eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 77/4

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2008
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Christlich-ethischen Werten verpflichtet - Eduard Montalta zum hundertsten Geburtstag

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2008
Heinz Hermann Baumgarten
„Nun ist aber jeder wahrhaft erziehliche Akt seinem Wesen nach zwischenmenschlicher, wertbezogener und wertgerichteter Kontakt, zwischenmenschliche, höherführende Relation.“ (Eduard Montalta 1955, 75)
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VHN, 77. Jg., S. 338 - 349 (2008) © Ernst Reinhardt Verlag München Basel 338 Blick zurück Christlich-ethischen Werten verpflichtet - Eduard Montalta zum hundertsten Geburtstag 1 Ordinarius für Pädagogik, Heilpädagogik und Experimentelle Psychologie der Universität Freiburg/ Schweiz (1946 -1979) Heinz Hermann Baumgarten Riehen „Nun ist aber jeder wahrhaft erziehliche Akt seinem Wesen nach zwischenmenschlicher, wertbezogener und wertgerichteter Kontakt, zwischenmenschliche, höherführende Relation.“ (Eduard Montalta 1955, 75) Sein Leben Geboren am 8. Mai 1907 in Zizers, Kanton Graubünden (GR), als Sohn des Lehrers und späteren Zuger Sekundarschulrektors Georg Josef Montalta (1873 - 1964) aus Morissen GR und der Elisabeth Fischer (1884 - 1974) aus Egerkingen SO, wuchs Eduard Montalta als ältestes von drei Geschwistern in Zug auf. Hier besuchte er den altsprachlichen Zweig der Kantonsschule und legte 1926 die Reifeprüfung (A-Matura: Latein und Griechisch) ab. Am Institut Supérieur de Philosophie der Universität Löwen (Belgien) studierte er Philosophie und Psychologie. Mit gerade einmal 22 Jahren erwarb er 1929 im Hauptfach Experimentalpsychologie den Doktorgrad. Die unter der Leitung von Albert-Edouard Michotte van den Berck (1881 - 1965) 2 angefertigte Dissertation trug den Titel: „Contribution à l’étude des erreurs systématiques des gestes de localisation. Experimentalpsychologische Untersuchung über die Reproduktion von kinaesthetisch eingeprägten Bewegungen im Reaktionsgebiet der beiden Arme“. Nach einjähriger Tätigkeit als Assistent bei Albert-Edouard Michotte, dem er zeitlebens verbunden blieb, führte ihn der Weg zu postgradualen Studien nach London (North-Library des British Museum) sowie an die Universitäten Oxford und Paris. 1931 schrieb er sich an der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich für die Fächer Geschichte (u. a. Karl Meyer), Deutsch und Englisch ein und belegte darüber hinaus Vorlesungen in Psychologie (Gottlob Friedrich Lipps und Julius Suter), in Heilpädagogik (Heinrich Hanselmann) und in Gymnasialpädagogik (Max Zollinger). VHN 4/ 2008 339 Eduard Montalta zum hundertsten Geburtstag 1932 übernahm er die Leitung der Sekundarschule in Unterägeri ZG und erteilte darüber hinaus dort auch den Bürger- und Gewerbeschul-Unterricht. Im Nebenamt wirkte er als Chorleiter, Organist und Violinist. Ab 1935 unterrichtete er Latein und Deutsch an der Kantonsschule Zug, zu deren Prorektor er 1939 ernannt wurde. Während des Zweiten Weltkrieges stand er als Kompaniechef und Festungsoffizier im Einsatz. Ende 1944 wurde er zum Major im Generalstab befördert und stieg später zum Oberst im Generalstab auf. Der im Herbst 1932 geschlossenen Ehe mit Frida Bamert (1908 - 1982) aus Tuggen SZ entsprossen zwei Töchter und ein Sohn. Eduard Montalta verstarb am 26. August 1986 in seiner Wohnung in Zug an Herzversagen. Er wurde unter großer Anteilnahme von Verwandten, Freunden, Kolleginnen und Kollegen, Kameraden, ehemaligen Schülerinnen und Schülern, Freiburger Absolventinnen und Absolventen sowie Studierenden am 29. August 1986 zu Grabe getragen. Universitätslehrer und Institutsdirektor 1946 wurde Eduard Montalta als Extraordinarius für Pädagogik, Heilpädagogik und Experimentelle Psychologie an die Universität Freiburg berufen (Vorgänger: Prof. Dr. Josef Spieler 3 , Lehrstuhl für Heilpädagogik und Allgemeine Pädagogik in deutscher Sprache 1932 - 1945). Sein Lehrauftrag umfasste Heilpädagogik, Pädagogische Psychologie und Experimentelle Psychologie (diese 1949 - 1974) 4 . Die Berufung zum Ordinarius erfolgte am 1. Januar 1951. 1971 baute er das Studium der Heilpädagogik zu einem vollakademischen Studiengang mit Lizentiats- und Doktoratsabschluss aus (Montalta 1971). Im Herbst 1979 emeritierte er als Universitätsprofessor (Nachfolger: Urs Haeberlin 1979 - 2006; Gérard Bless ab 2006). Mit dem Lehrstuhl für Heilpädagogik war die Leitung des Heilpädagogischen Instituts verbunden. Montalta konzipierte es als Lehr- und Forschungsinstitut mit den Abteilungen Klinische Heilpädagogik, Schulische Heilpädagogik und Logopädie. Die je eigenständigen berufsqualifizierenden Studiengänge führten zu den von der Erziehungs- und Kultusdirektion anerkannten Diplomen als Heilpädagoge, Hilfs- und Sonderschullehrer und Logopäde (Sprachheilpädagoge). Dem Heilpädagogischen Institut gliederte Montalta die organisatorischen Belange der Sekundar- und Gymnasiallehrerausbildung an (Ordinaria Laure Dupraz bis 1965) 5 . Dies und der Ausbau des heilpädagogischen Grundstudiums zum Diplomlehrgang in Angewandter Psychologie führte zum neuen Namen „Institut für Pädagogik, Heilpädagogik und Angewandte Psychologie“. Laure Dupraz wurde Ko-Direktorin. Später kam auch der Sektor für Soziale Arbeit hinzu. Innerhalb dieses Gesamtrahmens blieb das Heilpädagogische Institut eigenständig. Bei wachsendem Aufgabenumfang half Montalta erfolgreich bei der Herauslösung und Entwicklung der angegliederten Sektoren des Instituts zu Lehrstühlen bzw. Universitätsinstituten: n Lehrstuhl für Soziale Arbeit (WS 1961/ 62) (Montalta 1961; Besonderes Reglement 1961) n Pädagogisches Institut zur Ausbildung von Sekundar- und Mittelschullehrkräften (1966) 6 n Psychologisches Institut (1973) (Montalta 1982) 7 Der heilpädagogischen Praxis blieb er als Direktor des Instituts für Heilpädagogik Luzern (bis Ende 1982) 8 und als heilpädagogischer Leiter der BeobachtungsundTherapiestation „Bethlehem“ für Kinder im Vorschul- und Schulalter in Wangen bei Olten (bis Ende 1979) verbunden 9 . Berufsbegleitende Kurse zur Behebung des Fachkräftemangels Um dem Mangel an Fachpersonal zu begegnen, organisierte Eduard Montalta auf Anfrage berufsbegleitende Ausbildungskurse in den Be- VHN 4/ 2008 340 Heinz Hermann Baumgarten reichen Hilfs- und Sonderschulwesen und Logopädie sowie in der Ausbildung von Taubstummenlehrkräften. Er gestaltete sie so, dass sie in Umfang und Inhalt den ordentlichen Diplom-Studiengängen entsprachen. Berufsbegleitende Hilfs- und Sonderschullehrerkurse fanden im Kanton Wallis in französischer und deutscher Sprache und in Freiburg für die Kantone Neuchâtel und Fribourg in französischer Sprache statt. Große Nachwirkung hatten die im Jahre 1957 kreierten Luzerner Hilfs- und Sonderschullehrerkurse als zentralschweizerisches Angebot (inklusive Kanton Zug) 10 . Nach fünfmaliger erfolgreicher Durchführung bis 1977 (vgl. Heller 1979, 383) gingen diese Kurse in die alleinige Verantwortung des Kantons Luzern über. Deren Leitung oblag dem seit Anfang der Kurse organisatorisch aktiven Sonderschulinspektor Paul Zemp (auch Dozent und Prüfungsexperte). Diese Kurse bildeten den Grundstein zur Schaffung des Instituts für Schulische Heilpädagogik des Erziehungs- und Kulturdepartementes Luzern 11 , an der Eduard Montalta und Paul Zemp maßgeblich beteiligt waren. 1993 erfolgte unter dem damaligen Leiter Kurt Aregger die Aufnahme in den Verband der Heilpädagogischen Ausbildungsinstitute der Schweiz (VHpA). Seit Anfang 2004 ist das Institut für Schulische Heilpädagogik fachlich in die Pädagogische Hochschule Zentralschweiz integriert. Im Kanton Luzern wurde auch eine berufsbegleitende Ausbildung in Logopädie unter Leitung des Kantonalen Beauftragten, Anton Huber, durchgeführt. Mit Beginn des Wintersemesters 1959/ 60 wurde ein Taubstummenlehrer-Kurs für französisch sprechende Kandidaten eröffnet 12 . Heilpädagogik In seinem 1967 veröffentlichten Beitrag „Grundlagen und systematische Ansätze zu einer Theorie der Heilerziehung (Heilpädagogik)“, der im gesamten deutschsprachigen Gebiet große Beachtung fand, verweist Montalta darauf, dass „die Heilpädagogik aus praktischen Bedürfnissen heraus gewachsen ist und nirgends in der Pädagogik die praktischen Fragen so auf der Seele brennen wie hier“ (Montalta 2001, 7). Aufgrund eines medizinisch-somatischen und eines pädagogisch-psychischen und darüber hinaus häufig auch eines sozialen Aspekts steht für ihn die „Heilpädagogik zwischen Medizin und allgemeine[r] Pädagogik“ (ebd.) 13 . So verwundert es auch nicht, dass in Freiburg bereits für das Sommersemester 1941 eine „Einführung in die Grundlagenfächer der Medizin für Heilpädagogen“ angekündigt wurde (Faller 1967, 120). Faller sah deren Bedeutung „vor allem in der Schulung des Formsinns, in der Erziehung zur Objektivität, in der Öffnung des Verständnisses für medizinische Belange und im Hinführen auf die großen biologischen Probleme der Menschheit“ (ebd., 122). „Heilen im medizinischen Sinn setzt Krankheit voraus. … Denn was krank ist, gehört zuerst nicht in die Hand des Erziehers, sondern in jene des Arztes. Und vieles, was erzogen oder umerzogen werden muss, gehört dazu auch noch in die Hand des Arztes. … Seelisches aber bedarf zur Heilung der seelischen, Körperliches hingegen der körperlichen Beeinflussung“, was die „Zusammenarbeit von Medizin und Pädagogik, Arzt und Erzieher“ bedingt (Montalta 2001, 22f; vgl. Montalta 1950, 66). Montalta legte großen Wert darauf, Heilpädagogik nicht mit Therapie zu verwechseln oder gar mit ihr gleichzusetzen. Sie hat eine die Erziehung vorbereitende, unterstützende oder begleitende Funktion. Dazu äußert er sich dezidiert: „Im Rahmen der heilpädagogischen Therapie spielt … das, was wir bei Erwachsenen Psycho-Therapie nennen, eine wichtige Rolle. Bei Kindern und weitgehend auch bei Jugendlichen besteht aber das psycho-therapeutische Verfahren wesentlich in nichts anderem, als in einem auf Einsichten ruhenden Erziehungsversuch“ (Montalta 1950, 74). VHN 4/ 2008 341 Eduard Montalta zum hundertsten Geburtstag Für Montalta ist „Heilpädagogik zuerst und zuletzt Pädagogik“ (Montalta 2001, 20). Dies gilt ebenso für Linus Bopp: „Heilerziehung ist vertiefte Normalerziehung“ (1930, 8) wie für Paul Moor: „Heilpädagogik ist Pädagogik und nichts anderes“ (1965, 273). Demzufolge hat die pädagogische Grundfrage „Wie erziehe ich dieses Kind unter diesen Umständen für dieses Ziel? “ auch für die Heilpädagogik volle Gültigkeit (Montalta 2001, 26). Sie enthält alle Hauptkapitel der Allgemeinen (Heil-)Pädagogik: 1. Mittel, Wege, Methoden, 2. Erziehungssubjekt (Erzieher, Erziehungsträger), 3. Erziehungsobjekt (Zögling, „Bildling“), 4. Milieu (Mitwelt, Umwelt), 5. Ziel (Teilziel, philosophisch-weltanschauliches Endziel) (vgl. Montalta 2001, 26f ). Eduard Montaltas heilpädagogische Auffassung beruht auf einer christlich orientierten Wertphilosophie und Anthropologie. Sie ist normativ ausgerichtet und theologisch fundiert sowie teleologisch auf ein (letztes) Ziel hingeordnet, auf das „Vollkommenheitsstreben“ (vgl. Schneider 1936 14 , 137; Henz 1964, 398ff ). Der Mensch hebt sich aufgrund „ seines weltoffenen und nichtfestgelegten Wesens“ von der „übrigen Kreatur“ ab und ist daher erziehungsfähig und erziehungsbedürftig (Montalta 2001, 8; Henz 1964, 9). Dem behinderten Menschen kommt die gleiche Menschen- und Personwürde zu wie dem nicht behinderten Menschen. Nach Henz (1964, 97) „ist der Mensch ein besonders hohes und von außerordentlicher Würde umkleidetes Wesen“, da „menschliches Personsein nur verstanden werden kann in Analogie zum göttlichen Personsein“ (imago dei). Mit Bezug auf Franz Xaver Eggersdorfer (1962) ist für Montalta Erziehung immer „ein Ganzes von Pflege, Bildung und Führung“ (Montalta 2001, 10). Diese Grundfunktionen bilden „drei Aspekte der Erziehung als eines in sich geschlossenen Phänomens“, die sich gegenseitig durchdringen und „nicht völlig voneinander geschieden werden“ können. … „Erziehung ist immer entwicklungsfördernd, bildungsvermittelnd, haltunggebend“ (Eggersdorfer 1962, 332). Für Hubert Henz (1964, 28) stehen die erzieherischen Grundfunktionen in einem Ergänzungsverhältnis, wobei „je eine Hauptfunktion, ein Grundorgan, eine Wesensseite des Menschen gefördert wird“ - Bios (Leib), Logos (Geist), Ethos (Gewissen): n Pflege als „Förderung des Bios im Menschen mit dem Ziel der Gesundheit, Kraft, Schönheit und Tüchtigkeit des Leibes“ (ebd., 32). n Bildung als „Förderung des Logos im Menschen mit dem Ziel geist- und werterfüllter Persönlichkeit“ (ebd., 35). n Führung als „Förderung des Ethos im Menschen mit dem Ziel der sittlichen Vollkommenheit“ (ebd., 28). „Jugendzeit“ ist - so Montalta - „auf die Verwirklichung einer im Werden begriffenen und subjektiv als gültig erachteten Wertstruktur“ hingeordnet (Montalta 2001, 9): Das anlagebedingte biologische Müssen und das durch Erkenntnis und Stellungnahme gerichtete psychologische Wollen verpflichten zu einem ethischen Sollen 15 . Menschliche Existenz zeigt sich auf den Ebenen des Natürlichen, des Kultürlichen und des Übernatürlich-Transzendenten (ebd.). Erst darin drückt sich „nach christlicher Auffassung das Spezifische der menschlichen Existenz aus“ (ebd.). „Schon der Umstand, dass es zu allen Zeiten und an allen Orten und in allen Kulturen das Begriffspaar von Gut und Böse gibt, weist auf den Glauben der Menschheit an das Bestehen allgemeinverbindlicher Wertgesetzlichkeiten hin. Zumindest wird niemand daran zweifeln, dass alles Handeln der Menschen orientiert sei an dem Gesetze, es habe der (subjektiv) höhere Wert den Vorzug zu erhalten vor dem niedrigeren. Jenes Wertvorzugsgesetz, auf Grund dessen nun ein individueller Mensch sein Handeln einrichtet, ist nichts anderes als das, was wir Charakter nennen. Der Charakter eines Menschen ist also eine Gesetzlichkeit seines Handelns, etwa von der Art einer Regel oder Maxime. Und insoferne VHN 4/ 2008 342 Heinz Hermann Baumgarten diese Regel die allgemeine Form des Vorziehens oder Nachsetzens von Werten seitens einer Person beinhaltet, kann der Charakter auch, in Anlehnung an den bekannten Ausdruck Kants heißen: der individuelle kategorische Imperativ“ (Rudolf Allers 1929, 28). Der Mensch bestimmt seine Wertvorzugsrichtung zwischen den Polen Anlage und Umwelt dank der ihm innewohnenden Kraft der Selbststeuerung. Der Determinismus, d. h. die behauptete Vorbestimmtheit der Vererbungstheoretiker auf der einen und die behauptete Gleichmachung der Milieutheoretiker auf der anderen Seite werden entschärft, überwunden und überhöht durch den relativen Indeterminismus. Dieser beruht auf der Wahlfreiheit, wie sie z. B. die Philosophia perennis lehrt (Montalta 1954, 9 - 12). Erziehung zielt auf „Höherführung werdender Menschen“ 16 (Montalta 2001, 12, zit. nach Eggersdorfer 1962, 12), d. h. Höherführung „bis zur wertbestimmten und werterfüllten Persönlichkeit“ (Montalta 2001, 18 - 19). Für den christlich überzeugten Erzieher ist sie „Heilswille am Kind“ (Eggersdorfer 1962, 13) oder „Heilswille am werdenden, sich gestaltenden Menschen“ (Eggersdorfer 1962, 35ff ). Der „Heilswille als Grundakt der Erziehung“ äußert sich als „pädagogische Liebe“ und findet im „Geborgenheitsdrang“ des Kindes seine Entsprechung (ebd., 39ff ). Erziehung ist zunächst Fremderziehung, die in Selbsterziehung - eine lebenslange Aufgabe - mündet und als Erzogenheit oder Erzogensein habituell wird. Anders ausgedrückt: Erziehung ist ein Prozess, Erzogensein ist das Ergebnis. Dies gilt gleichermaßen für die Erziehung wie für die Heilerziehung, welche von Montalta als „Erziehung unter erschwerten Bedingungen“ verstanden wird (2001, 17). Montaltas Grundlagenbeitrag lässt - bis in den Aufbau hinein - eine besondere Nähe zu Linus Bopp (1887 - 1971) erkennen, dessen 120. Geburtstag am 1. Januar 2007 war. Über Bopps Wirken orientieren Otteny (1967, 3 - 4) und Schröder (1981a, 1981b, 2002) 17 . 1938 erschien in den Heilpädagogischen Werkblättern Bopps Aufsatz „Besitzt die Heilerziehung eigene Mittel und Methoden? “ Montalta und Bopp teilen die gleiche weltanschauliche Überzeugung und sind als Vertreter einer normativen Heilpädagogik - wenn man so will - ‚Weggefährten‘ des vergangenen Jahrhunderts 18 . Der von Bopp 1930 verwendete „Begriff des Wertsinnes, d. h. des seelisch-geistigen Potenzials und Sensoriums für die Verwirklichung gültiger Werte“ gilt für Montalta als grundlegendes Abgrenzungskriterium „zwischen Normalerziehung und Heilerziehung“ (Montalta 2001, 19). „Die wertbestimmte und werterfüllte Persönlichkeitsgestalt ist … das Ziel jeder Erziehung.“ Grundvoraussetzung sind „Wertfähigkeit (Wertempfänglichkeit) und Wertwilligkeit (Wertstreben)“. Beim Heilzögling ist der Wertsinn gegenüber dem „gesunden, durchschnittlichen oder überdurchschnittlichen Menschen … gehemmt“ bzw. die Wertverwirklichung beeinträchtigt, sodass von „Wertsinnshemmung oder Wertsinnsverminderung (Wertsinnsbeschränkung)“ gesprochen werden kann (ebd.). Der grundsätzlichen Übernahme des normalpädagogischen Erziehungsziels können beim Heilzögling Grenzen gesetzt sein, weshalb es im Sinne Bopps eines „ganzen Treppensystems von untergeordneten Werten“ und „Stützwerten“ (Bopp 1930, 16, 277) bedarf, um „die Bereitschaft für höhere und höchste Werte" herbeizuführen (Montalta 2001, 28). Göttler bezeichnet als allgemeines Ziel der Erziehung: „Fähigkeit und Bereitwilligkeit zu selbständiger wertvoller Lebensführung [Wertverwirklichung] innerhalb der jeden Menschen umschließenden Lebenskreise“ (Göttler 11 1961, 44). Innerhalb der Werthierarchie bzw. der Rangordnung der Werte stehen die religiösen Werte am höchsten (Henz 1964, 88, 252; Spranger 3 1922, 282 - 316; Göttler 11 1961, 54, 58). Den höchsten Werten ist in der Erziehung der Vorrang zu geben; die untersten Werte verstehen sich als „Dienstwerte“ (Henz 1964, 252). VHN 4/ 2008 343 Eduard Montalta zum hundertsten Geburtstag „Der Erzieher ist im Erziehungsprozess nicht zu entbehren, weil die pädagogische Liebe nicht zu entbehren ist“ (Eggersdorfer 1962, 39). Er hat die Aufgabe, „Begegnungen zwischen Kind und Wert zu vermitteln, das heißt Werterlebnisse nahezubringen und zur Verwirklichung der Werte anzuleiten“ (Henz 1964, 49). Allerdings kann er nur auf den Wertgebieten fruchtbar wirken, „auf denen er höher steht“ (ebd., 50). Beide - Erzieher und Kind - unterstehen gemeinsam den Werten und ihren Gesetzen. „Der Erzieher ist dabei immer der Anwalt der besseren Natur des Menschen und Treuhänder der Wertwelt“ (Montalta 1939, 64). Henz (1964, 50) versucht diesen Sachverhalt mit dem Schema des wertpädagogischen Dreiecks zu veranschaulichen (vgl. Abb. 1). „Heilpädagogik ist die Theorie von der Erziehung wertsinnsgehemmter Jugend“; Heilerziehung als Praxis ist „Erziehung vermindert wertfähiger und (oder) wertwilliger Jugend“ bzw. „Erziehung bei verminderter erziehlicher Ansprechbarkeit“ (Montalta 2001, 19). In Paul Moors (1899 - 1977) psychologischer Theorie vom „Inneren Halt“ sieht Montalta eine Nähe zur heilpädagogischen Auffassung von Bopps „Wertsinnshemmung“ (Montalta 2001, 8). Beiden verdankt er „wesentliche Anregungen und Hinweise“ (ebd.). Das „Gegebene“, „Aufgegebene“ und „Verheißene“ bei Moor wird häufig religiös gedeutet, wogegen Peter Schmid, einer seiner Schüler, Einspruch erhebt. In der Besprechung der Dissertation des Pfarrers Peter Blackert „Erziehen - Verantwortung - Glauben“ (1982) heißt es: „Moors Nachlasswerk [1981] könnte in der Tat die Vermutungen bestätigen, es handle sich im Gesamtwerk um eine religiös fundierte Pädagogik. … Demgegenüber wäre … zu betonen, dass Moor sich selbst immer ausdrücklich dagegen verwahrt hat, seine Begriffe ‚Erfüllung‘, ‚Verheißung‘, ‚Heimat‘ usw. mit religiösen Inhalten zu füllen“ (Schmid 1982, 252 - 253). Zwanzig Jahre später weiß Schmid (2002, 255) zu berichten, dass sich Moor mit dem Ende seiner akademischen Lehrtätigkeit vornehmlich mit dem Neuen Testament und mit Glaubens- Das wertpädagogische Dreieck Der Betrachter muss sich das Dreieck in der Vertikalen vorstellen. Dieses Dreieck vermag dann einige wesentliche wertpädagogische Faktoren zu repräsentieren: 1. Erzieher und Kind stehen unter den Werten. (Gesetz der gemeinsamen Wertunterstellung) 2. Der Erzieher steht den Werten näher als das Kind. (Gesetz des pädagogischen Gefälles) 3. Der Erzieher ist gleichermaßen auf das Kind und auf die Werte hingeordnet. (Gesetz der pädagogischen Liebe) 4. Das Pädagogisch-Wesentliche ist die Begegnung von Kind und Wert. (Gesetz des pädagogischen Primates der Wertbegegnung) 5. Der Erzieher unterstützt die Begegnung Kind - Wert durch Emporführung des Kindes und durch Nahebringen der Werte. (Gesetz des pädagogischen Aktes) Erzieher Kind Werte Abb. 1: Wertpädagogisches Dreieck (Henz 1964, 50) VHN 4/ 2008 344 Heinz Hermann Baumgarten fragen befasst hat, die in seinem Nachlasswerk „Reifen, Glauben, Wagen“ (1981) ihren Niederschlag gefunden haben. Promotor und Organisator Wie Max Heller anlässlich der Traueransprache in Zug hervorhob (1986, 69 - 72), hat Eduard Montalta sein Wissen und Können, seine Organisationsfähigkeit und Tatkraft in den Dienst einer Vielzahl von Verbänden, Vereinen, Gremien, Kommissionen und Stiftungen gestellt, sei es als Initiant, Gründer, Mitgründer, Vorsitzender, aktives Mitglied, als Ehrenpräsident oder Ehrenmitglied (nicht abschließend) 19 : n Curatorium des Heilpädagogischen Instituts der Universität Freiburg, Eigentümer des 1960 erbauten Institutsgebäudes am Place du Collège 21 n Expertenkommission für die Gründung des Instituts für Bildungsforschung Aarau n Expertenkommission für die Gründung der Universität Luzern n Expertenkommission zur Revision der Eidgenössischen Invalidenversicherung (1968) n Forschungsrat des Schweizerischen Nationalfonds für die wissenschaftliche Forschung n Heilpädagogische Kommission des Internationalen Katholischen Instituts für Jugendkunde in Paris n Herausgeber der Buchreihen Arbeiten zur Psychologie, Pädagogik und Heilpädagogik/ Travaux de Psychologie, Pédagogie et Orthopédagogie - Formen und Führen - Dienen und Helfen - Bibliographischer Handweiser n Herausgeber der „Heilpädagogischen Werkblätter (HpWbl)“, ab 1971 „Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete (VHN)“ n Institut Montana, Zugerberg n Mitbegründer der Studentenverbindung Kolina, Zug n Pädagogische Ferienkurse der Universität Freiburg/ Schweiz n Patronatskomitee der Kurse für Personalfragen der Schweizerischen Studiengesellschaft für Personalfragen (1966) n Präsidentenkonferenz der katholischen Erziehungsorganisationen der Schweiz n Schweizerische Gesellschaft für Psychologie und ihre Anwendungen n Schweizerische UNESCO-Kommission n Schweizerischer Berufsverband für Angewandte Psychologie n Schweizerischer Verband für Invalidensport n Schweizerische Arbeitsgemeinschaft zur Eingliederung Behinderter n Stiftungsrat der Schweizerischen Stiftung für angewandte Psychologie n Verband der Heilpädagogischen Ausbildungsinstitute der Schweiz (VHpA) (Montalta 1984) n Vereinigung der Absolventinnen und Absolventen des Heilpädagogischen Instituts der Universität Freiburg (VAF) - gegründet 1948 (Hegi 1988) n Wehrpsychologische Kommission der Schweizerischen Armee. Würdigung Eduard Montalta bleibt in Erinnerung als imposante Persönlichkeit mit Charisma, Tatkraft, Organisationstalent, Durchsetzungswillen und als Mensch mit einem feinen Gespür für das Kommende und einem ausgeprägten Sinn für das Wesentliche, das Mögliche und das Machbare. Er verstand es, Menschen für sich einzunehmen, sei es als Hochschullehrer mit stets überfülltem Auditorium, als weit herum geschätzter und brillanter Redner, als stringenter Denker und Wissenschaftler, als Vorgesetzter, der hinter seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stand, ihnen den Rücken stärkte, ihr berufliches Fortkommen unterstützte und sich für ihr Wohlergehen interessierte, nicht minder denn als Förderer der Studierenden und wohlwollender Examinator. Aus seiner Schülerschaft ist eine Reihe namhafter Persönlichkeiten hervorgegangen, die im öffentlichen und privaten Beratungs-, Erziehungs-, Bildungs- und Sozialwesen oder im Hochschuldienst in Lehre und Forschung an verantwortlicher Stelle tätig waren oder sind. Eduard Montalta hat eine beträchtliche Zahl von Publikationen vorzuweisen (Baumgarten u. a. 2001, 73 - 88). Trotzdem hat er VHN 4/ 2008 345 Eduard Montalta zum hundertsten Geburtstag gelegentlich bedauert, nicht mehr Zeit zum Schreiben gefunden zu haben. Sein schweizweit ertragreiches und anerkanntes Engagement auf den Gebieten der Heilpädagogik (mit Strahlungskraft weit über die Schweiz hinaus), der Sozial- und Bildungspolitik, als Leiter des Instituts für Heilpädagogik Luzern, als Verleger und Herausgeber, als wissenschaftlicher Leiter einer Beobachtungsstation, als geschätztes Mitglied in diversen Bildungs- und Forschungsgremien usw. hatte eine unmittelbare Auswirkung auf die Heilpädagogik. Eduard Montalta - von Peter Blackert neben Heinrich Hanselmann und Paul Moor als „ein dritter Hauptvertreter der Schweizer Heilpädagogik“ 20 bezeichnet - „… kommt das unbestreitbare wirkungsgeschichtliche Verdienst zu, das Gedankengut von L. Bopp in der Heilpädagogik weitergetragen und pädagogisch verantwortet zu haben“ (Blackert 1982, 271). Eduard Montalta war in einem guten Sinn konservativ und prinzipientreu. Überkommene Werte und die Pflege der Tradition waren ihm wichtig. Bewährtes hielt er hoch und suchte es weiterzuentwickeln. Doch im gleichen Sinne war er offen für Veränderung und Neues. ‚Offenheit‘ empfahl er auch den Studierenden im Rahmen der wissenschaftlichen Forschung. Für ihn galt: Alles Wissen steht im Dienst der Wahrheit und Wahrhaftigkeit - alles Wissen hat vorläufigen Charakter und ist nicht frei vom jeweiligen Zeitgeist. Aus seiner christlichen Überzeugung machte er keinen Hehl - doch konfessionelle und dogmatische Enge waren ihm fremd und obskur. Das widersprach auch seiner ausgesprochenen Toleranz gegenüber Andersdenkenden, anderen Weltanschauungen und religiösen Bekenntnissen. Er forderte vom Gegenüber eine klare Haltung und Gesinnung sowie ein kongruentes Reden und Handeln. Seine Liebe und Sorge galt den behinderten und hilfebedürftigen Menschen, wie ihm überhaupt - um es mit einem Wort Sprangers zu sagen - die „Ehrfurcht vor dem Göttlichen in jedem Menschenwesen und in jeder Menschenart“ (Spranger 1956, 24) wichtig war. „Eingliederung in die Kulturgemeinschaft“ hieß für Montalta Selbstverwirklichung, Selbststeuerung, Selbstbesorgung und Selbstverantwortung in einem höchstmöglichen Ausmaß. Dazu bedarf es im Behindertenbereich eines rechtlich, finanziell, volkswirtschaftlich und sozial abgesicherten Netzes mit aufeinander abgestimmten ambulanten und stationären Angeboten der Beratung, Betreuung, Begleitung, Erziehung, Schulung und Beschäftigung (vgl. Montalta, 2001, 27, 30). In diesem Sinne bedeutet Teilhabe an der Kulturgemeinschaft ein Hereinholen behinderter, kranker, schwacher und sozial randständiger sowie ausgegrenzter Menschen in die Mitte der Gesellschaft. Die Liebe des heilpädagogisch tätigen Menschen «für das behinderte Kind … findet ihre Basis im Glauben an das Ideal der Nächstenliebe, die nicht zwischen behindert und nicht-behindert, zwischen arm und reich, zwischen gut und böse, zwischen normal und abnormal unterscheidet. … [Sie] ist nicht zu verwechseln mit moralischer Verkrampftheit oder mit sentimentaler Schwärmerei. Was die Nächstenliebe ist, kann nur der erahnen, der davon ergriffen ist“ (Haeberlin 1981, 41f ). Helferwille aus Nächstenliebe, Solidarität und Mitleid(en) sind nicht ausschließlich an ein christliches Menschenbild gebunden; auch in anderen Religionen werden diese ethischen Prinzipien beachtet. In der am 4. September 1993 in Chicago vom Parlament der Weltreligionen verabschiedeten „Erklärung zum Weltethos“ (Küng/ Kuschel 1993, 13 - 45) 21 wird jedem Menschen „eine unveräußerliche und unantastbare Würde“ zuerkannt. In der „Verpflichtung auf eine Kultur der Solidarität und eine gerechte Wirtschaftsordnung“ wird unter Buchstabe E dazu ausgeführt: „Wahrhaft menschlich sein heißt im Geist unserer großen religiösen und ethischen Traditionen das Folgende: Statt die wirtschaftliche und politische Macht in rücksichtslosem Kampf zur Herrschaft zu missbrauchen, ist sie zum Dienst an den Menschen zu gebrauchen. Wir VHN 4/ 2008 346 Heinz Hermann Baumgarten müssen einen Geist des Mitleids mit den Leidenden entwickeln und besondere Sorge tragen für die Armen, Behinderten, Alten, Flüchtlinge, Einsamen.“ Anmerkungen 1 Der Verfasser dankt dem „Arbeitskreis Eduard Montalta“ (Mitglieder: Max Heller, Ursula Lang Schindler, Jörg Montalta, Andreas Schindler, M. Sabine Schröder sowie der Autor der vorliegenden Studie) für ihre Anregungen und Unterstützung. 2 Siehe Nekrolog von Huber, Winfrid (1965): Albert-Eduard Baron Michotte van den Berck, Professor emeritus. In: Heilpädagogische Werkblätter 34, 277 - 278 3 Herausgeber des zweibändigen Lexikons der Pädagogik der Gegenwart. Freiburg i. Br. 1930 - 1932 4 Die Vorlesung in Experimenteller Psychologie wurde 1974 von August Flammer übernommen, 1975 Professor für Experimentelle und Pädagogische Psychologie der Universität Freiburg und später Professor für Differentielle Psychologie und Diagnostik an der Universität Bern. 5 Von ihrer Lehrverpflichtung in deutscher Sprache trat sie erst Ende Wintersemester 1965/ 66 zurück. 6 Direktoren: Prof. Léon Barbey, französischsprachiger Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik und Pädagogische Psychologie (1965 - 1979); Prof. P. Ludwig Räber OSB, deutschsprachiger Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik (1966 - 1973) - Nachfolger: Prof. Dr. Meinrad Perrez (1975) 7 Erster Direktor: Prof. Dr. Marco Capol (1973 - 1978) - Nachfolger in der Institutsleitung: Prof. Dr. August Flammer (1978) 8 In dieser Funktion war Eduard Montalta zugleich Herausgeber der „Heilpädagogischen Werkblätter (HpWbl)“, ab 1971 „Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete (VHN)“; sie wechselte 1983 an das Heilpädagogische Institut der Universität Freiburg (neuer Herausgeber: Prof. Dr. Urs Haeberlin) und ist mit Heft 3/ 2004 an den Ernst Reinhardt Verlag, München, übergegangen. 9 Die Beobachtungs- und Therapiestation „Bethlehem“ wurde am 31. März 1984 wegen Nachwuchsmangels der Schwesterngemeinschaft des Seraphischen Liebeswerkes geschlossen. 10 Der vom Heilpädagogischen Institut auf Wunsch des Erziehungsdepartements des Kantons Luzern durchgeführte erste außerordentliche Ausbildungskurs für Hilfsschullehrer, der sich mit zwei Kurstagen pro Woche auf drei Jahre erstreckte, wurde am 21. Oktober 1958 mit 27 Teilnehmern eröffnet (vgl. Außerordentlicher Hilfsschullehrerkurs 1961). 11 Die Bezeichnung „Institut für Schulische Heilpädagogik (ISH) Luzern“ ist seit August 1999 gültig. Ab diesem Zeitpunkt wurden alle Zusatzausbildungen als Abteilungen des Instituts geführt. 12 Am 12. März 1958 wurde die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Taubstummenlehrer in Kraft gesetzt (vgl. Hägi 1961, 85). 13 Diese Auffassung wurde auch von Heinrich Hanselmann vertreten; ohne eine solche Sichtweise wäre - worauf Eduard Montalta wiederholt hingewiesen hat - die Errichtung des ersten europäischen Lehrstuhls für Heilpädagogik an der Universität Zürich überhaupt nicht möglich gewesen. 14 Nach Friedrich Schneider (1936) soll der Christ in Christus „seinen Wertungsmaßstab und die Mittel und die Wege zur Verwirklichung“ finden, der von sich sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh. 14, 6). 15 Siehe auch: Spranger, Eduard ( 4 1956): Macht und Grenzen des Einflusses der Erziehung auf die Zukunft. In: Spranger, Eduard: Pädagogische Perspektiven. Heidelberg, 3ff 16 Johann Heinrich Pestalozzi spricht in den „Abendstunden eines Einsiedlers“ (1780) von „Emporbildung“: „Allgemeine Emporbildung der inneren Kräfte der Menschennatur zu reiner Menschenweisheit ist allgemeiner Zweck der Bildung auch der niedrigsten Menschen.“ Zit. in: Paulsen, Friedrich (1912): Gesammelte pädagogische Abhandlungen. Hrsg. und eingeleitet von Eduard Spranger. Stuttgart/ Berlin: Cotta, 131 17 Linus Bopp ist für die Schweiz kein Unbekannter - schon 1930 referierte er beim II. Schweizerischen Caritaskongress in Solothurn über „Die katholische Heilpädagogik in ihrem Ringen um Wesenhaftigkeit“; 1955 beim 20. Pädagogischen Ferienkurs der Universität Freiburg/ Schweiz zum Thema „Vom Sinn des Jugendalters“ (in: Montalta; Dupraz 1956, 353 - 368). Josef Spie- VHN 4/ 2008 347 Eduard Montalta zum hundertsten Geburtstag ler, Montaltas Vorgänger in Luzern und Freiburg, kam auf Bopps Empfehlung nach Luzern. Bopps bekannte Schrift „Warum Pechvogel? “ erschien im Februar 1943 in dritter Auflage im Verlag Institut für Heilpädagogik, Luzern. 18 Universitäre Weggefährten im engeren Sinn, Freunde und Mitglieder der Kommission des Heilpädagogischen Instituts waren die Professoren Laure Dupraz (Allgemeine Pädagogik), Norbert Luyten (Philosophische Anthropologie) und Adolf Faller (Anatomie), die für die Studierenden der Heilpädagogik Pflichtvorlesungen anboten. Die Kommission wurde ergänzt durch Professor Oskar Vasella (Schweizer Geschichte). 19 Für weitere Angaben sei auf die von Jörg Montalta erstellte „Zeittafel Eduard Montalta“ verwiesen (siehe Baumgarten u. a. 2001, 57 - 68). 20 Eduard Montalta machte in seinem letzten öffentlichen Vortrag am 24. Februar 1983 vor Heilpädagogik-Studenten im Auditorium des Heilpädagogischen Instituts der Universität Freiburg darauf aufmerksam, „dass es eine ‚schweizerische Heilpädagogik‘ als gesamtschweizerisch verbindliche Theorie und Praxis nie gegeben hat und auch heute nicht gibt (1996, 45), … wir aber auf dem Wege dazu sind“ (1996, 52). 21 Der Entwurf wurde unter Federführung von Professor Hans Küng im Institut für ökumenische Forschung der Universität Tübingen erarbeitet. - Die „Erklärung zum Weltethos“ liegt in folgenden Sprachen vor: Arabisch, Bulgarisch, Chinesisch, Deutsch, Englisch, Finnisch, Französisch, Italienisch, Japanisch, Katalanisch, Kroatisch, Malaysisch, Niederländisch, Portugiesisch, Russisch, Spanisch, Tschechisch, Türkisch, Ungarisch. - Bezugsstelle: Stiftung Weltethos, Waldhäuser Straße 23, D-72076 Tübingen (http: / / www.weltethos.org). Literatur Allers, Rudolf (1929): Das Werden der sittlichen Person. Wesen und Erziehung des Charakters. Freiburg i. Br. Außerordentlicher Hilfsschullehrerkurs (1961). In: Heilpädagogische Werkblätter 30, 236 - 237 Baumgarten, Heinz Hermann; Heller, Max; Hegi, Stephanie; Montalta, Jörg; Schindler, Andreas (Hrsg.) (2001): Eduard Montalta - Ein Pionier der Heilpädagogik in der Schweiz (1907-1986). Riehen (Vertrieb: H. H. Baumgarten, Äußere Baselstraße 204, CH-4125 Riehen) Besonderes Reglement der Abteilung Caritas und Angewandte Sozialwissenschaften (Sektor D des Pädagogischen Instituts) der Universität Freiburg (1961). In: Heilpädagogische Werkblätter 30, 260 - 265 Blackert, Peter (1982): Erziehen -Verantwortung - Glauben. Untersuchung zum Verhältnis von Pädagogik und Theologie bei Paul Moor. Gießen Blackert, Peter (1982): Linus Bopp - Heilerziehung als Werterziehung. In: Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete VHN 51, 271 - 288 Bopp, Linus (1930): Allgemeine Heilpädagogik in systematischer Grundlegung und erziehungspraktischer Einstellung. Freiburg i. Br. Bopp, Linus (1938): Besitzt die Heilerziehung eigene Mittel und Methoden? In: Heilpädagogische Werkblätter 7, 17 - 20 Bopp, Linus (1956): Vom Sinn des Jugendalters. In: Dupraz, L.; Montalta, E. (Hrsg.): Die pädagogischen Gezeiten im Ablauf der menschlichen Jugend. Freiburg/ Schweiz, 353 - 368 Buchka, Maximilian; Grimm, Rüdiger; Klein, Ferdinand (Hrsg.) ( 2 2002): Lebensbilder bedeutender Heilpädagoginnen und Heilpädagogen im 20. Jahrhundert. München Dupraz, Laure; Montalta, Eduard (Hrsg.) (1956): Die pädagogischen Gezeiten im Ablauf der menschlichen Jugend. Arbeiten zur Psychologie, Pädagogik und Heilpädagogik, Band 12. Freiburg/ Schweiz Eggersdorfer, Franz Xaver (1962): Jugenderziehung. Herausgegeben von Alois Fischer. München Faller, Adolf (1967): Anatomie und Physiologie für Heilpädagogen. In: Heilpädagogische Werkblätter 36, 119 - 129 Göttler, Joseph ( 11 1961): System der Pädagogik. Neu bearbeitet und erweitert von Johann B. Westermayr. München Haeberlin, Urs (1981): Der Mensch in der Heilpädagogik. In: Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete VHN 50, 33 - 42 Hägi, Hans (1961): Das Taubstummenbildungswesen in der deutschsprachigen Schweiz. In: Heilpädagogische Werkblätter 30, 82 - 87 Hegi, Stephanie: Geschichte der VAF 1948 - 1988. In: 40 Jahre VAF. Luzern, 9 - 34 VHN 4/ 2008 348 Heinz Hermann Baumgarten Hegi, Stephanie; Baumgarten, Heinz Hermann (Konzept und Redaktion) (1977): Festschrift zum 70. Geburtstag von Prof. Eduard Montalta (8. Mai 1977). Luzern Hegi, Stephanie; Heller, Max; Baumgarten, Heinz Hermann (Hrsg.) (1996): Eduard Montalta, 8. Mai 1907 - 26. August 1986. Leben und Wirken. Sonderheft der Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete VHN 65, 249 - 439 Heimann, Roswitha: „… weil große Männer allen Zeiten und allen Menschen angehören“. In: Hegi, St.; Heller, M.; Baumgarten, H. H. (Hrsg.) (1996): Eduard Montalta, 8. Mai 1907 - 26. August 1986. Leben und Wirken. Sonderheft der Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete VHN 65 , 302 - 323 Heller, Max (Konzept und Redaktion) (1967): Menschenbild und Menschenführung. Festschrift zum 60. Geburtstag von Eduard Montalta (8. Mai 1967). Hrsg. von der Kommission des Heilpädagogischen Instituts der Universität Freiburg und der Vereinigung der Absolventen und Freunde des Heilpädagogischen Instituts. Freiburg/ Schweiz Heller, Max (1979): Schulische Heilpädagogik in der deutschsprachigen Schweiz. In: Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete VHN 48, 381 - 385 Heller, Max (2001): Zum Tode von Eduard Montalta-Bamert am 26. August 1986, em. Professor der Universität Freiburg/ Schweiz. Ansprache anlässlich des Trauergottesdienstes vom 29. August 1986 in der St. Michaeliskirche in Zug. In: Baumgarten, H. H. u. a.: (Hrsg.) (2001): Eduard Montalta - Ein Pionier der Heilpädagogik in der Schweiz (1907 - 1986). Riehen, 69 - 72 Heller, Max: Eduard Montalta (1907 - 1986). In: Buchka, M.; Grimm, R; Klein, F. (Hrsg.) ( 2 2002): Lebensbilder bedeutender Heilpädagoginnen und Heilpädagogen im 20. Jahrhundert. München, 221 - 235 Henz, Hubert (1964): Lehrbuch der systematischen Pädagogik. Allgemeine und differentielle Erziehungswissenschaft - Einführung in die pädagogischen Forschungsmethoden. Freiburg/ Basel/ Wien Huber, Winfrid (1965): Albert-Eduard Baron Michotte van den Berck, Professor emeritus. In: Heilpädagogische Werkblätter 34, 277 - 278 Küng, Hans; Kuschel, Karl-Josef (Hrsg.) (1993): Erklärung zum Weltethos. Die Deklaration des Parlamentes der Weltreligionen. München Montalta, Eduard (1939): Jugendverwahrlosung. Mit besonderer Berücksichtigung schweizerischer Verhältnisse, eidgenössischer und kantonaler Erlasse. Anhang: Bibliographie der Schweiz. Arbeiten aus dem Heilpädagogischen Seminar der Universität Freiburg (Schweiz), Heft 8. Zug Montalta, Eduard (1950): Idee, Aufgaben und Gestaltung von Beobachtungsstationen. In: Schneider, F. 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Spranger, Eduard ( 4 1956): Pädagogische Perspektiven. Heidelberg Lic. phil. Heinz Hermann Baumgarten Ehem. Leiter des Jugendamtes Basel-Stadt Arbeitskreis Eduard Montalta Äußere Baselstraße 204 CH-4125 Riehen