Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete
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0017-9655
Ernst Reinhardt Verlag, GmbH & Co. KG München
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Dialog: „Die Guten ins Töpfchen oder: über die Schaffung von Exzellenz“ Ein Mail-Wechsel über die Entwicklung der Arbeitsbedingungen für Professoren an Universitäten
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Urs Haeberlin
Iris Beck
Ulrich Heimlich
Mail von Prof. Dr. Urs Haeberlin an Prof. Dr. Iris Beck 22. Mai 2008, 21:18 Uhr Betreff: Situation an der Uni Hamburg Liebe Iris, bei unserem VHN-Herausgeber-Treffen in München hast Du nebenbei einige Bemerkungen dazu gemacht, wie sich an der Universität Hamburg die Situation der Professoren und Professorinnen verschlechtert habe. Du hast angedeutet, dass Ihr mit einem offenbar zermürbenden Leistungsdruck konfrontiert seid und dass eine Leistungskontrolle aller Professoren und Professorinnen stattfindet. Dabei hatte ich den Eindruck, dass diese Kontrollen nach einem ziemlich fragwürdigen Kriterienkatalog durchgeführt werden sollen. Zunächst fast wie einen kreativen Witz habe ich Deinen Hinweis auf die Bezeichnung „Barfuß-Professoren“ aufgenommen. Aber es scheint keineswegs ein Witz, sondern eine bittere Realität zu sein? Ich hatte bei unserem Treffen zu wenig Zeit, um von Dir genauere Informationen zu den Entwicklungen an Eurer Universität zu erfragen. Da mich die Sache interessiert und es sich um eine Entwicklung handelt, die wahrscheinlich von allgemeinem Interesse ist, bitte ich Dich um eine kurze und möglichst konkrete Schilderung der Entwicklungen, die bei Euch im Gange sind.
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333 VHN, 77. Jg., S. 333 - 337 (2008) © Ernst Reinhardt Verlag München Basel Dialog „Die Guten ins Töpfchen … oder: über die Schaffung von Exzellenz …“ Ein Mail-Wechsel über die Entwicklung der Arbeitsbedingungen für Professoren an Universitäten Mail von Prof. Dr. Urs Haeberlin an Prof. Dr. Iris Beck 22. Mai 2008, 21: 18 Uhr Betreff: Situation an der Uni Hamburg Liebe Iris, bei unserem VHN-Herausgeber-Treffen in München hast Du nebenbei einige Bemerkungen dazu gemacht, wie sich an der Universität Hamburg die Situation der Professoren und Professorinnen verschlechtert habe. Du hast angedeutet, dass Ihr mit einem offenbar zermürbenden Leistungsdruck konfrontiert seid und dass eine Leistungskontrolle aller Professoren und Professorinnen stattfindet. Dabei hatte ich den Eindruck, dass diese Kontrollen nach einem ziemlich fragwürdigen Kriterienkatalog durchgeführt werden sollen. Zunächst fast wie einen kreativen Witz habe ich Deinen Hinweis auf die Bezeichnung „Barfuß-Professoren“ aufgenommen. Aber es scheint keineswegs ein Witz, sondern eine bittere Realität zu sein? Ich hatte bei unserem Treffen zu wenig Zeit, um von Dir genauere Informationen zu den Entwicklungen an Eurer Universität zu erfragen. Da mich die Sache interessiert und es sich um eine Entwicklung handelt, die wahrscheinlich von allgemeinem Interesse ist, bitte ich Dich um eine kurze und möglichst konkrete Schilderung der Entwicklungen, die bei Euch im Gange sind. Mit großer Neugier erwarte ich Deine Antwort und grüße herzlich Urs Mail von Prof. Dr. Urs Haeberlin an Prof. Dr. Ulrich Heimlich 22. Mai 2008, 21: 47 Uhr Betreff: Entwicklungen an Deiner Uni Lieber Ulrich, bei unserem gemeinsamen Abendessen in München hast Du davon gesprochen, wie sich aus Deiner Optik an Eurer Universität Entwicklungen anbahnen, welche Deine Situation als Wissenschaftler und Forscher zu verschlechtern drohen. Du hast einige Andeutungen gemacht, dass man Euch Professoren - insbesondere bei der Besetzung von frei werdenden Professorenstellen - unter starken Rechtfertigungsdruck stellt und dass man mit rigorosen Auflagen die Möglichkeiten zum Beantragen und Durchführen von Forschungsprojekten erschwert. Leider ist am Tag nach unserem gemeinsamen Essen in Deiner Familie ein Krankheitsfall eingetreten, der kurzfristig ein weiteres Treffen verunmöglicht hat. Deshalb hatten wir keine Gelegenheit mehr, uns über die von Dir angedeuteten Entwicklungen an Eurer Universität weiter zu unterhalten. Nun bitte ich Dich auf diesem Weg um eine kurze Schilderung der Entwicklungen, die bei Euch im Gange sind. Ich denke, dass dies doch von allgemeinem Interesse sein könnte. Welche der Entwicklungen schätzest Du als besonders erschwerend für Deine Arbeit und als aus Deiner Perspektive negativ ein? Ich warte gespannt auf Deine Antwort und grüße herzlich Urs VHN 4/ 2008 334 Urs Haeberlin, Iris Beck, Ulrich Heimlich Mail von Prof. Dr. Ulrich Heimlich an Prof. Dr. Urs Haeberlin 22. Mai 2008, 22: 51 Uhr Lieber Urs, danke, dass Du den Gesprächsfaden gleich aufnimmst. Ich sehe die Entwicklung unserer Arbeitssituation an der „Eliteuniversität LMU München“ tatsächlich äußerst kritisch. Vor dem Hintergrund des Erfolgs bei der Exzellenzinitiative sind nicht - wie eigentlich zu erwarten - zusätzliche Mittel in unsere Fakultät für Psychologie und Pädagogik geflossen. Vielmehr müssen wir nun mehrere Professorenstellen als zukünftig wegfallend kennzeichnen, weil diese Stellen für die Übernahme der Verpflichtungen aus den Exzellenzmitteln benötigt werden, nachdem diese Mittel ausgelaufen sein werden. Bislang profitieren vor allem die Naturwissenschaften von den Exzellenzmitteln und da vor allem die Forschungsinstitute, die bislang schon überdurchschnittlich gut ausgestattet waren. Viele Anträge für Exzellenzmittel, welche von den Fakultäten eingereicht worden waren, wurden zum Beispiel schlicht mit der Begründung abgelehnt, diese Anträge seien zu klein. Damit ist wohl gemeint, dass sich zu wenig Professoren und Professorinnen zu einem Antrag zusammengefunden hatten. Von mindestens 15 Professoren für einen ausreichend „großen“ Antrag ist intern die Rede. Es ergibt sich somit ein unterschwelliger Zwang, zukünftig nur noch in großen Forschergruppen zu forschen. Die kreativen Einzelwissenschaftler/ innen, von denen der Ruf der Wissenschaft im deutschsprachigen Raum in den vergangenen Jahrzehnten meiner Meinung nach entscheidend geprägt worden ist, gelten zukünftig wohl als „auslaufendes Modell“. Wissenschaftliche Exzellenz soll vorrangig über vorhandene Quantität und nicht in erster Linie über Qualität konstruiert werden. Ich halte das für vollkommen paradox und prognostiziere einen Rückfall der Forschungsentwicklung auf international allenfalls durchschnittliches Niveau. So viel zu den Schattenseiten der Exzellenzinitiative. Herzliche Grüße Ulrich Mail von Prof. Dr. Iris Beck an Prof. Dr. Urs Haeberlin 27. Mai 2008, 13: 41 Uhr Lieber Urs, vor langen Jahren war ich einmal dafür angetreten, dass die Frage der Zielbegründung und -umsetzung in der Behindertenpädagogik nicht eine rein normative oder ideologische sein kann und dass nicht jeder unter „Integration“, „Normalisierung“ usw. etwas anderes verstehen und diese Ziele in seinem Sinne umsetzen oder auch nicht umsetzen kann. Über die Wirkungen dessen, was dann umgesetzt wird, herrschte, von einigen Evaluationsstudien abgesehen, in den 1980er Jahren auch weitgehend Unkenntnis. Meine Beschäftigung mit diesen Fragen geriet zu einer sehr grundlegenden Auseinandersetzung über die Legitimationsproblematik unserer Zielvorstellungen, die Eigenart des pädagogischen Handelns und seiner Organisation, über die Brüche, die im Umsetzungsprozess angelegt sind (z. B. wegen des berühmten Technologiedefizits), und die Folgen, die dies für ein Verständnis von Qualitätsentwicklung und -beurteilung haben müsste. Meine Befürchtung war bereits Ende der 80er Jahre, dass fachlich begründete Modelle, die dem pädagogischen Prozess Rechnung tragen, gegenüber auf einseitigen ökonomischen Kriterien von Effektivität basierenden Ansätzen ins Hintertreffen geraten könnten. Diese Befürchtung war durch die damals beginnende Ökonomisierung des Sozialbereichs begründet. Ich will mit diesen Hinweisen verdeutlichen, dass ich einer Orientierung an Leistung und der Evaluation der Wirkungen eben nicht grundsätzlich entgegenstehe, sondern mich für entsprechende, fachlich begründete reformorientierte Vorhaben eingesetzt VHN 4/ 2008 335 „Die Guten ins Töpfchen …“ habe. Und wer ist gegen die ureigensten Prinzipien einer Universität, nämlich Wissenschaft als Ort der beständigen Auseinandersetzung um die Güte von Theorien und Forschungsergebnissen, der Reflexion und der kritischen Prüfung zu verstehen? Was aber bundesweit und auch in Hamburg geschieht, könnte man sehr zynisch, wie dies Magnus Klaue in der Zeitschrift ‚Konkret‘ vom April 2008 tut, unter dem Motto „Der Geist als Beute“ als Entmündigung und auch als „Selbstentmündigung“ bezeichnen. Durch die Abschaffung der angestammten demokratischen Selbstverwaltungsstrukturen, die zunehmende Arbeitsverdichtung und eine Output-Orientierung, in der es in erster Linie darum geht, sich selbst gut zu vermarkten, verändert sich die bisherige Struktur der Universität in ganz erheblichem Ausmaß. Der fachliche Diskurs und die Inhalte treten hinter den Formalismen und Verregelungen (z. B. durch die Modularisierung) zurück, gegenüber dem Kerngeschäft des ‚eigenständigen vertieften wissenschaftlichen Arbeitens‘ gewinnt die Suche nach projektgebundenen Arbeitsbündnissen zur gegenseitigen Output-Beförderung und das Zuliefern zu oder Anhängen an allfällige neue, nur mehr wichtige ‚Profil‘-Bereiche an Gewicht. Zur Konkretisierung beziehe ich mich im Folgenden exemplarisch auf ein Element dieses Komplexes, nämlich die in Kraft getretene leistungsbezogene Mittelvergabe der Universität Hamburg, und belege damit das Wort von der „Barfuß-Professur“, das im Schreiben der Kanzlerin der Universität Hamburg vom 19. Oktober 2007 zur „Einführung einer leistungs- und belastungsbezogenen Mittelvergabe“ steht. Der Gesetzgeber sieht in § 100 Abs. 2 HmbHG vor, „dass die für Lehre, Forschung und künstlerische Entwicklungsvorhaben zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel unter Berücksichtigung von leistungs- und belastungsorientierten Kriterien zu verteilen sind. Dabei sollte es durch die leistungs- und belastungsorientierte Mittelverteilung den einzelnen Professoren ermöglicht werden, Personal- und Sachmittel, die über eine zu definierende minimale … Grundausstattung hinausgehen, zu erhalten. In diesem Rahmen müssen die Fakultäten … folgende Festlegungen treffen: 1. Eine minimale ,Grundausstattung‘ der Professuren, die es gerade noch ermöglicht, ,arbeitsfähig‘ zu sein - aufgrund der Erfahrung der Vergangenheit könnte dieses die immer wieder zitierte ‚Barfußprofessur‘ sein. Auf diese Ausstattung sollten Professuren … zurückfallen, wenn sie eine entsprechende unterdurchschnittliche Leistung erbringen. 2. Eine wettbewerbsfähige Grundausstattung, die mit der Ausstattung der Hochschulen vergleichbar ist, die mit der Universität Hamburg im direkten Wettbewerb stehen.“ Hier ist erst einmal positiv zu vermerken, dass es tatsächlich etwas zu verteilen gibt und dass die bisherige gravierende Unterin eine ‚minimale Grundausstattung‘ des Fachbereichs Erziehungswissenschaft überführt werden soll. Unser Institutsetat beschränkte sich nämlich pro Jahr auf ein paar tausend Euro, und zwar für den gesamten Reisekosten-, Gastvortrags-, Sachmittel- und Hilfskraftbedarf von einst zwölf Professuren. Pro Kopf wären wir, nach Abzug der für das Institut insgesamt benötigten Sachmittel, vielleicht auf 100 EUR für Reisekosten, Hilfskräfte usw. gekommen und haben deshalb vom ‚Restgeld‘ immer eine (! ) studentische Hilfskraft bezahlt, die den ca. 700 Studierenden bei Fragen zur Seite stand. Die derzeitige Relation von Professorenzu Mittelbaustellen am Fachbereich beträgt 3 : 1 (einschließlich Doktoranden- und Verwaltungsstellen). Die vom Wissenschaftsrat empfohlene Mindestausstattung von 1 Professur : 1 wiss. Mitarbeiterstelle plus 2 wissenschaftliche Hilfskräfte und 1 nichtwissenschaftliche Kraft wird durch Reduktion von Professuren umzusetzen versucht, aber angesichts der Haushaltslage nicht annähernd erreicht. Im Gegenteil stehen nach jahrelangen Einsparungen und Stellenstreichungen die nächsten Kürzungen ins Haus. In dieser Situation einer vermutlich ohnehin nicht zu gewährleistenden ‚Grundausstattung‘, die ihren VHN 4/ 2008 336 Urs Haeberlin, Iris Beck, Ulrich Heimlich Namen verdient, wird nun ein Teil der Mittelvergabe auch noch an leistungs- und belastungsbezogene Kriterien gebunden, ohne die ‚normale‘ Überlast auch zu ‚vergelten‘. Derzeit ist von 10 % der Mittel die Rede, die dem einzelnen Professor in Abhängigkeit seiner erreichten Leistungspunkte zugeteilt werden sollen; von einer Erhöhung dieses Anteils kann man, denkt man sich das neue Besoldungssystem der W-Professuren hinzu, wohl ausgehen. Was muss ich nun leisten, um keine ‚Barfuß-Professorin‘ mit minimal gewährter Arbeitsfähigkeit zu sein (dabei trage ich noch nicht mal Sandalen im Dienst, allenfalls mal so genannte ‚leichte sommerliche‘ Schuhe …)? Ich muss Punkte sammeln, und zwar kann ich dies in drei Bereichen tun: 1. Nachwuchsförderung (Doktorandenstellen): Die Zuweisung einer Doktorandenstelle erfolgt nach Höhe der Drittmitteleinnahmen der beantragenden Person (1 Punkt bis 5000 EUR, 5 Punkte bei mehr als 120.000 EUR). Die Vergabe wird durch ein Gremium mit verdienten drittmittelstarken Professoren entschieden (zur Erinnerung: wir haben derzeit fast keinen Mittelbau …). 2. Lehrbelastung (Korrektur von Multiple- Choice-Klausuren 1 Punkt usw.) und Lehrqualität (Prüfung durch ein Evaluationssystem, das aber erst noch entwickelt werden muss; vor allem muss dieses System ja die ‚normale‘ Lehrbelastung davon irgendwie abgrenzen …). 3. Forschung: Ich liste auf, was in Punkten vergolten wird: nicht begutachtete Artikel in Zeitschriften und Büchern 1 Punkt; begutachtete Artikel 3 Punkte und Monografien 3 Punkte (in Deutsch) bzw. 6 Punkte (in Englisch oder einer anderen Sprache). Zusätzlich wird angerechnet: Erstbegutachtung von Promotionen (1 Punkt), Habilitationen (2 Punkte), die Gutachtertätigkeit in Forschungsfördereinrichtungen (z. B. DFG) 3 Punkte und „der arbeitsintensive Vorsitz in externen Fachgremien“ 3 Punkte. Die Herausgabe von Fachzeitschriften taucht ebenso wenig auf wie die Tätigkeit in anderen als Forschungsgremien (z. B. bin ich wissenschaftliche Beirätin des AWO-Bundesverbandes: viel Arbeit, kein Punkt) oder die vielfältigen, leider aber oft nicht in EUR (oder vielen EUR) zu bemessenden Forschungs-Projekte, die man in und mit der Praxis durchführt oder begleitet, die Vorträge und Fortbildungen; viele weitere, ganz ‚selbstverständliche‘ Arbeitsverpflichtungen wären natürlich auch zu nennen. Die Operationalisierung aber dieser ‚anderen‘ Tätigkeiten ist ja so schwierig … und die Vergleichbarkeit ja auch nicht gewährleistet … Freie Gestaltungsmöglichkeit ist ein Grunderfordernis für die ‚Produktion‘ wissenschaftlicher Leistungen, insofern diese ja erst durch Eigenständigkeit, Problemorientierung, Reflexions- und Legitimationsnotwendigkeit erreichbar sind und im kollegialen Diskurs anhand von Gütekriterien, welche auf diese Merkmale bezogen sind, geprüft werden. Diese Gestaltungsmöglichkeit ist zugleich auch Gestaltungsforderung und -verpflichtung im Sinne der Fähigkeit, eigenständig und eigenverantwortlich Begründungszusammenhänge herzustellen. Letzteres stellt ein zentrales Beurteilungsmerkmal für das Fortschreiten auf der wissenschaftlichen Karriereleiter dar. Einer Bewertung nach Leistung und Belastung stehe ich nicht entgegen, aber nun werden diese Leistungen zum einen im Sinne der definierten ‚Anerkennungsfähigkeit‘ (und damit der Gewährung von Arbeitsfähigkeit) auf Ausschnitte der erforderlichen und der geforderten Breite reduziert. Die ‚normale‘ Belastung rückt ja zudem überhaupt nicht in den Blick. Zum andern aber werden die Leistungen zugleich herausgenommen aus der bisherigen, auf Gestaltungsmöglichkeit ruhenden Strukturlogik der Wissenschaft selbst, indem von außen gesetzte Qualitätsmaßstäbe, formale Verfahrensvorschriften und Kontrollen an ihre Stelle treten. Ob damit aber nun ‚Exzellenz‘ und ‚Wettbewerbsfähigkeit‘ erreicht werden, steht zur empirischen Prüfung aus; zumindest kann man annehmen, dass der erwartete wis- VHN 4/ 2008 337 „Die Guten ins Töpfchen …“ senschaftliche Habitus wohl in anderer als bisheriger Weise gelernt wird und andere ‚Qualitäten‘ erforderlich macht. Gewisse Marketing- und eine Portion Entertainmentfähigkeiten (für die Lehre) wären sicher anzuraten. Kriege ich jetzt einen Punkt für diesen Dialog? Herzlichst Deine Iris Mail von Prof. Dr. Urs Haeberlin an Prof. Dr. Ulrich Heimlich und Prof. Dr. Iris Beck 28. Mai 2008, 10: 48 Uhr Lieber Ulrich, liebe Iris, nach meiner Rückkehr vom Aufenthalt in München anlässlich der VHN-Herausgebersitzung im Reinhardt-Verlag, für die sich leider Ulrich dann kurzfristig entschuldigen musste, habe ich Euch beiden je eine E-Mail gesendet. Unabhängig voneinander hattet Ihr nämlich in Gesprächen mit mir Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen für Professoren an Eurer Universität angedeutet. Da mich dies im Nachhinein ziemlich beschäftigt hat, wollte ich von Euch Genaueres dazu wissen. Ich habe inzwischen von Ulrich eine kurze Darstellung seiner Sicht der Entwicklungen an der Uni München und von Iris eine ausführliche Beschreibung ihrer Sicht der Entwicklungen an der Uni Hamburg erhalten. Ich kopiere beides in diese Mail hinein, damit Ihr Euch über die etwas unterschiedlichen Sorgen im „Norden“ und im „Süden“ informieren könnt. Nachdem ich Eure Mails gelesen hatte, war ich fast etwas geneigt, dankbar dafür zu sein, dass ich im Zustand des Emeritus bin. Allerdings habe ich das Genießen dieses Zustandes überhaupt noch nicht gelernt, sodass mich Eure Schilderungen nicht in Gelassenheit ließen und in mir Wut und Tatendrang aufkamen, den von Euch angedeuteten Entwicklungen irgendwie einen Riegel vorzuschieben. Das wird allerdings - und dies ist eine bittere Erkenntnis für Leute, die sich noch an frühere gesellschaftskritische Bewegungen erinnern - in der aktuellen gesellschafts- und bildungspolitischen Realität ein schwieriges bis aussichtsloses Unterfangen sein. Jedoch bin ich überzeugt, dass von den Universitäten in noch nicht bestimmbarer Zukunft wieder einmal eine Gegenbewegung ausgehen wird. Als ganz kleine Maßnahme schlage ich vor, unseren rudimentären Mail-Wechsel möglichst bald in der VHN zu veröffentlichen und damit Kollegen und Kolleginnen aus allen Universitäten und Hochschulen über Eure Sorgen mit Eurer Universität zu informieren. Es wäre ein kleiner Schritt zur Vorbereitung von Widerstand - wenn vielleicht auch nur in kleinen Dimensionen -, wenn wir von Kollegen und Kolleginnen Stellungnahmen und Hinweise auf ihre Sicht der Entwicklungen an weiteren Universitäten und Hochschulen erhalten und vielleicht laufend in der VHN zugänglich machen könnten. Teilt mir doch kurz mit, ob Ihr mit dem Vorschlag einverstanden seid. Herzliche Grüße Urs Prof. Dr. Urs Haeberlin Heilpädagogisches Institut der Universität Freiburg/ Schweiz Petrus-Kanisius-Gasse 21 CH-1700 Freiburg E-Mail: urs.haeberlin@unifr.ch Prof. Dr. Iris Beck Universität Hamburg FB Erziehungswissenschaften Sektion 2 Sedanstraße 19 D-20146 Hamburg E-Mail: Beck@erzwiss.uni-hamburg.de Prof. Dr. Ulrich Heimlich Ludwig-Maximilians-Universität München Institut für Präventions-, Integrations- und Rehabilitationspädagogik Leopoldstraße 13 D-80802 München E-Mail: heimlich@spedu.uni-muenchen.de
