eJournals Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete 77/4

Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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2008
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Qualitätsstandards in integrativen Kinderkrippen (QUINK) - Ergebnisse eines Begleitforschungsprojektes

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2008
Ulrich Heimlich
Isabel Behr
Die Ausweitung des Angebotes an gemeinsamer Erziehung im Elementarbereich auf die Kinderkrippen und damit auf die Kinder im Alter bis zum dritten Lebensjahr steht im deutschsprachigen Raum noch an den Anfängen. Die integrativen Kinderkrippen der Landeshauptstadt München können jedoch bereits auf eine mehr als sechsjährige Geschichte zurückblicken. Von daher liegt es nahe, nach den bereits erreichten Standards dieser integrativen Arbeit zu fragen. Im Projekt „Qualitätsstandards in integrativen Kinderkrippen (QUINK)“ stand die Frage der Qualität der Integration in den Jahren von 2006 –2007 im Mittelpunkt. Damit war die Integration in Kinderkrippen hier erstmalig Gegenstand der empirischen Bildungsforschung im deutschsprachigen Raum. Im folgenden Beitrag werden die wesentlichen Ergebnisse der Evaluationsforschung präsentiert.
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301 Fachbeitrag VHN, 77. Jg., S. 301 - 316 (2008) © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Qualitätsstandards in integrativen Kinderkrippen (QUINK) - Ergebnisse eines Begleitforschungsprojektes Ulrich Heimlich, Isabel Behr Ludwig-Maximilians-Universität München n Zusammenfassung: Die Ausweitung des Angebotes an gemeinsamer Erziehung im Elementarbereich auf die Kinderkrippen und damit auf die Kinder im Alter bis zum dritten Lebensjahr steht im deutschsprachigen Raum noch an den Anfängen. Die integrativen Kinderkrippen der Landeshauptstadt München können jedoch bereits auf eine mehr als sechsjährige Geschichte zurückblicken. Von daher liegt es nahe, nach den bereits erreichten Standards dieser integrativen Arbeit zu fragen. Im Projekt „Qualitätsstandards in integrativen Kinderkrippen (QUINK)“ stand die Frage der Qualität der Integration in den Jahren von 2006 -2007 im Mittelpunkt. Damit war die Integration in Kinderkrippen hier erstmalig Gegenstand der empirischen Bildungsforschung im deutschsprachigen Raum. Im folgenden Beitrag werden die wesentlichen Ergebnisse der Evaluationsforschung präsentiert. Schlüsselbegriffe: Integrative Kinderkrippen, Qualitätsstandards, Evaluationsforschung Quality Standards in Integrative Day Nurseries - Results of a Concomitant Research Project n Summary: In German speaking areas the offers for collective play, learning and participation in early years (0 -3 years) and childcare in day nurseries are not very widely spread. However, the integrative day nurseries in Munich, the Bavarian capital, can already look back on a 6-years’ history. Therefore it is obvious to inquire about the actual standards of this integrative work. The project „Quality standards in integrative day nurseries (QUINK)“ did focus on the quality of integration during the years 2006 -2007. It is the first time, that integration in day nurseries was the subject of empirical education research in the German speaking areas. In their article, the authors present the most important outcomes of their evaluation research. Keywords: Integrative day nurseries, quality standards, evaluation research 1 Qualität in integrativen Kinderkrippen - Problemstellung und Vorgeschichte des Projektes Das Projekt QUINK* baut auf den Maßnahmen des Qualitätsmanagements und der fachlichen Begleitung integrativer Kinderkrippen durch die Fachabteilung Kindertageseinrichtungen des Sozialreferats auf. Von der Betreuungszur Bildungseinrichtung könnte das Leitbild lauten, das die Entwicklung der Münchner Kinderkrippen in den letzten 20 Jahren bestimmt hat (vgl. Ahnert 2006). Den entscheidenden Anstoß für diese Weiterentwicklung gab das Modellprojekt „Frühförderung von Kleinstkindern durch Unterstützung junger Familien bei der Erziehungsaufgabe und durch pädagogische Qualifizierung von Krippen“, das unter der Leitung von Kuno Beller zwischen 1987 und 1991 durchgeführt wurde (vgl. Beller 1987). Im Mittelpunkt standen Untersuchungen und Qualifizierungsprozesse auf Basis der Entwicklungstabelle von Beller (mittlerweile in der 5. Auflage 2005), die einen „entwicklungsfördernden und individuellen Umgang mit den Kindern ermöglichen sollte“ (Landeshauptstadt München 2006, 7). Ergebnis war die Einführung zusätzlicher Qualitätssiche- VHN 4/ 2008 302 Ulrich Heimlich, Isabel Behr rungsmaßnahmen wie beispielsweise Fortbildungen und eine Erstellung der pädagogischen Rahmenkonzeption zur Orientierung und Unterstützung für die tägliche Arbeit in den Kinderkrippen. Grundsätze des neuen Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes (Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen 2005) wurden im Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan (Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen & Staatsinstitut für Frühpädagogik München 2006) verankert. Dies führte 2006 auch zu einer Neukonzeptionierung und Umschreibung der Rahmenkonzeption für die städtischen Kinderkrippen. Das Bild vom Kind als ein „aktives Wesen (…), das sich von Geburt an mit seiner sozialen und gegenständlichen Umwelt auseinandersetzt und seine eigene Entwicklung mitbestimmt“ (Landeshauptstadt München 2006, 26), ist dabei richtungsweisend für die Verankerung der Umsetzung von Bildungsprozessen in den Kinderkrippen. Individuelles, an den Stärken des Kindes orientiertes Vorgehen bestimmt die professionelle Haltung und Begleitung der Kinder im pädagogischen Alltag. Ein eigener Schwerpunkt der aktuellen Rahmenkonzeption ist die Integration von Kindern mit Behinderung. Durch eine gemeinsame Erziehung von Kindern mit und ohne Behinderung soll gesellschaftlichen Ausgrenzungsprozessen entgegengewirkt werden. Es besteht ein Konsens darüber, dass durch die Aufnahme von Kindern mit und ohne Behinderung die gesamte Einrichtung profitieren kann. Das Projekt QUINK greift die Erfahrungen aus dem Kindergartenprojekt QUINTE (Qualitätsstandards für die Integrationsentwicklung in integrativen Kindergärten der Landeshauptstadt München, 2003 - 2005) auf (vgl. Heimlich/ Behr 2005; Heimlich/ Behr 2006 b). Das dort vorgestellte ökologische Mehrebenenmodell der Integrationsentwicklung (vgl. Abb. 1) liegt in modifizierter Form auch dem Projekt QUINK zugrunde. Integrationsentwicklung in Kinderkrippen vollzieht sich demnach als Prozess, der ausgeht von der Aufnahme eines Kindes mit besonderen Förderbedürfnissen und über die integrative Gruppe auch das Team der Einrichtung, die Einrichtungskonzeption und die externen Kooperationskontakte beeinflusst. Qualitätsentwicklung findet deshalb stets auf mehreren Ebenen statt: n Ebene der Kinder mit besonderen Bedürfnissen und ihre Eltern, n Ebene der integrativen Spielsituation bzw. integrativen Gruppe, n Ebene der multiprofessionellen Teams, n Ebene der inklusiven Kindertageseinrichtung und n Ebene der externen Kooperation (vgl. Heimlich 2003). Die Qualitätsentwicklung in integrativen Kinderkrippen kann auf der Basis dieses Modells dargestellt werden. Dabei gehen wir von einem Konzept integrativer bzw. inklusiver Qualität aus. Qualität im Feld der Behindertenhilfe ist stets an die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit besonderen Bedürfnissen gebunden. Letztlich ist alle rehabilitative Hilfe auf die Überwindung von gesellschaftlicher Exklusion Abb. 1: Mehrebenenmodell der Integrationsentwicklung in Kinderkrippen VHN 4/ 2008 303 Qualitätsstandards in integrativen Kinderkrippen (QUINK) ausgerichtet. Insofern sind Inklusion und Qualität untrennbar miteinander verbunden. Dieses Qualitätsverständnis geht zurück auf die Konzeption einer sozialen Qualität von Otto Speck: „Mit Sozialer Qualität ist ein Wertkomplex gemeint, der sich auf das Individuum als Person, begabt mit unverlierbarer Menschenwürde, und zugleich auf seine Zugehörigkeit (Inklusion) zu anderen in einer ihm und dem Gemeinwohl förderlichen Weise bezieht. Eine spezifische Ausprägung und Funktion erhält diese Qualität unter dem Aspekt drohender Ausgrenzungen (Exklusionen), wie z. B. im Falle ökonomischer Benachteiligungen oder vorliegender funktioneller Beeinträchtigungen (Behinderungen)“ (1999, 129). Als Teilwerte von sozialer Qualität führt Speck (1999, 130ff ) „Menschlichkeit“, „Autonomie“, „Professionalität“ „Kooperativität“, „Organisationale Funktionabilität“ und „Wirtschaftlichkeit“ an. Diese „Eckwerte“ sozialer Qualität (ebd., 143) stehen in einem Wechselverhältnis zueinander. Gerade bezogen auf Kinder mit besonderen Bedürfnissen erfährt die Qualitätsdebatte hier eine spezifische Ausrichtung. Menschen mit besonderen Bedürfnissen fordern unsere Stellungnahme. Wer über Qualität in der rehabilitativen Hilfe spricht, der kommt nicht umhin, seine Position bezüglich Inklusion und Exklusion zu verdeutlichen. In der gemeinsamen Erziehung in Kindertageseinrichtungen kommt diese Entscheidung eindeutig zum Ausdruck. Kinder mit besonderen Bedürfnissen sollen von Anfang an dabei sein. Damit ist zugleich die Entscheidung für ein bestimmtes Qualitätskonzept gefallen. Uns kann es nicht um eine betriebswirtschaftliche Qualität, um Spitzenqualität oder um Mindest- oder Restqualität gehen (Speck 1999, 128). Der gesellschaftliche Umgang mit der Behinderung erfordert eine bestimmte soziale Qualität. Beeinflusst ist diese Debatte in der rehabilitativen Hilfe vor allem durch das „quality of life-Modell“ aus den USA. Die „Lebensqualität“ von Menschen mit Behinderungen - so stellte man bereits vor einiger Zeit in Nordamerika fest - ist nicht nur abhängig von quantitativen Faktoren, sondern ebenso von der subjektiven Einschätzung der jeweiligen Lebenswelt. Dieses Modell lag sowohl der Konstruktion der Befragungsinstrumente im Projekt QUINK als auch der Entwicklung der Qualitätsstandards zugrunde (vgl. Fthenakis/ Textor 1998; Tietze 1998; Speck 1999). Insofern handelt es sich beim Projekt QUINK um eine Replikationsstudie, die das Forschungsdesign der Kindergartenstudie QUINTE auf einen anderen Bereich des Bildungs- und Erziehungssystems überträgt. 2 Qualitätsmessung in integrativen Kinderkrippen - Methoden Im Rahmen des Projektes QUINK wurde über ein dialogisches Evaluationsmodell ein mehrperspektivischer Zugang gewählt. Die externe Evaluation der Arbeit in den integrativen Kinderkrippen hinsichtlich ihrer pädagogischen Qualität erfolgt über die Kinderkrippenskala (KRIPS-R). Die pädagogischen Fachkräfte wurden mit Hilfe eines selbst entwickelten Fragebogens einbezogen. Die Eltern konnten ihre Stellungnahme zur integrativen Qualität ebenfalls über einen Fragebogen abgeben. 2.1 Kinderkrippenskala (KRIPS-R) Die Krippenskala KRIPS-R (vgl. Tietze u. a. 2005) ist Bestandteil einer vierteiligen Skalengruppe zur Feststellung und Weiterentwicklung pädagogischer Qualität im Bereich institutioneller Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindern (0 bis 12 Jahre). Zu dieser Gruppe gehören auch die Kindergarten-Skala (KES-R), die Hort- und Ganztagsangebote-Skala (HUGS) sowie die Tagespflege-Skala (TAS). Alle Skalen beruhen auf einem gemeinsamen Grundkonzept und wurden ursprünglich in den USA entwickelt. Eine Forschungsgruppe um Wolfgang Tietze hat sie für den deutschsprachigen Raum überarbeitet und weiterentwickelt. VHN 4/ 2008 304 Ulrich Heimlich, Isabel Behr Die KRIPS-R ist als standardisiertes Messinstrument zur Qualitätsfeststellung im Bereich der Pädagogik der frühen Kindheit wissenschaftlich anerkannt. Damit gibt es erstmals ein Instrument zur Erfassung der pädagogischen Qualität in Einrichtungen für Kinder von 0 bis 3 Jahren. Der Schwerpunkt der Skala liegt auf der Erfassung der pädagogischen Prozessqualität in Kinderkrippen. Das Qualitätskonzept der KRIPS-R stellt ganz bewusst die Sichtweisen und das stellvertretend wahrgenommene Interesse des Kindes als Maßstab von Qualität in den Mittelpunkt (pädagogisches Leitbild: das Kind als aktiv lernende Person, Bedeutung der Anregung durch Interaktionen mit Eltern, Erzieherinnen sowie anderen Kindern, anregende räumlich-materiale Umwelt, emotionale Wärme und Geborgenheit, Berücksichtigung der I. Platz und Ausstattung 1. Innenraum 2. Mobiliar für Pflege und Spiel 3. Ausstattung für Entspannung und Behaglichkeit 4. Raumgestaltung 5. Kindbezogene Ausgestaltung II. Betreuung und Pflege der Kinder 6. Begrüßung und Verabschiedung 7. Mahlzeiten und Zwischenmahlzeiten 8. Ruhe- und Schlafzeiten 9. Wickeln und Toiletten 10. Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge 11. Sicherheit III. Zuhören und Sprechen 12. Unterstützung der Kinder beim Sprachverstehen 13. Unterstützung der Kinder beim Sprachgebrauch 14. Nutzung von Büchern IV. Aktivitäten 15. Feinmotorische Aktivitäten 16. Körperliche Bewegung/ Spiel 17. Künstlerisches Gestalten 18. Musik und Bewegung 19. Bausteine 20. Rollenspiel 21. Sand/ Wasser 22. Naturerfahrungen/ Sachwissen 23. Nutzung von Fernsehen, Video und/ oder Computer 24. Förderung von Toleranz und Akzeptanz von Verschiedenartigkeit/ Individualität V. Interaktionen 25. Beaufsichtigung/ Begleitung/ Anleitung bei Spiel- und Lernaktivitäten 26. Kind-Kind-Interaktion 27. Erzieher-Kind-Interaktion 28. Verhaltensregeln/ Disziplin VI. Strukturierung der pädagogischen Arbeit 29. Tagesablauf 30. Freispiel 31. Spiel- und Lernangebote in Kleingruppen 32. Vorkehrungen für Kinder mit Behinderungen VII. Eltern und Erzieherinnen 33. Elternarbeit 34. Berücksichtigung persönlicher Bedürfnisse der Erzieherinnen 35. Berücksichtigung fachlicher Bedürfnisse der Erzieherinnen 36. Interaktion und Kooperation der Erzieherinnen 37. Kontinuität der Erzieherinnen 38. Fachliche Unterstützung und Evaluation der Erzieherinnen 39. Fortbildungsmöglichkeiten Zusätzliche Merkmale 40. Eingewöhnung 41. Einbezug der familialen Lebenswelt Abb. 2: 41 Merkmale der KRIPS-R nach sieben übergreifenden Dimensionen (Qualitätsbereichen) nach Tietze u. a. (2005, 9) VHN 4/ 2008 305 Qualitätsstandards in integrativen Kinderkrippen (QUINK) Bedürfnisse von Erwachsenen). Geformt wurde dieses Leitbild aus zahlreichen empirischen Untersuchungen über frühkindliche Erziehungs- und Betreuungsumwelten, und es „reflektiert die Qualitätsstandards, die Experten, Forscher und Berufsorganisationen weltweit über kulturspezifische und konzeptbezogene Kriterien hinaus in einem weit gehenden Konsens als bedeutsam erachten“ (Tietze u. a. 2005). Die Anwendung der KRIPS-R durch geschulte Fachkräfte dient der Herausarbeitung des jeweils spezifischen Qualitätsprofils der Einrichtung und zeigt vielerlei Ansatzpunkte für eine weitere gezielte Qualitätsentwicklung. Ursprünglich wurde diese Form der Qualitätseinschätzung in den USA unter dem Namen Infant Toddler Environment Rating Scale (ITERS) von Harms/ Cryer/ Clifford (1990) herausgegeben. Nach 13-jähriger Anwendung erschien in den USA die revidierte Fassung - ITERS-R (vgl. Harms/ Cryer/ Clifford 2003). Die Krippenskala KRIPS-R wurde 2005 in deutscher Sprache veröffentlicht. In Ergänzung zur amerikanischen Fassung enthält die Skala u. a. zwei zusätzliche Merkmale, nämlich „Eingewöhnung“ und „Einbezug der familialen Lebenswelt“. Die KRIPS-R besteht aus 41 Einzelmerkmalen, die sich wiederum in 7 + 1 übergeordnete Bereiche gliedern lassen (vgl. Abb. 2 in Anlehnung an Erning 2003; Tietze u. a. 2005). Jedes Merkmal ist in mehrere Aspekte untergliedert, die wiederum auf einer siebenstufigen Skala abgebildet werden. Die Skalenstufen 1, 3, 5 und 7 geben dabei bestimmte qualitative Beschreibungen vor: 1 (unzureichend), 3 (minimal), 5 (gut), 7 (ausgezeichnet). Zu einer Bewertung mit den Stufen 2, 4 und 6 kann es nur dann kommen, wenn jeweils in der darunter liegenden Bewertungsstufe alle Aspekte erfüllt sind, die Aspekte der darüber liegenden Stufe jedoch nicht ganz, allerdings mindestens zur Hälfte gegeben sind (Tietze u. a. 2000). Werden mehr als die Hälfte der Aspekte einer jeweils höheren Skalenstufe nicht erfüllt, kann die Bewertung folglich nicht höher ausfallen - auch wenn Aspekte einer noch höheren Skalenstufe eventuell gegeben sein können. Das kurze Beispiel eines ausgewählten Merkmals soll im Folgenden diesen Sachverhalt verdeutlichen: Bewertungsbeispiel: Merkmal 8 (Ruhe- und Schlafzeiten), Aspekt 1.2: „Wenig oder keine Beaufsichtigung der Kinder gegeben“ n Beobachtung: Während der Ruhezeit wird der Schlafraum nur durch ein Babyfon überwacht. n Bewertung: Die Bewertung dieses Sachverhalts bleibt bei der Skalenstufe 1 stehen, auch wenn vielleicht manche Aspekte der höheren Skalenstufen gegeben sind (z. B. „Schlafzeiten sind für jedes Kind angemessen“; „Schlafsituation wird individuell und vertraut gestaltet“; „Es wird vorgesorgt für Kinder, die nicht schlafen“). Das Ergebnis ist also eine Bewertung mit der Skalenstufe „unzureichende Qualität“, obwohl die Einrichtung auch einige Aspekte einer wesentlich höheren Qualitätsstufe erfüllt hat. Berücksichtigt wird dies lediglich im Feedbackgespräch mit den Fachkräften der jeweiligen Kinderkrippengruppe. Aus Sicht der eingeschätzten Kinderkrippen kann somit bei oben beschriebenem Verfahren nicht die ganze Vielseitigkeit ihrer Tätigkeiten und ihres Handelns berücksichtigt werden. Aus wissenschaftlicher Sicht ist dieser Vorgang jedoch zu befürworten, da mit dieser Vorgehensweise größere Sicherheit besteht, zu wissenschaftlich vergleichbaren Ergebnissen zu kommen (vgl. Tietze u. a. 2005). Schließlich besitzt die KRIPS-R eine gute methodische Qualität (vgl. Tietze u. a. 2005, 66). Zur Bestimmung der Objektivität wurde von den Autor/ innen die Beobachterübereinstimmung zweier unabhängiger Beobachter (insgesamt 12 Paare) berechnet. Es ergaben sich Übereinstimmungen von 56 % (d. h. Beobachterübereinstimmung in 23 der 41 Merkmale) bis 73 % (d. h. Beobachterübereinstimmung in VHN 4/ 2008 306 Ulrich Heimlich, Isabel Behr 30 der 41 Merkmale). Bei diesen Werten wird eine exakte Übereinstimmung zugrunde gelegt. Lässt man eine Abweichung von nur einem Skalenpunkt zu („was bei einer siebenstufigen Skala sinnvoll erscheint und in vergleichbaren Fällen häufig angewandt wird“) (ebd.), kommt man zu einer Beobachterübereinstimmung von 80 bis 95 %. Für die Überprüfung der Reliabilität wurden die internen Konsistenzen berechnet (Cronbach’s Alpha = .93). Mit diesen Ergebnissen kann die Reliabilität des Messinstrumentes als zufriedenstellend hoch bezeichnet werden. Die KRIPS-R wurde zunächst von verschiedenen Experten auf ihre inhaltliche Gültigkeit (Validität) hin überprüft. Zudem wurde die Frage geklärt, ob die seitens der externen Evaluation als Kriterien guter pädagogischer Qualität in Kinderkrippengruppen zugrunde gelegten Merkmale auch von den verantwortlichen Krippenerzieherinnen (n = 100) sowie den Eltern (n = 270) der betreffenden Krippenkinder als wichtige Qualitätsmerkmale betrachtet werden. Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass die Erzieherinnen und Eltern den Qualitätsmerkmalen der KRIPS-R „einen sehr hohen Grad an Bedeutsamkeit“ (Tietze u. a. 2005) attestieren. Bei den Erzieherinnen ergab sich ein Durchschnittswert von 2,9 (1 = nicht wichtig bis 3 = sehr wichtig), bei den Eltern ein Wert von 2,8. Als tendenziell unwichtig wurde kein Wert eingeschätzt (< 2,0). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass von einer fachlichen Akzeptanz des Messinstrumentes ausgegangen werden kann. 2.2 Fragebogen für pädagogische Fachkräfte Neben der Fremdeinschätzung pädagogischer Qualität durch die wissenschaftliche Begleitung und mit Hilfe der KRIPS-R sollten auch die pädagogischen Fachkräfte in den beteiligten Modelleinrichtungen Gelegenheit erhalten, die integrative Qualität in der jeweiligen Kinderkrippe subjektiv einzuschätzen. Bezogen auf die fünf Ebenen der Integrationsentwicklung (Kinder mit besonderen Bedürfnissen, integrative Gruppe, multiprofessionelles Team, inklusive Kindertageseinrichtung, externe Unterstützungssysteme) wurden insgesamt 41 Fragen formuliert. Bei der Itemkonstruktion entschieden wir uns für eine möglichst einheitliche Gestaltung, die einen raschen Überblick über die subjektive Einschätzung der pädagogischen Fachkräfte erlauben würde. Von daher lag es nahe, nach der Zufriedenheit der pädagogischen Fachkräfte mit der integrativen Qualität in der jeweiligen Einrichtung zu fragen, eine gängige Frage, die in Ergänzung zur KRIPS-R ausreichende Informationen über mögliche Abweichungen zwischen der Fremd- und der Selbsteinschätzung der integrativen Qualität liefert (vgl. zur Fragebogenkonstruktion: Atteslander 1995; Bortz/ Döring 1995). Für die Ausprägung der Zufriedenheit wurde eine Likert-Skala mit fünf Ausprägungsgraden verwendet. 2.3 Fragebogen für Eltern Auf besonderen Wunsch der Projektgruppe Inklusion, in der regelmäßig die Leiterinnen der Kinderkrippen, die Heilpädagoginnen, die Fachabteilung Kinderkrippen des Sozialreferates der Landeshauptstadt München und die Wissenschaftliche Begleitung zusammen kamen, wurden die Eltern aus den integrativen Gruppen bereits im Kinderkrippenjahr 2005/ 2006 zur Zufriedenheit mit der integrativen Qualität der Einrichtung befragt. Um die subjektiven Einschätzungen der Eltern und der pädagogischen Fachkräfte miteinander vergleichen zu können, wurde für die Eltern eine etwas vereinfachte Fassung des Fragebogens der pädagogischen Fachkräfte erstellt. Die 38 Items der Elternbefragung wurden so ausgewählt, dass sie von den Eltern problemlos eingeschätzt werden können, v. a. solche Items, die für Eltern unmittelbar relevant sind. Außerdem sollten alle Eltern aus den beteiligten integrativen städtischen Kinderkrippen und den integrativen Kinderkrippen der freien Träger befragt werden. VHN 4/ 2008 307 Qualitätsstandards in integrativen Kinderkrippen (QUINK) 2.4 Entwicklung von Qualitätsstandards Auf der Basis der erhobenen Daten sollten im Projekt QUINK abschließend gemeinsam mit den Modelleinrichtungen die Qualitätsstandards abgeleitet und formuliert werden. Dazu wurde durch die wissenschaftliche Begleitung eine erste Rohfassung solcher Standards erstellt. Insgesamt erwies sich das ökologische Mehrebenenmodell der Integrationsentwicklung (vgl. Heimlich 2003) als angemessenes Rahmenkonzept für die Entwicklung der Qualitätsstandards. Die Ergebnisse der Literatur-, der Dokumenten- und der Konzeptionsanalyse ließen sich gut auf den fünf Ebenen der Integrationsentwicklung abbilden (vgl. Abb. 1) Die Betonung liegt hier allerdings auf dem „Rahmenkonzept“. Die bottom-up-Strategie innerhalb des Konzeptes der wissenschaftlichen Begleitung hatte zur Konsequenz, dass die inhaltliche Ausgestaltung der Qualitätsstandards auf den verschiedenen Ebenen der Integrationsentwicklung nicht von der wissenschaftlichen Begleitung vorgegeben wurde. Basis der Entwicklung der Qualitätsstandards waren die Erfahrungen der beteiligten pädagogischen Fachkräfte aus den integrativen Kinderkrippen, um so von „unten nach oben“ (bottom-up) einen dialogischen Prozess der Konstruktion von integrativen Qualitätsstandards zu initiieren. In der Projektgruppe Inklusion wurde zwischen der wissenschaftlichen Begleitung, der Fachabteilung und den Vertreterinnen der Kinderkrippen dazu ein arbeitsteiliges Verfahren beschlossen. Jeweils ein Entwicklungsteam aus einer Einrichtung war für eine Ebene der Integrationsentwicklung zuständig und sollte entsprechende Qualitätsstandards formulieren. Die Fachabteilung war ebenso zur Mitwirkung eingeladen. 3 Qualität in integrativen Kinderkrippen - Ergebnisse Im Folgenden werden die Ergebnisse getrennt nach den eingesetzten Untersuchungsinstrumenten dargestellt. Da sich die Stichproben auch in Abhängigkeit von den eingesetzten Untersuchungsinstrumenten unterscheiden, werden diese ebenfalls in Verbindung mit den Ergebnissen der einzelnen Instrumente dargestellt. 3.1 Ergebnisse der Kinderkrippenskala (KRIPS-R) Der Gesamtmittelwert (n = 4) der untersuchten Krippen liegt bei 5,4 und damit im Bereich der guten bis ausgezeichneten Qualität. Die Standardabweichung liegt bei s = .1 und zeigt, dass die Gruppen sehr dicht bei diesem Mittelwert liegen. Ebenso wie im Projekt QUINTE (vgl. Heimlich/ Behr 2005) zeigt dieser hohe Wert, Tab. 1: Mittelwerte und Standardabweichungen der sieben übergeordneten Qualitätsdimensionen Bemerkungen: 1 m = arithmetisches Mittel 2 s = Standardabweichung Dimensionen m 1 s 1 1. Platz und Ausstattung 4,9 ,77 2. Betreuung und Pflege der Kinder 3,5 ,86 3. Zuhören und Sprechen 6,2 ,35 4. Aktivitäten 4,9 ,50 5. Interaktionen 6,6 ,29 6. Strukturierung der pädagogischen Arbeit 5,8 ,00 7. Eltern und Erzieherinnen 6,5 ,39 VHN 4/ 2008 308 Ulrich Heimlich, Isabel Behr dass unsere untersuchten Kinderkrippengruppen im Vergleich zu anderen regionalen Untersuchungen der globalen Prozessqualität durch die KRIPS-R (z. B. Kita-Qualitäts-Wettbewerb Brandenburg aus den Jahren 2002/ 2003 und 2003/ 2004 mit jeweils mehr als dreißig Einrichtungen) deutlich über diesen Durchschnittswerten liegen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass in unserer Studie nur vier integrative Kinderkrippen beteiligt sind, während in der Brandenburger Studie allein schon durch die größere Zahl der Einrichtungen niedrigere Durchschnittswerte entstehen können. Insofern handelt es sich bei unserer Einrichtungsstichprobe sicher um eine positive Auslese. Festzuhalten bleibt allerdings auch, dass die Ergebnisse der integrativen Kinderkrippen in München keineswegs niedriger sind als die Ergebnisse der Kinderkrippen aus Brandenburg. Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse der einzelnen Qualitätsdimensionen aus den Münchener Kinderkrippen: Den höchsten Mittelwert erreichen die Einrichtungen in der Dimension „Interaktionen“ (6,6), dies bedeutet eine Qualität im guten bis ausgezeichneten Bereich. Ebenso befinden sich in diesem Qualitätsbereich die Dimensionen „Eltern und Erzieherinnen“ (6,5), „Zuhören und Sprechen“ (6,2) sowie „Strukturierung der pädagogischen Arbeit“ (5,8). Die Dimensionen „Platz und Ausstattung“ sowie „Aktivitäten“ liegen mit einem Mittelwert von jeweils 4,9 im oberen Bereich der mittleren Qualität. Der geringste Wert wurde in der „Betreuung und Pflege der Kinder“ erreicht (3,5), aber auch dieser Wert fällt noch in den Bereich der mittleren Qualität. Das heißt, dass der größte Unterschied zwischen den Mittelwerten der einzelnen Dimensionen 3,1 Skalenpunkte beträgt; zwischen „Betreuung und Pflege der Kinder“ und „Interaktionen“ liegt somit ein ganzer Qualitätsbereich. 3.2 Ergebnisse aus der Befragung der pädagogischen Fachkräfte Insgesamt wurden 64 Fragebögen verteilt, davon kamen 53 zurück. Das entspricht einer Rücklaufquote von 82,8 %. Deutlich mehr als die Hälfte der Befragten ist weniger als 40 Jahre alt. Die überwiegende Mehrzahl der pädagogischen Fachkräfte ist weiblich. Die meisten Tab. 2: Zufriedenheit der pädagogischen Fachkräfte mit der integrativen Qualität auf fünf Ebenen Bemerkungen: 1. m = arithmetisches Mittel (unterscheidet sich angesichts der Größe der Untersuchungsgruppe nicht vom Median). Werte < 3 stehen für die Einschätzungen „eher zufrieden“, Werte > 3 für „eher unzufrieden“. 2. Durchschnittswert der Items: 6, 10, 11, 12, 13 aus dem Fragebogen für pädagogische Fachkräfte in integrativen Kinderkrippen 3. Durchschnittswert der Items: 8, 15, 16, 17, 18, 20 4. Durchschnittswert der Items: 24, 25, 26, 41 5. Durchschnittswert der Items: 22, 29, 31, 33, 34, 37 6. Durchschnittswert der Items: 35, 39 Qualitätsebenen m 1 (A) Integrative Qualität auf der Ebene der Kinder mit besonderen Bedürfnissen 2 1,82 (B) Integrative Qualität auf der Ebene integrativer Spielsituationen/ integrativer Gruppe 3 1,87 (C) Integrative Qualität auf der Ebene des multiprofessionellen Teams 4 2,21 (D) Integrative Qualität auf der Ebene der inklusiven Kinderkrippe 5 1,80 (E) Integrative Qualität auf der Ebene der Unterstützungssysteme 6 1,79 VHN 4/ 2008 309 Qualitätsstandards in integrativen Kinderkrippen (QUINK) Fachkräfte haben ihre Tätigkeit in der Kinderkrippe erst nach dem Jahr 2000 aufgenommen. Bei den Qualifikationen überwiegen die Erzieherinnen (58,5 %), gefolgt von den Kinderpflegerinnen und -pflegern mit 24,5 %. In den integrativen Gruppen befindet sich jeweils eine Fachkraft mit der Qualifikation Heilpädagogin oder Sozialpädagogin. Die Gruppe der Befragten verteilt sich recht gleichmäßig über alle vier Modelleinrichtungen. Genau 17 % der Befragten arbeiten in den integrativen Gruppen, fast die Hälfte (49,1 %) in Regelgruppen. Insgesamt zeigt sich, dass die pädagogischen Fachkräfte aus den integrativen Kinderkrippen mit der integrativen Qualität hoch zufrieden sind. Die Werte liegen für vier Qualitätsebenen im Bereich > 2, sodass auf der Ebene der Kinder, der integrativen Gruppe, der Einrichtung als Ganzes und der Unterstützungssysteme sogar von einer hohen Zahl von Einschätzungen im Bereich „sehr zufrieden“ ausgegangen werden muss. Dies gilt mit leichten Einschränkungen auch für die Ebene des multiprofessionellen Teams, wobei sich auch hier die meisten Befragten eindeutig für die Tendenz „eher zufrieden“ entscheidet. 3.3 Ergebnisse der Elternbefragung Es wurden 179 Fragebögen verteilt (jede Familie erhielt dabei einen Fragebogen), davon kamen 129 zurück. Das entspricht einer Rücklaufquote von 72,1 %. Eine Gesamtbetrachtung der Ergebnisse der Elternbefragung macht deutlich, dass die Eltern mit der Qualität der Arbeit in den integrativen Kinderkrippen sehr zufrieden sind. Vergleichbar mit der Befragung der pädagogischen Fachkräfte sind erneut die Zufriedenheitsitems zu jeweils einem Index bezogen auf die fünf Qualitätsebenen zusammengezogen worden. In den dabei errechneten Mittelwert gehen also nicht alle Fragebogenitems ein, da einige davon auch offene Antwortmöglichkeiten enthalten oder gezielter nach den Gründen für die Zufriedenheit oder die mangelnde Zufriedenheit suchen. Angesichts der begrenzten Untersuchungsgruppe von nur vier Modelleinrichtungen wurde auf einen statistischen Vergleich der Ergebnisse aus den einzelnen Untersuchungsmethoden verzichtet. Bereits ein Überblick zeigt jedoch, dass bezüglich des insgesamt ausgesprochen positiven Bildes der pädagogischen Qua- Qualitätsebenen m 1 (A) Integrative Qualität auf der Ebene der Kinder mit besonderen Bedürfnissen 2 1,63 (B) Integrative Qualität auf der Ebene integrativer Spielsituationen/ integrativer Gruppe 3 1,49 (C) Integrative Qualität auf der Ebene des multiprofessionellen Teams 4 1,53 (D) Integrative Qualität auf der Ebene der inklusiven Kinderkrippe 5 1,56 (E) Integrative Qualität auf der Ebene der Unterstützungssysteme 6 1,77 Bemerkungen: 1. m = arithmetisches Mittel (unterscheidet sich angesichts der Größe der Untersuchungsgruppe nicht vom Median). Die Werte < 3 beziehen sich auf den Bereich eher zufrieden, Werte > 3 bedeuten: eher unzufrieden. 2. Durchschnittswert der Items: 8, 9, 10, 12 3. Durchschnittswert der Items: 14, 15, 22, 25 4. Durchschnittswert der Items: 30 5. Durchschnittswert der Items: 28, 32, 34 6. Durchschnittswert der Items: 17, 18, 36 Tab. 3: Zufriedenheit der Eltern mit der integrativen Qualität auf fünf Ebenen VHN 4/ 2008 310 Ulrich Heimlich, Isabel Behr lität in den Einrichtungen zwischen pädagogischen Fachkräften, Eltern und externer Evaluation eine hohe Übereinstimmung besteht. Es kann davon ausgegangen werden, dass die integrative Arbeit in den beteiligten Kinderkrippen auf einem hohen Qualitätsniveau stattfindet und dass bei allen Beteiligten große Zufriedenheit mit der Arbeit besteht. 4 Qualität in integrativen Kinderkrippen - Interpretation Abschließend sollen die Untersuchungsergebnisse noch einmal im Zusammenhang interpretiert werden. Dabei werden bewusst die verschiedenen Perspektiven nebeneinander gestellt: externe Evaluation, pädagogische Fachkräfte und Eltern. 4.1 Perspektive der externen Evaluation Im Folgenden soll auf die einzelnen Merkmale näher eingegangen und eine Erklärung bzw. mögliche Interpretation vorgenommen werden. Zunächst steht die Dimension „Platz und Ausstattung“ im Vordergrund. Dieser Bereich zeigt sich nicht sehr einheitlich. Einzelne Merkmale stechen jedoch sehr positiv hervor und zählen somit zu den Stärken der Einrichtungen. So sind zahlreiche Aufbewahrungsmöglichkeiten für die Spielsachen und Materialien vorhanden, auch bequeme Sitzmöglichkeiten für Erwachsene stehen fast überall zur Verfügung. Das Mobiliar für Pflege und Versorgung ist leicht zugänglich und praktisch in der Benutzung. Der gute Personalschlüssel erlaubt eine übersichtliche Raumgestaltung, denn auch schwer einsehbare Räume können durch die 2. oder 3. Fachkraft jederzeit beaufsichtigt werden. Es wurde zudem überwiegend darauf geachtet, Bereiche für ruhige und lebhafte Aktivitäten zu trennen. In den Einrichtungen weist der Bereich „Betreuung und Pflege der Kinder“ die meisten Schwächen auf. Hier gilt es zunächst zu betonen, dass selbstverständlich sämtliche Hygiene- und Sicherheitsvorschriften des Trägers der Einrichtungen in Verbindung mit den gesetzlichen Vorgaben in vollem Umfang eingehalten werden. Diese nationalen bzw. regionalen Standards im Bereich Hygiene und Sicherheit liegen allerdings deutlich unterhalb der internationalen Normen, die der KRIPS-R ursprünglich zugrunde liegen. Niedrige Werte in diesem Bereich können also nicht so interpretiert werden, dass die Einrichtung hier - gemessen an den regionalen Standards für Bayern - irgendwelche Defizite aufweisen. Sicherheitsmängel in den Einrichtungen beziehen sich weitgehend auf ähnliche Bedingungen: So sind in einzelnen Einrichtungen die Heizungsregler oder auch Klobürsten für die Kinder zugänglich, zudem ist das Wasser an den Waschbecken oftmals zu heiß. Sicherheitsmängel im Außenbereich sind vor allem zu hohe Klettergerüste bzw. Rutschen. Nach KRIPS-R-Kriterien sollten die Außenspielgeräte nicht viel höher als die Kinder selbst sein. Die Einrichtungen sehen jedoch die Höhe ihrer Außenspielgeräte häufig als besondere, entwicklungsanregende Herausforderung für die Kinder an. So ist beispielsweise eine Treppe in einem zweistöckigen Gebäude einer Kinderkrippe unter Sicherheitsaspekten kritisch einzuschätzen. Gerade Kinder im Alter bis zu drei Jahren müssen jedoch auch lernen, Treppen zu steigen, und sie können dies - in Verbindung mit entsprechender personalintensiver Betreuung (wie in der Praxis zu beobachten) - in der Krippe mit der nötigen Sicherheit und Unterstützung erproben. Gleichwohl erhält diese Einrichtung im Bereich „Betreuung und Pflege der Kinder“ in der KRIPS-R einen sehr geringen Wert. Die Unterstützung der Kinder beim „Zuhören und Sprechen“ ist dank vielfältiger Angebote der Fachkräfte gewährleistet: viele wechselseitige Gespräche, Eingehen auf die Bedürfnisse der Kinder, interessierte Kommunikation in verschiedensten Aktivitäten, das Bemühen abzuwarten, bis die Kinder sich zu Fragen oder Vorhaben geäußert haben (sofern dies für sie VHN 4/ 2008 311 Qualitätsstandards in integrativen Kinderkrippen (QUINK) möglich ist). Die Unterstützung der Kinder beim Sprachverstehen ist ebenfalls als einfühlsam und anregend zu interpretieren. Die Kommunikation ist auf das einzelne Kind bezogen, beispielsweise stellen sich die Einrichtungen durch die Einbeziehung von unterstützenden Gebärden auf das Kommunikationsniveau der einzelnen Kinder ein. In einigen Einrichtungen werden auch immer wieder zahlreiche Sprachspiele (Reime) in den täglichen Ablauf integriert. Die Dimension der „Aktivitäten“ ergibt folgendes Bild: Die Einschätzung im Bereich Sand und Wasser zeigt u. a. deutlich, dass die Einrichtungen in der Ausstattung für eine kreative Gestaltung von vielfältigen Spiel- und Lernanregungen sehr gute Voraussetzungen haben. Sand- oder Wasserspiele sind für die Kinder täglich möglich (drinnen oder draußen), auch findet sich eine Vielfalt von Spielzeugen für Sand- oder Wasserspiele. Die unterschiedlichen Aktivitäten mit Sand oder Wasser sind abwechslungsreich, z. B. das Waschen von Bobby-Cars oder Puppen, das „Pritscheln“ am Wasserlauf oder auch am Wasserhahn u. a. m. Im Bereich Naturerfahrung und Sachwissen zeigt sich, dass die Kinder vielfältige Möglichkeiten haben, in den Einrichtungen Erfahrungen mit unterschiedlichsten Pflanzen und Tieren zu sammeln. So begegnet man Hasen, Geckos sowie Fischen und bekommt einen umfassenden Eindruck von kindgerecht gestalteten Gärten, die die Kinder dazu einladen, vielerlei Dinge der Natur zu entdecken und zu erforschen. Die Qualität der „Interaktionen“ wird in verschiedenen Merkmalen sichtbar. Die Stärken der Einrichtungen liegen überwiegend in diesem Bereich. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass in den Einrichtungen wohlwollend, individuell und meist hilfreich mit den Kindern interagiert wird. Die Erzieher-Kind-Interaktionen sind üblicherweise positiv, entspannt, einfühlsam, die Betreuenden sind den Kindern freundlich zugewandt. Die eingeschätzten pädagogischen Fachkräfte erfassen in den meisten Fällen sehr zügig die aktuelle Befindlichkeit und die Bedürfnisse der Kinder, sie signalisieren ihre Absichten und reagieren feinfühlig auf die Gefühle der Kinder. Weiterhin kann man in den Kinderkrippen von einer überwiegend gelungenen Kind-Kind-Interaktion sprechen, in der die Kinder unterstützt werden, positives und kooperatives Verhalten gegenüber anderen Kindern zu entwickeln. So unterstützen die pädagogischen Fachkräfte beispielsweise die Kinder häufig dabei, die Folgen ihres Tuns gegenüber den anderen zu verstehen. Die positiven Erzieher-Kind-Interaktionen zeigen sich beispielsweise auch bei den Mahlzeiten und Zwischenmahlzeiten. Zur „Strukturierung der pädagogischen Arbeit“ wird zunächst der Tagesablauf betrachtet. In allen Einrichtungen fehlte ein Aushang zur Zeitstruktur des Tagesablaufes. Dieser Zeitplan soll jedoch für alle Eltern gut sichtbar sein, damit sich auch Eltern, die neu in die Einrichtung kommen, über den allgemeinen Tagesrhythmus schnell einen Überblick verschaffen können. Allerdings muss angemerkt werden, dass Informationen zur Einrichtung für alle Eltern jederzeit durch die Leitungen der Einrichtungen erhältlich sind, auch ein Tagesablauf für die Kinder und Eltern, der rückblickend über spezifische Angebote des jeweiligen Tages informiert, ist jederzeit einsehbar. Keinerlei Mängel wurden in der Tagesplanung sichtbar. Zur Dimension „Eltern und Erzieherinnen“ ist zu sagen, dass in den Einrichtungen die Kontinuität der Erzieherinnen gewährleistet ist. Gruppenwechsel kommen so gut wie nicht vor, auch wird versucht in Krankheitsfällen auf Fachkräfte der eigenen Einrichtung zurückzugreifen. Auch bescheinigt die KRIPS-R-Einschätzung den Einrichtungen eine gründliche Einarbeitung von neuen Fachkräften. Fortbildungen finden regelmäßig statt - dies wird auch durch die fachliche Begleitung der Abteilung Kindertagesbetreuung des Stadtjugendamtes München gewährleistet. Zudem gibt es in allen Einrichtungen eine umfangreiche Fachbuchsammlung mit aktuellen Materialien (ein Beurteilungskriterium der KRIPS-R! ). Auch daran VHN 4/ 2008 312 Ulrich Heimlich, Isabel Behr wird ersichtlich, dass das Niveau der Einrichtungen in dieser Dimension ebenfalls sehr hoch ist. 4.2 Perspektive der pädagogischen Fachkräfte Bei der Auswertung der einzelnen Items bestätigt sich die insgesamt positive Einschätzung auch bezogen auf die Gruppenöffnung. Hier wird jedoch von mehreren pädagogischen Fachkräften nochmals eine individualisierte Vorgehensweise als ganz entscheidend hervorgehoben. Das gilt besonders in der Eingewöhnungsphase. Die Gruppengröße betrachten die pädagogischen Fachkräfte überwiegend als optimal. Auch die integrative Arbeit insgesamt erfährt von ihrer Seite eine hohe Zustimmung. Zwischen dieser klaren Befürwortung der integrativen Zielsetzungen in den Einrichtungen auf der einen Seite und der Planung sowie Durchführung der Fördermaßnahmen bezogen auf Kinder mit Behinderung auf der anderen Seite scheint jedoch ein Widerspruch zu liegen. Die Antworten der pädagogischen Fachkräfte legen die Vermutung nahe, dass weiterer Handlungsbedarf bei der Intensivierung der individuellen Förderung besteht und eine Weiterentwicklung angestrebt werden sollte. Bei einigen Befragten bleibt auch die Frage offen, ob der Tagesablauf den Bedürfnissen der Kinder entspricht und ruhig und geregelt ist. Hier wird möglicherweise Gesprächsbedarf auf der konzeptionellen Ebene signalisiert bis hin zur Weiterentwicklung des Konzeptes. Die Ausstattung mit Spiel- und Lernmaterialien wird seitens der pädagogischen Fachkräfte - unter Vorbehalt der Materialien zur sensomotorischen Förderung im weitesten Sinne - als angemessen beurteilt. Vermutlich lassen sich zahlreiche spezielle Wünsche aufgrund der vielen Neuentwicklungen in diesem Bereich nicht erfüllen. Auch die Zahl der pädagogischen Fachkräfte und deren Qualifikation werden als angemessen eingeschätzt. Im Bereich der Teamentwicklung deutet sich ebenfalls Änderungsbedarf an. Die zur Verfügung stehende Zeit für Teamsitzungen könnte noch verbessert werden. Außerdem werden mehr Fortbildungen besonders über das Thema Behinderung und die individuellen Bedürfnisse von Kindern mit Behinderung eingefordert. Wenn man von den zahlreichen einrichtungsspezifischen Problemen bezüglich Platz und Ausstattung absieht, wird die Innen- und Außenausstattung der Einrichtung insgesamt als angemessen beurteilt. 4.3 Perspektive der Eltern Die Elternbefragung zeigt ein durchgängig sehr hohes Maß an Zufriedenheit mit der Arbeit in den integrativen Kinderkrippen. Soweit sie das beurteilen können, haben die Eltern durchweg äußerst positive Bewertungen vorgenommen. Allerdings waren viele Eltern bezüglich der genauen Einschätzung der Art der Förderung der Kinder in der Einrichtung überfordert. Hier zeigt sich, dass die Eltern zwar einen intensiven Kontakt zu den Einrichtungsteams pflegen, aber in die konkrete Förderarbeit nicht so intensiv einbezogen werden können, um dazu differenziert Stellung zu nehmen. Das gilt ebenfalls für die Einbeziehung der externen Fachdienste. Da hier viele Eltern nicht betroffen sind, können auch nur wenige Mütter und Väter fundierte Aussagen beisteuern. Besonders hervorzuheben sind die Schnittstellen der Zusammenarbeit zwischen pädagogischen Fachkräften und Eltern (Einzelgespräche, Öffnungszeiten). In diesem Bereich ergibt sich auf der Basis der Elternbefragung das Gesamtbild einer ausgesprochen gelungenen Zusammenarbeit. Die Eltern schätzen es, mitzureden und mitzudenken. Sie haben auf dem Fragebogen zahlreiche durchdachte Vorschläge zur Weiterentwicklung der Zusammenarbeit mit den Einrichtungen gemacht, die auf Einrichtungsebene ausgewertet und weiter bearbeitet werden sollten. So gilt es insgesamt festzuhalten, dass auch seitens aller Eltern die integrative Arbeit in Kinderkrippen von einer hohen Zustimmung geprägt wird. VHN 4/ 2008 313 Qualitätsstandards in integrativen Kinderkrippen (QUINK) 5 Entwicklung der Qualitätsstandards Auf der Basis der Untersuchungsergebnisse zur Einschätzung der pädagogischen Qualität wurden in einem abschließenden Projektschritt mit den beteiligten Modelleinrichtungen und der Fachabteilung gemeinsam Qualitätsstandards für die Arbeit in integrativen Kinderkrippen formuliert. Aus dem darauf bezogenen Diskussionsprozess konnte ein gemeinsames Grundverständnis von pädagogischer Qualität abgeleitet werden, das in die Qualitätsstandards mit eingeflossen ist. Getragen werden die Qualitätsstandards von dem Leitbild der inklusiven Kindertageseinrichtung (vgl. Booth/ Ainscow/ Kingston 2006). Alle Kinder sollen, unabhängig von ihrer sozialen und kulturellen Herkunft sowie auf der Basis ihrer je spezifischen Fähigkeiten und Entwicklungsstände, auch in der Kinderkrippe teilhaben und etwas zum sozialen Geschehen in der Einrichtung beitragen können (vgl. Heimlich/ Behr 2006 a, 215). Dabei wird davon ausgegangen, dass sich alle Kinder in aktiver Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt selbsttätig entwickeln und im Sinne konstruktivistischer Lern- und Entwicklungstheorien ihre eigenen Vorstellungen in Kooperation mit anderen Kindern hervorbringen müssen (Ko-Konstruktion). Dabei benötigen sie individuell abgestimmte Formen der pädagogischen Begleitung und Unterstützung. Insofern haben alle Beteiligten immer wieder betont, dass bei jedem Kind individuelle Bedürfnisse vorauszusetzen sind, auf deren Basis die pädagogischen Angebote gemeinsam geplant und realisiert werden. Deshalb wird auch auf die Verwendung des Behinderungsbegriffs in den vorliegenden Qualitätsstandards verzichtet, um so bereits auf dieser Ebene der konzeptionellen Entwicklung integrativer Kinderkrippen einen Beitrag zur Nicht-Aussonderung zu leisten und unnötige Qualitätsstandard I.2: Förderdiagnostik Abb. 3: Beispiel für einen Qualitätsstandard Nr. Qualitätskriterien 1 n Erstellung der Anamnese (Minimum) n Verständnis von Anamnese in der Einrichtung n Gespräch (Berichte von der Frühförderung; Arztberichte; Berichte vom Krankenhaus; allgemeine Informationen) n Einbeziehung standardisierter Beobachtungsverfahren (z. B. Beller) n Gegebenenfalls werden spielerische Testmaterialien der Einrichtung in die individuelle Diagnostik mit einbezogen. n Familien, deren Kinder von Behinderung bedroht sind, werden über Möglichkeiten der Diagnostik informiert und welche Dienste dafür in Frage kommen. 2 n Aktive Verhaltensbeobachtung in der Eingewöhnung und Reflexion im Integrationsteam 3 n Beobachtung durch Lerngeschichten und Auswertung und Reflexion im Integrationsteam 4 n Beobachtung durch Beller-Entwicklungsverfahren und Auswertung und Reflexion im Integrationsteam/ Einrichtungsteam 5 n Bio-psychosoziale Analyse (systemisch) n Interne/ externe Kooperation mit weiteren Fachkräften VHN 4/ 2008 314 Ulrich Heimlich, Isabel Behr Abb. 4: Qualitätsstandards in integrativen Kinderkrippen Ebene I: Kinder und ihre Eltern n Qualitätsstandard I.1: Soziale Interaktion der Kinder n Qualitätsstandard I.2: Förderdiagnostik n Qualitätsstandard I.3: Förderplanung n Qualitätsstandard I.4: Differenzierte und individualisierte Förderung n Qualitätsstandard I.5: Bild vom Kind n Qualitätsstandard I.6: Kooperation mit Eltern/ Familien Ebene II: Integrative Spielsituationen/ integrative Gruppe n Qualitätsstandard II.7: Inklusive pädagogische Ziele n Qualitätsstandard II.8: Didaktische Umsetzung der inklusiven Ziele n Qualitätsstandard II.9: Methodische Umsetzung der inklusiven Ziele n Qualitätsstandard II.10: Materialausstattung n Qualitätsstandard II.11: Tagesablauf n Qualitätsstandard II.12: Inklusive Therapie Ebene III: Multiprofessionelles Team n Qualitätsstandard III.13: Qualifikation der Mitarbeiter/ innen n Qualitätsstandard III.14: Organisation der Teamarbeit n Qualitätsstandard III.15: Entwicklung der Teamarbeit n Qualitätsstandard III.16: Leitung der Kinderkrippe n Qualitätsstandard III.17: Fortbildung für Inklusion/ Weiterbildung Ebene IV: Rahmenbedingungen der inklusiven Kinderkrippe n Qualitätsstandard IV.18: Innenausstattung der Kinderkrippe n Qualitätsstandard IV.19: Außenausstattung der Kinderkrippe n Qualitätsstandard IV.20: Barrierefreiheit der Kinderkrippe n Qualitätsstandard IV.21: Öffnungszeiten n Qualitätsstandard IV.22: Inklusionskonzept der Kinderkrippe Ebene V: Externe Unterstützungssysteme n Qualitätsstandard V.23: Kooperation mit der trägerinternen Fachberatung (z. B. FBL) n Qualitätsstandard V.24: Kooperation mit externen therapeutischen Fachkräften wie z. B. Psychologen/ innen n Qualitätsstandard V.25: Kooperation mit externen pädagogisch-therapeutischen Fachkräften wie z. B. Koordinatorin, Beratungsfachdienst Integration n Qualitätsstandard V.26: Kooperation mit externen diagnostischen Institutionen wie z. B. Haunersche Klinik, Kinderzentrum n Qualitätsstandard V.27: Kooperation mit externen diagnostischen Institutionen wie z. B. Kinderärzte n Qualitätsstandard V.28: Kooperation mit externen pädagogisch-therapeutischen Fachkräften wie z. B. Frühförderung oder Therapeuten/ innen (in freier Praxis) n Qualitätsstandard V.29: Kooperation mit externen pädagogischen Institutionen wie z. B. Kindergarten, HPT, Mütterzentrum n Qualitätsstandard V.30: Kooperation mit sozialen Diensten n Qualitätsstandard V.31: Übergang zur Folgeeinrichtung (integrativ, HPT, SVE) n Qualitätsstandard V.32: Inklusion im Umf. der Krippe/ Vernetzung der Dienste VHN 4/ 2008 315 Qualitätsstandards in integrativen Kinderkrippen (QUINK) Etikettierungen zu vermeiden. So ist durchweg von Kindern mit besonderen Bedürfnissen die Rede. Die Qualitätsstandards für integrative Kinderkrippen wurden nach Vorarbeiten in den Teams der vier Modelleinrichtungen in einer gemeinsamen Klausurtagung von allen Beteiligten erarbeitet. Die wissenschaftliche Begleitung hat lediglich den thematischen Rahmen und Vorschläge für einzelne Qualitätsstandards vorgestellt, ohne jedoch deren inhaltliche Füllung vorwegzunehmen. Im Endeffekt hat sich auf diesem Weg eine erhebliche Ausweitung der ursprünglich vorgesehenen Zahl an Qualitätsstandards ergeben. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegt damit eine Erprobungsfassung mit 32 Qualitätsstandards vor (vgl. Abb. 4), die nunmehr in den Einrichtungen auf ihre Praxistauglichkeit zu prüfen sind. Da die Standards jedoch mit den Modelleinrichtungen gemeinsam formuliert wurden, ist davon auszugehen, dass die inhaltlichen Festlegungen, auf die sich die Projektgruppe geeinigt hat, schon zum jetzigen Zeitpunkt eine große Alltagsnähe besitzen. Zweifellos werden in den integrativen Kinderkrippen, bezogen auf die nun formulierten Qualitätsstandards, unterschiedliche Voraussetzungen und differente Entwicklungsstände zu verzeichnen sein. Gleichwohl ist mit dem hier vorliegenden Weg die Chance einer gemeinsamen Weiterentwicklung der integrativen Qualität in Kinderkrippen vorgezeichnet. Die Implementation der Qualitätsstandards im Einzelnen ist aufgrund der kurzen Laufzeit des Projektes QUINK allerdings nicht mehr Gegenstand dieser Untersuchung. Anmerkung * Der vollständige Forschungsbericht zum Projekt „Qualitätsstandards in integrativen Kinderkrippen (QUINK)“ liegt als pdf.-Dokument zum Download vor: www.quink.integpro.de. Dort sind auch sämtliche Untersuchungsinstrumente sowie alle Urdaten komplett dokumentiert. Literatur Ahnert, Lieselotte; Schnurrer, Hertha (2006): Krippen. In: Fried, Lilian; Roux, Susanna (Hrsg.): Pädagogik der frühen Kindheit. Handbuch und Nachschlagewerk. Weinheim/ Basel: Beltz, 302 - 312 Atteslander, Peter ( 8 1995): Methoden der empirischen Sozialforschung. Berlin u. a.: Gruyter Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (2005): Das Bayerische Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (BayKiBiG) mit Ausführungsverordnung (AVBayKiBiG). München Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen & Staatsinstitut für Frühpädagogik München (2006): Der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder in Tageseinrichtungen bis zur Einschulung. Weinheim/ Basel: Beltz Beller, E. Kuno ( 2 1987): Intervention in der frühen Kindheit. In: Oerter, Rolf; Montada, Leo (Hrsg.): Entwicklungspsychologie. München: Psychologie Verlags Union, 789 - 853 Beller, E. Kuno (2005): Kuno Bellers Entwicklungstabelle. Modifizierte Fassung vom Juli 2000. Berlin: Freie Universität Booth, Tony; Ainscow, Mel; Kingston, Denise (2006): Index für Inklusion (Tageseinrichtungen für Kinder). Lernen, Partizipation und Spiel in der inklusiven Kindertageseinrichtung entwickeln. Deutschsprachige Ausgabe. Hrsg. v. d. Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Übersetzung: Tessa Hermann, Wiss. Beratung: Ulrich Heimlich und Andreas Hinz. Frankfurt a. M.: GEW Bortz, Jürgen; Döring, Nicola ( 2 1995): Forschungsmethoden und Evaluation für Sozialwissenschaftler. Berlin u. a.: Springer Erning, Günther (2003): Qualitätsentwicklung in Kindergärten. Abschlussbericht der Fortbildung 2001 - 2003. Bamberg: Universität Bamberg, Fthenakis, Wassilios E.; Textor, Martin R. (Hrsg.) (1998): Qualität von Kinderbetreuung. Konzepte, Forschungsergebnisse, internationaler Vergleich. Weinheim/ Basel: Beltz Harms, Thelma; Cryer, Debby; Clifford, Richard M. (1990): Infant Toddler Environment Rating Scale. Teachers College Press Harms, Thelma; Cryer, Debby; Clifford, Richard M. (2003): Infant Toddler Environment Rating Scale. Revised Edition. Teachers College Press VHN 4/ 2008 316 Ulrich Heimlich, Isabel Behr Heimlich, Ulrich (2003): Einführung in die integrative Pädagogik. Stuttgart u. a.: Kohlhammer Heimlich, Ulrich; Behr, Isabel (2005): Integrative Qualität im Dialog entwickeln. Auf dem Weg zur inklusiven Kindertageseinrichtung. Münster: Lit Heimlich, Ulrich; Behr, Isabel (2006 a): Integrative Erziehung. In: Fried, Lilian; Roux, Susanna (Hrsg.): Pädagogik der frühen Kindheit. Handbuch und Nachschlagewerk. Weinheim/ Basel: Beltz, 211 - 216 Heimlich, Ulrich; Behr, Isabel (2006 b),: Integrative Institutionen. In: Fried, Lilian; Roux, Susanna (Hrsg.): Pädagogik der frühen Kindheit. Handbuch und Nachschlagewerk. Weinheim/ Basel: Beltz, 323 - 334 Landeshauptstadt München (Hrsg.) (2006): Die pädagogische Rahmenkonzeption für Kinderkrippen der Landeshauptstadt München (Langfassung). München, Neufassung Juni Speck, Otto (1999): Die Ökonomisierung sozialer Qualität. Zur Qualitätsdiskussion in Behindertenhilfe und Sozialer Arbeit. München/ Basel: E. Reinhardt Tietze, Wolfgang (Hrsg.) (1998): Wie gut sind unsere Kindergärten? Eine Untersuchung zur pädagogischen Qualität in deutschen Kindergärten. Neuwied u. a.: Luchterhand Tietze, Wolfgang u. a. (2000): Analyse und Sicherung pädagogischer Qualität in den Tageseinrichtungen der Bremischen Evangelischen Kirche. Berlin/ Bremen (unveröffentl. Manuskript) Tietze, Wolfgang; Bolz, Melanie; Grenner, Katja; Schlecht, Daena; Wellner Beate (2005): Krippen-Skala (KRIPS-R). Feststellung und Unterstützung pädagogischer Qualität in Krippen. Weinheim/ Basel: Beltz Prof. Dr. Ulrich Heimlich M. A. Isabel Behr Ludwig-Maximilians-Universität München Department für Pädagogik und Rehabilitation Lehrstuhl für Lernbehindertenpädagogik Forschungsstelle integrative Förderung (FiF) Leopoldstraße 13 D-80802 München E-Mail: heimlich@spedu.uni-muenchen.de Internet: www.quink.integpro.de