Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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Lernbehinderung - Ein Forschungsüberblick zur Situation in den USA am Beispiel von Lesen und Mathematik
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2008
Rene S. Parmar
2004 wurde vom Amerikanischen Kongress der „Individuals With Disabilities Education Act“ revidiert und ergänzt, vor allem in Hinblick auf neue Ansätze in der schulischen Bildung von Schülerinnen und Schülern mit Lernbehinderungen. Damals wurde „Responsiveness To Intervention (RTI)“ eingeführt. Dieses Verfahren ermöglicht es, alle Schüler/innen mittels eines Screenings zu beurteilen und die Schulkinder mit unterdurchschnittlichen Leistungen zu erfassen. Dank dieser neuen Regelung konnten die Regelschullehrer nun den schwächeren Schüler/innen mit sonderpädagogischen Zuschüssen zusätzliche Unterstützung und angepasste Schulprogramme anbieten, auch wenn sie formell nicht als „behindert“ bezeichnet wurden. Die Autorin fasst die fachliche Diskussion, welche die Gesetzesrevision von 2004 ausgelöst hatte, kurz zusammen. In ihrem Artikel beschreibt sie einige neue Ausrichtungen auf dem Gebiet der Erkennung von Lernbehinderungen im Vorschulalter und der Forschung mittels bildgebender Techniken. Zum Schluss gibt sie einen kurzen Überblick über Interventionen in den Schlüsselbereichen Lesen und Mathematik, da in diesen beiden Schulfächern eine Lernbehinderung am ehesten identifiziert werden kann.
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43 Fachbeitrag Schülerinnen und Schüler mit Lernbehinderungen (SLB) bilden in den USA die größte Untergruppe von Schulkindern, welchen sonderpädagogische Maßnahmen zugesprochen werden. Gemäß den aktuellsten Regierungsberichten umfasst die Gruppe der SLB 48.3 % der ganzen Schülerpopulation mit sonderpädagogischem Förderbedarf (über 5,75 Millionen Kinder zwischen 6 und 17 Jahren), welche aufgrund des „Individuals With Disabilities Education Act“(Office of Special Education and Rehabilitative Services 2004) von speziellen Leistungen profitieren kann. In der gesamten Schülerpopulation machen die SLB beinahe 6 % aus. Dank dieser hohen Zahlen erhalten Schüler/ innen mit Lernbehinderungen im Rahmen von Bildungspolitik, Forschung und Interventionsdiensten große Aufmerksamkeit. Lernbehinderung - Ein Forschungsüberblick zur Situation in den USA am Beispiel von Lesen und Mathematik Rene S. Parmar St. John's University New York n Zusammenfassung: 2004 wurde vom Amerikanischen Kongress der „Individuals With Disabilities Education Act“ revidiert und ergänzt, vor allem in Hinblick auf neue Ansätze in der schulischen Bildung von Schülerinnen und Schülern mit Lernbehinderungen. Damals wurde „Responsiveness To Intervention (RTI)“ eingeführt. Dieses Verfahren ermöglicht es, alle Schüler/ innen mittels eines Screenings zu beurteilen und die Schulkinder mit unterdurchschnittlichen Leistungen zu erfassen. Dank dieser neuen Regelung konnten die Regelschullehrer nun den schwächeren Schüler/ innen mit sonderpädagogischen Zuschüssen zusätzliche Unterstützung und angepasste Schulprogramme anbieten, auch wenn sie formell nicht als „behindert“ bezeichnet wurden. Die Autorin fasst die fachliche Diskussion, welche die Gesetzesrevision von 2004 ausgelöst hatte, kurz zusammen. In ihrem Artikel beschreibt sie einige neue Ausrichtungen auf dem Gebiet der Erkennung von Lernbehinderungen im Vorschulalter und der Forschung mittels bildgebender Techniken. Zum Schluss gibt sie einen kurzen Überblick über Interventionen in den Schlüsselbereichen Lesen und Mathematik, da in diesen beiden Schulfächern eine Lernbehinderung am ehesten identifiziert werden kann. Schlüsselbegriffe: Lernbehinderung, USA, Responsiveness to Intervention Current Perspectives on Learning Disabilities in the U.S.A. n Summary: In 2004 the United States Congress amended the „Individuals With Disabilities Education Act“ to pave the way for new approaches to providing educational services for students with learning difficulties. Responsiveness To Intervention (RTI) was introduced whereby all students could be screened, and those with low achievement could be provided with supplemental tutoring or modified teaching by their general education teachers, using Special Education funding, even if they were not formally identified as having a disability. The professional discussion surrounding the contrast between the traditional definition and new ways of looking at SLD identification is briefly summarized. The present paper also describes some new directions in the areas of pre-school identification, and research using neuro-imaging techniques. Finally, a brief review of interventions in the key areas of Reading and Mathematics are presented. Reading and Mathematics were selected because identification of SLD is primarily within these domains. Keywords: Learning disabilities, U.S.A., Responsiveness-to-Intervention Fachbeitrag VHN, 77. Jg., S. 43 - 56 (2008) © Ernst Reinhardt Verlag München Basel VHN 1/ 2008 44 1 Definition von Lernbehinderungen Vor der Anpassung des „Individuals With Disabilities Education Act“ stützte sich die Identifizierung von Schülerinnen und Schülern mit Lernbehinderungen auf die Definition im Public Law 94-142, dem „Education for All Handicapped Children Act“ von 1977: „The term ,specific learning disability‘ means those children who have a disorder in one or more of the basic psychological processes involved in understanding or in using language, spoken or written, which disorder may manifest itself in imperfect ability to listen, think, speak, read, write, spell, or do mathematical calculations. The term includes such conditions as perceptual handicaps, brain injury, minimal brain dysfunction, dyslexia, and developmental aphasia. The term does not include a learning problem which is primarily the result of visual, hearing, or motor handicaps, of mental retardation, of emotional disturbance, or of environmental, cultural, or economic disadvantage.“ Während der 30 Jahre seit der Kodifizierung dieser Definition haben Bildungsfachleute und Bildungspolitiker im Bereich der Lernbehinderungen verschiedentlich auf die Schwierigkeiten aufmerksam gemacht, die sich aus den engen und z. T. unpräzisen Festschreibungen der Definition ergeben können. Erstens sei der Ausdruck „psychologische Prozesse“ zu unspezifisch und offen für unterschiedliche Interpretationen. So hätten manche Forscher nach Verhaltensindikatoren wie fehlende Aufmerksamkeit oder Gedächtnisschwierigkeiten als Zeichen für Störungen der psychologischen Prozesse gesucht, andere hätten als mögliche Ursache von Lernbehinderung unterschiedliche Gehirnstrukturen bei Kindern mit und ohne Lernbehinderungen unter die Lupe genommen. Keine der Gruppen habe jedoch konsistente Muster nachweisen können, welche Schüler/ innen mit und ohne LB voneinander unterscheiden. Zweitens wurde die Definition von Pädagog/ innen als „ausschließend“ kritisiert (z. B. könne eine Person als lernbehindert klassifiziert werden, wenn sie nicht in eine andere Hauptkategorie von Behinderung oder Benachteiligung falle). Drittens wird von Forscher/ innen argumentiert, dass diese Definition ein sehr weites Spektrum an Lernbehinderungen umfasse, was zu einem Mangel an Einheitlichkeit und Konsistenz führe. Eine ausführlichere Diskussion dieses Problemkreises findet sich bei Lyon (1994), wo eine Reihe von Autoren die Schwierigkeiten der Erkennung von SLB und deren Versorgung mit angemessenen Hilfsmaßnahmen erörtern - Schwierigkeiten, welche sich aus der inkonsistenten Interpretation der Definition ergeben. 2 Identifizierung von Lernbehinderungen 2.1 Erweiterung der Definitionskriterien des Bundes Bei Kavale und Forness (2000) findet sich eine historische und philosophische Debatte zur Definition von Lernbehinderungen. Die Autoren sind der Meinung, dass weder die oben dargestellte gesetzliche Definition von SLB noch darauf folgende neue Definitionen, welche von verschiedenen Verbänden und Organisationen entwickelt worden sind, eine adäquate operationale Basis für die Bestimmung von Lernbehinderungen liefern. Folglich besteht innerhalb der Gruppe von Schülerinnen und Schülern, welche gegenwärtig als lernbehindert diagnostiziert werden, eine beträchtliche Vielfalt. Diese reicht von Kindern mit spezifischen Lernbehinderungen, welche gleiche Lern- und Verhaltensmuster zeigen, bis zu Kindern, die als leicht geistig behindert oder entwicklungsverzögert gelten oder als emotional, verhaltensgestört oder langsame Lerner eingestuft worden sind. Ferner weisen Kavale und Forness (2000) auf die Schwierigkeiten hin, die Diskrepanz zwischen der Begabung eines Kindes und dessen Leistungen zu ermitteln. Diese sei u. a. auf die inadäquate Definition von Fachtermini und auf Rene S. Parmar VHN 1/ 2008 45 die Unzulänglichkeit aktueller Instrumente für die Bestimmung der entsprechenden Konstrukte zurückzuführen. Die beiden Autoren schlagen für die Identifizierung von LB einen fünfstufigen Prozess vor, und zwar mit den folgenden Elementen: Ebene I: unterdurchschnittliche Leistung, sichtbar in einer Begabungs-Leistungs-Diskrepanz Ebene II: schwache Leistung in spezifischen Schulfächern wie Sprache, Lesen, Schreiben oder Mathematik Ebene III: unangemessene Lerneffizienz, sichtbar im unangepassten Gebrauch von Strategien und einer unterdurchschnittlichen Lerngeschwindigkeit Ebene IV: Schwierigkeiten bei verschiedenen kognitiven Abläufen wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Sprachverarbeitung, soziales Erkennungsvermögen, Wahrnehmung oder Metakognition Ebene V: Ausschluss anderer möglicher Ursachen für schwache Leistungen wie Sinnesbehinderungen, geistige Behinderung, emotionale und Verhaltensstörungen, kulturelle Unterschiede oder mangelhafter Unterricht. In der heutigen Praxis liegt der Fokus meist nur auf den Ebenen I und II, d. h. die Schülerinnen und Schüler werden hinsichtlich ihrer Begabungen und Leistungen in bestimmten Bereichen getestet. Es kommt kaum oder gar nicht zu weiteren Untersuchungen auf den nachfolgenden Ebenen. Obwohl Abklärungsinstrumente für die Messung der Lerneffizienz (z. B. The Learning Efficiency Test, Webster 1981; The California Verbal Learning Test, Delis/ Kramer/ Kaplan 1994) und verschiedener kognitiver Prozesse (z. B. Working Memory Test Battery for Children, Pickering/ Gathercole 2001; the ADHD-Q, Scholte/ Van der Ploeg 1998; Behavioral Assessment System for Children, Reynolds/ Kamphaus 1992) zur Verfügung stehen, werden diese kaum in größerem Umfang eingesetzt. 2.2 Diskrepanz-Formeln Gegenwärtig werden Kinder mit Lernbehinderungen meist aufgrund einer (beobachteten) Diskrepanz zwischen ihrem Resultat in einem allgemeinen Begabungstest (z. B. IQ-Test) und den Ergebnissen einer Leistungsmessung in Lesen, Schreiben oder Mathematik (z. B. Individueller diagnostischer Leistungstest) identifiziert. In den Staaten der USA lassen sich unterschiedliche Standards für die Festlegung dieser Diskrepanz finden. So gilt in einigen Staaten eine Standardabweichungs-Diskrepanz von 1.5, in anderen eine Diskrepanz von zwei Jahrgangsstufen, und an verschiedenen Orten wird ein Regressionsverfahren angewendet (Reynolds 1984; mit einer ausführliche Diskussion von Diskrepanz-Formeln). In ihrem Rückblick auf die Identifizierung von Lernbehinderung seit der ursprünglichen Definition dieser Behinderungskategorie weist Keogh (2005) auf den Mangel an Homogenität bei den Vorgehensweisen zur Erkennung von SLB hin. Sie führt diese Vielfalt auf die breite Palette der Erscheinungsbilder zurück, die als Lernbehinderung bezeichnet werden können. Erwähnt wird auch, dass Entscheidungskriterien für die Feststellung einer LB sowohl von staatlichen Richtlinien wie von regionalen und lokalen Bedingungen (z. B. Elterninitiativen) abhängig seien. Dies führe zu einer tiefen Reliabilität der Zuweisungsentscheide. Schließlich stellt die Autorin die Validität der aktuell verwendeten Tests und Abklärungsinstrumente in Frage und moniert, deren Anwendungsbereich und deren Informationswert seien beschränkt. Diskrepanz-Formeln sind aus verschiedenen Gründen kritisiert worden. Zwei Problemkreise kommen dabei immer wieder zur Sprache. Erstens gibt es Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Validität von Begabungsbeurteilungen. Standardisierte IQ-Tests basieren auf der Einschätzung eines Produktes statt eines Prozesses. Aktuelle dynamische und umfeldbezogene Lerntheorien werden damit nicht berücksichtigt. Die Werte von IQ-Tests kor- Lernbehinderung VHN 1/ 2008 46 relieren zudem hoch mit denjenigen anderer Lernbereiche, vor allem Lesen und Mathematik, sie messen also dieselben zugrunde liegenden Merkmale. Zweitens basieren Diskrepanz- Formeln auf Werten aus Leistungsmessungen, die bei Schülerinnen und Schülern nach einem oder mehreren Schuljahren durchgeführt werden. Somit wird eine Lernbehinderung erst identifiziert, nachdem ein Schulversagen aufgetreten ist. Viele Pädagog/ innen beklagen, dass das Aufschieben solcher Abklärungen bis zum Auftreten eines Schulversagens im zweiten oder dritten Schuljahr eine spezielle Intervention verzögere und es dem Schulkind mit einer LB erschwere, angemessene Hilfe zu erhalten und seine Ziele seinem Potenzial entsprechend zu erreichen. Aus den Abklärungen geht auch nicht hervor, ob die Schüler/ innen ihre schlechten Leistungen tatsächlich aufgrund individueller Schwierigkeiten erzielen oder nicht eher aufgrund eines unangemessenen Unterrichts. Francis, Fletcher u. a. (2005) haben bei 403 Schülerinnen und Schülern die Stabilität der Diagnose Lernbehinderung mit Hilfe eines Diskrepanz-Modells untersucht. In der 3. und der 5. Klasse wurden mit den Kindern ein IQ- Test (Wechsler Intelligence Scale for Children- Revised) und ein Leistungstest (Woodcock- Johnson Psychoeducational Test Battery) durchgeführt. Von den Schüler/ innen, bei denen in der dritten Klasse im Vergleich zur Norm eine schwache Leistung und eine signifikante Diskrepanz (Standardabweichung 1.5) festgestellt wurden, waren 22 % in der fünften Klasse nicht mehr auffällig. 19 % zeigten zwar noch immer eine schwache Leistung, bewegten sich jedoch innerhalb des Normbereichs. Auch in weiteren Untergruppen konnten Schwankungen und Abweichungen von der Diagnose festgestellt werden. Die Resultate weisen somit auf die Instabilität von Diagnosen mit Hilfe von Diskrepanz-Methoden hin. Alle diese Verfahren gehen von der Annahme aus, dass Lernbehinderung ein stabiles Konstrukt sei. Die Daten der Untersuchung von Francis, Fletcher u. a. könnten damit erklärt werden, dass (a) viele Schüler/ innen bei der Einschulung allgemein langsame Lerner und nicht Kinder mit LB waren, und dass ihre Leistungen durch eine gezielte Intervention hätten verbessert werden können; dass (b) die Korrelation zwischen den Messwerten zu einer Regression zum Mittelwert geführt hat und dass dadurch die Diskrepanz, welche sich in der früheren Klasse gezeigt hatte, verwischt wurde; dass (c) das Assessment in der 5. Klasse einfacher war, dass dadurch mehr Schüler/ innen den Test bestanden und sich deshalb keine Diskrepanz mehr zeigte; oder dass (d) die Skalierung der Werte auf den beiden Klassenstufen bei einer oder bei beiden Messungen so abweichend war, dass die Diskrepanz nicht mehr offenkundig wurde. 2004 wurde der „Individuals with Disabilities Education Act“ in Kraft gesetzt. Einer der revidierten Bereiche war die Identifizierung von Schüler/ innen mit Lernbehinderungen. Entsprechend den neuen Regelungen sind die Staaten nicht mehr verpflichtet, für eine Lernbehinderung eine Diskrepanz zwischen Begabung und Leistung nachzuweisen. Als Alternative können sie Identifizierungs-Verfahren einführen, welche auf dem Responsiveness to Intervention-Konzept (RTI) beruhen, bei dem Schüler/ innen, welche trotz Hilfestellungen anhaltend schlechte Leistungen erbringen, als lernbehindert betrachtet werden können und damit sonderpädagogische Maßnahmen erhalten. 2.3 Responsiveness to Intervention Die Auswirkungen der Änderungen im „Individuals with Disabilities Education Act“ sind für eine umfängliche Evaluation noch zu wenig belegt. In der Fachliteratur werden jedoch bereits einige wichtige Vorteile diskutiert. So weisen Kovaleski und Prasse (2004) darauf hin, dass die neuen Richtlinien für eine Frühintervention bei schwachen Schülerinnen und Schülern einen breiteren Spielraum offen lassen, sodass auf deren Schwierigkeiten eingegangen Rene S. Parmar VHN 1/ 2008 47 werden kann, bevor sich ein Schulversagen manifestiert. Die beiden Autoren glauben auch, dass mit dem RTI-Ansatz nicht nur die schwächeren Schüler/ innen, sondern die ganze Klasse profitieren kann, dann nämlich, wenn die Regelschullehrer den Unterricht entsprechend den Bedürfnissen der Kinder mit Schulschwierigkeiten verändern und diese Techniken auch im Klassenunterricht einsetzen. Zudem ergebe sich dank RTI eine Angleichung von Abklärung und Unterricht, da man sich nicht mehr auf standardisierte Tests verlassen müsse, die meist einen weiten Spielraum für Interpretationen offen ließen und von den realen Lehrplänen weit entfernt seien. RTI- Abklärungsinstrumente würden das widerspiegeln, was tatsächlich in der Schule gelehrt werde, und ihre Aufmachung entspreche eher den Vorgehensweisen des Lehrers im Klassenzimmer. Ein Drei-Stufen-Modell von RTI wurde von Fuchs und Fuchs (2001) beschrieben. In einem ersten Schritt stellt der Regelschullehrer dem Schüler mit potenziellen Schulschwierigkeiten ein angepasstes Lernprogramm zusammen und überprüft dessen Lernprozess fortlaufend mit förderdiagnostischen Mitteln. Auf der zweiten Stufe arbeitet der Regelschullehrer mit dem Sonderpädagogen zusammen. Gemeinsam erarbeiten sie weitere angepasste Interventionen und beobachten, ob der Schüler zufriedenstellende Fortschritte erzielt oder nicht. Nur wenn beim Schüler während der zwei ersten Phasen keine Forschritte festzustellen sind, geht man zur dritten Stufe weiter. Erst jetzt wird eine formale Lernbehinderungs-Diagnose gestellt, und der Schüler erhält spezielle sonderpädagogische Unterstützung durch sonderpädagogische Fachpersonen. Neben solchen ermutigenden Ansätzen werden aber bezüglich der Implikationen von RTI für die künftige Erkennung und den Unterricht von SLB auch gewisse Bedenken laut. RTI betrachtet die Leistungen eines Schülers im Vergleich zu einer normativen Gruppe von Gleichaltrigen (inter-individuell) und nicht die Unterschiede zwischen seinen möglichen Fähigkeiten und seiner Leistung (intra-individuell). Wenn also ein Schüler oder eine Schülerin ein „normales“ Leistungsniveau erreicht, wird er/ sie nicht als lernbehindert eingestuft, selbst wenn die Leistungen weit unter den tatsächlichen Fähigkeiten liegen. RTI ist zudem auf Screening-Tests angewiesen, welche für Identifizierungszwecke nicht sehr breit validiert worden sind. Im Weiteren hat der gleiche Lehrer, bei dem der Schüler Schwierigkeiten zeigt, die Aufgabe, den Unterricht diesem Schüler anzupassen, und dies oft ohne zusätzliche Hilfe oder Weiterbildung. Ein solches Vorgehen wird kaum zu einem nachhaltigen Erfolg führen. 2.4 Externe Einflussfaktoren bei der Erkennung von Lernbehinderungen Zusätzlich zu den oben erläuterten Problemen - mangelnde Klarheit der Definitionen, unklare Terminologie, Probleme mit der Konstruktvalidität von Messinstrumenten, inkonsistente Implementation von Vorgehensweisen zur Erkennung von LB, Möglichkeit eines unangepassten oder mangelhaften Unterrichts - können die Lehrpersonen auch die sozialen und kulturellen Einflüsse auf eine LB nicht außer Acht lassen. Demografische Studien (z. B. McDermott u. a. 2006) haben gezeigt, dass für gewisse Gruppen von Kindern die Häufigkeit einer LB systematisch höher ist als für andere, z. B. für Jungen, für afro-amerikanische Kinder, für Kinder aus einkommensschwächeren oder bildungsferneren Familien. 2.5 Früherkennung Da die aktuellen Assessment-Modelle auf sprachliche und mathematische Fähigkeiten ausgerichtet sind, gibt es wenige Informationen über frühe Indikatoren, welche als Grundlage für Vorschulinterventionen dienen könnten. Lernbehinderung VHN 1/ 2008 48 Bis jetzt waren die bei Kleinkindern am häufigsten identifizierten Behinderungen schwere physiologische oder kognitive Schädigungen sowie eine atypische Sprech- und Sprachentwicklung. Einige Pädagog/ innen behaupten, dass es sich bei der zweiten Gruppe um Risikokinder handle, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Schule auffällig würden, da sie beim Erwerb der Schulsprache Probleme bekämen. Die „National Joint Commission on Learning Disabilities“ (NJCLD 2007) hat verschiedene Faktoren aufgelistet, die bei Kleinkindern und Kindern im Vorschulalter als „Risiko-Faktoren“ für Lernbehinderungen betrachtet werden können, u. a. (1) perinatale Bedingungen wie ein tiefes Geburtsgewicht oder Hospitalisierung auf der Neugeborenen- Intensivstation, (2) genetische und umweltbedingte Gegebenheiten wie Lernbehinderung in der Familie oder Belastung durch Umweltgifte; (3) Entwicklungseckwerte wie verzögerte Sprech- und Sprachentwicklung oder verzögerte Wahrnehmungs- und Motorikfertigkeiten; (4)Aufmerksamkeits-undVerhaltensauffälligkeiten wie Ablenkbarkeit, Hyperaktivität oder Perseveration. Andererseits nennt die NJCLD auch einige „Schutz-Faktoren“, welche für ein Kind mit frühen Lernschwierigkeiten hilfreich sein können, z.B. der Zugang zu Frühberatungs- und Früherziehungsdiensten sowie eine vielfältige Förderung des Kindes innerhalb der Familie und des weiteren Umfeldes. Zurzeit wird allerdings nur ein geringer Prozentsatz von Kindern im Vorschulalter als Kinder mit Lernbehinderungen identifiziert. 2.6 Neurologische Aspekte der Lernbehinderung Gegenwärtig besteht ein großes Interesse daran, für Lernbehinderungen neurologische Grundlagen zu finden. Manche Forscher glauben, dies könne zu einer besseren Erkennung und zu gezielteren Interventionen führen. So wurden die Magnetresonanztomografie (MRI), die funktionale Magnetresonanztomografie (fMRI) sowie die Positronenemissionstomographie (PET) angewendet, um die Gehirne von Personen mit einer Leseschwäche zu untersuchen und deren Gehirnstruktur und Gehirnfunktion mit denen von Individuen ohne Lernbehinderung zu vergleichen. In einer dieser Studien fand man bei leseschwachen Kindern ein signifikantes Auftreten einer umgekehrten Asymmetrie des planum temporale und einen kleineren bilateralen insularen Kortex als bei leseunauffälligen Kindern (Hynd/ Semrud-Clikeman/ Lorys/ Novey/ Eliopulous 1990). Obwohl die Wissenschaft diese Forschungslinie weiterverfolgt, müssen die Ergebnisse infolge der kleinen Versuchsgruppen, der verschiedenen Identifizierungs- Vorgehen und des Mangels an Konsistenz der Resultate mit Vorsicht interpretiert werden. Auch neuere Interventionsforschung hat zu gemischten Resultaten geführt. So haben beispielsweise Robertson (2000) sowie Goldstein und Obrzut (2001) versucht, dyslexische Kinder entsprechend ihrer Hirndysfunktionen in zwei Gruppen einzuteilen: L-Typ-Dyslexien (linguistic=Sprache), die auf eine Dysfunktion der linken Hemisphäre hinweisen und sich in erheblichen Fehlleistungen beim Lesen äußern; P-Typ-Dyslexien (perception = Wahrnehmung), die auf eine Dysfunktion der rechten Hemisphäre zurückzuführen sind und sich in einem langsamen, zögerlichen Dekodieren manifestieren (basierend auf einem Modell von Bakker 1994). Die Schülerinnen und Schüler wurden aufgrund der Beobachtung ihres Leseverhaltens bei der Lektüre einer Textpassage eines standardisierten Testverfahrens kategorisiert. In der kleinen Versuchsgruppe dieser Studie zeigten mehrere Schüler/ innen gemischte Schwierigkeiten, und nur bei wenigen ließ sich ein P-Typ- Profil finden. Die zwölfwöchige Intervention hat keine konsistenten Resultate erbracht, was auf Grenzen eines solchen Identifizierungsverfahrens sowie auf Grenzen der Übereinstimmung der Lernbedürfnisse der Schüler und der neuropsychologischen Intervention hindeutet. Die klei- Rene S. Parmar VHN 1/ 2008 49 nen beobachtbaren Zuwächse hätten genauso gut (a) den bereits vorher vorhandenen Leistungsunterschieden zwischen den Schüler/ innen oder(b)dennormalenEntwicklungsveränderungen der Kinder zugeschrieben werden können. Simos, Fletcher und Bergman (2002) sowie Shaywitz, Shaywitz, und Blachman (2004) haben für ihre Untersuchungen bildgebende Verfahren eingesetzt. Sie konnten bei Kindern mit Dyslexie vor der Intervention eine minimale Aktivierung der temporoparietalen Bereiche und eine starke Aktivierung der rechten Hemisphäre beobachten, d. h. das gegenteilige Aktivierungsmuster als bei einer Kontrollgruppe mit leseunauffälligen Kindern. Nach der Intervention lagen die Aktivierungsprofile der Dyslexie- Gruppe näher bei denen der Kontrollgruppe, obwohl diese Veränderungen nicht sehr stabil waren. Die Forscher kommen zum Schluss, dass intensive Interventionen kaum zu einer schnellen und nachhaltigen Verbesserung des Dekodierens und der Leseflüssigkeit führen. Trotz allem eröffnen die jüngsten Fortschritte der bildgebenden Technologien in den Neurowissenschaften neue Möglichkeiten für weitere Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Erkennung und der Behandlung von SLB. Es ist zu erwarten, dass eine weitere Zusammenarbeit von Pädagog/ innen und Neurowissenschaftler/ innen zu mehr Informationen führen wird, die sich in der Unterrichtspraxis umsetzen lassen. 3 Aktuelle Forschung zu Lernbehinderungen im Lesen und in Mathematik Da es nicht möglich ist, in diesem Artikel alle im Bereich derLernbehinderung durchgeführten Untersuchungen zusammenzufassen, wird versucht, anhand einiger Beispiele aktuelle Forschungsrichtungen und Forschungsschwerpunkte zu skizzieren. Im Fokus dieses Überblicks stehen die beiden Hauptbereiche Lesen und Mathematik, und die Forschungsbeispiele beleuchten im Speziellen die Unterrichtssituation. Diese beiden Bereiche sind von besonderer Bedeutung, weil sich Lernbehinderungen in der Regel im Lese- und Mathematikunterricht manifestieren. Der folgende Überblick musste aus Platzgründen auf die beiden Schulfächer beschränkt werden und erlaubt nur einen flüchtigen Einblick in einige größere Forschungsvorhaben. 3.1 Unterrichtsforschung im Bereich Lesen Eine große Mehrheit der Schülerinnen und Schüler mit einer Lernbehinderung hat Schwierigkeiten beim Lesen und bei verwandten Tätigkeiten wie Buchstabieren, Schreiben oder mündlicher Kommunikation. Die einen dieser Schüler/ innen werden als dyslexisch identifiziert, d. h. sie zeigen besondere Probleme beim Dekodieren von Buchstaben und Phonemen, was zu langsamem Lesen und einem schlechten Leseverständnis führt (Schatschneider/ Torgesen 2004). Andere wiederum bekunden Mühe beim Verstehen, d. h. es mangelt ihnen unter anderem an der Fähigkeit, die Hauptaussage eines geschriebenen Textes zu erfassen oder die implizite Bedeutung des Textes zu begreifen. Im Jahr 2000 hat das U.S. Department of Education in Zusammenarbeit mit dem National Institute of Child Health and Human Development einen umfangreichen Bericht über die Wirksamkeit von Leseinterventionen veröffentlicht. Obwohl der National Reading Panel Report (NRP 2000) wegen einiger methodologischer und interpretativer Unzulänglichkeiten kritisiert wurde (z. B. von Garan 2001), liegt damit eine nützliche Zusammenfassung wichtiger Forschungsrichtungen innerhalb der verschiedenen Bereiche des Lesens vor, von denen im Folgenden einige vorgestellt werden. Anzumerken ist noch, dass der Forschungsüberblick des NRP auch Versuchsgruppen von Schüler/ innen umfasst, welche zwar mühsam lesen, aber nicht unbedingt als SLB eingestuft worden sind. Lernbehinderung VHN 1/ 2008 50 3.1.1 Aufbau von Leseflüssigkeit: Phonologische Verarbeitung Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass wirkungsvolle Interventionsansätze für Kinder mit Leseschwierigkeiten oder Lesestörungen im Kindergarten oder in der ersten Klasse einen hohen Anteil an gezieltemTraining in Phonembewusstheit enthalten (z.B. Torgesen/ Alexander/ Wagner 2001). Dieses Training umfasst den Aufbau von lautsynthetischen und -analytischen Fertigkeiten durch wiederholtes Üben mit einzelnen Wörtern oder mit Wörtern im Kontext von Geschichten. Entsprechend dem Bericht des National Reading Panel (NRP 2000), der auf 52 Untersuchungen zum Training der phonemischen Bewusstheit und 38 Studien zur systematischen Schulung der Buchstaben-Laut-Beziehung beruht (Studien, welche die Kriterien des NRP für eine Metaanalyse erfüllten), hat ein gezieltes Training der Buchstaben-Laut-Beziehung bei jüngeren Kindern (Kindergarten, l. Klasse) einen signifikant positiven Einfluss auf die spätere Phonembewusstheit. Eine mäßige Wirkung zeigt sich beim Gesamtlesefortschritt, ein nur sehr kleiner Effekt bei der Verbesserung des Buchstabierens. Bei Schüler/ innen der zweiten und der höheren Klassen sind die Zuwächse weniger offensichtlich, wobei bei Risikokindern, die unter schwierigen Umweltbedingungen aufwachsen(z.B.tiefesEinkommenoderBildungsstand der Eltern), die Verbesserungen augenfälliger sind als bei Schüler/ innen mit Lernbehinderungen. Verschiedene Programme zum Training der Buchstaben-Laut-Beziehungen haben die gleichen moderaten Effekte gezeigt, und ein Training der Buchstaben-Laut-Beziehungen hat sich für langsame Leser/ innen regelmäßig als günstiger erwiesen als gar keinTraining (Kontrollgruppen-Untersuchungen). Trotz intensiver Interventionen zur Förderung der Buchstaben- Laut-Beziehungen, des Leseverständnisses oder einer Kombination verschiedener Ansätze zeigen jedoch einige Schülerinnen und Schüler nur wenige oder gar keine Fortschritte in der Leseflüssigkeit oder im Leseverständnis. 3.1.2 Aufbau von Leseflüssigkeit: Lesepraxis Während des Lesens bekunden Kinder mit Lernbehinderungen oft Schwierigkeiten beim schnellen Erkennen von Wörtern und dies auch bei hochfrequenten Wörtern. Einige Forscher haben nach Möglichkeiten gesucht, die Worterkennung und damit den Aufbau der Leseflüssigkeit zu verbessern. Im NRP-Bericht (2000) wurden dazu die Resultate von 14 Interventionsstudien zusammengefasst. Es zeigte sich, dass die angewendeten Verfahren über alle Schulstufenhinweg einemoderatpositiveGesamtwirkung aufwiesen. In einigen Programmen wurden unterschiedliche Methoden von angeleitetem Lesen angewendet, z. B. wiederholtes Lesen, Gruppen- oder Paarlesen sowie Lesen mit Unterstützung einer erwachsenen Person. Andere Programme wie „Drop Everything and Read“, „Sustained Silent Reading“, and „Accelerated Reader“ setzten auf Motivationstechniken oder veränderte Unterrichtsstrukturen, um Schüler zu vermehrtem Lesen und damit verbunden zu einer verbesserten Leseflüssigkeit zu ermuntern. Chard, Vaughn und Tyler (2002) haben 24 Forschungsstudien zum Aufbau der Leseflüssigkeit mit speziellem Fokus auf Kinder mit Lernbehinderungen analysiert und sind zum Schluss gekommen, dass Interventionen zum wiederholten Lesen mit Lehrermodellierung am wirksamsten zu sein schienen. Auch Interventionen, bei denen ein gut lesender Mitschüler als Modell eingesetzt wurde, hatten zu einer Verbesserung der Leseflüssigkeit beigetragen. Das bloße Üben von einzelnen Wörtern hingegen hatte bei SLB keine erkennbare Wirkung gezeigt. 3.1.3 Leseverständnis Viele Ansätze zur Förderung des Leseverständnisses bei schwachen Leser/ innen wurden nur in einer einzigen Studie überprüft. Sie werden zum Teil unter außergewöhnlichen Namen auf dem Markt angeboten. Sencibaugh (2007) präsentiert beispielsweise eine Metaanalyse von 15 Untersuchungen zum Leseverständnis von SLB, welche als Visualisierungsstrate- Rene S. Parmar VHN 1/ 2008 51 gien (z. B. semantische Merkmalskarte, Einsatz von Illustrationen, visuelles Aufmerksamkeitstraining) oder als hör- und sprachabhängige Strategien (z. B. Umformulieren, Zusammenfassen und Nacherzählen von einzelnen Abschnitten, Selbstbefragung, Selbstanweisung und Selbststeuerung, gegenseitiges Lehren) eingeordnet werden. Alles in allem stellte Sencibaugh fest, dass Hör- und Sprachstrategien größere Wirkungen zeigten als Visualisierungsstrategien. 3.1.4 Aufbau des Wortschatzes Zum Aufbau des Wortschatzes werden u. a. folgende Strategien gewählt: (a) direkte Instruktionen, die den Schüler/ innen Wortdefinitionen und Kontexthinweise vermitteln; (b) indirekte Anleitung, bei der die Schüler/ innen ermuntert werden, viel zu lesen und die Wortbedeutungen selber aus dem Kontext zu erschließen; (c) multimediale Methoden, bei denen die Schüler/ innen mit der externen semantischen Repräsentation von Wörtern vertraut gemacht werden; (d) Leistungsmethoden, bei denen die Schüler/ innen wiederholt den gleichen Text lesen, bis sie die Wortbedeutungen automatisiert haben; (e) Assoziationsmethoden, bei denen den Schüler/ innen vermittelt wird, Beziehungen zwischen neuen Wörtern und ihrem vorhandenen Wissen, einschließlich visuellen Bildern, herzustellen. Alle diese Techniken zeigten bei durchschnittlich und unterdurchschnittlich guten Leser/ innen einige positive Resultate, wobei die Ergebnisse bei selbst entwickelten Tests besser ausfallen als bei standardisierten Messinstrumenten (National Reading Panel 2000). 3.1.5 Verständnisüberwachung Einige Strategien, welche auf die Ermittlung und Korrektur von Fehlern, auf die Wiedergabe von Informationen, auf die Beantwortung von Fragen im Anschluss an das Lesen einzelner Abschnitte fokussieren, scheinen insgesamt für schwache Leser/ innen hilfreich zu sein, obwohl dazu nur wenige Interventionsstudien zu finden sind (NRP 2000). 3.1.6 Grafische Strukturierung In einem Forschungsüberblick über mehr als zwei Jahrzehnte haben Kim, Vaughn, Wanzek und Wei (2004) festgestellt, dass der Einsatz visueller grafischer Organisierungshilfen das Leseverständnis von Schüler/ innen mit Lernbehinderungen erfolgreich unterstützen kann. 3.1.7 Generieren von Fragen Unter den verschiedenen Strategien zur Förderung des Leseverständnisses hat sich das Generieren von Fragen als die Methode erwiesen, die bei langsamen Leser/ innen insgesamt die besten Resultate erzielte. So ist z.B. das wechselseitige Unterrichten durch die Kinder in kleinen Schülergruppen (Brown/ Palincsar 1984) ein Verfahren, das bei SLB und anderen langsamen Leser/ innen erfolgreich eingesetzt werden kann. Durch Lehrermodellierung werden die Schüler/ innen mit vier Strategien vertraut gemacht (Generieren von Fragen, Zusammenfassen von Informationen, Klären und Voraussagen), die sie mit Klassenkamerad/ innen in kleinen Gruppen anwenden und üben können. 3.1.8 Zusammenfassung der Unterrichtsforschung im Bereich Lesen Eine große Zahl von Untersuchungen mit SLB und anderen Schülerinnen und Schülern mit Leseschwierigkeiten hat gezeigt, dass die Leseflüssigkeit und das Leseverständnis durch die Anwendung gezielter Unterrichtsinterventionen gefördert werden können. Einige Forschungen weisen allerdings darauf hin, dass angemessene Interventionen meist nicht genügend lange und intensiv durchgeführt werden, um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen. Aus Beobachtungsstudien von Vaughn, Levy, Coleman und Bos (2002) geht hervor, dass SLB sehr wenig Lernbehinderung VHN 1/ 2008 52 Zeit ihres Schultages (weniger als zehn Minuten) mit unterstützendem Lesen verbringen. Weniger als 10 % dieser Zeit war der Förderung des Leseverständnisses gewidmet. Das Forscherteam bemängelt, dass für SLB viel kostbare Unterrichtszeit durch untätiges Herumsitzen, Warten auf Anweisungen oder durch Tätigkeiten außerhalb des Klassenzimmers verloren gehe. Im Regelschulwie im Sonderschulunterricht verwenden die Schüler/ innen einen beträchtlichen Teil des Unterrichts für Einzelarbeit oder mit dem Ausfüllen vorgedruckter Arbeits- und Übungsblätter. Veränderungen der Struktur und des Aufbaus von Schulprogrammen und Stundenplänen sind nötig, damit die Unterrichtszeit zum Vorteil der Schülerinnen und Schülern besser genutzt werden kann. Sowohl Regelschulwie Sonderschullehrpersonen dürfen sich nicht mehr so sehr auf eigenständige Einzelarbeit der Kinder verlassen, sondern müssen sich mehr in Richtung effizienzbasierter Praxis orientieren. 3.2 Unterrichtsforschung in Mathematik In den letzten Jahren haben sich mehr und mehr Forscher mit mathematischen Lernbehinderungen auseinandergesetzt, u. a. mit Entwicklungsdyskalkulie, d. h. der Schwierigkeit beim Zählen, beim Abrufen von Zahlfakten, bei arithmetischen Schätzungen und beim Anwenden von Algorithmen (Shalev 2004). Schülerinnen und Schüler mit mathematischen Schwierigkeiten zeigen auch Probleme in anderen Bereichen, z. B. bei derVerarbeitung von symbolischen Informationen, beim Problemlösen sowie beim Erkennen von Beziehungen zwischen Gelerntem und neuen Konzepten.Unter dem zunehmenden Druck, auch Schüler/ innen mit Lernbehinderungen bzw. Lernschwierigkeiten in die landesweiten Leistungstests zur Qualitätssicherung einzubeziehen, ist es für Lehrpersonen mehr denn je notwendig, Möglichkeiten für die Förderung dieser Schülerinnen und Schüler zu finden. Einige der wichtigsten Stossrichtungen für Interventionsforschung im Bereich Mathematik werden im Folgenden zusammengefasst. 3.2.1 Direkter Unterricht Bei diesem Ansatz werden den Schülerinnen und Schülern spezifische Schritte undVorgehensweisen beigebracht, welche zur Beherrschung von Algorithmen für verschiedene mathematische Themenbereiche führen, z. B. Grundrechenoperationen, Brüche, Größen, Geometrie oder grafische Darstellungen (Stein u. a. 2006). Jeder Lernschritt wird den Schüler/ innen verbal und durch Vorzeigen detailliert präsentiert. Anschließend üben und repetieren die Kinder die vorgegebenen Aufgaben. Sie erhalten von der Lehrperson Unterstützung durch sofortige Rückmeldungen und Korrektur von Fehlern. In mehreren Untersuchungen konnte die Wirksamkeit dieses Vorgehens für die Aneignung arithmetischer Fertigkeiten nachgewiesen werden. 3.2.2 Prozessorientierter Unterricht Die Lehrperson vermittelt den Schüler/ innen zuerst einige Informationen über einen Lerninhalt. Danach werden ihnen verschiedene Aufgaben zugeteilt, bei denen sie diesen neuen Inhalt mit Hilfe von Materialien und Diagrammen so lange üben, bis sie ihn für das Lösen von Sachaufgaben einsetzen können (vgl. z. B. Tucker/ Singelton/ Weaver 2006). Zudem erhalten die Schüler/ innen Aufgaben, in denen gängige „Irrwege“ vorkommen, denen sie durch eigenes Probieren auf die Spur kommen sollen. Mittels Materialien werden sie dazu angeleitet, den falschen Lösungsweg aufzudecken, den Fehler zu erkennen und so den diesem zugrunde liegenden Gedankengang zu hinterfragen. 3.2.3 Einsatz verschiedener Unterrichtsstrategien In der Fachliteratur sind verschiedene Ansätze zum Gebrauch von Unterrichtsstrategien be- Rene S. Parmar VHN 1/ 2008 53 schrieben worden. Basierend auf ihren umfangreichen Forschungen stellen Hudson und Miller (2006) verschiedene Strategien Schritt für Schritt dar, ergänzt durch Anregungen für den Unterricht und mnemotechnische Hilfen für die Schüler/ innen. Aus dem Programm „Word Problem Solving“ (Lösen von Sachaufgaben) sollen einige Vorgehensweisen vorgestellt werden (Hudson/ Miller 2006, 128): n szenisches Vorführen (Act It Out): Die Schüler/ innen organisieren sich in kleinen Gruppen und erhalten Materialien, um die Sachaufgabe szenisch vorzuführen. n Veranschaulichen mit Gegenständen (Show It With Stuff ): Die Schüler/ innen verwenden Arbeits- und andere Materialien im Schulzimmer, um einander die Informationen der Sachaufgabe zu demonstrieren. n Partnerarbeit (Partner Can): Die Schüler/ innen arbeiten zu zweit an einer Sachaufgabe. Sie erklären einander die Aufgabe auf ihre eigene Art und Weise. n Lehrerperson als „Schülerin“/ Fragende (Teacher’s Dummy): Die Lehrperson gibt vor, das Problem nicht zu verstehen, und stellt den Schüler/ innen einfache Fragen. Diese sollen eine mündliche Erklärung dafür finden, wie das Problem gelöst werden kann. Von Montague, Applegate und Marquard (1993) wurde ein Programm zur Förderung der kognitiven Strategien von lernbehinderten Kindern auf der Mittelstufe entwickelt. Beim Lösen einer Sachaufgabe sollen die Schüler/ innen in sieben Schritten vorgehen (Lesen, Paraphrasieren, Visualisieren, Hypothetisieren, Schätzen, Ausrechnen und Überprüfen). Die Forscher konnten dieses Vorgehen erfolgreich auf eine Vielfalt von Sachaufgaben mit unterschiedlichen Kontexten anwenden, darunter auch auf mehrschrittige Aufgaben. Die Schulung metakognitiver Strategien führte in dieser Studie allerdings nicht zum Erfolg. Peterson, Mercer und O'Shea (1988) haben für die Präsentation von mathematischen Begriffen bei SLB ein Vorgehen mit wechselnden Darstellungsbzw. Repräsentationsformen (CRA- Sequenz; Handlung - Darstellung - Abstraktion) angewendet. Zu Beginn setzt die Lehrperson eine Reihe von Arbeitsmaterialien ein, um den Schülerinnen und Schülern den Lerninhalt konkret vorzuführen. Anschließend stellen die Schüler/ innen mit Hilfe dieser Materialien die Informationen des Lehrers szenisch dar. Danach geht die Lehrperson zu einer mehr bildlichen Aufbereitung der Aufgabe über. Arbeitsmaterialien werden ersetzt durch Symbole wie Striche und Zeichen. Zum Schluss werden die Schüler/ innen zu abstrakten Darstellungsformen hingeführt, sie verwenden nur noch mathematische Symbole oder lösen ihre Aufgaben im Kopf. Viele Studien in unterschiedlichen mathematischen Teilbereichen belegen, dass Kinder mit Lernbehinderungen mit dem CRA-Vorgehen positive Ergebnisse erzielen können. In einigen kleinen Untersuchungen mit lernbehinderten Kindern hat sich Schemabasierter Unterricht als erfolgreiche Methode zum Lösen von Sachaufgaben erwiesen (Jitendra/ Hoff/ Beck 1999). Die Schülerinnen und Schüler werden angewiesen, die Informationen einer Textaufgabe grafisch darzustellen (z.B. Zeichne vier Murmeln in einem Kästchen und acht Murmeln in einem andern. Ziehe Linien, die die beiden Kästchen verbinden, und zeichne als Antwort zwölf Murmeln in einem größeren Kasten, bei dem sich die beiden Linien treffen). Auch dieses Vorgehen soll auf einfache Aufgaben bis hin zu mehrschrittigen Problemen angewendet werden. Haben die Schüler/ innen das Konzept verstanden, werden sie dazu ermutigt, mentale Modelle zu kreieren, um nach und nach auf den Gebrauch graphischer Darstellungen auf dem Papier verzichten zu können. 3.2.4 Alternative Unterrichtsgestaltung Der neueste Trend hin zu einer vermehrten Unterrichtung von lernbehinderten Schüler/ innen in Regelklassen hat zu Veränderungen der Unterrichtsgestaltung zugunsten der Lernbehinderung VHN 1/ 2008 54 Lernbedürfnisse der SLB geführt. So zeigt das Peer-Tutoring (Partnerarbeit) als Unterrichtsmodell eine mäßig positive Wirkung (Kunsch/ Jitwendra/ Sood 2007), ebenso wie der Kleingruppenunterricht durch die Lehrperson oder eine Klassenassistenz. In den unteren Klassen ist der Einzel- oder Kleingruppenunterricht auf den Aufbau grundlegender mathematischer Fertigkeiten ausgerichtet, die durch wiederholtes Üben, den Umgang mit Unterrichtsmaterialien oder durch computergestützte Programme vertieft werden sollen (Fuchs/ Fuchs/ Hollenbeck 2007). Dieser Ansatz hat in ersten Untersuchungen bei Erst- und Zweitklässlern zu positiven Resultaten geführt. Zurzeit wird von Fuchs u. a. (2007) in einer Folgeuntersuchung das mathematische Problemlöseverhalten von Drittklässlern erforscht. Positive Ergebnisse referieren auch van Luit und Naglieri (1999), welche durch selbst reguliertes Lernen die Motivation und das Durchhaltevermögen von Kindern mit Lernbehinderungen steigern konnten. Zur Selbstregulierung wurden für das Lösen von Mathematikaufgaben Karten eingesetzt, welche Fragen zum Vorgehen bzw. zu den Lösungswegen der Schüler enthielten. Dies hat sich als wirksam für den Erwerb von mehr Selbstständigkeit und einer erhöhten Fehlerfreiheit im Mathematikunterricht erwiesen (Maccini/ Hughes 2000). 3.2.5 Zusammenfassung der Unterrichtsforschung in Mathematik Trotz Forschung zu wirksamen Interventionen im Mathematikunterricht bei Schülerinnen und Schülern mit Lernbehinderungen zeigen diese Kinder nach wie vor signifikante Leistungsabweichungen im Vergleich zu ihren Klassenkamerad/ innen. Sie machen zwar Fortschritte, erwerben jedoch im Laufe von zwei Schuljahren lediglich den mathematischen Unterrichtsstoff einer Schulstufe (Cawley u. a. 2001). Es ist somit offenkundig, dass erfolgreiche Förderansätze konsequenter und regelmäßiger angewendet werden müssen. Damit die betroffenen Schüler/ innen bestmöglich profitieren können, sollen die Interventionen nicht nur auf einzelne mathematische Teilbereiche ausgerichtet sein, sondern zu umfassenden Programmen ausgebaut werden. Zudem ist eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Mathematiklehrpersonen und Sonderschullehrpersonen notwendig. Zum Teil wurden solche Bestrebungen bereits initiiert. 4 Schlussfolgerungen Dieser Beitrag beschäftigt sich mit Fragen der Definition von Lernbehinderung in den Vereinigten Staaten von Amerika. Die Autorin stellt mögliche neue Wege der Identifizierung von LB vor, die sich aus der Revision der Gesetzesbestimmungen für die Finanzierung der Sonderschulung ergeben. Da nicht die ganze Bandbreite an Forschungsvorhaben zur Lernbehinderung abgedeckt werden konnte, hat sich die Autorin auf eine Zusammenfassung verschiedener erfolgreicher Förderansätze in Mathematik und Lesen bei Kindern mit Lernbehinderungen beschränkt. Es ist zu hoffen, dass diese Forschungsansätze weiter gefördert und auch auf andere Bereiche des schulischen Lernens angewendet werden können. Ferner kann eine internationale Beteiligung an der Erprobung und Weiterentwicklung der dargestellten Ideen und Konzepte weltweit zu wirkungsvolleren Programmen für alle Schülerinnen und Schüler mit Lernbehinderungen führen. Anmerkung Übersetzung aus dem Amerikanischen: Lic. phil. Christina Amrein, Heilpädagogisches Institut der Universität Freiburg The author especially thanks Christina Amrein for the translation and editing of this manuscript. Rene S. Parmar VHN 1/ 2008 55 Literatur Alexander, Ann; Slinger-Constant, Annemarie (2004): Current status of treatments for dyslexia: Critical review. In: Journal of Child Neurology 19, 744 - 758 Ayres, A. Jean (1989): Sensory Integration and Praxis Tests. Los Angeles: Western Psychological Services Bakker, Dirk (1994): Dyslexia and ecological brain. In: Journal of Clinical and Experimental Psychology 25, 734 - 743 Brown, Ann; Palincsar, Annmarie (1984): Reciprocal teaching of comprehension-fostering and comprehension-monitoring activities. 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