz für das Idiotenwesen in Zürich, 124 - 139 Forel, A. ( 4 1894): Gehirn und Seele. Bonn: Emil Strauss Forel, A. (1903): Hygiene der Nerven und des Geistes im gesunden und kranken Zustande. Stuttgart: Ernst Heinrich Moritz-Verlag Forel, A. (1906): Sexuelle Ethik. München: Ernst Reinhardt Verlag Forel, A. (1908): Die Gehirnhygiene der Schüler. Wien: Schriften des Vereins für Schulreform Forel, A. (1911): Malthusianismus oder Eugenik. München: Ernst Reinhardt Verlag Forel, A. (1914): Gehirn und Seele. 12., durchgesehene und ergänzte Aufl. Leipzig: Alfred Körner Frei, Philipp (2006): Der reformkatholische Hintergrund der Kulturzeitschrift „Schweizerische Rundschau“ (1900 - 1925). Reformkatholizismus im Spannungsfeld zwischen linkskatholischem Modernismus und rechtskatholischem Integralismus. Teil I. Unveröffentlichte Lizentiatsarbeit am Lehrstuhl für Allgemeine und Schweizerische Zeitgeschichte der Universität Freiburg/ Schweiz Graf, U. (1909): Verhandlungen der VII. Schweiz. Konferenz für das Idiotenwesen 1909 in Altdorf. In: Jahrbuch der Schweiz. Gesellschaft für Gesundheitspflege X, 302 - 337. Graf, U. (1911): Achte Schweizerische Konferenz für Erziehung und Pflege Geistesschwacher. In: Jahrbuch der Schweiz. Gesellschaft für Schulgesundheitspflege XII, 448 - 475 Haeberlin, U. (1996): Heilpädagogik als wertgeleitete Wissenschaft. Bern : Haupt Hanselmann, H. (1919): Fürsorge für schulentlassene Schwachbegabte. In: Jauch, K.: Verhandlungen der XI. Schweiz. Konferenz für Erziehung und Pflege Geistesschwacher. Zürich, 35 - 65 Hanselmann, H. (1923): Die psychologischen Grundlagen der Heilpädagogik. In: Jansen, W. (1997): Historische Beiträge zur Behinderung und Rehabilitation. Berlin: Ed. Marhold Hanselmann, H. (1932): Was ist Heilpädagogik? Zürich: Arbeiten aus dem heilpädagogischen Seminar Hanselmann, H. (1933): Einführung in die Heilpädagogik. 2. Aufl. Erlenbach-Zürich/ Leipzig: Rotapfel-Verlag Hanselmann, H. (1934 a): Votum. In: Brugger, C. : Medizinisch-biologische Grundlagen der modernen eugenischen Bestrebungen. Zürich: Arbeiten aus dem Heilpädagogischen Seminar, 16 - 19 Hanselmann, H. (1934 b): Sorgenkinder. Daheim und in der Schule. Erlenbach-Zürich/ Leipzig: Rotapfel-Verlag Hanselmann, H. (1938 a): Verhütung erbkranken Nachwuchses durch nachgehende Fürsorge. In: Zurukzoglu, St.: Verhütung erbkranken Nachwuchses. Basel: B. Schwabe & Co, 89 - 94 VHN 3/ 2008 210 Sabina Sennhauser Hanselmann, H. (1938 b): Über heilpädagogische Behandlung Geistesschwacher und Psychopathischer Kinder nebst Anhang: Heilpädagogische Behandlung Mindersinniger und Sinnesschwacher. In: Benjamin, E. u. a.: Lehrbuch der Psychopathologie des Kindesalters für Ärzte und Erzieher. Erlenbach-Zürich/ Leipzig: Rotapfel- Verlag, 309 - 376 Hanselmann, H. (1941): Grundlinien zu einer Theorie der Sondererziehung. Erlenbach-Zürich: Rotapfel-Verlag Hasenfratz, E. (1929): Geschichte der Schwachsinnigenfürsorge der Schweiz in neuerer Zeit (1880 - 1928). Zürich: Schweiz. Gesellschaft für Erziehung und Pflege Geistesschwacher Heller, G.; Jeanmonod, G.; Gasser, J. (2002): Rejetées, rebelles, mal adaptées. Débats sur l’eugenisme. Genève: Georg Hermanni, F. (2006): Das Leib-Seele-Problem. Ein heterodoxer Lösungsvorschlag. In: Hermanni, H. u. a.: Das Leib-Seele-Problem. München: Wilhelm Fink Verlag, 163 - 180 Hoff, P. (2006): Leib & Seele - Gehirn & Geist - Gesundheit & Krankheit: Die Psychiatrie als Schnittstelle medizinischer, philosophischer und gesellschaftlicher Kontroversen. In: Hermanni, H. u. a. (Hrsg.): Das Leib-Seele-Problem. München: Wilhelm Fink Verlag, 39 - 67 Höffe, O. (2002): Lexikon der Ethik. München: Becksche Reihe Hofstetter, J. (1889): Einleitung. In: Verhandlungen der I. Schweiz. Konferenz für das Idiotenwesen in Zürich, 1 - 3 Hoyningen-Süess, U. (1992): Sonderpädagogik als Wissenschaft. Heinrich Hanselmanns Theorie der Sonderpädagogik. Luzern: SZH Huonker, T. (2003): Diagnose: „moralisch defekt“. Kastration, Sterilisation und Rassenhygiene im Dienst der Schweizer Sozialpolitik und Psychiatrie 1890 - 1970. Zürich: Orell Füssli Jaffé, A. (1990): Erinnerungen, Träume, Gedanken von C. G. Jung. Olten/ Freiburg im Breisgau: Walter-Verlag Jaspers, K. (1948): Allgemeine Psychopathologie. 5. Aufl. Berlin/ Heidelberg: Springer-Verlag Keller, Ch. (1995): Der Schädelvermesser. Zürich: Limmat Verlag Kölle, F. (1889): Die Idioten-Anstalt. In: Ritter, A. (Hrsg.): Verhandlungen der I. Schweiz. Konferenz für das Idiotenwesen in Zürich, 34 - 53 Kress, H. (2000): Menschenwürde vor der Geburt. Grundsatzfragen und gegenwärtige Entscheidungsprobleme. In: Kress, H.; Kaatsch, H.-J. (Hrsg.): Menschenwürde, Medizin und Bioethik. Münster: Lit-Verlag, 11 - 37 Meier, M.; Hürlimann, G.; Bernet, B. (2002): Zwangsmassnahmen in der Zürcher Psychiatrie 1870 - 1970. Bericht im Auftrag der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich Meyer, O. (2005): Leib-Seele-Problem und Medizin. Ein Beitrag anhand des frühen 20. Jahrhunderts. Würzburg: Königshausen & Neumann Möller, A. (2001): Grundpositionen im Spätwerk. In: Hell, D.; Scharfetter, Ch.; Möller, A.: Eugen Bleuler. Leben und Werk. Bern: Hans Huber, 104 - 112 Müller, B. (2001): Rechtliche und gesellschaftliche Stellung von Menschen mit einer „geistigen Behinderung“. Zürich: Schulthess Juristische Medien AG Mürner, Ch.: (1985): Die Pädagogik von Heinrich Hanselmann. Luzern: SZH Pieper, A. (2000): Einführung in die Ethik. 4. Aufl. Tübingen/ Basel: UTB Rechenschaftsbericht über die kant. Irrenheilanstalt Burghölzli für das Jahr 1900 Reissel, R. (2000): Leiden, Erziehung und Behinderung. Bern: Paul Haupt Rosenow, G. (1991): Der Stand der Eugenikdebatte in der Schweiz 1938. Das Werk „Verhütung erbkranken Nachwuchses“, Basel 1938. Bern: Dissertation Rufer, M. (1988): Irrsinn und Psychiatrie. Bern: Zytglogge Scharfetter, Ch.(2001): Eugen Bleuler 1857 - 1939. Studie zu seiner Psychopathologie, Psychologie und Schizophrenielehre. Dietikon: Juris Druck + Verlag Schenker, G. (1899): Beobachtungen an schwachsinnigen Kindern mit spezieller Berücksichtigung der Aetiologie und Therapie des Schwachsinns. In: Ritter, A.; Kölle, F. (Hrsg.): Verhandlungen der II. Schweiz. Konferenz für das Idiotenwesen in Aarau. Aarau: Sauerländer & Co, 99 - 135 Schmuhl, H. W. (1992): Rassenhygiene, Nationalsozialismus, Euthanasie. Von der Verhütung zur Vernichtung „lebensunwerten Lebens“, 1890 - 1945. 2. Auflage. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht VHN 3/ 2008 211 „Krankheiten verhüten heißt Krankheiten heilen“ Schriber, S. (1994): Das heilpädagogische Seminar Zürich - eine Institutionsgeschichte. Zürich: Dissertation der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich Sennhauser, S. (2006): Eugenische Tendenzen in Bezug auf Menschen mit geistiger Behinderung in der schweizerischen Psychiatrie 1880 - 1920. Eine Analyse des eugenischen Gedankengutes der Direktoren August Forel und Eugen Bleuler und dessen Umsetzung in Form der Behandlungsmassnahmen an Menschen mit geistiger Behinderung in der Psychiatrischen Klinik Zürich (Burghölzli). Unveröffentlichte Lizentiatsarbeit des Heilpädagogischen Instituts der Universität Freiburg/ Schweiz Siegenthaler, H. (1990): Elemente einer heilpädagogischen Anthropologie bei Heinrich Hanselmann. In: Heese, G. u. a.: Über Hanselmann nachdenken. Institut für Sonderpädagogik der Universität Zürich Walser, H. H. (1968): August Forel. Briefe - Correspondance 1864 - 1927. Bern: Hans Huber Weingart, P.; Kroll, J.; Bayertz, K. (1996): Rasse, Blut und Gene. Geschichte der Eugenik und Rassenhygiene in Deutschland. 2. Aufl. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Wild, A. (1919): Soziale Fürsorge in der Schweiz. Zürich: Schweiz. gemeinnützige Gesellschaft Wildermuth, A. (1889): Die Pathologie der idiotischen Zustände. In: Ritter, A. (Hrsg.): Verhandlungen der I. Schweiz. Konferenz für das Idiotenwesen in Zürich. Zürich: Fäh & Beer, 13 - 30 Wolfisberg, C. (2002): Heilpädagogik und Eugenik. Zur Geschichte der Heilpädagogik in der deutschsprachigen Schweiz (1800 - 1950). Luzern: Chronos Wottreng, W. (1999): Hirnriss. Zürich: Weltwoche- ABC-Verlag Lic. phil. Sabina Sennhauser Heilpädagogisches Institut der Universität Freiburg Petrus-Kanisius-Gasse 21 CH-1700 Freiburg E-Mail: sabina.sennhauser@unifr.ch